1912 / 292 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Dec 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung.

Das laut Bekanntmachung vom 15. Juli d. J. ausgeschriebene Stipendium der Adolf Menzelstistung ist durch Beschluß des Kuratoriums der genannten Stiftung für das Jahr 1913 dem ewehcen Maler Paul Heymann aus Krojanke verliehen

rden.

Charlottenburg, den 8. Dezember 1912. Der Vorsitzende ddes Kuratoriums der Adolf Menzelstiftung. A. von Werner, Direktor der Königlichen akademischen Hochschule für die bildenden Kün

Deutsches Reich.

8 .

Preußen. Berlin, 9. Dezember 1912

Seine Majestät der Kaiser und König, Aller⸗ höchstwelcher vorgestern abend von Bückeburg hier wieder ein⸗ getroffen sind, nahmen heute vormittag im Königlichen Schlosse

die Vorträge des Ministers der öffentlichen Arbeiten von Breiten⸗ bach, des Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegen⸗ heiten Dr. von Trott zu Solz und des Finanzministers Dr. Lentze entgegen und empfingen den Direktor bei den Königlichen Museen Dr. Wiegand sowie den Stadtbaurat Hoffmann. Später nahmen Seine Majestät den Vortrag des Reichskanzlers Dr. on Bethmann Hollweg entgegen.

Der zwischen den Souveränen und den Regie⸗ ungen von Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn und Italien bestehende Bundesvertrag ist nach einer Mel⸗ dung des „W. T. B.“ ohne jede Aenderung erneuert worden.

7. d. M. verstarb hier der frühere Direktor der Forst⸗ abteilung im Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, Oberlandforstmeister, Mitglied des Staatsrats, Wirk⸗ liche Geheime Rat Karl Donner.

Am 8. August 1832 zu Grätz im Regierungsbezirk Posen geboren, bestand Donner nach beendeten Studien die Prüfungen mit Auszeichnung. Er wurde von Anfang 1862 an als Hilfs⸗ arbeiter bei der Zentralforstverwaltung im Finanzministerium beschäftigt und verwaltete, nachdem er im Jahre 1864 zum Oberförster ernannt worden war, bis zum Jahre 1867 die Oberförsterei Schleusinger⸗Neundorf im Regie⸗ rungsbezirk Erfurt. Im Jahre 1867 wurde er zum Forst⸗ inspektor und Mitglied der Regierung in Cassel, im Jahre 1869 zum Forstmeister ernannt und im Jahre 1874 unter Beförderung zum Oberforstmeister und Mitdirigenten der Forstabteilung der Finanzdirektion nach Hannover versetzt. Im Mai 1879 trat Donner als Hilfsarbeiter in das Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten ein, wo er am 13. Juli 1879 zum vortragenden Rat und am 11. April 1883 zum Landforstmeister mit dem Range der Räte zweiter Klasse befördert wurde. Im Oktober 1884 erfolgte seine Er⸗ nennung zum Mitglied des Staatsrats und am 12. Januar 1885 wurde er als Oberlandforstmeister an die Spitze der Forstabteilung des landwirtschaftlichen Ministeriums gestellt. Am 12. Januar 1895 Donners Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat mit dem Prädikat Exzellenz. Am 29. Dezember 1901 erhielt er den erbetenen Abschied aus dem Staatsdienst unter gleich⸗ zeitiger Verleihung der Brillanten zum Kronenorden erster Klasse. Donner hat in allen seinen amtlichen Stellungen, insbesondere in der als Chef der preußischen Staatsforstverwaltung, Vorzüg⸗ liches geleistet. Er war ein Mann von ausgezeichneter Be⸗ gabung, gediegenen Kenntnissen und unermüdlichem Fleiß, das Muster eines altpreußischen Beamten, der für sich nichts, von sich alles verlangte und immer bereit war, sich selbstlos einzusetzen für das ihm anvertraute Amt. Sein Andenken wird in der preußischen Forstverwaltung alle Zeit in hohen Ehren stehen.

Eine Denkschrift über die bisherigen Ergebnisse der systematischen Typhusbekämpfung im Südwesten des Reichs enthält der soeben erschienene 41. Band der „Arbeiten aus dem F“ Gesundheitsamt“ (Verlag von Julius Springer in

erlin).

Bekanntlich findet seit dem Jahre 1903 ein systematisches Vorgehen gegen den Typhus seitens der beteiligten Landesbehörden unter Mitwirkung der Reichsverwaltung und unter Leitung eines von dieser bestellten Reichskommissars nach Vorschlägen statt, die Robert Koch seinerzeit gemacht hat. Das Gebiet, auf das sich die Bekämpfungsmaßnahmen erstrecken, umfaßt Landesteile Preußens (Regierungsbezirk Trier), Bayerns (Regierungsbezirk Pfalz), Oldenburgs (Fürstentum Birkenfeld) und Elsaß Lothringens (Lothringen, Unter⸗ elsaß und Teile des Oberelsaß). Die Denkschrift, welche in 30 Einzelabschnitten die Organisation des gesamten Vorgehens und die bis jetzt erzielten wissenschaftlichen und praktischen Er⸗ folge schildert, läßt ersehen, daß es erfreulicherweise gelungen ist, in den Jahren 1904 bis 1911 die Erkrankungen an Unter⸗ leibstyphus in dem in Frage stehenden Gebiete um mehr als die Hälfte herabzumindern. Außerdem geht aus ihr hervor, daß die systematische Typhusbekämpfung besonders segensreich auch für die allgemeine Sanierung der betreffenden Landesteile hat, inso ern Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung, Wohnungswesen, Desinfektionswesen, Krankenhauswesen wesent⸗ 8 liche Verbesser ahren haben.

In der Vierten Beilage zur heutigen Nummer des „Meichs⸗ und Staatsanzeigers“ werden im Kaiserlichen Statistischen Amt zusammengestellte Nachrichten über den Stand der Herbstsaaten im Deutschen Reiche um die

Mitte des Monats Dezember 1912 veröffentlicht.

