1912 / 283 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 28 Nov 1912 18:00:01 GMT) scan diff

glauben, daß unsere Zoll⸗ und Wirtschaftspolitik sich bewährt hat. Der Schutz der nationalen Arbeit hat Handel und Wandel gehoben, und an der Prosperität der Volkswirtschaft haben auch unsere Arbeiter teilgenommen. Wenn mit der Interpellation ein Vorstoß egen

Paragraphen, gegen dessen Annahme sich die Regierung 1899 mit Händen und Füßen gesträubt hat. Die Regierung wollte sich eine Glche Bestimmung nur vorbehalten, da kam ein Antrag des Abg. Grafen Klinckowstroöm, der eine Verschärfung enthielt. Ein Kom⸗ missar erklärte geßen diesen und andere weitergehende Anträge, mit diesem Antrage stehe und falle die Regierungsvorlage; man möchte den Bogen nicht zu straff spannen, im wirtschaftlichen Interesse seien mildere Bestimmungen angezeigt, denn die Untersuchung des Büchsen⸗ fleisches sei schwierig, und besonders bedenklich sei es, daß jede Einfuhr von Fleisch mit Ausnahme von Speckseiten verboten sein solle; es sei zweifelhaft, ob die Viehzucht imstande sei, den Ausfall zu decken. Die Regierung hat alles vorausgesehen, was jetzt gekommen ist. Aber sie hat seitdem unter dem Druck des Bundes der Landwirte umgelernt. Graf Posadowsky sprach sich damals nur dafür aus, daß das Fleisch in gesundem Zustande eingeführt werden solle, andere Interessen könnten nicht in den Vordergrund geschoben werden, es handle sich nur um die deutsche Volksgesundheit. Diesen Zweck hatte Freiherr von Wangenheim beiseite geschoben, er stellte den § 12 als eine General⸗ und Kraftprobe für die Wirtschaftspolitik und die Zölle als den eigentlichen Zweck des § 12 hin, und 8 egen wandte sich der Staatssekretär Graf Fe Ihm war die Geduld ausgegangen, er wollte mit der Regierung nur etwas machen, was er vor dem Volke verantworten konnte. Die Regierung verwies damals darauf, daß man Schlachtvieh werde hineinlassen müssen. Aber die Regierung fiel um, sie schluckte den Paragraphen, obwohl sie wußte, daß die deutsche Landwirtschaft den Bedarf nicht decken könne usw. Jetzt erklären die Herren, sie stehen und fallen mit diesem Paragraphen. Ich tausche den § 12 mitsamt dem Landwirtschaftsminister gern ein gexgen so und so viele Zentner frischen Fleisches. Meinetwegen fallen Sie, Herr Landwirtschaftsminister, mit allen Ministern um diesen Preis. Kann jemand in diesem Hause die Unehrlichkeit und Un⸗ wahrhaftigkeit der Agitation für dieses Gesetz schärfer kennzeichnen, als es Graf Posadowsky getan hat? Er hat den Agrariern nach⸗ gewiesen, daß sie nicht ein Hygienegesetz, sondern höhere Fleischpreise

Großgrundbesitzerzufüllen. (Sehr richtig! bei den Sozial⸗ demokraten.) Meine Herren, wie können Sie vor dem Deutschen Reichs⸗ tage eine so kleine Auffassung aussprechen? Das ist mir unbegreiflich. Wissen Sie nicht, daß wir zu der Zeit, wo wir vom Freihandelsystem zu dem Schutzzollsystem übergegangen sind, unter einer Krisis in der Land⸗ wirtschaft und Industrie gelitten haben, wie wir sie vielleicht niemals erlebt haben (lebhafte Zustimmung rechts und im Zentrum), und daß es notwendig gewesen ist, der nationalen Produktion einen Schutz an⸗ gedeihen zu lassen, um über die Krisis überhaupt hinwegzukommen! (Erneute Zustimmung.) Und da behaupten die Herren, diese Zölle seien eingeführt, um einzelnen Großgrundbesitzern die Taschen zu füllen! Das ist, verzeihen Sie, eine etwas oberflächliche Beurteilung der Sache. (Lachen bei den Sozialdemokraten. Sehr richtig! rechts.)

Sie fordern dann weiter, daß wir die Grenzen öffnen, soweit wie es mit dem Veterinärschutz irgendwie vereinbar sei. Bei der Be⸗ sprechung dieses Punktes hat Herr Scheidemann seine sarkastische Kritik daran geübt, daß wir die Grenze auch gegen die Balkanstaaten weiter geöffnet haben, als es bisher der Fall gewesen sei, und er hat die billige Bemerkung daran geknüpft, daß wir doch während eines Krieges von den Balkanländern kein Fleisch erhalten können. Meine Herren, wir sind in der Oeffnung der Grenzen so weit gegangen, wie das unsere Verantwortung bezüglich des Seuchenschutzes überhaupt zuläßt, und wir haben die Oeffnung der Grenzen gegen alle uns umgebenden Länder verfügt. Wenn wir aus den Balkanländern aus Kriegsgründen, aus den Niederlanden aus andern Gründen vielleicht weniger Fleisch bekommen können, ja, meine Herren, so liegt das eben in den realen Verhältnissen begründet. Aber wir haben, abgesehen von Frankreich,

Fleischvreise hinzuwir 8 sind gewiß wirkungsvoll gewesen, wo die Gemeinden sie mit Ernst der Fleischpreise hinzuwirken. Wir haben uns an die Kom sind gewiß wir gewesen, wo 9 8 *4 Q durchgeführt haben; aber sie sind etwas zu spät gekommen. Anerkannt

