1912 / 305 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Dec 1912 18:00:01 GMT) scan diff

Das im Jahre 1909 in Sunderland aus Stahl erbaute, bisher unter russischer Flagge gefahrene Dampfschiff „Sjewer“ hat durch den Uebergang in das ausschließliche Eigentum der offenen Handelsgesellschaft in Firma Mahler u. Protzen in Hamburg das Recht zur Führung der deutschen Flagge erlangt. Dem Schiffe, für welches die Eigentümerin Hamburg als Heimatshafen angegeben hat, ist von dem Kaiserlichen Konsulat in Wladiwostok unter dem 20. November 1912 ein Flaggen⸗

zeugnis erteilt worden. 8

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem eee 2e9e et v im Ministerium der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten, Wirklichen Geheimen Oberregie⸗ rungsrat D. von Chappuis und dem Ministerialdirektor in demselben Ministerium, Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat Dr. von Bremen den Charakter als Wirklicher Geheimer

Rat mit dem Prädikat Erzellenz zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem in Allerhöchstihrem Geheimen Zivilkabinett angestellten Geheimen Registrator Fritz Abel den Charakter als Hofrat zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Geheimen Oberbaurat Andersen in Berlin⸗Friedenau zum ordentlichen Mitgliede der Akademie des Bauwesens, den Städtischen Baurat Dr.⸗Ing. Grässel in München, den Stadtbaurat a. D. Kiehl in Neukölln, den Geheimen Hofrat, Professor Engels in Dresden und den Geheimen Oberbaurat Wittfeld in Berlin⸗Halensee zu außerordentlichen Mitgliedern der bezeichneten Körperschaft zu ernennen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Pfarrer Paul Pies in Grefrath zum Stiftsherrn bei dem Kollegiatstift in Aachen und

den bisherigen Kreisschulinspektor Emil John aus Dt. Eylau zum Seminardirektor zu ernennen sowie

der Wahl des Oberlehrers an der Leibnizschule in Han⸗ nover, Professors Dr. Rudolf Graefenhain zum Direktor des X“ selbst die Allerhöchste Bestätigung zu erteilen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem Mitglied der Generalkommission, Regierungsrat Hans von Katzler in Breslau, dem Spezialkommissar, Regierungs⸗ rat August vener in Brilon, dem Spezialkommissar, Re⸗ gierungsrat Wilhelm Peine in Paderborn und dem Vorsteher der Preußischen Moorversuchsstation, Professor Dr. Bruno Tacke in Bremen den Charakter als Geheimer Regierungsrat,

dem Spezialkommissar, Oekonomierat Max Schlüter in Wetzlar den Charakter als Landesökonomierat mit dem per⸗ sönlichen Range der Räte vierter Klasse,

dem Spezialkommissar, Oekonomiekommissar Friedrich Claus in Stolzenau und dem Spezialkommissar, Oekonomie⸗ kommissar Adolf Burhenne in Homberg den Charakter als Oekonomierat und

dem Kreistierarzt Wilhelm Scheffer in Bad Wildungen den Charakter als Veterinärrat zu verleihen.

geistlichen Unterricht

angelegenheiten. Dem Seminardirektor John ist das Direktorat des Lehrer⸗ seminars in Krotoschin verliehen worden.

Dem Schultechnischen Mitarbeiter bei dem Provinzial⸗ schulkollegium in Berlin Gerhard Zeller, dem Schultechnischen Mitarbeiter bei dem Provinzialschulkollegium in Königsberg i. Pr. Walter Glage, dem Schultechnischen Mitarbeiter bei dem Provinzialschulkolleglum in Magdeburg Otto Schumann, dem Schultechnischen Mitarbeiter bei dem Provinzialschul⸗ kollegium in Hannover Dr. Wilhelm Lucke, dem Schul⸗ technischen Mitarbeiter bei dem Provinzialschulkollegium in Koblenz Dr. Joseph Brüggemann und dem Maler Felir Possart in Berlin ist der Titel Professor verliehen worden.

8

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Die Oberförsterstelle Taubenfließ im Regierungs⸗ bezirk Marienwerder ist zum 1. Februar 1913 zu besetzen. Bewerbungen müssen bis 5. Januar 1913 hier eingehen. 8

Ministerium des Innern.

Bei dem Ministerium des Innern ist der Rechnungsrat Kurzawa zum Bureauvorsteher ernannt worden.

5 Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 37 der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter Nr. 11 240 die Verordnung, betreffend Abänderung des Artikel I der Verordnung zur Ausführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 12. Juli 1910 (Gesetzsamml. S. 111), vom 16. Dezember 1912, und unter

Nr. 11 241 den Staatsvertrag zwischen Preußen und Waldeck über den Anschluß der in den Fürstentümern Waldeck und Pyrmont wohnhaften Aerzte an die Aerztekammer der preußischen Provinz Hessen⸗Nassau, vom 24.,25. Oktober 1912. Berlin W. 9, den 2. Dezember 1912.

