1912 / 297 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 14 Dec 1912 18:00:01 GMT) scan diff

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für welche es den Anspruch auf Gehalt und Unterhalt behält, aus

-„ 5 Grund gesetzlicher Verpflichtungen bestehender Versicherung zukommt. § 11.

Der Unternehmer kann sich nicht das Recht vorbehalten, das Bühnenmitglied unter Kürzung oder Wegsall der gewährleisteten Vergütung zu beurlauben.

12.

Wird dem Mitglied ein Anspruch auf den Ertrag einer Auf⸗

führung oder auf einen Teil des Ertrags gewährt, so kann der Unter⸗

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getragen werden können.

Räume,

rehmer Unkosten nur abziehen, wenn dafür ein fester Betrag ver⸗ einbart ist.

Der Bühnenunternehmer hat dem Mitglied die zur Aufführung eines Bühnenwerks erforderlichen Kleidungsstücke zu liefern mit Aus⸗ nahme solcher, die ohne erhebliche Aenderung außerhalb der Bühne 1-ee ese S88 See. 8 nicht ee üufgehoben oder beschränkt werden, es sei denn daß das Mitglied ur zu einem Gastspiel angenommen Mird. hes b LTWP

Der Unternehmer hat die für den Bühnenbetrieb bestimmten

Vorrichtungen und Gerätschaften so einzurichten und zu

unterhalten, auch den Bühnenbetrieb und die Arbeitszeit so zu regeln,

daß das Bühnenmitglied gegen soweit die Natur des Betriebs es gestattet, geschützt und die Aufrecht⸗

eine Gefährdung seiner Gesundheit,

erhaltung der guten Sitten und des Anstandes gesichert ist.

IFst das Mitglied in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Unternehmer in Ansehung des Wohn⸗ und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits⸗ und Erholungszeit diejenigen Ein⸗ richtungen und Anordnungen zu treffen, die mit Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des Mitglieds erforderlich sind.

Erfüllt der Unternehmer die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des Mitglieds obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtungen zum Schadensersatze die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§ 842 bis 846 des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.

Die dem Unternehmer hiernach obliegenden Verpflichtungen können nicht im voraus durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden.

§ 15.

Werden Geldstrafen vorgesehen, so dürfen sie den Betrag des Gehalts für einen halben Monat nicht übersteigen. Die in einer Spielzeit gegen ein Mitglied erkannten Geldstrafen dürfen zusammen den Betrag des Gehalts für einen Monat nicht übersteigen. Als Gehalt im Sinne dieser Vorschriften gilt auch ein gewährleistetes Spielgeld. .

Erhält ein Mitglied nur ein Spielgeld und ist ein Betrag nicht gewährleistet, so darf die einzelne Geldstrafe den zetrag von zwei⸗ hundert Mark nicht übersteigen. Die in einer eelzeit gegen ein Mitglied erkannten Geldstrafen dürfen zusammen den Betrag von vierhundert Mark nicht übersteigen.

Alle Geldstrafen müssen zum Besten der Mitglieder des Bühnen⸗ unternehmens oder zu wohltätigen oder gemeinnützigen Zwecken des Bühnenwesens verwendet werden.

Die Vorschriften des § 343 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleiben unberührt. n

Ist der Bühnenvertrag für wenigstens fünf Monate geschlossen oder hat das Vertragsverhältnis wenigstens fünf Monate gedauert, so hat der Unternehmer dem Mitglied auf Verlangen angemessene Zeit zur Erlangung einer neuen Anstellung zu gewähren. Der Zeit⸗ punkt und die Dauer des Urlaubs sind in der Art zu bestimmen, daß dem Unternehmer durch die Beurlaubung kein unverhältnismäßiger Nachtell entsteht. Für die Dauer des Urlaubs hat das Mitglied keinen Anspruch auf Vergütung. § 17. Die Kündigung des Bühnenvertrags muß schriftlich erfolgen

Eine Vereinbarung, die dieser Vorschrift zuwiderläuft, ist nichtig. Wird eine Kündigungsfrist vereinbart, so muß sie für beide Teile

gleich sein. 19

Der Bühnenvertrag kann von jedem Teile ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. 8.

Als ein wichtiger Grund, der den Unternehmer zur Kündigung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt, ist es, sofern nicht besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen, namentlich

anzusehen: 1 1) wenn das Mitglied bei Abschluß des Vertrags den Unter⸗ nehmer über das Bestehen eines anderen das Mitglied

gleichzeitig verpflichtenden Bühnenvertrags in einen Irrtum versetzt hat; wenn das Mitglied seinen Dienst während einer den Um⸗ ständen nach erheblichen Zeit unbefugt verläßt, insbesondere eine ihm rechtzeitig mitgeteilte Aufführung böswillig oder wiederholt fahrlässig versäumt; wenn das Mitglied sich beharrlich weigert, seinen Ver⸗ pflichtungen nachzukommen, insbesondere den zur Aufrecht⸗ erhaltung eines geordneten Betriebs erlassenen Vorschriften Folge zu leisten; wenn das Mitglied sich Tätlichkeiten oder erhebliche Ehr⸗ verletzungen gegen den Unternehmer oder seinen Vertreter, gegen die Famtlienangehörigen des Unternehmers oder gegen ein anderes Mitglied zu Schulden kommen läßt; wenn das Mitglied durch anhaltende Krankheit, durch un⸗ eheliche Schwangerschaft, durch eine längere Freiheitsstrafe oder Abwesenheit oder durch eine die Zeit von acht Wochen übersteigende militärische Dienstleistung an der Verrichtung seiner Dienste verhindert wird; wenn das Theater ohne Verschulden des Unternehmers durch Brand oder sonstige Ereignisse zerstört oder durch die Behörde wegen eines nicht von dem Unternehmer ver⸗ schuldeten Umstands für längere Zeit als eine Woche ge⸗ schlossen wird. u““ Kündigt der Unternehmer, weil das Mitglied durch einen in seiner

Person liegenden Grund ohne sein Verschulden längere Zeit an der

Verrichtung seiner Dienste verhindert ist, so wird dadurch der im § 9

bezeichnete Anspruch nicht berührt.

§ 21.