ich d f 1 diel⸗ 4 . ; 8; f in nicht eaxasgr 8 üe 8 e e er.; 8 Fes muß werden, daß die meisten Städte si enag b endig b8 üs geiagt worden ist, von uns eine ufgabe abzuschie . 3 neuen Weg getreten sind. Im We ten eginn ie auslän is ge 1. 8 32 8b 1b er n 2 s 82 ungefähr auf die Idee gekommen, uns an die Mitarbeit der Zufuhr allerdings schon zu stocken, weil in Holland und Belgien snsese Sirt ba olitik d. as b sagnen zu wenden. Weitsichtige, große Kommunalverwaltungen Fe hreiseginfasge 1 shxse Rachis ge ac ae Fnztermetielsslle w.en age. 8S der Bund der Landwirte munen zc g5 1 Für die Einsetzung der zmmission gebüh ri 441 jes 3 ikati g ihrerseits, bevor irgendeine Anregung seitens der Re⸗ Dank. Die esngisstn sollte 65 18e Untersuchungskreis erheb⸗ seinerzeit vorschlug, so hätte dies zu FEehüch. gensge ang gegeben worden ist, es für ihre Aufgabe angesehen, lich erweitern. Die Abschaffung der Zölle würde ein Ruin S die geführt. Die a 2⸗ —— zeigene Maßnahmen auf ein Herabdrücken der Fleisch⸗ deutsche Eeheft sein. Aber auch vie andern nen 2* 6 and beschränkt, die Prescbilung ben S EEEEEEPA65 hinzuwirken. ier p d 8 ürden meines Erachtens ganz der, d auch Arbeiter und be je hinzuwirken. Ich denke hier vor allem an Ulm und bercsn. von Fleisch aus dem starken Zunahme der Bevoölkerung ist es allerdings zweifelhaft, 0b n und andere. In diesen Städten ist es praktisch erprobt worden, Ausland, besonders von Gefrierfleisch aus Argentinien, spielt ja hier das genügende Quantum Fleisch bei uns voe it. 825 siud eddurch die Tätigkeit der Kommunen selbst möglich ist, auf das die Hauptrolle. Die Einfuhr von Fleisch aus dem Ausland erscheint die Fleischproduktion und für den Hevdee nenree gischenhandel zu der Fleischpreise einzuwirken, und wenn wir uns im mir nicht ganz unbedenklich. Das (. efrisstazsch 88 en, wseühen stütige ei. so geht dies doch wohl zu weit. Es . is ine ie das einheimische, es bedarf nur ein ar 111512* heinen en die Fem müͤnen aiik. der Antegung Nwaect haben, besieen bgrahedlan L wice dhn 1. getroffen werden, sprechen da noch ganz andere Faktoren mit, Z. g Sif fostsrüeligen Beispiel dieser Städte nachzufolgen, so sind wir denselben Weg daß eben nur gutes Gefrierfleisch eingeführt wird, und daß bezelich Beanstandungen des E1 Schlacht wfge übren, ie encen, der uns durch die tatsächlichen Erfolge, die bereits erzielt f B. luxuriöse Einrichtung mancher Geschäfte usw. Ueber die W. g ten, als praktisch vorgezeichnet wurde. Es haben rund siebzig sce Städte von der Ermächtigung der Einfuhr von Fleisch und Gebrauch gemacht, und an allen Stellen ist nachgewiesen

des V schrif en werden, wie z. bei euö 8 . E ve 8 mit dem einbeimischen der FPon 1 89 peuss hen h Betroffenän Mazlehten 5 8 1 ; unfihr po indbie! er Reichskan ur kurz geäußert. Meine politischen verwechselt werden kann. Gegen die Einfuhr von Rindvieh habe dill terchs kans EFchter e . 16““ ich erhebliche Bedenken. Wir müssen dafür sorgen, daß kein minder⸗ illigen die Erlei zterung der Vieh⸗ un Fleischeinfuh e vAI“ üss G zung der Eisenbahntarife als Ausnahmezustände. Wir sind auch - h wertiges Fleisch eingeführt wird. Wir müssen deshalb den § 12 setzung der Sherthshalarttr Ioif, uen Iee sen Städte be⸗ lassen? Nun behauptet der Herr Abg. Scheidemann auch darüber zen, daß die Fleischpreise sich gesenkt haben, teilweise sogar in 111“ Städte, 4 B. ist er ziemlich schnell hinweggegangen —, es wäre erwiesen, bedeutender Weise. Die Kommunen haben 8— und das lag ja daß die Einführung von Gefrierfleisch der eigenen Landwirtschaft, der sich zunächst auf die Geshe ves Ensschdlscen Fe ge. eigenen Viehzucht nicht schaden würde; das sei in anderen Staaten in. Ich bin der Ansicht, daß es urchaus notwendig; li disch nachgewiesen. Das ist das einzige, was er zur Begründung seine ir einen Zusammenhang herzustellen 8 38 ü9 F Ansicht vorgebracht hat. Meine Herren, das ist in keiner Weise nach⸗ grirtschaft. (Sehr richtig! rechtsz) Daß der Weg vom Pro⸗

aufrechterhalten. Für die Einfuhr des Gbeie leisce⸗ . . achten, daß das Gefrierfleisch ein Monopol bestimmter Schiffahrts⸗ ildesheim und Osnabrück, berücksichtigt e. Daß die Städte Gefrierfleisch auch wirklich in genießbarem Zustand verkauft wird. Opfer bringen in dieser Sache, ist in der Ordnung. Einen unge⸗

gewiesen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Ich kann es mir gar nicht gten zum Konsumenten ein langer ist und sich im Laufe der

anders vorstellen, als daß, wenn wir Gefrierfleisch in großen Massen i immer mehr verlängert hat, ist eine Tatsache, die bekannt ist

gesellschaften wird, die alle Vorkehrungen treffen können, daß das Auch miß sich der Genuß von Gefrierfleisch auf die großen Industrie⸗ sunden kommunalen Sozialismus können wir in der Zuziehung der Allch 3 Vef 0 x8

1 schädi . it I li isen besprochen wird. (Sehr

hier hereinlassen, die deutsche Viehzucht geschädigt werden muß (Leb⸗ sit Jahren in den beteiligten Kreise sproch

haupt niemals Fleisch auf ihren Tisch setzen. Das ist nicht wahr, meine Herren. (Stürmischer Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Nein, das ist nicht wahr. (Erneuter Widerspruch bei den Sozial⸗ demokraten.) Ich kenne die Verhältnisse des Volkes auch. Ich gehöre ebenso zum Volke wie Sie. (Lachen und Zurufe bei den Sozialdemokraten. Glocke des Präsidenten.) 8 Jawohl, meine Herren. Die Herren von der Sozialdemokratie haben sich angewöhnt, sich immer als die alleinigen Vertreter des Volkes zu bezeichnen. (Lebhafte Zustimmung rechts und im Zentrum.) Das sollten sie sein lassen! Wir gehören alle zusammen zum deutschen Volke (Sehr richtig! rechts), sowohl die auf dieser Seite (nach rechts) des Hauses sitzen, wie die, die dort (nach links) sitzen, wie die, die auf dieser Bank sitzen. Mit diesen Geschichten kommen Sie mir bitte nicht. (Lebhafter Beifall rechts und im Zentrum.) Meine Herren, ich komme auf das zurück, was ich sagte. Be züglich der Einfuhr von Gefrierfleisch müssen wir uns klar darüber werden: wollen wir unser Volk aus dem Eigenen mit Fleisch versorgen oder wollen wir das aufgeben und fremdes Fleisch schrankenlos herein⸗

Bei der Zunahme des

plätze beschränken. Die Einfuhr von Fleisch aus dem Ausland hat Städte nicht erblicken. Wir betrachten in bieher N,.xüöer ein großes volkswirtschaftliches Bedenken. Die erste Folge wird ein der Städte keinen Eingriff in vhne, el⸗ 8 Wirtse aftspe itik. ein, grches Rückgang der Viehproduktion und Fleischproduktion sein. Die Sozialdemokratie und wahrscheinlich 9 Freisinn Fererfn Unterschätzen Sie solche Maßnahmen nicht in ihrer Wirkung. In Ane Peseitigung eeewe der Viss uts eescang. einem Jahrzehnt würde der effektive Viehbestand sich um wenigstens a8 eee meine dreHbll. . sie ö 8 10 % verringern, und wir müßten nach einem Jahrzehnt 35 % unseres nung, daß man an den Zöllen festhalte , e

