Auf den Bericht 3. September 1913 will Ich der Gemeinde Frechen im Regierungsbezirke Cöln auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) hier⸗ durch das Recht verleihen, das zur Ausführung der Kana⸗ lisation der Gemeinde Frechen erforderliche, in dem Register vom 5. Juni 1913 näher bezeichnete und in den anliegend zurückfolgenden Plänen rot angelegte Grundeigentum im Wege der Enteignung zu erwerben.
Schloß Promnitz, den 13. September 1913. Wilhelm R. Für den Minister des Innern: on Breitenbach. Lentze.
An die Minister der öffentlichen Arbeiten und des Innern.
Finanzministerium. “
Dem Oberregierungsrat Naumann in Cöln ist die Stelle eines Oberregierungsrats für die allgemeine Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern bei der Oberzolldirektion in Cöln verliehen worden.
Dem Regierungsassessor Holfeld in Cöln ist die Stelle eines Vorstandes bei dem Stempel⸗ und Erbschaftssteueramt in Cöln, dem Regierungsassessor Sachse in Danzig eine solche Stelle bei dem Stempel⸗ und Erbschaftssteueramt in Danzig und dem Regierungsassessor Dr. Kauder in Cassel eine solche Stelle bei dem Stempel⸗ und Erbschaftssteueramt in Cassel verliehen worden.
Der Regierungshauptkassenoberbuchhalter Dörge aus Cassel ist zum Landrentmeister und Rendanten der Regierungs⸗ hauptkasse in Cöln ernannt worden.
Deutsches Reich. 1 Preußen. Berlin, 1. Oktober 1913.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Aus⸗ schuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten Sitzungen.
Der Königlich Bayerische Gesandte Graf von Lerchen⸗ feld⸗Köfering hat Berlin verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit führt der Legationssekretär Freiherr von Soden die Geschäfte der Gesandtschaft.
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Der Archivassistent Dr. Kling ist von Wiesbaden an das Staatsarchiv in Koblenz und der Archivassistent Dr. Meyer von Magdeburg an das Geheime Staatsarchiv in Berlin ver⸗ setzt worden. 1
Ueber die Ergebnisse der Beratungen der Straf⸗ echtskommission, die inzwischen ihre Arbeiten beendigt hat, ist folgendes zu berichten:
Bei Beratung des 13. Abschnitts (Gefährdung der Rechtspflege) ist die in erster Lesung zurückgestellte Frage der Bestrafung falscher uneidlicher Aussagen erledigt worden. Die Kommission hat sich dahin schlüssig gemacht, falsche uneidliche Aussagen, die jemand als Zeuge oder Sach⸗ verständiger vor einer zur eidlichen Vernehmung zuständigen Behörde vorsätzlich abgibt, für den Fall mit Strafe zu be⸗ drohen, daß der Vernommene zuvor von der Behörde auf die Strafbarkeit falscher uneidlicher Aussagen ausdrücklich hingewiesen worden war. Die Voraussetzungen festzustellen, unter denen ein der⸗ artiger Hinweis erfolgen darf, bleibt den Gesetzen über das Verfahren überlassen. In besonders leichten Fällen soll von Strafe abgesehen werden dürfen. Die fahrlässig abgegebene falsche uneidliche Aussage ist nicht mit Strafe bedroht. — Die Vorschrift über Straflosigkeit falscher Aussagen bei Widerruf ist auf die uneidliche Aussage erstreckt; der Wider⸗ ruf soll in allen Fällen auch bei der Behörde, welche die Aus⸗ sage im Verfahren zu würdigen hat, sowie bei jedem Amts⸗ gericht geschehen können. — Der Vorschrift über Strafver⸗ eitelung ist eine Bestimmung angegliedert, die den mit Strafe bedroht, der wissentlich eine der im Entwurfe zu Sicherungs⸗ oder Besserungszwecken vorgesehenen Maßregeln der Anstaltsverwahrung vereitelt.
Im 14. Abschnitt (Urkundenfälschung) ist der Tat⸗ bestand der Urkundenfälschung schärfer begrenzt. Wegen Urkundenfälschung soll strafbar sein, wer eine Urkunde fälschlich anfertigt oder verfälscht und von ihr in der Ab⸗ sicht, einen anderen über eine rechtlich erhebliche Tatsache zu täuschen, im Rechtsverkehr Gebrauch macht, oder wer in gleicher Absicht von einer falschen Urkunde im Rechts⸗ verkehr Gebrauch macht. Im Zusammenhange hiermit ist in der Begriffsbestimmung der Urkunde das Moment des zum Beweise Bestimmtseins gestrichen; als Uͤrkunden sollen alle Gegen⸗ stände gelten, die durch Schriftzeichen oder diesen durch Gesetz, Verkehrssitte oder Vereinbarung gleichgestellte Zeichen einen Gedankeninhalt zum Ausdrucke bringen. — Die mildere Vor⸗ schrift über Fälschung von Ausweispapieren zum Zwecke des besseren Fortkommens ist auf die Fälle erstreckt, wo es sich nicht um Ausweispapiere im engeren Sinne handelt, sondern um Urkunden, deren ursprüngliche Bestimmung eine andere ist, die aber im Verkehr als Ausweispapiere verwendet zu werden pflegen, wie dies z. B. bei den Quittungskarten der Reichs⸗ versicherung geschieht. — Neu ist eine Vorschrift, die Täuschungsversuchen bei Prüfungen entgegenwirken soll. Strafbar macht sich danach, wer bei einer Prüfung, die vor einer Behörde zur Erlangung einer Anstellung oder eines Titels oder zum Nachweise der Befähigung zu einem Amte abzulegen ist, Leistungen als selbständige versichert, die er ganz oder teilweise durch einen anderen hat herstellen lassen. Die Strafe, die übrigens nur eintritt, wenn die selbständige Herstellung nach den maßgebenden Vorschriften versichert werden muß, trifft auch den, der eine derartige Leistung ganz oder teilweise für einen anderen herstellt; mit schwererer Strafe ist bedroht, wer dies geschäftsmäßig tut oder wer sich öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften zur Herstellung solcher Leistungen anbietet.
