1912 / 291 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Dec 1912 18:00:01 GMT) scan diff

zußern wollen, daß die Opposition des Zentrums kaum ernst gemeint

nur die Richtigkeit meiner Auffassung.

Leschehen, um die Beratung zu verschleppe der Arbeiterschaf dte so notwendige Hilfe CCE“ C“ 11“ Liebkn. e cht (Soz.): Dem Abg. Wiemer gebe ich zu, daß vrferen sein kann. Ich werde mich näher erkundigen 22 obne weiteres die Richtigkeit seiner Darstellung. Dem S0 8n gegenüber berufe ich mich auf die „Bergarbeiterzeitung“. Ab Giens einem Bericht aus der Zentrumspresse die Rede des 18428 8 he⸗ zitiert. Es heißt da, daß der Kampf schwierig sei Famnpfen Le dle aus dem Hinterhalt und mit unlauteren Mitteln npfen; Feute, die hinterhältig anderen in den Rücken fielen müßte nan als Wegelagerer bezeichnen. Der Ausdruck „Angriffe aus dem ehrt mehrfach wieder, guch in der Form „hinterhältige ngriffe auch katholischerseits“. Diese Ausführungen können sich nur gegen diejenigen richten, die Rufer im Streit gegen die christ⸗ 1b Gewerkschaften gewesen sind. Dazu gehören außer anderen hhen kehölichen Würdenträgern Kardinal Kopp, Bischof Korum und 8 ise of Benzler⸗Metz. Wie können diese Bemerkungen anders zu verstehen gewesen sein? Sie wollen das bloß nicht Wort haben. Sie möchten aus dem Hinterhalt Ihre vergifteten Pfeile auf kirch⸗ liche Würdenträger richten, und wagen es nicht, zu Ihrem Wort zu, stehen. (Der Präsident erklärt den Ausdruck „vergiftete Pfeile für unparlamentarisch.) Alle Abschwächungsversuche können nur 1“ aufgefaßt werden.

„Abg. Sieg (nl.): Als Vorsitzender der Kommission weise ich mit aller Entschiedenheit zurück, daß die Absicht -. sch Beratung hinauszuschieben. Der Grund ist allein gewesen, daß dieses einfache Gesetz nicht beschwert werden sollte mit einer Anzahl von Anträgen, die unmöglich in 1 bis 2 Sitzungen erledigt werden koönnten. Auch war für die Beratungen nur der heutige Tag und .““ Volk hat auch nichts verloren Sie (zu den Sozialdemokraten) hätte ja i d öt, die Vorlage einfach anzunehmen. 8 1““ (kons.) verzichtet nach diesen Ausführungen ic 88. Eö“ (Zentr.): In der Teuerungskommission habe 8 8 g. Hoch gefragt, oh er mit einer bloß formalen 5 ann lung der Vorlage einverstanden sei, damit man in ein bi zwei Sitzungen fertig werden könne. Da haben mich die Herren ausgelacht. Wenn das Gesetz nicht vor Weihnachten unter und Fach gekommen ist, sind Sie (zu den Sozialdemokraten) elbst daran schuld. Die Ausfübrungen des Abg. Liebknecht über⸗ steigen doch alles, was bisher gehört war. Was ein Abgeordneter seinen Worten für eine Deutung gibt, das gilt hier sonst und auch die Sozialdemokraten haben bisher so viel Taktgefühl gehabt, das gelten zu lassen. Der Akg. Liebknecht tut das nicht. Meine Aeußerung sollte ausschließlich eine bestimmte Agitationsmethode kenn⸗ zeichnen, die vielfach sehr üblich ist. Aber man kennt ja selbst die Quelle, und das genügt. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Ich habe Ihre Agitationsmethode gemeint. (Stürmische Unterbrechungen bei den Sozialdemokraten.) Ich habe Sie nicht ausgenommen. Daß ich die Bischöfe als Wegelagerer bezeichnet hätte, ist von A bis 2. unwahr.

Abg. Hoch (Soz.): Jetzt sollen unsere Anträge an der Ver schleppung schuld sein. Was wollten Sie denn Neee hamn mit der Verweisung an die Kommission? Doch nicht Komödie spielen“ Die größte Fraktion des Hauses muß doch auch Anträge stellen können. (Rufe im Zentrum, rechts: Unannehmbare!) Sie hätten sie ja ablehnen können. Es ist eine wunderbare Zumutung an uns, die Sache bloß formal zu behandeln. Woher weiß der Abg. Sieg, daß uns bloß ein Tag noch zur Verfü ung stand? Wir hatten doch noch die ganze nächste Woche. Es bleibt dabei, die Mehrheit hat die Verschleppung beabsichtigt. (Präsident Dr. Kaempf ruft den Redner für diese Aeußerung zur Ordnung.)

b 1 Abg. Dr. Liebkn echt (Soz.): Ich habe die „Bergarbeiter⸗ zeitung hier, und die Richtigkeit meiner Darlegungen ergibt sich ja 8 was der Abg. Giesberts selbst gesagt hat; ein glänzenderes Plädoyver konnte ich mir gar nicht denken. Es kennzeichnet die vollkommene Hilflosigkeit des Abg. Giesberts, daß er bei, halben und Viertelworten und Achtelandeutungen blieb,

