1912 / 292 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 09 Dec 1912 18:00:01 GMT) scan diff

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dem Standpunkt des § 1 unseres Entwurfs nähert, also der Regie⸗ weitgehende Machtbefugnisse in die Hand gibt.

Andere Länder, die auch die Invasion der amerikanischen Gesell⸗ schaft erfahren haben, aber nicht gegen Sie eingeschritten sind, haben hinwiederum besondere Erfahrungen gemacht. In Italien ist das Privatmonopol der Amerikaner jetzt wohl nicht mehr bestritten, die Folge aber ist ein sehr starkes Heraufgehen des Preises in der letzten

Zeit. Das Liter Petroleum kostet dort Durchschnittspreise sind ja im allgemeinen schwer festzustellen nach Abzug des Zolls zurzeit Letwa 6 mehr als bei uns. (Hört, hört!)

Ueber die Verhältnisse in China ist mir in den letzten Tagen ein amtlicher Bericht zugegangen, den ich schon als Stimmungsbild Ihnen nicht vorenthalten möchte. Es heißt darin:

Die Standard Oil Company hat dank einer bewunderns⸗ werten Propaganda ihrem Mineralöl Eingang in China zu ver⸗ schaffen gewußt. Eines ihrer Mittel war ein verlockend niedriger Preis des Petroleums, so niedrig, daß der Wettbewerb ausgeschlossen ward, wenn auch die Standard selbst zunächst mit Verlusten arbeitete, ein anderes die zum Oel kostenfrei gelieferte Lampe, ein drittes eine mustergültige Einrichtung des Einzelvertriebs, der Kannengesellschaften, b

Sie sehen, daß der Bericht auch die guten Eigenschaften der Ge⸗ ellschaft genügend hervorhebt,

ein viertes die berüchtigte Fassung der Reversverträge. Auf diese Weise beherrscht die Standard den ganzen Weg von der Erdöl⸗ quelle bis zur Lampe uuter Ausschluß so ziemlich aller Zwischen⸗ stellen. Ist dann der Betrieb einigermaßen eingewöhnt, so erfolgt allmählich oder auch plötzlich eine Preissteigerung, die alle anfäng⸗ lichen Geschäftsunkosten und Verluste in meist kurzer Zeit wieder einbringt und die Grundlage für die dann bis auf weiteres ein⸗ setzenden Riesengewinne schafft.

In China sollen sich auch die dortigen Petroleumquellen be⸗ reits so gut wie endgültig in den Händen der Standard befinden. Begehrt also der chinesische Abnehmer in Zukunft gegen eine Preis⸗ steigerung auf, so wird er höflich bedeutet, daß die bedrängte Lage der Standard Oil Company, der Weltmarktpreis, der Wechsel⸗ kurs, die Salzsteuer, das Likin und die sonstigen Paraphernalien, die er nicht versteht, die Standard zu ihrem Bedauern zwänge, im Interesse des Erdölkäufers selbst den Preis vorübergehend in die Höhe zu setzen. Daneben wird dann für den höheren Preis allmählich immer schlechteres Oel geliefert, bis die Standard ihre geringeren Marken, die sie anderweit kaum mehr absetzen kann, im Innern Chinas zu hohen Preisen loszuschlagen vermag.

Ueber das Vorgehen der mehrgenannten Gesellschaft in ihrem eigenen Heimatlande besteht eine ganze Literatur. Erwähnen will ich hier nur, was der Vertreter der Staatsgewalt selbst dort gegen die Standard gesagt hat. In der Oktobersitzung des obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten von 1910, in der Streitsache der Standard Oil Company von New Jersey, Berufungs⸗ klägerin, gegen die Vereinigten Staaten von Amerika, Berufungs⸗ beklagte, erklärte der Vertreter der letzteren, Frank B. Kellog u. a. in der Einleitung seiner Rede: 8

Ich will mich nicht auf romanhafte Schilderungen einlassen. Ich

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werde dem Gerichtshof die kalten, unbarmherzigen Tatsachen mit⸗ teilen, und ich sage auf meine Ehre, auf meinen Eid als Counselor dieses Gerichtshofs was ich nicht leicht nehme —, daß etwas Gleiches an Unterdrückung und Mißbrauch von Macht in der Wirtschaftsgeschichte dieses Landes nicht bekannt ist.

Er spricht dann weiter von nicht wohlanständigen und gewalttätigen unfair und brutal Methoden des Wettbewerbes, die an und für sich zwischen Kaufleuten nicht gefährlich sein würden, die aber in der Hand einer Vereinigung von diesem Umfange und dieser Macht die gefährlichsten Werkzeuge gegenüber unabhängigen Geschäftsleuten seien, die im Handel überhaupt bekannt geworden.

Ich will mir weder die hier ausgesprochenen Urteile über die Gesellschaft zu eigen machen, noch will ich aus dem Mitgeteilten irgend welche Schlüsse auf ein etwaiges künftiges Verhalten der Gesellschaft Deutschland gegenüber ziehen. Aber, meine Herren, es kommt hier ja gar nicht darauf an, welche nachteilige Absicht die Gesellschaft etwa später einmal gegen uns haben könnte, sondern darauf, daß wir dafür sorgen, daß irgend eine nachteilige Absicht gegen uns nicht durchgesetzt werden kann.

Natürlich dürfen wir uns nichts Undurchführbares vornehmen.

Gegen die Durchführbarkeit der geplanten Maßnahmen wird eingewandt, daß eine Versorgung ohne Beteiligung der Standard Oil Company nicht möglich sei, letztere aber unter den obwaltenden Um⸗ ständen ihre Mitwirkung versagen werde. Man hat sogar von der Gefahr gesprochen, daß die Standard Oil Company eine gewisse Menge DOel einsperren könne, um dem deutschen Bedarf die benötigte Einfuhr abzuschneiden. Meine Herren, bestände auch nur die entfernte Möglichkeit eines solchen Vorgehens, so wäre das der schlagendste Beweis dafür, daß mit dem Erlaß dieses Gesetzes auch nicht einen Augenblick länger ge⸗ wartet werden kann. Denn wenn eine Privatgesellschaft zu einer solchen Vergewaltigung des deutschen Konsums die in diesem Falle ohne zwingenden Grund, lediglich ab irato erfolgen würde im⸗ stande wäre, dann ist es ja gar kein Zweifel, daß fie von einer solchen Macht auch Gebrauch machen wird, um ihren Gewinn zu erhöhen, und es hieße, sich ihr auf Gnade und Ungnade ergeben, wenn man nicht sofort die schärfsten Maßnahmen dagegen ergriffe.