1 Zentrum.) Wenn diese Annahme zutrifft, so ist Ihr Vorschlag,

haben wollten, daß sie mit dem Volk Komödie spielten! Man spricht von der Fernhaltung fremden kranken Fleisches und meint die Fern⸗ haltung gesunder Konkurrenz. Ein weiterer klassischer Zeuge ist neben dem Grafen Posadowsky der bayerische Minister von Crails⸗ heim. Das jüngste Viehseuchengesetz hat noch ein weiteres Hinter⸗ türchen geschaffen, indem es der Regierung die Möglichkeit gibt, jeden Tag die Grenzen vollständig gegen jede Einfuhr abzuschließen, nämlich gegen alle „giftfangenden“ Gegenstände, sogar schon im voraus gegen irgendeine von irgendwelcher Seite zu erwartende Seuche! Durch diese Gesetzgebung ist das ganze deutsche Volk wie mit einem Spinngewebe gefangen. Wir bringen daher der Regierung auch nicht eine Spur von Vertrauen entgegen; nur der Bund der Landwirte kann sich auf sie verlassen. Erfreulich ist ja auf der anderen Seite immerhin, daß die Herren von der Regierung unter Zustimmung des Abg. von Heydebrand und der Lasa jetzt die Gemeinden für die Fleisch⸗ versorgung in Anspruch genommen haben. Aber wenn der Abg. von Heydebrand A sagt, muß er auch B sagen; er muß uns helfen, das Dreiklassenwahlrecht aus den Kommunen und den Land⸗ tagen zu verdrängen, denn sonst werden die vernünftigen Dinge, die wir, Herr von Heydebrand und ich, im Bunde vollbringen können, doch nicht zustande kommen. Die Fleischermeister haben sich zum Teil in dieser Teuerungsperiode als Scharfmacher erwiesen. Wir sind für sie eingetreten, solange sie unter den Sünden der Rechten auch zu leiden hatten; in Sachsen sind sie aber jetzt so weit gegangen, zu er⸗ klären, sie beschäftigten keinen Gesellen mehr, der sich in den Dienst einer Stadt gestellt hat, die russisches Fleisch für ihre Bevölkerung bezieht. Besinnen sich die Fleischermeister nicht, so wird sie der Volkszorn hinwegfegen. Die Regierung und die Mehrheitsparteien

sollen sich bei ihren Entschließungen gegenwärtig halten, daß das Volk Not leidet, daß der Bogen nicht überspannt werden darf. Durch⸗ greifende Hilfe kann unter den jetzigen politischen Zuständen nicht kommen, die kann nur der Sozialismus schaffen; aber Sie können die Not lindern, indem Sie die Bahn frei machen für die stärkere Verweigern Sie diese Hilfe, Des Volkes

8 8

Herbeischaffung von Nahrungsmitteln. der Schaden unserer Partei wird's gewiß nicht sein.

Wohl das höchste Gesetz.

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn Vorredners gipfeln in der Forderung nach Einführung der sozialistischen Produktions⸗ weise, nach Abschaffung unserer Wirtschaftspolitik. Wenn Sie das Volk, für das Sie mit so warmen Worten eintreten, in bezug auf die Höhe der Fleischpreise auf den Eintritt der sozialistischen Produktionsweise vertrösten wollen (Lachen bei den Sozialdemokraten), dann wird das Volk ziemlich lange Geduld haben müssen (sehr richtig! rechts); und wenn Sie Abhilfe suchen in dem Umsturz unserer Wirtschaftspolitik, meine Herren, dann stellen Sie eine Forderung auf, von der Sie doch wissen, daß sie nicht durchführbar ist. (Zurufe bei den Sozialdemokraten.) Jawohl, meine Herren, Wirtschaftspolitik! Wir haben uns über diese Frage alljährlich unter⸗ halten. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Ich habe schon vor einem Jahre die Ehre gehabt, hier vor dem Reichstage ausführlich die Gründe darzulegen, weshalb die verbündeten Regierungen unsere Wirtschaftspolitik für eine gesunde und Deutschland zuträgliche halten. Diese Ueberzeugung ist viel zu fest fundiert, als daß sie von einem auf das andere Jahr aufgegeben werden kann, und soweit ich die politischen Anschauungen der Mehrheit auch dieses Reichstags kenne, glaube ich, daß die Mehrheit des Reichstags für Aufrechterhaltung unserer Wirtschaftspolitik ist. (Lebhafte Zustimmung rechts und im

unsere Wirtschaftspolitik abzuschaffen und das bedeutet Ihre Forderung nach Aufhebung der Lebensmittelzölle, Sie können nicht die Lebensmittelzölle aus unserem Wirtschaftssystem einzeln herausgreifen und das übrige Wirtschaftssystem aufrecht erhalten ein Ding der Unmöglichkeit. (Sehr richtig! rechts.) Wenn Sie, trotzdem Sie wohl wissen, daß die verbündeten Regierungen an diesem Wirtschaftssystem festhalten und dabei von der Mehrheit des Reichstags getragen werden, die Abschaffung, die Aenderung dieser Wirtschaftspolitik fordern, um dem Volke bei den teuren Preisen zu helfen, dann schlagen Sie eben ein untaugliches Mittel vor. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Meine Herren, ich kann mir wirklich keinen Nutzen davon versprechen, mich mit Ihnen auch heute wieder ausführlich über die Gründe auszusprechen, weshalb wir an unserem Wirtschafts⸗ system festhalten; aber ich möchte doch auch dem Herrn Abg. Scheidemann und seinen Gesinnungsgenossen hier im Reichstage raten, sich auch einmal Rats zu erholen bei den eigenen politischen Gesinnungsgenossen, welche das Studium von Wirtschafts⸗ ragen zu ihrer Lebensaufgabe machen. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Ich verfolge die Aufsätze in den „Sozialistischen Monats⸗ heften“ sehr genau. (Lebhafte Rufe bei den Sozialdemokraten: Aha!) Gewiß, das ist Ihnen sehr unangenehm, und ich habe mich sehr häufig an den Aufsätzen von Schippel, Schulz und anderen Herren erfreut (Zurufe von den Soz.), die doch auch von der Sache etwas verstehen. Oder sind Sie der Ansicht, daß die Herren Nichtswisser sind? Das behaupten Sie nicht. Diese Herren führen dort Gründe für die Wirtschaftspolitik an, welche weit von dem abstehen, was uns Herr Scheidemann hier vorgetragen hat. (Sehr richtig! rechts.) Herr Scheidemann sagte, ja, die Lebensmittelzölle, die

antworten können. es noch hätten tun können! Wir haben es überall getan, wo es uns möglich war. (Zurufe bei den Sozialdemokraten: Dänemark!)

