Königliche Akademie der Wissenschaften.
Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat den ordentlichen Professor an der Universität Heidelberg, Geheimen Kirchenrat D. Dr. Ernst Troeltsch zum korrespondierenden Mitglied ihrer philosophisch⸗historischen Klasse gewählt.
Kriegsministerium.
Der für den höheren Militärverwaltungsdienst geprüfte Oberleutnant der Reserve Mießner ist unter endgültiger Ueberweisung an die Intendantur des VI. Armeekorps zum etatsmäßigen Militärintendanturassessor ernannt worden.
8
Bekanntmachung.
ie verstärkten Ersatzkommissionen werden zur Entscheidung über Gesuche um zeitweise Zurückstellung bei not⸗ wendigen Verstärkungen oder Mobilmachungen bezw. bei Bil⸗ dung von Ersatztruppenteilen Mitte April 1913 ihre nächste Sitzung halten.
Diejenigen in Berlin wohnenden Mannschaften der Reserve, Landwehr, Seewehr, Ersatzreserve und Marineersatzreserve, welche auf Zurückstellung Anspruch machen, werden aufgefordert, ihre Gesuche unter Angabe ihrer Militärverhältnisse und der Nummern, unter denen sie in den Listen der Königlichen Be⸗ zirkskommandos I— VI Berlin geführt werden, im Laufe des Monats Januar 1913 beim Militärbureau des hiesigen Magistrats anzubringen.
Ebenso werden die auf Zurückstellung Anspruch machenden und sich hier aufhaltenden ausgebildeten Landsturmpflichtigen des II. Aufgebots aufgefordert, ihre Gesuche unter Angabe ihrer bisherigen Militärverhältnisse in der angegebenen Zeit bei dem bezeichneten Bureau einzureichen.
Die bereits früher berücksichtigten Mannschaften haben ihre Anträge auf weitere Zurückstellung im Bedarfsfalle zu erneuern: die nach dem 31. Januar 1913 eingehenden Gesuche können nicht berück⸗ sichtigt werden.
Berlin, den 16. Dezember 1912
Die Königlichen Ersatzkommissionen der Aushebungsbezirke Berlin. Frommel.
Preußen. Berlin, 20. Dezember 1912.
Seine e der Kaiser und König traf, wie „W. T. B.“ meldet, heute früh mit Ihren König lichen Hoheiten den Prinzen Eitel⸗Friedrich, August Wilhelm und Oskar von München auf der Fürstenstation Wildpark ein. 8
Aus Anlaß der gestrigen Beisetzung Seiner König⸗ lichen Hoheit des Prinz⸗Regenten Luitpold von Bayern hatten das Königliche Schloß, sämtliche Reichs⸗ und Staatsgebäude und eine große Anzahl von Privatgebäuden halbmast geflaggt. In der St. Hedwigskirche fand Vor⸗ mittags ein Trauergottesdienst statt, an dem, wie „W. T. B.“ meldet, als Vertreter Seiner Majestät des Kaisers und Königs Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold von Preußen, als Vertreter Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin der Kammerherr Freiherr von Spitzemberg, ferner Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Friedrich Sigismund, Friedrich Karl und Friedrich Leopold, Seine Durchlaucht der Erbprinz von Hohenzollern, die Spitzen der Reichsbehörden und der preußischen Behörden, sämtliche in Berlin anwesenden Minister und Staatssekretäre, der Oberbefehlshaber in den Marken, Generaloberst von Kessel, der Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz, die Obersten Hofchargen, die Chefs des Zivil⸗ und Marinekabinetts, das diplomatische Korps, soweit nicht die Botschafter und Ge⸗ sandten den Trauerfeierlichkeiten in München beiwohnten, die hier weilenden bayerischen Offiziere und andere teilnahmen.
8 Verkehrseinnahmen deutscher Eisenbahnen für November 1912 nach der im Reichseisenbahnamt aufgestellten Uebersicht:
gegen das Vorjahr (mehr, weniger)
im ganzen auf 1 km . N1111868686
2 014 908 +† 27 + 2,5 5 414 270 + 60 + 1,82
57 432 779
versonenverkehr 8 178 868 403
Güterverkehr
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 18. d. M. S. M. S. „Bremen“ in Pernambuco, S. M. S. „Luchs“ in Labuan (Nordborneo) und S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ in Canton eingetroffen. .“““
Batzern. 8
Gestern vormittag hat die feierliche Beisetzung der irdischen Reste Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗ Regenten Luitpold in der bei der Residenz gelegenen Hof⸗ kirche „Zum Heiligen Cajetan“ stattgefunden. Aus allen Gauen Bayerns war eine gewaltige Menschenmenge in der im Trauer⸗ schmuck prangenden Hauptstadt zusammengeströmt und hatte in den Straßen, die der Trauerzug passieren mußte, hinter den Truppenreihen der Münchener Garnison Aufstellung genommen. Unter Glockengeläut und Kanonendonner setzte sich um 11 Uhr der Trauerzug von der Allerheiligen⸗Hofkirche in Bewegung. Der Sarg war mit der Königskrone und den Reichsinsignien geziert; herrliche Blumenkränze waren über dem Bandachin angebracht. Dem Leichenwagen, der mit acht schwarz⸗ behangenen Pferden bespannt war, schritten, wie „W. T. B.
