1913 / 27 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Jan 1913 18:00:01 GMT) scan diff

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1 ““ 111A4“ 1.“ 8 die Geoidformen für ausgedehnte Gebiete abzuleiten, sondern auch durch der Gleichgewichtslehre eine genaue Ableitung des allgemeinen Erdellipsoids zu erzielen. Ein großartiges Unter⸗ nehmen auf dem Gebiete der Gradmessungen hat der englische Astronom Sir David Gill eingeleitet, indem er eine Breitengrad⸗ messung durch ganz Afrika nahe dem Meridian von 30 östlicher Länge eingeleitet und fast in der ganzen südlichen Hälfte hat durch⸗ führen lassen. Auch in der nördlichen Hälfte ist schon ein ansehn⸗ licher Teil gemessen. Die Schweden und Russen haben wertvolle Breitenmessungen auf Spitzbergen, die Franzosen in Peru angestellt. Ueber alle diese Arbeiten geben die Verhandlungs⸗ berichte durch die Landesberichte sowie Sonderberichte einen guten Ueber⸗ blick. Die Ergebnisse der Erdmessung bilden eine wichtige Be⸗ reicherung unserer Kenntnis vom Erdkörper für die Geographie, Geologie und Erdbebenforschung, indem sie Licht nicht nur auf die Einzelformen der Erdgestalt werfen, sondern auch auf ihre Ursachen: die Massenverteilung in der Erdkruste. Die Ver⸗ änderungen des Erdkörpers durch Erdbeben wie auch durch langsam wirkende Kräfte werden sorgfältig studiert, wofür sich schon der Geographenkongreß von 1881 und neuerdings der eeen ponh von 1903 interessierte. Auch die Deformationen des Erdkörpers dur die Anziehung von Mond und Sonne sind immer schärfer beobachtet worden, was in Verbindung mit Daten der Breitenvariation und der Erdbebenforschung über die Starrheit des Erdinnern interessante Auf⸗ schlüsse gewährt hat und zu weiteren Forschungen Anlaß gibt.

Verkehrswesen.

Die nach Berlin einberufene Konferenz der am nord⸗ atlantischen Verkehr beteiligten Schiffahrtsgesell⸗ schaften ist, wie „W. T. B.“ mitteilt, gestern abend beendet worden. Die deutschen, britischen, französischen, belgischen, holländischen, ruffischen, österreichischen und skandinavischen Reedereien waren durch ihre Direktoren vertreten. Eine Einigung mit der Canadian Pacific⸗Gesellschaft wurde nicht erzielt. Die Gesellschaften beschlossen einstimmig, ihre Vereinigung auch ohne die Mitwirkung der Canadian Pacific fortzuführen. Die österreichische Schiffahrts⸗ gesellschaft Austro⸗Americana kündigte an, daß sie sich entschlossen habe, einen regelmäßigen Dampferdienst zwischen Triest und Canada einzurichten.

Laut Telegramm aus Saßnitz ist das Fährschiff zum Zuge D 18 mit 35 Minuten Verspätung von Trelleborg abgegangen und trifft voraussichtlich mit 2 Stunden Verspätung in Sahßnitz ein. Grund unbekannt, vermutlich Sturm.

Verdingungen. 1“ Italien. 1“

Staatliche Anstalt für Wertpapiere in Turin. 11. Februar 1913, Vormittags 11 Uhr: Lieferung von 9000 kg Scheidewasser, 15 000 kg weißem Glyzerin, 2000 kg weißer Glykose und 1500 kg gelbem Zucker. Sicherheit 3500 Lire.

Ebenda. 10. Februar 1913, Vormittags 11 Uhr: Lieferung von 9000 kg weißen Lumpen für die Zeit vom 1. Juli 1913 bis 30. Juni 1916. Sicherheit 800 Lire. 1

Ebenda. 12. Februar 1913, Vormittags 10 Uhr: Lieferung einer

roßen Menge Papier verschiedener Art. Sicherheit 6000 Lire. Näbzeres in italienischer Sprache beim „Reichsanzeiger“.

Marineministerium in Rom und gleichzeitig die Generaldirek⸗ tionen der Königlichen Arsenale in Spezia, Neapel, Venedig und Tarant. 11. Februar 1913, Vormittags 11 Uhr: Lieferung von Klappbettstellen für Seeleute in 2 Losen zu je 108 000 Lire. Sicherheit für jedes Los 10 800 Lire. Näheres in italienischer Sprache beim „Reichsanzeiger“.

3. Feldartillerieregiment in Bologna. 3. Februar 1913, Vor⸗ mittags 10 Uhr: Lieferung einer großen Menge von Zaum⸗ und Sattelzeug und sonstigen Pferdeausrüstungsstücken in 10 Losen. Ge⸗ samtwert 72 662,90 Lire, Gesamtsicherheit 7266 Lire. Näheres in italienischer Sprache beim „Reichsanzeiger“.

Bürgermeisteramt von Cuorgnè. 14. Februar 1913, Vor⸗ mittags 10 Uhr: Bau eines Schulhauses. Voranschlag 159 656,45 Lire. Vorläufige Sicherheit 17 000 Lire, Kontraktspesen 3500 Lire. Endgültige Sicherheit o der Zuschlagssumme. Zeugnisse bis 12. Februar 1913. Näheres in italienischer Sprache beim „Reichs⸗ anzeiger“.

6] 1“ 11“ Direktion des Militärkommissariats des 8. Armeekorps in

Florenz. 10. Februar 1913, Vormittags 10 Uhr: Lieferung von 200 000 m Halbleinen für Unterfutter in 20 Losen zu 10 000 m. Sicherheit für jedes Los 300 Lire. Ablieferung bis 15. März 1913 an das Zentralmilitärmagazin in Florenz. Näheres in italienischer Sprache beim „Reichsanzeiger“.

Theater und Musik.

m Königlichen Schauspielhause spielt morgen, Sonn⸗ abend, in Schillers „Wilhelm Tell“ Herr Eduard Pötter vom Stadt⸗ theater in Stettin die Titelrolle und Herr Werner Lotz von der Neuen Wiener Bühne den Melchthal als Gast. Im übrigen lautet die Besetzung: Geßler: Herr Zimmerer; Attinghausen: Herr Eggeling; Rudenz: Herr Boettcher; Stauffacher: Herr Kraußneck; Walter Fürst: Herr Mannstädt; Gertrud: Frau Meyer; Hedwig: Frau Butze: Berta: Fräulein Wittenberg; Armgart: Fräulein von Arnauld; Parricida: Herr von Ledebur; Leuthold: Herr Vollmer. Die nächsten Neuheiten des Königlichen Schauspielhauses werden nach Richard Strauß'⸗Hofmannsthals „Ariadne auf Naxos“ (zu spielen nach Molières „Bürger als Edelmann“) das Drama „Veit Stoß“ von Tim Klein und „Die drei Brüder von Damaskus“ von Alexander

Zinn sein.