Als ein wichtiger Grund, der das Bühnenmitglied zur Kündigung

ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt, ist es, sofern nicht

besondere Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen, namentlich anzusehen: ib wenn der Unternehmer das Mitglied über die behördliche Erlaubnis zum Betriebe des Unternehmens in einen Irrtum versetzt hat oder wenn die behördliche Erlaubnis nicht inner⸗ halb eines Monats nach Abschluß des Bühnenvertrags erteilt wird; 8 1 2) wehn der Unternehmer die vereinbarte Vergütung nicht ge⸗ währt; 1

3) wenn der Unternehmer den ihm nach § 14 obliegenden Ver⸗ pflichtungen nachzukommen verweigert; wenn der Unternehmer sich ohne berechtigten Grund beharr⸗ lich weigert, das Mitglied angemessen zu beschäftigen oder wenn er wiederholt die in bezug auf die Beschäftigung des Mitglieds getroffenen Vereinbarungen verletzt; wenn der Unternehmer sich Tätlichkeiten oder Ehrverletzungen oder unsittliche Zumutungen gegen das Mitglied oder dessen Familienangehörige zu Schufben kommen läßt oder es ver⸗ weigert, das Mitglied oder dessen Familienangehörige gegen solche Handlungen eines anderen Mitglieds oder eines

Familienangehörigen des Unternehmers zu schützen;

6) wenn das Mitglied zur Fortsetzung seiner Dienste unfahig

wird.

§ 22.

Auf eine Vereinbarung, durch die außer den Fällen der §§ 19, 20 dem Bühnenunternehmer ein Recht zur Kündigung des Bühnen⸗ vertrags eingeräumt wird, kann sich der Bühnenunternehmer, un⸗ beschadet der Vorschriften der §§ 23, 28, nur berufen, wenn dem Fage derselben Voraussetzung das gleiche Recht ge⸗ währt wird.

§ 23. „Wird ein Bühnenvertrag für längere Zeit als ein Jahr oder für mehrere Spielzeiten eschlassen, so kann sich der Unternehmer das Recht vorbehalten, dem Bühnenmitgliede für den Schluß der ersten Spielzeit des Unternehmens unter Einhaltung einer Frist von mindestens zwei Monaten zu kündigen. Besteht bei dem Unter⸗ nehmen eine Spielzeit nicht, so kann sich der Unternehmer bei einem Vertrage, der für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, das Recht vorbehalten, dem Mitglied für den Schluß des ersten Jahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von mindestens zwei Monaten zu kündigen. 8

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Der Bühnenunternehmer kann sich nicht das Recht vorbehalten, den Bühnenvertrag über die vereinbarte Zeit hinaus durch einseitige Erklärung zu verlängern. 3

§ 25.

Ein Bühnenunternehmer, der ein Bühnenmitglied verleitet, vor der rechtmäßigen Beendigung des Vertragsverhältnisses den Dienst zu verlassen, ist dem anderen Unternehmer für den entstehenden Schaden und die vereinbarte Vertragsstrafe als Selbstschuldner mitverbaftet. In gleicher Weise haftet ein Bühnenunternehmer, der ein Bühnen⸗ mitglied annimmt oder im Dienste behält, von dem er weiß, daß es ehemn Bühnenunternehmer noch zur Dienstleistung ver⸗

ichtet ist.

§ 26.

Auf eine Vereinharung, durch die das Mitglied für die Zeit zwischen zwei Spielzeiten oder für die Zeit nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner Tätigkeit beschränkt wird, kann sich der Unternehmer nur in den Fällen der §§ 27, 28 berufen.

§ 27.

Ist ein Mitglied für zwei oder mehrere aufeinander folgende Spielzeiten, deren jede mehr als fünf Monate dauert, als Einzeldarsteller angestellt, so kann der Unternehmer mit dem Mitglied eine Vereinbarung treffen, durch die das Mitglied für die zwischen den Spielzeiten Zeit in seiner Tätigkeit be⸗ schränkt wird. Die Vereinbarung ist insoweit unverbindlich, als die Beschränkung im Verhältnisse zu dem berechtigten geschäftlichen Interesse des Unternehmers nach Zeit, Ort und Gegenstand eine unbillige des Fortkommens des Mitglieds enthält. Die Beschränkung kann nicht über den Vertragsort und einen Umkreis von fünfzehn Kilometern ausgedehnt werden.

§ 28.

„Wird ein Recht zur Kündigung für den Fall vereinbart, daß ein weibliches Bühnenmitglied eine Ehe eingeht, so kann sich der Unter⸗ nehmer ausbedingen, daß das Mitglied, wenn es aus diesem Grunde kündigt, jede Buͤhnentätigkeit für die Zeit aufgibt, für die der Bühnenvertrag geschlossen war. g

Die Vorschriften der §§ 1 bis 12, 14 bis 28 finden entsprechende Anwendung auf das Vertragsverhältnis von Personen:

1) die außer den Fällen des § 1 sich einem Unternehmer zu musikalischen Darbietungen oder deklamatorischen Vor⸗ trägen gegen Entgelt verpflichtet haben;

2) die sich einem Unternehmer zu turnerischen Darbietungen, zu Taschenspielstücken, zur Aufführung von Tänzen, zur Vorführung von Tieren oder zu ähnlichen Schaustellungen verpflichtet haben.

„Geldstrafen dürfen, unbeschadet der Vorschriften des § 15 Abs. 1, die im § 15 Abs. 2 bezeichneten Beträge auch dann nicht übersteigen, wenn ein festes Gehalt vereinbart oder ein Spielgeld gewährleistet ist.

Eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und einem Ver⸗ pflichteten der im § 29 bezeichneten Art, durch die der Verpflichtete bis zum Beginne der vereinbarten Leistungen in seiner Tätigkeit be⸗ schränkt wird, ist soweit unverbindlich, als die Beschränkung im Ver⸗ hältnisse zu dem berechtigten geschäftlichen Interesse des Unternehmers nach Zeit, Ort und Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fort⸗ kommens des Verpflichteten enthält. Die Beschränkuug kann nicht über den Vertragsort und einen Umkreis von fünfzehn Kilometern ausgedehnt werden.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.

107. Sitzung vom 13. Dezember 1912, Mittags 12 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphischem Bureau“.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. 1

Das Haus setzt zunächst die Besprechung der Inter⸗ pellation des Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch, betreffend die steuerliche Entlastung der mittleren und kleineren Städte usgm., fort.

Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.): Auch wir sind bereit, an der Beseitigung der beklagten Mißstände mitzuarbeiten. Der Inter⸗ pellant und die meisten Redner wollen dabei die Selbstverwaltung der Gemeinden nicht beschränkt wissen. Wir sind der Auffassung, daß wir heute noch gar keine wirkliche Selbstverwaltung der Gemeinden haben; durch ihr Aufsichts⸗ und Bestätigungsrecht ist die Regierung jeder eit in der Lage, sich in die Kommunalverwaltung einzumischen. ie Erklärung des Ministers kann absolut nicht befriedigen. Daß die Mißstände bestehen, weiß jeder, auch die Regierung; aber sie hat ledig⸗ lich Ermittlungen eingeleitet und wird später deren Ergebnis prüfen. Was dabei herauszukommen pflegt, weiß man. Es ist gestern von einem gewissen Luxus der Gemeinden die Rede gewesen, der zu ihrer steuerlichen Ueberlastung geführt habe. Es kommt ganz darauf an, was man darunter versteht. Ich kenne Gemeinden, die bereits in der Errichtung eines Krankenhauses einen Luxus sehen; ich kenne große Gemeinden, welche aus Furcht davor, daß die Wohlhabenden abziehen könnten, ein eigenes Krankenhaus nicht bauen; ich kenne Gemeinden, welche die Befriedigung der dringendsten Bedürfnisse außer acht ge lassen haben, um nur den kommunalen Einkommensteuersatz auf 90 % be⸗ lassen zu können, und erst durch die Regterung gezwungen werden mußten, auf 100 % heraufzugehen. Anderseits sind die Gemeinden durch eine lange Reihe staatlicher Verwaltungs⸗ und gesetzgeberischer Maß⸗ nahmen zu einer sehr starken Erhöhung ihrer Ausgaben gezwungen worden, und nicht zuletzt sind ihnen durch die heutige Wirtschafts⸗ politik ungeheure Lasten aufgebürdet worden. Wollen Sie wirklich die Gemeindeausgaben vermindern, so sorgen Sie für die Beseitigung dieser unheilvollen Wirtschaftspolitik. In Rheinland⸗Westfalen müssen zahlreiche Gemeinden allein zu den Schullasten ein Vielfaches dessen aufbringen, was sie an Einkommensteuer beziehen. In vielen dieser Gemeinden werden diese Zuschläge schon von den niedrigsten Einkommen erhoben. Im übrigen muß streng unterschieden werden zwischen den Vorortgemeinden und den anderen selbständigen Ge meinden. Die Vorortgemeinden sind wirtschaftlich völlig abhängig von ihren großen Nachbarn; ihnen kann schließlich nur eine groß⸗ zügige Eingemeindung helfen, aber in dieser Beziehung hat sich die Regierung leider gänzlich ablehnend verhalten. Erforderlich ist vor allem eine gründliche Revision des Kommunalabgabengesetzes und die Einräumung größerer Rechte an die Gemeinden auf diesem Gebiete. An eine solche gründliche Reform ist aber nach den Erklärungen der

Regierung in der Steuerkommission in absehbarer Zeit nicht zu

denken, nur an einigen Stellen soll die bessernde Hand angelegt werden, neue Steuerquellen will man den Kommunen nicht eröffnen. Dann wird bei einer solchen Reform für die wirklich bedrängten Kommunen auch nichts herauskommen. Der Abg. von Zedlitz hat angeregt, gewisse Volksschullasten zu einer Gemeinlast zu machen. Wir fordern die Uebernahme sämtlicher Schullasten auf den Staat, wir erklären offen, daß wir die Staatsschule erstreben, allerdings nicht im heutigen Klassenstaat, denn ob letzterer in dieser unser Vertrauen ver⸗ dient, ist mir doch sehr zweifelhaft. Der Gedanke des Abg. von Zedlitz ist mir aber an sich durchaus sympathisch. Ich sage das auf die Ge fahr hin, daß man wieder von einem Bündnis zwischen Konservativen und Sozialdemokraten spricht; wir nehmen die guten Gedanken, woher sie kommen, und haben wahrlich keinen Anlaß, einen guten Gedanken zu verwerfen, weil er von dem Abg. von Zedlitz kommt. Diese An⸗ regung wiese einen Weg in der Richtung eines Ausgleichs zwischen reich und arm, den wir für dringend geboten erachten. Die Befürch⸗

tung des Abg. von Campe in dieser Beziehung halte ich für völlig 8

unbegründet; es kommt doch allein darauf an, wie nachher das bezüg⸗ liche Gesetz beschaffen ist. Uebrigens sind alle diese Vorschläge ja doch nur Palliativmittel. Bei der

das vielleicht früher einen Sinn hatte, aber vollends seit dem Zeit⸗ punkt nicht mehr, wo nach § 23 des Einkommensteuergesetzes die volle Deklarationspflicht eingeführt ist und jeder Arbeiter voll zur Steuer herangezogen wird. Damit würde den Gemeinden eine ganz beträcht⸗ liche Vermehrung der Einnahmen zuwachsen. meinden gestattet werden, das Kapital zu besteuern. Sie dürfen das gesamte Einkommen belasten, sie dürfen den Grundbesitz belasten

wenn der letztere übrigens bei Ueberlastung schreit, so ist diese doch nur

scheinbar, da die Grundbesitzer es vortrefflich verstehen, die Lasten auf die Mieter abzuwälzen —, warum soll alsp die Kapitalrente von der Gemeindesteuer freibleiben? Die Regierung sollte aus der in der Hauptsache übereinstimmenden Auffassung aller Parteien in der De⸗ batte den Schluß ziehen, daß nicht nur im Interesse der notleidenden Gemeinden, sondern auch in dem des Staates selbst etwas mehr Dampf hinter die Reformen gemacht werden muß.

