Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ 8 angelegenheiten. 8
111118
Mit dem Herzoglich braunschweig⸗lüneburgischen Staatsministerium habe ich ein Uebereinkommen dahin getroffen, daß die Befähigungszeugnisse für Kinder⸗ gärtnerinnen, die an dem staatlich anerkannten Kinder⸗ gärtnerinnenseminar von Fräulein L. Heyde zu Braunschweig auf Grund der Prüfungsordnung vom 29. August 1913 erworben sind, im Königreich Preußen und die an preußischen Oberlyzeen oderstaatlich anerkannten preußischen Kindergärtnerinnenseminaren auf Grund der Prüfungsordnung vom 16. August 1911 er⸗ worbenen Befähigungszeugnisse für Kindergärtnerinnen im Herzogtum Braunschweig dieselbe Gültigkeit erlangen, die sie in dem Staate besitzen, in welchem sie ausgestellt sind.
Das Königliche Provinzialschulkollegium
Die Königliche Regierung b sete ich zur Be⸗ achtung hiervon in Kenntnis.
Berlin, den 29. September 1913.
Der Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten. J. A.: von Bremen. An die Königlichen Provinzialschulkollegien und die König⸗ lichen Regierungen.
Bekanntmachung.
Unter Bezugnahme auf § 4 der Allgemeinen Vorschriften für die Markscheider im preußischen Staate vom 21. Dezember 1871 bringen wir hiermit zur öffentlichen Kenntnis, daß die von uns dem Julius Reinhardt aus Spiesen, Kreis Ottweiler, zuletzt wohnhaft in Bonn, erteilte Konzession zum Betriebe des Gewerbes der Markscheider infolge freiwilligen Verzichts des Reinhardt mit dem heutigen Tage erloschen ist. 8
Bonn, den 11. Oktober 1913.
Königliches Oberbergamt. 8 Krümmer.
I
Seine Erzellenz der Präsident des Evangelischen Ober⸗ kirchenrats, Wirkliche Geheime Rat D. Voigts und
der weltliche Stellvertreter des Präsidenten des Evan⸗ gelischen Oberkirchenrats, Wirkliche Geheime Oberkonsistorialrat D. Moeller nach der Rheinprovinz.
Preußen. Berlin, 14. Oktober 1913.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sitzung.
In der Zweiten Beilage zur heutigen Ausgabe des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungsurkunde, betreffend eine Anleihe der S C — öffentlicht.
8 8
Trier, 14. Oktober. Seine Majestät der Kaiser und König ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute morgen mit Gefolge hier eingetroffen und auf dem Hauptbahnhof vom Oberpräsidenten der Rheinprovinz Freiherrn von Rheinbaben empfangen worden. Im offenen Automobil begab sich Seine Majestät der Kaiser unter begeisterten Kundgebungen der Menge an der Porta nigra vorbei nach der neuen Moselbrücke. Hier hatten die Vertreter der Stadt Aufstellung genommen. Der Oberbürgermeister von Bruchhausen hielt eine An⸗ prache an den Kaiser, in der er den Willkommensgruß der Bürgerschaft zum Ausdruck brachte und ausführte:
Unter dem machtvollen Schutze des geeinigten deutschen Vater⸗ landes entwickelte sich auch Trier zu neuer Blüte. So konnte auch die zweite Moselbrücke vollendet werden. Sie, soll heute an dem roßen Ehrentage der Stadt sich dem Verkehr öffnen unter dem Namen „Kaiser Wilhelm⸗Bruck“ als Erinnerung an das Jubeljahr von des Kaisers segensreicher fünfundzwanzigjähriger Regierung.
Der Oberbürgermeister schloß mit dem Gelöbnis unverbrüch⸗ icher Treue und brachte ein dreifaches Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus, in das alle Anwesenden einstimmten. Der Kaiser dankte, indem er seine Genugtuung über das gelungene Werk der schönen neuen Brücke äußerte, und beauftragte dann den Oberbürgermeister, der Bürgerschaft seinen Dank für den schönen, herzlichen Empfang in Trier auszu⸗ sprechen. Hierauf schritt Seine Majestät die ganze, 315 m lange Brücke ab, worauf unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung die Abfahrt zur Besichtigung der Stadt und ihrer Sehenswürdigkeiten erfolgte.