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Mannigfaltiges. 8 Berlin. 91. Jamar 109139.

Die Stadtverordneten genehmigten in ihrer gestrigen Sitzung zunächst ohne nennenswerte Erörterung die Magistrats⸗ vorlage, nach der dem Verein „Neue Freie Volksbühne“ eine Hypothek von 2 000 000 gewährt werden soll. Man war allgemein der Ansicht, daß die Stadt bei dieser Unterstützung des Vereins, der ideale Ziele verfolgt, kein Risiko eingeht und ander⸗ seits der von dem Verein geplante Theaterbau eine Zierde der ganzen Scheunenviertelgegend werden und eine Steigerung des Verkehrs herbeiführen werde. Zur Beantwortung stand sodann die schon vor längerer Zeit gestellte und noch unerledigte Anfrage der Stadtv. Dr. Knauer und Gen. wegen der Zusammenlegung der Einzelpolizeireviere zu Großrevieren. Zu diesem Thema hat der Polizeipräsident von Jagow dem Magistrat eine längere Auskunft über Wesen und Bedeutung dieser neuen polizeilichen Organisation gegeben. In der Aussprache über die Angelegenheit war die Mehrzahl der Redner der Ansicht, daß der Neuregelung ein gesunder Gedanke zu⸗ grunde liege. Nach einem kurzen Schlußwort des Stadtv. Dr. Knauer wurde der Gegenstand, ohne daß ein Beschluß zur Sache gefaßt worden wäre, verlassen. Die Versammlung beschäftigte sich im weiteren Verlaufe der Sitzung mit einer Magistratsvorlage, die beträchtlich erhöhte Mittel dem Zentralverein für Arbeitsnachweis bewilligen, andererseits aber auch der Stadtverwaltung einen größeren Einfluß auf die Ver⸗ waltung des Arbeitsnachweises verschafft wissen will. Die Vorlage wurde einem Ausschuß zur Vorberatung überwiesen. Es folgte die Vorlage, betreffend die Neuordnung des Berliner Rettungs⸗ wesens. Der Magistrat ersuchte die Versammlung um folgende Beschlußfassung: „Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, 1) daß die bis herigen Rettungswachen und Unfallstationen in Zukunft Rettungsstellen genannt innerhalb des Berliner Weichbildes die Grundlagen für das städtische Rettungswesen bilden; daß die bisherigen Unfallstationen von dem Kuratorium der Unfallstationen vom Roten Kreuz zu diesem Zwecke übernommen werden; daß letzterem für das in den Unfall⸗ stationen befindliche Inventar und Instrumentarium, soweit es am 1. Mai 1909 schon vorhanden war, eine Entschädigung von etwa 9000 gezahlt wird. Dieser Betrag wird im Etat 1913 in Ausgabe erscheinen. 2) Daß der ärztliche Dienst in den künstigen städtischen Rettungsstellen sowie die Uebernahme und Abfindung der bisherigen ärztlichen Angestellten nach Maßgabe der in einer Anlage zur Vorlage beigefügten Grundsätze geregelt wird.“ Die Vorlage, die allseitige Zustimmung fand, wurde angenommen. An die öffent⸗ liche schloß sich eine geheime Sitzung.

Auf der Bahnstrecke Spandau Heerstraße, wo zurzeit unmittelbar neben dem Schienenstrang Fernsprechkabel gelegt werden, ereignete sich gestern nachmittag, wie hiesige Zeitungen melden, ein verhängnisvolles Unglück. Drei Arbeiter, die zur Seite getreten waren, um einen Güterzug vorbeifahren zu lassen, gerieten auf das

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wurden von dem herannahenden D⸗Zug Köln Berlin überfahren und getötet. Im Laufe des Abends gelang es, einen der Getöteten als den Arbeiter Hasse aus Seegefeld zu erkennen. Die Persönlichkeiten der beiden anderen Toten konnten

noch nicht festgestellt werden.

Am Donnerstag, Freitag und Sonnabend, den 6., 7. und 8. Fe⸗ bruar, finden in den Morgenstunden internationale wissen⸗ schaftliche Ballonaufstiege statt. Es steigen Drachen, be⸗ mannte oder unbemannte Ballons in den meisten Haupistädten Europas auf. Der Finder eines jeden unbemannten Ballons erhält eine Belohnung, wenn er der jedem Ballon bei⸗ gegebenen Anweisung gemäß den Ballon und die Instrumente sorg⸗ fälgts 8” und an die angegebene Adresse sofort telegraphisch Nach⸗ richt sendet.

Ein Deutscher Krippenverband blldete sich gestern im Kaiserin Auguste Victoria⸗Hause in einer unter dem Vorsitze des Kabinettsrats a. D, Kammerherrn von Behr⸗Pinnow geleiteten, sehr zahlreich besuchten und aus allen Teilen Deutschlands von Vertretern von Krippenvereinen beschickten Versammlung als selbständige Abteilung der Deutschen Vereinigung für Säuglingsschutz. Die e Berichte hatten Dr. Böhm⸗Frankfurt a. M. und Oberarzt Dr. Rott⸗Berlin übernommen. Nach anregender Aussprache wurde ein aus 17 Mitgliedern bestehender Ausschuß zur Vorbereitung der technischen Fragen eingesetzt. Zu dessen Vorsitzenden wurde der Hofrat Meier⸗München, zum Schriftführer der Oberarzt Rott ernannt.

Königsberg, 30. Januar. (W. T. B.) Heute nachmittog waren vier Arbeiter am Eisenbahnfort, das gegenwärtig niedergelegt wird, mit Abbruchsarbeiten beschäftigt, als einer der Arbeiter auf einen unter dem Boden verborgen liegenden Sprengkörper stieß. Es erfolgte eine Explosion, durch die alle vier Arbeiter mehr oder weniger schwer verletzt wurden. Drei der Arbeiter, die aus der Provinz Posen stammen, wurden in das Krankenhaus gebracht; der vierte konnte die Unfallstelle ohne Hilfe verlassen. An dem Auf⸗ kommen eines der Arbeiter wird gezweifelt.