anstatt endlich mit einem klaren Wort herauszukommen. (Ruf im Zentrum: Das geht Sie gar nichts an.) Das war ein Schuldbekennt⸗ nis, wie es klassischer nicht gedacht werden kann. Die Sachen sind also festgestellt. Seit wann ist eine Agitationsmethode eine Wege⸗ lagerei? Dem Abg. Giesberts liegt der Gewerkschaftsstreit ganz ver⸗ flucht im Magen. Er befindet sich sehr unbehaglich dabei. Meinte er als Gewerkschaftler es ehrlich mit den Interessen der Arbeiter, dann hätte er jetzt Gelegenheit, mit dem Flederwisch herauszukommen und zu zeigen, daß ihm die Arbeiterinteressen näherliegen, als die Inter⸗ essen der Kurie, die Arbeiterschaft zu zersplittern. Es ist sehr gut, daß wir heute einmal ganz deutlich diese Taktik der Wölfe in Schafs⸗ kleidern kennen gelernt haben. . Präsident Dr. Kaempf: Sie dürfen Ab Wölfen in Schafskleidern vergleichen. e“ Abg. Sieg (nl.): Ich erkläre positiv nochmals, daß es uns absolut fern gelegen hat, die Beratung zu verschleppen. Wenn aber der Vorsitzende einer Kommission verhindert ist und den lebhaften 8 85 8 1. zu leiten, und deshalb Ver⸗ mpfiehlt, so halte ich solche ron ü . teragen ch solches Herkommen auch für durchaus Abg. Giesberts (Zentr.): Der Abg. Liebknecht hat wörtli gesagt, ich hätte in Dortmund die Bischöfe. und katholischen Eetlich lichen als Wegelagerer bezeichnet. Dafür ist auch nicht der Schatten eines Beweises erbracht worden. Ich habe auch nicht das Wort „Agitationsmethode“ damals gebraucht. Wenn Sie nicht unter⸗ scheiden Aönnen, ob eine Methode oder eine Person bezeichnet ist o tun Sie mir leid. Ich kann es Ihnen nachfühlen, daß es Ihnen sehr unbequem ist, wenn Sie die christlichen Gewerkschaften nicht auseinanderkriegen können, troß aller Verhetzung, die gegen uns getrieben wird. Heute ist der Ausdruck gefallen: Der größte Schuft im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant. Wer das ist wissen Sie.

Damit schließt die Generaldiskussion.

Persönlich bemerkt der

Abg. Frank (Soz.): Ich habe nur meinen Zweifel darüber

sein kann. Ich habe mich deshalb nur auf die Haltun rums ein kann. 2 2 H g des Zentrums, die es bei einer ähnlichen Angelegenheit früher eingenommen hat, berufen. Was wir heute von dem Abg. Gröber gehört haben, bestätigt

„Ein großer Teil von Titeln des Ordinariums der Aus⸗ gaben und das gesamte Extraordinarium sowie einige Titel der Einnahmen werden hierauf auf Grund eines Antrages aller Barteien an die Budgetkommission überwiesen.

Das Haus vertagt sich. Schluß nach 5 ½ Uhr. Nächste Sitzung: Sonnabend vormittag 11 Uhr (Petroleummonopol: Interpellationen, be⸗

treffend die Koalitionsfreiheit der Staatsarbeiter und den Wagenmangel).

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 6 101. Sitzung vom 6. Dezember 1912, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphischem Bureau“.)

Das Haus setzt zunächst die dritte Beratung des Ent⸗ wurfs eines Wassergesetzes fort. 8 er siebente Titel des Abschnitts „Verhütung von Hoch⸗ wafsergefahr“ enthält „besondere Vorschriften für die Pro⸗

Der § 300 führt die einzelnen Gebiete in diesen Provinzen an, in denen die Vorschriften des zweiten, fünften und sechsten Titels dieses Abschnitts (Freihaltung des Ueberschwemmungs⸗ gebiets von Wasserläufen; Deichverbände: Deiche, die zu keinem Deichverbande gehören) nicht gelten sollen. Abg. Dr. Hahn (kons.). Die Vorschriften des zweiten, fünften und sechsten Titels dieses Abschnitts sollen u. a. nicht im Fürstentum Ostfriesland und in dem Lande Hadeln gelten. Ich möͤchte meine besondere Befriedigung darüber aussprechen, daß die Sonderrechte in Hannover wesentlich aufrecht erhalten werden. Die dort bestehenden einzelnen Wasserordnungen beruhen wieder auf anderen, älteren Wasser⸗ ordnungen, die später zeitgemäß erneuert wurden. In meiner engeren hannoverschen Heimat wurde 1847 die alte Dcichordnung aus römischer Zeit umgearbestet. Die schwedische Deichordnung stützte sich ihrerseits auf Deichordnungen aus der erzbischöflichen oder bischöflichen Zeit. Das Deichrecht ist nicht überall dasselbe, aber gewisse grundsätzliche Bestimmungen sind dieselben. Das alte Deichrecht hat sehr gut funktioniert. Im Laufe der Zeit haben sich gewisse Aenderungen als notwendig herausgestellt, namentlich in bezug auf die Verteilung der Leistungen nach lächen. Wir hoffen, daß die Staatsregierung bereit sein wird, solchen Aenderungen, die dem alten Recht ent⸗ sprechen, unter Wahrung der Anforderungen der modernen Waässer⸗ wirtschaft, zuzustimmen. Es ist dringend nötig, unsere Deichordnung neu zu gestalten im Zusammenhang mit den neueren Gesetzen, damit die Interessenten die Befugnisse zurückerhalten, die sie in alter Zeit gehabt haben. Jedenfalls dürfen die Befugnisse der öffentlich⸗ rechtlichen Verbände nicht vermindert, sondern müssen erweitert werden. Daß durch das Gesetz das Verhältnis der Moorländereien zu den Deichverbänden geregelt worden ist, ist erfreulich. Mit dem Prinzip der Belastung bei Meliorationen nach der Größe des Vorteils bin ich einverstanden. Beim Deichschutz müssen wir jedoch daran fest⸗ halten, daß alle gleichmäßig herangezogen werden, da ja von Deichen auch solche Vorteile haben, die nicht direkt im Bereich der Deich⸗ genossenschaft Land besitzen.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Selbst der hartgesottenste ich gebrauche einen Ausdruck des Herrn Vorreduers Hannoveraner muß meines Er⸗ achtens dankend anerkennen, daß das Wohlwollen der Königlichen Staatsregierung für die Provinz Hannover, das in diesem Gesetz⸗ entwurf zum Ausdruck gekommen ist, höchstens noch durch das Wohl⸗ wollen übertroffen werden kann, welches dieses hohe Haus den Wünschen der Provinz noch am gestrigen Tage entgegengebracht hat. (Sehr richtig!) Einen Beweis dieser meiner Behauptung enthält der vom Herrn Vorredner besprochene 7. Titel des Gesetzentwurfs. Ich will auf die Bestimmungen, die hier eingehend erörtert worden sind, nicht näher eingehen, möchte aber gegenüber den Wünschen des Herrn Vorredners noch ausdrücklich hervorheben, daß die Nr. 3 des § 302. bereits in weitestgehendem Maße den hannoverschen Verbänden die Möglichkeit gibt, die Deich⸗ und Sielordnung im Sinne dieses Ge⸗ setzes zu reformieren. So weit dabei die landwirtschaftliche Verwaltung nach den gesetzlichen Bestimmungen in Betracht kommt, wird sie es jedenfalls an dem gewünschten Wohlwollen nicht fehlen lassen, und, so⸗ weit es sich um eine solche Aenderung der geltenden Bestimmungen handeln sollte ich kann das im Augenblick nicht näher übersehen —, zu denen eine gesetzliche Regelung erforderlich ist, wird ebenfalls kein Bedenken entgegenstehen, die Wünsche, die seitens der hannoverschen Verbände geäußert würden, wenigstens mit Wohlwollen zu prüfen. (Abg. Dr. Hahn: Bravpo!) Da aber Herr Abg. Dr. Hahn, wie er eben mitgeteilt hat, bereits fünf Landwirtschaftsminister hier im Hause erlebt hat (Heiterkeit), so kann ich ihm nur raten, mit seinen Wünschen nicht zu spät an mich heranzutreten (Heiterkeit), da ich unmöglich für meinen Nachfolger eine verbindliche Erklärung abgeben kann.