Oesterreich⸗Ungarn.
Ueber die ziffernmäßige Höhe des neuen Rekruten⸗ kontingents sowie über die Verteilung der finanziellen Lasten der neuen Wehrreform auf einen längeren Zeit⸗ raum ist, dem „Pester Lloyd“ zufolge, zwischen der öster⸗ reichischen und der ungarischen Regierung Uebereinstimmung erzielt worden. Der Ministerpräsident Graf Tisza hat gestern in einer Audienz dem Monarchen über die betreffenden Be⸗ schlüsse des ungarischen Ministerrats berichtet. —
— Der Ministerpräsident Graf Stürgkh hat, wie „W. T. B.“ meldet, die Vorstände der tschechischen und der deutschen Parteien Böhmens sowie der beiden Gruppen des Großgrundbesitzes für den 15. bezw. 16. Oktober zu Vorbe⸗ sprechungen über die Wiederaufnahme der Ausgleichs⸗ verhandlungen eingeladen, da die Regierung die Absicht habe, in der nächsten Zeit Verhandlungen zur Regelung der wichtigsten in nationalpolitischer Beziehung schwebenden Fragen einzuleiten und einem gedeihlichen Abschlusse zuzuführen.
Türkei. Die Banque Ottomane hat der Pforte nach einer Meldung des „W. T. B.“ einen Vorschuß von 350 000
türkischen Pfund gewährt, der durch die Verpfändung des Ueberschusses der Kriegssteuer sichergestellt wird.
— Der Kommandant der Dardanellen hat obiger Quelle zufolge eine Beschränkung für den Verkehr von Frachtdampfern angeordnet. Einfahrende Schiffe dürfen nur während einer Vormittagsstunde verkehren, ausfahrende nur während einer Nachmittagsstunde.
— Die 30. und die 32. Nizamdivision, die zum 9. Korps gehören und sich in Demotika befinden, sind nach Gallipoli beordert worden. Die in Konstantinopel auf Urlaub weilenden Offiziere dieser Truppenkörper wurden auf⸗ gefordert, sich direkt nach Gallipoli zu begeben. Diese Truppen⸗ bewegung wird als Beginn der Demobi lisierung betrachtet.
Terbien.
Die Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, Befehl er⸗ teilt, daß die serbischen Truppen an der serbisch⸗albane⸗ sischen Grenze ihr Vormarsch auf der ganzen Linie ein⸗ stellen.
Bulgarien.
Das Amtsblatt veröffentlicht einen Erlaß, durch den die Sobranje aufgelöst wird und die Neuwahlen für den 6. Dezember angesetzt werden.
— Wie „W. T. B.“ meldet, wird der Belagerungs⸗ zustand von heute ab aufgehoben.
— Da die Sobranje nicht versammelt ist, hat der Minister⸗ rat das Budgetprovisorium für die letzten drei Monate des Jahres bewilligt.
Albanien.
Die vorläufige Regierung ist nach einer Meldung des Wiener „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ von Essad Pascha aufgefordert worden, daß sie, falls sie sich nicht entschließen könne, nach Durazzo überzusiedeln, wenigstens eine andere Stadt als ihren Sitz wählen möge.
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Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Mexiko hat der Minister Aldape erklärt, daß die verhafteten Ab⸗ geordneten ihre Freiheit nicht erhalten können, sondern vor Gericht gestellt werden sollen. Kein einziger sei freigelassen worden. Die Straßen werden fortgesetzt von Truppen durch⸗ zogen, doch hat sich die durch den Staatsstreich hervorgerufene Erregung gelegt.
Der amerikanische Geschäftsträäger O'Shaugnessy in Mexiko und der Sondergesandte Lind in Veracruz sind nach einer Be⸗ sprechung zwischen dem Präsidenten Wilson und dem Staats⸗ sekretär Bryan angewiesen worden, dem Präsidenten Huerta und der mexikanischen Regierung vorzustellen, daß es in den Vereinigten Staaten einen ungünstigen Eindruck machen würde, wenn den verhafteten Abgeordneten irgend etwas zu Leide ge⸗ schähe. Huerta hat dem amerikanischen Geschäftsträger die Versicherung gegeben, daß den verhafteten Abgeordneten kein Leid geschehen werde.