Eine solche Gefahr besteht nun allerdings nach meiner Auffassung schon deshalb nicht, weil eine Versorgung auch unabhängig von der Standard Oil Company sich bewirken läßt. In dieser Hinsicht sind in der Oeffentlichkeit bisher zwei Fragen miteinander ver⸗ mengt worden, die man wohl streng auseinanderzuhalten hat. Einmal muß man fragen: ist die von der Standard Oil Company unabhängige Produktion groß genug, um den Bedarf des heimischen Marktes zu decken? Diese Frage ist, wie aus der Statistik und dem großen Zahlenmaterial, das Sie in allen Zeitungen gefunden haben, sich ergibt, zu bejahen. Der deutsche Verbrauch bildet nur einen Bruchteil der für uns erreichbaren trustfreien Pro⸗ duktion und kann daher bei den amerikanischen Außenseitern und bei den außeramerikanischen Produzenten leicht eingedeckt werden.

Es kommt hinzu, wie ein hervorragender Fachmann, Professor Ubbelohde, unlängst in der „Neuen Preußischen Zeitung“ meines Er⸗ achtens überzeugend ausgeführt hat, daß, wenn die Standard Oil Company, die aus anderen Gründen ihre Produktion nicht einschränken

kann, einen Teil ihres Oeles auf einen anderen Markt wirft, dort sofort ein gleiches Quantum für die Versorgung des deutschen Marktes frei wird. Das einzige nicht zahlenmäßig feststehende Moment in dieser Rechnung ist der Umsang der unabhängigen amerikanischen Außenseiterproduktion. Es gibt keine verläßliche Statistik darüber, welchen Teil der amerikanischen Oelgewinne die Standard zurzeit beherrscht. Hier kann ich aber aus eigenen Erfahrungen mitteilen, daß die noch in letzter Zeit uns gemachten Angebote gerade aus diesen Gebieten den Beweis dafür zu erbringen scheinen, wie stark und leistungsfähig die amerikanische Außenseite ist, und in wie hohem Maße wir auf Bezüge gerade von dieser Seite aus zu rechnen haben. .

Eine ganz andere Frage ist die, inwiefern die Regierung sich schon jetzt vor Verabschiedung des Gesetzes die Deckung des deutschen Bedarfs durch Vorverträge sichern konnte oder gesichert hat. Möglich wäre es wohl gewesen, auf Grund der vorhergehenden Angebote. Wir hätten den praktischen Beweis der Versorgungsmöglichkeit er⸗ bringen können, indem wir uns statt wie bisher nur für einen Teil, für den ganzen Bedarf vertraglich eingedeckt hätten. Wäre das ge⸗ geschehen, wäre die Regierung eines Tages mit dem Entwurfe in der Hand und mit den vollständig den Bedarf deckenden Verträgen in der Tasche vor die Oeffentlichkeit getreten, so wäre ihr vielleicht das An⸗ kenntnis der „Großzügigkeit“ ihres Vorgehens nicht versagt worden, aber sicher hätte in solchem Falle ein unvertretbarer Mangel an Be⸗ sonnenheit und Mäßigkeit vorgelegen, denn der plötzliche Ausschluß unseres größten Lieferanten hätte ohne Not Störungen und Beunruhigungen in Handel und Gewerbe getragen (sehr richtig! links); er hätte auch eine offenbare Unbilligkeit dargestellt und des halb möglicherweise zu weiteren, nicht erwünschten Folgen geführt.

Anders liegt es, wenn trotz des Entgegenkommens der Regierung die Standard Oil Company die Beziehungen zu uns abbrechen sollte. Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, daß wir, wenn sie sich ab⸗ lehnend verhält, demnächst genötigt sein werden, die Verträge ohne Rücksicht auf sie zu schließen. Aber für wünschenswert halte ich ein solches Vorgehen nicht, und, wie die Regierung bisher bemüht ge⸗ wesen ist, der Standard Dil Company ihren Platz im Kreise der Versorger zu sichern, so wird sie sich es auch in Zukunft angelegen sein lassen, den Weg zu einer Verständigung offen zu halten. Wie lange das allerdings noch möglich sein wird, das vermag ich nicht zu sagen, da die Außenseiter kaum gewillt sein werden, ihre Angebote auf die Dauer aufrecht zu erhalten.

Was hiernach von dem erhobenen Einwand übrig bleibt, ist, daß, wenn auch die Möglichkeit der Leuchtölversorgung vorliegt, doch die Frage, wer später an der Lieferung beteiligt sein wird, zurzeit noch nicht offen ist. Aber einmal werden Sie zugeben, daß, der Grund, weshalb man von einer lückenlosen Schließung aller Verträge bisher abgesehen hat, ein zwingender war, und zweitens wird die Frage nicht mehr offen sein, wenn der Gesetzentwurf seiner Zeit in Kraft tritt. In dieser Hinsicht gibt die Bestimmung des § 20 des Gesetzes, die in der Presse meines Erachtens viel zu wenig Beachtung gefunden hat. eine Handhabe, indem dort vorgesehen ist, daß die Inkraft⸗ setzung des Gesetzes nach seiner Verabschiedung von einer be⸗ sonderen Verordnung abhängig ist. Man kann natürlich auf der Grundlage eines bereits beschlossenen Gesetzes fester und energischer vorgehen als ohne dies, und es ist ferner selbstverständlich und ich nehme Anlaß, das hier noch besonders hervorzuheben —, daß der Bundesrat dem Inkrafitreten des Gesetzes nicht zustimmen wird, wenn nicht bis dahin die Versorgung des deutschen Marktes in angemessener Weise auf ausreichende Zeit gesichert ist.

Eine ganze Reihe von Beanstandungen erhebt sich dagegen, daß,

wenn man nun einmal zu einem Monopol schritte, nicht ein Staatsmonopol gewählt, sondern der Vertrieb der freien Ge⸗ werbetätigkeit überlassen sei. Ich habe niemals daran gezweifelt, daß das letztere das richtigere sei, zumal auf einem rein kaufmännischen und auch für den Fachmann so schwierigen Gebiete wie dem vorliegenden. Ich weiß, daß wir eine ganze Reihe von Beamten haben, die ohne weiteres einen guten Kaufmann abgeben würden, und ich weiß, daß es eine Fülle von Kaufleuten gibt, die ohne weiteres jeden Tag als Beamte eingestellt werden könnten. Aber die Beamten würden, solange, und die Kaufleute, sobald sie im Amte sind, zu der Durch⸗ führung einer deraxtigen Institution nicht mehr geeignet sein, deshalb nämlich nicht, weil sie nach bestimmten Normen und nicht nach den frei abzuwägenden jedesmaligen Chancen der Marktlage zu handeln hätten. Ich bin mir bewußt, daß ich mit diesen Worten keinem Stande zunahe trete, und ich bin in der Lage, mich für meine Anschauungen auf verschiedene, wenn auch in ganz anderem Zusammenhang laut gewordene Stimmen aus der neuesten Publizistik zu berufen, die von Männern ausgehen, welche Be⸗ amte sind oder waren, sich aber auch sonst reichlich in der Welt umgesehen haben. So schreibt Herr Freiherr von Zedlitz und Neukirch:

Die staatliche Ordnung des Finanz⸗ und Rechnungswesens be⸗ dingt eine dem privatwirtschaftlichen Erfolge höchst abträgliche Be⸗ schränkung der Bewegungsfreiheit. Die Einordnung des Betriebs⸗ personals in die von dem obrigkeitlichen Dienst bedingte Ordnung paßt vielfach nicht für die Zwecke eines Erwerbsunternehmens und ist überdies nur zu geeignet, den ohnehin bei dei den meisten wohl nicht sehr stark entwickelten Erwerbssinn bedenklich abzuschwächen. Dazu kommt das Fehlen ienes Ansporns, alle Kräfte auf den Erwerb zu konzentrieren, der für die Leiter privater Unternehmungen in dem hohen Anteile an dem Reingewinn durch Tantiemen und ähnliche Beteiligungen unzweifelhaft liegt.

Und Herr Richard Witting führt in einem Artikel, nachdem er zu⸗ nächst unter anderem den Satz aufgestellt hat: „Wer Kauf⸗ mannsgeist für die Staatsverwaltung fordere, verstehe in der Regel nichts von Geschäften oder nichts von der Ver⸗ waltung oder nichts von beiden“, des weiteren aus, daß ein Kaufmann, wenn er Beamter würde, so ziemlich alles ver⸗ brennen müsse, was er bisher angebetet, und daß er gerade die Eigen⸗ schaften verleugnen müsse, die ihn im Geschäftsleben zum Erfolg ge⸗ führt hätten. Der bekannte Vorkämpfer für die sogenannten gemischten wirtschaftlichen Unternehmungen, Herr Ministerialdirektor Dr. Freund, faßt sein Urteil über die Unvereinbarkeit amtlicher und gewerblicher Tätigkeit in den Satz zusammen, daß das im Beamtentum ja un⸗ erläßliche System der Rechnungsprüfung schon im Keime kühne spekulative Entschließungen ersticke. Ich kann dem im allgemeinen

bedürftig anerkannt werden sollten, werde ich mich gern belehren lassen

ab, wenn man überlegt, welche Anforderungen an die neue Gesellschaft

mäßig und billig eingerichtet werden kann. Aus dem gleichen Grunde mußte sie über umfassende geschäftliche Beziehungen verfügen. Sie mußte ferner beweglich und frei von bureaukratischem Wesen sein, daneben aber doch in großem Umfange der staatlichen Aufsicht unter⸗ liegen.

Die meisten Angriffe sind in letzterer Beziehung erhoben worden.

unpartetische Geschäftsführung, die Zurückdrängung von Einzel⸗

triebsgesellschaft mit einer bestimmten Bankgruppe identisch sein müsse, wovon doch nirgendwo etwas gesagt ist. Weder in dem Gesetz,

ziehung in keiner Weise die Hände gebunden hat.

Mit dieser Erklärung wird wohl auch der andere Vorwurf als entkräftet gelten können, als ob der Gesetzentwurf speziell die Förderung des Großkapitals oder gar eines bestimmten

daß die Herren, welche speziell das heimische Großkapital bei dieser Gelegenheit bekämpfen, sich anscheinend gar nicht darüber klar ge⸗ worden sind, daß sie in demselben Maße das ausländische Großkapital fördern, das doch auf diesem Gewerbezweig gewiß kräftiger, skrupel⸗ loser und für Deutschland gefährlicher ist.

ganz abgesehen von der künftigen Zusammensetzung der Gesellschaft, so wichtig, daß ich die getroffenen einzelnen Vorsichtsmaßnahmen hier doch noch einmal erwähnen will. Das Stimmrecht der Aktien ist durch die Schaffung von be⸗ sonderen Namensaktien so gestaltet, daß gegen diese ein Beschluß nicht gefaßt werden kann. Bei der Verteilung der stimmvorberechtigten Aktien übt die Regierung ihren Einfluß aus. Dagegen, daß nach⸗ träglich eine Verschiebung im Besitz der Aktien stattfindet, sichert ihre Hinterlegung und die für die Uebertragung erforderliche Zustimmung des Reichskommissars. Die Wahl des Aufsichtsrats, ferner innerhalb des Aufsichtsrats die Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters, sodann die Wahl des Vorstands durch den Aufsichtsrat sind an die Genehmigung des Reichskanzlers gebunden. Die Vertriebsgesell⸗ schaft wird durch den Reichskommissar überwacht, der in sämtliche Bücher und Korrespondenzen Einsicht erhält. Dagegen, daß auf Kosten der Verbraucher übermäßige Preise ge⸗ nommen werden, sichert die Gewinnbegrenzung des § 4 des Entwurfs. Hiernach wird u. a. auch der Anreiz abgeschwächt, unter Beteiligung der ausländischen Produktionsgesellschaften den Einkaufspreis für diese hoch zu bemessen und dann auch den Inlandspreis zum Schaden des Verbrauchers zu erhöhen. Es gilt das insbesondere von dem in der Presse als sehr naheliegend bezeichneten Falle, daß das Interesse einer an der Vertriebsgesellschaft beteiligten Gruppe mit dem einer Produktionsunternehmung gleichbedeutend sein sollte. Für diesen Fall ist überdies das Vetorecht des Reichskommissars beim Ab⸗ schluß von Lieferungsverträgen vorgesehen. Auch läßt sich der darin liegenden Gefahr noch in anderer Weise vorbeugen, nämlich dadurch, daß Sorge getragen wird, daß das Verhältnis der Produktions⸗ unternehmungen zur Vertriebsgesellschaft auf die Dauer der letzteren hinaus durch Verträge festgelegt wird.

Sollte trotz aller dieser Maßnahmen die Gesellschaft den in diesem Gesetz maßgebenden Zwecken zuwiderhandeln, so ist im § 15 des Entwurfs die Auflösung vorgesehen.

Ich glaube, daß diese Vorkehrungen ausreichend sind. Sollte der Reichstag eine Erweiterung der gesetzlichen Aufsicht für nötig halten, so würde dagegen nichts zu erinnern sein. Das Wichtigste wird aber hierbei immer sein, daß die Aufsicht demnächst durch den Reichskommissar entschieden und energisch gehandhabt wird.