berichtet, zur rechten Seite die zwölf Generaladjutanten des verblichenen Landesvaters, links die zwölf Königlichen Kammerherren, während das Bahrtuch von Kommandeuren des Ordens der Ritter des Heiligen Georg getragen wurde. Weiter schritten zu beiden Seiten des Sarges Stabs⸗ offiziere der bayerischen Regimenter, deren Inhaber Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Luitpold war, sowie 8898 mit brennenden Kerzen. Dann folgte der Erzbischof r. Ritter von Bettinger mit der gesamten Dom⸗ und Hof⸗ geistlichkeit Münchens. Lange bevor der Leichenwagen von der Allerheiligen⸗Hofkirche abfuhr, hatten sich zur Eröffnung des Leichenzuges Truppenabteilungen, zahlreiche Vereine mit um⸗ florten Fahnen, sämtliche Schulen Münchens und die klöster⸗ lichen Kongregationen in Bewegung gesetzt. Unmittelbar hinter dem Leichenwagen wurde das Läbpferd des verblichenen Regenten geführt. Hinter dem Kreuzträger folgte Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Ludwig, zu seiner Rechten Seine Majestät der Deutsche Kaiser mit dem Marschallstab und den Insignien des Hubertus⸗Ordens und zu seiner Linken Seine Majestät der König von Sachsen, beide in den Uniformen ihrer bayerischen Regimenter, dann Seine Königliche Hoheit der Prinz Leopold zwischen Seiner Majestät dem König der Belgier und Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich, Seine Königliche Hoheit der Prinz Rupprecht zwischen Seiner Kaiserlichen Hoheit dem Großfürsten Boris von Rußland und Seiner Hoheit dem Herzog von Teck, Seine Königliche Hoheit der Prinz Karl zwischen Ihren Königlichen Hoheiten dem Infanten Carlos von Spanien und dem Herzog von Genua, Seine König⸗ liche Hoheit der Prinz Franz zwischen Ihren Königlichen Hoheiten den Großherzögen von Baden und Hessen und Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg zwischen Ihren Königlichen Hoheiten den Großherzögen von Mecklen⸗ burg und Oldenburg. Diesen folgten die fremden Fürstlich⸗ keiten, sämtliche übrigen Prinzen des bayerischen Königshauses, die Vertreter des Papstes, der Vertreter des Präsidenten der Französischen Republik, die Abgesandten fremder Fürstlichkeiten und Regierungen, der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg mit den Vertretern des Bundesrats und des Reichs⸗ tags, das diplomatische Korps, die bayerischen Standesherren, die Mitglieder der beiden Kammern des Landtags, die obersten Hofchargen, die Staatsminister, die Generalität, die Gefolge Seiner Masestät des Königs Otto und andere Persönlichkeiten. Den Schluß bildeten Abteilungen der Münchener Truppen. Als der Leichenwagen an der Sankt Cajetanhofkirche anlangte, empfing die gesamte Geistlichkeit den Sarg und geleitete ihn in die Kirche, während die Ehrensalven vom Hofgarten herüberschallten. In der Kirche wurde die Einsegnung der Leiche durch den Erz⸗ bischof in Gegenwart aller Fürstlichkeiten vorgenommen und der Sarg alsdann in Begleitung des Oberhofmeisters Grafen von Seinsheim und des Ministerpräsidenten Dr. Freiherrn von Hertling unter Vorantritt der Geistlichkeit in die Gruft ge⸗ tragen, wo er verschlossen wurde. Damit war die Trauerfeier zu Ende. Heute vormittag fand in der St. Cajetan⸗Hofkirche im Beisein Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten Ludwig, seiner Gemahlin und der übrigen Mitglieder der Königlichen Familie sowie anderer Persönlichkeiten ein Trauergottesdienst für Seine Königliche Hen den Prinz⸗Regenten Luitpold statt. Auch in den protestantischen Kirchen wurden Trauergottesdienste abgehalten.
Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Ludwig hat an Seine Majestät den Deutschen Kaiser, wie die „Korrespondenz Hoffmann“ mitteilt, nachstehendes Telegramm nach dem Neuen Palais gerichtet:
Es ist meinem Herzen ein Bedürfnis, Dir noch einmal tiefgefühlten Dank zu sagen für all die Liebe, die Du meinem in Gott ruhenden Vater in den letzten Tagen er⸗ wiesen hast. Deine persönliche Teilnahme an den Leichen⸗ feierlichkeiten und die Ehrungen, die Du dem teuren Verblichenen durch die Armee und Marine zuteil werden ließeft, sind rührende Beweise für die Innigkeit Deiner Beziehungen zum bayerischen Königshaus, für die ich und ganz Bayern Dir aufrichtigen Dank wissen.
8 Ludwig.
— Wie die ‚Korrespondenz Hoffmann“ meldet, sind durch
ein unter dem 14. laufenden Monats erlassenes Ausschreiben, das von den Königlichen Staatsministerien des Innern beider Abteilungen in ihren Amtsblättern veröffentlicht wird, die Königlichen Regierungen, Kammern des Innern und die Distriktspolizeibehörden auf den Beschluß des Bundes⸗ rats vom 28. v. M. und die darin gegebene Be⸗ griffsbestimmung für „Ordenstätigkeit“ hingewiesen worden. Der Bundesratsbeschluß vom 28. v. M., der den bisher nicht näher umschriebenen Begriff der verbotenen Ordenstätigkeit authentisch abgrenzt, ist für die Bemessung dieses Begriffs nunmehr ausschließlich maßgebend; durch diesen Beschluß sind alle früheren vor der authentischen Auslegung erteilten Vollzugsanweisungen ohne weiteres ersetzt. Durch das Ministerialausschreiben vom 14. laufenden Monats werden die Vollzugsbehörden auf den Bundesratsbeschluß, den sie ihrem Verfahren fortan zugrunde zu legen haben, noch besonders hin⸗ gewiesen. 1 Sachsen.
„Nachdem das Vereinigungsverfahren des Landtags ergeb⸗ nislos verlaufen ist, fand gestern in beiden Kammern die Schlußabstimmung über das Volksschulgesetz statt. Da beide Kammern in den Fragen der Erteilung des Religions⸗ unterrichts, der Errichtung der allgemeinen Volksschule und der Schulgeldfreiheit auf ihren abweichenden Beschlüssen laut Mel⸗ dung des „W. T. B.“ beharrten, so ist das Volksschulgesetz endgültig gefallen. Der Kultusminister Dr. Beck sprach sein Bedauern über das Scheitern des großen Reformwerks aus. Beide Kammern beschlossen ihre Sitzung mit einem Hoch auf König und Vaterland. In der Zweiten Kammer hatten sich auch die sozialdemokratischen Abgeordneten von ihren Plätzen erhoben. Der feierliche Schluß des Landtags findet heute statt.