8 Khänigliches Gesetzsammlungsamt.

8 Krüer.

8 8 v“ 111 Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. S. 357) sind bekannt gemacht: 8 1) der am 11. Oktober 1912 Allerhöchst vollzogene Nachtrag zu dem Statut für die Genossenschaft zur Entwässerung von Moor⸗ brüchen bei Lalkau in Milewken im Kreise Marienwerder vom

28. November 1898 durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Marienwerder Nr. 48 S. 544, ausgegeben am 28. November 1912; 2) der Allerhöchste Erlaß vom 11. Oktober 1912, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Reckling⸗ hausen für den Bau und Betrieb des Hauptsammelkanals der Ka⸗ naltsationsanlage für Recklinghausen⸗Altstadt, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 47 S. 421, ausgegeben am 21. November 1912: 3.,) der Allerhöchste Erlaß vom 21. Oktober 1912, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Aktiengesellschaft Barmer Bergbahn in Barmen für die Anlage einer Kleinbahn von Solingen über Kohlfurtherbrücke nach Kronenberg, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Düsseldorf Nr. 47 S. 527, ausgegeben am 23. November 1912;

4) das am 21. Oktober 1912 Allerhöchst vollzogene Statut des Muskau⸗Lugknitzer Deichverbandes in Muskau im Kreise Rothenburg i. O. L. durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Liegnitz Nr. 49 S. 382, ausgegeben am 7. Dezember 1912;

5) das am 25. Oktober 1912 Allerhöchst vollzogene Statut für die Stertmoorgenossenschaft in Einstellige Höfe im Kreise Bremer⸗ vörde durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stade Nr. 46 S. 409, ausgegeben am 15. November 1912;

6) das am 28. Oktober 1912 Allerhöchst vollzogene Statut für die Genossenschaft zur Entwässerung der Sorgeniederung in Norder⸗ stapel im Kreise Schleswig durch das Amtsblatt der Regierung zu Schleswig Nr. 54 S. 597, ausgegeben am 23. No⸗ vember 1912;

7) der Allerhöchste Erlaß vom 4. November 1912, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an die Stadtgemeinde Erfurt für die E eines neuen Begräbnisplatzes, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Frhurk Nr. 46 S. 321, ausgegeben am 16. November 1912; b

8) das am 4. November 1912 Allerhöchst vollzogene Statut für die Lübsowbach⸗Genossenschaft in Greifenberg i. Pomm. im Kreise Greifenberg durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stettin Nr. 48 S. 561, ausgegeben am 29. November 1912.

Angekommen: Seine Erzellenz der Staatsminister und Minister für Land⸗ wirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer aus der Rheinprovinz.

Nichtamtliches. Deutsches eiz.

Preußen. Berlin, 24. Dezember 1912.

Der Königlich württembergische Gesandte Freiherr von Varnbüler von und zu Hemmingen hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Militärbevollmächtigte, Generalmajor von Graevenitz die Geschäfte der Gesandtschaft.

Der Königlich norwegische Gesandte von Ditten hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt zunächst der Legationsrat Huitfeldt und vom 27. d. M. ab der Legationssekretär Raeder die Geschäfte der Gesandtsch aft.

8 8

Meldung des „W. T. B.“ sind am 22. d. M. S. M. S. „Emden“ in Hongkong, S. M. S. „Luchs“ in Singapore, S. M. S. „Jaguar“ in Nanking, S. M. S. „Cormoran“ in Auckland auf Neuseeland und S. M. „Gneisenau“ in Amoy eingetroffen.

In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist mit der Veröffentlichung eines Ueberblicks über den Entwurf des Staats⸗ haushaltsetats für das Etatsjahr 1913 begonnen; sie wird am Freitag fortgesetzt werden.

8

Bayern.

Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Ludwig hat, wie die „Korrespondenz Hoffmann“ meldet, an das Gesamtstaatsministerium ein Handschreiben gerichtet, durch das die Geheimkanzlei weiland Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten Luitpold von Bayern aufgehoben wird. Alle militärischen Angelegenheiten sind künftig Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten durch den vortragenden Generaladjutanten zu unterbreiten, die Be⸗ sorgung der übrigen Kanzleigeschäfte überträgt der Prinz⸗Regent seinem Kabinett, in das die Beamten der Geheimkanzlei über⸗ nommen werden. Zum Chef des Kabinetts wird der Ministerialdirektor von Dandl ernannt. Gleichzeitig hat der Regent das Entlassungsgesuch des bisherigen Chefs der Geheim⸗ kanzlei Freiherrn von Wiedenmann genehmigt.

8

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser Franz Joseph hat den neuernannten serbischen Gesandten Jovanowitsch gestern in Audienz empfangen und sein Beglaubigungsschreiben entgegengenommen.

Wie „W. T. B.“ meldet, hat nach Mitteilungen von zuständiger Seite der 1-S.. Gesandte in Belgrad von Ugron den serbischen Ministerpräsidenten Pasitsch, als dieser am Sonnabend das Bedauern der serbischen Regierung wegen der militärischen Uebergriffe gegen den Konsul Prochaska aussprach, mit den Genugtuungs⸗ forderungen Oesterreich- Ungarns bekannt gemacht. Man erwartet, daß die serbische Regierung durch Erfüllung dieser Forderungen, über deren Inhalt noch nichts verlautet, die Angelegenheit in befriedigender Weise regeln wir

Großbritannien und Irland.