— Der Präsident der Vereinigten Staaten von Brasilien hat gestern in Rio de Janeiro eine Kautschukausstellung eröffnet. Bei dieser Gelegenheit legte der Ackerbauminister obiger Quelle zufolge in einer Rede dar, daß Fortschritte erreicht seien trotz der Schwierigkeiten infolge Mangels an technischem Personal und ungenügender Transportmittel. Der Minister hob weiter die Sanierungsarbeiten im Amazonastal und die Studien über die Schiffbarkeit des Rio Branco hervor und fügte hinzu, die Regierung habe mit hervor⸗ ragenden Industriellen der Vereinigten Staaten einen Kontrakt, betreffend Errichtung einer großen Fabrik für Kautschukartikel in Rio de Janeiro, abgeschlossen. „Bald werden wir bei uns“, sagte der Minister, „eine neue Industrie geschaffen haben, der Brasilien das wichtigste Rohmaterial liefert“. Zum Schluß beglückwünschte der Minister die Produzenten, daß sie ihren Betrieb in moderner Weise ausgestaltet hätten.
— Der chilenische Kongreß ist gestern zu einer außer⸗ ordentlichen Tagung zusammengetreten, um über das Budget für 1914 und die Finanzvorlagen abzustimmen.
Der Staatsvoranschlag für 1914 sieht, wie das obengenannte Telegraphenbureau meldet, 378 Millionen Pesos Einnahmen und 365 Millionen Pesos Ausgaben, somit 13 Millionen Ueberschuß, vor. Die Regierung ist entschlossen, das Gleichgewicht im Staatshaushalt aufrecht zu erhalten, und wird keine Anleihen aufnehmen, da sie in London noch über genügende Deckungsmittel für alle Verpflichtungen verfügt. Der Abschluß des laufenden Jahres wird einen Ueberschuß von etwa drei Millionen Pfund Sterling ergeben.
Der japanische Gesandte in Peking hat nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ einen Vertrag über den Bau einer Eisenbahn von Taonanfu nach Tschitschaufu in der südlichen Mandschurei unterzeichnet.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Säuglingssterblichkeit in Bayern im Jahre 1912.
Nach den Zusammenstellungen des Königlichen Statistischen Landesamts sind im Jahre 1912 in Bavern 37 006 Kinder im Alter bis zu einem Jahre gestorben (ohne die Totgeborenen). Dies bedeutet gegenüber dem vorausgegangenen Jahre eine Minderung um 9659 = 20, %. Unter den im ersten Lebensjahre Gestorbenen befanden sich 30 855 eheliche und 6151 uneheliche Kinder. Setzt man die Zahl der im Jahre 1912 gestorbenen Säuglinge in Beziehung zu der Zahl der in diesem Jahre Geborenen, so stellt sich die Säuglings⸗ sterblichkeitsziffer im Jahre 1912 auf 17,7 % gegen 22,3 % im Jahre 1911. Bei den ehelichen Säuglingen ist die Sterbeziffer von 21,3 auf 16,9 %, bei den unehelichen von 29,8 auf 25,4 % gesunken.
Nach Größenklassen der Gemeinden verteilen sich die im Jahre
1912 gestorbenen und die in diesem Jahre geborenen Säuglinge
folgendermaßen: gestorbene Säuglinge absolut 0% absolut % 23,137 62,5 124 658 59,7 11,3 23 335 11,2 15 671 7,5
Lebendgeborene Gemeinden
mit unter 2000 „ 2000 — 5000 „ .8900 115656³⁵³* „ 20 000 1050 000 )„õ) 8,8 19 496 9,3 „ über 100 000 8 3 821 10,4 25 616 12,3 37 006 100 208 776 100
Darnach starben auf dem Lande verhältnismäßig etwas mehr Säug⸗ linge (62 6 %), als seinem Prozentanteil an der Gesamtzahl der Lebendgeborenen (59,7 %) entsprechen würde. Die in der üblichen Weise auf 100 Lebendgeborene berechnete Säuglingssterblichkeitsziffer beträgt für die
Einw.