Württemberg.
“ 84 8 Das Ergebnis der gestrigen Landtagsproporzwahlen
ist nach Meldungen des „W. T. B.“ folgendes: Von den 17 zu wählenden Kandidaten entfielen auf das Zentrum 5, auf die Sozialdemokraten 4, auf die Volksparte 4, auf die Konser⸗ vativen und den Bund der Landwirte 3 und auf die National⸗ liberalen einer. Der neue Landtag setzt sich demnach aus 26 Mitgliedern des Zentrums, 20 Konservativen und Mit⸗ gliedern des Bundes der Landwirte, 19 Mitgliedern der fort⸗
gewinnen je einen Sitz, die “ und der Bund der Landwirte 8 Sitze, die Nationalliberalen verlieren 3, die fort⸗ schrittliche Volkspartei 4 Sitze.
“ 8 Mecklenburg. Dem in Malchin versammelten mecklenburgischen Landtag ist, wie die „Landeszeitung für beide Mecklenburg“ meldet, heute die Antwort Ihrer Königlichen Hoheiten der Großherzöge auf die Ablehnung der Verfassungs⸗ vorlage zugegangen. In dieser Antwort heißt es u. a.: Wir ziehen die Vorlage, die einer Einigung beider Stände dienen sollte, zurück. Die allseitig als notwendig erkannte Ver⸗ fassungsreform muß jedoch duͤrchgeführt werden. Unsere weiteren Entschließungen werden wir unseren getreuen Ständen auf einem außerordentlichen Landtage kund geben, den wir zur end⸗ gültigen Erledigung der Verfassungsfrage im nächsten Jahre ein⸗
absichtigen. 8 8
8 Oesterreich⸗Ungarn.
Gestern vormittag fand in der Menoritenkirche in Wien für den Prinz⸗Regenten Luitpold von Bayern ein Trauergottesdienst statt, dem in Vertretung des Kaisers laut Meldung des „W. T. B.“ der Erzherzog Carl Franz Joseph, ferner die in Wien anwesenden Erzherzoge, das diplomatische Korps, die Hofwürdenträger, die Vertreter der gemeinsamen sowie der österreichischen Regierung, die Spitzen der Behörden, die bayerische Kolonie, das Offizierkorps und ein zahlreiches Publikum beiwohnten.
Das österreichische Herrenhaus hat gestern in allen Lesungen die Novelle zum Bürgerlichen Gesetzbuche angenommen.
Im Laufe der Debatte betonte, obiger Quelle zufolge, Dr. von Grabmagyr die Reformbedürftigkeit des Eherechts und trat namens der Verfassungspartei für die Ersetzung des gegenwärtig geltenden konfessionellen Eherechts durch die obligatorische Zwilehe ein, die das Eherecht mit dem Staatsgrundgesetz in Einklang bringe. Dies sei zwar gegenwärtig infolge der traurigen Verhältnisse im Parlament nicht möglich, doch sei es von der Zukunft zu erwarten. — Freiherr von Call erinnerte an die Aeußerung Dr. von Grab⸗ mayrs, daß die Aufrollung des Chereformproblems einen Kulturkampf beraufbeschwören würde, den die Bevölkerung nicht wolle. Die Verweltlichung des Eherechts würde nicht in erster Linie an der Gruppe der Rechten, sondern an dem Widerstande der Bevölkerung scheitern. Die Auflösung der Ehe bedeute die Zer⸗ störung der Familie. — Fürsterzbischof Kardinal Nagl trat namens der Gruppe der Rechten für die Wahrung der katholischen Grundfätze der Ehe ein. Er erinnerte an den Widerstand der Bevölkerung gegen die seinerzeit angeregte Ehereformm. Man übersehe bei der übermäßigen Betonung der Zivilehe, daß die Quelle des wahren fittlichen Rückhalts in der religiösen Ueber⸗ zeugung liege. — Auch die folgenden Redner Hofrat Dr. Lammasch und Graf Bilinski sprachen sich entschieden gegen die Verweltlichung des Eherechts aus. — Der Justizminister Dr. Ritter von Hochen⸗ burger erklärte, die Nobelle umfasse alles, was man an dem geltenden hundertjährigen Bürgerlichen Gesetzbuche als unbedingt ver⸗ besserungs⸗ undergänzungsbedürftig bezeichnen könne, freilichausgen ommen das internationale Privatrecht und das Eherecht. Die Vorarbeiten für eine erschöpfende Nenregelung des internationalen Privatrechts seien fast beendet, und die Regierung werde bald eine diesbezügliche Vorlage unterbreilten. Wenn auch in der Novelle aus leicht begreiflichen, von Dr. von Grabmayr selbst dargelegten Gründen das Eherecht fehle, so trage doch die Novelle auf dem Gebiete des Familien⸗ und Erb⸗ rechts, des Sachen⸗ und Schuldrechts, namentlich hinsichtlich des Dienstoertrages den wichtigsten Forderungen der Neuzeit Rechnung. Die Novelle sei ein Werk von großer sozialer Tragweite.