Oesterreich⸗Ungarn. DDer Staͤtthalter Dr. Bobrzynski hat gestern in Lemberg in der Vollversammlung der polnischen Landtags⸗ und Reichs⸗ tagsabgeordneten eine an ihn gerichtete Anfrage betreffs der internationalen Lage laut Meldung des „W. T. B.“ folgendermaßen beantwortet:

Auf Grund einer Ermächtigung seitens des Ministerpräsidenten bin ich in der Lage, folgende auforitative Aeußerung abzugeben: Die internationale Lage hat in den letzten Tagen keine Veränderung er⸗ fahren und die Gerüchte über eine Verschärfung der auswärtigen Lage sind unbegründet. Unsere Beziehungen zu Rußland sind normal und den Gerüchten über eine bevorstehende Kriegs⸗

ggefahr ist daher kein Glauben beizumessen. Es würde sich demnach

empfehlen, wenn von seiten der Mitglieder des Klubs mäßigend ein⸗ gewirkt und der Verbreitung unverläßlicher und unzutreffender Nach⸗ richten entgegengetreten würde. Weiter ist festzustellen, daß sich an⸗ gesichts der herrschenden Beunruhigung vor allem in den Kreisen der Jugend eine Bewegung geltend gemacht hat, deren national⸗patrio⸗ tischer Charakter nicht verkannt werden soll, die aber im Hinblick auf die. gleichzeitig auftretenden falschen Voraussetzungen über die Heranziehung dieser Kreise zu militärischen Aufgaben bedenk⸗ lich ist, ja Gefahren in sich birgt. Aus diesem Grunde sind die Be⸗ hörden im Einvernehmen mit den militärischen Organen nachdrücklich bemüht, derartigen falschen Voraussetzungen durch eine entsprechende Einwirkung und Beaufsichtigung der Jugend entgegenzutreten. Es wird auch eine dankbare Aufgabe der Vertreter der beiden das Land bewohnenden Nationalitäten sein, in ihren Kreisen möglichst dazu beizutragen, daß einer solchen mit Gefahren verbundenen Bewegung Einhalt geboten wird.

Das ungarische Abgeordnetenhaus hat vorgestern, obiger Quelle zufolge, die Gesetzvorlage über Ausnahme⸗ maßregeln im Kriegsfall mit der Abänderung angenommen, daß die Regierung verpflichtet ist, im Reichstag um Ver⸗ längerung des Ausnahmezustandes nach viermonatiger Dauer neuerdings anzusuchen, falls inzwischen der Krieg nicht aus⸗ gebrochen it. 1“

ARußland. 8

Das Finanzministerium hat im Ministerium den Antrag eingebracht, die Tätigkeit der Reichsbank auf Finnland aus⸗ zudehnen.

Italien.

In der vorgestrigen Sitzung der Deputiertenkammer richteten die Abgg. Salandra und Galli an den Minister des Aeußern Marquis di San Giuliano Anfragen wegen der Beschießung von Valona und der Besetzung der Insel Saseno durch die Griechen.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Minister in Beantwortung der Anfragen, daß die italienische Regierung der griechischen Regierung freundschaftlich, aber bestimmt erklärt habe, daß, wenngleich sie die Freiheit der militärischen Operationen der Kriegführenden achten wolle, sie dennoch niemals ihre Zustimmung geben würde, daß die Bucht von Valona und die einen integrierenden Teil derselben bildende Insel Saseno zu Griechenland gehören und daß sie in einen militärischen oder bööö“ umgewandelt werden. Ein gleicher Schritt sei von der österreichisch⸗ungarischen Regierung, mit der sich Italien in inniger Uebereinstimmung befände, unter⸗ nommen worden. „Wir haben Grund“, fügte der Minister hinzu, „anzunehmen, daß unsere herzlichen Beziehungen zu Griechenland sich immer mehr festigen und entwickeln werden. Der Oppositionelle Salandra erklärte, er sei von den ausführlichen Erklärungen San Giulianos befriedigt. Diese Frage habe wahrlich großes nationales Interesse, weil, wenn die Bucht von Valona sich in den Händen einer See⸗ macht ersten oder zweiten Ranges befände, der Zugang zur Adria schwer bedroht wäre. Salandra hob hervor, daß Valona vollständig außer⸗ halb von Epirus liege, das Griechenland haben wolle, und daß die Insel Saseno nichts mit den Jonischen Inseln zu tun habe. Schließlich gab Salandra seiner Zuversicht Ausdruck, daß die Regierung sich nicht von dem Standpunkt, den San Giuliano auseinandergesetzt habe, entfernen und stets energisch die Interessen und das Recht Italiens zu wahren wissen werde. Der Abg. Galli erklärte sich gleichfalls von der Antwort San Giulianos zufrieden⸗ gestellt. Er erwähnte die alten festen Bande der Sympathie, die die Völker Italiens und Griechenlands einten, und gab seiner Zuversicht Ausdruck, daß die Regierung bei aller Wahrung der italienischen Interessen, wie sie es bisher getan habe, nicht die Verwirklichung der Hoffnungen der hellenischen Nation verhindern werde, soweit sie nicht