Abg. Cassel (fortschr. Volksp.): Daß diese Frage überaus schwierig ist, darüber sind alle Redner einig, das zeigte auch die Er⸗ klärung des Ministers des Innern. Die Anregung des Abg. von Zedlitz ist jedenfalls durchaus nützlich. Die Frage verlangt dringend eine Lösung. Das vermehrte Bedürfnis, den Anforderungen der Kultur gerecht zu werden, hat die kolossale Steigerung der Gemeindelasten herbeigeführt. In Berlin haben sich in den letzten 14 Jahren der Amtstätigkeit des verstorbenen Oberbürgermeisters Kirschner von 1899 bis 1912 die Ausgaben folgendermaßen gesteigert: der Gesamtetat von 196 auf 329 Millionen, die Ausgaben für das Schulwesen von 18,4 auf 35,2 Millionen, darunter für die Gemeindeschulen von 12 auf 23,8 Millionen, für die Pflichtfortbildungsschulen und die Fach⸗ schulen von 700 000 auf 3 Millionen, für das Armenwesen von 7 auf 20. Millionen, für Kranken⸗ und Irrenhäuser von 5,4 auf 14,7 Millionen, für Park⸗ und Gartenanlagen von 740 000 auf 2 Millionen, für die Straßenreinigung von 2,5 auf 6,3 Millionen, für Badeanstalten von 175 000 auf 688 000 ℳ. Die moderne Ent⸗ wicklung hat alle Gemeinden zu einer Steigerung der Ausgaben ge⸗ zwungen. Wenn allerdings eine Gemeinde ein luxuriöses Rathaus baut, ehe ein Krankenhaus da ist, so muß man sich darüber wundern. Ein Engländer hat mir setne Verwunderung ausgesprochen, in Deutsch⸗ land so viele öffentliche luxuriöse Gebäude zu finden, die weniger den praktischen Bedürfnissen entsprechen. Es wird tatsächlich in den Ge⸗ meinden vielfach so luxuriös gebaut, daß ein Einschreiten dagegen er⸗ forderlich wäre. In der Gründung höherer Schulen gehen die Ge⸗ meinden auch zu weit; manche Vororte begnügen sich nicht mit einer höheren Lehranstalt, sondern müssen ein Gymnasium, ein Realaym⸗ nasium usw. haben, ohne Rücksicht darauf, daß in unmittelbarer Nach⸗ barschaft in der angrenzenden Gemeinde auch solche Schulen bestehen. Die Gemeinden sollten sich solche Leistungen für das höhere Schul⸗ wesen nicht gestatten, solange nicht vollständig für das Volksschul⸗ wesen und das Mittelschulwesen gesorgt ist. Wenn die Bezirksaus⸗ schüsse bei Anleihen der Gemeinden strenger verfahren, so wird das nicht viel Zweck haben, denn dann werden die Gemeinden aus laufenden Mitteln solche Ausgaben zu decken suchen. Durch Palliativmittel wird die Ueberlastung der Gemeinden nicht aus der Welt geschafft. Die Steuerleistung muß auf diejenigen gelegt werden, die starke Schultern haben. Mit allen Vorschlägen des Abg. von Zedlitz kann ich allerdings nicht einverstanden sein. Gewiß werden nur Staats⸗ zuschüsse die nötige Ausaleichung zwischen den einzelnen Gemeinden herbeiführen können. Wie die Staatszuschüsse im einzelnen verteilt werden sollen, kann ich noch nicht sagen. Wir bedürfen überhaupt einer organischen Reform unserer Besteuerung, welche die Reicheren pro⸗ gressiv heranzieht. Es ist Aufgabe des Staates, die Anforderungen der Kultur im ganzen Lande zu verwirklichen. Beim Volksschulunter⸗ haltungsgesetz sind wir damit einverstanden gewesen, daß den größeren Gemeinden die staatlichen Zuschüsse für das Schulwesen genommen würden, damit die Staatsmittel an die Bedürftigeren gegeben werden könnten. Im Ministerium müßte eine Zentralstelle geschaffen werden, welche die Verantwortung für eine gerechte Verteilung der Zuschüsse zu tragen hat. Die Polizei verursacht einen aroßen Teil Kosten auch für die im Interesse des Staates liegende Sicherheit des Verkehrs, es ist daher ein Unrecht, wenn der Staat nicht auch in den Städten mit kommunaler Polizei einen Teil der Polizeikosten übernimmt. Aus⸗ der Einkommenbesteuerung könnte mehr erzielt werden, wenn überall die Einschätzuna eine gerechte sein würde. Auf dem Lande und in den Städten sind die Landräte und Bürgermeister ich mache da keinen Unterschied mit Arbeiten so überbürdet, daß man den Kopf schütteln muß darüber, was manchmal für Veranlagungen herauskommen. Das Veranlaaungsgeschäft müßte in die Hände steuertechnisch vorgebildeter Kommissare geleat werden. Der Abg. Hirsch hat sich seinerseits auch für den Vorschlag interessiert, daß ein Ausaleich zwischen den ein⸗ zelnen Gemeinden gefunden werde. Dieser Ausgleich kann ohne Zer⸗ störung des Gemeindeprinzivs, wonach die Steuern nur für die Zwecke der einzelnen Gemeinde selbst zu verwenden sind, nicht durchgeführt werden. Es ist das gerade so, wie mit der Verwendung der Mittel, die von der einzelnen Familie aufnebracht werden. Ein solcher Vor schlag mag sich mit den sozialistischen Ideen vereinbaren lassen, im Rahmen der heutigen Gesellschaftsordnung ist er wohl nicht durch⸗ führbar. Er würde auch die Entwicklung der Kultur aufs äußerste behindern, dadurch, daß man die Ausgaben auch für andere Gemeinden verwendet. Das gilt ganz besonders mit Bezug auf das Schulwesen. Ich bin im Gegensatz zu dem Abg. Hirsch durchaus ein Geaner der Staatsschule. Ich bekenne mich zu dem altpreußischen Gedanken, daß das Schulwesen den Gemeinden gehört. Allerdings sind meine Parteigenossen in einem kleineren deutschen Staate für die Staatsschule eingenommen. Das erklärt sich vielleicht aus den dortigen kleineren staatlichen Verhältnissen, vielleicht auch aus anderen Gründen. Für Preußen bin ich der festen Ueberzeuaung, daß wir zur Staatsschule nicht übergehen können. Gerade auf dem Gebiete der Volksschule wetteifern die einzelnen Gemeinden miteinander, nicht bloß die aroßen Gemeinden, sondern auch viele kleine Gemeinden. Der frübere Unter⸗ richtsminister von Ladenbera hat mit warmen Worten die Verdienste der Gemeinden um die Entwicklung der Volksschule anerkannt und betont, daß es ein Recht der Gemeinden bleiben müsse, diese Schulen, die sie hecgen und pflegen, auch ihrerseits zu verwalten. Seit jener Zeit haben sich die Volksschulen noch immer weiter entwickelt. Mit dem Ueber⸗ gang der Volksschulen auf den Staat würde eine allgemeine Uni⸗ formität Platz greifen, die jeder Entwicklung zu einem höberen Ziele hindernd im Wege stände. Unter den Beiträgen des Staates zur Schulunterhaltung braucht noch keineswegs die Selbhstverwaltung zu leiden, wie ich denn der Meinung bin, daß die einzelnen Gemeinden keinesweos unabhänaig sein sollen von der Aufsicht des Staagtes. Der Staat soll sich nur hüten por einer Usurpation der Verwaltung. Dem Abha. von Zedlitz mache ich keinen Norwurf doraus, daß er keinen be⸗ stimmten Antrag gestellt hat. Wir müssen zunächst von der Regierung eine Statistik üer die Ueberbürdung der einzelnen Gomeinden, über ihre Leistungsfähiakeit erbalten. Lieber aute Vorschläge als au schnelle. Hoffentlich kommt aus den Beratungen und Erwägungen ein Resultat

1 der Reform hch. das Kommunalsteuer⸗ privileg der Beamten endlich einmal vollkommen beseitigt werden,

Ferner sollte den Ge⸗

für Landwirtschaft ꝛc. Dr. Freiherr von

unmöglich, das nötige Geld zu erlangen. Das

heraus das die dringend nötige Enilastung der Gemeinden bringt, ohne ihre Selbständigkeit anzutasten. 1 1