Hirschberg i. Schlesien, 31. Januar. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht tobte ein gewaltiger Sturm, der zahlreiche Schneeverwehungen im Gefolge hatte. Auf dem Bahnhof Merz⸗ dorf der Strecke Breslau —Hirschberg richtete der Sturm schweren Schaden an, warf Signalstangen um und machte Weichen unbrauchbar. Infolgedessen mußte der Verkehr auf der Strecke Hirschberg Ruhbank heute früh vollständig eingestellt werden. Der Verkehr von Hirschberg nach Breslau wurde über Schmiedeberg— Landeshut geleitet. Der Zeitpunkt, an welchem der Verkehr wieder aufgenommen werden kann, ist noch unbestimmt.

Dresden, 31. Januar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Der um 5 Uhr 35 Minuten von Reichenau nach Zittau abgefertigte Personenzug wurde unweit von Reichenau durch den orkan⸗ artigen Sturm umgeworfen. Ein Personenwagen ist ver⸗ brannt. Fahrgäste sind nicht verletzt. Bis auf weiteres ist nur der Verkehr zwischen Zitkau und Waldoppeledorf möglich. Weitere Einzelheiten sind bis jetzt nicht bekannt.

Dundee, 30. Januar. (W. T. B.) Während der Feierlichkeit aus Anlaß der Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt an den Premierminister Asquith kam eszu lärmenden Kundgebungen. Asquith wurde, als er auf eine an ihn gerichtete Ansprache erwiderte, andauernd von Anhängerinnen es Frauenstimmrechts unterbrochen. Eine Frau, die Asquith einen Verräter nannte, wurde unter großem Lärm hinausbefördert. Als man dann fortfuhr, eine der Kundgebenden nach der anderen hinauszuschaffen, packte die Frauen der Schrecken. Sie ergriffen vor ihren Verfolgern die Flucht und wollten von einer Galerte zwanzig Fuß tief hinabspringen. Man hielt sie jedoch noch im letzten Augenblick zurück. Schließlich ließ der Lärm nach und Asquith konnte weiter sprechen.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

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Theater.

Königliche Schauspiele. abend: Opernhaus. 31. Abonnementsvor⸗ stellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Zum 50. Male: Manon. Oper in vier Akten und sechs Bildern 8 von J. Massenet. Tert von H. Meilhac Struße.

zauber.

Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Henrik Ibsen. von Strauß. Regie: Herr Oberregisseur Droescher. Ballett: Herr Ballettmeister Graeb. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 32. Abonnementsvor⸗ stellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind auf⸗ gehoben. in 5 Aufzügen von Friedrich Schiller. Regie: Herr Eggeling. (Wilhelm Tell:

Montag: Brand.

Herr Eduard Pötter vom Stadttheater und Heinat. Abenbs: Das Prinzip. Montag: Die versunkene Glocke.

in Stettin als Gast. Arnold vom Melch⸗ thal: Herr Werner Lotz von der Neuen Miener Bühne als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 32. Abonnements⸗

aus Fegs enbes und Gegenwart von Joseph Lauff. Die zur hörende Musik unter teilweiser Benutzun vorhandener Originalmelodien von Ieseph Schlar. Anfang 7 ½ Uhr. Schauspielhaus. 33. Abonnementsvor⸗ Rette stellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind auf⸗ gehoben. Wieselchen. Lusftspiel in drei Akten (mit freier Benutzung einer Idee von Gyp) von Leo Lenz. Anfang 7 ½ Uhr. theater.)

Retter in der Not.

der Not.

Deutsches Theater. Abends 7 ½ Uhr: Der blaue Vogel. Sonntag: König (2. Teil.) Montag: Faust, 1. Teil. Kammerspiele. DSonnabend, Abends 8 Uhr: Schöne Frauen. Sonntag: Schöne Frauen. Montag: Mein Freund Teddy.

Konzert. Abends:

Berliner Theater. Sonnabend, Nach⸗ Henrik Ibsen. mittags 3 ½ Uhr: Philotas. Hierauf: Der zerbrochene Krug. Abends Lear. 8 Uhr: Filmzauber. Große Posse mit schlacht. Gesang und Tanz in 4 Akten von Rudolf Bernauer und Rudolph Schanzer.

Streladorf.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Große Rosinen. Abends: Filmzauber. Sonn⸗ Montag und folgende Tage: Fil

Theater in der Königgrützer Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: und Ph. Gille. Deutsch von Ferd. Gumbert. Brand. Drama in fünf Akten von

Sonntag: Die fünf Frankfurter.

se Dienst⸗ nements, Komüdienhaus. Sonnabend, Abends gräfin. vorstellung. Die Dienst⸗ und Freiplätze sowie 8 Udrr Bes Heünter tn der Mot. Luft⸗ Musik von Leo Fall.

die Reservate im 1 V. Rang sind aufgehoben. 8 Uhr S 2 1b iel. spiel in drei Akten von Franz von Schön⸗ Kerkyra. Ein Festspiel. Zwei Bilder han und Rudwlf Presber⸗

„Sponntag, Nachmittags 3 Uhr: Der ng ge rote Leutnant. Abends 8 Uhr: Der Studentengräfin.

Montag und folgende

Schillertheater. o. (Wallner⸗ 7 ½ Uhr: Zum ersten Male: Die Sonnabend, 1

1 vnr; venf und v . 8 Akten von Léon Jessel. i fünf Aufzügen von Karl Gutzkow. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Wolkenkratzer. Eine amerikanische Komödie in drei Akten von Heinrich IV. Carl Rößler und Ludwig Heller. Sonnabend, Abends 8 ¼ Uhr: Majolika. von Emmi Knoche

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das S 5 2 er August Bieler g ch Schwank in drei Akten von Leo Walther Fheig. ag. gec ehlttnon

M d fol 8 . Blüthner-Saal. Sonnabend, Abends d : 2 . d ontag und folgende Tage a⸗ 8 Uhr: Konzert von Alma Moodie Direktne ae wortlücher Charlottenburg.

riel Acosta. Montag: Wolkenkratzer.

Charlottenburg. Sonnabend, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Wallensteins Tod. jolika. Trauerspiel in fünf Aufzügen von Friedrich Schiller. Abends 8 Uhr: Hedda Gabler. Schauspiel in vier Akten von

Montag: Des Pfarrers Tochter von

Deutsches Opernhans. (Char⸗

Abends 8 Uhr: Eugen Onegin.

Hochzeit. Abends: Oberon. Montag: Eugen Onegin.