Das österreichische Abgeordnetenhaus hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, nach 55 stündiger Sitzungs⸗ dauer unter Ablehnung sämtlicher Minoritätsanträge die Kriegsleistungsvorlage in der Fassung des Ausschusses angenommen. Der § 6, nach dem das . der zu Kriegsleistungen in Anspruch genommenen Verkehrsmittel und Industrieanlagen auf die Dauer der Inanspruchnahme des Unternehmens in dem bisherigen Arbeitsverhältnisse verbleiben muß, wurde in namentlicher Abstimmung mit 270 gegen 143 Stimmen angenommen. Beim § 9 wurde ein sozialdemokratischer Gegenantrag, nach dem die zu Kriegsleistungen Herangezogenen nicht der Militär⸗ gerichtsbarkeit, sondern der Zivilgerichtsbarkeit unterstellt werden, in namentlicher Abstimmung mit 224 gegen 201 Stimmen ab⸗ gelehnt. Heute findet die dritte Lesung der Vorlage statt. Das Haus erledigte hierauf eine Reihe von Im munitäts⸗ angelegenheiten und beschloß unter anderem die Aus⸗ lieferung des Sozialdemokraten Schuhmeier wegen Ehren⸗ beleidigung des Wiener Bürgermeisters Dr. Neumayer während der Sitzung des Gemeinderats.
In der heutigen Sitzung nahm das Abgeordnetenhaus
schäftsordnungsprovisoriums.
Ueber die dritte Beratung der Friedensdelegierten ist gestern laat Meldung des „W. T. B.“ folgende offtzielle Mitteilung veröffentlicht worden:
In der dritten Sitzung der Konferenz unter dem Vorsitz des
Ministerpräsidenten Venizolos wurde das Protokoll der zweiten Sitzung gebilligt. Nachbem dann der erste türkische Bevollmächtigte Reschid Pascha den Delegierten mitgeteilt hatte, daß ein Spezial⸗ kurier mit den erbetenen Instruktionen Konstantinopel verlassen habe, wurde die Sitzung auf Sonnabendnachmittag vertagt.
Die Deputiertenkammer beriet gestern den Kolonia etat. ““ Nach dem Bericht des „W. T. B.“ versicherte der Kolonial minister Lebrun im Laufe der Hebatte, daß er nach dem Berich des Gouverneurs von Französisch Westafrika nicht daran denke, die Versuche der Rekrutierung schwarzer Truppen aufzugeben Die Leichtigkeit, mit der 5000 Mann rekrutiert worden seien, be rechtige zu dem größten Vertrauen auf die Möglichkeit einer normalen Rekrutierung. Mit Metbode werde man tahin gelangen können, eine schwarze Armee zu schaffen, ohne die Kolonie wirtschaftlich und politisch zu schädigen.
Gestern vormittag fand in der Animakirche in Rom fun den Prinz⸗Regenten Luitpold von Bayern ein 28 liches Seelenamt statt, dem die beiden bayerischen Gestaze schaften, der deutsche Botschafter, das gesamte diplomatis 2 Korps beim Vatikan und die katholischen Mitglieder der deu
schrittlichen Volkspartei, 17 Sozialdemokraten und 10 National
liberalen zusammen. Das Zentrum und die Sozialdemokraten
schen Kolonie beiwohnten.
das Kriegsleistungsgesetz in dritter Lesung mit 250 gegen 116 Stimmen an und begann dann die Beratung des Ge⸗
Die türkischen Bevollmächtigten in London sollten gestern, wie „W. T. B.“ meldet, der Friedenskonferenz
erklären, man müsse, da die Zulassung der griechischen Bevoll⸗
1 mächtigten zu den Verhandlungen ohne Unterzeichnung des
Laffenstilltands von seiten Griechenlands die Friedens⸗ verhandlungen in die Länge ziehen könnte, in das Waffen⸗ b illstandsprotokoll eine Zusatzbedingung aufnehmen, die die Verproviantierung Adrianopels und der anderen belagerten kürkischen Plätze gestatte. 6 Ueber die Tätigkeit der türkischen Flotte in den letzten Tagen berichtet ein in Konstantinopel eingetroffener Marineoffizier laut Meldung des „W. T. B.“, wie folgt: Am 12. d. M. liefen vier Torpedobootszerstörer und zwei Torpedo⸗ boote zu einer Erkundungsfahrt aus. Sie bemerkten nichts vom einde. Am Morgen des 13. d. M. dampfte das Linienschiff Messudije“ bis in die Umgegend der Forts Kum⸗Kaleh und Sedil⸗ Bahr, als es sich plötzlich einem Angriff acht griechischer Torpedobootszerstörer ausgesetzt sah. „Messudije“ schlug sie in die Flucht. Am 16. d. M. machte die erste türkische Torpedobootsdivision eine Erkundung und kehrte zurück, um dem Kommandanten Bericht zu erstatten. Dieser entschloß s zur Offensive und lief mit der Flotte aus den Dardanellen aus. Das Linienschiff „Hatreddin Barbarossa“ feuerte die ersten Schüsse ab, sodann eröffneten die Linienschiffe „Torgud Reiß“, „Assar⸗i⸗ Tewfik“, „Messudije“ und „Medjidije“ ein ununterbrochenes Feuer. Der Faessach Panzerkreuzer „Aweroff“ erwiderte das Feuer, nach einer halben Stunde waren aber bereits einige Kanonen des „Aweroff“ gefechtsunfähig. Trotzdem leistete der „Aweroff“ noch eine Stunde Wdderstand bis auch seine großen Geschütze schwiegen und er sich in der Richtung auf Imbros flüchtete. Die türkische Flotte machte sodann einen Angriff auf die griechischen Linienschiffe „Hydria“, „Spetzsai“ und „Psara“. Um das Geschwader gegen einen Torpedo⸗ angriff zu schützen, beschäftigte die erste türkische Torpedoboots⸗ zerstörerdivifion die griechischen Torpedobootezerstörer, indem sie deren Feuer auf sich lenkte. Die türkische Flotte konnte so den Rest des griechischen Geschwaders angreifen, das schließ⸗ lich zum Rückzug gezwungen wurde. Während des Gefechts näherten sich die beiden Geschwader bis auf 3000 m. Vorsichts⸗ halber umfuhr unsere Torpedobootzerstörerdivision die Insel Tenedos. Um vier Uhr Nachmittags versuchte diese Division einen Angriff auf acht griechische Torpedobootzerstörer. Nachdem sie ungefähr hundert Schüsse abgegeben hatte, führte sie ihre Erkundung zu Ende und ver⸗ einigte sich am Abend wieder mit der Flotte in den Dardanellen.