Ich möchte dann Herrn Abg. Hahn noch besonders darauf auf⸗ merksam machen, daß die Deichpolizei, die ja durch ein hannoversches Gesetz vom Jahre 1852 den Deichverbänden genommen worden ist, schon auf Grund der Bestimmungen des § 302 Abs. 3 von den Ver⸗ bänden mit Zustimmung des Landwirtschaftsministers wieder eingeführt werden kann! (Abg. Dr. Hahn: Bravo!) Auch hier bestehen grund⸗ fätzliche Bedenken gegen die Gewährung eines solchen Rechtes nicht. (Bravo!) Der § 300 wird angenommen. Nach § 302 kann die Verfassung der Deich⸗ und Siel⸗ verbände in den genannten Provinzen mit deren Zustimmung oder mit Zustimmung des Wasserbeirats durch eine vom Land⸗ wirtschaftsminister zu erlassende Satzung neu geregelt werden. „Ein Antrag der Abgg. Hoff (fortschr. Volksp.) und Gen. schlägt vor, daß die Satzung den Erfordernissen des § 192 (Bestimmungen über den Inhalt der Satzungen der Wassergenossenschaften) entsprechen muß und die Teilnahme an den Genossenschaftslasten und das Stimmverhältnis nach den darauf bezüglichen Bestimmungen dieses Gesetzes über die Wassergenossenschaften zu regeln ist. Abg. Büchtemann (fortschr. Volksp.) begründet den Antrag Hoff: Der Antrag soll nur verhüten, daß einmal Unklarheiten ent⸗ stehen können. Dann soll eine feste Norm vorliegen. Ein Regierungsvertreter: Gegen den Antrag Hoff liegen sachliche Bedenken nicht vor. Im allgemeinen wird nach ihm auch verfahren werden. Doch wird durch ihn nicht alles das erreicht, was die Fassung der Vorlage bezweckt. Ich bitte, es deshalb bei dieser zu belassen. Nachdem der Abg. Hoff (fortschr. Volksp.) seinen Antrag zur Annahme empfohlen, wird der § 302 unter Ablehnung dieses Antrages unverändert angenommen. Der Abschnitt „Zwangsrechte“ wird mit einem von dem Abg. Büchte mann (fortschr. Volksp.) beantragten unerheb⸗ lichen Zusatz angenommen. 8

In dem Abschnitt über die Schauämter ist im § 335 in zweiter Lesung die von der Regierung vorgeschlagene Bestimmung ge⸗ strichen worden, wonach der zuständige Baubeamte, der Kreis⸗ arzt und der Gewerbeinspektor sowie der Bergrevierbeamte befugt sind, an den Schauen und Sitzungen des Schauamtes beratend teilzunehmen, wenn es sich um die Benutzung der Wasserläufe handelt. Der Baubeamte soll auch dann teil⸗ nehmen können, wenn es sich um die Unterhaltung des Wasser laufes handelt. Die Abgg. Ecker Winsen und Gen. (nl.) beantragen die Wiederherstellung dieser Bestimmung. Die Abgg. Freiherr von Maltzahn (kons.) und Dr. von Woyna (freikons.) bitten, die Wiederherstellung abzulehnen. Der letztere weist besonders darauf hin, daß dies eine verwaltungstechnische Frage sei, die überhaupt nicht in dieses Gesetz gehöre. Nachdem Abg. Dr. R ö chling (nl.) den Antrag Ecker⸗ Winsen lebhaft befürwortet hat, wird dieser abgelehnt und § 335 unverändert angenommen. Der siebente Abschnitt enthielt in der Regierungsvorlage die Bestimmungen über die „Stromausschüsse“, und

bei der zweiten Lesung jedoch die Einrichtung des „Landes⸗ wasseramts“ beschlossen, wofür sich auch das Plenum hei⸗ der zweiten Lesung entschieden hat. Nach § 344a soll das Landeswasseramt seinen Sitz in Berlin haben und bestehen: 1) aus einem Vorsitzenden, 2) aus Mitgliedern, welche die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungs⸗ dienst besitzen, und 3) aus Laienmitgliedern im Ehrenamt, die in Wasserangelegenheiten erfahren sind. Die Berufung sämt⸗ licher Mitglieder erfolgt durch den König auf Lebenszeit. Die freikonservativen Abgg. Dr. Engelbrecht und Gen. beantragen, das Erfordernis der Rechtskunde für die unter 2 genannten Mitglieder fallen zu lassen und sie nur als „ständige Mitglieder“ (auf Lebenszeit) zu bezeichnen und die Laien⸗ mitglieder nur auf 6 Jahre ernennen zu lassen.

Die Abgg. Bitta (Zentr.) und Gen. beantragen zu dem freikonservativen Antrag die Abänderung, daß das Ersordernis der Rechtskunde für die ständigen Mitglieder bestehen bleibt, und daß die Laienmitglieder auf 12 Jahre ernannt werden sollen.