8 Uhr: Der Frauenfresser. Operette in drei Akten von Leo Lindau. Musik von Edmund ECyysler.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und lottenburg, Bismarck⸗Straße 34 37. Schönfeld.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Abends 7 ½¼ Uhr: Grande Soiree Direktion: Georg Hartmann.) Sonnabend, Puppchen. Posse mit Gesang und Tanz high Life. Vorzügliches Programm.

in drei Akten von Curt Kraatz und Jean Zum Schluß: Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Figaros Kren. Gesangstexte von Alfred Schönfeld. Mensch! Vier Bilder aus Indien.

Musik von Jean Gilbert. 2 1 und Sonntag und folgende Tage: Puppchen. Abends 7 ½ Uhr: 2 große Galavor⸗

Frauen reisen. 8 M . W Montag und folgende Tage: Der Se. folgende Tage: ensh

Birkus Schumann. Sonnab., Abends

Der unsichtbare Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr

stellungen. In beiden Vorstellungen: das große Spezialitätenprogramm.

Montis Operettentheater. Früber⸗ FrtsheKgater. SBeorgenstr, nahe Nachmiltags und Abends: Zum Schlußt

Neues Theater.) Sonnabend, Abends vütpe Wenn, Frauen Föisen. Lust Der unsichtbare Mensch.

piel in vier ten von Mouezy⸗Eon

tein und Karl und Nancey. 1tg

; 2 8 onntag, Nachmittags 3 Uhr: er 7 ½ Uhr:

8 Apo⸗ Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der S I 1 . 8

Wilhelm Tell. Schauspiel Lessingtheater. Sonnabend, Abends fidele Bauer. Abends: Der Frauen⸗ selige Toupinel. Abends: Wenn Zum Schluß: Die große Prunk

8 Uhr: Das Prinzip. Lustspiel in drei fresser.

Akten von Hermann Bahr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Glaube Frauenfresser.

Zirkus Busch. Sonnabend, Abends Große Galavorstellung.

pantomime: „Sevilla“.

Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr und Abends 7 ½ Uhr: 2 große Vorstellungen. Nachmittags: „Unter Gorillas“.

Theater am Nollendorfplatz. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die Studenten⸗

Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr: Die Orchester. schöne Helena. Abends: Die brand. Studentengräfin.

Montag und folgende Tage: Die 7 ½ Uhr: Der Robinson

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstraße 12.)

Tage:

Nachmittags beiden Husaren.

Stein und Ludwig Heller. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: 22 2 = 5. Abends: Majolika.

(Violine). Neumann.

Residenztheater. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die Frau Präsidentin.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: König (Madame la Présidente.) Schwank in 7 ½ Uhr: Abends Die Schmetterlings⸗ drei Akten von M. Hennequin und „Neuen Streichquartetts München“, der Herren Wilhelm Sieben, Anton

Sonntag und folgende Die Luber. Alfons Hitzelberger, Emmeran (einschließlich Börsenbeilage und

P. Veber.

Frau Präsidentin. Stoewer.

Konzerte.

Singakadrmie. Sonnabend, Abends .b Operette in drei Aufzügen. 8 Uhr: Konzert von Alexander Sebald

(Violine) mit dem Philharmonischen Dirigent: Camillo Hilde⸗ Verlobt:

2. Konzert von (Violine). August Göllner.

Beethoven-Sual. Sonnab., Abends Wiedereröffnung: Sonnabend, Abends 8 Uhr: 8 Abend von Bveite Guilbert. Mitw.: 8 8 de 8

Am Klavier: Alexander

Abends: Die große Prunkpantomime „Skvin

Familiennachrichten. Maritta Gräfin von der

Schulenburg⸗Bodendorf mit Hrn. Leut⸗ nant Hans Frhrn. von Reibnitz (Berlin

David Am Klavier:

j Abe Potsdam). Sanl Bechstein. Sonnabend, Abends Verehelicht: H Leutnant Conrad

Graf Brockdorff⸗Ahlefeldt mit Fll. Auguste von Gadenstedt (Hannover). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Professor E. M. Geyger (Dresden). Eine Tochter: Hrn. Friedrich Grafen Wen⸗ gersky (London). Hrn. Hauptmann Alexander von Chappuis (Berlin). Hrn.“Hauptmann a. D. Hans von

Passow⸗Madsow (Rostoch). ..“

Klindworth⸗Scharwen a-Saal. Mar von Redecker (Eichmedien, Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Konzert Gestorben: Hr. Oberst z. D. Cuno⸗

von Ruppert (Berlin). Kgl. bayer. Kämmerer Friedrich⸗Wilhelm Dietz Frhr. von Zedlitz und Neukirch (Parten⸗ kirchen).

(Klavier) und (Cello), Herzoglich

Verantwortlicher Redakteur:

Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin.

Harmoninmsnal. Sonnabend, Abends Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Kammermusikabend

des Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32. Zehn Beilagen

zeichenbeilage Nr. 9 K u. 9 B).

Deutscher Reichstag. 8—

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101. Sitzung vom 30. Januar 1913, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphischem Bureau“.)

Zur zweiten Beratung steht der Entwurf eines Gesetes betreffend vorüber ö““ Entwurf eines Gesetzes, betre p. gehende Zollerlei 8 d Fleischeinfaü⸗ Zolle chterung bei der

Ueber den Anfang der Sitzung ist j stri i Anfang der Sitzung ist in der Nummer d. Bl. berichtet worden.

Von den Sozial 1 ist ei „WVon den Sozialdemokraten ist ein Antrag eingebracht, der die Fristbestimmung streichen, die Ermächtigung für alle Ge⸗ meinden und außerdem für Konsumgenossenschaften und andere GL1“ Unternehmungen gewähren will und die Er⸗ sta ung des vollen Zolles verlangt, ferner die gleichen Be⸗ günstigungen auch für die Einfuhr von lebendem Vieh aus dem Auslande vom 1. März 1913 ab gewähren will. Dieselben Antragsteller beantragen folgende Resolution:

„I. Den Reichskanzler zu ersuchen inverzüglich ei Gesetz⸗ entwurf vorzulegen, durch den Tehee⸗ Fleischbeschaugesehes) die Einfuhr von frischem und gefrorenem hnal cgle Art ohne anhängende Organe aus dem Auslande ge⸗ II. Den Reichskanzler zu ersuchen, bei den verbündeten Regierungen dahin zu wirken, daß sie die Ende September von ihnen beschlossenen Erleichterungen der Vieheinfuhr dahin er⸗ weitern: a. daß die Einsuhr lebenden Rindviehs und lebender Schweine aus den Niederlanden, aus Dänemark und Schweden Frankreich, Oesterreich, Rußland, Kanada und Argentinien nach Schlachthöfen mit Bahnanschluß und unter der Bedingung gestattet wird, daß das eingeführte Vieh innerhalb vier Tage nach Eintreffen geschlachtet werden muß; b. daß diese Bestim⸗ mungen auf alle Gemeinden ausgedehnt werden.“ Endlich legen diese Antragsteller noch eine Resolutian auf aldigste Aufhebung der Futtermittelzölle vor. Die Abgg. Iblaß und Gen. sfortschr. Volksp.) wollen den Entwurf dahin erweitern, daß § 1 bis 1. April 1913 in Geltung bleiben soll, daß von da ab der Bundesrat ermächtigt wird, allgemein e Zölle für Schlachtvieh und Fleisch, sowie für Jungvieh, Nagervieh und Zuchtvieh ganz oder teilweise außer Hebung zu tzen; von demselben Termin ab sollen die Zölle auf Futter erste, Mais, Futterbohnen, Futtererbsen, Futterrüben und üupinen außer Hebung gesetzt werden. Die Resolution der 5 ozialdemokraten wegen der Einfuhr von Fleisch aller Art soll folgenden Zusatz erhalten:

8 „Sofern in dem Produktionslande eine den in Deutschland geltenden Best mmungen entsprechende Untersuchung des zur Aus⸗ zuhr nach Deutschland bestimmten Fleisches durch deutsche beamtete Tierärzte zugelassen ist.“ 1 1 Abg. Dr. Wendorff (fortschr. Volksp.) berichtet über die Verhandlungen der Kommission. Ueber die Wirkungen des Gesetzes 1 der Kommission vom Bundesrat eine Dentschrift zugegangen. Einig war die Kommission darüber, daß abnorme Preisverhältnisse bestehen; über die Ursachen der Teuerung gingen die Meinungen außerordentlich weit auseinander. Von einer Seite wurde die Ansicht ertreten, daß die Teuerung einen internationalen Charakter trage; die Verhältnisse würden von selbst sich regeln, ohne daß es Zoll⸗ erleichterungen bedürfe. Von anderer Seite wurde die Vorlage der Regierung als eine wünschenswerte Maßnahme angesehen, aber darüber hinausgehende Maßregeln verworfen. Von dritter Seite wurden dagegen die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht für ausreichend gehalten, um den bestehenden. Mißständen abzuhelfen. Es wurde eine Erweiterung des Empfängerkreises vorgeschlagen. Man tadelte, daß die Zollerleichterungen nur großen Städten gewährt würden, und empfahl, sie auch Konsumgenossenschaften und anderen gemeinnützigen Unternehmungen zugänglich zu machen. Die Regierung trat diesen Fo derungen entgegen, ebenso derjenigen auf Aufhebung

§ 12 des Fleischbeschaugesetzes und einer Verlängerung des Termins über den 31. März 1914 hinaus. Der Bundesrat habe sich viel⸗ mehr vorbehalten, die Maßnahme schon vor Ablauf der Frist im ganzen Umfange oder für einzelne außer Wirksamkeit zu ten, falls etwa das inländische Fleischangebot schon früher

wesentlich zunehmen sollte, daß ein Bedürfnis nach weiteren Ei rfuhrerleichterungen Zweifellos nicht mehr anzuerkennen wäre.

die Genehmigung für Berlin jetzt schon, wie beantragt, bis zum

April 1914 erstreckt werden kann, hat die Regierung, für zweifel⸗ zaft erklärt, weil sich die Preisgestaltung, don deren Eatwicklung das Gedürfnis nach der Fortdauer der Ausnahme abhängig ist, auf so lange Zeit hinaus nicht übersehen läßt. Der Berichterstatter beantragt namens der Kommission, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.

Ueber die sozialdemokratische Resolution auf Vorlegung

eines Gesetzentwurfs zur Freigabe der Einfuhr von Fleisch aller Art unter Aufhebung des § 12 des Fleischbeschaugesetzes it namentliche Abstimmung beantragt, die morgen zu

Beginn der Sitzung vorgenommen werden soll.

Abg. Simon (Soz): Was die Regierung bietet, üst nicht ein⸗ Zein Tropfen auf den heißen Stein. Wir haben in der Kom⸗ mission versucht, den Rahmen des Gesetzes entsprechend zu erweitern; die Regierung hat aber unsere Anträge abgelehnt. Daß der Gesetz⸗ entwurf vollständig unzulänglich ist, haben die Gewerbetreibenden und Handelskorporationen allgemein betont. Der Gesetzentwurf verspricht keinerlei Abhilfe des bestehenden Notstandes. Die Kommission machte eher den Eindruck, daß sie der Not der Landwirtschaft, nicht der Not der Konsumenten abhelfen wollte. Die preis⸗ treibende Wirkung des Zolltarifs gibt jetzt die Regierung zu. 1905 stellte sich der damalige Landwirtschaftsminister von Dodbielski auf den Standpunkt, daß, wenn die Teuerung muernd sein sollte, sie beseitigt werden müsse, er hielt aber die Teuerung für eine vorübergehende. Denselben Standpunkt nahm die Regierung später und nimmt ihn heute noch ein. as mir vorübergehend zu sein scheint, das sind die Staatssekretäre und Minister, die diese Teuerung als vorübergehend ansehen. Sie wird aber nicht eher aufhören, ehe wir nicht mit unserem Zollsystem aüfgeräumt haben. Vor Einführung des Zolltarifes hieß es, die Landwirtschaft sei in der Lage, genügend Fleisch und Getreide zu

droduzieren. Jetzt nach zehn Jahren haben wir einen hedeutenden Rückgang des Viehstandes. So liefert die schlesische Laudwirtschaft 50 000 Schweine jährlich weniger, als zur Ernährung der dortigen Bevölkerung notwendig ist. Nun wird auf die gleichzeitige Teuerung im Auslande hingewiesen. Wenn das der Fall ist, dann brauchte man ja keine Absperrung. Daß das Fleisch auch im duslande teuer ist, wollen wir nicht bestreiten. Aber es ist doch nicht so teuer wie bei uns. Daß die Verhältnisse unhalt⸗ zar sind, das zeigen ja die Maßnahmen der Einzelstaaten, die ioren Beamten Teuerungszulagen bewilligen müssen. Aber auch die bristlichen Arbeiter leiden darunter, trotzdem geben sie ihre Stimmen den Parteien, die diese Teuerung herbeigeführt haben. Im nächsten