Meine Herren, dann beklagen Sie sich darüber, daß die Einfuhr von frischem Fleisch durch die Bestimmungen des Fleischbeschaugesetzes zu stark eingeschränkt sei. Der Herr Abg. Scheidemann hat aus⸗ führlich über die Entstehungsgeschichte des § 12 des Fleischbeschau⸗ gesetzes gesprochen, er hat auf Aeußerungen rekurriert, die der damalige Staatssekretär des Innern, Herr Graf von Posadowsky, gemacht hat. Ich möchte auf diese Ausführungen des Herrn Abg. Scheidemann mit folgenden Bemerkungen erwidern. Wir haben durch die Bestimmungen des Fleischbeschaugesetzes tätsächlich dem deutschen Volk einen großen sanitären Schutz gewährt (sehr richtig! rechts) und gleichzeitig einen sehr kostspieligen Schutz. (Wiederholtes sehr richtig! rechts.) Ich glaube infolge der Bestimmungen des Fleischbeschaugesetzes über minder⸗ wertiges Fleisch wird die Produktion um ungefähr 30 Millionen Mark belastet. (Zuruf rechts: 40 Millionen!) Nun meine Herren, auf den sanitären Schutz an sich werden Sie nicht verzichten wollen, Sie werden es aber auch nicht der Regierung zumuten können, das inländische Fleisch schärfer zu behandeln als das ausländische. (Sehr richtig! rechts.) Das wäre doch eine Ungerechtigkeit und Sie sind ja doch immer Vertreter einer gerechten Politik (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten), die Sie uns wirklich nicht zumuten können.

In der engsten Verbindung mit den Bestimmungen des Fleisch⸗ beschaugesetzes steht ja natürlich das argentinische, das gefrorene Fleisch. Der Herr Abg. Scheidemann hat emphatisch ausgesprochen, er würde den § 12 des Fleischbeschaugesetzes und hier die ganze Bank der ver⸗ bündeten Regierungen gern preisgeben, wenn er unbegrenzt dem deutschen Volke ausländisches Fleisch zuführen könnte. Ich glaube, mit dieser Pointierung, abgesehen von der kleinen persönlichen Färbung, die der Sache gegeben worden ist (Heiterkeit), hat der Herr Abg. Scheidemann das Richtige getroffen. Bei der Frage des Gefrierfleisches⸗ wird man sich darüber klar werden müssen: wollen wir das Ziel weiter verfolgen, unser Volk aus der Produktion der eigenen Landwirtschaft mit Fleisch zu versorgen, oder wollen wir dieses Ziel aufgeben? (Sehr richtig! rechts und im Zentrum.) Sie können nur das eine oder das andere tun.

Nun behauptet der Herr Abg. Scheidemann, es wäre erwiesen, daß die deutsche Landwirtschaft das deutsche Volk nicht mit dem nötigen Fleisch versehen könne. (Sehr richtig! bei den Sozialdemo⸗ kraten.) Ich würde dankbar sein, wenn der Herr Abg. Scheidemann diesen Beweis einmal wirklich liefern wollte. Ich kenne diesen Beweis nicht. Ich möchte dieser Behauptung des Herrn Abg. Scheidemann folgendes entgegenhalten. Es steht fest, daß es der deutschen Landwirtschaft gelungen ist, den Fleischverbrauch des In⸗ landes in immer erhöhtem Grade aus der eigenen Produktion zu decken. (Sehr richtig! rechts und im Zentrum. Lachen bei den Sozialdemo⸗ kraten.) Jawohl, meine Herren, es ist das der deutschen Landwirtschaft gelungen, obwohl die Bevölkerungszahl stark gewachsen ist, obwohl der Fleischbedarf an Quantität und an Qualität sehr stark gestiegen ist. (Sehr richtig! und hört! hört! rechts.) Der Herr Abg. Scheidemann hat zwar gemeint aber es finden sich ja wohl manche Ueber⸗ treibungen in seinen Ausführungen (sehr richtig! und Heiterkeit rechts und im Zentrum) —, für den deutschen Arbeiter set das Fleisch ein Leckerbissen geworden (Lachen rechts). Der Herr Abg. Scheide⸗ mann hat dem Herrn Landwirtschaftsminister von Schorlemer, der inzwischen erschienen ist, und dessen eventueller Erwiderung ich nicht vorgreifen will, Unkenntnis der tatsächlichen Lebensverhältnisse vor⸗ geworfen (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten). Gestatten Sie, daß ich bezüglich dieser Aeußerung des Herrn Abg. Scheidemann ihm den Vorwurf zurückgebe (Sehr wahr! rechts). Sind Sie wirklich, Herr Abg. Scheidemann, der Ansicht, daß unser deutscher Arbeiter so schlecht gestellt sei, daß für ihn das Fleisch nur ein Leckerbissen sei? (Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten, Lachen rechts). Wenn Sie das annehmen, dann sind Sie, glaube ich, wirklich mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht vertraut (Lachen bei den Sozial⸗ demokraten. Sehr richtig! rechts und im Zentrum).

Ich freue mich, meine Herren, daß es dem deutschen Arbeiter in immer stärkerem Maße möglich gewesen ist, Fleisch als seine Nahrung zu gebrauchen. Daß er bei den gegenwärtigen Fleischpreisen sich ein⸗ schränken muß, daß er sich in einer sehr empfindlichen Weise für seinen finanziellen Haushalt einschränken muß, bedauere ich genau ebenso wie Sie. Das geht aber nicht nur dem deutschen Arbeiter so (Sehr richtig! rechts und im Zentrum), das geht weit in den Mittelstand hinein. (Lebhafte allgemeine Zustimmung.) Jawohl, meine Herren, das weiß ich, das ist richtig; aber Sie machen sich einer starken Uebertreibung schuldig, wenn Sie die Verhältnisse so darstellen, als

Getreidezölle wären eingeführt, um die Tascheneinzelner 8

wo wir es wegen der Maul⸗ und Klauenseuche nicht tun konnten, überall die Erleichterungen gewährt, soweit wir es mit der uns ob⸗ liegenden Pflicht, uns gegen Seuchen zu schützen, irgend haben ver⸗ Nennen Sie mir doch europäische Länder, wo wir

2

hafte Zustimmung rechts und im Zentrum), und zwar namentlich di deutsche Schweinezucht. Da nun 75 % unserer Schweine in den kleinen landwirtschaftlichen Haushaltungen gefüttert werden, in de Betrieben bis zu 20 ha, so würde eine kolossale gerade unserer kleinen landwirtschaftlichen Betriebe die not⸗ Sie sind doch selber auch von der linken Seite, meine Herren, der richtigen Ansicht, der ich vollkommen zustimme, daß es eine unserer Hauptaufgaben ist, die kleinen landwirtschaftlichen Betriebe nach jeder Richtung hin zu stärken und zu vermehren. (Sehr richtig! links.) Wenn Sie das tun wollen, können Sie nicht in demselben Augenblick denjenigen Zweig des landwirtschaftlichen Betriebes, aus

Sozialdemokraten: Aber die Futtermittelzölle!) Wenn Sie das

meine Herren. (Zuruf von den Sozialdemokraten: So machen Sie es!)