Abg. Freiherr von Maltzahn (kons.): Wenn es uns auch lieber gewesen wäre, wenn unserem Antrage bei der zweiten Lesung entsprechend die Stromausschüsse beibehalten worden wären, so erkennen wir doch an, daß der Antrag Bitta eine erhebliche Ver⸗ besserung der Regierungsvorlage bedeutet. Denn die Mitglieder des Landeswasseramtes können natürlich sich in zwölfjähriger Tätigkeit besser mit der Materie vertraut machen als in 6 Jahren. Auch können sie innerhalb einer zwölfjährigen Tätigkeit leichter das Gefühl der Unabhängigkeit erlangen, als wenn sie nur für eine Amtsdauer von 6 Jahren ernannt werden. Wir sind auch der Ansicht, daß nur solche Mitglieder berufen werden sollten, welche die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst besitzen. Was den freikonservativen Antrag betrifft, so bedauern wir, daß das Laien⸗ element im Landeswasseramt nicht die Mehrheit haben soll, während sonst bei allen Organen der Selbstverwaltung, auch z. B. im Kreis⸗ ausschuß, die Laien in der Mehrheit sind.

Abg. Bitta (Zentr.): Meine politischen Freunde sind der Auffassung, 8e am besten wäre, wenn im § 344 2 die Amtstätigleit der ständigen Mitglieder ebenfalls auf 12 Jahre festgesetzt werden würde, wie dies mit den Laienmitgliedern geschehen soll. Dadurch würde in dieser wichtigen Frage Einheitlichkeit herbeigeführt werden. Wir haben uns dem freikonservativen Antrage nur deshalb an⸗ geschlossen, um die Einheitlichkeit möglichst zu wahren. Auf die Be⸗ stimmung, daß die ständigen Mitglieder im Hauptamt tätig sein müssen, haben wir stets den größten Wert gelegt. Ebenso halten wir es auch für unbedingt nötig, daß die ständigen Mitglieder die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst haben müssen. Gerade für eine Zentralinstanz wäre es von größtem Wert. Mit dem Antrag, der eine Streichung der Tagegelder für die Laien⸗ mitglieder vorschlägt, sind wir einverstanden.

Abg. Dr. Wendlandt (nl.) wünscht, daß bei der Berufung von Laienmitgliedern in ähnlicher Weise wie bei den Wasserbeiräten verfahren wird.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

ständigkeit des Landeswasseramts bei den Strömen erster Ordnung geltend gemacht worden sind, auch heute noch nicht nach allen Richtungen beseitigt erscheinen, so will ich doch ausdrücklich erklären, daß gegen die hier zur Diskussion gestellten Anträge Bedenken seitens der Staatsregierung nicht zu erheben sind.

Ich möchte dann mit einem Worte noch auf die Wünsche des Herrn Vorredners eingehen. Ich glaube zu seiner Beruhigung sagen zu können, daß selbstredend bei der Berufung von Laienmitgliedern bei dem Landeswasseramt ähnlich verfahren werden wird, wie es bei den Wasserbeiräten gesetzlich vorgeschrieben ist. Man wird auch bei Berufung dieser Mitglieder des Landeswasseramts, die ja durch Seine Majestät erfolgt, die Vorschläge möglichst nach den Wünschen der in Betracht kommenden Interessenten einzurichten suchen. (Bravo!)

Bei der Abstimmung wird der § 344 a in der Fassung

6 erklärt der

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Anläßlich der Beratung des § 349 in de zweiten Lesung dieses hohen Hauses haben die Herren Abgg. Hammer und Dr. Liebknecht in längeren Ausführungen die Verhältnisse der Grunewaldseen erwähnt und die Hoffnung ausgesprochen, daß mit Hilfe des § 349 dieses Gesetzentwurfs auch in Zukunft der Senkung des Wasserspiegels in den in Betracht kommenden Wasserflächen ent⸗ gegengetreten werden könnte. Ich kann diese Aussicht auch meinerseits nur als zutreffend bezeichnen. Ich glaube, daß es möglich sein wird, im Sinne der genannten Herren Redner in Zukunft die nötige Ein⸗ wirkung auf die Charlottenburger Wasserwerke auszuüben und sie im Falle, daß Benachteiligungen, insbesondere beim Grundwasserstand eintreten, zur Einrichtung entsprechender Vorkehrungen, nötigenfalls auch zum Schadensersatz anzuhalten.

Ueber den gegenwärtigen Stand der Sache möchte ich sodann noch mitteilen, daß die Charlottenburger Wasserwerke sich dem Fiskus gegenüber verpflichtet haben, den Schlachtensee aufzupumpen, und zwar nicht bloß einmalig, sondern, wenn sich das Bedürfnis heraus⸗ stellen follte, zu wiederholten Malemn Die Annahme ist begründet, daß mit der Erhöhung des Wasserspiegels des Schlachtensees gleich⸗ zeitig auch eine entsprechende Hebung des Nicolassees, der Krummen Lanke und des Riemeistersees eintreten wird. Die Charlottenburger Wasserwerke haben dann auch den Antrag gestellt, im Osten, in der Königsheide ihnen noch weitere Konzessionen zur Errichtung von Brunnen einzuräumen. Ueber diese Angelegenheit ist noch keine Ent⸗ scheidung getroffen. Ich kann aber namens meiner Verwaltung ver- sichern, daß, wenn eine Entscheidung zugunsten der Wasserwerke getroffen werden sollte, jedenfalls bei ihr die öffentlichen Interessen und die Interessen der Anlieger nach Möglichkeit gewahrt bleiben werden. (Bravo!)

bestimmungen“ lenkt Abg. Dr. Gottschalk⸗Solingen (nl.) die Aufmerksamkei auf die Mißstände in der Emscher, die 2 8 1.5.“ Landespolizeibehörde habe zwar den Klagen sich nicht verschlossen, sondern Maßnahmen ergriffen, die aber leider keinen Erfolg gehabt bätten. Allerdings dürfe nicht in bestehende Rechtsverhältnisse mit harter Hand eingegriffen werden. Aber eine Besserung werde sich doch durch Aufwendung der entsprechenden Mittel errcichen lassen.

1

vinzen Hannover und Schleswig⸗Holstein“

die Kommission hatte ersten Lesung es dabei belassen,

—1* EE

1“ dg b. 2 8 8 gierungskommissar Auskunft über die Auslegung der Befug⸗

Meine Herren! Wenngleich die Bedenken, welche gegen die Zu-

des Antrages Engelbrecht mit dem Antrage Bitta angenommen.