70
Gemeinden mit unter 2 000 Einw.. . 23,1
“ „ 2 000— 5 000 23,2
.11I111118189“6“ 21,7 8 „ 20 000 — 100 000 8 19,9 . 114“ 19,7⁷. Gegenüber dem Vorjahre ist die Säuglingssterblichkeit in allen Ge⸗ meindegrößenklassen gesunken.
Ungefähr ein Drittel der im 1 Lebensjahr verstorbenen Kinder lebte nicht einmal einen Monat, mehr als die Hälfte nicht ein Viertel⸗ jahr. Es starben nämlich 8
von 100 der gestorbenen Säuglinge 186232 1911 ue 10,5 er ersten Woche 18,8 1Menatkt 37,3 2 1u“ 2 8 12,6 104 60,3 19,9 11,5 1 18 88 7,9 2 Im Vorjahre waren die über 1 Vierteljahr alten Säuglinge an der Sterblichkeit stärker beteiligt als im Berichtejahre.
Die Tatseche, daß die unehelichen Säuglinge etwas früber sterben als die ehelichen, trifft auch für das Jahr 1912 zu. Während von den verstorbenen ehelichen Säuglingen 597 % im 1. Veerteljahre starben, beträgt dieser Anteilsatz bei den unehelichen 62,9 %.
Im Jahre 1912 wetsen nur 2 Monate eine größere Zahl ge storbener Säuglinge auf als die entsprechenden Monate des Vorjahrs, nämlich Mai und Dezember; denn es starben 8 “ von den gestorbenen Säualingen 1912 1911 8 absolut 7% absolut a““ 8 2 846 7 3 359 RW6X“ 3 150 3 250 111“4“*“*“ L 3 748 ö“ G“ 3 434 8 3 558 11“ 8 3 506 3 434 1“ “ 2 998 3 205 b14“ 4 602 v11“” 6 368 September.. I1I 6 146 11““ 3 751 L11X“ 2 598 2 602 111141A1*“*“ 2 642
zusammen .. 37 006 100 46 665
Einen besonders starken Rückgang gegenüber dem Vorjahr weisen die Monate Juli, August und September auf. Er beruht wohl wesent⸗ lich darauf, daß das Jahr 1911 unter anormaler Hitze zu leiden hatte, während für das Jahr 1912 eine solche nicht in Frage kam. Bekanntlich wird — bemerkt dazu das Köntgliche Statistische Landes⸗ amt — der großen Gefahr, die die Sommerhitze für das Leben der Säuglinge bedeutet, am besten durch Stillen der Säuglinge an der Mutterbrust, durch besondere Vorsicht in der Milchbehandlung bei künstlicher Ernährung, durch nicht zu warme Bettung der Sauglinge
ie durch entsprechende Kühlung der W 2 vorgebeugt.
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Zur Arbeiterbewegung. Eine Versammlung der ausständigen
Arbeiterinnen ds Berliner Pelzwarenhandels (vgl. Nr. 240 d Bl)), die gestern tagte, lehnte, wie die „Voss. Zig.“ mit⸗ teilt, nach mehrstündigen Verhandlungen die Emnigun svorschläge des Gewerbegerichts in gehe mer Abstimmung mit 219 gegen 16 Stimmen ab. In den Verhandlungen kam zum Ausdruck, daß unter den vor⸗ geschlagenen Bedingungen einem Tarifabschlusse nicht zugestimmt werden tönne, da in erster Linie die Verkürzung der Arbeitszeit auf 8 ½ Stunden hochzuhalten sei, und daher der bereits sechs Wochen
treik fortgesetzt werden müsse.
Kunst und Wissenschaft.