Die Friedenskonferenz trat gestern nachmittag unter dem Vorsitz des serbischen Vertreters Novakovitsch zusammen und vertagte sich nach fast anderthalbstündiger Sitzung auf Sonnabend vormittag. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ bestanden die türkischen Vertreter nicht auf der Verproviantierung Adrianopels und zogen ihre Einwendungen gegen die griechischen Vertreter endgültig zurück. Novakovitsch legte die Friedens⸗ bedingungen vor. Die Türken verlangten Frist zur Durch⸗

beratung der Bedingungen.

Forderungen der verbündeten Bal

Wie das „Reutersche Bureau“ I umfassen die anstaaten folgende

Punkte: 1) Abtretung des gesamten Gebiets westlich der Linie, die von einem Punkte östlich von Rodosto am Marmarameer bis zur Bai

von Malatra im Schwarzen Meer sich erstreckt, mit Ausschluß der

Halbinsel von Galipoll.

2) Abtretung der Inseln des Aegäischen Meeres.

3) Verzicht der Türkei auf alle Rechte auf die Insel Kreta.

Die Albanien betreffende Frage überläßt man der Ent⸗ scheidung der Mächte.

Frankreich.

Die Parlamentssession ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern geschlossen worden.

Der von der Regierung zur Bekämpfung der Ent⸗ völkerung eingesetzte Ausschuß hat einen Beschlußantrag an⸗ genommen, wonach die zum Millitärdienst für untauglich be⸗ fundenen Leute von ihrem 22. bis 34. Lebensjahre alljährlich oder alle zwei Jahre von einer militärärztlichen Kommission untersucht und im Eignungsfalle als Reservisten eingestellt werden sollen. Dadurch würde die Armee an 350 000 Mann gewinnen und die durch die Abnahme der Geburten verursachte Lücke ausgefüllt werden. 8

Rußland. 8

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ ist gestern ein Allerhöchster Erlaß veröffentlicht worden, nach dem die Verbreitung folgender militärischer Nachrichten verboten ist: über die Kriegsbereitschaft der Armee und der Flotte, über den Stand der Reparaturarbeiten an Kriegs⸗ schiffken sowie über die Bewaffnung und die sonstigen Eigen⸗ schaften von im Bau begriffenen oder geplanten Kriegs⸗ schiffen, über die Menge des Kriegsmaterials bei den Truppenteilen und an den befestigten Punkten sowie in Häfen oder auf Kriegsschiffen, über den eisernen Bestand an Vorräten der Armee und Flotte, über vermehrte Tätigkeit in Fabriken, die Bestellungen der Armee⸗ und Marineressorts übernommen haben, über den gegenwärtigen Stand und die Bestimmung von Festungen, Forts, Kriegshäsen und Flotten⸗ basen und die daselbst im Gange befindlichen Arbeiten, über die Ausdehnung befestigter bezw. der Grundpunkte und über die Absicht zur Anlegung neuer bezw. Beseitigung bestehender Festungen usw., über Kriegsmanöver und Schießübungen der Flotte, über Revisions⸗ bezw. Probemobilisation von Armee⸗ und Flottenteilen, über Einstellung, Beurlaubung und Zurückberufung von beurlaubten Militärs und Reservisten zu ihren Truppenteilen, über Truppenbewegungen zur Grenze, Manöver in der Nähe der enzen sowie über Befrachtung und Zusammenziehung von Schiffen in den Häfen, über Armee⸗ und Flottenmaßnahmen Rußlands im Auslande. Diese An⸗ ordnung hat Wirkungskraft für Jahresfrist vom Tage der

Veröffentlichung ab.

2 1

Der Prinz Achmed Fuad hat, einer Meldung de „Korrespondenz Wilhelm“ zufolge, der italienischen Regierung seine Kandidatur für den Thron Albaniens offiziell bekann gegeben. 8 Spanien. Der Senat hat gestern, einer Meldung des „W. T. B. zufolge, den französisch⸗spanischen Marokkovertra angenommen. 8

9

Schweden. Der schwedische Minister des Auswärtigen, de dänische und der norwegische Gesandte haben nach einer

Meldung des „W. T. B.“ am 21. Dezember folgende De⸗

klaration unterzeichnet: 1 3

Nachdem die dänische, die norwegische und die schwedische Re gierung zu dem Zwecke Verhandlungen eingeleitet haben, einheitliche, mit den im Haag unterzeichneten vertragsmäßigen Bestimmungen übereinstimmende Neutralitätsregeln festzusetzen, und diese Verhand⸗ lungen in allen prinzipiellen Punkten zur Einigung geführt haben, sind sie in richtiger Einschätzung der Bedeutung der Tatsache, daß di 8 so glücklich bestehende Einigkeit auch in Zukunft erhalten wird, uüber⸗ eingekommen, daß keine der drei Regierungen an den von ihnen gut geheißenen Regeln eine Aenderung vornehmen wird, ohne vorher di beiden anderen Regierungen zeitig genug davon unterrichtet zu haben, sodaß eir Meinungsaustausch über die Angelegenh tfinden

Türkei.