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukir freikons.): J kann feststellen, daß auf allen Senen des qüe Gs. 88 Uebelstandes durch Ueberlastung zahlreicher Gemeinden und die Not⸗ wendigkeit und Dringlichkeit der Abhilfe anerkannt ist. Auch von der Staatsregierung wird das Vorhandensein ernster Mißstände an⸗ erkannt, und sie ist bereits in eine besondere Erörterun eingetreten, um Mittel und Wege für eine Abbilfe zu schaffen. Ich hoffe, daß die Regierung aus der Uebereinstimmung des Hauses den Ansporn und Antrieb entnehmen wird, nunmehr gehörig Dampf, wie ein Redner sagte, in die Vorbereitungen für das große Werk zu bringen. Es wäre wohl zu erwägen, ob sich nicht die allgemeine Ueber⸗ einstimmung des Hauses zu einem gemeinsamen dringlichen Antrag nach den Weihnachtsferien verdichten könnte, um dem Ressortminister den Rücken zu stärken gegen Hemmungen einer Stelle, die nicht gern in den Säckel greift. Diese große Aufgabe wird natürlich geraume Zeit beanspruchen. Hoffentlich wird die Regierung zwischenzeitlich das Nötige veranlassen, um den dringendsten Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Hoffentlich wird im nächsten Etat der Fonds zu Beihilfen an diejenigen Gemeinden erhöht, die unter der Steigerung der Volks⸗ schullasten zu leiden haben. Jedenfalls ist der Stein ins Rollen gebracht, und wir können den Gemeinden als Weihnachtsgeschenk die Zuversicht eröffnen, daß nunmehr an die Lösung der großen Aufgabe gegangen wird.

Damit schließt die Besprechung.

Es folgt die Interpellation der Abgg. Fritsch u. Gen. (nl.):

„Gedenkt die Staatsregierung Maßnahmen zu treffen, durch die der gegenwärtigen Kreditnot des städtischen und ländlichen Grundbesitzes abgeholfen wird?“

In Verbindung damit wird der A ntrag der Abgg. Dr. Arendt u. Gen. (freikons.) beraten:

die Staatsregierung zu ersuchen, eine Untersuchung herbei⸗

zuführen, auf welchem Wege durch Maßnahmen der Gesetzgebung den Notständen des städtischen Realkredits ein Ende ge⸗ macht werden kann“.

Auf Anfrage des Pr. äsidenten erklärt der Minister Schorlemer sich zur Beantwortung der Interpellation bereit.

Abg. Fritsch (nl.): Es ist für den Grundbesitz zurzeit ganz mög jöti 1 hat dazu geführt, daß eine große Masse von Besitzwechseln eingetreten ist und zahl reiche Zwangsversteigerungen notwendig geworden sind. Dadurch sind viele Existenzen vernichtet worden. Verschiedene Umstände haben dabei zusammengewirkt, um diesen bedauerlichen Zustand zu schaffen. Daran ist in erster Linie Schuld die allgemeine Versteifung des Geldmarktes und die Anspannung des Kriöpit⸗ marktes im Zusammenhange mit der allgemeinen Konjunkkur.

Dalz mußte eine allgemeine Verschlechterung des Kredites zur Folge

haben. Aber auch noch aus anderen Gründen ist das Geld in neuerer Zeit teurer geworden. Der Geldmarkt ist in erster Linie von dem Handel und der Industrie in Anspruch genommen. Dazu kommt, daß auch die Kommunen mit erheblich gesteigerten Ansprüchen an den Geldmarkt herantreten. Sie schaffen allerlei Ein⸗ richtungen, für die sie Anleihen aufnehmen müssen. Aber auch

Grundbesitz selbst bedarf immer weiterer Geldmittel, weil der Grund und Boden immer teurer wird und auch das Bauen größere Mittel als früher erfordert. Die Konsequenz davon ist eine Verteuerung des Zinsfußes. Die Hypothekenbanken haben ich ja die Aufgabe gestellt, dem Grundbesitz das nötige Geld zur Verfügung zu stellen. Sie sind jedoch zurzeit nicht in der Lage, den an sie herantretenden Anforderungen gerecht zu werden. Man wirft den Banken vor, daß sie sich nicht auf die jetzige Not⸗ lage genügend eingerichtet hätten. Wer aber einen Einblick in die Verhältnisse dieser Banken hat, der sieht, daß sie unter dem jetzigen Kreditverhältnis selbst zu leiden haben. Sie haben bei ihren neuen missionen größere Kosten als früher. Dem tragen sie natürlich durch Erhöhung des Zinsfußes Rechnung. Auch die Sparkassen haben ihren Zinsfuß für die laufenden Hypotheken heraufsetzen müssen, da auch sie nicht mehr über die nötigen Gelder verfügen. Eine Hauptursache aller dieser Erscheinungen ist das Verhalten des Privatkapitals, das sich fast nur noch der Industrie zuwendet. Aber das Privatpublikum ist vielfach von dem Grundbesitz abgeschreckt worden, weil dieser zu sehr überlastet ist. Städtischer und ländlicher Grundbesitz haben besonders schwer zu leiden durch die Er⸗ hebung der Realsteuern nach dem gemeinen Wert. Dann tragen auch der Reichsumsatzstempel, der preußische Umsatzstempel und die städtischen Zuschläge das ihrige dazu bei. Ganz besonders schädigend hat sich die Wertzuwachssteuer gezeigt. Ihre Folgen treten immer klarer zutage, die zeigen, daß wir es mit einer sozialistischen Maß⸗ nahme zu tun haben. Durch sie wird das reelle Grundstücksgeschäft unterbunden. Sie ist geradezu eine Strafe für den Grundbesitz geworden. Diese Steuer ist die Quelle weitgehender Streitigkeiten geworden. Ganz besonders ungünstig ist die Lage für die zweiten Hypotheken. Diese zu erhalten, ist fast ganz unmöglich. Bedauerlich sind auch die großen Kosten bei einer Zwangsverwaltung, und die Unkosten, die ein Erwerber bei der Subhastation hat. Diese erdrücken direkt den Uebernehmer. Alle diese Umstände müssen natürlich ganz besonders abschreckend auf das Privatpublikum einwirken. Es sind ja schon allerlei Maßnahmen getroffen worden, um hier einigermaßen Abhilfe zu schaffen. Ganz besonders hat man es vielfach dem Grundbesitzer ermöglichen wollen, wieder zu mäßigen Bedingungen zweite Hypotheken zu erhalten. Aber alle diese Maßnahmen haben sich als nicht genügend herausgestellt. Nicht nur b“ haben Mittel und Wege gesucht, auch die Kommunen haben sich im Interesse ihrer Bürger genötigt gesehen, an eine Lösung dieser Frage heranzutreten. Es ist vorgeschlagen worden, die Kommunen sollten im allgemeinen angehalten werden, Rinrichtungen für die Gewährung von zweiten Hypotheken zu treffen. Dann ist auch verlangt worden, für sichere und zuverlässige Taxierung zu sorgen. Ferner hat man verlangt, darauf zu sehen, daß auch der Sovothekenschuldner durch seine Geschäftsführung Garantien bietet. Man hat von Genossenschaften und Pfandbriefanstalten gesprochen, und man hat diesen Weg auch schon beschritten. Trotzdem schreien die gegenwärtigen Zustände geradezu nach Abhilfe. Diese Not zieht immer weitere Kreise in ihren Bann und droht, sich zu einer Gefahr für unsere ganze Volkswirtschaft auszuwachsen.