Jahre soll eine große Militärvorlage kommen. (Präsident Kaempf

rlin, Freitag, den 31. Januar

bittet den Redner, nicht zu weit abzuschweifen.) Die Regierung erklärt, daß die Besitzsteuer nur 50 Millionen bringt, während die Erhöhung 100 Millionen verlangt. Für den Großgrundbesitz hat diese „Zollgesetzgebung eine ausgezeichnete Wirkung. (Präsident Dr. Kaempf: Ich mache den Redner wiederholt darauf aufmerksam daß es sich hier um ein Gesetz zur Erleichterung der Fleischeinfuhr handelt.) Alle diese Fragen sind auch in der Kommission an⸗ geschnitten worden, und ich glaube deshalb ein Recht zu haben bier darauf eingehen zu können. Ich glaube selbstverständlich, daß dies den Herren auf der Rechten und im Zentrum unangenehm ist. Durch die indirekte Besteuerung wird die arme Bevölkerung ganz un⸗ verhältnismäßig belastet, während die reichen und reichsten Schichten davon fast nichts verspüren. Der Reichskanzler hat bestritten, daß eine Unterernährung der breiten Masse stattfindet. Die Statiftik, so die der Stadt Nürnberg mit ihrer großen Arbeiterbevölkerung, beweist das Gegenteil; in Nürnberg werden heute von einer fünfköpfigen Familte durchschnittlich 148 Pfund Fleisch im Jahre weniger konsumiert als vor elf Jahren. Trotz alledem sträͤuben sich die verbündeten Regierungen im Einverständnis mit den Aprariern gegen jede wirkliche Abhilfemaßregel. Die Einführung von Gefrier⸗ fleisch ist durchaus tunlich, das hat ein Versuch in Bremen dem eine Kommission des Reichsgesundheitsamts beiwohnte, ergeben. Es muß uns Aufschluß darüber gegeben werden, warum irgend eine praktische Konsequenz aus diesem Versuch nicht gezogen öG ist. Wir haben es hier nicht mit einer Regierung für das Volk, sondern mit einer Regierung gegen das Volk zu tun. Auf die Dauer kann aber eine Regierung nicht gegen das Volk regieren, und so sind wir gewiß, daß eine Zeit kommen wird,z die den wirklichen

Volksinteressen gerecht werden wird.

8 E“ Dr. Kaempf: Der Ausdruck „Regierung gegen das 8 if eine Beleidigung der Regierung; ich rufe Sie dafür zur O r dn ung! Im Anfang Ihrer Ausführungen haben Sie unter Bezugnahme auf die Parteien dieses Hauses von der „Zollwucher⸗ mehrbeit“ gesprochen. Dieser Ausdruck, gebraucht von den Parteien dieses, Hauses, ist unparlamentarisch; ich habe schon am 6. Dezember den Abg. Hoch aus demselben Grunde zur Ordnun g gerufen und tue es auch Ihnen gegenüber!

Abg. Herold (Zentr.): Ich werde mich streng an den vor⸗ liegenden egenstand halten und nicht auf Einzelheiten eingehen wie der Vorredner. Wollten wir das tun, so müßten wir uns noch viele Tage mit diesem Gesetzentwurf aufhalten. Wir hallen grund⸗ sätzlich fest an dem bestehenden Wirtschaftssystem; wir wünschen keine Aenderung des Zollsystems während der Datt der Handelsverträge und nach Ablauf der Handelsverträge werde. vir im allgemeinen an dem gleichen Grundsatz festhalten. Das hält uns aber nicht ab, für

den Gesetzentwurf zu stimmen, weil er eine grundsätzliche Durchbrechung des bestehenden Zollsystems nicht enthält, sondern nur eine Ausnahme ist zur Beseitigung eines Notstandes. Wir treten ein für die Auf⸗ rechterhaltung des Zollschutzes, weil wir überzeugt sind, daß Deutschland in der Lage ist, seinen Fleischbedarf aus eigener Pro⸗ duktion voll und ganz zu decken. Den Vehbestand auf Großvieh reduziert, kommen in Deutschland auf hundert Einwohner 41,3 Stück Großvieh, in Oesterreich 37, in Rußland 38 nur zwei europäische Staaten haben einen etwas höheren Satz als Deutschland, die Schweiz und Dänemark. Die Höhe der Mroduktton ist in erster Linie eine Preisfrage; ist die Produktion rentabel, so kann sie erheb⸗ lich gesteigert werden. Dazu sind übertrieben hohe Preise gar nicht nötig. Wenn die Produktion nicht in dem wünschenswerten Maße gestiegen ist, so liegt das daran, daß die Schwankungen zu stark sind, daß die Unsicherheit des Preisstandes zu groß ist; läßt sich eine größere Gleichmäßigkeit der Preise er⸗ reichen, so wiid auch die Produktion dauernd günstig beeinflußt. Dafür wird der Abschluß langfristiger Lieferungsverträge mit den Ge⸗ meinden in dieser Beziehung ein gutes Mitsel sein; aber wirksam wird auch dieses Mittel nur sein, wenn der Abschluß solcher Verträge in entsprechend großem Umfange erfolgt. Die Beschwerden des Vor⸗ redners lassen sich zum Teil auf die durch die Dürre von 1911 hervorgetretene Kalamität zurückführen, deren Folgen bis heute noch keineswegs überall ausgetilgt worden sind; der Ausgleich wird aber in nicht zu ferner Zeit erfolgen. Die Fortschrittliche Volks⸗ partei will die Aufhebung oder Ermäßigung der Vieh⸗ und Fleischzölle, aber sie legt merkwürdigerweise die Befugnis dazu vertrauensvoll in die Hände des Bundesrats. Wir können dem nicht zustimmen. Der Antrag der Sozialdemokraten auf Beseitigung des § 12 des Fleischbeschaugesetzes ist gleichfalls unannehmbar. Im Inlande haben wir eine scharfe Kontrolle; beseitigen wir den Zusammenhang des ausländischen Fleisches mit den inneren Organen, so geht die einzige gesundheitliche Kontrolle verloren. Das ist nicht bloß die Meinung des Reichsgesundheitsamts, sondern auch der beamteten Tierärzte auf den Schlachtböfen. Das Verlangen, daß allen Gemeinden die Einfuhr gestattet werden soll, können wir nicht akzeptieren, denn wenn wir auch unserseits nicht wollen, daß die Regierung mit der Genehmigung kargt, so würde doch die Gewährung der Vergünstigung an alle Gemeinden gar nicht im Interesse der Konsumenten liegen. Die Forderung der Aufhebung der Futter⸗ mittelzölle erfaßt tatfächlich nur Gerste und Mais; die übrigen angeführten Futtermittel spielen in der Einfuhr keine Rolle; außerdem gehen Futterrüben schon heute zollfrei ein. Es sieht wirklich so aus, als wenn man mit dieser Aufzählung nach außen hin eine ganz besondere Propaganda hat treiben wollen. Wenn man Anträge stellt, so sollte man sie doch etwas sorgfältiger durcharbeiten. Der Futtergerstezoll und der Maiszoll haben doch 67 Millionen eingebracht. Schaffen wir diese Zölle ab, so müßte man neue Einnahmequellen eröffnen. Schafften wir die Zölle ab so würde der Preis um nicht einen Pfennig herabgehen. Der Preis hängt von ganz anderen Faktoren ab als vom Zoll. Ist ein gewisser Mangel an Futtermitteln vorhanden, dann sritt die Wirkung des Zolles am wenigsten hervor. Also die Herren gehen von ganz fal⸗ schen Voraussetzungen aus. Dazu kommt, daß wir noch eine Menge Getreide haben, das naß geworden ist und verfüttert werden muß. d Zolltarifspstem ist als einheitliches Ganzes zu betrachten. Linen Teil vor Abschluß neuer Handelsverträage herauszugreifen,