mit den italienischen Interessen in Widerspruch ständen. Hierauf erstattete der Schatzminister Tedesco einen Bericht über die Lage der Staatsfinanzen. Das Rechnungsjahr 1911/12 hat danach mit einem Ueberschuß von 101 Millionen Lire abgeschlossen, die dazu bestimmt sind, dem Schatz die für den Feldzug in Libyen vorweg ausgegebenen Summen zu erstatten. Zu demselben Zweck stehen 57 Millionen Lire aus früheren Rechnungsjahren zur Verfügung. Dieses Ergebnis erscheint um so günstiger, als im Rechnungsjahre 1911/12 gegenüber dem Vor⸗ jahre infolge der höheren Kohlenpreise bei den Staatseisenbahnen ein Einnahmerückgang von? Millionen eingetreten ist, und infolge der guten Getreideernte die Zolleinnahmen um 37 Millionen zurückgegangen sind, während auf der andern Seite die Ausgaben eine Steigerung um 67 Millionen Lire aufweisen. Für das laufende Rechnungsjahr vom 1. Juli 1912 bis 30. Juni 1913 erwartet der Minister bei vor⸗ sichtigster Berechnung einen Ueberschuß von 50 Millionen Lire, für das Jahr 1913/1914 einen solchen von 70 Millionen. Der Minister gab sodann einen Ueberblick über den Zeitraum von 1898 bis 1912 und hob unter anderm hervor, daß der internationale Wechselverkehr in diesem Zeitraum von 2 ½¼ Milliarden auf 5 ¾ Milltarden gestiegen ist; der Verkehr in den Häfen des Königreichs weist im Per⸗ sonenverkehr eine Steigerung von 1 Million auf 2 900 000 Personen, im Warenverkehr von 16 auf 29 ½ Millionen Tonnen auf; der Eisenbahnverkehr ist von 273 auf 574 Millionen gestiegen, obwohl das Eisenbahnnetz nur einen Zuwachs von 1700 km erfahren hat. Die 3 ½ prozentige konsolidierte Rente, die am 30. April auf 94,10 gesunken war, hat im Laufe des November den Pari⸗ kurs wieder erreicht und ist von der Erregung der großen Börsen Europas in den letzten zwei Monaten gänzlich un⸗ berührt geblieben. Die Lage der drei Emissionsbanken ist blühend. Die Metallreserven sind vom 1. Januar bis 31. Oktober um 33 Millionen Lire gestiegen, davon 30 Millionen in Gold, sodaß der gesamte Goldbestand 1 Milliarde 289 Millionen beträgt. Außerordentliche Fortschritte weist auch die Depositen⸗ und Darlehenskasse auf, die voraussichtlich in den Jahren 1913 bis 1922 4 Milliarden 400 Millionen unter den gesetzlichen Bedingungen an Gemeinden, Provinzen und Genossen⸗ schaften wird ausleihen können. Die Staatskasse hat, abgesehen von allen anderen Zahlungen, im Laufe des Jahres für die Kriegs⸗ kosten und verschiedene andere Aufgaben 660 Millionen Lire zur Ver fügung stellen können, ohne zu außerordentlichen Mitteln zu greifen, lediglich durch Vermehrung der umlaufenden ordentlichen Schatzbons um 170 Millionen, trotzdem noch 64 Millionen unter der normalen Grenze bleiben.

Türkei.

Die türkischen Bevollmächtigten für die Friedens⸗ verhandlun gen, der Handelsminister Reschid, der türkische Fehe in Berlin Osman Nisami Pascha, der Rechtsrat Reschi und der Oberst Ali Riza werden in Begleitung von Sekretären morgen nach London abreisen. Der türkische Bot⸗

schafter in London Tewfik Pascha hat, wie „W. T. B.“

mächtigter an den Friedensverhandlungen teilzunehmen, un um Urlaub gebeten. Der Ministerrat berät über die Ernennung eines Ersatzmanns sowie über die Instruktionen, die den Be⸗ de. irtiül werden sollen.

Der Minister des Innern veröffentlicht folgende amt⸗ liche Depesche aus Adrianopel vom 4. d. M.:

zu nähern versuchte, unternahm gestern abend 9 Uhr mit allen Streitkräften an Infanterie und Kavallerie einen allgemeinen

Truppen schlugen den Sturm mit äußerster Energie ab, und un

Kampf dauerte sechs Stunden. Der Feind erlitt große Verluste und

stillstand verkündet worden.

im Ministerium des Aeußern mitgeteilt wird, beabsichtigt die Pforte, Einspruch zu erheben, weil die Bulgaren vier bis

Adrianopel Nachts nochmals angegriffen hätten.

Die ehemaligen jungtürkischen Minister Hadji Adil und Enrullah Hairi sowie der ehemalige Abgeordnete Carasso, der Journalist Aghajeff, der Generalsekretär der Kammer und drei ehemalige Deputierte sowie sechs andere Jung⸗ türken sind, obiger Quelle zufolge, gestern in Freiheit gesetzt

worden. Griechenland. Wie „W. T. B.“ meldet, sind als griechische Friedens⸗

Sculudis, der griechische Gesandte in London Gennadinos,

fessor der Rechte in Paris Nicolas Politis bestimmt worden.

Während der Abwesenheit des Ministerpräsidenten Venizelos, der heute vormittag mit Sculudis nach London abreist, wird der Minister des Aeußern Koromilas die Geschäfte des Minister⸗ rats leiten und der Marineminister Stratos das Kriegsportefeuille übernehmen.

Der Korvettenkapitän Georgantas hat, obiger Quelle zufolge, dem Marineministerium gemeldet, daß er vorgestern früh vor Santi Quaranta eingetroffen sei und unter un⸗ beschreiblicher Begeisterung die hellenische Flagge gehißt habe.

Serbien.

Die Friedensdelegierten der Balkanstaaten haben nach einer Meldung des „W. T. B.“ den Auftrag erhalten, nach Beendigung der Friedensverhandlungen mit der Türkei in London zu bleiben, um dort die Fragen der territorialen Abgrenzung zwischen den Balkanstaaten zu regeln.

8 Bulgarien. 8

Die Bevollmächtigten für die Londoner Friedenskonferenz sind, der „Agence Bulgare“ zufolge, der Präsident der Sobranje

Dr. Danen, der bulgarische Gesandte in London Mad⸗

jaroff und der General Paprikoff. Als Fachdelegierter ist der Oberst Jostow der Mission zugeteilt. Der Präsident Dr. Danew ist gestern nach Bukarest abgereist und wird sich von dort aus nach London begeben.

Amerika.

8oe brasilianische Senat hat, wie T. B.“ meldet, einem Antrag, betreffend Anwerbung englischer Marine⸗ offiziere als Instrukteure für die brasilianische Marine, zugestimmt. Der Antragsteller, Senator Azerade, erklärte, die brasilianischen Schiffe müßten englische Instrukteure haben, weil sie in England erbaut seie

Asien.