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Im 15. Abschnitt (Gemeingefährliche Handlungen; Störung des öffentlichen Verkehrs) ist die Kommission in ihren Beschlüssen zur Brandstiftung zu der Grundlage des geltenden Rechtes zurückgekehrt. Die geschützten Güter werden im einzelnen aufgeführt (Gebäude, zur Wohnung oder zum Aufenthalt von Menschen dienende Räunlich⸗ keiten, Schiffe, Bergwerke, Waldungen, Heiden, Felder, Moore, Vorräte von Waren oder Bodenerzeugnissen). Wer fremde Sachen dieser Art in Brand setzt, ist schlecht⸗ hin strafbar; gehört die in Brand gesetzte Sache dem Täter, so trifft ihn Strafe nur, wenn er durch seine Tat Gefahr für Menschenleben oder in bedeutendem Umfange für fremdes Eigentum herbeiführt. — Die Vorschrift über Versicherungs⸗ betrug ist der Bestimmung über Brandstiftung angereiht und in der Strafdrohung erhöht. — Der Vorschrift über Sicherheitsvorrichtungen in lebensgefährlichen Be⸗ trieben soll unterfallen, wer eine Sicherheitsvorrichtnug zerstört, unbrauchbar macht, beseitigt oder außer Tätigkeit setzt und dadurch Gefahr für Menschenleben herbeiführt. — Der Aufbau der Vorschriften über Störung des öffentlichen Verkehrs hat eine Reihe von Veränderungen erfahren. Ihr Aufbau ist jetzt folgender: Beschädigung öffentlicher Ver⸗ kehrseinrichtungen, soweit sie nicht dem Straßenverkehr dienen (§ 249), Störung der Verkehrssicherheit auf Straßen, wobei zwischen Störungen, die durch Beschädigung der Substanz oder durch Bereitung von Hindernissen begangen werden, und sonstigen Störungen minder schwerer Art unterschieden wird (§ 250), Störung der Betriebssicherheit der Eisenbahn (§ 251), Ver⸗ hinderung des Betriebs einer Eisenbahn, der Post usw. (§§ 252 ff.). Bei der Beratung der zuletzt erwähnten Vor⸗ schrift ist die Kommission vom Vorentwurf in weesentlichen Punkten abgewichen. Während dieser in einer allgemeinen Bestimmung (§ 184) jede Art der vorsätzlichen Verhinderung
des Betriebs einer Eisenbahn, der Post usw. unter Strafe
stellte, hat die Kommission zwei fest umgrenzte Tatbestände ge⸗ schaffen. Einmal wird derjenige mit Strafe bedroht, der den Betrieb dadurch verhindert oder stört, daß er Bestandteile oder Zubehör beschädigt, zerstört, beseitigt oder verändert; Tele⸗ graphen⸗, Fernsprech⸗ und Rohrpostanlagen sollen dem geltenden Rechte entsprechend auch gegen bloße Gefährdungen und fahr⸗ lässige Handlungen geschützt sein. Daneben tritt eine weitere Vorschrift, die den Fall einer vorsätzlichen Verhinderung des Betriebs durch das Mittel des Kontraktbruchs oder böswilliger Verzögerung der Dienstverrichtungen behandelt. Für beide Tat⸗ bestände ist schwerere Strafe unter der Voraussetzung angedroht, daß der Täter mit Wissen und Willen durch seine Handlung gemeine Not herbeiführt. Der Eisenbahn und der Post sind außer den zur öffentlichen Versorgung mit Wasser, Licht, Kraft und Wärme dienenden Anstalten auch die staatlichen Anstalten gleichgestellt, die der Landesverteidigung dienen. — In Anlehnung an das geltende Recht ist mit Strafe bedroht, wer einen mit einer Behörde geschlossenen Vertrag über Lieferung von Lebens⸗ oder sonstigen Unterhalts⸗ mitteln nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt und dadurch die Abwendung oder Beseitigung gemeiner Not verhindert. — In der Vorschrift über Schiffsgefährdung durch Konter⸗ bande ist bei ausländischen Schiffen, die ganz oder teilweise im Inlande beladen worden sind, die Verfolgung ohne Rücksicht auf Verbürgung der Gegenseitigkeit zugelassen.
An Aenderungen im 16. und 17. Abschnitt (Tötung und Körperverletzung) 66 hier nur hervorzuheben, daß die Qualifikationsvorschriften üben schwere Körperverletzung in den Tatbestandsmerkmalen schärfer abgegrenzt sind und daß durch eine besondere Vorschrift die mit Einwilligung des Verletzten begangene Körperverletzung, sofern die Tat nicht trotz der Ein⸗ willigung gegen die guten Sitten verstößt, für nicht rechts⸗ widrig erklärt worden ist.
Im 18. Abschnitt (Zweikampf) ist bei der Anreizung zu einem Zweikampf in der Strafdrohung unterschieden zwischen der Anreizung zu einem ernstlichen Zweikampf und der Anreizung zu einer Schlägermensur.
Bei der Beratung der Sittlichkeitsdelikte (20. Ab⸗ schnitt) hat die Kommission die Frage der Heraufsetzung des
Schutzalters erneut geprüft und sich nach eingehenden Beratungen
für die Beibehaltung der bisherigen Altersgrenzen entschieden. — In den Vorschriften über den Mädchenhandel und die Zuhälterei sind die Strafdrohungen erhöht worden. — Auf⸗ gegeben ist der Standpunkt, daß die Ankündigung von Gegen⸗ ständen, die zur Verhütung von Geschlechtskrankheiten bestimmt sind, aus der Vorschrift über die Ankündigung von Gegenständen zu unzüchtigem Gebrauch auszu⸗ scheiden und nur für den Fall mit Strafe zu bedrohen sei, daß die Ankündigung geeignet ist, Aergernis zu erregen. Dafür ist eine besondere Vorschrift aufgenommen, die das Ankündigen von Mitteln gegen Geschlechtskrankheiten an Aerzte, in ärztlichen Fachzeitschriften sowie an Gewerbetreibende ermöglicht; Gegen⸗ stände, die zur Verhütung der Empfängnis dienen, sollen jedoch ausschließlich an Aerzte sowie in ärztlichen Zeitschriften an⸗ gekündigt werden bürfen. — Die Vorschrift über Veröffent⸗ lichung von Mitteilungen aus Gerichtsverhand⸗ lungen, für die wegen Gefährdung der Sittlichkeit die Oeffent⸗ lichkeit ausgeschlossen war, ist entsprechend den Beschlüssen, die bei Beratung des Entwurfs einer neuen Strafprozeßordnung von der 7. Kommission des Reichstags gefaßt sind, umgestaltet worden. Die Veröffentlichungen sollen nur strafbar sein, wenn sie sich als „Berichte“ darstellen, und nur unter der Voraus⸗ setzung, daß die Veröffentlichung sich gerade auf solche Teile der Verhandlungen bezieht, für welche die Oeffentlichkeit aus⸗ geschlossen worden war; hingegen soll es der weiteren Fest⸗ stellung, daß die Mitteilung im einzelnen Falle ärgerniserregenden Charakter hatte, nicht mehr bedürfen.
