1913 / 236 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 06 Oct 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Bekanntmachung

über das Ergebnis der Nachwahl von acht Stell⸗ vertretern der nichtständigen Mitglieder des Reichs⸗ versicherungsamts aus dem Stande der gewerb⸗

lichen Arbeitgeber. Vom 17. September 1913 C. B. 3647.

Infolge Ausscheidens nichtständiger Mitglieder des Reichs⸗ versicherungsamts aus dem Stande der gewerblichen Arbeit⸗ Ss und ihrer Stellvertreter waren Nachwahlen erforderlich. kach den Stimmzetteln der beteiligten Berufsgenossenschaften und Ausführungsbehörden sind, nachdem die übrigen Vertreter in die unbesetzten Stellen aufgerückt sind, mit Stimmenmehr⸗ heit gewählt worden: 1) zum 37. Stellvertreter des ersten nichtständigen Mitglieds der Ratsmaurermeister Paul Höfchen in Berlin, Elß⸗ holzstraße 18; 2) zum 38. Stellvertreter des ersten nichtständigen Mitglieds der Stadtrat und Maurermeister Heinrich Sames in Darmstadt, Pallaswiesenstraße 26 —28; 3) zum 33. Stellvertreter des zweiten nichtständigen Mitglieds der Maurermeister Th. Rosenbaum in Hamburg, Eppendorferbaum 20; 4) zum 34. Stellvertreter des zweiten nichtständigen Mitglieds der Direktor der Großen Berliner Straßenbahn, Regie⸗ rungsrat a. D. Dr. jur. Walther Micke tn Char⸗ lottenburg, Witzlebenplatz 3; 5) zum 35. Stellvertreter des zweiten nichtständigen Mitglieds der Königliche Salinendirektor, Oberbergrat Adolf Morsbach in Bad Oeynhausen; 6) zum 36. Stellvertreter des zweiten nichtständigen Mitglieds der Ingenieur G. Schöttle in Berlin⸗Wilmersdorf, Uhlandstraße 43; 7) zum 37. Stellvertreter des zweiten nichtständigen Mitglieds der Architekt, Maurer⸗ und Zimmermeister Adolf Horne⸗ mann in Berlin⸗Wilmersdorf, Trautenaustr. 2; 8) zum 38. Stellvertreter des zweiten nichtständigen Mitglieds

der Fabrikbesitzer Hermann Leféêvre in Stettin⸗Oberwiek.

Berlin, den 17. September 1913. Das Reichsversicherungsamt. J. V.: Witowski.

Königreich Preußen.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.

Dem Lehrer an der Königlichen Kunstakademie in Königs⸗ berg i. Pr., Maler Richard Pfeiffer ist der Titel Professor verliehen worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

4 Dem Assistenten an der Landwirtschaftskammer der Provinz Brandenburg, Tierarzt Dr. Wladislaus Opalka in Berlin⸗ Wilmersdorf ist die kommissarische Verwaltung der Kreis⸗ tierarztstelle in Rinteln übertragen worden.

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mmachung. -

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß das steuerpflichtige Reineinkommen der Königsberg⸗Cranzer Eisenbahngesellschaft für das Rechnungsjahr 1912/13 150 000 beträgt. Königsberg (Pr.), den 3. Oktober 1913. 8 ar.

Der Königliche Eisenbahnkommiss⸗ 8.Blunck.

Bekanntmachu

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (Ges.⸗S. Seite 152) wird hierdurch zur öffentlichen Kenntnis pühgacht daß das im Steuerjahr 1913 kommunalabgabenpflichtige

eineinkommen der Stralsund⸗Tribseer Eisenbahn aus dem Betriebsjahr 1912 auf 24 062 50 ₰festgesetzt worden ist.

Stettin, den 2. Oktober 1913. Der Königliche Eisenbahnkommissar. VWV Küull.

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In Neubearbeitung sind fertiggestellt und an vertriebsstellen übergeben worden: 8 A. Meßtischblätter 1: 25 000:

Nr. 336 Zinten, Nr. 473 Landsberg i. Ostpr.,

Bekanntmachung.

400 Eisenberg, 8 471 Mehlsack,

B. Karte des Deutschen Reichs 1:100 000 Ausgabe A (Schwarzdruck): Nr. 4 Paaschken. C. Karte des Deutschen Reichs 1: 100 00 Nr. 335 Einbeck. Alle Bestellungen auf Karten sind an diejenige Vertriebsstelle zu ichten, in deren Bezirk sich der Besteller befindet. Berlin, den 5. Oktober 1913. Kartographische Abteilung der Königlichen Landesaufnahme. J. V.: Nethe.

914, 1010, 1011 Borkum.

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1

Das bevorstehende Studienhalbjahr unserer Universität nimmt mit dem 15. Oktober seinen gesetzlichen Anfang. Indem wir dies hierdurch zur allgemeinen Kenntnis bringen, machen wir diejenigen, welche die Absicht haben, die hiesige Universität zu besuchen, darauf aufmerksam, daß sie sich pünktlich mit dem Beginn des Semesters hier einzufinden haben, um sich dadurch vor den Nachteilen zu be⸗ wahren, welche ihnen durch das Versäumen des Anfangs der Vor⸗

welche auf Grund vee Dürftigkeitsatteste die Wohl⸗

tat der Stundung des Honorars für die Vorlesungen in Anspruch zu

nehmen beabsichtigen oder um ein akademisches Stipendium sich be⸗

werben wollen, bemerken wir, daß den gesetzlichen Vorschriften zufolge

derartige Gesuche bei Vermeidung der Nichtberücksichtigung

innerhalb der ersten vierzehn Tage nach dem gesetzlichen Anfange des

Semesters eingereicht werden müßen.