Die persische Regierung hat den russischen Gesandten nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ benachrichtigt, daß wegen Geldmangels die Ver⸗ stärkung der persischen Kosakenbrigade von 1700 auf 4500 Mann jetzt undurchführbar sei; doch würden von 1913 an für die Brigade 200 000 Tomans ausgegeben werden.

In geheimer Sitzung der chinesischen National⸗ versammlung wurde, obiger Quelle zufolge, dem Minister des Aeußern Lutschengsiang ein Tadel ausgedrückt für seine zu schwache Politik Rußland gegenüber sowie für die auf seinen Rat erfolgte Zurückziehung der nach Kobdo entsandten Truppen. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung des Feld⸗ zugs, der im nächsten Frühjahr gegen die äußere Mongolei unternommen werden soll, ist in der Stadt Kuihuats cheng das Standrecht erklärt worden eX““ v Nach einer Depesche des „W. T. B.“ aus Casablanca meldet der Kaid Gundafi als Folge der neuen Kämpfe die vollständige Auflösung der Streitkräfte El Hibas.

Parlamentarische Nachrichten.

8 Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzung en tags und des Hauses der Abgeordneten befinden n der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (103.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten wurden zunächst in dritter Beratung ohne Debatte die Gesetzentwürfe, betreffend die Aenderung der Amtsgerichtsbezirke Köslin und Zanow, Demmin und Loitz, Brieg und Löwen, Jüterbog, Luckenwalde und Treuen⸗ brietzen, Bad Orb und Gelnhausen sowie Beckum und Oelde, angenommen.

Dann folgte die erste Beratung der von den Abgg. Schiffer (nl.) und Genossen eingebrachten Gesetzentwürfe über Polizeiverordnungen und Ortsstatute, sowie über die Anfechtung polizeilicher Verfügungen.

Nach dem ersteren Entwurfe soll die Rechtsgültigkeit von Polizeiverordnungen durch Klage beim Oberverwaltungsgericht angefochten werden können. Wenn der Klage stattgegeben wird, ilt die Polizeiverordnung als aufgehoben. Die Rechtswirksam⸗ eit von Polizeiverordnungen soll überhaupt nach Ablauf von 25 Jahren erlöschen.

Nach dem zweiten Gesetzentwurfe sollen alle behördlichen Verfügungen, deren Anfechtung an die Innehaltung einer Frist ebunden ist, einen Vermerk darüber enthalten, innerhalb welcher Frist in welcher Form und bei welcher Stelle die Anfechtung.

meldet, aus Gesundheitsrücksichten abgelehnt, als Bevoll⸗

anzubringen sei

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Der Feind, der vor Abschluß des Waffenstillstandes sich der

Sturm von der Westfront, Ostfront und von Marasch her. d s 1 ere Vorposten wichen nicht um einen Schritt aus ihren Stellungen. Der

wich in Unordnung zurück. Siebzig Kanonenkugeln, die gegen die Stadt gefeuert wurden, verursachten keinen Schaden. Heute ist der Waffen⸗

Wie dem Vertreter von „Wolffs Telegraphischem Bureau’“

8 Stunden nach Abschluß des Waffenstillstandes

delegierte der Ministerpräsident Venizolos, der frühere Minister b

der griechische Gesandte in Wien Dr. Streit und der Pro⸗

In Verbindung damit wird der von den Abgg. Schiffer

(nl.) und Genossen gestellte Antrag beraten:

die Regierung zu ersuchen, unverzüglich eine Sammlung und

Sichtung des vorhandenen Rechtsstoffes zu veranlassen, um

durch Ausscheidung veralteter, durch Klarstellung zweifelhafter, durch Zusammenfassung verstreuter und durch Vereinheitlichung gleichartiger Vorschriften einen möglichst zeitgemäßen, sicheren, übersichtlichen und einfachen Rechtszustand herbeizuführen.

Abg. Schiffer (nl.): Wir leiden an einer Ueberproduktion des Rechts; dem Publikum wird es immer schwerer, zu seinem

Riechte zu kommen. Im Laufe der Zeit ist das Recht immer un⸗

übersichtlicher und unklarer geworden. Welcher Jurist kann heute

von sich sagen, daß er das Recht kennt? Wer kann sich ohne weiteres darin zurecht finden? Kein Jurist kann selbst in ein⸗

facheren Angelegenheiten den Ausgang eines Prozesses mit einiger Sicherheit voraussagen. Man sagt: „Bei Gott und den Juristen ist nichts unmöglich“, aber es wäre falsch, die Schuld an diesem Zu⸗

stande lediglich den Juristen zuzuschieben. Der Rechtsstoff mit

seinen Gesetzen, Erlassen, Verordnungen, Verfügungen, Anweisungen, Ortsstatuten usw. umfaßt Tausende von Bänden. Mit dem Text

allein ist noch nichts anzufangen. Man muß auch die Motive der

Gesetze zu Hilfe nehmen, um herauszubekommen, was sich der Gesetz⸗ geber gedacht oder nicht gedacht hat. Dann muß man wieder die Rechtsprechung zu Hilfe nehmen, die wiederum verschieden ist.