Von den Beschlüssen zum 22. Abschnitt (Trunkenheit; Verletzung der Unterhaltspflicht, Landstreichen, Betteln) ist hier nur hervorzuheben, daß Personen, die aus Arbeitsscheu oder Hang zu ungeordnetem Leben im Lande bandenmäßig umherziehen, der Strafdrohung wegen Land⸗
streichens auch dann unterfallen soll nicht 1““ 8 18 8 8
mittellos sind.
Im Monat August 1913 haben 5265 Schiffe (gegen 5471 Schiffe im August 1912) mit einem Nettoraumgehalte von 968 885 Registertons (1912: 929 470 Registertons) den Kaiser Wilhelm⸗Kanal benutzt und, nach Achug des auf die Kanalabgabe in Anrechnung zu bringenden Elblotsgeldes, an Gebühren 426 301 ℳ (1912: 396 069 ℳ) entrichtet.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. am 30. September in Schanghai eingetvoffen.
Oesterreich⸗Ungarm.
Die nächste Plenarsitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses ist, wie „W. T. B.“ meldet, auf den 21. Oktober festgesetzt worden. Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der Spezialdebatte über die Finanzvorlagen.
Großbritannien und Irland.
Der König der Hellenen ist gestern vormittag nach Triest und Athen abgereist. Im Laufe einer Unterredung mit seiner Umgebung drückte der König, wie das „Reutersche Bureau“ meldet, seine Befriedigung über die Zusammenkunft mit Sir Edward Grey aus.
Rußland.
Das Handelsministerium fordert einen Kredit von 1 780 000 Rubel für eine Verbreiterung des Kais im Hafen Nikolajew und von 2600 000 Rubel für den Ausbau des Hafens Eupatoria. u“ Italien.
Das Amtsblatt veröffentlicht ein vonr König unterzeichnetes Dekret, das die Kammer auflöst, die Wahlen auf den 26. Oktober, die Stichwahlen auf den 2. November anberaumt und den Zusammentritt des neuen Parlaments auf den 27. No⸗ vember festsetzt. Dem Dekret geht ein Exposé voraus, in dem laut Meldung des „W. T. B.“ ausgeführt wird:
Das neue Wahlgesetz bringt die Notwendigkeit allgemeiner Wahlen mit sich, damit die Kammer zur Werrtreterin aller Bürger werde. Die neuen Listen gewähren 8 672 249 Bürgern das Wahl⸗ recht, was eine Vermehrung um 5 353 249 Pedeutet. Da das neue Gesetz den Abgeordneten eine billige Entschädigung gewährt, versetzt es die Wählerschaft in die Lage, ihre Vertreter auch unter denen zu wählen, die nicht die Mittel besitzen, die mit der Ausübung des Mandats zusammenhängenden Ausgaben zu bestreiten.
Das Exposé führt dann die wichtigsten Reformgesetze an, so die neue Strafprozeßordnung, die Justizver fassung sowte zahlreiche Gesetze über öffentliche Arbeiten und verweilt namentlich bei drei Reformen, die einen politischen und sozialen Charakter haben, bei den Gesetzen über den Volksschulunterricht, über die Verstaatlichung des Lebensversicherungwesens Und bei dem politischen Wahlgesetz. Das Gesetz über den Volksschulunterricht, das be⸗ stimmt ist, die Schande des Analphabetums auszulöschen, hat die jährlichen Kosten des Volksschulunterrichts von 20 auf 58 Millionen erhöht. Das nationale Lebensversicherungsinstitut hat in wenigen Monaten die Zahl von 22 119 Policen erreicht bei einem Kapital von 172 721 801 Lire. Außerdem übernahm es 122 206 Policen von 23 früheren Gesellschaften über ein Kapital von 796 Millionen; das ist ein neuer Beweis für das Vertrauen, das die staatlichen Ein⸗ richtungen einflößen.
Ein Ereignis, das mehr als jede andere Frage die Aufmerksamkeit des Landes in der letzten Zeit in Anspruch genommen hat, war die Eroberung von Tripolitanien und der Cyrenaika. Die Begeisterung des italienischen Voltes war derart, daß sie an die schönsten Tage des nationalen Wiedererwacherns erinnerte. Volt und Parlament begriffen, daß der oberste Zweck der Politik sei, Italien jene Stellung zu geben, die ihm unbedingt Stwendig ist und ihm im Mittelmeer zukommt. Die Notwendigkeit der Ausbreitung für unser Land, da unsere Bevölkerung auf wunderbare Weise anwächst, eben⸗ so wie die ruhmvollen Ueberlieferungen unserer Geschichte machten aus diesem Unternehmen eine unumgängliche Notwenhigkeit. Wenn man nicht einem jähen Rückgang unserer Stellung in der Welt entgegengehen wollte, konnte der Zustand der Barbarei nicht lange mehr andauern in einem Lande wie Libyen, das im Zentrum des Mittelmeeres liegt, mitten unter Völkern einer vorgeschritlenen Zövili⸗ sation, und Italien hätte es nicht ertragen, diese Gegend von anderen Völkern besetzt zu sehen. Das Exposé rühmt dann die Aktionen des Heeres und der Marine und sagt in bezug auf die Diplomatie: Es genügt, daran sich zu erinnern, daß das Untermehmen bei den fremden Regierungen auf keinen Widerstand gestoßen ist, und daß unverzüglich nach Unterzeichnung des Lausanner Vertrages unsere volle und ganze Souveränität über Tripolitanien und die Cyrenaika von allen Staaten der Welt anerkannt worden ist.