Dem Kupferstichkabinett der Berliner Museen hat Dr. James Simon zwei interessante Geschenke gemacht. Er überwies eine get schte Federzeichnung von Wolf Huber, dem liebenswürdigen Passauer Meister vom Beginn des 16. Jahrhunderts. Es ist die Darstellung, wie der hl. Hieronymus vor dem Kruzifix in einer der wildromantischen Landschaften kniet, wie sie Huber mit Benutzung von Motiven seiner Alpenheimat und des Donaulandes zu zeichnen pflegte. Ferner schenkte James Stmon dem Kabinett eine lom⸗ bardische Deckfarbenmaleret auf Pergament aus der Zeit um 1420, eine Initiale mit der Darstellung der Heimsuchung Mariä. Die Chodowiecki⸗Sammlung des Kabinetts wurde durch einige hübsche Blätter vermehrt: die Illustrationen des Meisters zu Nicolais Roman
„Sebaldus Nothanker“, das Blatt mit dem Großen Kurfürsten im
Kavalleriegefecht. In die moderne Sammlung kam als Ueberweisung des Kultusmtnisteriums E. Forbergs großer Stich nach Arthur Kampfs Gemälde: die Ansprache Friedrichs des Großen an seine Generale bei Köben. Als bedeutsamste Erwerbung aber sind vier Radierungen von Kompositionen Hans von Marées zu nennen, die nur in einem Exemplar vorhanden sein sollen. Anscheinend hat die Blätter, Darstellungen nackter Menschen unter Bäumen wie in den großen Komposittonen von Marées Reifezeit, Karl von Pidoll nach Zeichnungen Marées geschaffen. 8
—.—
Die Karl Haider⸗Gedächtnisausstellung bei Schulte
zeigt, daß der Künstler, der als Schöpfer feiner, stiller Landschaften Liebe und Verehrung genoß, auch ein guter Bildnismaler war. Man sieht aus seiner fruͤhen Zeit, aus den sechziger Jahren, weich und flüssig gemalte Bilenisse, die an Gemälde Leibls und an Trübners Frühwerke denken lassen. Es versteht sich bei einem so charaktervollen Künstler von selbst, daß er mit seinen Billdnissen nicht nur ein Stück brillante Malerei geben wollte: sie sind tief emprunden, großzügig gestaltet und eh lich und herb in der Auffassung. Haider geht selbst in den malerischsten tonigen Früh⸗ werken, deren glatter, weicher Farbenauftrag bisweilen ein wenig glasig wirkt, nicht allein vom farbigen Eindruck aus. Er stellt von Anfang an den Blick auch auf die lineare Erscheinung ein. Die Freude an der Linie verdrängt die rein malerische Auffassung immer mehr. Zuletzt herrscht der strenge zeichnerische Stil vor und die Farbe erscheint belanglos. Diese lineare Gestaltung, die seinen späten Bild⸗ nissen einen spröden, ernsten Charakter verleiht, bewirkt bisweilen, daß seine Porträts steif und trocken erscheinen. Günstiger ist diese Ent⸗ wicklung, sein Sich⸗Besinnen auf die den deutschen Künstlern ur⸗ eignen Ausdrucksmittel der herben linearen Form, für seine Land, schaftskunst gewesen, von der bei Schulte ein besonders schönes Beispiel hängt: Ein stiller Herbstwald, über dessen Wipfeln man in der Ferne eine leuchtend blaue A’penkette erblickt, deren scharfe Umrisse sich schimmernd und klar vom lichten Himmel abheben. Die tiefe Ruhe, die über der Natur liegt, der schöne, reine Klang der Linien, die beiteren und klaren Farben und die Einfalt der Auffassung verleihen dem Bilde feierliche Hobeit und ernste, strenge Größe. Daneben sieht man ein Frühlingsbild: ein Mädchen, das inmitten grüner Wiesen unter einem zarten Blütenbaume steht und nach einem Zweige langt. Die Gestalt dieses Kindes ist ein wenig leblos, und ihre Bewegungen sind nicht vollkommen ausdrucksvoll.
Aber aus der liebebvollen und eindringlichen Zeichnung der schimmernden
Arbeiter und
8 8 “ * I ““ 8* Blütenzweige, der grünen Frühlingslandschaft und des schlanken Maͤdchenkörpers spricht ein so andachtsvolles Sich⸗Versenken in die Natur, aus der schlichten, naiven Auffassung ein so gerader inn, daß dank dieser innerlichen Größe eine monumentale indrucksvolle Wirkung entsteht, die unendlich stärker ist als twa die stilisierende primitive Manier Hodlers. Das Streben er jungen Künstler, die heute ebenfalls wieder mehr als einen flüchtigen mpressionistischen Effekt geben wollen, die wieder von innen heraus die Dinge im Bilde ausdrucksvoll zu gestalten suchen, ist dem dieses gefühlsstarken deutschen Meisters verwandt. Wir wollen hoffen, daß dieser Künstlergeneration wieder ein paar verwandte Naturen erstehen, die wie Haider still und versonnen zu schauen vermögen, die so rein, naiv und stark wie er empfinden und die wie er einen feinen musikalischen Sinn für den Rhythmus der Linie besitzen.