Daß der Gesellschaft, wenn sie große Aufwendungen bestreiten, zum Teil auch Kapitalien für lange Jahre festlegen muß, eine gewisse Verzinsung einigermaßen gesichert werden muß, ist selbstverständlich. Ebenso ist aber auch selbstverständlich, daß einer Ueberteuerung des Verbrauchers vorgebeugt worden ist. Beide Ziele sucht der Entwurf, da ja die Festlegung bestimmter Preise, zumal bei einer ausländischen Ware, für Jahrzehnte nicht möglich ist, durch die im Gesetze vor⸗ gesehene bewegliche Preisfkala zu erreichen, die zunächst als ein künstliches Gebilde erscheinen muß, sich aber in der Praxis wohl bewähren kann. Funktioniert diese Preisskala richtig, so ist dem Verbraucher der jedesmal mögliche billigste Preis gesichert. Wenngleich das Gesetz zunächst nicht den Zweck hat, die Preise zu er⸗ mäßigen, sondern nur einer willkürlichen Verteuerung für die Zukunft vorzubeugen, so war doch auf das Interesse des Verbrauchers schon von vorn herein durch diese Vorschrift Rücksicht zu nehmen.

Im übrigen liegt kein Grund vor, weshalb die neue Gesellschaft teurer arbeiten sollte als sonstige Unternehmungen.

Als verteuernd wirkt nur die Verzinsung der Abfindungen für die Uebernahme der Anlagen, für die Entschädigungen und dergleichen, die sich aber auf mehrere Jahre verteilen läßt. Andererseits wird die Gesellschaft Ersparnisse durch die Konzentration machen können, weniger vielleicht in bezug auf die Beamtenzahl als bei den Frachtraten und sonstigen Kosten. Auch ist zu beachten, daß in Zukunft alle die⸗ jenigen Auslagen wegfallen, welche bisher durch den Konkurrenzkampf entstanden sind,

In § 19 des Gesetzentwurfs finden Sie eine Vorschrift über die künftige Verwendung des Ertrages. Auch hierbei haben wir Anfechtungen erfahren, und zwar nach der Richtung hin, daß die Regierung versucht habe, das an sich bedenkliche Gesetz durch ein sozial⸗ politisches Anhängsel schmackhaft zu machen. Wenn Sie die Güte haben wollen, meinen Ausführungen zu folgen, so werden Sie sehen, daß hier ein Hintergedanke gar nicht vorliegen konnte, sondern daß die Vorschrift des § 19 sich ganz natürlich und logisch aus der Sachlage entwickelt. Die künftige Vertriebsgesellschaft soll aus den Geschäften einen Gewinn ziehen, der zur angemessenen Verzinsung des investierten Kapitals ausreicht. Gehen die Gewinne über die Grenzen der an⸗

nur beipflichten. Soweit aber nach weiterer Prüfung die vor⸗

gemessenen Verzinsung hinaus, so sollen sie nicht dem Privatkapital,

geschlagenen Einrichtungen der Vertriebsgesellschaft als besserungs⸗

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Vielleicht schwächt sich die Kritik gegen die gewählte Form etwa 1

zu stellen waren. Sie mußte kapitalkräftig sein, nicht bloß für die Uebernahme der vorhandenen Anlagen, sondern auch für den Betrieb selbst, der ja doch nur bei Vorhandensein ausreichender Mittel zweck⸗

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Die getroffenen Maßnahmen sollen nicht ausreichend sein, um eine

interessen gegenüber dem Gesamtinteresse zu sichern. Dabei läuft allerdings immer der Irrtum mit unter, als ob die künftige Ver⸗

noch in der Begründung finden Sie ein Wort hierüber. Ich kann auch von dieser Stelle erklären, daß sich die Regierung in dieser Be⸗

Großkapitals bezwecke. Dieser Vorwurf erledigt sich hiermit. Aber auffällig ist mir bei dem Feldzuge gegen das Kapital doch gewesen,

Die Frage der ausreichenden staatlichen Aufsicht ist aber,

und Han

sondern hauptsächlich dem Reich zufließen. Es wäre also wohl das

gegebene gewesen, den etwaigen Betrag den laufenden Mitteln des Reiches zuzuführen. Wenn wir das nicht getan haben, wenn eine eesonderte Verwendung vorgeschlagen wird, so geschah dies nur, um Sie wissen ja, was in der Presse alles behauptet worden ist auch den Schein zu vermeiden, als ob der kommenden Besitzsteuer, deren Gestaltung eine der wichtigsten Aufgaben des Jahres 1913 sein wird, irgendwie vorgegriffen werden solle. Entschloß man sich aber einmal zu einer Sonderverwendung der Beträge, so ergab sich ohne weiteres, daß zunächst solche Aufwendungen dabei in Frage kamen, welche von dem Reichstage schon zu wiederholten Malen für not⸗ wendig erklärt worden sind, die sich auf die Besserung der Lage be⸗ dürftiger Klassen beziehen, und denen zuzustimmen der Bundesrat bis⸗ her nur wegen des Mangels an den erforderlichen Mitteln gezögert hat. Sie ersehen hieraus, daß die Regierung kaum anders, als ge⸗ schehen, handeln konnte. Sie ersehen hieraus aber auch, daß der Ge⸗ danke der vermehrten Fürsorge für bedürftige Klassen nicht Hauptzweck, sondern nur Beiwerk des Gesetzes ist, und daß er daher niemals dazu dienen konnte oder sollte, Ihr sachliches Urteil über den Gesetzentwurf zu beeinflussen. . Um Ihre volle Mitwirkung bei der Verwendung des Ertrags zu sichern, wird darüber in jedem Falle durch besonderes Gesetz verfügt. Was Ihnen zunächst bevorsteht, ist ein Vorschlag für die Aus⸗ gestaltung des sogenannten Veteranensoldes. Es ist das eine Ihrer dringlichsten Forderungen. Im Jahre 1910 haben Sie dieser Forderung durch drei aus Ihrer Initiative hervorgegangene Gesetz⸗ ntwürfe Ausdruck gegeben und noch bei den Etatsberatungen im Frühjahr haben Sie nachdrücklich darauf hingewiesen, wie Sie wünschen, der damaligen Anregung Fortgang gegeben werde. Auffälligerweise ist gegen die Absichten der Regierung auch noch die Einwendung erhoben worden, daß die Kriegsteilnehmer nicht auf den schwankenden Ertrag des Leuchtölgesetzes angewiesen werden dürften und daß es unwürdig sei, ihre Ansprüche aus einem Spezialgesetz zu befriedigen. Meine Herren, das ist doch eine vollständige Verkennung der Sach⸗ lage. Daß wir ihnen vorschlagen, die Bezüge zu verbessern, beruht natürlich darauf, daß wir aus dem Leuchtölgesetz im Durchschnitt der Jahre eine entsprechend hohe Einnahme erwarten. Wenn eben die Mittel nicht vorhanden sind, können auch dringende Bedürfnisse nicht, befriedigt werden. Aber dieses Motiv für unseren Vorschlag scheidet doch spater vollständzg aus; ist der Entwurf einmal Gesetz geworden, dann werden die Ausgaben für die Kriegsteilnehmer wie jede andere Ausgabe in den Etat eingestellt und sie werden wie jede andere Aus⸗ abe aus den bereiten Mitteln bestritten. Meine Darlegungen zur Einführung des neuen Leuchtölgesetzes haben sich es ergab sich das aus dem Verlaufe der Preßkampagne im wesentlichen auf dem Gebiet der Abwehr der dagegen erhobenen Einwendungen bewegt. Aber es liegt das auch im innersten Wesen der Sache begründet; denn der Grund⸗ und Endzweck des Entwurfs bedarf wohl kelner besonderen Empfehlung. Daß wir den Schutz des heimischen Wirtschaftslebens gegen ausländische Uebergriffe, soweit es ohne schädliche Nebenwirkungen geschehen kann, mit ganzen Kräften und allen zur Verfügung stehenden Mitteln anstreben müssen, darüber, laube ich, herrscht auch in diesem Hause nur eine Stimme. Auch darin rechne ich auf Ihre Zustimmung, daß man da, wo man in der althergebrachten Weise nicht mehr vorankommt, auch ungewohnte neue Wege beschreiten darf. Wenn in dem Wirtschaftsleben der Nationen sich im Laufe der letzten Jahrzehnte gewaltige Umwälzungen voll⸗ zogen haben, wenn sich insbesondere wirtschaftliche Machtkörper ge⸗ ildet haben, deren Herrschaft und Einfluß das Maß alles dessen überschreitet, was man vielleicht vor einem Menschenalter noch für möglich hielt, dann darf man sich auf der andern Seite auch nicht der Annahme hingeben, daß der Staat immer noch mit den bisher üblichen Maßnahmen auskommen soll. Wie im modernen Kriegswesen eine veraltete Ausrüstung von vornherein mit Recht als ausgeschlossen gilt, so darf man auch dem modernen Staate nicht zumuten, daß er sich in dem Ringen um die wirtschaftliche Fortentwicklung noch in der ausgetretenen Bahn eines vergangenen Jahrhunderts weiter bewegt. Geben Sie uns für die nötige neue Arbeit auch das nötige neue Werkzeug in die Hand! Ob die von uns dafür vorgeschlagene Form in allen Einzelheiten das Richtige trifft, das will ich dahingestellt sein lassen. Wir haben unsere V