Bonn, den 4. Oktober 1913.

Rektor und Senat der ö““

ell.

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Die Immatrikulation für das bevorstehende Studienhalbjahr findet vom 20. Oktober bis zum 8. November d. J. einschl. statt. Später können nach den bestehenden Vorschriften nur diejenigen Studierenden noch immatrikuliert werden, welche die Verzögerung ihrer Anmeldung mit gültigen Verhinderungsgründen zu entschuldigen vermögen. Behufs der Immatrikulation haben: 1) diejenigen Studierenden, welche die Universitätsstudien beginnen, insofern sie Inländer sind, ein vorschrifts⸗ mäiges Schulzeugnis und, falls sie Ausländer sind, einen Paß oder sonstige ausreichende Legitimationspapiere sowie einen Ausweis über die erforderliche Schulbildung, 2) diejenigen, welche von anderen Uni⸗ versitäten kommen, außer den vorstehend bezeichneten Papieren noch ein vollständiges Abgangszeugnis von jeder früher besuchten Universität vorzulegen. Diejenigen Inländer, welche keine Reifeprüfung be⸗ standen, beim Besuche der Universität auch nur die Absicht heen sich eine allgemeine Bildung für die höheren Lebenskreise oder eine besondere Bildung für ein gewisses Berufsfach zu geben, ohne daß sie sich für den eigentlichen gelehrten Staats⸗ oder Kirchendienst bestimmen, können auf Grund des § 3 der Vorschriften vom 1. Ok⸗ tober 1879 immatrikuliert werden, Inländerinnen jedoch nur nach vorheriger Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten.

Ebenso bedürfen Ausländerinnen in jedem Falle zur Im⸗ matrikulation ministerieller Genehmigung.

Inländerinnen mit dem Lehrerinnenzeugnis für mittlere und höhere Mädchenschulen, welche das Universitätsstudium mit dem Ziele der Prüfung für das höhere Lehramt (pro facultate docendi) beginnen wollen, haben zum Zwecke ihrer Immatrikulation eine von dem Direktor der wissenschaftlichen Prüfungskommission ausgestellte Bescheinigung darüber vorzulegen, daß hinsichtlich ihrer Vorbildung und ihrer praktischen Lehrtätigkeit die Voraussetzungen für die Zu⸗ lassung zur erwähnten Prüfung gemäß der Ministerialverfügung vom 3. April 1909 zutreffen.

Bonn, den 4. Oktober 1913.

Die Immatrikulations ommi Sell.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 6. Oktober 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König haben Sich heute vormittag vom Neuen Palagis bei Potsdam zu mehr⸗ tägigem Aufenthalt nach dem Jagdschloß Hubertusstock begeben.

Der Austausch der Ratifikationsurkunden zu dem am 13. Oktober 1909 zwischen dem Deutschen Reich, Italien

lesungen erwachsen müssen. In Ansehung derjenigen Studierenden,

und der Schweiz abgeschlossenen neuen Gotthardbahn⸗ vertrag hat, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern in Bern stattgefunden. 8

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Die eisenbahnfachwissenschaftlichen Vorlesungen finden im Winterhalbjahr 1913/14 in folgender Weise statt:

In Berlin in der Universität Vorlesungen über National⸗ ökonomie der Eisenbahnen, insbesondere das Tarifwesen, sowie über die Verwaltung der preußischen Staatseisenbahnen und im technologischen Institut der Universität über chemische Technologie. Das Nähere, namentlich auch über die An⸗ meldung zu den Vorlesungen, ist aus dem Anschlag in der Universität ersichtlich.

In Breslau im Sitzungssaal des Empfangsgebäudes auf dem Hauptbahnhof vom Mittwoch, den 22. Oktober d. J., ab Mittwoch und Sonnabend von 5 bis 6 ½ Uhr Nachmittags über Eisenbahnbetrieb; vom Montag, den 27. Oktober d. J., ab Montag und Donnerstag von 4 ½ bis 6 Uhr Nachmittags über Nationalökonomie der Eisenbahnen, insbesondere das Tarifwesen, und vom Dienstag, den 21. Oktober d. J., ab Dienstag und Freitag von 5 bis 6 ½ Uhr Nachmittags über Elektrotechnik.

In Cöln in dem physikalisch⸗elektrotechnischen Institut der Handelshochschule Vorlesungen über Elektrotechnik vom Sonn⸗ abend, den 25. Oktober d. J., ab jeden Sonnabend von 6 bis 8 Uhr Nachmittags und über die wirtschaftlichen Aufgaben der Eisenbahnen, das Tarifwesen und das Frachtrecht vom 4. No⸗ vember d. J. ab Dienstag und Freitag von 11 Uhr Vor⸗ mittags bis 12 ½ Uhr Nachmittags.

In Elberfeld im Lehrzimmer für Physik der städtischen Oberrealschule, Westendstraße, in der Zeit vom Oktober bis Ende März (mit Unterbrechung in den Weihnachtsferien) an den Mittwochabenden von 6 ½ bis 8 Uhr technologische Vor⸗ lesungen.