Im Kunstsalon Cassirer sieht man eine Ausstellung von Werken Karl Steffecks, der hoffentlich nicht „entdeckt“ werden soll. Um diesen recht mittelmäßigen Maler würde sich kaum noch ein Mensch kümmern, wenn aus seinem Atelier nicht ein paar namhafte chüler hervorgegangen wären. Er hat so ziemlich alles gemalt — Pferdebilder und Landschaften, Historienbilder und Porträts — und alles malte er in gleicher Weise ohne Schwung und Kraft und ohne feines Gefühl für die Farbe. Dieser trockene Berliner Realist verfügte nicht über das verhaltene Temperament, den verbissenen, wütenden Arbeitsdrang und die machtvolle innere Spannkraft eines Menzel und so wirken seine Bilder langweilig, kraftlos und geistlos. Gewiß: die Pferdebilder, die er unter dem Einflusse seines Lehrers Franz Krüger schuf, sind ziemlich straff und bestimmt gemalt und auch ein so unscheinbarer Naturausschnitt wie das Bild „Erkner“ hat ganz gute malerische Eigenschaften. Dieses 1866 entsandene Gemälde stellt einen Abhang dar, an dessen Fuße sich ein schmaler Pfad hinzieht, der mit Figuren belebt ist. Vor noch nicht allzu langer Zeit hätte man dieses modern empfundene Bild übermäßig bewundert. Hcute, nachdem soviel aus⸗ gezeichnete malerische Werke aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ans Licht gezogen worden sind, wissen wir, daß dieses Bild auch für die 60 er Jahre keine besonders eigenartige und kühne Leistung ist.
Dr. E. Pl.
“ “ 11“ bachtungen eines Vulkans mit dem Flug⸗ drachen. Auch auf der Insel Hawai besteht seit einiger Zeit eine Vulkanwarte, und wenn die Errichtung und ständige Betätigung einer solchen Anstalt irgendwo wünschenswert gewesen ist, dann auf dieser Insel und gerade in der Nähe des berühmten Kila uea, des größten tätigen Kraters der Erde. Die rührigen amerikanischen Natur⸗ forscher haben diese unvergleichliche Gelegenheit zu einem Studium der pulkanischen Kräfte erkannt und als neue Herren der Heriehseln das Institut geschaffen, das unter der Leitung des eologen Professor Curtis steht. Dieser Gelehrte hat jetzt zum ersten Male an die Wochenschrift „Science“ einen ausführ⸗ lichen Bericht über die bisherigen Beobachtungen am Kilauea ge⸗ sandt. Als die größte Merkwürdigkeit in diesem Bericht ist der Plan hervorzuheben, Flugdrachen für die Beobachtung des Kraters zu ver⸗ werten. Zur Zeit einer heftigen Tätigkeit, deren Verfolgung in allen Einzelheiten als die wichtigste Aufgabe erscheinen müßte, ist die An⸗ näherung für einen Menschen gefährlich und kann keinesfalls zu einer Uebersicht über den feurigen Schlund in seiner ganzen Ausdehnung führen, noch weniger zu photographischen Aufnahmen. Deshalb ist der Vorschlag gemacht worden, eine Reihe von Photographien durch Flugdrachen zu bewerkstelligen, die zu Höhen von einigen Kilometern über dem Krater und seiner Umgebung aufgelassen werden sollen. Dabei besteht die besondere Absicht, ein Bild zu gewinnen, das einen Ver⸗ gleich dieses Kraters mit den Monre kratern ermöglicht, mit denen die Krater von Hawai eine größere Aehnlichkeit besitzen als alle andern auf der Erdoberfläche. Um diesen Zweck zu erreichen, würde man allerdings gerade eine Zeit wählen müssen, in der der Krater ver⸗ hältniemäßig ruhig ist, da die Mondkrater vielleicht mit seltenen Ausnahmen als gänzlich erloschen gelten. Aber auch die Geologie erwartet besondere Vorteile von solchen Photographien aus der Luft. Es ist bisher nicht möglich gewesen, eine genaue Aufnahme von dem Gebiet des Kilauea herzustellen, und man hofft nun, scharfe Unterlagen für die Verfertigung eines Modells dieses Kraters und seiner Umgebung zu gewinnen. Für andere Zwecke der Landes⸗ aufnahme sind wohl schon früher Photographien von obenher ver⸗ wertet worden; zum ersten Male für ein Modell der Stadt Washington, das für den Senat der Vereinigten