Das Exposé weist dann darauf hin, daß es nicht richtig sei, daß das libysche Unternehmen die Regierung an der Durchführung der öffentlichen Aufgaben und an der Verbesserung der öffentlichen Dienste gehindert habe. Im Gegenteil, die Ausgaben für öffentliche Arbeiten und für die öffentlichen Dienste seien beträchtlich gewachsen, wie dies auch eine Prüfung des Budgets beweise, namentlich des Budgets der öffentlichen Arbeiten, des Unterrichts und der Post, Telegraphen und Eisenbahnen. Das libysche Unternehmen Habe den Fortschritt des Landes weder zum Stillstand gebracht, noch auch ver⸗ langsamt. Die Staatseinnahmen in derr Budgets von 1911/12 und 1912/13 weisen eine wesentlichee Erhöhnung auf. Die Eisen⸗ bahneinnahmen stiegen um 61 Millionen, die Metallreserven der Emissionsinstitute vom 30. Juni 1911 bis zum 30. Juni 1913 um 167 Millionen. Die Einlagen in der Postsparkasse stiegen um 99 Millionen im Jahre 1911, um 75 Milliorren im Jahre 1912 und um 45 Millionen im ersten Halbjahre 1913. In den Sparkassen stiegen die Einlagen von 1910 bis 1912 um 128 Millionen. Die Steinkohleneinfuhr nahm von 1910 big 1912 um 718 000 t zu, trotz der beträchtlichen Zunahme der Wasserkraftarrlagen. In denselben Jahren stieg die Einfuhr um 56 Millionen, die Ausfuhr um 314 Millionen, und im ersten Halbjahr 1913 überschritten Einfuhr und Ausfuhr um viele Millionen die Vorjahrs⸗ ziffern. Die Zunahme der Bevölkerung hat angehalten und in den zwei Jahren 848 000 betragen. Die libysche Expedition hat also keineswegs den Fortschritt des Landes aufge halten. Im Gegenteil, Italien wird eine starke Stütze finden in dem vollkommenen Ver⸗ trauen, das es zu seinen eigenen Kräften erworben hat, und in dem ert erten Beweis, daß gegenüber irgendwelcher äußeren Gefahr die
Nation einmütig zu allen für die Wahrung seiner Ehre und seiner
legitimen Interessen nötigen Opfern bereit ist. 1
Das Land verfolgt mit großem Imteresse die Weiter entwicklung des Unternehmens. Keine Jartei schlägt vor, das Unternehmen aufzugeben, aber es gibt welche, die den Vorschlag machen, unsere Besetzung bloß auf die Küste zu beschränken. Das wäre die schlechteste aller Lösungen. Indem man im Innern dieses Riesengebiets einen vom blindesten Fanatismus geleiteten Wider stand sich organisieren ließe, hätte man einen dauernden Krieg⸗ zustand und die Notwendigkeit, sehr große Kräfte an de Küste zu halten, um nicht durch plötzliche Angriffe über⸗ rascht zu werden. Diese Kräfte müßten aus italienischen Truppen gebildet werden, da man ohne eine Besetzung des Innern au nicht die Möglichkeit hätte, eine genügende Anzahl Eingeborenentruppe zu schaffen. Wenn Italien diese Bahn einschlüge, müßte es auf jed Absicht einer Kolonisierung verzichten. Es würde diesen unglücklichen Völkern auch den Zugang zum Meere nehmen, ohne für das Inner⸗ des Landes ein Werk der Zivilisation zu schaffen. Außerdem würd Italien für etwaige Angriffe der Bevölkerumng im Innern gegen be⸗ nachbarte Völker verantwortlich gemacht werden, während es kein Möglichkeit hätte, solche zu verhindern. Das Unternehmer muß daher weiter betrieben werden bis die ttalienis Autorität sich wirksam in der ganzen Kolonie durchsetzt. Um dies zu erreichen, beabsichtigt die Regierumg soweit als möglich friedliche Mittel anzuwenden. Wenn es jedoch notwendig sein sollte. wird die Regierung nicht zögern, Gewalt anzu wenden, wie sie es jüngs namentlich in der Cyrenaika tun mußte. Auf jeden Fall beabsichtig
die Regierung in Libyen die vollständige Befeiedung zu erzielen durch
strenge Achtung der Religlon, des Familienlebens, der Sitten und Gebräuche dieser Völker und ihnen die großen Wohltaten der Zivi⸗ lisation angedeiben zu lassen ebenso wie die Vorteile einer durchaus unparteiischen und gerechten Regierung. Die innere Politik Italiens ist seit vielen Jahren aus⸗ esprochen liberal und enthält sich auch jeder Einmischung in religiöse ragen, weist aber auch jeden Eingriff der Kirche in die Rechte des Staates zurück. Die Lage der arbeitenden Klassen hat sich verbessert und der soziale Friede sich gefestigt. Die neue Legislaturperiode wird sich mit dem Arbeitsvertrage, mit der Unfallversicherung, der Alters⸗
ersorgung und einer Anzahl weiterer sozialer, hygienischer und Unter⸗ richtsfragen zu beschäftigen haben. Die Staatsgelder müssen bei der Ausführung öffentlicher Arbeiten besser geschützt werden. Die neue
egislaturperiode wird sich bei der Erneuerung der Handelsverträge
nem gewichtigen Problem gegenübergestellt sehen. Mit den Ver⸗ tretern der hauptsächlichsten Interessen des Landes haben bereits Vor⸗ besprechungen deswegen stattgefunden. Die internationalen Beziehungen Italiens sind gegen⸗ ärtig wahrhaft glänzend. Die Erneuerung des Dreibundes sichert Europa eine neue Periode dieses Gleichgewichts der Kräfte, das seit vielen Jahren die sicherste Gewähr des Friedens unter den Groß⸗ mächten ist. Und wie sich in der ganzen Welt die Ueberzeugung
irchgesetzt hat, daß dieses Bündnis die Erhaltung des Friedens zum
weck hat, so hinderte es Italien nicht und wird es auch in Zukunft nicht
ndern, die herzlichsten Beziehungen mit anderen Mächten aufrecht⸗ zuerhalten, von denen einige Italien während des libyschen Krieges die aufrichtigsten Beweise von Freundschaft gaben. Die Haltung Italiens während des Balkankrieges wurde in voller Ueberein⸗ stimmung mit den anderen Mächten beständig durch den Wunsch ge⸗ leitet, das Ende dieses schmerzlichen Kampfes zu beschleunigen, und die Tatsache, daß es infolge des einmütigen Willens aller Großmächte gelang, größere Konflikte zu vermeiden, läßt hoffen, daß eine lange Periode des Friedens für Europa beginnt. In dieser Zeit ist die wirtschaftliche Entwicklung nicht gesichert, wenn man nicht das feste Gleichgewicht der Kräfte unter den verschiedenen Mächten aufrechterhält, und wenn nicht auch unser Land seine militärischen Kräfte zu Wasser und zu Lande entsprechend seinen politischen Ver⸗ hältnissen, seiner Lage in Europa und der Wichtigkeit der großen Interessen, die es schützen muß, stark erhält.