Abg. Dr. Arendt Ffreikons.): Es ist bedauerlich, daß unser Antrag überhaupt noch Gegenstand der Verhandlungen sein muß. Denn ich hätte gewünscht, daß gegenüber der immer stärker hervortretenden Not des städtischen Grundbesitzes die Regierung auch ohne eine solche Verhandlung den Wunsch nach gesetzgeberischen Maß⸗ nahmen zur Beseitigung der Realkreditnot als berechtigt anerkannt hätte. Es liegt vielleicht an den eigenartigen Ressortverhältnissen. Wir sehen als Beantworter der Interpellation den Landwirt⸗ schaftsminister hier. Wir legen uns da die Frage vor, ob der städtische Realkredit in das Ressort des Landwirtschaftsministers fällt. Wir glauben ja, daß der Landwirtschaftsminister auch dieser wichtigen Seite seines Ressorts die größte Aufmerksamkeit und das größte Wohlwollen entgegenbringt. Aber wir müssen doch bei dieser Gelegenheit die Frage erörtern, ob wirklich der städtische Realkredit zum Ressort des Landwirtschaftsministeriums gehört, oder ob er nicht vielmehr ins Finanzmintsterium oder Handelsministerium gehört. Diese Frage können wir selbstverständlich nicht entscheiden. Aber es sst bezeichnend füͤr die ganze Angelegenheit des städtischen Realkredits, die noch nicht die ihrer Bedeutung entsprechende Würdi⸗ gung gefunden hat, daß die Ressortverhältnisse so liegen. Die nationalliberale Partei hat durch ihre Interpellation die Bedeutung unseres Antrags noch stärker zut Geltung gebracht. Ich möchte darauf hinweisen, daß die ganze Angelegenbeit nicht etwa vom beschränkten Standbunkt des eigenen Interesses, sondern von dem allgemeinen Interesse ausgeht. Mit dem Hausbesitzer⸗ inte esse ist das Mieterinteresse verknäpft. Die Hausbbesitzer

j müssen für

1e ausreichende und geeignete Wohnunge sorgen, 1““ . die Bestrebungen des Hausbesitzer Ee keegt agh Katfahlen. der Hausbau eingeschränkt wird. Man barf 8. Uüsh 8 eine Frage von sehr großer Tragweite vor. Geeedü 8s * X.. rage nicht ausschließlich vom Standpunkte der 8 1“ 9 , en, sondern man muß vor allem die Verhältnisse in begiestannd II in Betracht ziehen. Da ist der Haus⸗ Vrerbaältißf 8 r. eittelstand identisch. Da sind noch normale trachtet Es ist ds der Handwenker ein eigenes Grundstück zu besitzen stcndien Mittelnon größter Bedeutung für die Erhaltung des selb⸗ wirken Nach 5 1 88, ,daß wir der Realkreditnot entgegen⸗ Reaktreditner hehn g8 Auffassung liegt das Grundübel der städtischen Realkrehi, daß es uns an jeder Organisation für den stadtischen Realkredit fehlt. Das ist um so bedauerlicher, als wir ja in geradezu musterhafter Weise für unseren landwirtschaftlichen Real⸗ kredit gesorgt haben. Nach dem Vorbilde der Landschaften sollte man auch in den Städten vorgehen. Es ist in der historischen Ent wicklung begründet, daß man mit der Organisation des Kredits auf dem Lande begonnen hat. In den Städten konnte man früher infolge der patriarchalischen Verhältnisse nach dieser Richtung auskommen während dies auf dem Lande nicht der Fall war. Diese Verhältnisse haben sich jetzt gerade in das Gegenteil verwandelt. In den letzten Jahrhunderten ist ein großer Aufschwung der Städte durch die In⸗ dustrie eingetreten, der ganz außerordentliche Kreditansprüche zur not⸗ wendigen Folge gehabt hat. Und da ist allerdings der Vorwurf nicht unbegründet, der sowohl der Regierung wie der Gesetzgebung und dem Hausbesitz gilt, daß sie die Verhältnisse nicht rechtzeitig ins Auge gefaßt und Fürsorge getroffen haben. Die Folge davon war, baf sich 1 Kreditbefriedigung gewissermaßen zum Gewerbe aus⸗ bildete. Eine sehr große Erleichterung trat ein, als die Hypotheken⸗ entstanden und den Realkredit in großem Umfange befriedigten. Sie verbilligten den Zinsfuß und erweiterten die Beleihung. Erst als ein Umschwung der Verhältnisse eintrat, in der Richtung, daß die Verteuerung des Zinsfußes, wie wir sie jetzt sei va 1 ½ Jahrze