Staaten ange⸗ fertigt werden sollte. Damals wurden zu diesem Zweck Phoko⸗ graphien von einem Fesselballon aus aufgenommen. Die Be⸗ nutzung von Drachenphotographien aber zum Studium der Erdoberflächenform wird jetzt in Hawai wahrscheinlich zum ersten Male erprobt werden. Der Kilauea liegt in dem Teil der Insel Hawai, der von der Regierung zu einem „National⸗ vulkanpark“ bestimmt ist. Die wissenschaftlichen Arbeiten am Rande des Kraters haben schon im Januar 1912 begonnen, beschränkten sich damals aber auf die Verzeichnung von Erderschütterungen. In einem Kellerraum, der dauernd auf gleicher Temperatur erhalten wird, sind vier große selbstschreibende Erdbeben⸗ messer aufgestellt worden, die je nach ihrem Gewicht zur Aufzeichnung von stärkeren und schwächeren Erdbeben bestimmt sind. Der schwerste Stoß, der in dem „Vulkanhaus“ sehr deutlich verspürt und auch noch in einer Entfernung von 50 km bemerkt wurde, geschah am 19. Mat. Schwere Erdbeben gehören bekanntlich nicht zu den Eigenschaften der vulkanischen Tätinkeit, und insbesondere ist ihre Verbreitung meist auf die nächste Nachbarschaft beschränkt. Dagegen ist die Ver⸗ folgung der schwachen Erzitterungen des Erdbodens, die als mikro⸗ seismische Bewegungen bezeichnet werden, bei einem tätigen Vulkan von großem Wert; ihnen ist daher im Kilauea eine besondere und stetige Aufmerksamkeit gewidmet worden. Es hat sich gezeigt, daß solche Erderschütterungen von auffallend großer Geschwindigkeit ent⸗ stehen, die man mit Rücksicht auf ihren Ursprung vulkanische Wibrationen nennen kann. Die Vulkanwarte steht dicht am Rande des Kraterteils, der unter dem heimischen Namen Halemaumau auf der Karte zu finden ist, während die Erdbebenapparate in etwa 4 km Abstand sich befinden. Beide Stellen aber sind telephonisch miteinander verbunden. Infolgedessen kann ein Beobachter, der die Ausbrüche im Krater mit dem Auge verfolgt, gleichzeitig ein Telephon am Ohr haben, durch as er von den Erderschütterungen unterrichtet wird. Auf diesem Wege hofft man einen bisher noch nie gewonnenen Einblick in den Zusammenhang der Vorgänge im Krater mit den Erderschütterungen zu erwerben. Es wird insbesondere damit gerechnet, daß die Erdstöße nicht nur eine Folge dieser Vorgänge sind, sondern umgekehrt einen Einfluß auf diese ausüben. Es wird demnach erwartet, daß im Ge⸗ folge stärkerer Erdstöße Veränderungen der glühenden Lavamassen im nater, das Auftreten von Explosionen, Abbrüche von den Kraterwänden und dergleichen wahrzunehmen sein werden. Die Vulkane von Hawai be⸗ vkuten sür die Umgebung keine Gefahr, aber um so mehr wird man dort vielleicht. Aufsch füsse erhalten, die für die Bewachung anderer Vulkane vwichtig sind. Professor Curtis wenigstens meint, daß eine ähnliche Finrichtung in der Nähe der Krater des Mont Pelé auf Martinique und der Soufribre auf St. Vincent im Jahre 1902 unseligen An⸗ gedenkens viel zum Schutz der Bevölkerung hätte beitragen können; leicht auch der erste Ausbruch mit seinen entsetzlichen Folgen viel⸗ Geht, nicht hätte angezeigt werden können, so wäre doch später die dfäbrlichteit oder Ungefährlichkeit der Erdstöße, die den Ueberrest der — hner in fortgesetztem Schrecken erhielten, mit einiger Bestimmt⸗ dnst ss beurteilen gewesen. Der Arbeitsplan, den sich die Vulkan⸗ 6 am Kilauea aufgestellt hat, ist außergewöhnlich reich Auf auch in vielen Punkten neuartig. Er umfaßt eine photographische Ob 858 nung aller Stufen vulkanischer Tätigkeit, Ausmessungen der Vor fläche der Lavasaule, Versuche eines Studiums der vulkanischen ch mit Mikrophonen, kinematographif e Aufnahmen aller Er⸗ nch 1 des feurigen Lavasees, eine spektroskopische Prüfung vulka⸗ 8. 8 Flammen, eine „optische Porometrie“ der geschmolzenen Lava ’S8t und Stelle, Ermittlung der Temperatur von Fumarolen
1 88
ausgebildet.