Im Rüstungswettbewerb der letzten Zeit hat Italien niemals die Notwendigkeit, seine militärischen Ausgaben den finanziellen und wirt⸗ schaftlichen Verhältnissen anzupassen, außer acht gelassen. So wird es auch in Zukunft sein. Wir glauben den Grundsatz der zwei⸗ jährigen Dienstzeit aufrechterhalten zu müssen, aber wir werden die Abschaffung des Freiwilligenjahres vorschlagen. Unverzüglich müssen unsere militärischen Streit⸗ kräfte die vollkommenste Bewaffnung erhalten, und namentlich muß der Bau von Kriegsschiffen beschleunigt werden, damit unsere Marine die zur Wahrung unserer Rechte und unserer legitimen In⸗ teressen notwendige Macht erhalte. Die Mittel für den Bau von Schiffen müssen nach unserer Ansicht durch ordentliche Kredite beschafft werden, die den zur Verfügung stehenden Mitteln und den Endzwecken angemessen sind. Unsere Finanzen sind gut, und die im letzten Kriege von unserer Widerstandskraft abgelegte Probe hat in der Welt den Kredit Italiens noch gehoben, dem es auch zum Vorteil gereicht hat, daß es niemals zu auswärtigem Kapital seine Zuflucht zu nehmen brauchte. Die Einnahmen aus den Steuern weisen eine ständige Zunahme auf, und die Staatsbudgets zeigen seit vielen Jahren beträchtliche Ueberschüsse. Wenn indessen in künftigen Jahren eine Maßnahme nötig werden sollte, um ein Balanzieren des Staats⸗ budgets zu erreichen, so wird die Regierung doch nichts von den weniger wohlhabenden Klassen fordern.
Das Exposé schließt mit dem Ausdruck vollkommenen Vertrauens in die Weisheit und den Patriotismus des italie⸗ nischen Volkes. 8
Portugal.
Der Ministerrat hat einzeln die von 287 verurteilten politischen Gefangenen eingereichten Gnadengesuche geprüft. Die Gesamtzahl der Verurteilten beträgt 379. Die Regierung hat in 258 Fällen die Begnadigung empfohlen.
Türkei.
Ddie Ansprache des bulgarischen Generals Sawow an den Großwesir in der vorgestrigen Schlußsitzung der Friedens⸗ konferenz hatte, wie „W. T. B.“ meldet, folgenden Wortlaut: Ich lege Gewicht darauf, Eurer Hoheit vor allen Dingen im Namen der bulgarischen Delegierten für die Hilfe und das höfliche Ent⸗ gegenkommen, das wir von Ihrer Seite bei der Durchführung unserer Mission gefunden haben, unseren Dank auszusprechen. Dank der im Laufe unserer Verhandlungen von beiden Seiten aufgewandten Arbeit, des guten Willens und des versöhnlichen Sinnes ist der Stand der Dinge, wie er seit einem Jahre zwischen unseren beiden Ländern sich gestaltet hatte und so schwer auf ihnen lastete, geändert worden. Der Vertrag, zu dessen Unterzeichnung wir jetzt gelangt sind, bezeichnet die Wiederaufnahme guter Beziehungen zwischen Bulgarien und der Türkei, bezeichnet Einvernehmen und Freundschaft. Wir fühlen durchaus, eine wie große Ehre es ist, an diesem edlen Werke mitge⸗ arbeitet zu haben. Wir sind glücklich, Bürgschaften für die Her⸗ stellung fester und dauernder Beziehungen zwischen unsern beiden Ländern, für gute Nachbarschaft und Freundschaft im Interesse des Glü u des Fortschritts eider Völker haben schaffen zu können.
Serbien.
Nach Meldungen des Serbischen Pressebureaus ist für Prizrend jede Gefahr beseitigt. Im ganzen Departement Prizrend und auf der Grenze bis Djakowitza, ebenso im Departemeut Bitolia (Monastir) herrscht Ruhe und Ordnung. Die serbischen Truppen sind nach Ochrida gezogen, um sich des bulgarischen Bandenführers Tschauljeff zu bemächtigen. Da die ganze serbische Garnison die Stadt Monastir verlassen hat, um gegen die Albanesen zu marschieren, haben die serbischen Behörden in Monastir zur Verteidigung der Stadt und zur Ueberwachung 1.“ und türkischen Stadtbewohner eine Volksmiliz gebildet.
Wie die „Albanische Korrespondenz“ meldet, hat eine Armee von 20 000 Albanern und 4000 mazedonischen Bul⸗ garen die serbischen Truppen aus Dibra und Struga verjagt und sie bis Gostivar getrieben. 300 serbische Sol⸗ daten seien von den Aufständischen gefangen genommen und zwanzig Geschütze und viel Munition erbeutet worden.
Albanien.