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Vor⸗ schläge eingehend geprüft und haben das, was wir Ihnen unter⸗ breiteten, für das den Umständen nach beste gehalten. Wir treten aber an die demnächstige Beratung ohne jede vorgefaßte Meinung heran und werden mit Ihnen suchen, diejenigen Verbesserungen an dem Entwurf vorzunehmen, die für das Gelingen des Ganzen not⸗

ndig erscheinen. Wir hoffen, daß aus der gemeinsamen Arbeit mit Ihnen ein Werk hervorgehen wird, keinem einzelnen zu Liebe, keinem einzelnen zu Leide, der Gesamtheit zu Nutze, ein Werk, das unsere Nachfahren uns danken werden. (Beifall rechts und bei den National⸗

Abg. Wurm (Soz.): Allerdings hat kaum ein Gesetzentwurf so ele Angriffe erfahren als dieser. Die Befürchtung, daß wir den leufel durch Beelzebub vertreiben, daß wir ein Privatmonopol durch

ein Reichsmonopol ersetzen, daß wir einer sicheren Verteuerung des Petroleums entgegengehen, ist weit verbreitet. Der Staatssekretär fühlt sich unabhängig von jeder Bankgruppe; das kann man glauben, denn die Regierung ist ja den Agrariern hörig. Das Muster von Island und China kann wahrlich in dieser Materie für Deutschland nicht bestimmend sein. Die vorjährige Resolution des Reichstages ist ewiß nicht von Banken beeinflußt worden; damit ist aber noch lange nicht erwiesen, daß sich die Regierung nicht doch an der Strippe von Froßbanken befindet. Die Vorbereitung des Entwurfs hat die Deutsche Bank vielleicht bestimmt, jetzt mit der Standard Oil Co., mit der sie so lange eng verbrüdert war, zu brechen, um vor der Welt als die reine Magd zu erscheinen. Der Staatssekretär hat nun unsere Be⸗ denken dadurch etwas abgeschwächt, daß er aussprach, es brauche ja der Entwurf nicht zu werden, wenn es Heringe, die drohenden hefahren auf anderem Wege abzuwenden. Das bestärkt uns in unserem orhaben, die Vorlage nicht ohne weiteres abzulehnen, sondern in iner Kommission weiter prüfen zu lassen. Tatsächlich hat auf diesem ebiete der Produktion und des Handels eine gewaltige kapitalistische bruppe eine Art Privatmonopol sich geschaffen, womit die Möglichkeit, die Preise eventuell ins Ungemessene zu steigern, gegeben wäre. öö sind wir Anhänger der Aufgabe des Staates, Produktion 8 el den Machenschaften der Privatinteressen zu entziehen und im Interesse der Gesamtheit zu verwalten. Die Vorlage fordert kein Reichsmonopol, sie konstruiert eine Privatgesellschaft mit staat⸗ lichen Hoheitsrechten. Wenn eine Gruppe ein solches Privileg be⸗ kommt, warum soll diese Privatgesellschaft andere Interessen verfolgen als die des Gewinnes und als die Interessen auch der Standard Oil Co.? Hat diese letztere das behauptete Privatmonopol, muß dieses zur Verteuerung des Petroleums in Deutschland führen; und kann durch die Vorlage diese doppelte Gefahr beseitigt werden? Die