Man muß endlich die juristische Literatur verfolgen bis in die Kom⸗ mentare und in die Eselsbrücken hinein. Der Grundsatz: ignorantia

juris nocet, wonach sich kein Einwohner mit Unkenntnis des Ge⸗ setzes schützen kann, ist in seinen Grundlagen eine unmögliche Voraus⸗ setzung, er ist innerlich unwahr, denn es gibt eine Unzahl von Fällen, wo der Beschuldigte das Recht nicht kennt, überhaupt nicht kennen kann. Tausende und Millionen von Menschen werden in ihren materiellen und geistigen Gütern geschädigt für etwas, wofür sie nichts können. Hier muß endlich Wandel geschaffen werden. Wir haben dies zum Teil auf dem Gebiete des Reichsrechts versucht, aber es scheint mir geboten, auch in diesem Hause einen Schritt weiter zu tun. Dies gilt zunächst von der Anfechtung der Entscheidungen der Behörden. Wir beantragen, daß in der Eröffnung anzugeben ist, in welcher Frist, in welcher Form und bei welcher Stelle die Anfechtung anzubringen ist. Die Frage der Zuständigkeit

ist eine der unklarsten. Es gibt ein dickes Buch hierüber. Aber es ist nicht imstande, anzugeben, wie die Zuständigkeit der Beamten geordnet ist. Man hat gemeint, unser Vorschlag sei

nicht nötig, der Notstand sei nicht so schlimm, es würden viel Schreibereien daraus entstehen. Das glaube ich nicht, die Sache wird sich rein formularmäßig abspielen. Zum Schutze des wahren Rechts darf kein Mittel unversucht bleiben. Sollten sich aber wirklich aus meinem Antrage einige Unzuträglichkeiten ergeben, so muß man sie im Interesse des rechtsuchenden Publikums ruhig in Kauf nehmen. Will man das Volk wirklich zu seinem Rechte kommen lassen, so darf man die Rechtsmittel nicht irgendwo verstecken. Unser Antrag bezüglich der Sammlung und Sichtung des vor⸗ handenen Rechtsstoffes bezweckt, einmal eine geeignete Grundlage zu schaffen. Wie nötig dies ist, wird sofort klar, wenn man berücksichtigt, mit wie alten Verordnungen die Gerichte sich zu befassen haben. So hat das Oberverwaltungsgericht, das Reichsgericht und das Kammer⸗ gericht, abgesehen von anderen, sich häufig auf Verordnungen berufen müssen, die bis in den Anfang des 16. Jahrhunderts zurückgehen. Hierin steht gerade Preußen an der Spitze. Mit Ausnahme von zwei anderen Gliedstaaten des Reichs sind bei den übrigen nur immer Gesetze

und Verordnungen in Frage gekommen, die kaum über die Mitte des vorigen Jahrhunderts hinausreichten. Man braucht sich nur die Verordnungen über die Verteilung der Schullasten und namentlich die Polizeiverardnungen anzusehen. Diese sind ganz besonders durch Verordnungen aus der ältesten Vergangenheit belastet. Ebenso ist es auf dem Gebiet der kirchlichen Verordnungen. So ist vor einiger Zeit ein Arbeiter auf Grund der waldeckschen Kirchen⸗ ordnung vom Jahre 1575 verurteilt worden, weil er an einem Grün⸗ donnerstag gearbeitet hatte. Einiges mag ja an diesen Verord⸗ nungen noch brauchbar sein. Aber dies kann man erst feststellen, wenn man alle diese einmal erst gesammelt hat. Ein großer Teil unserer

Gesetzesparagraphen schließt mit dem Passus, daß dadurch alle ent⸗ gegenstehenden Bestimmungen aufgehoben sind. Aber gerade darüber herrschen ja Zweifel, was als entgegenstehend und widerstrebend an⸗ zusehen ist. Dazu kommt noch, daß die Publikationsorgane in einer Weise verteilt sind, daß jede Uebersicht fast unmöglich ist.

Ihrer sind Legion. Dazu kommt dann noch das 8 der amtlichen Kreisblätter. Ganz besonders schwer hat unter dieser Unübersichtlich⸗ keit die Binnenschiffahrt zu leiden. Die Ströme haben die Eigen⸗

tümlichkeit, durch allerlei Gebiete hindurchzufließen, in denen von

altersher die verschiedensten Verordnungen in Kraft sind. Die Polizei⸗ verordnungen sollen ja in Abschrift der vorgesetzten Behörde mit⸗ geteilt werden, damit diese eventuell sie auf ihre Richtigkeit nachprüfen kann. Ob dies üllerall geschieht, läßt sich

nicht beweisen. Auch ist es zweifelhaft, ob ihre Wirksamkeit dadurch inzwischen aufgehoben wird. Goethe äußerte selbst einmal gegen⸗ über den Polizeiverordnungen, daß, wenn jemand sie alle kennen lernen

wollte, er gar keine Zeit zur Uebertretung hätte. Von anderer Seite

wurde hervorgehoben, daß, wenn es so weiter gehe, das preußische Volk gegenüber den wegen Uebertretungen verhängten

Strafen allmählich so abgestumpft werde, daß es diese wie die Schädigungen eines Naturereignisses, dem man nicht entrinnen kann, entgegennimmt. In Deutschland ergehen durchschnittlich 5 Millionen

Strafverfügungen auf Grund von Polizeiverordnungen. In dem kurzen

Zeitraum von 2 Jahren hat das Kammergericht 60 Polizeiverordnungen für rechtsunwirksam erklärt, Verordnungen, die zum Teil 50, 60 Jahre lang bestanden; Hunderte und Hunderte von Bestrafungen waren auf Grund dieser nügültigen Polizeiverordnungen erfolgt, und die Be⸗ 1 straften mußten sich nach der Aufhebung doch sagen, daß ihnen bitteres Unrecht geschehen war. Gegen dieses ungeheure Heer von Polizei⸗ verordnungen wendet sich mein weiterer Vorschlag, daß die Polizei⸗ verordnungen nach 25 Jahren von selbst außer Kraft treten sollen. Unser wirtschaftliches Leben bewegt sich in raschem Wechsel. Nach 25 Jabhren ist eine neue Prüfung, ob eine Polizeiverordnung