Die albanische Regierung hat nach einer Meldung der „Albanischen Korrespondenz“ an alle sechs Großmächte den Appell gerichtet, zur Vermeidung weiteren Blutvergießens und zur Schlichtung des bestehenden Konflikts beizutragen und zu diesem Zwecke möglichst bald die Absteckung der Grenzen Albaniens unter möglichster Berücksichtigung der Wün Bevölkerung vorzunehmen.
Amerika. 1
Das amerikanische Repräsentantenhaus hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern den Tarifbericht des Konferenzkomitees mit 254 gegen 103 Stimmen ange⸗ nommen. Ueber die Baumwollsteuer wird besonders abgestimmt.
— Die fünf Nordstaaten Mexikos haben obiger Quelle zufolge in einer Konferenz in Hermosillo beschlossen, sich
3 Woche in
Nach einem Telegramm aus San Domingo hat sich am Sonntag Puerto Plata, das Hauptbollwerk der Auf⸗ ständischen im Norden, den Regierungstruppen ergeben.
—— Die Botschaft des Präsidenten der argen⸗ tinischen Republik, mit der der Deputiertenkammer das Budget für 1914 vorgelegt wurde, stellt, wie F2. . meldet, fest, daß drei Monate genügen würden, um die Beun⸗ ruhigungen hinsichtlich der Beschränkung des Bankkredits aus Anlaß der politischen Schwierigkeiten in Europa zu beheben. Die Ernteaussichten Argentiniens seien ausgezeichnet. Die Ausfuhr für das erste Halbjahr übersteige 293 000 000 Pesos, die Einfuhr 209 000 000 Pesos.
Der Staatsvoranschlag stellt die Summe der Ein⸗ nahmen auf 451 449 000, die der Ausgaben auf 451 439 222 Papierpiaster fest. Das Kriegsbudget ist um 2 150 000 Piaster niedriger, das Unterrichtsbudget um 6139 531 Piaster höher als für 1913. 8
Asien.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ ist eine Versammlung von Vertretern der auswärtigen Mächte sich im Prinzip über die Anerkennung der chinesischen Republik einig geworden, die wahrscheinlich unmittelbar nach der Präsidentenwahl erfolgen wird, die man für den 8. Oktober erwartet.
— Ein neuer Protest der japanischen Regierung gegen das kalifornische Landgesetz ist obiger Quelle zufolge an die Vereinigten Staaten abgesandt worden. Der Tert ist nicht veröffentlicht worden.
Koloniales.
Nach einer von „W. T. B.“ verbreiteten Meldung aus Dar⸗ essalam in Deutsch Ostafrika ist am 1. Oktober im Schutzgebiet Deutsch Ostafrika die mittlere Ortszeit von 37 ½ Grad östlicher Länge von Greenwich — das ist die Ugandabahn⸗ und Moschizeit — als Einheitszeit eingeführt worden. Deese ist der Kap⸗Kairo⸗Bahnzeit um ½⅞ Stunde, der mitteleuropäischen Zeit um 1 ½ Stunde, der Welt⸗ zeit (westeuropäischen Zeit) um 2 ½ Stunden voraus.
Parlamentarische Nachrichten.
Das Mitglied des Hauses der Abgeordneten Wein⸗ gutsbesitzer Engelsmann in Kreuznach (nl.), Vertreter der Kreise Kreuznach, Simmern und Zell im Regierungsbezirk Koblenz, ist nach einer Meldung von „W. T. B.“ heute ge⸗ storben.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Die im Zentralverband der Glasarbeiter organisierten Glas⸗ schleifer, Polierer und Beleger Groß Berlins lehnten, wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, gestern abend in starkbesuchter Versamm⸗ lung die Vorschläge der Glasindustriellen ab und beschlossen, heute, Mittwoch, die Arbeit nicht wieder aufzunehmen und so lange ruhen zu lassen, bis eine Vereinbarung zustande gekommen. Den Haupt⸗ streitpunkt bildet die sofortige Verkürzung der Arbeitszeit. Zwei Firmen haben die Forderungen bewilligt.
Der Verband der Baumwollspinnereibesitzer in Manchester hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Arbeiter der Spinnereien benachrichtigt, daß sie, wenn die Ausständigen der Beehive⸗Spinnerei in Bolton die Arbeit nicht wieder aufnähmen, eine allgemeine Aussperrung verhängen würden. Infolgedessen wird die Lage der gesamten werktätigen Bevölkerung als gefährdet angesehen.
Die Ausstandsbewegung in Re (vgl. Nr. 226 d. Bl.) ist, „W. T. B.“ zufolge, eingestellt. ie Arbeit wurde überall in vollem Umfang wieder aufgenommen, außer bei der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft, wo noch vierhundert, und der Sala⸗ mandergesellschaft, wo noch zweihundert Leute feiern.
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Wohlfahrtspflege Der Verlag des Breslauer Generalanzeigers stiftete, wie „W. T. B.“ meldet, aus Anlaß der Feier des 25 jährigen Bestehens 85 lcltes hunderttausend Mark zu Wohlfahrtseinrichtungen für die ngestel
Kunst und Wissenschaft. 1
Das Königliche Kunstgewerbemuseum veranstaltet vom Oktober bis Dezember in seinem Hörsaal, Prinz⸗Albrecht Straße 7 a, Hof, folgende öffentliche Vortragsreihen: Kustos Professor Dr. Jean Loubier: Geschschte des Bucheinbands bis zur Gegenwart, 8 Vor⸗ träge, Montag Abends von 8 ⅛ bis 9 ½ Uhr, Beginn Montag, den 13. Oktober; Dr. Ernst Jaffé: Glaskunst unserer Zeit, 6 Vorträge, Dienstaa Abends von 8 ⅛ bis 9½ Uhr, Beginn Dienstag, den 14. Ok⸗ tober; Direktorialassistent und Privatdozent Dr. Georg Möller: Das Kunsthandwerk im alten Aeaypten, 6 Vorträge, Donnerstag Abends von 8 ⁄ bis 9 ½ Uhr, Beginn Donnerstag. den 16. Oktober. Die Vorträge sind unentgeltlich und werden durch Lichtbilder und Aus⸗ stellungen erläutert.