Ein vorgestern abgesandtes Telegramm des türkischen Flottenkommandanten besagt laut Meldung des „W. N 1“

Die ottomanische Flotte hat, um sichere Nachrichten über di feindliche Flotte zu erhalten, eine Erkundungsfahrt unternommen. Sie traf zwischen Tenedos und Imbros auf eine Division von sechs feind lichen Torpedobootszerstörern, gegen die sie das Feuer eröffnete. D. Torpedobootszerstörer wurden in die Flucht geschlagen, ebenso ein fein liches Unterseeboot. Sodann näherte sich die ottomanische Flott Tenedos und beschoß die griechischen Stellungen. Auch mit einer

zweiten feindlichen Flotte entspann sich auf eine Entfernung von

14 000 Yards ein Feuergefecht. Unsere Flotte verhinderte eine An näherung der feindlichen Flotte. Da es bereits spät war, kehrte sie um, ohne irgend einen Schaden erlitten zu haben. Wegen der großen Entfernung konnte der dem Feinde zugefügte Schaden nicht fest⸗

gestellt werden. Aber der Zweck der Erkundung wurde vollkommen

erreicht.

Wie der „Agence d'Athenes“ aus Kastoria gemeldet wird, haben die Türken Koritza geräumt und sich im

Engpaß von Kiari unter Artilleriedeckung verschanzt. Sie wurden von einem Teil der griechischen Armee verfolgt und nach längerem Kampf gezwungen, sich in der Richtung nach Liaskoveki zurückzuziehen. Die Griechen setzten die folgung fort.

Aus Ochrida wird ferner gemeldet, daß sich den Serben in Podgor 18 türkische Offiziere und 247 türkische Soldaten ergeben haben, denen von den griechischen Truppen die Rück⸗ zugslinie verlegt worden war.

Der König hat einen Ukas unterzeichnet, durch den da Moratorium bis Ende März verlängert wird.

Betreffs des Schrittes des Ministerpräsidenten Pasitsch in der Angelegenheit der öste rreichisch⸗ungarischen .8e, wird vom „W. T. B.“ folgende amtliche Meldung verbreitet:

Da nach dem Standpunkt der österreichisch⸗ungarischen Regierung, wie er in dem offiziellen Communiqué zum Ausdruck kam,

die Frage bezüglich der Angelegenheit der Konsuln als eine

leichte Verletzung der Prinzipien des Völkerrechts betrachtet

wurde, drückte der Ministerpräsident zugleich als Minister des Aeußern, um dazu beizutragen, daß die Angelegenheit endgültig ge⸗ regelt wird, dem österreichisch⸗ungarischen Gesandten in Belgrad im Namen der Regierung sein Bedauern aus über die Rechtsverletzungen

5 8

subalterner Militärbehörden den Konsuln gegenüber. Er erklärte sich zu einer Genugtuung in folgender Weise bereit: Sobald die öster⸗ reichisch⸗ungarischen Konsuln nach Prizrend und Mitrowitza zurück⸗ gekehrt sind und die österreichisch⸗ungarische Fahne gehißt haben, werden ihnen die üblichen Ehren erwiesen werden. ““

6 Bulgarien.

In der von einer Kommission der Sobranje aus⸗ gearbeiteten Antwort auf die Thronrede wird erklärt, die Abgeordneten verfolgten mit Interesse die in der Hoffnung, daß der abzuschließende Vertrag Bulgarien gerechte Genugtuung verschaffen werde, und wenn zur Erreichung dieses Ergebnisses die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten als unausweichlich erschiene, sei die nationale Vertretung zur Fort⸗ setzung des Krieges bereit.

In der Sobranje hielt der Ministerpräsident Geschow eine Rede, in der er vpach dem Bericht des „W. T. B.“ ausführte:

Der Regierung werde ihre Verantwortung durch die rührende Einmütigk it und die patriotische Begeisterung des Volkes erleichtert. Leider hätten die Friedensdelegierten ihre eigentlichen Arbeiten noch nicht begonnen. Es sei unzulässig, jetzt die Verproviantierung der belagerten Plätze vorzuschlagen. Da Bulgarien Grund zu der Annahme habe, daß der Friede von den Großmächten auf⸗ richtig gewünscht werde, könne es, wenn der Feind den Frieden unmöglich mache, ebenso sehr auf frische Kräfte der Ver⸗ bündeten, wie auf die Sympathie mächtiger internationaler Faktoren rechnen. Die Ereignisse bewiesen die Nichtigkeit der Ge⸗ rüchte, daß der Balkanbund erschüttert sei. Der Friede werde Bulgarien zum einzigen Nachbarn der Türkei machen. Es liege im Interesse der Türkei, den unnützen Krieg mit dem künftigen Nachbar einzustellen und so rasch wie möglich einen dauernden Frieden abzu⸗ schließen. Die Sobranje möge überzeugt sein, daß die Regierung alles tun werde, um den Frieden abzuschließen, der unter ungeheuren Opfern Bulgariens erwirkt wird.