In Frankfurt (Main) vom 6. Oktober d. J. ab, vor⸗ aussichtlich bis Ende März, Vorlesungen über Eisenbahnbetriebs⸗ lehre am Montag jeder Woche von 4 ½ bis 6 Uhr Nach⸗ mittags. Ferner daselbst im elektrotechnischen Hörsaal des Physikalischen Vereins zwischen Neujahr und Ostern 1914 jeden Montag von 6 bis 8 Uhr Abends elektrotechnische Vorlesungen.

In Halle (Saale) vom Montag, den 27. Oktober d. J., ab im Hörsaal des physikalischen Instituts der Universität am Montag jeder Woche, Nachmittags von 5 Uhr 50 Minuten an, Vorlesungen über Elektrotechnik. Die Teilnehmerzahl list auf höchstens 80 bemessen.

In Hannover vom 4. November d. J. ab Vorlesungen über Eisenbahnbetriebslehre an jedem Dienstag und Freitag von 10 ½ bis 12 Uhr Vormittags.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 3. Oktober S. M. S. „Gneisenau“ und S. M. Flußkbt. „Taku“ in Tschimulpo, S. M. S. „Iltis“ in Schanghai u S. „Geier“ in Castelnuovo eingetroffen. 8

Bayern.

Der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg der mit dem Unterstaatssekretär Wahnschaffe gestern vor⸗ mittag in München eingetroffen ist, besuchte, wie „W. T. B.“ meldet, Mittags den Ministerpräsidenten Dr. Freiherrn von Hertling und verweilte dort eine Stunde in Begleitung des Gesandten von Treutler. Am Nachmittag fuhr der Ministerpräsident Dr. Freiherr von Hertling bei der preußischen Gesandtschaft vor und gab dort seine Karte für den Reichskanzler ab. Abends gaben der Ministerpräsident und seine Gemahlin in den Festräumen des Ministeriums des Aeußern zu Ehren des Reichskanzlers ein Festmahl.

Oesterreich⸗Ungarn.

Gestern vormittag fand in Salzburg in den Festräumen

der Kaiserlichen Residenz die Feierdiche Audienz der zur Be⸗

glückwünschung des Thronfolgers, Erzherzogs Franz Fer⸗ dinand, aus Anlaß des 25 jährigen Jubiläums seiner Z gehörigkeit zur deutschen Armee am Sonnabend dort eing

troffenen preußischen Offiziersabordnung statt. Der Führer der Abordnung, Regimentskommandeur, Oberstleutnant Gr von Wengersky überreichte, wie „W. T. B.“ meldet, in die Audienz das dem Erzherzog⸗Thronfolger vom Deutschen Kai verliehene Dienstauszeichnungskreuz mit einem Allerhöchsten Hat schreiben und drückte die Glückwünsche seines Allerhöchst Kriegsherrn und der deutschen Armee aus. Der Erzherz Franz Ferdinand, der bei der Audienz die Uniform d. Königlich preußischen Ulanenregiments Prinz August v Württemberg (Posenschen) Nr. 10, dessen Chef er ist, trr dankte in herzlichen Worten für die ihm zuteil gewordene Ar

merksamkeit und zog sodann die Mitglieder der Abordnung in

ein längeres Gespräch. Mittags fand in der Kaiserlichen Residenz ein vom Erzherzog⸗Thronfolger zu Ehren der deutsch

Gäste veranstaltetes Festmahl statt.

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(‚(Großbritannien und Irland. Das vereinigte Nationalkomitee der Post⸗ und T

graphenangestellten hatz wie „W. T. B.“ meldet, vo gestern in einer Sitzung beschlossen, den Premierminister u den Generalpostmeister zu ersuchen, eine Abordnung zu empfangen, die gegen den Bericht Einspruch erheben soll, den eine amtliche Kommission kürzlich über die Verhältnisse und die Gehälter im Postdienst erstattet hat. Die Angestellten aller Kategorien des Dienstes sind mit diesem Bericht unzufrieden. Es wurde ferner beschlossen, für die Mitglieder aller an das Nationalkomitee angeschlossenen Körperschaften eine unverzügliche Lohn⸗ erhöhung von 15 Prozent zu verlangen. Das Komitee hält diese Forderung durch die erhöhten Lebenskosten, das gesteigerte Niveau der Lebenshaltung und den vermehrten Wert der Arbeitsleistung im Postdienst für berechtigt. Schließlich wurde noch beschlossen, die Einwände, die die Beamten gegen den amtlichen Bericht an den Generalpostmeister geltend machen, im einzelnen aufzuführen und vorzuleg ande Massenversammlungen zu organisieren.

Frankreich.

Der Ministerrat hat vorgestern den Marineminister Baudin ermächtigt, die von der Admiralität vorgeschlagenen Aenderungen in der Zusammensetzung der See⸗ streitkräfte durchzuführen. Wie „W. T. B.“ melde. erfolgen diese Veränderungen im wesentlichen nach folgenden zwei Gesichtspunkten: Zusammensetzung der Geschwader aus acht Linienschiffen und Erhöhung der beiden ersten Ge⸗ schwader hinsichtlich ihrer Kaders und Besatzungen auf Kriegsstärke. Das erste Geschwader wird demnach aus den beiden neuen Panzerschiffen „Jean Bart“ und „Courbet“ und aus sechs Schiffen der Dantonklasse bestehen, während das zweite Geschwader die fünf Panzerschiffe vom Typ der „Patrie“ und vorläufig eine Division aus drei Panzerschiffen vom Typ der „Saint⸗Louis“, die früher zum dritten Ge⸗ schwader gehörte, umfassen wird. Diese Division, die für Uebungen und Manöver dem Kommandeur des zweiten Geschwaders unterstellt ist, wird im Kriegsfalle eine Ergänzungsdivision bilden. Mitte nächsten Jahres wird diese Division höchstwahr⸗ scheinlich aufgelöst werden, wenn die Kriegsflotte durch zw neue Einheiten vom Typ des „Jean Bart“, durch die Panze schiffe „France“ und „Paris“, vervollständigt sein wird. Als⸗ dann wird die Zusammensetzung der Fl noch einmal eine Aenderung erfahren. G“