Bei dem Abschnitte der „Uebergangs und Schluß⸗

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Auf eine Anfrage des Abg. Dr. von Kries (kons.) gibt ein Re⸗

nisse der Landespolizeibehörden.

Zum § 350 b, wonach gewisse bestehende Nutzungsrechte an einem Wasserlaufe aufrechterhalten bleiben, vertreten die Abgg. Gerhardus (Zentr.) und Dr. HLauptmann (Zentr.) einen Antrag, wonach auch bestehende Fährgerechtigkei f rechterhalten bleiben sollen. 8

8 350 b wird mit diesem Autrag angenommen.

Nach § 360 bleiben die Vorschriften des Allgemeinen Berggesetzes von diesem Gesetz unberührt. Soweit es sich jedoch um die Benutzung von Wasserläufen handelt und keine bergrechtliche Enteignung vorliegt, sind im Falle eines Wider⸗ spruches zwischen dem Berg⸗ und dem Wassergesetz nur die Bestimmungen des letzteren anzuwenden.

Abg. Dr. Röchling (nl.) befürwortet einen von seiner Partei gestellten Antrag, den zweiten Satz, der bei der zweiten Lesung der Vorlage hinzugefügt ist, wieder zu streichen. Ein Widerspruch zwischen dem Berg⸗ und dem Wassergesetz bestehe überhaupt nicht, infolgedessen sei die Bestimmung überflüssig.

Ein Regierungskommissar stimmt dem Antrag zu.

Abg. Bitta (Zentr.) hält den Zusatz nicht für überflüssig, weil doch einmal ein Widerspruch zwischen den beiden Gesetzen sich ergeben könne und es dann der Bestimmung bedürfe, daß das Wassergesetz vorzugehen habe.

§ 360 wird unter Ablehnung des Antrages der National liberalen unverändert angenommen.

Der Rest des Gesetzestertes wird ohne Debatte an⸗ genommen.

Ueber die zu dem Verzeichnis der Wasserläufe erster Ordnung gestellten Abänderungsanträge hat vor der Plenar⸗ sitzung die Kommission beraten. Die Anträge Klußmann (nl.) und Hoff (fortschr. Voltsp.), die Lune und die Schwentine in das Verzeichnis aufzunehmen, hat sie abgelehnt; den Antrag Karow (kons.), die Mottlau unter die Schiffahrtskanäle ein⸗ zureihen, hat die Kommission angenommen. Das Haus stimmt diesen Aenderungen des Verzeichnisses zu.

Die Kommission beantragt ferner, die Zulassung des Veto⸗ rechts der Wasserpolizeibehörde nach § 49 gegenüber einer Ver⸗ leihung bei folgenden Wasserläufen zu streichen: Bober, Cranzer Beek, Drage, Frisches Haff, Kurisches Haff, Glatzer Neisse, Norder Außentief, Recknitz, Sorge, Stinner Haff, Tréene, Wittmunder Tief.

Ein konservativer Antrag will das Vetorecht noch bei einer großen Reihe anderer Wasserläufe streichen.

Abg. von Brandenstein (kons.): Das ministerielle Veto⸗ echt ist nicht im Gesetzentwurf gewesen, sondern es ist erst in der Kommission hineingearbeitet worden, und zwar auf Grund eines konservativen Antrages. Um die energischen Bedenken der Regierung in bezug auf die Verleihung abzuschwächen, haben wir das Vetorecht vorgeschlagen. Nach unserer Ansicht muß aber das Vetorecht auf wirklich bedeutende Wasserläufe, wie Rhein, Weser, Elbe, Oder usw., beschränkt werden. Leider ist aber das Vetorecht auf eine große Reihe von unbedeutenden Flüssen ausgedehnt worden, wo keine großen allgemeinen Interessen in Frase kommen. Wenn das Vetorecht auf diese vielen kleinen Wasserläufe, bei denen gar keine Schiffahrts⸗ interessen vorliegen, ausgedehnt wird, dann werden damit die fis⸗ kalischen Interessen allgemeinen Interessen vorangestellt. Ich glaube, daß bei allen im Antrag 829 angefuhrten Wasserläufen das Veto⸗ recht gestlichen werden kann. Ich bitte deshalb, unserem Antrage zuzustimmen.

Unterstaatssekretär Dr. Freiherr von Coecels von der Brügghen Mit Rücksicht darauf, daß an zahlreichen kleineren Flüssen, besonders vielen märkischen Flüssen, unzählige industrielle Anlagen errichtet worden sind, welche eine Versandung und Ver⸗ unreinigung derselben herbeiführen, ist es angebracht, daß der Minister befugt ist, in Zukunft in dieser Beziebung einzuschreiten.

Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrag.

Darauf wird bei der Gesamtabstimmung das Gesetz in ganzen ein stimmig angenommen.

Zu dem Gesetz liegt schließlich noch die von den Abgg. Ecker⸗ Winsen (nl.) und Gen. beantragte Re⸗ solution vor:

„die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, mit tunlicher Beschleunigung einen Gesetzentwurf vorzusegen, durch den das Ver⸗ fahren bei Erteilung der gewerbepolizeilichen Genehmigung für solche Anlagen, bei denen gleichzeitig eine Verleihung nachzusuchen ist, in Anlehnung an die Bestimmungen des Wassergefetzes so geregelt wird, daß kein doppeltes Verfahren stattfindet“.

Abg. Lieber (nl.) begründet kurz die Resolution.

Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow:

Meine Herren! Auch die Königliche Staatsregierung kann nicht verkennen, daß durch die Allnahme des Wassergesetzes denjenigen Ge⸗ werbetreibenden, welche Anlagen errichten wollen, die unter die ge⸗ werbepolizeiliche Genehmigung des § 16 der Gewerbeordnung fallen, erhebliche Weiterungen entstehen. Schon bisher waren die Klagen verbreitet, daß das gewerbepolizeiliche Genehmigungsverfabren der Gewerbeordnung erhebliche Zeit und erheblichen Aufwand an Schreib⸗ werk erfordere. Dazu tritt nun, soweit diese Anlagen die Benutzung des Wassers im Sinne des § 40 Abs. 2 des Wassergesetzes nötig haben, noch das Verleihungsverfahren des Wassergesetzes. Dabei sind die Instanzen verschieden. Im gewerbepolizeilichen Verfahren ist meist für die erste Instanz der Kreisausschuß, für wichtigere Fälle der Bezirksausschuß zuständig, in zweiter Instanz der Handelsminister, in gewissen Fällen unter Mitwirkung des Landwirtschaftsministers, während nach dem Wassergesetz in erster Instanz, wenigstens in der jetzigen Fassung, der Bezirksausschuß und nachher das Landeswasseramt zu entscheiden hat. .