Nach dem Ministerpräsidenten ergriffen nacheinander die Führer aller Parteien das Wort und billigten rückhaltlos die Politik der Regierung. Die Redner drückten die Hoffnung aus, daß die Friedensverhandlungen in London zum Abschluß eines der großen Opfer des Landes würdigen Friedens führen werden, wobei sie ihren Optimismus auf die Unmög⸗ lichkeit einer türkischen Offensive, die unausbleibliche Kapitu⸗ lation der belagerten Plätze und auf die Ratschläge stützten, die die Mächte nicht ermangeln würden, der Türkei zu erteilen. Wenn jedoch der Frieden nicht abgeschlossen werde, würden die politischen Parteien, wie die Redner ausführten, auch weiterhin der Regierung ihre Unterstützung zur Fort⸗ führung des Krieges gewähren. Sie verlangten, daß der Besitz

alles dessen, was die bulgarischen Waffen eroberten, von der Diplomatie des Landes geschützt werde, und daß, wenn die Negierung Konzessionen mache, diese gering seien. Die Diplomatie Bulgariens werde, wenn sie so handele, Europa einen Dienst erweisen, das dann keine Ver⸗ wicklungen auf dem Balkan mehr zu fürchten haben werde. Die Redner erklärten dann, sie müßten, ohne die Be⸗ stimmungen des Abkommens zu kennen, das die Mitglieder des Balkanbundes verbinde, empfehlen, daß die Teilung der eroberten Gebiete auf der Grundlage des Nationalitätenprinzips geschehe und im Verhältnis zu der Zahl der Truppen und zu den Verlusten, die jeder einzelne der Verbündeten erlitten habe. Die bulgarische Nation verlange für sich, daß Mazedonien in seinen Grenzen ohne Ausschluß von Saloniki ungeteilt bleibe. Unter dieser Bedingung allein würden die Verbündeten ihren Bund aufrechterhalten, festigen und von jeder ausländischen Bevormundung freihalten können. Sämtliche Reden wurden

mit lebhaftem Beifall aufgenommen. .

Amerika.

Das merikanische Abgeordnetenhaus hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ eine allgemeine Erhöhung der Einfuhrzölle um 5 Proz. beschlossen.

Die mexikanischen Aufständischen unter dem Befehl Pascuel Orozcos haben sich des Ortes Casa Grande bemächtigt.

Die chilenische Deputiertenkammer hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Regierung zu energischen Maß⸗ nahmen gegen den Trust der Getreide⸗ und Mais⸗ exporteure aufgefordert, die die für den Seetransport von Getreide und Mais bestimmten Schiffe in der wucherischen Absicht aufkaufen, die Preise für Getreide und Mais zum Schaden der Produzenten so weit wie möglich herabzudrücken.

8

Asien.

Die Verletzung, die der Vizekönig von Indien Lord ge bei dem gestern gemeldeten Anschlage erlitten hat, esteht in einer tiefen, vier Zoll langen Wunde, die das Schulterblatt bloßlegt. Außerdem hat er einige Hautwunden an der rechten Hüfte und im Nacken erhalten. Wie durch ein Wunder ist er dem Tode entronnen. Den Bombenwerfer hat man bisher nicht gefaßt. Auf seine Ergreifung ist in lohnung von 10 000 Rupien ausgesetzt.

Parlamentarische Nachrichten.

Bei der gestrigen Reichstagsersatzwahl im Wahl⸗ kreise Köslin 1 (Stolp⸗Lauenburg) sind, wie „W. T. B.“ meldet, nach den vorläufigen amtlichen Ermittlungen insgesamt 24 453 gültige Stimmen abgegeben worden. Davon entfielen auf den Rittergutsbesitzer von Boehn⸗Deutsch Buckow (Kons.) 15 241, auf den Vereinsdirektor Schwuchow⸗Steglitz (Fortschr. Vpt.) 6464, auf den Parteisekretär Sieckfeldt⸗Danzig (Soz.) 2389, auf den Buchdruckereibesitzer Cz yzews ki⸗Danzig (Pole) 330 Stimmen. Zersplittert waren 29 Stimmen. Vier Wahl bezirke stehen noch aus. Die Wahl von Boehns ist gesichert.

Bei der Reichstagsersatzwahl im Wahlkreis Reuß ä. L. am 19. d. M. sind obiger Quelle zufolge nach den amtlichen Ermittelungen insgesamt 14 717 gültige Stimmen abgegeben worden. Davon haben der Kaufmann Cohen⸗Frankfüurt am Main (Soz.) 7873 Stimmen, der Syndikus Dr. Stresemann⸗Dresden (natl.) 5304 und der Amts gerichtsrat Lattmann⸗Schmalkalden (deutschsozial) 1539 Stimmen erhalten. Cohen (Soz.) ist also gewählt. 8

oloniales.