paßt oder nicht mehr paßt, notwendig. Die Anfechtungsklage wie

ggegen Polizeiverordnungen soll aber auch zulässig sein gegen alle Ortsstatute, insbesondere Steuerordnungen, Gebührenordnungen und Reglements; auch hier muß für das Gewerbsleben eine zuständige Stelle vorhanden sein, und diese ist ebenfalls in dem Oberverwaltungs⸗ gericht gegeben. Natürlich soll die Entscheidung nur negativ sein, die ebac soll auf Klage erfolgen, nicht etwa aber soll, wenn die Klage abgewiesen wird, nun die Unanfechtbarkeit fest⸗ stehen; denn ich will den Rechtsschutz nicht verringern, ich will ihn vermehren. Ich halte das se ige Verfahren für ein Uebel, daß jemand sich erst verklagen lassen muß, wenn er eine Polizei⸗ verordnung usw. anfechten will, daß er erst eine Kontravention be⸗ gehen und sich dann als Angeklagter durch alle Instanzen schleppen lassen muß und die Kosten zu tragen hat. Wenn er als Kläger auf⸗ treten kann, wird damit seiner Bürgerwürde mehr Rechnung getragen, als wenn er bloß ein Streitobjekt der Behörden darstellt. Dazu ist der Bürger nicht da. Ich beantrage, meine Anträge einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen, in der nicht bloß Juristen, sondern auch Männer des praktischen Lebens sitzen sollen. Die entgegenstehenden Bedenken werden nicht unüberwindlich sein. Denen, die darin schon einen revolutionären Angriff auf das be⸗ stehende Recht sehen, ist nicht zu helfen; ich bin nun einmal der Meinung, daß hier mit der Axt an die Wurzel gehauen werden muß. Auch die vom Standpunkt der Wissenschaft Bedenken kann ich nicht gelten lassen. Die wahre Wissenschaft ist das Leben selbst; das praktische Leben und die Rechtsübung müssen immer mehr mit einander in Einklang gebracht werden. Nur eine Umgestaltung des ob⸗ jektiven Rechts kann uns helfen, und sie wird uns dem Ziele einer Ver⸗ minderung der Behörden näher bringen. Weniger regieren und weniger judi⸗ zieren, das ist das beste Mittel zu diesem Zweck. Dann wird auch die traurige Erscheinung verschwinden, daß weite Schichten des

Volkes den Behörden mit großem Mißtrauen gegenüberstehen, mit den Gerichten nichts zu tun 85 wollen. Mit dieser Volksstimmung muß gebrochen werden. Das Volk sagt: Die IJuristen treiben Jurisprudenz, wir aber wollen etwas ganz anderes, wir wollen Volks⸗ tümlichkeit des Rechts, wir wollen mit eigenen Augen sehen und mit eigenen Ohren hören. Das Volk wird aufatmen, wenn hier Wandel geschaffen ist, und dann wird auch in der Volksseele das verloren ge⸗

gangene Vertrauen allmählich wiederkehren. . 8 8 u“

Koloniales.

Den im Jahre 1902 bezw. 1910 erschienenen Rechtssammlungen für Deutsch Ostafrika und Togo ist nunmehr unter dem Titel „Die Landesgesetzgebung für das Schutzgebiet Kamerun“ eine gleichartige Sammlung der in Kamerun zurzeit geltenden völkerrecht⸗ lichen Verträge, Heüsehe. Verordnungen und Dienstvorschriften mit An merkungen und Registern gefolgt, die der Regierungsrat und Referent beim Kaiserlichen Gouvernement von Kamerun Dr. Ruppel heraus⸗ gegeben hat (XXXII und 1263 Seiten, geh. 27,50 ℳ, geb. 31 ℳ, Verlag von Ernst Siegfried Mittler u. Sohn, Berlin). In sieben Kapiteln (I. Verfassung, allgemeine Verwaltung, völker⸗ rechtliche Verträge; II. Beamte und Angestellte; III. Finanz⸗ verwaltung; IV. Rechtspflege; V. Polizei; VI. Wohlfahrts⸗ pflege; VII. Militärwesen) gibt das Werk, nach Materien geordnet, ein recht klares, übersichtliches und vollständiges Bild vom gegenwärtigen Stande des kameruner Rechts, sodaß auch der nicht juristisch vorgebildete Kaufmann und Pflanzer leicht einen erschöpfenden Aufschluß über die ihn beschäftigenden Fragen, 1. B. des Steuer⸗, Zoll⸗, Handels⸗ oder Gewerberechts erhält. Ebenso wird die neben den Gesetzen und Verordnungen insbesondere auch das in den zahlreichen noch geltenden Dienstanweisungen, Instruktionen und Runderlassen der heimischen Zentralinstanz und des Gouvernements niedergelegte Material berücksichtigende Zu⸗ sammenstellung der Lande gesetzgebung ein willkommener Wegweiser durch die verschlungenen Gänge des Kolonialrechts dem in der kolonialen Praxis stehenden Verwaltungsbeamten und Richter wie auch dem Schriftsteller sein, der sich theoretisch mit Einzelfragen der schwierigen, in den letzten Jahren 1e vielfach bevorzugten Kolonialrechtswissenschaft befaßt. Es ist zu hoffen, daß das haadfiche Werk über das gesamte für das Schutzgebiet Kamerun geltende Sonderrecht öffentlich⸗ und pripatrechtlichen Charakters, dessen Gebrauch ein sachlich, innerhalb der Abschnitte aber zeitlich geordnetes Inhalts⸗ verzeichnis und ein umfangreiches alphabetisches Sachregister wesent⸗ lich erleichtern, eine weite Verbreitung finden wird, auch daß ihm bald weitere Rechtssammlungen für die noch übrigen Schutzgebiete folgen werden.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus London wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Dreitausend Angestellte der Northeastern Railway sind am Sonnabend in den Ausstand getreten, weil die Gesellschaft sich weigerte, einen wegen Trunkenheit vom Polizeigericht verurteilten Lokomotivführer wieder in seinen früheren Posten einzustellen. Der Eisenbahnverkehr ist um mehr als die Hälfte eingeschränkt worden. Man befürchtet, daß eine Anzahl von Kohlengruben den Betrieb wird einstellen müssen.

Berichtigung.