Nach dem Budgetentwurf sollen die ordentlichen Ausgaben des Kriegsbudgets, wie „W. T. B.“ meldet, 599 135 711 Rubel betragen und damit diejenigen von 1913 um 47 897 388 Rubel übersteigen; die außerordentlichen Ausgaben vmn 125 663 170 Rubeln übersteigen diejenigen von 1913 un 35 535 131 Rubel.

Ein Communiqué des Ministeriums des Innern erklärt, obiger Quelle zufolge:

Obwohl der Baptismus in Rußland nicht die Kennzeichen einer ungesetzlichen und gefährlichen Sekte aufweist, so muß ihn die Regierung doch scharf überwachen und kann auf eine energische Be⸗ kämpfung innerhalb der durch das Gesetz gezogenen Grenzen nicht verzichten, da er eine ausgedehnte Proselytenmacherei, besonders unter den Massen, treibt und dem Baptismus im Auslande eng verbunden und untergeordnet ist.

Portugal.

Die Festlichkeiten aus Anlaß des Jahrestages der Errichtung der Republik haben gestern begonnen. Der Festzug, der sich nach dem Friedhof bewegen sollte, um die Vorkämpfer der Republik zu ehren, wurde in letzter Stunde verschoben.

Das „Diario de Governo“ veröffentlicht das Dekret, durch das 268 politische Gefangene begnadigt werden. Die hauptsächlichsten Führer der verschiedenen monarchistischen Be⸗ wegungen sind von der Amnestie ausgeschlossen

Türkei. v

Der Sultan hat gestern die bulgarischen Delegierten in Audienz empfangen, zu deren Ehren der Großwesir Abends ein Festmahl gab.

Der griechische Vertreter Levidis, der sich seit zwei Monaten in Konstantinopel befindet und bisher nur mit dem Großwesir Fühlung genommen hatte, besuchte, wie „W. T. B. meldet, vorgestern auf der Pforte den Minister des Innern Talaat, mit dem er eine Unterredung über die schwebenden Fragen hatte.

Nach einer Meldung des „Wiener K. K. Telegraphen⸗ Korrespondenz⸗Bureaus“ bestätigt es sich, daß Dedeagatsch nach Räumung durch die Griechen von den in Gümüldschina gebildeten Miliztruppen besetzt worden ist.

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Die Regierung hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ an den König, der vorgestern nachmittag im Piräus ein⸗ getroffen ist, das Ersuchen gerichtet, die Kammer, die am 1. Oktober zusammentreten sollte, zu vertagen.

Der octtomanische Bevollmächtigte Herand Abro Bei ist heute vormittag in Athen angekommen und hat dem Minister des Auswärtigen Panas einen Besuch gemacht. Morgen wird er die türkischen Gegenvorschläge vorlegen. Der „Agence d'Athènes“ zufolge erklärte er, er habe entgegen⸗ kommende Vorschläge zu überbringen und hoffe, eine Ver⸗ ständigung zu erreichen, wenn Griechenland ein gleiches Ent⸗ gegenkommen zeige.

Die griechisch⸗serbische Kommission zur Ab⸗ steckung der serbisch⸗griechischen Demarkationslinie hat ihre Arbeiten beendet. Ueber einen strittigen Punkt bei Seschowo konnten sich die Delegierten nicht einigen, sodaß diese Frage in der Schwebe bleibt. Für die Zwischenzeit hat die Kom⸗ mission im Seschowogebiet eine neutrale Zone errichteet.

Serbien.

Der Ministerpräsident Paschitsch ist gestern aus Wien in Belgrad eingetroffen.

Nach Meldungen des serbischen Pressebureaus wurde am Freitag während des ganzen Tages in der Stellung von Guridevrun im Kreise Gorski, Bezirk Prizrend, ge⸗ kämpft. Am Nachmittag besetzten die serbischen Truppen nach erbittertem Widerstand der Arnauten diese Stellung. Gegen⸗ wärtig wird der Feind verfolgt. Im ganzen Bezirk Prizrend herrscht Ordnung.

Die Handels⸗, Industrie⸗ und Gewerbekammern haben, wie „W. T. B.“ meldet, für den Fall, daß sich die allgemeine Lage binnen zehn Tagen nicht klären sollte, beschlossen, bei der Regierung die Verlängerung des Moratoriums bis zum Jahresschlusse zu beantragen.

Das gegenwärtige Kabinett soll nach einer Meldung des Wiener „K. K. Telegraphenkorrespondenzbureaus“ durch die Stambulowisten Apostolow und Dobri Petrow und den Radoslawisten Kristo Popow ersetzt werden. Das Parteiorgan Danews, „Bolgaria“, das seit dem Sturze Danews das Er⸗ scheinen eingestellt hatte, ist gestern zum ersten Male wieder erschienen. Montenegro. Das Amtsblatt veröffentlicht eine Proklamation, in der der König wegen der Ereignisse an der Ostgrenze dem Kriegsminister befiehlt, je nach den Bedürfnissen die teilweise Mobilisation der Armee anzuordnen.