Die Frage des Reisbaues in den deutschen Kolonien.

Bei den kürzlich gepflogenen Verhandlungen des Vorstands des Kolonialwirtschaftlichen Komitees wurde u. a. auch die Frage des Reisbaues in den Kolonien behandelt. Auf Anregung des Referenten, Direktors Dr. Hindorf, wurde vom Komitee im Hinblick auf die Bedeutung einer Reisversorgung unserer Kolonien durch Ver⸗ mebhrung der Produktion in Deutsch Ostafrika allein wird jährlich indischer Reis im Werte von über 2 ½ Millionen Mark eingeführt beschlossen, die folgenden Leitsätze anzunehmen:

Der Reisbau ist in unseren Kolonien überall dort, wo er guten Erfolg verspricht, nach Möglichkeit zu fördern, und zwar zur Verbesserung der Ernährungsverhältnisse in den Kolonien selbst, zur Verringerung der Reiseinfuhr in den Kolonien, zur Ermöglichung einer späteren lohnenden Reisausfuhr und ferner wegen der Vorteile, die ein ausgedehnter Reisbau in landwirtschaftlich⸗kechnischer Beziehung und für die Aus⸗ bildung der Eingeborenen zu süchtigen Ackerbauern verspricht. Zu⸗ nächst sind die Gouvernements von Deutsch Ostafrika, Kamerun, Togo und Neuguinea zu bitten, umfangreichere Erhebungen als bisher über den Reisbau anstellen zu lassen, und zwar über die Größe, die Anbau⸗ flächen, über Anbauverfahren, Reissorten, Erträge usw., ferner über die Möglichkeit der weiteren Ausdehnung des Reisbaues, unter Berück⸗ sichtigung des Baumwollbaues und des Anbaues anderer Lebensmittel sowie der Arbeiterfrage. Das Komitee erklärt sich bereit, seine Mit⸗ wirkung an den Bestrebungen einer Vermehrung des Reisbaues zu⸗ nächst durch Beschaffung von Saat und Lieferung von Reisschäl⸗ maschinen zu besonders günstigen Zahlungsbedingungen zur Verfügung zu stellen. b

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Kiel wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß die ausständigen Arbeiter der Germaniawerft gestern beschlossen haben, nach⸗ dem die Streitigkeiten mit der Werftverwaltung behoben sind, heute die Arbeit wieder aufzunehmen. (Vergl. Nr. 303 d. Bl.)

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)

8 Kunst und Wissenschaft

Vom 1. Januar 1913 ab werden die Kunst⸗ und Kultur⸗ geschichtlichen Sammlungen des Germanischen National⸗ museums in Nürnberg an Wochentagen von 10—3 Uhr, an Sonn⸗ und Feiertagen von 10—2 Uhr geöffnet sein. Wiederholt und oft ist von den Besuchern des Museums darüber Klage geführt worden, daß sie infolge der seither üblichen Mittagspause gezwungen seien, die Besichtigung der Sammlungen zu unterbrechen. Dem soll durch die Neueinteilung der Besuchsstunden nunmehr abgeholfen werden. Am Sonntag und vom 1. Oktober bis zum 30. April auch am Mittwoch ist der Eintritt frei. An den übrigen Tagen beträgt das Eintrittsgeld je 1 Mark für die Person und 3 für Gesell⸗ schaften bis zu fünf Personen. Für Kinder ist ein Eintrittsgeld von 50 zu zahlen. Am 1. Januar, Karfreitag, Ostersonntag, Himmel⸗ fahrtstag, Pfingstsonntag und am 25. Dezember bleiben die Samm⸗ lungen geschlossen. Im Winter sind die Räume geheizt.

Amerikanische zoologische Expedition nach dem Kongo. Seitdem der frühere Präsident der Vereinigten Staaten, Col. Roosevelt, durch die Ausbeute seiner erfolgreichen Jagdexpedition nach Britisch Ostafrika die Museen seiner Heimat in umfassender Weise bereichert hat, sind in vielen Teilen des Kontinents ameri⸗ kanische Zoologen in gleicher Absicht tätig, um wenigstens durch die Museen für die Nachwelt Exemplare der afrikanischen Tierwelt zu erhalten, die jetzt noch vorhanden sind. Am Kongo arbeitet zu diesem eine vom Amerikanischen Museum für Naturwissenschaften in ew York entsandte Expedition unter Leitung der Herren Lang und Chapin. Nach Nachrichten vom 21. August befand sie sich, wie „Petermanns Geogr. Mitteilungen“ berichten, in Faradje und stand im Begriff, nach Avpakubi aufzubrechen und von dort den Rück⸗ weg an die Westküste zu bewerkstelligen.

Land⸗ und Forstwirtschaft

Ernteergebnisse in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Das endgültige Ernteergebnis für Minnesota, Nord⸗ und Süd⸗Dakota und Montana im Jahre 1911, wie es sich nach der darstellt, ist in den nachstehenden Tabellen nieder⸗ gelegt.