8 fußes ir sie jetzt seit etwa 1 ½ Jahrzehnt erlebt haben, auch dahin führen mußte, daß der städtische Grundbesitz, abgesehen von einzelnen Fällen einer ganz besonders günstigen Lage, nicht mehr im Wert gestiegen ist; seitdem besteht die Schwierigkeit, daß die Hypothekenbanken naturnotwendig Erwerbsgesellschaften werden wodurch der Zinsfuß immer mehr erhöht wird. Auch sind die Beleihungen zum Teil größer gewesen, als es dem Wert entsprach. All das hat natürlich den städtischen Hausbesitz sehr schwer getroffen. Die zweite Hypothek ist heute überhaupt nur ein relativer Begriff, es ist nicht feststehend, was man als zweite Hypothek bezeichnet. In einzelnen Fällen ist man in der Beleihung so weit gegangen, daß die zweite Hypothek in der ersten mitenthalten ist, sodaß die zweite eigentlich als Teil der ersten Hypothek bezeichnet werden kann. Was dem Grundbesitz nottut, das ist nicht so sehr die Möglichkeit, Darlehen als erste oder zweite Hypothek leichter oder schwerer zu erhalten, sondern das ist etwas Grundsätzliches. Das scheint mir einer Unter⸗ suchung wert zu sein. Was dem städtischen Hausbesitz nottut, das ist die Entschuldung unseres städtischen Grundbesitzes und nicht die Verschuldung. In dieser Richtung fehlt bisher alles. Wir müssen vor allen Dingen dem Hausbesitz unkündbare und amortisable Hyvpotheken beschaffen. Die Amortisationshypothek ist in Haus⸗ besitzerkreisen allerdings nicht beliebt, aber für uns vom Stand⸗ punkt der Gesetzgebung kommt der seßhafte Hausbesitz in Betracht. Und für diesen ist es vor allen Dingen wichtig, daß wir eine all⸗ zustarke Belastung des Hausbesitzes durch Amortisationshypotheken verhindern. Das kann zur Gesundung der Verhältnisse führen. Deshalb müssen wir uns umsehen, ob es nicht möglich ist, eine Ein⸗ richtung zu schaffen. die solche unkündbaren, amortisablen Hypotheken ermöglicht. Dies können weder die Gemeinden durchführen, noch ist dies auf genossenschaftlichem Wege oder auf dem Wege der Selbst hilfe möglich, sondern nach dem Vorbild der Landschaften muß hier die Gesetzgebung eintreten, welche öffentlichrechtliche Institute schafft, die sich mit der Beleihung des städtischen Grundbesitzes befassen. Außerordentlich wichtig ist auch die Frage der Taxe. Die Tarxen liegen bei uns vollkommen im argen. Taxen sind Faxen, wird mir hier zugerufen. Dieses Wort ist im allgemeinen im Umlauf. Das Taxwesen muß gründlich reformiert werden. Die Taxaufstellung des Wertes als Grundlage der Beleihung scheint mir nicht richtig zu sein. Gerade bei den Häufern kommt es neben dem Wert an sich vor allem auch auf den Benutzungswert an, der allerdings auch heute schon berücksichtigt wird, aber leider wird nicht die ver⸗ schiedene Art des Grundbesitzes bei den Tagxen in Betracht gezogen. Die Taxe muß deshalb nicht einen Wert an sich, sondern einen bleibenden Wert feststellen. Dieser bleibende Wert müßte von den öffentlichen Instituten anerkannt werden. Nun würde die Frage der Entschuldung in der Weise zu lösen sein, daß es Aufgabe der Gemeinden sein müßte, eine Sicherheitsleistung zu übernehmen. Dadurch würde dem öffentlichen Rechte die Möglichkeit gegeben, über das Maß der Mündelsicherheit hinaus eine Entschuldung durchzuführen. Auf diese Weise würde man in der Lage sein, eine systematische Entschuldung vorzunehmen. Ich halte dies für eine der größten wirtschaftlichen Aufgaben der Gegenwart. Wir haben ja gegenwärtig im Finanzministerium an leitender Stelle einen Minister, der aus dem städtischen Dienst hervorgegangen ist. Das läßt mich hoffen, daß diese Frage auch im Finanz⸗ ministerium die vollste Würdigung finden wird. Denken wir daran, was Friedrich der Große für den ländlichen Realkredit getan hat. Denken wir daran, daß ohne eine große landwirtschaftliche Organi⸗ sation die deutsche Landwirtschaft die schweren Jahre des landwirt⸗ schaftlichen Notstandes überhaupt nicht hätte durchmachen können. Erwägen wir dann, ob wir nicht auch für unsere Städte eine ähn⸗ liche Maßnahme treffen können. Es muß sich die Untersuchung aber auch auf andere Gegenstände erstrecken. Wir müssen fragen, ob der Realkredit in den Städten eine Aenderung der Gesetzgebung verlangt. Auch die Subhastationsordnung wäre durchzusehen. Es fragt sich ferner, ob die Königliche Staatsregierung auch ohne Zuhilfenahme der Gesetzgebung in der Lage wäre, einzugreifen durch Einführung des Teiles 2 des Schutzgesetzes für die Bauhandwerker. Also auch das müßte in dieser Untersuchung wesentlich durchgearbeitet werden. Ich möchte dann noch die staatlichen Gesichtspunkte geltend machen. Es bandelt sich nicht um die Eröffnung neuer Kredite, sondern um die wesentliche Befriedigung vorhandener Kredite. Die Mittel dafür sind nach meiner Meinang vorhanden. Nun mache ich auf eine Wechselwirkung aufmerksam. Die Land schaften, die Hypothekenbanken und die Staatsbanken sind vonein⸗ ander abhängig. Auch die Staatsregierung hat ein Interesse daran, daß der Hypothekenkredit in richtiger Weise befriedigt wird. Die Lage auf dem städtischen Kreditmarkt ist in der Tat unhaltbar geworden. Wir haben hier fast alljährlich Ver⸗ handlungen geführt über die Bekämpfung des Wuchers auf dem Lande. Was wir hier im städtischen Grundbesitz sehen, das ist tat⸗ sächlich der Wucher in der höchsten Blüte. Durch Provisionen. und Abzüge werden die Hausbesitzer außerordentlich geschädigt. Was da an Geld aufgebracht werden muß, um die Vermittler zu befriedigen, das muß zweifellos zu einer Verteuerung des Hausbesitzes und damit zu einer allgemeinen Belastung des Grundbesitzes führen. Nun hat der Interpellant Steuerfragen herangezogen. Ich will nach dieser Richtung ihm nicht folgen. Ich glaube aber, daß bei einer Unter⸗ suchung der Realkreditnot auch diese Frage gebührend wird erörtert werden müssen, ob nicht die erhöhte Umsatzsteuer und Wertzuwachs⸗ steuer in Betracht gezogen werden muß. Ich bin darauf gespannt, wie im nächsten Jahre die Ziffer der Umsatzsteuer aussehen wird. Dieser bedeutsamen Frage muß bei einer Untersuchung besondere Beachtung geschenkt werden. In den Kreisen des stäadtischen Hausbesitzes herrscht eine Art Verzweiflung sie haben den Mut und die Hoffnung aufge⸗ geben, daß man beim Staat und bei den gesetzgebenden Körperschaften noch Hilfe finden würde. Auch aus diesem Grunde bitten wir, unseren Antrag anzunehmen, als ein Zeichen dafür, daß wir alle die schweren Notstande und ihre Folgen anerkennen, die aus dieser Kreditnot ent⸗ stehen. Wir können den Antrag ohne Kommissionsberatung annehmen denn er involviert ja keine Geldbewilligung. Rehmen wir den Antrag sofort an, damit er möglichst schnell an die Regierung gelangt und die

Untersuchung möglichst schne erfolgt, von deren Ergebnis wir die Abhilfe dieser weite Kreise schwer bedrückenden Notstände erhoffen.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Metne Herren! Ich glaube nicht zu irren, wenn ich aus den Ausführungeu des Herrn Interpellanten und auch des Herrn Antrag⸗ stellers den Eindruck gewonnen habe, daß beide eine eigentliche Kreditnot des ländlichen Grundbesitzes nicht als vorhanden annehmen. Ich für meinen Teil müßte jedenfalls der Meinung entgegentreten, daß es für den ländlichen Grundbesitz als solchen eine wirkliche Kreditnot gibt. Für die Beschaffung des ländlichen Kredits ist, wie Herr Abg. Dr. Arendt auch bereits ausgeführt hat, durch eine umfassende Kreditorganisation Sorge getragen. Was vplelleicht noch Schwierig⸗ keiten verursachen könnte, das ist die Beschaffung der Nachhypotheken, die aber, wie schon die zunehmende Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes zeigt, doch auch nicht so schwierig sein kann, wie es vielleicht vielfach angenommen wird. Ich möchte mit dem Herrn Abg. Dr. Arendt vielmehr der Ansicht zuneigen, daß dem ländlichen Grund⸗ besitz in erster Linie nicht eine Erleichterung der Verschuldung, sondern eine Erleichterung der Entschuldung not tut (sehr richtig! rechts), und daß die Maßnahmen der Staatsregierung auch in erster Linie darauf gerichtet sein müssen, für den ländlichen Grundbesitz die Wege der Entschuldung weiter zu ebnen, als es bieher schon geschehen ist. (Bravo! rechts.) Gern will ich dabei zugeben, daß eins ja auch den Kredit für den ländlichen Grundbesitz verteuert: das ist der gegen⸗ wärtig niedrige Kurs der Pfandbriefe, der ja regelmäßig dem Schuldner zur Last fällt und ihm natürlich den ihm gewährten Kredit verteuert.