Nun ist es ein berechtigtes Verlangen dieser Interessenten, dies⸗ beiden, mit Voryerfahren, erstinstanzlicher Entscheidung, Rechtsmittele zug und zweitinstanzlicher Entscheidung ausgestatteten Verfahren in irgend einer Weise miteinander in Berührung zu bringen und zu vereinigen. Es läge am nächsten, die Verfahren beider Instanzen zu⸗ sammenzulegen; das würde aber schon bei der ersten Instanz nicht

zum Dentschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen

Berlin, Sonnabend den 7. Dezember

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in erster Instanz dem Bezirksausschuß übertragen, so würde eine sehr

starke Belastung, eine Ueberlastung der Bezirksausschüsse die Folge

sein. Vielleicht wird es möglich sein, in gewissem Maße die gewerbe⸗

poltzeiliche Genehmigung solcher Anlagen, für die die wasserrechtliche

Verleihung in Betracht kommt, dem Bezirksausschuß zu übertragen, wo

bisher der Kreisausschuß zuständig war. Ich denke besonders an die Stau⸗

anlagen für Wassertriebwerke, ferner auch an Schlächtereien, Gerbereien

und Abdeckereien. Schwieriger wäre eine Zusammenlegung in zweiter Instanz, weil ja das Landeswasseramt im wesentlichen für wasser

wirtschaftliche und wasserbautechnische Fragen eingerichtet ist, und die Fragen, die im gewerbepolizeilichen Genehmigungsverfahren eine Rolle spielen, Belästigung der Umlieger durch Dünste, durch Rauch und in anderer Weise technische Erhebungen und Entscheidungen

nötig machen, für die dem Landeswasseramt die nötien Hilfs⸗ kräfte fehlen. Vielleicht gibt es eine Art von Anlagen, bei der man auch die gewerbepolizeiliche Genehmigung zweiter Instanz dem Landeswasseramt mit übertragen kann. Das sind wieder die Stauanlagen für Wassertriebwerke: hier kommen fast ausschließlich wasserwirtschaftliche und wasserbautechnische Fragen in Betracht. Im übrigen wird man suchen müssen, die beiden Verfahren in anderer Weise aneinander zu bringen. Ich könnte mir denken, daß man für beide Fragen ein einheitliches Verfahren nach Art des gewerbe⸗ polizeilichen Genehmigungsverfahrens einführt, also dasselbe Vor⸗ verfahren, dasselbe Rechtsmittelverfahren und auch die Entscheidung durch die Organe, welche für das gewerbepolizeiliche Genehmigungs⸗ verfahren in erster und zweiter Instanz zuständig sind, aber mit der Maßgabe, daß in diesem Verfahren eine Vorabentscheidung über die wasserrechtliche Verleihung durch die nach dem Wassergesetz hierfür zuständigen Instanzen erfolgt. Dann würde man eine Zusammen⸗ fassung der beiden Verfahren in eines haben, aber doch die Instanzen, die nach dem Wassergesetz für die Verleihung zuständig sind, in ihrer Kompetenz belassen. Es bestehen also gewisse Schwierigkeiten, die nur auf gesetzgeberischem Wege gelöst werden können; aber, wenn die Königliche Staatsregierung die Gewißheit hat, daß das hohe Haus in der Tendenz mit ihr einverstanden ist, werden sich die Schwierig⸗ keiten leicht beseitigen lassen, und um diese Tendenz des hohen Hauses zu bekunden, bitte ich Sie, den Antrag Ecker (Winsen) anzunehmen.

Die Resolution wird einstimm ig angenommen.

Darauf findet die vorgestern vertagte Besprechung der Interpellation der Abgg. Aronsohn (fortschr. Volksp.) und Gen. über das Vorgehen des Polizei⸗ präsidenten in Berlin gegen den Verein Berliner Feuerwehrmänner statt.