Amerika.

Nach der Unterzeichnung des Tarifentwurfs hielt der Präsident Wilson, wie „W. T. B.“ meldet, eine Ansprache, in der er sagte, die gesetzgeberische Arbeit sei erst teilweise vollendet. Der zweite Schritt in der Emanzipation des Handels sei die Reform des Geldumlaufs. Wilson gab der leb⸗ haften Zuversicht Ausdruck, daß der Gesetzentwurf über den Geldumlauf, der bereits von der Kammer angenommen sei, schneller von dem Senat gebilligt werde, als einige Pessimisten glaubten.

Die „New York Times“ meldet, daß nach einer Ent⸗ scheidung des Schatzamtes eine fünfprozentige Zoll⸗ ermäßigung nach den Bestimmungen des alten mit Preußen abgeschlossenen Vertrages auf Waren aus dem gesamten Deutschen Reich Anwendung zu finden hat.

Die peruanische Kammer hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ mit 66 gegen 9 Stimmen einen Abänderungs⸗ antrag zur Verfassung angenommen, der allen nicht römisch⸗ katholischen Religionsgemeinschaften Duldung zusichert. Die Verfassungsänderung hat bereits die Zustimmung des Senats gefunden.

Afrika.

Nach einer amtlichen Meldung aus Tetuan ist vorgestern eine Abteilung, die sich zur Aufklärung im Smir⸗Tale befand, von Aufständischen angegriffen und heftig beschossen worden. Der Führer der spanischen Abteilung, Major Acha, wurde schwer, zwei andere Offiziere leicht verletzt. Von den Soldaten wurde ein Mann getötet und vier verwundet.

Der Generalresident von Marokko, General Marina, ist in Larache eingetroffen und hatte eine Zusammenkunft mit dem General Sylvestre.

Parlamentarische Nachrichten. Der Reichstagsabgeordnete Florian Klose (Zentrum), Vertreter des Wahlkreises Leobschütz, ist, wie die „Schlesische Zeitung“ meldet, vorgestern früh im 68. Lebensjahre gestorben.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Zum Ausstand der Berliner Kürschner (vgl. Nr. 229 d. Bl.) teilt die „Voss. Ztg.“ mit, daß am Sonnabend Einigungsverhand⸗ lungen vor dem Einigungsamt des Gewerbegerichts stattfanden, die bisber zu keinem Ergebnis führten. Sie sollen am Donnerstag fort⸗ gesetzt werden.

In Magdeburg ist, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, der größte Teil der Brauereiarbeiter und Wagenführer der dortigen Brauereien sowie der Niederlage der Berliner Schultheißbrauerei wegen Lohnforderungen in den Ausstand getreten.

Wie der „Neue Görlitzer Anzeiger“ meldet, ist es in Penzig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Glasmachern und den dortigen Glashüttenwerken über die Arbeitszeit gekommen und infolge⸗ dessen am 3. d. M. ein großer Teil der Glasmacher (etwa 150 Mann) in den Ausstand getreten. Vier Glashütten hatten deswegen ihren Betrieb eingestellt. Inegesamt feiern infolge des Ausstands etwa 600 Arbeiter. Inzwischen haben sich die Arbeiter der Adlerhütten sämtlich wieder zur Wiederaufnahme der Arbeit gemeldet und sich durch Unterschrift verpflichtet, die von der Fabrikleitung fest⸗ gesetzte Arbeitszeit innezuhalten. .

Unter den Bergarbeitern des nordwestböhmischen Braunkohlengebiets bereitet sich, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet,

eine Lohnbewegung vor. Einzelne Arbeitergruppen überreichten be⸗ Fn 6,8 Forderungen, die in der Hauptsache 25 % Lohnerhöhung etreffen.

Bei der Untersuchung der Arbeitsstreitigkeiten in Dublin (vgl. Nr. 208 d. Bl.) vor der Handelskammer erklärte, „W. T. B.“ zufolge, am Sonnabend der Anwalt der Arbeitgeber Healy, daß die Arbeitgeber die fordenung⸗ die Leute zu entlassen, die sie während des Ausstands eingestellt hätten, nicht erfüllen könnten. Es wurde darauf⸗ hin erklärt, daß die Vertreter der Arbeiter nicht weiter an der Unter⸗ suchung teilnehmen würden. Später jedoch wurde mitgeteilt, daß die Unterhandlungen am Montag (heute) fortgesetzt werden würden. In Moskau ist, wie „W. T. B.“ meldet, der durch den Aus⸗ stand unterbrochene Straßenbahnverkehr teilweise wieder auf⸗ genommen worden. (Vgl. Nr. 235 d. Bl.) 8 1““