Die „Agence d’'Athènes“ veröffentlicht über die See⸗ schlacht vom 16. Dezember auf Grund des Berichts eines Kapitäns, der mit seinem Schiff von den Dardanellen in Athen eingelaufen ist, folgende Einzelheiten:
Der türkische Panzer „Haireddin Barbarossa“ ist fast völlig zerstört worden; er ist an Backbord und Steuerbord getroffen und jetzt mit Wachstuch verkleidet worden. Während des Kampfes brach an Bord des Panzers Feuer aus, jedoch gelang es, dieses zu löschen. Der Konteradmiral Haloi und vier Offtziere sind getötet worden; bei den Mannschaften ist die Zahl der Verwundeten und Toten sehr ghc Ein Hospitalschiff ist abgesandt worden, um sie aufzunehmen. Drei andere türkische Schiffe erlitten schweren Schaden.
Asien.
Nach Meldungen der „St. Petersburger T. elegraphen⸗ agentur“ ist das Ersuchen der inneren Mongolei um Organi⸗ sation der Selbstverwaltung vom Präsidenten Manschikai ab⸗ gelehnt worden.
Trotz offizieller Gegenmaßnahmen dauert die anti⸗ russische Agitation ungeschwächt an. Die Agitatoren ver⸗ sichern der Bevölkerung, daß ein bewaffneter Zusammenstoß zwischen Rußland und China unvermeidlich sei. Der Handels⸗ verein in Mukden hat durch Rundschreiben die Vereine in Kirin, Charbin und Zizikar aufgefordert, russisches Geld und russische Waren zu bohkottieren. 8 8
Parlamentarische Nachrichten.
Bei der gestrigen Reichstagsersatzwahl im Wahl kreise Reuß ä. L. wurden nach dem vom „W. T. B.“ ver⸗ breiteten vorläufigen amtlichen Wahlergebnis insgesamt 14 698 Stimmen abgegeben. Davon entfielen auf den Kauf⸗ mann Cohen⸗Frankfurt a. M. (Soz.) 7865, auf den Syndikus Dr. Stresemann⸗Dresden (natl.) 5302 und auf den Amts⸗ gerichtsrat Lattmann⸗Schmalkalden (deutschsozial) 1531 Stimmen. Ein Wahlbezirk mit 33 Wahlberechtigten steht noch aus. Cohen ist also gewählt. 8
11““
Bei der Ersatzwahl eines Mitglieds des Hauses der Abgeordneten, die am 19. d. M. in den Kreisen Kreuznach, Simmern und Zell, Regierungsbezirk Koblenz, stattfand, wurde an Stelle des verstorbenen Abg. D. Hacken⸗ berg (nl.) nach amtlicher Feststellung, wie W. T. B.“ be⸗ richtet, der Pfarrer Oertel (nl.) mit 351 Stimmen gewählt gegen 24 Stimmen, die auf den Landwirt Knebel (Bund der Landwirte) fielen.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Auf der Braunkohlengrube „Glückauf“ in Lichtenau rat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, die Belegschaft des Boege ⸗ schachts wegen eines Lohnabzugs, der nicht vereinbart gewesen sei, in den Ausstand. Vermutlich folgen die Belegschaften des Albertschachts und des Rosenbergschachts nach.
Die Diamantschleifer des Odenwaldes sind, wie die Köln. Ztg.“ erfährt, in eine Lohnbewegung eingetreten, die auch e einem Betrieb zu einem Ausstand geführt hat, weil die Schleiferei⸗ anternehmer mit Rücksicht auf die schlechte Geschäftslage einen Neindeftlohntarif oder Arbeitszeiteinschränkungen einfuhren wollten. Begeblich soll eine ähnliche Lohnbewegung auch auf die übrigen
jamantschleifereien im Reich ausgedehnt werden. “
9 4 zcroieer 1 8 81 Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.
Kunst und Wissenschaft.
8 die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt am 8 ezember eine Gesamtsitzung unter dem Vorsitz ihres Sekretars
S. Diels. Herr Martens las über die 82bn sis von Feüuerbiegeversuchen, die in den Jahren 1892 bis 1912 vom Feniglichen Materjalprüfungsamt in Groß Lichterfelde ausgeführt sind. 8 nusführliche Bericht wird im nächsten Jahrgang der Mitteilungen lestemts erscheinen. — Herr von Wilamowitz⸗M. oellendorff Moeiir. Iliaspapyrus P. Morgan von U von Wilamowitz⸗ besi en dorff und Dr. O. Plaumann. J. Ptierpont Morgan vesitzt ein Papyrusbuch, enthaltend Ilias XI XVI fast vollständig
aus der Zeit um n. Chr. Dessen Lesarten werden mitgeteilt und sein Wert beurteilt. 8 1 — S
Der Vorsitzende erinnerte an die hundertjährige Wiederkehr des Geburtstages von Adalbert Kuhn (19. November 1812), der von 1872 bis 1881 der Akademie als Mitglied angehörte, und legte im Auftrage seines Sohnes, des Prof. Hr. Ernst Kuhn in München, das von ihm aus dem Nachlaß soeben herausgegebene Werk vor: Mythologische Studien von Adalbert Kuhn. Zweiter Band. Gütersloh 1912. — Vorgelegt wurde ein neu erschienenes Heft der Ergebnisse der Planktonexpedition der Humboldtstiftung: Die Copepoden. I. Die Cotycaeinen. Bearb. von M. Dahl. Kiel und Leipzig 1912.