In der in der Nr. 269 d. Bl. vom 11. November d. J. veröffentlichten Tabelle über die Zahl der im 3. Vierteljahr 1912 im Deutschen Reich beschauten Schlachttiere muß die Gesamtzahl der beschauten Schafe nicht 769 006, sondern 779 006 heißen.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Das Reichspostamt weist in seinem neuesten Amtsblatt die Beamten und Unterbeamten der Reichspost, die früher invalidenversicherungspflichtig waren, auf den Vorteil hin, daß sie nach der Reichsversicherungsordnung sich jetzt durch freiwillige Weiter⸗ versicherung die Rechte auf Invaliden⸗ oder Altersrenten für den Fall ihrer Invalidität oder für die Zeit nach dem vollendeten 70. Lebensjahre sichern können, sodaß ihnen dann, abweichend vom früheren Recht, Invaliden⸗ und Altersrenten neben dem Ruhegehalt voll ausgezahlt werden.

Aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens der Nähmaschinen⸗ fabrik G. M. Pfaff in Kaiserslautern hat der Fabrikinhaber laut Meldung des „W. T. B.“ für seine 1800 Arbeiter und Beamte, für Zuwendungen an die Arbeiter b und Beamtenunterstützungskassen der Fabrik sowie für Gemeinde⸗ und sonstige Wohltätigkeitsanstalten den sistet

Kunst und Wissenschaft.

Sir George Howard Darwin, Professor der Astronomie und Philosophie an der Universität Cambridge, ein Sohn von Charles Darwin, ist „W. T. B.“ zufolge gestorben.

Literatur.

Das Mietwohnhaus der Neuzeit. Herausgegeben von Haenel und Tscharmann. Preis in Rohleinen geb. 10 ℳ. Verlag von J. J. Weber, Leipzig. Die Herausgeber sind bekannt durch ihre Veröffentlichungen über das Einzelwohnhaus und die moderne Wohnung; wenn sie uns nun in sachkundiger Weise über den heutigen Stand des Miethauswesens unterrichten, dürfen sie des Interesses sicher sein. Eine geschichtliche Einleitung statistisches Material über die Ausdehnung des Miethauswesens, besonders in den Städten, und dann sehen wir Grundrisse und Ansichten von Einzel⸗, Reihen⸗ und Gruppenbauten mit kleineren und größeren Wohnungen. Es ist bekannt, daß neben Verfehlungen des Stadtplans die Einzel⸗ erscheinung der Häuser die Schuld trägt an dem künstlerisch wenig befriedigenden Bilde unserer neueren Stadtteile. Die Bestrebungen zur Besserung der Verhältnisse sind, wie viele Bilder beweisen, nicht ohne Erfolg geblieben, wiewohl wirklich einwandfreie Lösungen immer noch zu den größten Seltenheiten gehören. In den Grundriß⸗ anordnngen haben sich bereits übereinstimmende, gleichsam typische Anlagen herausgebildet, das Fehlen häufig wieder⸗ kehrender, typischer äußerer Lösungen beweist, daß hier die Entwicklung noch nicht zum Ziele gekommen ist. Das Ueberladen der früher mit einfachem Abschlußgesims versehenen Häuser durch vieles Formwerk hat aufgehört. An dessen Stelle sucht man durch bewegte Gestaltung der Umrißlinie, durch oft wechselnde Erker und Balkonausbauten das Haus zu charakterisieren. Diese Bewegtheit der Linien und Flächen, die Auflösung der Massen erzeugt nun leicht eine Unruhe, die der Einheitlichkeit des Straßenbildes gefährlich wird. Wenn einzelne Straßenzüge oder Wohnkomplexe von einem Architekten entworfen wurden, so ist, wie die Abbildungen

eigen eher eine Gewähr fi 8— harmonische gegeben,

obwohl auch dann noch leicht über das nötige Maß der Bewegung hinausgegangen wird. Das Buch enthält 198 Abbildungen, die durch einen kurzgefaßten Text erläutert werden, und 16, teils farbige, Tafeln. Ein ausführliches, sehr übersichtliches Inhaltsverzeichnis erleichtert seine Benutzung als Nachschlagewerk.

Richard Knötel: Die eiserne Zeit vor hundert Jabren. (1806—1813.) Heimatbilder aus den Tagen der Prüfung und Erhebung. Bild und Wort von Professor Richard Knötel (Phönix⸗Verlag in Kattowitz, Breslau, Berlin und Leipzig; in Karton 3 ℳ, in Leinen 4,50 ℳ). Von diesem stimmungsvollen, packenden Werke, das dem Prinzen Eitel⸗Friedrich von Preußen ge⸗ widmet ist, liegt eine zweite Auflage vor, die als wertvolles, gediegenes Geschenkwerk warm empfohlen werden kann. Professor Knötel hat in ihm auf 30 ganzseitigen Bildern lebens⸗ volle, charakterische Gemälde aus der Zeit des unglücklichen Krieges, dem Feldzuge Napoleons nach Rußland und aus den Befreiungskriegen entworfen, in denen alle Schrecken des Krieges aber auch die in ihm zu ihrer höchsten Entfaltung kommende Vater⸗ landsliebe und opfermutige Begeisterung ge⸗ funden haben. Dem reichbewegten Leben der Figuren sind die Land⸗ schaftsbilder mit feinem Gefühl angepaßt; die Zeitstimmung wie das äußere Zeitbild haben in gleicher Weise einen überzeugenden, wahren Ausdruck gefunden. Den Bildern hat der Künstler einen lebendigen, das bildlich Dargestellte trefflich ergänz nden Text beigefügt. Die Ausstattung des Werkes ist geschmackvoll und des Inhalts würdig; der niedrige Preis ermöglicht eine weite Verbreitung.

Im Verlag von E. A. Seemann in Leipzig erscheint unter dem Titel Farbenphotographie ein von dem Professor an der Technischen Hochschule in Karlsruhe Fritz Schmidt herausgegebenes Lieferungswerk, das eine Sammlung von Aufnahmen in natürlichen Farben enthält und in Wort und Bild die Kunst der Farben⸗ photographie mit Hilfe der Autochromplatte verbreiten will. Es liegen bisher 3 Hefte der Sammlung vor (Abonnementspreis je 2 ℳ), die bereits einen guten Einblick gewähren. Von den in ihnen ent⸗ haltenen Aufsätzen seien die des Herausgebers über die Schwierigkeiten und Fehler beim Arbeiten mit Autochromplatten (2. Heft) und über die Vervielfältigung der Autochrome (3. Heft) hervorgehoben. Jedes Heft enthält eine Anzahl ganzseitiger und kleinerer Abbildungen nach Orignalaufnahmen in Wiedergabe in Dreifarbenätzung; meist sind es Landschaftsaufnahmen von zum Teil sehr schöner Farbenwirkung.