Weitere „Statiftische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Ein Kursus für Wohnungs⸗ und Bauwesen, d on der Zentralstelle für Volkswohlfahrt in Verbindung mit dem Verband rheinisch⸗westfälischer Gemeinden sowie dem Rheinischen und dem Westfälischen Verein für Kleinwohnungswesen veranstaltet wird, findet in der Zeit vom 13. bis 19. Oktober d. J. in Münster i. W. statt. Die Fragen der Stadt⸗ und Ortserweiterung, der kommunalen Boden⸗ politik, des Bauordnungs⸗ und Bauplanwesens, der Wohnungs⸗ aufsicht, der gemeinnützigen Bautätigkeit, des Realkredits, des Heimatschutzes und der Bauberatung werden von berufenen Fachleuten behandelt. Eine umfassende Ausstellung gibt in Plänen, Modellen und Abbildungen einen Ueberblick über das Gebiet. Er⸗ gänzend treten Besichtigungen in Münster, Rheine, Radbod und Essen hinzu. Die preußischen Minister für Handel und Gewerbe, des Innern, der öffentlichen Arbeiten und für Landwirtschaft haben die nachgeordneten Stellen auf die Wichtigkeit der Veranstaltung aufmerk⸗ sam gemacht. Anmeldungen (20 für den Kursus, 4,50 für eine Tageskarte) nimmt die Zentralstelle für Volkswohlfahrt, Berlin W. 50, Augsburger Straße 61, entgegen. A1XX““

Kunst und Wissenschaft.

Der Direktor des Kaiserin⸗Friedrich⸗Hauses für das ärztliche Fort⸗ bildungswesen Professor Dr. Robert Kutner ist, wie hiesige Zeitungen melden, gestern früh, 47 Jahre alt, nach kurzem schweren Leiden in einer Berliner Privatklinik gestorben.

In München ist „W. T. B.“ zufolge gestern abend nach längerer Krankheit der Maler Professor Hans von Bartels ge⸗ storben.

Eine neue Zählung sämtlicher bisher anerkannter Arten von Blütenpflanzen, die Professor Bessey durchgeführt hat, ergibt die runde Ziffer von 132 500. Den Begriff der Blüten⸗ pflanzen beschränkt der Fachmann auf die Angiospermen, während er die Gymnospermen, zu denen insbesondere die Nadelbäume gehören, ausnimmt. Die Zahl der Arten der blühenden Pflanzen verteilt sich sehr ungleich auf die beiden großen Klassen der Monocotyledonen und der Dicotyledonen, indem zu jenen nur 23 700, zu diesen dagegen der ganze Rest von 108 800 Arten gerechnet werden. Innerhalb der Klasse der Dicotyledonen fällt gerade die Hälfte von je 54 000, auf die beiden Unterabteilungen der Axifloren und der Kalyeifloren. Professor Bessey hat nun diese Zählung bis in die einzelnen Stufen des Systems hinein fortgesetzt. Bei den Monocotyledonen zählt er 1 A it oberen und 11 000 mit unteren O

Bauwesen.

Der Wettbewerb um den Strauchpreis 1914 stellt die Aufgabe: Welchen Einfluß haben ausgeführte Staubeckenanlagen auf den Abflußvorgang in den unterhalb gelegenen Flußstrecken ausgeübt, namentlich in bezug auf Veränderung des Hochwasser⸗ abflusses und Aufhöhung des Niedrigwassers? Bei der späteren Reise sind die an bisher erbauten deutschen Talsperren und an den dazugehörigen Wasserläufen vorhandenen Einrichtungen zur Beob⸗ achtung des Abflußvorganges und der ihn mittelbar beeinflussenden andern Vorgänge (z. B. Verdunstung) zu studieren und bisher gewonnene Beobachtungsergebnisse zu sammeln. Nach Schluß der Reise sind dann die gesammelten Unterlagen in einer einheitlichen Darstellung zu verarbeiten. Nach den Fezungen der Wilhelm Strauch⸗ Stiftung sind alle Mitglieder des Architekten⸗Vereins in Berlin zur Teilnahme berechtigt, die sich bis zum 31. Januar d. J. zur Auf⸗ nahme in den Verein gemeldet haben. Die Wettbewerbsarbeiten sind bis zum 31. März 1914 abzuliefern. Der vom Stifter festgesetzte Preis beträgt 3000 ℳ. Sofern die Stiftung die erforderlichen Mittel besitzt, können mit Zustimmung des Vorstands ausnahmsweise mehrere Preise erteilt werden. Die Preiserteilung erfolgt am Geburtstage des Stifters, den 23. Juni. 8 8—