Zu wissenschaftlichen Unternehmungen hat die Aka⸗ demie bewilligt: durch die physikalisch mathematische Klasse dem Assistenten der Königlichen Biologischen Anstalt auf Helgoland Dr. Hugo Weigold zur Ausführung einer ornithologischen Unter⸗ suchungsreise nach Portugal und Spanien 1000 ℳ, durch die
hilosophisch⸗ historische Klasse dem Professor Dr. Arthur Ungnad in Jena zur Kollationierung der im Britischen Museum aufbewahrten altbabylonischen Briefliteratur 400 ℳ und der Verlagsbuchhandlung Joh. Ambr. Barth in Leipzig für Vol. II, sectio 2, fasc. 1 des Corpus inscriptionum Etrus- carum 725 ℳ.
In der am 12. Dezember unter dem Vorsitz ihres Sekretärs Herrn Diels abgehaltenen Sitzung der philosophisch⸗historischen Klasse las Herr Seckel über die Sum men der Glossatoren. Die Anfänge der Systematik in der nachrömischen Rechtswissenschaft gehen zum Teil auf die Summenliteratur der romanistischen Glossa⸗ torenschule zurück. Im Rahmen einer Geschichte der Titelsummen des 12. und des beginnenden 13. Jahrhunderts wurde gezeigt, welche Stellung der — von Savigny dem Hugolinus als alleinigem Verfasser zugeschriebenen — Summa Digestorum zukommt. Die Summa ist durch etwa 50 Handschriften in mehreren Rezensionen über⸗ liefert. Die Rezensionen spiegeln die allmähliche Entstehung des Werkes wider. In die Verfasserschaft teilen sich Johannes Bassianus, Azo, Bulgarus und Hugolinus. — Herr Kuno Meyer legte vor: Zur keltischen Wortkunde. II. Es werden u. a. die folgenden altirischen Wörter behandelt: aicned „Natur“ aus *ad-geniton, ambracht „Gewaltspruch“ aus *an⸗- bricht, Cruthen „Pikte“ = altkymr. Pryten, esarn „Firnewein“ aus vex -hibernum, epit, „Hippe“ aus ves-benti, giall-cherd „Hul⸗ digungsakt“. Ein gallo⸗lateinisches Wort su-apte „wohlangemessen“ wird bei Virgilius Grammatikus und in der irischen Latinität nach⸗ gewiesen. — Vorgelegt wurde von Herrn Norden sein Werk Agnostos Theos. Untersuchungen zur Formengeschichte religiöser Rede. Leipzig⸗Berlin 1913, ferner das von dem korrespondierenden Mitglied Sir Edward M. Thompson in London eingesandte Werk: An Introduction to Greek and Latin Palaeography. Orford 1912. — Herr Erman legte die von dem Professor Heinrich Schäfer in Berlin veröffentlichte, von der Akademie unterstützte nubische Ueber⸗ setzung der Evangelien vor, die von dem Nubier Samuel Ali Hisén verfaßt ist.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz des Sekretars Herrn Planck abgehaltenen Sitzung der physikalisch⸗mathe⸗ matischen Klasse legte Herr Nernst zwei Arbeiten vor: 1) Unter⸗ suchungen über die spezifische Wärme. VI. von W. Nernst und F. A. Lin demann, 2) Untersuchungen über die spezifische Wärme. VII. von W. Nernst. Es wird die kürzlich von Debye aufgestellte Formel an den Messungen des Vortragenden geprüft und ihre gute Uebereinstimmung mit den Beohachtungen nachgewiesen. Im Anschluß daran wird eine Theorie der Konstitution fester Stoffe entwickelt. In der zweiten Arbeit wird erörtert, inwieweit durch die neue Formel die Verwendung des vom Vortragenden entwickelten Wärmetheorems beeinflußt wird.
Literatur.
— Von der Geologie Deutschlands von Professor Johannes Walter in Halle a. S. ist überraschend schnell eine neue Auflage notwendig geworden, die kürzlich im Verlag von Quelle u. Meyer in Leipzig erschienen ist (geb. 9,40 ℳ). Der Verfasser geht in diesem für Lehrer wie für gebildete Laien bestimmten Buche von den Formen der heimatlichen Landschaft aus und nimmt aus der Fülle des geologischen Stoffes zunächst diejenigen Gebiete heraus, die erfahrungsgemäß den Anfänger besonders zu interessieren pflegen. So werden in dem ersten, die gestaltenden Kräfte be⸗ handelnden Teile des Werkes das Landschaftsbild im all⸗ gemeinen, der Wechsel der Geländeformen, Abtragung, Auf⸗ lagerung, Senkung, Verkittung, Hebung, das Gleichgewicht der Erde, Erdbeben, Vulkanismus, die Umprägung der Faltenkerne und die geologischen; ormationen besprochen. Der zweite Teil bietet dann etne geologische Geschichte Deutschlands unter Berücksichtigung der Nachbargebiete, und im dritten erst werden die einzelnen, geologisch eigenartigen Landschaften charakterisiert. In der vorliegenden Auflage ist diese bewährte Einteilung beibehalten, im einzelnen aber die Dar⸗ stellung sorgfätig durchgearbeitet, ergänzt und erweitert worden. Neu hinzugekommen sind Abschnitte über Erdb ben, Geländeformen und über das Mainzer Becken. Die beigegebenen Abbildungen wurden gleichfalls verbessert und um 50 Textbilder vermehrt: neue, anschauliche Landschaftsbilder wurden hinzugefügt und eine Reihe Tierbilder beleben die Schilderungen der verschiedenen geo⸗ logischen Zeiten. Die farbige geologische Karte wurde völlig neu und hat an Uebersicht und Klarheit erheblich gewonnen.