Standard Oil Co. ist eine der großartigsten, mit allen kapitalistischen Mitteln aufs rücksichtsloseste vorgehende Kapitalassociation. Seit Rockefeller 1862 den Anstoß zur Gründung gab, hat sich ihr Kapital auf 1200 oder gar 2000. älllionen erhöht; das Antitrustgesetz hat diesen Trust gezwungen, sich in 26 einzelne Gesellschaften aufzulösen, aber die Dividenden sind nicht etwa kleiner geworden. Er ist die größte Geldmacht der Welt. Bis jetzt hat der Trust nicht zum Schaden der Verbraucher gearbeitet. Das wird nun auf das Vor⸗ handensein der Konkurrenz zurückgeführt; sobald diese wegfällt, komme unweigerlich der hohbe Preisaufschlag. Die Konkurrenz besteht doch aber nicht in den sonstigen Petroleumlieferanten. Gas und Elektrizität sind schon jetzt eifrige Konkurrenten des Petroleums. Wenn man die Gaspreise als zu hoch bezeichnet, so ist das doch nur die Folge der künstlich hochgetriebenen und hochgehaltenen Kohlen⸗ preise. Warum denkt man nicht an Verstaatlichung der Kohle? Aber da geht der Fiskus Hand in Hand mit dem Privatkapital. Eben sehen wir ja auch wieder den preußischen Eisenbahnfiskus be⸗ müht, die Berliner Stadtbahn, die elektrifiziert werden soll, einer Privatgesellschaft auszuliefern, anstatt die Elektrizität selbst zu pro⸗ duzieren. Der Staat hat also starke Mittel gegen dieses amerikanische Monopol in der Hand, wenn er die Bergwerke, die Wasserkräfte ver⸗ staatlicht und eigene Elektrizitätswerke errichtet. Sehr beachtenswerte Bedenken gegen die Vorlage hat uns auch die Eingabe der Berliner Aeltesten der Kaufmannschaft unterbreitet. Unsere Elektrizitätspreise sind noch viel zu hoch, und zwar wesentlich auch infolge monopolistischer Tendenzen in der Produktion. Ist es möglich, genügend Petroleum ohne den Standard zu schaffen, und zu welchem Preise? Der Standard hat nur 10 % der Weltproduktion, aber 90 % des amerika⸗ nischen und 70 bis 75 % des deutschen Handels in Händen. Ist die Regierung demgegenüber in der Lage, nachzuweisen, daß sie aus andern Quellen ausreichend Petroleum herbeischaffen kann? Die Vorlage spricht von Galizien, von Rumänien. Mit den Produkten aus diesen Ländern ist nicht viel anzufangen, auch Professor Engler in Karlsruhe sieht aus diesen Bezügen Mißstände erwachsen und weist der Betriebs⸗ gesellschaft schon jetzt die Aufgabe der Konstruktion neuer Brenner zu. Der Staatssekretär sprach von Bank X und Bank X; setzen wir statt Bank X Deutsche Bank und statt Bank I Disconto⸗ gesellschaft, so haben wir die Gleichung richtig aufgelöst. In Rumänien hat die Deutsche Bank als Steaua Romana zuerst gegen den Standard zu opponieren versucht; nachher hat man sich vertragen, und erst als der Antrag Bassermann⸗Stresemann kam, hat sich das zarte Bündnis zwischen der Deutschen Bank und dem Standard wieder gelöst. Die Lieferungsfähigkeit Galiziens ist sehr begrenzt. Man hat uns vorgerechnet, daß Galizien für uns den Bedarf decken kann. Aber das kann es nicht einmal dem eigenen Lande gegenüber. Dazu kommen dann noch die hohen Transportkosten. un sagt man in Inter⸗ essentenkreisen, daß es keine Außenseiter gibt. Dies seien nur nach⸗ gemachte, die der Trust nur bestehen läßt wegen der Mißstimmung, die auch sonst schon in Amerika gegen ihn herrscht. Diese können aber auch nicht billiger liefern. Da der Standard 100 % am Roh⸗ material verdient, so kann er im Notfalle mit den Preisen herunter⸗ gehen. Außerdem sagte ein Präsident einer solchen Außenseitergesellschaft, sie wollten gar nicht um Deutschlands willen ihre anderen Absatz⸗ gebtete aufgeben. Dieser meinte auch, daß Deutschland ohne den Trust sich nicht mit Petroleum versorgen könne. Wir müssen er⸗ warten, daß uns die Regierung in der Kommission mitteilt, welche Verträge sie abgeschlossen hat. Wenn wir uns auf das een. was die Vorlage bietet, dann wissen wir nicht, was uns bevorsteht. Daß wir billiges Petroleum bekommen sollen, davon steht keine Silbe darin. Auch wenn günstig aussehende Verträge vorliegen sollten, so laube ich trotzdem, daß wir das Petroleum teurer kaufen. Die Möglichkeit für eine Reichsanstalt halte ich nicht für ausgeschlossen, so wie es geplant ist läßt es sich aber sicher nicht machen. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ hat den Preis des Standard, 17 ab Tank, für unmöglich erklärt. Dagegen sagt sie uns eine Teuerung für das erste Betriebsjahr als sicher voraus. Die Regierung rechnet mit einem normalen Preise von 20 ab Tank, so daß der Verbraucher mindestens 23 zu zahlen hätte. Das macht jährlich eine Verteuerung von mindestens 23 Millionen. Der Standard sagt, wenn die Reichsregierung mit ihm einen Vertrag auf 20 für das Liter ab Tank abschlösse, dann würde er sich verpflichten, jährlich 30 Millionen in die Reichskasse zu zahlen. Die uns vor⸗ elegte Gewinnskala der Renierung finde ich nicht nur spaßhaft, ich halte sie direkt für einen Ulk. Diese hätte einen Sinn, wenn man es mit ganz verschiedenen Gruppen zu tun hätte. So ist das Ganze weiter nichts als eine kleine Filiale der Zahlstellen für die Deutsche Bank. Der Bundesrat kann den Preis ab Tank herauffetzen, dann bekommen die Aktionäre Dividende. Aber die Verbraucher sind ge⸗ schädigt. Es soll allerdings ein Preisausgleichsfonds geschaffen werden; dieser ist aber weiter nichts als ein Ausgleichsfonds, um eine gleich⸗ mäßige Dividendenzahlung zu ermöglichen. Die ganze Angelegenheit gehört zu den schwierigsten Handelsproblemen. Was hier geschaffen ist, ist aber weiter nichts als eine Organisation zum Schutze der Interessenten der beteiligten Banken. Der Staat ertlärt, er will keinen Gewinn für sich. Er führt nirgends den Beweis, daß die Interessen der Konsumenten gewahrt werden. Bei dem Standard ist ein Verteuerung möglich. Bei der vorgeschlagenen Organisation ist sie aber sicher. Man sollte eine Steuer auf Gas und Elektrizität legen, dann wird das Licht des kleinen Mannes nicht verteuert. Der Staatskommissar dürfte bloß die Rolle des sogenannten Kiebitz beim Skatspielen haben; er hat zwar eine riesige Verantwortung, aber seine Macht ist winzig und sein Vetorecht fast gleich Null. Nur wenn von einem Zwischenhändler gekauft wird, darf er einschreiten. Die Gefahr des Doppelspiels der Banken, die einmal als Händler, ein anderes Mal als Lieferanten auftreten, wird durch den Kommissar gar nicht getroffen. Ein zweites unnützes Möbel in dieser Organisation ist der aus 20 Personen bestehende begutachtende Beirat, in dem das Publikum, der Hauptverbraucher, wunderbarerweise überhaupt nicht vertreten ist! Eine solche Organisation muß von uns absolut ab⸗ gelehnt werden. Dem Reichstage muß eine Mitwirkung und ein Kontrollrecht zustehen, sonst ist dieses Privatmonopol noch gefährlicher als der Standard. Der ganze Betrieb muß durch Angestellte des Reichs erfolgen; die Gegenargumente, die von dem Abg. v. Zedlitz Uund vom Ministerialrat Freund entlehnt sind, fallen hier nicht ins Gewicht. Gewiß zahlt die Privatindustrie manchen ihrer Arngestellten Carusogehälter, aber das Reich muß sich hier eben nach den nun ein⸗ mal üblich gewordenen Gebräuchen richten, wenn es als ernsthafter Konkurrent einer solchen Weltunternehmung auftreten will. Die Be⸗ stimmungen der Vorlage über die Uebernahme der Privatangestellten sind zum großen Teil geradezu unsinnig und höchst widerspruchsvoll. Die Regierung bestreitet, Hintergedanken zu haben; aber ich erinnere an die früheren Bestrebungen hinsichtlich des Tabakmonopols, an die Erklärung Bismarcks, die Luxusartikel ordentlich besteuern zu wollen, und dazu rechnete er auch das Petroleum. Schon bis heute hat der 6 J⸗Zoll 1 ½ Milliarden aus den Taschen der Aermsten herausgeholt und in die Kasse des Militarismus hinübergeleitet. Daß ein etwaiger Ueberschuß aus dem Reichsmonopol zu anderen Zwecken als zur Verbilligung des Petroleums verwendet werden sollte, dagegen erheben wir den schärfsten Protest; mit dem Köder der Veteranenfürsorge soll man uns hier vom Leibe bleiben. Die Haupt⸗ frage aber ist und bleibt: Wie schützen wir uns vor Verteuerung des Petroleums durch die Maßnahme der Regierung? Es ist hier im Hause eine nicht kleine und sehr einflußreiche Gruppe vorhanden, die ein Interesse an der Verteuerung hat, und das ist es, was uns am meisten stutzig machen muß. Schon 1897 hat Graf Posadowsky erklärt, man könne an eine Zollerhöhung denken, um den deutschen Spiritus als Leuchtmittel konkurrieren zu lassen, „die glücklichste Lösung der Agrarfrage“, wie er recht naiv meinte. Für die Spiritus⸗ brenner und ihre Parteigänger in diesem Hause wäre also die Ver⸗ teuerung des Petroleums recht erwünscht. Schon heute wuchert der mächtige Spiritusring mit seinem Monopol das Volk gründlich aus, die Steigerung des Preises übersteigt schon jetzt die weggefallene Liebesgabe, und der Ring kann den Preis noch höber steigern, er muß den als Schnaps nicht mehr verkäuflichen Spiritus als Brennspiritus loszuwerden suchen. Dazu soll auch diese Vorlage helfen. Daß