Schon im vorigen und vorvorigen Jahre habe ich mich gelegent⸗ lich der Etatsberatung über die Maßregeln der Staatsregierung zur Entschuldung des ländlichen Grundbesitzes ausgesprochen, und dies⸗ bezügliche Ausführungen finden Sie ja auch in der Denkschrift, welche im Frühjahr dieses Jahres diesem hohen Hause vorgelegt worden ist über die bisherige Wirksamkeit des Gesetzes über die Einführung einer Verschuldungsgrenze; ich möchte des⸗ halb jetzt nicht näher auf diese Frage eingehen und mich auf die Bemerkung beschränken, daß es mit der Einführung einer Ver⸗ schuldungsgrenze allein noch nicht getan ist, daß voraussichtlich auch weitere, auf allgemeiner Bafis beruhende Maßnahmen getroffen werden müssen, um rascher und besser, als es bisher geschehen ist, der weiteren Verschuldung des ländlichen Grundbesitzes vorzubeugen. (Sehr wahr! rechts.) Darüber schweben noch Erwägungen, und ich glaube, Sie dürfen zur Staatsregierung und vor allem auch zur landwirtschaftlichen Verwaltung das Vertrauen haben, daß sie nach wie vor der Frage der Entschuldung des ländlichen Grundbesitzes ihre besondere Auf⸗ merksamkeit zuwenden wird. (Lebhafter Beifall rechts.)

Wenn ich nunmehr zur Kreditnot des städtischen Grundbesitzes komme, so darf ich wohl bei Beantwortung der Interpellation des Herrn Abg. Fritsch auch eingehen auf die Ausführungen, welche der Herr Antragsteller Dr. Arendt hier gemacht hat.

Ich möchte zunächst dem Herrn Abg. Arendt gegenüber doch her⸗ vorheben, daß nicht von ungefähr oder nach der Theorie: „Was man nicht deklinieren kann“ der städtische Realkredit in die Fürsorge des landwirtschaftlichen Ministeriums gekommen ist! Auch das hat einen, ich glaube, zutreffenden Grund! Der Herr Abg. Arendt hat schon ausgeführt, daß es sich in der Vergangenheit weniger um die Be⸗ friedigung des städtischen Kredits als des ländlichen Kredits handelte, weil die höheren und höchsten Werte sich nicht in der Stadt, sondern auf dem Lande befanden, und daß erst allmählich in neuerer Zeit der Umschwung dahin eingetreten ist, daß nun⸗ mehr die Werte in der Stadt die Werte auf dem Lande bei weitem und vielfach überwiegen. So ist es gekommen, daß das landwirtschaftliche Ministerium die Aufsicht über die Kredit⸗ institute bekam. Es hat sie his heute beibehalten und damit auch die Aufsicht über die Beschaffung und Befriedigung des städtischen Real⸗ kredits übernommen, lediglich und wesentlich aus dem Grunde, weil, abgesehen von den Landschaften, in der Hauptsache doch alle Darlehns⸗ institute für den Immobiliarkredit gleichzeitig dem ländlichen un städtischen Kredit sich widmen, und infolgedessen es schon sehr schwer und meiner Ansicht nach sogar unausführbar sein würde, die Aufsich über derartige Institute zu trennen.

Ich trete nun dem Herrn Antragsteller durchaus in der Meinu⸗ g bei, daß es auch bei der Beseiti

2i in auf die Erleichterung der Hypothekenbeschaffung, sondern vor allen Dingen auf die Frage ankommt, wie der städtische Kredit besser organisiert werden B— Während wir, wie richtig von den Herren Vorrednern ausgeführt worden ist, für die Befriedigung des ländlichen Kredits umfassende und auch wohl genügende Organisationen besitzen, fehlt es für den städtischen Darlehnsnehmer an gleichartigen Instituten, und auch die vorhandenen, teilweise mit großen Mitteln ausgestatteten Hypot ekenbanken sind nibt imstande gewesen, das Bedürfnis genügend im befriedigen und der dordan⸗ denen Not abzuhelfen. Es ist ja in dieser Richtung gerade in den Lepgten Jahren ich darf hinzufügen, unter Mitwirkung und Unterstä der Staatsregierung manches geschehen, es ist insdesenderr anch der Versuch gemacht worden, für den städtischen Grandkr⸗ stitute ins Leben zu rufen, die in der Form der landschaftlächer Darlehen Kredit gewähren. Ich darf in dieser Bezi eramnnern an die in den letzten Jahren und auch schon vor längerer Zeit erfolgtr Gründung von städtischen Pfandbriefanstalten. Ich nenne die Deutsche Pfandbriefanstalt in Posen, das Brandenburgische Pfand⸗ briefamt, das mit Unterstützung und Mitwirkung des Proptnzial- verbandes entstanden ist, dann die als Gemeindeanstalt ein⸗ gerichtete Pfandbriefanstalt der Stadt Magdeburg. Das sfind alles gemeinnützige Institute, die in erster Linir nicht verdienen, sondern vor allen Dingen den Kuedit hessern und verbilligen wollen, und es wird auch, wenn solche Anstalten anderweitig gefördert werden sollen, in erster Linir dafür Sorge ge⸗ tragen werden müssen, daß dieselben einen gemecinnüpzigen Charceter erhalten, daß sie sich mit mäßiger Verzinsung der von shmen dar- geltehenen Kapitalien begnügen, und daß sie vor allem fin regelmäßigr Tilgung des Darlehens Sorge tragen.

Damit komme ich auf das was auch der Herr Anrragteelir bereits hervorgehoben hat und was ich in Ueberein stimmung mit her und Herrn Abg. Fritsch als ebenso wichtig wir ausschlaggedemd he⸗ zeichnen muß, daß auch bei den städtischen mtheder medr vee. hücherr

geben, daß, wenn man den störtüechen

.

als Verkaufs⸗ und Handelsward brrrachtrt