Risiko abwickelte.

größten Risiken verbunden ist. (Sehr richtig! rechts.)

übermächtigen großkapitalistischen Konkurrenz des

produziert wie wir, und damit das Fundament unserer wirtschaft zu erschüttern.

an der Wurzel unserer Landwirtschaft zu nagen, sie damit einen verhängnisvollen Fehler begehen würde (sehr richtig! der sich schwer rächen würde. (Bravol rechts.)

die Aufhebung der Futtermittelzölle.

◻Ꝙ

hinweisen. Jahre litten wir unter Futternot in Deutsch⸗

land.

Im vorigen

an Mais eine geringe, in diesem Jahre ist sie eine gute, wir haben eine Rekordernte an Mais gehabt, sodaß die Preise für Mais normal geworden sind. Wenn ich mich im vorigen Jahre gegen eine Auf⸗ hebung und Suspension der Futtermittelzölle habe aussprechen müssen, so muß ich es in diesem Jahre, wo die Verhältnisse für die Land⸗

links.) Meine Herren, der Herr Abg. Scheidemann hat dann unter seinen Desiderien auch die Beseitigung der Einfuhrscheine auf⸗ geführt. Auch über diesen Gegenstand haben wir im vorigen Jahre

Weise abmachen läßt, wie es der Herr Abg. Scheidemann getan hat, daß er gesagt hat, die Einfuhrscheine kosten uns jedes Jahr so und so viel Millionen an Zöllen. Mit den Einfuhrscheinen sind die wirt⸗ schaftlichen Interessen namentlich des Ostens von Preußen, und zwar

verknüpft (sehr richtig! rechts), daß Sie bei dieser Gelegenheit eine einfache Aufhebung der Einfuhrscheine unmöglich verlangen können. Sie würde uns in keiner Weise zum Ziele führen. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, die Herren Sozialdemokraten haben an den prak⸗ tischen Maßnahmen, die wir getroffen haben, scharfe Kritik geübt, haben sie als unzulänglich erklärt. Der Herr Abg. Scheidemann hat

selber zugegeben, daß die Teuerungsverhältnisse, unter denen wir gegenwärtig leben, von internationalem Charakter sind. Sie finden sich in allen Ländern. Sehen Sie bei allen unseren Nachbarstaaten in Europa zu, sehen Sie nach Amerika, nach Canada, nach Süd⸗ amerika, Lebensmittelpreise welche Die gegenwärtige Teuerung der Fleischpreise ist im übrigen, wie be⸗ kannt, im wesentlichen auf Elementarereignisse mit zurückzuführen, auf die Dürre im vorigen Jahre und auf die Maul⸗ und Klauen⸗ seuche. Wir sind und das sind auch die Herren Sozialdemo⸗ kraten gegenüber derartigen Erscheinungen allerdings in den Ab⸗ hilfemaßregeln beschränkt. greifen, die diesem Teuerungszustand, der zum Teil auf internationalen Ursachen beruht, ein Ende machen. Immerhin haben wir geglaubt und das hat auch den Beifall des Herrn Abg. Scheidemann gefunden —,

Sie ein der den

finden überall und auch Wirtschaftssysteme in

merkliches Ansteigen aller⸗ Fleischpreise, gleichgültig, einzelnen Ländern bestehen⸗

Wir können unmöglich Maßregeln er⸗

n der Aufrufung der Kommunen zur Mitarbeit ein Mittel zu finden,

nagten unsere Arbeiter am Hungertuche, und als könnten sie über⸗

welches geeignet ist, die Teuerung zu lindern und auf eine Stabili⸗

1 8 . 8

dem gerade die kleinen Landwirte einen großen Teil der Bareinnahmen nehmen, die Viehzucht, gefährden. (Sehr wahr! rechts, Zuruf von den

wirtschaft in dieser Beziehung unendlich günstiger liegen, erst recht tun. (Lachen bei den Sozialdemokraten, Sehr richtig! rechts, Zuruf

sehr eingehend gesprochen, und ich glaube nicht, daß es sich in der

Schädigung

wendige Folge sein. (Lebhafte Zustimmung rechts und im Zentrum.)

9 8 g.

1

tun, spannen Sie ein Pferd vor und ein Pferd hinter den Wagen.

Sie werden sich doch nicht einbilden, meine Herren, daß die Viehzucht ein Gegenstand in der Landwirtschaft ist, der sich ohne Ich bin im Gegenteil der Ansicht, daß gerade die Viehzucht derjenige Zweig der Landwirtschaft ist, der mit den aller⸗ Und da

sollten Sie sehr vorsichtig sein, unsere Landwirtschaft nicht einer Auslandes aus⸗ zusetzen, einer Konkurrenz, die mit sehr viel geringeren Kosten Land⸗ Das ist ein Weg, den ich nicht mit⸗ gehen würde (Bravo! im Zentrum und rechts), und ich glaube, daß, wenn sich die Regierung dazu entschlösse, diesen Weg zu beschreiten, so

rechts),

Meine Herren (zu den Sozialdemokraten), Sie fordern weiter Ich habe im vorigen Jahre über die Futtermittelzölle hier eingehend gesprochen. Ich will nicht wiederholen, was ich damals ausgeführt habe, nur auf folgendes

In diesem Jahre haben wir eine gute Futterernte gemacht. Im vorigen Jahre war die ausländische Ernte an Futtergerste und

nicht bloß landwirtschaftliche, sondern die Handelsinteressen so eng

ig! rechts.) Wir hoffen, durch die Enquetekommission, die rrufen worden ist, in diese Frage auch theoretisch gr eicht hineinzubringen. Für ausschlaggebend aber würde ich es imn, wenn die Kommunen praktische Versuche machen würden,

6 den Abschluß mit landwirtschaftlichen Organisationen über eine

trährige Lieferung von Fleisch oder von Vieh die Stabilisierung hreise herbeizuführen, deren wir gegenwärtig ermangeln. (Sehr a! rechts.) Und wenn ich den deutschen Kommunen, welche in er Weise eingegriffen haben, meinen Dank von dieser Stelle aus⸗ cie, so verknüpfe ich mit diesem Dank die Bitte, daß sie in der mir bezeichneten Richtung allmählich in der Verproviantierung Städte durch direktes Benehmen mit inländischen Organisationen GPeiteres tun möchten. (Bravo! rechts.)