solche Pläne auf konservativ⸗agrarischer Seite verfolgt werden, beweist eine von Ring⸗Düppel 1892 durchgesetzte Resolution. Die Wege der Rechtspolitiker sind ja manchmal wuͤnderbar. Wir haben die Gefahren, die in dem Entwurf stecken, aufgedeckt; in der vorliegenden Form ist er für uns unannehmbar. Wir sind bereit, mitzuwirken an einer Konstruktion, die die Interessen der Verbraucher zu schützen geeignet ist, und beantragen die Einsetzung einer Kommission.

Abg. Dr. Mayer⸗Kaufbeuren (Zentr.): Der vorliegende Gesetz⸗ entwurf greift auch nach unserer Ansicht sehr tief in das Wirtschafts⸗ leben ein. Deutschland verbraucht jährlich ungefähr 900 Millionen Liter Petroleum. Jeder Pfennig Preiserhöhung bedeutet für die Konsumenten eine Belastung von jährlich 9 bis 10 Millionen, die ausschließlich die ärmeren und ärmsten Teile unserer Bevölkerung trifft. Darum ist bei der Lösung dieser Frage besondere Vorsicht und besondere Rücksichtnahme auf die Konsumenten am Platze. Deutschland kann seinen Petroleumbedarf aus dem Inlande nicht decken. Das Vorkommen des Petroleums in Wietze und Pechelborn deckt kaum ½, dessen, was Deutschland im Jahre an Petroleum verbraucht. Wir sind leider auf das Ausland angewiesen, ebenso wie andere Länder. Amerika liefert uns zurzeit ungefähr 75 % unseres Bedarfs, Galizien 15 %, Rumänien 4,6 %. Auf absehbare Zeit können die Außenseiter der Standard Oil Co. eine Konkurrenz nicht machen, weil ihnen die großartigen Grundlagen der Organisation der Standard Oil Co. fehlen. Diese Organisation ist aufgebaut auf den gewaltigen Rohrleitungen, welche das Leuchtöl zu den Häfen und zu den Tanks der Hafenanlagen leiten. Dazu kommen die Tankwagen auf den Eisenbahnen. Man ⸗mag über die Standard Oil Co. denken, wie man will, man wird nicht bestreiten können, daß sie, rein vom Stand⸗ punkt der Organisation aus betrachtet, ein Wunderwerk ist, das immer vorbildlich bleiben wird. Zweifellos hat diese Situation für uns etwas Ungemütliches. Ebenso zweifellos enthält sie gewiße latente Gefahren. Es fragt sich nur, innerhalb welcher Grenzen diese Gefahr besteht, und inwiefern sie eine drohende ist. Die Standard Oil Co. ist auf dem deutschen Markt sehr rücksichtslos vorgegangen. Sie hat den Zwischenhandel Schritt für Schritt zurück gedrängt und ihn bis zur Bedeutungslosigkeit herabgedrückt. Sie hat durch Lieferungsverträge die Detaillisten gezwungen, das Petroleum auf lange Jahre hinaus abzunehmen. Wir haben wiederholt der Regierung nahegelegt, gegen diese Knebelung der Detalllisten, gegen diese rücksichtslose Verdrängung des Zwischenhandels vor⸗ zugehen. Die Regierung hat aber auf diesem Gebiete so gut wie nichts getan. Wie steht es nun mit der Preis⸗ gestaltung? Wir müssen der Standard Oil Co. bis jetzt wenigstens das eine zugeben, daß sie den Preis auf einer mäßigen Grundlage gehalten hat. Des Petroleum ist in den letzten Jahrzehnten nicht 8 teuer gewesen, wie fast alle übrigen Verbrauchsgegenstände. (Zuruf des Abg. Dr. Arendt.) Allerdings nimmt die Standard Oil Co. Rück⸗ sicht auf ihre Konkurrenz, aber Rockefeller wird jedenfalls, solange er am Ruder ist, so fortfahren, wie er es bisher getan hat. Jedenfalls besteht zuzeit eine wirkliche Not nicht, wohl aber eine latente Gefahr, die jeder Wirtschaftspolitiker im Auge behalten muß. Diese Gefahr besteht aber nicht seit heute und gestern, sondern seit 10 und mehr Jahren. Ich glaube sogar, daß die Gefahr der Preissteigerang weniger bei Leuchtöl besteht als bei Benzin usw. Bei Leuchtöl besteht außerdem eine obere Grenze des Preises, die durch die Benutzung der Gas⸗ und elekt!ischen Beleuchtung gezogen ist. Nun hat man auf die Gefahr hingewiesen, die im Kriegsfalle entsteht, wenn wir von Amerika abhängig sind. Es ist gewiß unangenehm, wenn uns die Versorgung von Uebersee abgeschnitten werden kann; andererseits ist es ganz klar, daß man im Frieden von Uebe ’see so viel beziehen kann, daß man im Kriegsfalle Reserven hat. So viel steht fest, daß Deutschland so viel Vorrat hat, das es für einen Zeitraum von 4 Monaten genügend versorgt ist. Die Regierung ist von uns aufgefordert worden, wirtschaftliche Maßnahmen zu treffen, um die Konkurrenz gegenüber der Standard Oil Co. zu stärken. Die preußische Staatsbahnverwaltung hat ja Bestellungen in Galizien gemacht, aber durchgreifende Maßregeln sind nicht ergriffen worden. Es haben ja