Von den in dem gleichen Verlag im 9. Jahrgang erscheinenden „Meistern der Farben“ liegt das 4. Heft vor (Abonnements⸗ preis für 12 Monatshefte 24 ℳ; Einzelheft 3 ℳ; Einzelblatt 1 ℳ). Es enthält sechs farbige Nachbildungen von Bildern von F. C. Frieseke, E. Hausmann, Lesser Ury, Annie Rosa Lainy, F. Gräßel und H. Mevyer.

Der von der Oberlehrerin Ida Mück nach einem von ihr erfundenen patentierten Verfahren herausgegebene Atlas zur territorialen Entwickelung Preußens mit geschichtlichen Erläuterungen, auf den im vergangenen Jahre an dieser Stelle schon hingewiesen wurde, ist jetzt in 2. Auflage erschienen (Gea⸗Verlag in Berlin, 3 ℳ). Der Atlas ist auf 10 Blättern in der Art hergestellt, daß jedes Blatt die Gebietsveränderungen je eines Zeitabschnittes in Farben aufweist, die Flächen des bisherigen Besitzstandes dagegen ausgestanzt sind. Jede Epoche kann also für sich betrachtet werden, jedes Blatt aber bietet zugleich mit den sichtbaren Flächen des vorausgegangenen ein plastisches Bild von dem jedesmaligen Gesamtbesitzstand; ferner kann durch einfaches Um⸗ blättern eine lebendige Anschauung von dem allmählichen Wachsen des preußischen Staats gewonnen werden. Der Atlas ist somit ein vorzügliches Anschauungematerial für den Geschichtsunterricht und kann als besonders geeignet für Schulprämien, als Klasseninventar sowie als Weihnachtsgeschenk bestens empfohl

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Bauwesen.

Die Königliche Akademie des Bauwesens hat die Prüfung der neuen Ideenskizzen für den Neubau des Königlichen Opernhauses in Berlin beendet und ein Gutachten darüber dem Minister der öffentlichen Arbeiten eingereicht. Es besteht, wie das „Zentralblatt der Bauverwaltung“ mitteilt, die Absicht, sämtliche Skizzen öffentlich auszustellen, und zwar wird diese Ausstellung vor⸗ aussichtlich in der zweiten Hälfte dieses Monats in den Räumen des Abgeordnetenhauses stattfinden. 8

Ein engerer Wettbewerb für Entwürfe zu einer Oberrealschule in Fulda wird vom dortigen unter den Architekten der Provinz Hessen⸗Nassau und der Rheinprovinz sowie im Großherzogtum Hessen mit Frist bis 1. April 1913 aus⸗ geschrieben. Dem Preisgericht hören als Architekten an: Stadtbaurat Schaumann in Frankfurt am Main, Regierungsbaumeister Moritz in Cöln, Professor Kanold in Hannover, Stadtrat Architekt Kramer und Regierungsbaumeister Heusch in Fulda. An Preisen sind vor⸗ gesehen: ein erster Preis (2000 ℳ), ein zweiter Preis (1500 ℳ) und zwei dritte Preise (je 1000 ℳ); zum Ankauf zweier weiteren Ent⸗ würfe stehen 1000 zur Verfügung. Die Bedingungen für den Wettbewerb können vom Magistrat in Fulda für 3 bezogen werden, die dem Bewerber zurückgegeben werden..

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Der Antwerpener Getreidemarkt im Monat November 1912.

Der Getreidemarkt in Antwerpen hat im Berichtsmonat eine andauernd weichende Richtung verfolgt, da die Nachfrage schwach war und die Mühlen nur das Notwendigste kauften. So kam es vor, daß Wiederverkäufer mit niedrigeren Angeboten an den Markt kamen, als die erste Hand liefern konnte.

Die Vorräte am hiesigen Platze wurden Ende November, wie folgt, geschätzt: 450 000 dz Weizen, 200 000 dz Mais, 250 000 d=

Gerste, 30 000 dz Roggen.

St. Petersburg, 7. Dezember. (W. T. B.) Nach der „Handels⸗ und Industrie⸗Zeitung’ war der Stand der Wintersaaten am 15. November alten Stils allgemein befriedigend. Gut war der Stand in den Gouvernements Charkow, Kursk, Orel, Rjäsan, Tambow, Woronesch und Pensa; zum Teil gut in Ssaratow, Poltawa und Jekaterinoslaw; unbefriedigend in Kowno, Grodno, Witebsk, Minsk, Mohilew, Perm, Ufa, Orenburg und im größeren Teil Polens; zum Teil unbefriedigend in Livland, Podolien, Wolhynien, Pskow, Wilna und in den angrenzenden Bezirken Ssamara, Ssimbirsk, Kasan und Wjatka.

Verkehrswesen.

Im Reichspostgebiet ist die Zahl der Kontoinhaber im Postscheckverkehr Ende November 1912 auf 74 227 gestiegen (Zugang im Monat November 1121). Auf diesen Postscheckkonten wurden im November gebucht 1402 Millionen Mark Gutschriften und 1406 Millionen Mark Lastschriften. Das Gesamtguthaben der Konto⸗ inhaber betrug im November durchschnittlich 157 Millionen Mark. Im Verkehr der Reichspostscheckämter mit dem Postsparkassenamt in Wien, der Postsparkasse in Budapest, der luxemburgischen und belgischen ostverwaltung sowie den schweizerischen Postscheckbureaus wurden ast 7 Millionen Mark umgesezt und zwar auf 2890 Uebertrag in der Richtung nach und auf 13 520 Uebertragungen in der9 aus dem Auslande. v“

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