Im Berliner Bezirksverein deutscher Ingenieure hielt am 1. d. M. der Regierungsbaumeister Dr. Schinkel aus Kiel einen Vortrag „Ueber den Bau des Panamakanals“. In dem kurzen geschichtlichen Rückblick wurden die Bemühungen des Franzosen Lesseys erwähnt, der in den Jahren 1881 bis 1888 den Panama⸗ durchstich versuchte. Auch die Bemühungen der französischen Regie⸗ rung, diesen Plan durchzuführen, scheiterten. Erst nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika den Bau übernahmen, gelang es, der großen E1“ Herr zu werden, an denen die beiden französischen Gesellschaften gescheitert waren. Voraussetzung für das Gelingen des Plans war die straffe Organisation der Isthmischen Kanalkommission, an deren Spitze als Chefingenieur Colonel Goethals steht. Bevor zu den eigentlichen Bauarbeiten ge⸗ schritten werden konnte, war es notwendig, die gesundheitlichen Ver⸗ hältnisse für die 35 000 Beamten und Arbeiter so zu heben, daß die Sterblichkeit gewöhnliche Grenzen innehielt. Wie ungesund die Gegend war, beweist die bei dem Bau der Panamaeisenbahn im Jahre 1855 hervorgetretene Sterblichkeit, nach der zu jeder Schwelle ein Toter gehörte. Durch großzügige Entwässerungsbauten, einen fortgesetzten Kampf gegen die Moskitos durch Bespritzen der Kanäle mit Petroleum, durch Schaffung gesunder Arbeiter, und Beamtenwohnungen gelang es, die Crerßlichkeit auf ein erträgliches Maß herunter zu drücken. Unter den Arbeitern unterscheidet man die Gold⸗ und Silberarbeiter, d. h. weiße Arbeiter, die für einen Stundenlohn von etwa 70 arbeiten und ihren Lohn in amerikanischem Gelde ausgezahlt bekommen; im Gegensatz dazu stehen die schwarzen Arbeiter, deren Lohn bis zu 60 v. H. des obigen Lohnes beträgt, und die ihren Lohn in dem Silber⸗ gelde des Panamastäaates ausbezahlt bekommen. Um welche Summen es sich hierbei handelt, beweist der Umstand, daß monatlich 1 ¼ Million Mark an Löhnen und Gehälter bezahlt werden. Von den eigentlichen Bauarbeiten führte der Redner die charakteristischsten vor: den Gatundamm, der den Gatunsee nach dem Atlantischen Ozean abschließt, die drei Schleusentreppen und die umfang⸗ reichen Arbeiten beim Durchbruch der Kordilleren bei Culebra. Bei den starken, nicht ganz unberechtigten Bedenken, die der Ausführung des Schleusenkanals entgegenstanden, schien es notwendig, Sicherungsmaßregeln in großer Zahl an⸗ zubringen. So wurde bei, der Ausführung des Gatundammes ein Dammquerschnitt gewählt, der eine so große Basis und so schwache Neigung erhalten hat, daß der Beschauer nicht die Empfindung hat, auf einem künstlichen Damm zu stehen. Die für die Ausführung des Dammes anfänglich hergestellten beiden seitlichen Dämme sind bis auf den Felsboden, d. h. bis in eine Tiefe von 60 m hinunter⸗ eführt worden, um den auf dem Felsboden lagernden Schlamm zur Geite zu drücken. se Sicherung der Schleusen erfolgt dadurch, daß das Befahren der Schleusenanlagen mit eigener Kraft grundsätzlich

verboten ist und zur Fortbewegung in den Schleusen Treidellokomotiven verwendet werden müssen. Durch Anordnung einer in der Schleuse befindlichen Kette von außergewöhnlicher Stärke soll ein unvorher⸗ eseheaes Losfahren des Schiffes und die dadurch entstehende Ge⸗ fährdung der Schleusentore verhindert werden. Schließlich sind die in Betracht kommenden Stemmtore doppelt ausgeführt. Außer⸗ ordentliche Schwierigkeiten waren bei der Ausschichtung in den Culebrachdurchstich zu bewältigen. Fast die Hälfte der für den ge⸗ samten Kanal auszuführenden Bodenbewegung (70 Mill. Kubikmeter Fels von insgesamt 160 Mill. Kubikmeter) war hier fortzuschaffen. Eingehend wurden die während der Bauausführung aufgetretenen Rutschungen besprochen und die Ansicht begründet, daß durch sie die Er⸗ öffnung des Panamakanals zum Schlusse dieses Jahres nicht behindert werden würde. Zum Schluß wurde ein Vergleich des gewählten Schleusenkanalsystems mit dem Seespiegelkanal gegeben. Der Vor⸗ trag wurde durch etwa 100 Lichtbilder erläutert, die von dem Vor tragenden zum größten Teil selbst aufgenommen worden waren.

8 Verkehrswesen.

Es empfiehlt sich, die Weihnachtspakete nach überseeischen Ländern, namentlich nach den Vereinigten Staaten von Amerika, möglichst schon Anfang November bei der Post einzu⸗ liefern, damit die rechtzeitige Aushändigung dieser Sendungen an die Empfänger gesichert ist.

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Nr. 79 des „Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗

gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 4. Oktober

d. J., hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nicht⸗ amtliches: Die Um⸗ und Erweiterungsbauten der Abtei Prüm. Zur Berechnung von Schutzbrücken für Drahtseilschwebebahnen. Vermischtes: Wettbewerb um den Strauchpreis des Architektenvereins in Berlin. Vorträge im Königlichen Kunstgewerbemuseum in Berlin. Bücherschau.

Theater und Musik. Königliches Opernhaus.