Abg. Kreth (kons.): In der Berliner Stadtverordneten⸗ versammlung, die sich mit dem Vorgehen des Polizeipräsidenten gegen die Berliner Feuerwehrleute bheschäftigte, sind beleidigende Auscrücke gegen hohe Staatsbeamte gefallen. Das sollte die Regierung nicht dulden (Widerspruch links), da die betroffenen Beamten in dienstlicher Beziehung zur Stadt steben und dadurch ihre Autorität gefährdet wird. Die Regierung hat ja das Recht, die Stadtverordneten⸗ versammlung aufzulösen. (Zuruf des Abg. Hoffmann.) Sie werden ja später Gelegenheit haben, darauf einzugehen, was ich sagen will. (Abg. Hoffmann: „Sie sind ja Spiritist!“) Die vorgestrige Erwiderung des Ministers enthält eine genaue Würdigung des Sachverhalts. Herr Kopsch hat Licht und Schatten ungleich ver⸗ jeilt. Aller Schatten siel auf die Behörden, alles Licht auf die Feuer⸗ wehrleute und Pensionäre. Wenn der Abg. Kopsch meint, der Verein habe sich streng an die Satzungen gehalten, so ist das ein Irrtum. Man kann einen Feuerwehrverein doch nicht mit einem Lehrer⸗ verein vergleichen, wie es Herr Kopsch getan hat. Das Ver⸗ hältnis zwischen Rektor und Lehrer ist ganz anders, als das eines Chargierten zus der Mannschaft. Ich glaube doch nicht, daß ein Lehrer vor einem Rektor mit zusammen eschlagenen Hacken stramm stehen muß. (Zuruf des Abg. Hoff: „Ich bitte, ernste Sache ernst zu beha deln!*) Ich balte die Bemerkung, der Polizeipräsident babe die Sache besonders ungeschickt angefaßt, für durchaus deplaciert. Die Darstellung stimmt nicht ganz, als ob nur ein Teil der Char⸗ gierten freiwillig, der andere Teil nur auf Befehl ausgeschieden sei. Was für einen Grund sollte der Polizeipräsident denn haben, eine falsche Meldung darüber zu erstatten, wenn es offenbar war, daß der Besehl tatsächlich an die gesamten Feuerwehrleute erteilt war⸗ Der Grund für den Befehl hätte auch ausgereicht, denselben Befehl an die Chargierten gelangen zu lassen. „Es gereicht den Chargierten nur zur Ehre, daß sie austraten, als die Disziplin durch den Verein gefährdet wurde, denn sie wissen am besten, daß eine Feuerwehr ohne Disziplin eine recht gefährliche Einrichtung ist. Wenn der Vorsitzende des Vereins, Herr Heinemann, selbst eine sympathische Persönlichkeit ist, dann hat er sich wohl von weniger sympathischen Persönlichkeiten mißbrauchen lassen. Was ihm zum Vorwurf gemacht wird, ist nicht mit den Aufgaben. des Vorsitzenden eines Beamtenvereins und eines militärisch organisierten Korpe zu vereinbaren. Als der Polizeipräsident bereit war, der Satzungsänderung zuzustimmen, daß der Vorstand aus aktiven Feuer⸗ wehrleuten bestehen solle, schrieb ihm Herr Hememann, er sei bereit, diesen Wunsch zu erfüllen, wenn die Behörde vorher eine schriftliche Garantie gäbe, daß sie der ferneren Entwicklung des Vereins nichts mehr in den Weg legen werde; er verlangte also von der vorgesetzten Behörde eine schriftliche Erklärung des dauernden Wobhlverhaltens. Das wäre eine demütigende Erklärung für die vorgesetzte Behörde gewesen. In einem telephonischen Gespräch in einer neben⸗ sächl chen Sache hat Herr Heinemann sogar damit gedroht, daß, wenn die Genehmigung in jener Sache nicht erteilt werde, so würde es sehr schlimme Folgen haben. (Zwischenruf links.) Abg. Kopsch, ich verbitte mir solche Redensarten, Sie dürfen mir nicht „unverschämt“ zurufen. (Vizepräsident Dr. Krause: Abg. Kopsch, ich habe diesen Zwischenruf nicht gehört. Haben Sie den Ausdruck gebraucht? [Abg. Kopsch bejabt.] Dann rufe ich Sie zur Ordnung.) Ich halte diese Dinge nicht für harmlos, und wenn man sie in Verbindung bringt mit dem Niederschreien der Chargierten in den Vereinsversammlungen, so ist anzunehmen, daß der ursprünglich gute Geist im Verein und das gute Verhältnis zwischen den Chargierten und den Feuerwehrleuten und der Behörde anders geworden sind. Weil jetzt ein anderer Geist in dem Verein herrschte, hat der Polizeipräsident den Austritt der Feuerwehrleute verfügt. Die Verfügung hat ihren Zweck erreicht. Abg. Kopsch hat es als Heldentat gerühmt, daß ein Teil der Feuerwehrleute erklärte, nur auf Befehl auszutreten. Dieser Mitteilung des Abg. Kopsch folgte hier ein ziemlich dünnes Bravo auf der linken Seite, in der „Vossischen Zeitung“ steht aber „Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten und der Volkspartei’. Ich müßte mich sehr irren,