Diesem selben Zwecke, die Tätigkeit der Kommunen zu unter⸗ gen und zu erleichtern, dient der Gesetzentwurf, den wir Ihnen gelegt haben, und um dessen Annahme ich Sie bitte. Es handelt bei diesem Gesetzentwurf nicht um eine Zollherabsetzung oder um Zollsuspension, sondern es handelt sich darum, den Städten, she durch eigene Aktion auf eine Besserung des Fleischmarktes eirken wollen, in der teilweisen Rückerstattung von Zöllen eine

Anüre Beihilfe von seiten des Reiches zu gewähren. Ich hoffe,

auch diejenigen Herren von der rechten Seite, welche gegen einen intigen Vorschlag Bedenken gehabt haben, die Bedeutung des stzentwurfs in der Weise erkennen werden, wie ich sie eben issiert habe, und auch ihrerseits dem Gesetzentwurf die Zustimmung rilen werden.

Ich kann, wenn ich mich resumiere, nur wiederholen: wir erkennen seiten der Regierung-vollkommen an, daß es uns unmöglich ist,

2 Teuerung, die auf internationalen Erscheinungen beruht, zu

ciiigen; wir sind aber nach wie vor der Ansicht, daß wir Versorgung des deutschen Volkes durch die inländische duktion als etwas Notwendiges aufrechterhalten müssen sowohl im geresse unserer politischen Unabhängigkeit als auch im Interesse er Stärkung und der Starkerhaltung unserer Landwirtschaft, daß (deshalb alle Aktionen ablehnen müssen, welche die Sicherheit der schen Landwirtschaft gefährden könnten. Ich kann den Deutschen schstag nur bitten, daß er auf dem Wege, den er bisher eingeschlagen theharren möge, daß er auch ferner in dem deutschen Bauern⸗ n, in der deutschen Landwirtschaft ein festes Fundament unseres nates sehen und in diesem Sinne seine Beschlüsse fassen möge. öhaftes Bravo rechts und im Zentrum, Zischen bei den Sozial⸗ mnokraten, wiederholtes lebhaftes Bravo rechts und im Zentrum.)

Auf Antrag Bassermann wird die Besprechung der nerpellation beschlossen und auf Antrag Bebel mit der sprechung die erste Beratung der Vorlage, betr. vorüher⸗ tgende Zollerleichterung bei der Fleischeinfuhr, verbunden.

Von dem Abg. Fischer⸗Berlin und 71 Genossen (Soz.) dder Antrag eingebracht:

„Die Behandlung der Teuerungsfrage durch den Reichskanzler intspricht nicht den Anschauungen des Reichstags, soweit der Reichskanzler

1) nicht die Oeffnung der Grenzen, 1 8

9 nicht die Euipecien der Zölle auf Schlachtvieh, Fleisch

ttermittel, 8

3) 899 die geforderte Abänderung des Fleischbeschau⸗

gesetzes und die Einfuhr von Gefrierfleisch vorgeschlagen,

4) bei den getroffenen Maßnahmen nur bestimmte Arten von

Gemeinden berücksichtigt hat.“ 1 der Antrag wird genügend unterstützt. Das Haus tritt arauf in die Besprechung ein.

Abg. Giesberts (Sentr.): Die vorliegende Frage muß aus er Enge der parteipolitischen Betrachtung losgelöst werden. Auch merhalb der sozialdemokratischen Partei beurteilt eine Richtung die Prarfrage anders als das Gros. Die Empfehlung der Einschränkung

Fleischnahrung kann sich verständigerweise nur an gutsituierte ute richten; der deutsche Arbeiter kann seine schwere Arbeit nur

ichten, wenn er tüchtig Fleisch ißt. Gewiß haben die gutgelohnten nbeiter der Teuerung bisher einigermaßen Stand gehalten; aber iden schlechtgelohnten ist die Gefahr einer Unterernährung gegeben,

das dürfen wir nicht aufkommen lassen, es muß Vorsorge für ausreichende Fleischnahrung getroffen werden. Daß eine Fleisch⸗ eierung besteht, können wir jetzt tatsächlich als bekannt voraussetzen. un preußischen Abgeordnetenhause hat der Abg. von Heydebrand

d der Lasa erklärt, die ganze östliche Landwirtschaft. sei bereit, angjährige Verträge für Fleischlieferung abzuschließen. Die Teuerung Folge einer Mißernte müssen wir als nationales Uebel I“ stetige Teuerung, die sich in den letzten zehn Jahren. Se em geischmarkt geltend gemacht hat, muß dagegen auf alle zulässige T eise grückzuvämmen versucht werden. Eine ihrer Ursachen ist die dae ung der Produktionskosten auf dem Lande; preissteigernd 8 en emer die Kosten der Fleischbeschau, der Schlachthäuser usw. Dazu

al

kemmen die unstabilen Preise, unter denen die Landwirtschaft in⸗

lge der kapitalistischen Spekulation zu leiden hat; es zeigen sich ne dergeasttat 1 hohen Futtermittelpreisen und umgeregite sißt sich nur aus den Einflüssen der Spekulation erklären. Zweifel⸗

ios ist Deutschland heute an den Punkt angekommen, wo es ich

rischeiden muß, daß unsere deutsche Landwirtschaft den ee gens es Pvnlandes zu decken imstande ist. Die Maßnahmen der Regierung

einheimischen Fleischbedarfes aus dem Auslande beziehen. Wenn das Kilo Gefrierfleisch mit einer Mark bezahlt würde, so würden wir einige hundert Millionen Mark für Fleisch ins Ausland abführen. Um diese Summe würden wir dann den inländischen Markt schädigen. Zur Vermehrung unseres einheimischen Viehbestandes wird es unum⸗ gänglich notwendig sein, daß wir den sanitären Schutz für unsere Landwirtschaft aufrechterhalten, aber die Landwirtschaft ist auch selbst verpflichtet, mitzuwirken an der Beseitigung der herrschenden Miß⸗ stände. Man darf nicht zur extensiven Landwirtschaft übergehen. Auch die Kommunen haben an der Ernährung der Bevölkerung mit⸗ zuwirken. Die Städte müssen eine Preisregulierung auf den Vieh⸗ märkten vornehmen. Auch die Einführung von Mastanstalten wäre u. a. wünschenswert.