In München wurde gestern die zehnte Jahresversamm⸗ lung des Deutschen Museums mit einem Begrüßungsabend eingeleitet, den die Stadt den Teilnehmern im Saale des alten Rat⸗ hauses gab Dazu hatten sich, „W. T. B.“ zufolge, hervorragende Ver⸗ treter der Wissenschaft und Technik eingefunden; als Vertreter des Reichs⸗ kanzlers war der Staatssekretär Dr. Delbrück erschienen. Der Werftbesitzer Blohm gedachte in einem Trinkspruch der Förderung des Deutschen Museums durch Seine Majestät den Kaiser, Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten und die übrigen Bundesfürsten und weihte ihnen sein Glas. Der Oberbürgermeister von Brunner begrüßte die Gäste im Namen der Stadt und der Staatsminister Dr. Graf von Posa⸗ dowsky dankte für die herzliche Aufnahme. Heute vormittag findet unter dem Ehrenvorsitz Seiner Königlichen Hoheit des Prinz⸗Regenten in der Akademie der Wissenschaften eine Sitzung des Großen Rates des Deutschen Museums statt. 8 8
Bauwesen.
In der zweiten Sitzung der in den letzten Tagen der vergangenen Dresden veranstalteten zweiten gemeinsamen Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz sprach als erster Redner der Stadtbaurat Schaumann⸗Frankfurt a. M. über den Wasserbau in seinen Beziehungen zur Denkmal⸗ lege und zum Heimatschutz. Er aing davon aus, daß der asserbau früherer Zeiten uns zum Teil erst die Heimat ge⸗ schaffen habe, die wir lieben, daß die neuzeitliche Entwicklung des Wasserbaues aber anz anders geartet sei als die frühere und daß wir sehr großen Veränderungen entgegen⸗ sehen hauptsächlich infolge des Gesetzes über die Schiff⸗ fahrtsabgaben und wegen der stetig zunehmenden Aus⸗
von der Bundesregierung zu trennen und Staatenbund zu gründen. “
nutzung der Wasserkräfte. Dem dürften wir nicht mit verschränkien
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Armen zusehen. Mit der Denkmalpflege gerate der Wasserbau am leichtesten in Widerstreit 1) durch seine Hochbauten, 2) durch seine Brückenbauten, 3) durch die Ausbildung der Ufer, 4) durch die Veränderung der Höhe und Breite des Wasserspiegels. Für die Hochbauten betonte der Vortragende nachdrücklich, daß sie nicht dem Ingenieur, sondern dem Architekten anvertraut werden sollten. Für die Brücken stellte er den Grundsatz auf, daß Eisen und Stahl die gefährlichsten Feinde des Stadtbildes sind. Durch seine Vorschriften über Durchflußbreiten und ⸗höhen, über Pfeilerstellung, Höhenlage der Fahrbahn und alle diese zahlenmäßig festgestellten Grundlagen bestimme der Wasserbauer den Maßstab und oft auch den Charakter der Brücke. Dieser Maßstab gerate oft in Widerspruch mit dem Maßstab, der in den Bauten zu beiden Seiten der Brücke gegeben ist, und so schädige die Brücke das alte Stadt⸗ bild mehr oder minder, wie der Vortragende an den neuen Cölner Brücken darlegte. Wir könnten unsere alten Stadt⸗ bilder erhalten, wenn nicht der Techniker mit seinen „Er⸗ rungenschaften“, sondern zuerst der Künstler das Wort hätte. Erst wenn er gesprochen, dürfe die Technik ihre Forderungen stellen. In dieser Beziehung wies der Vortragende auf den Bau der neuen Friedrich⸗August⸗Brücke in Dresden und der alten Main⸗ brücke in Frankfurt a. M. hin. Viele andere alte Brücken aber hätten einen schweren Stand gegenuͤber der modernen Technik, weil sie nicht so im Licht der Oeffentlichkeit stehen wie jene. Keine alte Brücke dürfe zerstört werden, bevor nicht alle Möglichkeiten ihrer Er⸗ haltung erschöpfend untersucht seien. Noch viel gefährlicher für Stadt⸗ bilder und einzelne Bauwerke seien Veränderungen der Höhenlage des Wasserspiegels, Flußkanalisierungen und Veränderungen der Ufer. Bei einseitigem Vorgehen zerstörten die Wasserbau⸗ techniker oft die Wechselwirkung zwischen Stadt und Fluß, die, ursprünglich auf wirtschaftlicher oder verkehrstechnischer Grund⸗ lage ruhend, in unserer Empfindung zu einem einheitlichen Kunst⸗ werk zusammengewachsen sei. Der Wasserbautechniker berufe sich auf die Forderungen bei höchstem Hochwasser, aber eine andere Frage sei es, ob man dem Fluß wegen Erhaltung eines Bau⸗ denkmals nicht ab und zu etwas vorschriftwidriges Verhalten gestatten könne. Dürfe nicht die Flutrinne hier und da eine Ausbauchung erhalten, müsse die „hochwasserfreie’ Höhe der Straßen genau durchgeführt werden, oder könne die Uferstraße nicht auch einmal zugunsten eines Baudenkmals gesenkt werden, selbst auf die Gefahr hin, daß hier alle zehn Jahre eine Ueberflutung von wenigen Stunden eintrete? Es könne schlechterdings nicht zu⸗ gegeben werden, daß Maßnahmen, die geeignet sind, Baudenkmäler auf das schwerste zu schädigen, ganz einseitig vom Standpunkt der Technik ohne Berücksichtigung der Interessen der Denkmalpflege fest⸗ gelegt werden. Daß mit gesundem Menschenverstand, mit natür⸗ lichem Gefühl und vor allem mit einem warmen Herzen für unsere Denkmäler da schon viel erreicht werden könne, erläuterte der Vor⸗ tragende weiterhin ausführlich an dem Beispiel von Frankfurt a. M., wo es gelungen sei, für den Ersatzbau der alten Mainbrücke eine steinerne Brücke durchzusetzen und dem Entwurf eine Gestalt zu geben, die mit der Umgebung in künstlerischem Einklang stehe. Auch für die Fuldaregulierung in Cassel und die alte Donaubrücke in Regens⸗ burg sollte nach Ansicht des Vortragenden ein Kompromiß