B. = bestellte Fläche. D. = Durchschnittsertrag vom Acre (40,47 a). E. = geerntete Menge. P. = Preis 8 der Farm am 1. November in Cents. W. = Gesamtwert in Dollars.

Minnesota 1911.

BF. D. 8. 1 W. Weizen . 4 350 000 10,1 43 935 000 43 056 300 Mais . . . . 2 200 000 33,7 74 140 000 40 035 600 Hafer 2 948 000 22,8 67 214 000 26 885 600 Roggen... . 240 000 4 488 000 3 635 300 Gerste 1 475 000 28 025 000 27 184 300 Leinsamen. . . 400 000 32 000 000 210,6 6 739 200

Doll. 147 536 300

Norddakota 1911. Weizen 9 150 000 8 73 200 000 94 qVPqP1111“ 7 250 000 66 Hafer 2 180 000 23,5 51 230 000 39 Roggen.... 36 000 16,6 598 000 74 442 500 Gerste 1 050 000 19,5 20 475 000 83 16 994 300 Leinsamen. . . 1 200 000 7,6 9 120 000 210,6 19 206 700

Doll. 130 216 200

68 808 000 4 785 000 19 979 70⁰0

Süddakota 1911. Weizen 3 700 000 4 14 800 000 93 172 50 820 000 56 Hafer 1 540 000 7,4 11 396 000 41 I168900 10 130 000 77 Gerste 1 020 000 5,4 5 508 000 89 4 902 100 Leinsamen ... 607 000 5,3 3 217 000 210,6 6 775 000

Doll. 58 672 800

13 764 000 28 459 200 4 672 400 100 100

8 Mgontana 1911. Winterweizen. 229 000 31,7 7 259 000 81 5 879 800

Sommer⸗ weizen. 200 000 5 040 000 81 4 082 400 616 21 165 000 39 8 254 400 Roggen ... 8 000 184 000 70 128 800 1 070 000 57 609 900

Gerste 31 000 Leinsamen.. 425 000 3 272 000 2190,6 6 890 800 Doll. 25 8 46 100.

Eine endgültige Statistik für 1912 wird erst in etwa vierzehn Tagen veröffentlicht werden. Nach der letzten Statistik, der der

Erntestand vom 1. November d. J. zu Grunde liegt, würde das Er⸗ gebnis wie folgt sein:

Minne sota 1912. . 3 BF. 182 E.

Weizeln 4 220 000 15,8 66 676 000 Mais 2 266 000 37,5 84 975 000 Hafer 22 948 000 41,7 122 932 000 Roggen 362 000 16,6 6 026 000 11 28,2 42 018 000 Leinsamen. 133,4

52 674 000 40 788 000 31 962 300

3 254 000

19 328 300

5 712 200 .153 718 800

Norddakota 1912

Weizen 88 144 000 18 146 592 000 I . 8656600 26,7 8 758 000 Hafer 2 311 000 96 138 000 Roggen 48 000 864 000 Gerste. 1 176 000 34 927 000 12 923 000 Leinsamen. 12 571 000 16 769 700 8 Doll. 165 879 500 üddakota 1912. 14,2 52 540 000 30,6 76 347 000 33,8 52 052 000 20 320 000 887 000 26 23 062 000 619 000 8,5 5 262 000

108 478 000 4 203 800 23 073 100 432 000

38 879 600 31 302 300 13 533 500 188 800

9 916 700 7 019 500

. 100 840 400

Leinsamen.

8 Montana 1912. Winterweizen. 25,5 7 420 000

Sommer⸗

220 000 24 5 280 000 Hafer 476 000 49,5 23 562 000 Roggen ... 9 000 24,2 218 000

1 406 000 843 600

Gerste... 37 000 38 Leinsamen. 574 000 12 6 888 000 133,4 9188 600 Doll. 27 521 300

5 045 600

3 590 400 8 717 900 135 200

Gesamtwert. 1911 1912

147 536 300 153 718 800 130 216 200 165 879 600 58 672 800 100 840 400. 25 846 100 27 521 300

Doll. 362 271 400 Doll. 447 960 100

Die Zahlen dieser Statistik müssen den Anschein erwecken, als ob den Farmern die diesjährige Ernte rund 85 000 000 Dollar oder etwa 25 % mehr als im vorigen Jahre eintragen wird. Dem⸗ gegenüber muß darauf hingewiesen werden, daß die Produktionskosten in diesem Jahre höher waren als im vergangenen, nicht nur wegen des Leutemangels und des dadurch verursachten Steigens der Löhne, sondern auch wegen der durch die größere Menge der Ernte verursachte Erhöhung der Transport⸗ und Lagerkosten. (Bericht des Kaiserlich Konsuls in St. Paul vom 2. Dezember 1912.)

Montana ....

Theater und Musik.