verschiedene Vorstöße staltgefunden, um den Einfluß der Standard Oil Co. zu schwächen. Ich erinnere an die Versuche der Deutschen Bank. Aber 1907 mußte sie sich mit dem Standard ver⸗ ständigen. Ein zweiter Vorstoß der Disconto⸗Gesellschaft war etwas glückkicher. Es sind wenigstens größere Quanten Petroleum aus Galizien zu uns gekommen. Den stärksten Vorstoß stellt nun dieser Entwurf dar; er geht, wenn man so sagen will, aufs Ganze. Er ist volkswirtschaftlich betrachtet ein Antimonopol, aber Antimonopole waren bis heute ein Problem, und sie werden es bleiben. Solche Antimonopole sind nur dann möglich und haben nur dann einen Sinn, wenn feststeht, daß die Gruppe, die sich zu einem solchen Antimonopol zusammenschließt, die Produzenten gegeneinander in der Weise aus⸗ spielen kann, daß sie wenigstens von denen unabhängig wird, die sie bekämpft hat. Solange aber die anderen Gruppen auch nur mit einem Teile an der Lieferung beteiligt bleiben müssen, ist das Anti⸗ monopol eine Sinnwidrigkeit. Die wichtigste Vorfrage ist und hleibt: kann Deutschland seinen Bedarf zu günstigen Einstandspreisen von den Außenseitern, den Konkurrenten der Standard Oil Co., auf die Dauer decken oder nicht? Diese Frage ist leider noch ungeklärt; ich persönlich möchte sie verneinen. In bezug auf die Preis⸗ gestaltung sind dem Bundesrat zu weit gehende Befugnisse eingeräumt. Der Vorredner hat vergessen, auf Rußland hinzuweisen. Dieses kommt fast gar nicht in Betracht; denn die jetzigen Vorräte sind fast ganz von der russischen Regierung beschlagnahmt Die Frage der Versorgung ist also der erste große Haken. Dann ist auch die Frage der Einnahmen des Reichs aus dem Monopol sehr skeptisch, denn bei einem Preise von 20 sind sie gleich Null. Protestieren muß ich auf das energischste dagegen, daß diese Frage mit der Veteranen⸗ und Arbeiterfürsorge verquickt wird. Wir werden darüber in der Kem⸗ mission positive Vorschläge machen. Wir verwahren uns aber gleich von vornherein dagegen, daß man irgend einer Partei bei Ablehnung der Vorlage den Vorwurf macht, sie sei nicht arpbeiterfreundlich. Eine flüchtige Prüfung zeigt schon, daß von einer Verbilligung nicht die Rede sein kann, im Gegenteil ist mit einer nicht unwesentlichen Verteuerung zu rechnen. Die Betriebsgesellschaft soll mit 20 Milli⸗ onen ausgestattet werden. Das ist doch eine Belastung für den Geldmarkt. Die Mehrbelastung, die die Betriebsgesellschaft durch Einrichtung aller möglichen Vorkehrungen hat gegenüber de Standard Oil Company, beträgt mindestens 35 Millionen, die natürlich die ärmsten Klassen zu tragen haben. So wird dieses Monopol zu einer indirekten Konsamsteuer, gegen die wir uns nicht energisch genug wenden können. Die Konsumenten sollen einfa die Kosten einer verloren gegangenen Transaktion der Deutschen Bank auf dem Gebiete des Petroleumhandels wieder einbringen. Unter den Großbanken hat sich wegen der Vorlage ein Streit entsponnen. Das ist gerade dem Auslande gegenüber sehr bedauerlich. Aber dieser Streit hat doch wenigstens das Erfreuliche gehabt, daß durch ihn erft bekannt geworden ist, was hinter der Vorlage eigentlich steckt. Die Expropriation ist hier so behandelt, daß das Verfahren schen fast an das Verhalten der Standard Oil Company beim Ausschalten des Zwischenhandels grenzt. Auch ist bei der Anstellung der Beamten

on 8 rückss⸗ ¹ 9 n. Boi der N. gar nicht die Pensionsberechtigung berücksichtigt worden. Bei der Ver⸗ teilung des Gewinns und der Aktien sind die Banken wieder besonders berücksichtigt. In Mittelstandsorganisationen ist der Wunsch aus⸗ gesprochen worden, doch jeder von ihnen einen Teil der Aktien zu⸗ kommen zu lassen. Das scheint keinen Anklang gefunden zu haben. Auch die etwaige Verteilung des Reservefonds ist zu einer Societas leonina für die Banken geworden. Mit dem ganzen Gesetz kommen wir aus dem Regen in die Traufe. Man sagt, der Umschwung des Zentrums, seine ablehnende Haltung, sei erst eine Folge des Bandes⸗ ratsbeschlusses in Sachen des Jesuitengesetzes. Das Zentꝛum war jedoch schon vorher derselben Ansicht. Das habe ich auch schon am 28. Februar gegenüber diesem geplanten Gesetz betont. Wir lehnen den Entwurf auf dieser Grundlage ab.

Staatssekretär des Reichsschatzamtes Kühn: 111“

Auf die Detailausführungen, die der Herr Vorredner gegen Be⸗

stimmungen des Gesetzentwurfs gemacht hat, möchte ich doer nächt ein⸗