Abg. Weilnböck (bkons.): Die deutschkonservative Partei weiß, daß zurzeit ungewöhnlich hohe Fleischpreise vorhanden sind. Sie erkennt auch an, daß zurzeit in manchen Gebieten des Deutschen Reiches eine Viehknappheit herrscht. Wir glauben aber auch versichern zu können, daß diese, falls der Landwirtschaft der durch den Zolltarif gewährleistete Schutz bleibt, nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Die deutsche Landwirtschaft hat gezeigt, daß der Viehbestand nicht allein mit der Zunahme der Bevölkerung Schritt gehalten hat, son⸗ dern daß er sich sogar im Prozentsatze in einem höheren Maße ver⸗ mehrt hat. »In der Zeit seit 1902 bis jetzt ist die Bevölkerung um 34 ₰% gestiegen, demgegenüber hat die Viehzucht um 55 zu⸗ genommen. Zu demselben Resultat kommt man, wenn man den Viehverbrauch für den Kopf betrachtet. Auch hierbei ist die Prozentzahl, um die der einheimische Viehbestand hinter dem Verbrauch zurück⸗ blieb, bedeutend zurückgegangen. Die gegenwärtige Viehknappheit rührt daher, daß auf den verregneten Sommer 1910 im Jahre 1911 eine Dürre folgte, die zu einer Mißernte im Futter führte. Dann haben aber auch die aus Rußland eingeschleppten Seuchen ungeheuren Schaden angerichtet. Wir haben das aber nicht als etwas Unab⸗ änderliches betrachtet. Wir sind nicht müde gewesen und haben so⸗ fort Anstalten getroffen, unsere Ställe wieder zu füllen. Dieses ernste Bestreben ist auch allenthalben anerkannt worden. Daß diese Knapp⸗ heit nur eine vorübergehende ist, beweisen ja auch die vielfachen. An⸗ gebote, die von den verschiedensten landwirtschaftlichen Korporationen einzelnen Städten gemacht worden sind. Ich erinnere nur an das Angebot von pommerschen Viehzüchtern an die Stäste Berlin und Stettin. Dasselbe kann aus Bayern berichtet werden. Die Städte Ulm und Neu⸗Ulm arbeiten schon seit Jahren mit sehr leistungs⸗ fähigen Schweinezuchtgenossenschaften und stehen sich gut dabei. Berlin hat nun merkwürdigerweise das Anerbieten abgelehnt, weil die Preise zu hoch sind. Die pommerschen Landwirte haben das Fleisch mit 66 Fleischgewicht liefern wollen, und nun verkauft aber die Stadt Berlin zurzeit selbst Fleisch zum Preise von 72 . Daß das ausländische Fleisch billiger verkauft werden kann als das inländische, ist nur dadurch möglich, weil die Verkäufer ja weiter gar keine Auslagen haben und das Fleisch von den Konsumenten ohne Auswahl genommen werden muß. Das muß man doch berücksichtigen. Sieht man sich die Preise in den großen Städten des Auslandes an, namentlich in London, Paris und Wien. dann findet man, daß die Fleischpreise dort viel höher sind. Die „Frankfurter Zeitung meldete ja kürzlich selbst, daß in Hannover das aus Holland bezogene Fleisch sich teurer als das einheimische stellt. Es sind also Mittel und Wege schon gefunden, um einer künftigen Viehknappheit vorzubeugen. Der heimische Konsum kann aber nur sichergestellt werden, wenn man die heimische Produktion sicherstellt. Solche niedrigen Viehpreise, wie wir sie vor einigen Jahren gehabt haben, werden allerdings nicht wiederkommen, weil alle Preise eine steigende Tendenz zeigen. Auch die Löhne haben ja eine höhere Skala erreicht. Da kann man es doch von der Landwirtschaft nicht verlangen, daß sie unter den Pro⸗ duktionskosten abgibt. Daß die verbündeten Regierungen eingegriffen haben, um über die gegenwärtige Krise hinwegzukommen, findet unsern vollen Beifall. Auch sind wir damit einverstanden, daß die Regierung die Städte zum Eingreifen veranlaßt hat. Zu bedauern ist es nur, daß die Stadtverwaltungen auf die ausländische und nicht auf die inländische Viehproduktion hingewiesen worden sind. Den vorliegenden Gesetzentwurf halten wir, für einen Eingriff in die Zollgesetzgebung von 1902. Er muß die landwirtschaftlichen Kreise außerordentlich beunruhigen. Das ist gerade im Interesse des Kon⸗ sums zu bedauern. Dieser Eingriff ist um so bedenklicher, als die Aus⸗ nahme ja bis 31. März 1914 vorgesehen ist. Dankbar sind wir den verbündeten Regierungen, daß sie sich den Forderungen nach einer weiteren Erleichterung im Zolltarifgesetz, und was die Fleischbeschau und die Einfuhr von Gefrierfleisch betrifft, entgegengestellt haben. Dann hätten ja auch Erleichterungen für die inländische Landwirt⸗ schaft geschaffen werden müssen. Alle Lebensmittel sind übrigens zur⸗ zeit nicht teuerer geworden. Die Kartoffelernte ist, was Qualität und Quantität anlangt, qut. Dasselbe gilt vom Brotgetreide. Bei der Erleichterung der Einfuhr von Vieh und Fleisch aus dem Auslande hat die Regierung das Maß des Vorsichtigen überschritten. Wir haben deshalb große Bedenken gegen die jetzigen Maßnahmen. Es wird immer von der Aufhebung der Futtermittelzölle gesprochen. Aber wir haben ja gar keine. Es liegt nur ein Zoll auf Futtergerste und Mais. Aber Sie sprechen draußen immer davon, weil Sie diese Forderung zum Zwecke der Aaitation gebrauchen. Die Einfuhrscheine hat man ja erst im vorigen Jahre geandert. Es wird vor den vieh⸗ losen Wirtschaften gewarnt. Daß wir viehlose Wirtschaften haben, rührt doch nur daher, daß der Landwirt beim besten Willen oft gar nicht in der Lage ist, Vieh zu züchten. Die Arbeiterverhältnisse wer⸗ den immer schlechter. Hier ein Mittel zu finden, wäre für die Stäats⸗ regierung eine dankbare Aufgabe. Wir werden alle nach dieser Rich⸗ tung zielenden Schritte unterstützen.