jrPp 3 9 8 8 Ff 8 5 8 ese würde nur dem Auslandsinteresse dienen. Diesem Zwecke dienen auch†

Ihre (links) Anträge. Deshalb werden wir alle gestellten Anträge ablehnen. Damit nützen wir der Gesamtheit, nicht nur einem einzelnen Berufe. Wenn hier so lange Debatten über die Fleisch⸗ benttung geführt werden, so zeigt dies, daß sie agitatorischen, reklame⸗ aften Zwecken dienen. Auch wir beklagen die Teuerung, aber ich glaube, wir dienen den Interessen des Landes besser, wenn wir ge⸗

meinsam dafür eintreten.

Abg. Dr. Böttger (nl.): Wir unserseits wollen die Miß⸗ stände beseitigen, ohne das Zollsystem zu ändern. Daß eine Fleisch⸗ teuerung besteht, wird von allen Seiten zugegeben. Es handelt sich um einen akuten Zustand, bervorgerufen durch die Dürre von 1911 und die Maul⸗ und Klauenseuche. Die Vorlage geht davon aus, daß es sich um einen akuten Zustand, um eine Ausnahme handelt. Würde die Maßnahme auf die Dauer durchgeführt, so würde das eine Durchlöcherung unseres Zollsystems bedeuten, und dafür sind meine politischen Freunde nicht zu haben. Es ist ein Rückgang der Fleischpreise infolge der neuen Maßnahmen von 10 20 Pfennig zu verzeichnen. Die sozialdemokratischen und fortschrittlichen Anträge können wir nicht unterstützen, denn sie wollen die Preise der Pro⸗

Hduf 1 1“ . . 8. N. dukte so reduzieren, daß sie nicht lohnend sind. Es ist scharfe Kritik

an der bestehenden Zoll⸗- und Wirtschaftspolitik und Handelspolitik geübt worden. Es ist aber Tatsache, daß die Industrie sich günstig entwickelt und die Löhne gestiegen sind; auch die Weiter⸗ verarbeitungsindastrie hat sich unter den Handelsverträgen gu⸗ emwickelt. Alle Staaten, die Soztalpolttik treiben, bedürfen auch der Schutzzölle. Die sezaldemokratischen Anträge und Resolutionen vemmen in der Hauptsache darauf hinaus, uns des erforderlicken Veterinätschutzes zu k erauben. Es ist eine Illusion, zu glauben, daß⸗ Auslano qus teichend mit Vieh persolgen kann. Eine weiterne E als sie schon zugelassen ist,

i. wir nicht gutheißen. Die fortschrittlichen Anträge wollen nI. a. eine schrankenlose Einführung des argentinischen Gefrierfleisches.

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Dadurch könnte zunsere heimische Landwirtschaft schwer geschädigt werden. (Zuruf links.) Es wird mir zugerufen, daß es sich nicht um eine schranken⸗ lose Einfuhr handle. Ich kann aber nicht einsehen, welche völker⸗ rechtliche Stellung der deutsche beamtete Tierarzt bei der Untersuchung des nach Deutschland bestimmten Fleisches einnehmen soll. Ich ver⸗ spreche mir von dieser Vorsichtsmaßregel keinen Erfolg. Für Er⸗ leichterungen bei der Einfuhr von Zuchtvieh sind wir auch, aber s gibt ja jetzt schon Zollermäßigungen für diesen Zweck. Die Frage Futtermittel wird von uns stets wohlwollend geprüft werden. er wir sind der Meinung, daß jetzt der ungeeignetste Moment dazu in eine Frage der Aufhebung der Futtermittelzölle einzutreten er freisinzigen Volkspartei können wir deshalb hierin nicht folgen. ei den erhöhten Löhnen, dem starken Arbeitermangel und der hohen huldenlast wäre in Verbindung mit gedrückten Getreidepreisen die zage der Landwirtschaft geradezu verhängnisvoll. Geben wir unserer Landwirtschaft nicht den nötigen Schutz, dann haben auch die Kon⸗ sumenten den Nachteil. Wir müssen dem Ideal immer näher kommen den eigenen Bedarf im eigenen Lande decken zu können. Davon ent⸗ sernen wir uns aber immer mehr, wenn wir die sozialdemokratischen und fortschrittlichen Vorschläge annehmen. Dazu kommt noch, daß die Länder, die uns bisher versorgt haben, es in Zukunft nicht mehr werden tun können. Ein Produzieren unter den Produktionskosten kann man unserer Landwirtschaft nicht zumuten. Beherzigt man dies dann wird auch unsere Landwirtschaft bald in die Lage kommen, das Nötige zu erzeugen. Ein großer Teil der Industrie ist auf das Inland angewiesen. Wir müssen dahin streben, daß ihr Schwer⸗ punkt auch immer im Inlande bleibt. Wir dürfen nicht vergessen daß wir unsern industriellen Aufschwung nicht so sehr der Export⸗ industrie, sondern dem Inlandsbedarf verdanken. Der Konsum unserer Arkeiterschaft beträgt jährlich annähernd 20 Milliarden, wovon 4 Milliarden auf Nahrungsmittel entfallen. Bei dieser Summe fällt natürlich ein Schwanken bis zu 10. % sehr in Betracht. Die industriellen Kreise verfolgen deshalb diese Entwicklung mit Auf⸗ merksamkeit, da ja diese Preissteigerungen auf anderem Gebiete wie⸗ der ausgeglichen werden müssen. Der Fleischmangel läßt sich auch dadurch otwas beheben, indem man auf eine Verminderung der vieh⸗ losen Wirtschaften hinzielt. Für sie wird der Arbeitermangel auf dem Lande verantwortlich gemacht. Aber diesem kann allmählich durch sine ländliche Sozialpolitik abgeholfen werden. Man muß den Arbeitern, den Aufenthalt auf dem Lande wieder angenehm machen. Den Städten kann man es nicht verdenken, wenn sie mit Vorsicht an die ihnen zugewiesene Aufgabe, für die Fleischversorgung mit tätig zu sein, herangehen: sie werden sich aber hoffentlich ihrer Pflicht nicht entziehen. Jedoch darf man dabei das Fleischergewerbe nicht aueschalten und ihm nicht unndtige und schädliche Konkurrenz machen. Die Staatspolitik muß auf Vermehrung des bäuerlichen Grund⸗ besitzes hinauskommen, also innere Kolonisation, Aufteilung der Domäänen und Bekämpfung des Fideikommißwesens. Der alte und neue Bauernstand kann sich aber nur bei lohnenden Preisen halten die nicht von der Viehzucht abschrecken. Wir treten ein für eine Staatspraxis, die eine Zerrüttung unserer wohlgeordneten Volks⸗ wirtschaft vermeidet, den inneren Markt stärkt und jedem das Seine gibt, also dem Konsumenten eine Nahrung, die er ohne Ueberlastung bezahlen kann, dem Produzenten Preise, bei denen er bestehen und uns alle mit Nahrung versorgen kann, dem gesamten Reiche eine Wirtschaftsverfassung, die die Selbstversorgung voranstellt und uns unabhängig erhält vom Auslande. 1