anspruchslos zu sein. Wenn wirklich der Syndikus des Vereins den Leuten den Rat gegeben hat, wenn sie „auf Befehl“ hinzu⸗ schrieben, würde das keine rechtlichen Folgen haben, so ist mir allerdings manches erklärlich. Die Einmutigkeit der Presse in der Beurteilung der Sache war nur auf die einseitigen In⸗ formationen durch den Verein zurückzuführen; spater als Veröffent⸗ lichungen von der anderen Seite kamen, hörte diese Einigkeit auf. Die Frage, ob das Reich vereinsgesetz durch den Polizeipräsdenten verletzt ist, hat der Abg. Kopsch selbst verꝛeint. Ich habe allerdings den Eindruck, als ob ein rechtskundtger Parterfreind ihm das Konzept verdorben hat. Man hätte also in der Intepellation lieber den Himweis auf eine Verletzung des Vereinsgesetzes forilassen sollen. (Zwischenrufe des Abg. Hoffmann.) Abg. Hoffmann, wenn Sie Selbsterkenntnis hätten, würren Sie schweigen. (Zwischenrufe des Abg. Hoffmann.) Machen Sie doch nicht folche 12 (Lärm. Vizepräsident Dr. Krause bittet, die zahlreichen Zuruse zu unterlassen. Zuruf des Abg Hoffmann.) Ich habe keine an isemitischen Witze gemacht. (Abs. Hoffmann: Heute nicht!) Abg. Hoff⸗ mann, Sie scheinen der Sprrit st zu sein, Sie lesen sogar Gedanken, die ich gar nicht gehabt habe. Das Reichsvereinsgesetz läßt das Recht des Staates, Beamte von bestimmten Versammlungen jernzuhalten, unberührt. Das Reichsgericht hat auch 1909 bei dem Streit zwischen Reedereien und dem Verein der Kapitäne der Handelsmarine entsprechend entschieden. Der Beamte steht in einem Treue⸗ und Gehorsams verhältnis zum Staat, und der Staat hat Anspruch auf ein treues Verhalten des Beamten, bvas auch über seine Arbeitszeit hinausgehen und sein ganzes Leben umfassen muß. Es stehr unzweifelhaft fest, daß die Feuerwehrleute unmittelvare Staatsbeamte sind und der Disziplin des Polizeipräsidenten unter⸗ stellt sind. Es wird gefordert, de Berliner Feuerwehrleute der Stadt zu unterstellen. Die strenge Disziplin aber, welche die Voraus⸗ setzung für hervorragende Leist mgen der Feuerwehr bildet, kann von dem Magistrat und von dem Oberbürgermeister nicht in der erforder⸗ lichen Weise ausgeübt weden. Daher ist die Feuerwehr besser in ihrer staatlichen Beamtenstellung aufgehoben. Auch in anderen Städten ist den Feuerwehrleuten der Anschluß an den Dort⸗ munder Verband als mit den dienstlichen Interessen nicht vereinbar erklärt worden. Wir hoffen, daß auch in Zukunft der Beitritt des Vereins in den Dortmunder Verband nicht geduldet wird. Wir bitten aber auch, daß die Fruerwehrchargierten, welche durch den Austritt aus dem Verein mancherlei Ansprüche auf Unterstützung und dergleichen verloren haben, dafur entsprechend ent⸗ schädigt werden. Ich hoffe, daß das Vorgehen des Poltze präsidenten die Anerkennung weiter Kreise der Berliner Bevölkerung finden wird. Abg. Just (nl.): Wir hatten gehofft, daß der Minister sich der Sache der Feuerwehrleute ann immt. Leider hat er dies aber nicht getan, sondern er hat sich darauf beschränkt, die Anordnungen des Polizei⸗ präsidenten zu verteidigen. Wir halten das Vorgehen des Polizei⸗ präsidenten nicht für richtig. Es ist bedauerlich, daß der Polizei⸗ präsident den Bestrebungen der Feuerwehrleute, zu einem Verein zu⸗ sammenzutreten, von vornherein Widerstand entgegensepte, und daß er die Leiter des Vereins durch Polizeibeamte überwachen ließ.⸗ Der Polizeipräsident hat auch ganz ungerechtfertigte Aenderungen an den Satzungen des Vereins vorgenommen. Der Zweck des Ve eins ist keineswegs der, die Disziplin zu untergraben. Aehnlich verhält es sich auch mit dem Verband. Dieser Verband bezweckt in erster Linie die Hebung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse der Berufs⸗ feuerwehren. Die Erfüllung der Wunsche des Verbandes verursachte natürlich den Stadtverwaltungen erhöhte Ausgaben, mweshalb es be⸗ greiflich ist, daß die. Stadtverwaltungen dem Verband nicht sympathisch gegenüberstehen. Der Minister ist leider über die Verhältnisse nicht richtig informiert, weil er sich seine In⸗ formationen nur beim Kommando der Feuerwehr geholt hat. Die m luärische Organisation der Berliner Feuerwehr und die dadurch bedingte militärische Disziplin hebt zweifellos die Leistungs⸗ fähigkeit der Feuermehr, aber diese militärische Diszinlin darf nicht auch außerhalb des Dienstes angewandt merden, und vor allem dürfen nicht die staatsbürgerlichen Rechte der uer⸗ wehr benachteiligt werden. Mit der Disziplin ist vielfach unter dem Vorwand, dieselbe aufrecht zu erhalten, Mißbrauch getrieben worden. Die Disziplin darf nicht allzu scharf gehandhabt werden. Für die Beschränkungen, welche der Polizeipräsident angeordnet hat, dürfen nicht bloße Befürchtungen, sondern wirkliche Tatsachen und Ver⸗ stöße gegen die Disziplen die Veranlassung bilden. Der Verband bat sets nationale Ziele verfolat, die er auch dadurch bewiesen hat, daß er den Anschluß an soztaldemofratische Organitation ganz energisch abgelehnt hat. Wenn sich die Feuerwehrleute einmal über ihre Vorgesetzten beklagen, so ist das sehr begreitlich, und es kann gar nicht geleugnet werden, daß die Feuerwehroffiziere manchmal den Mannschaften gegenüber ihre Befugnisse überschreiten. Der Verein hat erklärt, daß er immer Hand in Hand mit den Vor⸗ gesetten gehen wolle und nicht daran denke, die Disziplin zu unter⸗ graben, und der Vorsitzende hat in einer Versammlung au drücklich darauf hingewiesen, daß nach den Satzungen die Beschäftigung mit der Politi ausgeschlossen sei, daß es in der Hand des Vorsitzenden liege, Verstöße dadurch zu verhindern, daß die Kameraden fest zusammenhalten, die Disziplin aber nicht gefährdet werde. Dem Kommando hätte es also gar nicht schwer fallen können, die Disziplin aufrecht zu erhalten und in günstigem Sinne auf die Leute einzuwirken. So, wie die Dinge jetzt liegen, können sie nicht bleiden; der übermäßige Druck auf die Feuer⸗ wehrleute muß aufhören. Das Vorgeben der vorgesetzten Be⸗ hörden ist nicht gerade geschickt gewesen Es muß den Leuten das Recht gewährt werden, ihre wahre Meinung zum Aus⸗ druck zu bringen. Es ist auch nicht zu verlangen daß die pensionierten Feuerwehrleute aus dem Verein ausscheiden, daß sie ihre Kameraden verlassen müssen, bloß weil sie pensioniert worden sind. Man darf dem Verein auch nicht den Anschluß an einen Verband versagen, wenn er seine gemäßgte Richtung beibehält. Tut man es aber doch, dann darf man sich nicht wundern, wenn man schließlich seine Be⸗ amten im ganz anderen Lager findet. Ein solches Vorgehen ent⸗ fremdet der Behörde die tüchtigsten Elemente.

Da noch sechs Redner zu diesem Gegenstand gemeldet sind, schlägt Vizepräsident Dr. Krause vor, die weitere Be⸗ sprechung zu vertagen und nur noch die Gegenstände der Tagesordnung zu erledigen, zu denen keine Wortmeldungen vorliegen.

In erster und zweiter Beratung werden die Gesetz⸗ entwürfe, betreffend Aenderung der Amts⸗ gerichtsbezirke Köslin und Zanow, Demmin und Loitz. Brieg und Löwen, Jüterbog, Luckenwalde und Treuenbrietzen, Bad Orb und Gelnhausen, Beckum und Oelde, ohne Debatte angenommen. .

In einmaliger Beratung wird eine Reihe von Mi⸗ nisterialverfügungen und erlassen über Reise⸗ kostenvergütungen 1. verschiedene Beamtenkategorien durch Kenntnisnahme erledigt.

Ebenso werden durch Kenntnisnahme erledigt die Bekannt⸗

wenn dieser Beifall so lebhaft gewesen ist. Ich weiß nicht, wo da

gut ausführbar sein. Wollte man alle die Sachen in gewerbepolizei⸗ lichem Genehmigungsverfahren, für die der Kreisausschuß zuständig ist,

der Heroismus liegen soll; die B

ufer scheinen doch recht

machung des Ministers des Innern vom 9. März 1912, betr. die Ergänzung des Tarifs für die Gebühren der Kreisärzte,