Abg. Dr. Boettger (nl.): Wir sind damit einverstanden, daß eine Interpellation über die Teuerungsfrage eingebracht worden ist, weil wir meinen, daß diese einzelnen Parlament erörtert werden darf, sondern auch vor das Forum dieses Hauses gehört. Die Interpellation der Sozialdemo⸗ kraten ist von der Tendenz bestimmt, daß unsere Zollpolitik wesentlich geändert werden müsse. Das können wir nicht mitmachen. Wir

wichtige Frage nicht bloß in einem

Verteuerung der Lebensmittel eine wesentliche Rolle nicht spielen. Ein großer Teil der Futtermittel, geht außerdem zollfrei ein. Wir können eine Verbilligung der Fleischpreise nicht erkaufen durch eine Abhängigkeit vom Auslande. Wir müssen dahin trachten, den eigenen Bedarf durch die heimische Produktion zu decken. Ebensowenig können wir uns für die Einfuhr argentinischen Gefrierfleisches erklären. Der überwiegende Teil meiner politischen Freunde steht auf dem Standpunkt, daß eine Aufhebung oder Milderung des § 12 des Fleischbeschaugesetzes zugunsten des argentinischen Gefrierfleisches nicht anzustreben ist. In gesundheitlicher Beziehung kann auch ich nur auf das Urteil des deutschen Veterinärrates verweisen. Die Her⸗ übersendung deutscher Tierärzte nach Argentinien würde die Be⸗ denken nicht beseitigen. Geschähe diese Herübersendung auf unsere Kosten, so wäre die Folge eine Schädigung der heimischen Produk⸗ tion, geschähe sie auf Kosten des Auslandes, dann wäre die Sicher⸗ heit und Unparteilichkeit der Untersuchung nicht gewährleistet. Es muß uns alles daran liegen, eine ruinöse Konkurrenz von Argen⸗ tinien fernzuhalten. Auch eine Kontingentierung der argentinischen Einfuhr auf etwa 5 Jahre wäre nicht praktisch, denn der Import argentinischen Gefrierfleisches erfordert große kostspielige Anlagen. Wir müssen eine Abhilfe auf anderem Wege suchen. Zu solchen Mitteln rechne ich langfristige Verträge und gesetzliche preisregulie⸗ rende Reformen. Ob die Geneinden noch weiter gehen sollen, ob sie eigene Mästereien einrichten sollen, das wird nur von Fall zu Fanl entschieden werden können. Der Schwerpunkt der Frage wird immer in der Hebung der heimischen Viehproduktion liegen. Der inneren Kolonisation legen wir eine sehr große Bedeutung bei. Mit der Vermehrung der kleinen und mittleren Bauernstellen muß ener⸗ gisch vorgegangen werden; aber die Früchte dieser Arbeit sind natür⸗ lich nicht von heute auf morgen zu erwarten. Die Verdienste des Großgrundbesitzes um die Landwirtschaft in allen Ehren, aber die deutsche Viehzucht liegt nun einmal ganz übexwiegend in den Händen des kleinen Besitzes. Zu diesem Zwecke fordern wir auch ein Reichs⸗ gesetz zur Einschränkung des Fideikommißwesens. Wir treten auch ein für alle Maßnahmen zur Förderung der Bodenkultur und Boden⸗ verbesserung. Jedenfalls muß unsere Fleischversorgung dauernd unab⸗ hängig vom Ausland erhalten bleiben.

Hierauf wird ein Vertagungsantrag angenommen.

Auf Anfrage des Präsidenten Dr. Kaempf erklärt der

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück, er sei bereit, die Interpellation, betreffend das Koalitionsrecht der Arbeiter in staatlichen Betrieben, von der Mitte nächster Woche ab zu beantworten.

Abg. Bassermann (zur Geschäftsordnung): Der vorhin mit⸗ geteilte Antrag der sozialdemokratischen Fraktion ist jetzt verteilt und läßt sich in seinen Einzelheiten übersehen. Dabei kommen mir erhebliche Zweifel über seine Zulässigkeit, und ich möchte meinerseits schon heute Widerspruch dagegen ankündigen, ohne daß schon heute darüber eine Abstimmung zu erfolgen braucht, ob er in dieser Form zulässig ist oder eingeschränkt werden muß. Der Antrag enthält eine Begründung oder Spezialisierung, denn man kann statt „insoweit“ auch allemal „weil“ setzen. Dann müssen wir uns die Konsequenzen davon sehr wohl überlegen, und das muß bei der ersten sich bietenden Gelegenheit ausgetragen werden. Auf dem selben Wege könnten wir bei Anträgen über unsere auswärtige Politik dahin gelangen, ein vollständiges Programm über diese zur Ab⸗ stimmung des Reichstages zu bringen. So ist die Sache nicht ge⸗ meint gewesen; bei der Gestaltung des § 32a der Geschäftsordnung hat niemand daran gedacht, daß dadurch ganze Programme aufgerollt werden könnten. .

Abg. Haase (Soz.): Ich halte diese Zweifel für nicht be⸗ gründet. Unsere Interpellation besteht aus vier Teilen. Wir hätten

auch vier gesonderte Interpellationen einreichen können, dann wäre ein Zweifel daran, daß in jedem Falle über Billigung oder Miß⸗

billigung abzustimmen sei, gar nicht möglich gewesen. Der Abg. Bassermann vermischt zwei verschiedene Gesichtspunkte. Es handelt sich für uns nicht darum, eine Begründung für ein Mißtrauensvotum abzugeben, sondern wir wollen spezialisieren, wieweit wir mit der Behandlung der Frage durch den Reichskanzler nicht einverstanden sind. Die Kommission hat auch keineswegs eine bindende Formel be⸗ schlossen. 8 Abg. Bassermann (nl.): Es genügt mir, den Widerspruch angekündigt zu haben; die Frage kann ja nunmehr von den Fraktionen

geprüft werden. 1 .“ Abg. Graf Westarp (dkons.): Die Bedenken des Abg. Basser⸗ mann halte ich praktisch für durchaus bedeutungsvoll und sehr wesentlich. Es rächt sich jetzt eine Unterlassung derjenigen Partei, die seinerzeit die Aenderung der Geschäftsordnung beantragt hat. Es ist unterlassen worden, eine sakrosankte Formel in die Geschäfts⸗ ordnung hineinzuschreiben. Wie die Dinge jetzt liegen, läßt der Wortlaut auf die Zulässigkeit des Antrags Fischer schließen. Wenn aber jetzt die Herren Nationalliberalen auf dem Wege der aber, füsehen Interpretation eine solche Regelung für unzulässig erklären, so werden wir keine Veranlassung haben, dem zu wider⸗ sprechen. 1 8 8 Abg. Dr. Frank (Soz.): Die Unterstützung von konservativer Seite freut uns, überrascht uns aber nicht, weil die Auslegung des Abg. Bassermann zur Folge hätte, daß wir nur politische Ab⸗- stimmungen haben würden. Gewiß wird es Gelegenheiten geben, wo man sich auf eine allgemeine Formel zurückzieht, aber in der vor⸗ liegenden Frage ist es für uns gerade von Interesse, festzustellen, inwieweit die Handlungen und Erklärungen der Regierung ge⸗ billigt werden oder nicht. Ich verstehe nicht, weshalb wir in die Ge⸗ schäftsordnung hineinlegen wollen, was nicht darin steht. Folgten wir dem Abg. Bassermann, so würde das die geschäftliche Be⸗ handlung nicht erleichtern, sondern lediglich die Parteien zwingen, die Feeer. Aarlenen zu teilen. Eine solche formalistische Konsequenz hat niemand gewollt. 8 8 Abg. Gröber (Zentr.): In

In der Kommission hat damals Iu⸗ nächst der Antrag bestanden, daß

über die Billigung oder Nicht⸗