as Buch dürfte sich in seiner neuen Fassung viele neue Freunde er werben. Lehrern, die ihre Schüler in die Geologie einzuführen Ge⸗ legenheit haben, bietet es trefflich gruppierte und durchgearbeitete, zu⸗ verlässige Grundlagen, und Erwachsene, die selbständig auf diesem hochinteressanten, aber schwierigen Gebiet sich grundlegende Kenntnisse erwerben wollen, fin en in ihm einen umsichtigen Führer. — Aehnliche Absichten verfolgt der Professer Dr. R. von Hanstein mit seiner im gleichen Verlage erschienenen Biologie der Tiere (geb. 8 ℳ). Das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten werden die Tiere als Einzelwesen behandelt. Bewegung, Stoffwechsel und Reizbarkeit, Stütz⸗ und Schutzvorrichtungen, Fort⸗ pflanzung, Entwicklung und Regeneration in den verschiedenen Formen, Farben und Leuchtorgane werden hier besprochen. Der zweite Teil zeigt das Tier als Glied der Gesamtnatur, seine Beziehungen zur Umgebung, den klimatischen Verhältnissen, seinem Wohnort, zur Pflanzen⸗ welt sowie diejenigen zwischen Tieren gleicher und verschiedener Art. Die Darstellung ist gemeinverständlich, sodas der gebildete Laie schnell Fhbanc mit dem reichen Stoffe gewinnt; sie wird zudem durch zahlreiche, gut gewählte und sorgfältig ausgeführte Blilder unter⸗ stützt Die gewissenhafte Scheidung von Annahmen und von Er⸗ ebnissen der wissenschaftlichen Forschung, die als Tatsachen gelten önnen, hat der Verfasser sich besonders angelegen sein lassen. Das Buch genügt also auch in dieser Hinsicht den Forderungen, die namentlich an volkstümliche Darstellungen gestellt werden müssen, und die nicht zuletzt zum Schaden wissenschaftlicher Erkenntnis leider in vielen naturwissenschaftlichen Schriften außer acht gelassen werden.
„— Im 100. Bande der bei Quelle und Meyer in Leipzig er⸗ scheinenden Einzeldarstellungen aus allen Gebieten des Wissens „Wissenschaft und Bildung“ bietet der Professor Dr. Paul Herre in Leipzig in Bild und Wort einen anregenden und lehrreichen Ein⸗ blick in die deutsche Kultur des Mittelalters. Die irrige Bewertung des Mittelalters als eines Zeitalters geistiger Finsternis, von der Wissenschaft längst richtig gestellt, ist in Lafenkreisen noch immer nicht überwunden. Hier möͤchte das vorliegende Buch aufklärend wirken. Der Verfasser hat mit Recht den Hauptnachdruck auf das Bilder⸗ material gelegt; er will das deutsche Leben und Schaffen im Mittel⸗ alter unmittelbar durch den Augenschein wirken lassen; der im An⸗ hang beigefügte Text soll dann nur das Geschaute im einzelnen erläutern und zu sorgfältigem Betrachten anleiten. Das Bilder⸗ material wird auf 112 Tafeln in geschickter Auswahl und über⸗ sichtlicher Anordnung geboten. Anerkennung verdient es dabei, daß
Professor Herre sich bei der Auswahl der Bilder streng darauf be⸗
schränkt hat, ausschließlich die deutsche Kultur jener Zeit zu be⸗ schreiben. Es war ja verlockend, die Aeußerungen der zeitweilig überlegenen und zu jener Zeit weit weltlicher gearteten italienischen und französischen Kultur heranzuziehen; bei der durch den Umfang des Buches gebotenen Beschränkung hätte das aber nur hüenh geschehen können, und der einheitliche Charakter der Dar⸗ tellung wäre dadurch unliebsam verwischt worden. Bei der Auswahl der Bilder ist ferner darauf Bedacht genommen, daß alle deutschen Stämme und Landschaften Deutschlands berücksichtigt und tunlichst unbekannte, in verbreiteten Handbüchern und Illustrationswerken nicht bereits vorgeführte Gegenstände in die Tafeln aufgenommen wurden. Das Bildermaterial ist in drei Abteilungen ge⸗ gliedert: Zeitalter der Völkerwanderung und der Frankenherrschaft, allgemeine Kultur, einzelne Stände. Der Verlag hat dies Bändchen, das als das 100, eine Art Jubiläumsband darstellt, durch ein größeres Format und größeren Umfang sowie durch bessere Ausstattung aus der Reihe der Bändchen der Sammlung b ers hervorgehoben. Es kostet in Leinen 2,50 ℳ.
8 Kurze Anzeigen
neu erschienener Schriften, deren Se vorbehalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wilhelm⸗ straße 32, zu richten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.
Das Lied der Parzen. Roman von Alfred Schirokauer. 4 ℳ; gebdn. 5 ℳ. Berlin W. 57. Deutsches Verlagshaus Bong u. Co.
N. us einer Reichsunmittelbaren Herrschaft Franzosenzeit von H. von Strauch. Gebd. 4 ℳ. — Herzen der Menschen. Novellen von Elsbeth S Gebdn. 3 ℳ. Kattowitz, Phönix⸗Verlag Siwinna. 1
Sieben große Staatsmänner. Sarpi, Grotius, Thomasius, Turgot, Stein, Cavour, Bismarck. Von A. D. White. 6 ℳ gebdn. 7,50 ℳ. München, Ernst Reinhardt.
Heitere Lebensweisheit. Plauderstunden mit der Jugend von C. Wagner. Aus dem Französischen übersetzt von C. Fuhr mann mit einem Vorwort von Geh. Ober⸗Reg.⸗Rat Dr. ₰ Norrenberg. Gebdn. 3 20 ℳ. Leipzig, Quelle u. Meyer.
Der IJdealismus Schillers als Frlebnis und Lehre. Von Dr. Felix Kuberka. 4,20 ℳ. Heidelberg, Carl Winters Universitätsbuchhandlung.