Königliche Opernhaus brachte am Sonnabend eine Neu⸗ einstudterung von Wagners „Tristan und Isolde“ unter der musikalischen Leitung des Generalmusikdirektors Blech. Ganz neu war an dieser Aufführung eigentlich nur die Ausstattung, die im gleichen Stil gehalten ist wie die des „Ringes des Nibelungen“. Soffiten und flächig gemalte Versatzstücke sind verschwunden, es baut sich jetzt alles plastisch vor dem Rundhorizont auf, und die vorgeschrittene Beleuchtungskunst tut das ihrige, um den Eindruck, als ob man in eine freie Landschaft sehe, zu erhöhen. Besonders hat dadurch der erste auf dem Schiffe spielende Akt an Natürlichkeit ge⸗ wonnen, obwohl der blaue Himmel hier immer noch erkennen ließ, daß eine Stelle im Text falsch verstanden wird. Es ist Brangänes Bemerkung, daß „blaue Streifen im Westen“ aufstiegen. Blaue Landstreifen sind damit nicht gemeint, denn Cornwalls Küste liegt im Osten, vielmehr blaue Streifen aufklarenden Himmels, die ankündigen, daß der Wind auffrischt und die bisher über dem Meere lastende graue Wolkendecke sich im Westen hebt. Das Auffrischen des Windes kündigt auch das vom Mastkorbe hertönende Lied des jungen Seemanns an. Grauer Himmel würde viel besser zu der todestraurigen Stimmung passen, die auch den ersten Akt beherrscht. Bis auf dieses Mißverstehen waren die neuen Deko⸗ rationen, die Herr Kautsky für die drei Akte des Werks schuf, von großer Schönheit. Eine ideale Leistung bot wiederum das Orchester, und hohen Anforderungen genügten auch die Sänger auf der Bühne, die fast sämtlich in diesen Aufgaben schon bekannt sind. Frau Leffler⸗Burkard hat die Isolde schon wiederholt als Gast gesungen; man darf sich freuen, daß sie sie jetzt als ständiges Mitglied der Königlichen Oper singen darf. Auch Herrn Kraus' Tristan ist schon bekannt; er war diesmal aber stimmlich nicht gut aufgelegt und das beeinflußte offenbar auch seine Darstellung ungünstig. In Wohllaut konnte man bei Frau Arnd⸗Obers Brangäne schwelgen und ebenso bei Herrn Knüpfers König Marke. Die Herren Bischoff (Kurwenal), Henke (Hirt), Sommer (Seemann), Habich (Melot) standen sämtlich auf der vollen Höhe ihrer Aufgaben. An starkem Beifall ließen es die Zuhörer nach den Aktschlüssen nicht

fehlen. Königliches Schauspielhaus.

Am Sonnabend kam Alexander Zinn, ein Neuling auf der Bühne, mit einem dreiaktigen Komödienspiel „Die drei Brüder von Damaskus“ zu Wort. Das Stück ist voll orientalischer Buntheit und hat eine ziemlich verwickelte Handlung. Der alte Chassib hat bei seinem Tode die seltsame getroffen, seine drei Söhne auf vierzehn Jahre aus ihrer Vaterstadt Damaskus zu verbannen. Die Handlung beginnt damit, daß Aslan, der jüngste der drei Verbannten, mit es treuen und verschlagenen Haushalter Jusuf heimkehrt. In Damaskus finden sie das Volk in Gärung, es ist im Begriff, sich gegen seinen grausamen und habgierigen Sahib zu empören. Der alte Jusuf erfährt bald, daß sich um die drei Söhne Chassibs inzwischen ein ganzer Sagenkreis gesponnen habe, daß man Dirbas, den ältesten, für einen Helden halte und auf seine Heimkehr warte, um ihn zum Führer im Befreiungskampfe zu wählen; vom zweiten der Brüder weiß man zu erzählen, daß er inzwischen große Schätze gesammelt habe, und nur den jüngsten, den leichtherzigen Aslan, hält das Volk nach wie vor für einen leichtsinnigen Jungen. Der schlaue Jusu nun das Gerücht aus, die drei Brüder seien heim⸗ ekehrt, ein böser Zauberer habe sie aber verhext, und e könnten sich nur einzeln zeigen, da jeder, der zwei von ihnen zu gleicher Zeit sehe, Todes sterben müsse. Der lustige Aslan wird nun in der Verkleidung als Dirbas zum Führer des Volks und nimmt den Sahib in seinem Palast gefangen, nicht aber ohne vorher als Aslan das Herz der schönen Naomi, der Tochter des Sahib, für sich gewonnen zu haben. Wiederholt ist es nahe daran, daß die Täuschung entdeckt wird. Dem schlauen Jusuf elingt es aber immer wieder, sie aufrecht zu erhalten. Endlich er⸗ sheint der vom Bruder totgeglaubte echte Dirbas auf der Szene, Aslan wird entlarvt und das Volk droht von ihm abzufallen. Da bringt der gütige Harun al Raschid alles wieder ins Gleis und führt das Stück zu gutem Ende, indem er den als weise und gerecht erkannten Aslan zum Sahib von Damaskus erhebt und die Liebenden zusammengibt. Auch die beiden Brüder Aslan und Dirbas söhnen sich aus. Die dramatische Durchführung dieser Handlung zeigt an manchen Stellen, namentlich in der etwas langen Exposition, in der der verschlagene Jusuf zu einseitig das Wort führt, den Neuling; andererseits sind manche Situationen recht geschickt ausgenutzt, manch lustiger Einfall belebt die Szenen, und die Figuren sind nicht ohne persönlichen Reiz. So kann das Stück als Ganzes als eine hübsche Talentprobe 88 Die Aufführung verdient alles Lob. Herr Clewing stellte den leichtherzigen, kecken Aslan mit frischer Natürlich⸗ keit dar und Herr Vallentin hielt als Jusuf durch treffliches Spiel die Fäden der verwickelten Handlung in sicheren Händen. he Kraußneck war als Sahib ein echter Stadttyrann und i

sprengt

räulein Thimig lieh ihre schlichte Anmut und den Liebreiz hrer Sprache seinem Töchterlein Naomi. Unter den übrigen Mitspielenden sei noch Herr Vollmer genannt, der einen mit schäbiger Grandezza auftretenden Bettler unübertrefflich komisch darzustellen wußte. Die Bühnenbilder waren voll orientalischer Farbenpracht und Lebendigkeit. Die Zuschauer nahmen das Stück sehr freundlich auf, und sein Verfasser wurde wiederholt vor die Rampe gerufen, um den Beifall persönlich entgegenzunehmen. 8

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