Am gestrigen Dienstagnachmittag eröffnete die gefeierte russische Tänzerin Anna Pawlowa ihr Gastspiel mit einer Vorstellung vor geladenem Publikum. Man wußte, was man zu erwarten hatte. Ihre außerordentliche Schulung und natürliche Veranlagung für Musik und Rhythmus im Verein mit einer hinreißenden Ausdrucksfähigkeit und vollendeten Anmut konnte man wieder in einer ganzen Reihe mannigfacher Tanzszenen, die zum Teil hier schon bekannt waren, bewundern, so besonders in den Tänzen „Der Schwan“, „Der Schmetterling“ „Valse caprice“ sowie in dem „Bacchanale“ aus den „Vier Jahreszeiten“ von Glazounoff. Einen durch die geschmeidige Kraft und Gewandtheit seines wohlgestalteten Körpers ausgezeichneten Partner hatte Fräulein Pawlowa in Herrn Novikoff. Eine erstaunliche Fußtechnik entwickelte auch wieder Herr Schirajeff in seinem hier schon oft vorgeführten bejubelten Matrosentanz. Auf hoher Stufe der Aus⸗ bildung und Entwicklung stehen auch alle anderen Mitglieder der Fräulein Pawlowa begleitenden Truppe. Es wird sich noch im Ver⸗ laufe des Gastspiels Gelegenheit finden, auf das von den will⸗ kommenen Gästen Geleistete und auf das Neue, was sie uns bringen wollen, näher einzugehen. 1““

Nun hat auch das Deutsche Theater sein Weihnachtsmärchen für roße und kleine Besucher, denn gestern wurde Maurice Maeter⸗ incks Märchenspiel „Der blaue Vogel“ zum ersten Male dort

aufgeführt. Der blaue Vogel ist das Glück, jenes Glück, das der Dichter sucht und das ihm das letzte Geheimnis alles Seins enthüllen soll; aber den echten blauen Vogel wird er ewig suchen und niemals fangen. Er begnüge sich mit dem, den er daheim im Käfig hat, und der, wenn man ihn recht betrachtet, genug von den Pigen⸗ schaften besitzt, die jenem fremden Vogel zugeschrieben werden, nach dem er vergebens alle Fernen durchschweift. So etwa lautet für die Großen der tiefere Sinn des Märchens, das für die Kleinen nur der wunderbare Weihnachtstraum der Kinder eines armen Holzhackers ist, der in bunter Farbenpracht an den Augen auf der Bühne vorüberzieht. Tyltyl, der zehnjährige Held des Stückes, und Mytyl, sein jüngeres Schwesterchen, liegen in der Weihnacht in ihren Betten und schlafen, als plötzlich heller Lichter⸗ lanz sie weckt. Sie stürzen ans Fenster und sehen drüben im Schlosse der Reichen die Kerzen des Weihnachtsbaumes brennen und freuen sich über all die schönen Sachen und das Naschwerk, die dort den Kindern der Reichen beschert werden, als hätten sie selbst Teil daran. Plötzlich klopft es stark an die Tür, und eine alte häßliche Frau tritt ein. Tyltyl glaubt in ihr die Nachbarin Berlingot zu erkennen, aber die Alte weist diese Zumutung schroff zurück; sie sei die Zauberin Berylune und be⸗ fehle ihnen, sofort in die Welt zu fahren und den blauen Vogel zu suchen, den sie für ihr. Töchterchen brauche. Aber Tyltyl kann sich von dem Anblick am Fenster nicht trennen, weil es dort im Schlosse so schön sei. „Bei Dir ist es ebenso schön“, versetzt die Fee, „Du siehst es nur nicht“. Und aus ihrem Sack zieht sie ein grünes Hütlein, darauf ein wundersamer Diamant sitzt, der die Eigenschaft hat, wenn man ihn dreht, seinen Träger das wahre Wesen der Dinge sehen zu lassen. Alsbald macht nun Tyltyl den Versuch und sogleich wird alles in der Stube lebendig. Aus der alten Wanduhr treten zwölf schöne Jungfrauen und führen einen lieblichen Tanz auf, aus dem Backtrog steigt als wohl beleibter Herr das Brot, aus dem Kamin kommt als roter Springteufel das Feuer, aus dem Wasserhahn das Wasser als schönes Mädchen, das sich stets mit dem Feuer zankt, Milch und Zucker nehmen Gestalt an, auch die treue Seele des Hundes kann nun ungehindert mit den Kindern sprechen und die Katze läßt zwischen ihrem Miau menschliche Laute vernehmen. Zu allerletzt kommt ein bherrliches Wesen durchs Fenster herein, das Licht. Tyltvl und Mvtyl freuen sich über diese stattliche Schar von Freunden, die sie jetzt erst idrem wahren Wesen nach erkennen, und nun geht es auf Geheiß der Fee mit ihnen hinaus auf die Suche nach dem dlanen Vogel. Sie suchen ihn nun vergeblich im Palast der Nacht, dessen Geheim⸗ kammern sie aufschließen, im nächtlichen Wald, auf dem Frieddof. wo sie nur erkennen, daß es keine Toten gibt, und im Land der Er⸗ die Abgeschied der Gestalt ewig fortleden

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