„Für mein Vaterland! Das gegenwärtige Militär⸗ flugwesen und die Militärluftschiffahrt der europäischen Großmächte von Willy Hahn. Mit 134 Abbildungen au Kunstdrucktafeln. Gebdn. 7 ℳ. Charlottenburg, C. J. E. Volck
mann Nachf.
„Die Vollstreckung in die Rechte des Abzahlungs⸗ käufers und des Möbelleihers. Von Dr. jur. Gottfried Kuhnt. 2,20 ℳ. — Lehrbuch des Deutschen Konkursrechts. Für das akademische Studium Von Professor Dr. Georg Klein⸗ feller. 4,50 ℳ; gebdn. 5,40 ℳ. Berlin W. 9, Linkstr. 16. Franz Vahlen.
Guttentagsche Sammlung Preußischer Gesetze Nr. 50: Gesetz, betr. die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften. Vom 2. Juli 1875. Textausgabe von O. Meyer. 3 ℳ. Berlin W. 39, Genthinerstr. 38. J. Guttentag.
Unsere Geschesprache von P. Sommer, Amtsgerichts⸗ rat a. D. Vom a gemeinen Deutschen Sprachverein preisgekrönte Arbeit. 0,60 ℳ. Berlin SW. 11, Tempelhofer Ufer 35a.
der Grenzboten.
Kritische Bemerkungen zu den Beschlüssen der Deutschen Strafrechtskommission (Allgemeiner Teil des Vorentwurss) von Dr. Justus Olsh usen. 1,30 ℳ. Berlin W. Linkstr. 16. Franz Vahlen. v“ “
Verlag
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Bauwesen.
Einen Wettbewerb für ein Lutherdenkmal auf der Feste Coburg schreibt der Vorsitzende des Denkmalausschufses unter Reichsdeutschen mit Frist bis 20. April 1913 aus. Als Kosten des Denkmals sind 80 000 ℳ angegeben, zu Preisen sind 12 000 ℳ vor⸗ gesehen, und zwar ein erster zu 5000 ℳ, ein zweiter zu 3000 ℳ, ein dritter zu 2000 ℳ, ein vierter und fünfter zu je 1000 ℳ. ls Preisrichter wirken u. g. die Architekten: Professor Bodo Ebhardt in Berlin, Stadtbaurat Dr. Hans Grässel in München und Gebheimer Baurat Dr. Ludwig Hoffmann in Berlin; die Bildhauer: Professoren Adolf Brütt, Hugo Lederer und Joseph Rauch in Berlin und Adolf Hildebrandt in München; der Maler Akademieprofessor Angelo Jank in München. Die Unterlagen sind für 3 ℳ vom Schriftführer des Ausschusses Pfarrer Kipp in Grub a. F. bei Coburg zu beziehen. Dieser Betrag wird den Bewerbern zurückerstattet. b b
Berkehrswesen. Postkarten, die durch Zusammenkleben von zwei gleichgroßen Papierteilen hergestellt sind, werden, wenn sie in Form, Größe und Papierstärke nicht wesentlich von den durch die Post ausgegebenen Postkartenformularen abweichen, und wenn die beiden Teile der hens Fläche nach aufeinandergeklebt sind, sowohl im inneren deut⸗ chen Verkehr, als auch im Verkehr mit Oesterreich, Ungarn und .““ zur Beförderung gegen die Postkartentaxe zu⸗ gelassen.
„Die in Bern versammelte Internationale Kommission für technische Einheit im Eisenbahnwesen (Aufstellung einer allgemeinen Begrenzungslinie für Güterwagen und allgemeiner Bestimmungen über die Querschnittmaße der Wagen und Laͤd ngen) hat, wie „W. T. B.“ meldet, einstimmig das Schlußprotokoll ange⸗ nommen. Vertreten waren zehn Staaten. Man stellte durch Formel die Voraussetzungen des Normaltransitwagens fest, der dann auf die Linien aller Vertragsstaaten übergehen kann, ohne daß wie bisher an der Grenze eine besondere Prüfung nötig wäre, sowie durch Tabellen die Vorschriften für die Begrenzungsmaße der Beladung. Die Wagen, die solche Voraussetzungen erfüllen, führen das internationale Transitzeichen „T“*.
Ein interessantes Ergebnis lieferte die Untersuchung von gebrochenen Schienen, die die New⸗York⸗Zentraleisenbahn hat vornehmen lassen. Wie die Zeitung des Vereins deutscher Eisen⸗ bahnverwaltungen mitteilt, ergab sich hierbei, daß etwa ⅛ der Brüche in schnell befahrenen Personenzuggleisen und nur etwa in Gäter gleisen vorgekommen sind. Ein Beweis dafür, daß die Geschwindigkeit der Züge die Gleise mehr mitnimmt als die Schwere der Verkehrs Ferner wurde die merkwürdige Tatsache festgestellt, daß anuch wieder etwa ⅛ der Brüche im linken Schienenstrang vorkamen, während auf den rechten Schienenstrang entfieken. Diese Verteilung ist nicht zum ersten Male beobachtet worden, sondern frühere Untersuchungen hatten dasselbe Ergebnis gehabt. Eine Erklärung für diese eigenartige Erscheinung kennt man bis heute noch nicht. Es mag noch erwähnt sein, daß etwa ¾ der Brüche aus geraden Gleisen stammen, ¾¼ aus gekrümmten Gleisen. Die meisten Schienenbrüche sind auf Herstellungsfehler der Schienen zur ückzuführen. Interessant ist noch die Tatsache, daß der weitaus größte Teil der Schenenbrüche dadurch ermittelt wurde, daß die selbsttätigen elektrischen Eisenbahn⸗ signale durch die Stromunterbrechung infoige des Schienendruchs versagten, ein Vorteil der elektrischen Strockensicherung, dessen B deutung ganz hervorragend ist. 1