zwischen den Technikern und den Denkmalpflegern möglich sein. Zur Anbahnung derartiger Kompromisse forderte der Vortragende, es müßte durch Verordnungen festgelegt werden, daß die entscheidenden Stellen alle Entwürfe zu Wasser⸗ und Brückenbauten den zuständigen Organen der Denkmalpflege ohne weiteres zur Begutachtung vor⸗ zulegen haben. Nur in Bayern sei dies zurzeit der Fall. Der Redner schloß mit dem Hinweis auf die einseitige Ausbildung unserer Techniker und befürwortete ihre allgemeine Durchbildung. — Der zweite Redner zu diesem Thema, der Oberregierungsrat Dr. Cassimir⸗ München stimmte diesen Gesichtspunkten im wesentlichen zu und ging dann auf die Frage des Heimatschutzes bei Flußkorrektionen und bei der Ausnutzung der Wasserkräfte ein, bei denen man den Sicherheitsstandpunkt gleichfalls berücksichtigen müsse. Das schablonenmäßige Einhalten der sogenannten Normallinien sei zu ver⸗ werfen, und die Bauten müßten sich möglichst der bestehenden Fluß⸗ lage anpassen. Auch auf dem Gebiete der Wasserkraftausnutzung habe der Ingenieur einseitig mit Schlagworten gearbeitet. Die Aus⸗ nutzung der Wasserkräfte sei, namentlich in kohlenarmen Ländern, eine wichtige Aufgabe, man müsse aber neben den finanztechnischen Rück⸗ sichten auch ästhetische Forderungen gelten lassen. Da dem Ingenieur bei diesen Arbeiten immer ein ausschlaggebender Einfluß zustehen werde, müsse man eine größere Sorgfalt auf die Durchbildung der Ingenieure auch auf dem künstlerischen Gebiet des Bauwesens fordern. Ueber die Baupflege des hamburgischen Staates sprach der Professor Fritz Schumacher. Er ging von den Schwierigkeiten aus, die gerade in einer Großstadt der Pflege des Heimatschutzes ent⸗ gegenstehen, und schilderte dann das Wirken der privaten Heimatschutz⸗ vereine, die kontrollierende Tätigkeit des Hochbauamts und namentlich diejenige der Fassadenkommission in Hamburg. Alle geschichtlichen Denkmale sind der Pflege einer Kommission zum Schutze ihrer Eigen⸗ art und ihrer Umgebung anvertraut Eine Inventarisierung ist ein⸗ geleitet; ebenso wid der Schutz der Naͤturdenkmäler angestrebt. Als besonderes Arbeitsgebiet ist der Kommission aber die Sorge für die Neubauten übertragen, die sich nicht nur auf besonders geschützte Zonen, sondern auf das ganze Hamburger Gebiet erstreckt und sowohl private wie staatliche Neubauten umfaßt. Die Kommission kann Einspruch erheben gegen alle Bauabsichten, in denen sie eine Ver⸗ unstaltung oder in gewissem Zusammenhang eine Beeinträchtigung eines Straßen⸗, Orts⸗ oder Landschaftsbildes erkennt. Verlangt sie dabei Maßnahmen, die den Bauenden in den gesetzmäßig ihm zu⸗ stehenden Rechten für die Ausnutzung seines Grundstucks inbezug auf Grundfläche und Höhe beeinträchtigen, so muß sie eine entsprechende Entschädigung beantragen, die, falls keine Einigung über ihre Höhe erzielt wird, von der Schätzungskommission zu bestimmen ist. Kommt ein derartiges kompliziertes Verfahren nicht innerhalb fünf Monaten zum Abschluß, so erlischt der Einspruch. Die vsctesende Gewalt liegt in der Hand eimner gemischten Kommission, die sich aus Mitgliedern des Senats und der Bürger⸗ schaft zusammensetzt und der ein sachverständiger Beirat zur Seite steht. Der Redner setzte dann die Gesichtspunkte auseinander, nach denen ihm eine Baupflegetätigkeit für die schwierigen Verhältnisse der Großstadt ersprießlich zu werden scheint: Streben nach ge⸗ sunder Massenverteilung, konsequente Dachausbildung, Verein⸗ heitlichung von B'oukomplexen, Kontrolle der Uebergänge zwischen verschiedenen Architekturen und solide Materialbehandlung. Fn das Ziel, dem unbestimmten Gesamtbilde, das die moderne roßstadt zurzeit bietet, wieder einen bestimmten Charakter zu erobern, sieht der Redner das Mittel allein darin, daß die gesamte künstlerisch arbeitende Architektenschaft einer Stadt, anknüpfend an einen für die Gegend charakteristischen Baustoff, einen Materialstil entwickelt, der zu einer für die mannigfaltigen neuen Bedürfnisse der Großstadt geeigneten Alltagssprache wird, die dann auch der Durch⸗ schnittsbauende zu sprechen vermag. Das habe München für einen lokalen Putzstil bereits geleistet. Für Hamburg sieht er ein ähnliches Ziel in der systematischen Kultur des Backsteinmaterials. „Weeiterhin sprach der Dr. med. G. Bonne⸗Kleinflottbek über die Verunreinigung der Gewässer. Die Verpestung der Flüsse durch die Schwemmkanalisation und durch die Fabrikabwässer habe dazu geführt, daß ganze Flußsysteme bis hinein in die Quell⸗ und Nebenflüsse derart verunreinigt sind, daß in ihnen kein Fischleben mehr vorkommt. Eine derartige Verunreinigung hat neben de großen wirtschaftlichen aber auch große Gefahren für die Gesundheit der Anwohner im Gefolge. Die Städte seien dadurch gezwungen, zur Versorgung mit Tiefengrundwasser überzugeben, und dieß verursache wiederum ein Ausdörren weiter Gelände. (Grunewaldseen Der Schaden, den die Gesundheit der Nation durch den Aussall von billiger Fischnahrung aus den Flüssen erleide, der Umstand, da die deutsche Jugend sich nicht mehr durch Baden und Schwimmen i den Flüssen kräftigen könne, daß durch den Ruin der deutschen Binnen⸗ fischerei infolge Verseuchung der Gewässer die Zahl der deutschen
Binnenfischer immer mehr zurückgehe und damit eine der gesundesten