Abg. Arnstadt (kons.): Der Beweis ist vollständig erbrackt daß von einer Fleischnot überhaupt nicht die Rede sein kann; einẽ Fleischteuerung geben wir ohne weiteres zu. Ueber deren Ursachen, die Futternot von 1911, die Maul⸗ und Klauenseuche, die Hoch⸗ konjunktur in der Industrie, ist schon eingehend gesprochen worden. Mit den Regierungsmaßnahmen können wir uns aber nicht einver⸗ standen erklären; wir halten sie nicht für die richtigen. Die Oeffnung der Grenzen halten wir trotz aller Vorsichtsmaßregeln nicht für zulässig. Es ist in der Kommission darauf hingewiesen worden, daß durch die Einfuhr des russischen Fleisches die Rinderpest unseren Grenzen immer näher rückt; der Warschauer Markt ist zurzeit bereits sehr stark mit Steppenvieh ausgerüstet. Daß diese Gefahr nicht zu unterschätzen ist, hat auch die Regierung durch ihre Vertreter in der Kommission zugegeben. Nach den neuesten Ausweisen sind neue Aus⸗ brüche der Maul⸗ und Klauenseuche in zahlreichen Orten zu beklagen. Ich will nicht behaupten, daß sie durch die Fleischeinfuhr bewirkt worden sind, denn das läßt sich sehr schwer nachweisen; tatsächlich ist aber die Zahl der verseuchten Gehöfte seit Mitte Oktober wieder gestiegen. Die Zollherabsetzung zu akzeptieren, können wir uns auch

nicht entschließen, denn wir halten sie für unvereinbar mit dem Zoll⸗

tarifgesetz von 1902. Die Fleischpreise sind ja allerdings zurück⸗ gegangen; aber das ist doch selbstverständlich, wenn der Zwischen⸗ handel ausgeschaltet wird, die Kommunen selbst den Verkauf über⸗ nehmen und der Zoll teilweise zurückerstattet wird. Mit einer besseren Drganisation des Inlandsmarktes hätte man dieselben Resultate er⸗ reichen können. Die Teuerung ist doch eine internationale Erscheinung. Im Auslande ist nicht genügend Vieh zu billigem Preise vorhanden: im. Inlande aber sind die Preise vielfach durch die Einfuhr sehr ge- drückt worden, und das Schlimmste ist, daß das Vertrauen der kleinen Viehhaltungen in die Stetigkeit unserer Zollpolitik schwer erschüttert worden ist. Es ist nun eine Menge von noch weitergehenden An⸗ trägen seitens der Linken gestellt worden. Einen Zoll auf frische Futterrüben haben wir überhaupt nicht, das hat der Abg Herold

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schon nachgewiesen; der Antrag ist wohl überhaupt bloß ein Scherz.

Ich darf im Punkte der Futtermittelzölle auf meine vorjährigen Aus⸗ führungen Bezug nehmen. Die Meinung, daß die Suspendierung der Futtermittelzölle den Notstand beseitigt haben würde, ist sehr falsch. Was haben wir bei der Suspendierung des Kartoffelzolles erlebt? Das Ausland beantwortete sie mit ciner Preiserhöhung um das Doppelte des Zolles, und die Frachtermäßigung hat der Groß⸗ handel eingesteckt, nicht aber ist sie den Konsumenten zugute ge⸗ kommen. Sofort zu Beginn dieser Bewegung stiegen die Preise der Futtermittel an den Börsen, so in Hamburg, ganz außerordentlich: damit wurde die Frachtermäßigung usw. zugunsten des Auslandes und des Großhandels mehr als ausgeglichen. Daß die Beseitigung der Futtermittelzölle die Produktionskosten der Viehhaltung ermäßigt, kann auch nur mit sehr starken Vorhehalten zugestanden werden. Die gesamte Landwirtschaft hat große Opfer bringen müssen, aber die Futterzölle haben an der Kalamität nicht schuld. Sie müssen zu⸗ geben, daß der Bauer auch Getreide verkauft, und da wollen Sie (links) einen Abbau der Getreidezölle! Der Abg. Oeser sagte hier auf eine Frage, wie hoch die Herabsetzung dieser Zölle sein solle: so stark wie möglich. Die sogenannten Wucherzölle haben nicht eine Steigerung der Getreidepreise herbeigeführt, aber ein erbebliches Herabsinken unter die Produktionskosten verhindert. (Der Redner geht