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und Solfatzren und vieles andere, was sich auf die Geologie, Minera⸗ logie, Petrographie und sonstige Naturwissenschaft des Bulkans bezieht. Während dieses Sommers sind die Verhältnisse am Kilauea ungewöhnlich friedlich gewesen, was die Forscher vielleicht bedauert haben, aber doch als gute Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Arbeiten ausnutzen konnten. In dem Schlund des Halemaumau war die Lava tiefer zurückgesunken als je zuvor, sodaß sie mehr als 200 m unter dem Rand des Trichteis stand, während sie im Januar 100 m höher ge⸗ wesen war. Lange wied die milde Laune des Vulkans kaum dauern, da sich sehr schnelle Wechsel im Steigen und Fallen der Lava zu vollztehen pflegen. Im Juni und Juli vorigen Jahres war sie derart angeschwollen, daß ein feurigflüssiger See von 200 m Länge und fast 150 m Breite entstanden war. Mindestens 600 Springbrunnen von flüssiger Lava spielten gleichzeitig über diesem höllischen Feuerteich und warfen einen Sprühregen von geschmolzenen Gesteinmassen 6 — 10 m in die Höhe. Jeder dieser Explosionen folgte ein Geräusch, das an das Donnern einer schweren Brandung erinnerte, und bei der großen Zahl der Feuerfontatnen keinen Augenblick zu schweigen schien. Dieser gewaltige Ausbruch, der als der größte seit 30 Jahren be⸗ zeichnet wird, ließ im August nach, aber schon im Dezemder stieg der Lavasee von neuem und hielt sich bis Februar in ansehnlicher Aus⸗ dehnung und Lebhaftigkeit. Dann aber trat ein fortgesetztes Sinken ein, bis am 1. Mai d. J. die Lapasäule gänzlich dem Blick ent⸗ schwand und sich nicht einmal mehr bei Nacht durch einen Glutschein verriet. Dies Zurücksinken der Lavasäule hatte die natür⸗ liche Folge, daß Bergstürze von den Kraterwänden ber erfolgten. Manche von ihnen bildeten Steinlawinen von beträchtlicher Größe und Dauer. Nach einem Monat hörten auch sie auf, und nur das Aufdringen von Rauch und Dämpfen zeigte an, daß in dem Trichter die Lava dauernd kochte und sich zu einem neuen Ausbruch vorbereitete. Einmal er⸗ folgte eine ungewöhnlich heftige Detonation, die aber keine sichtbaren Folgen hatte. Für diesen Herbst wird mit einem neuen Steigen der Lava gerechnet. 11“
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Stand und Ernte 1
der Feldfrüchte, Kleeschläge, Wiesen und Weiden in Oesterreich Anfang Oktober 1913.
(Zusammengestellt im K. K. Ackerbauministerium.) Tabellarische Uebersicht.
—
Klassifikation des Standes, beziehungsweise der Ernte der Feldfrüchte, Kleeschläge, Wiesen und Weiden
8 8 Länder und Landesteile
Futterrüben
Kartosseln
Lein *) Zuckerrüben Klee Wiesen
Niederösterreich. Oberösterreich .. Salzburg. .. Steiermark
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V Gesamtdurchschn. 2,8 doe Okt. 1912 2. do. Okt. 1911 3, do. Okt. 1910 2,2
Anmerkung. Klassifikationsnote 1 = sehr gut, 2 = über⸗ mittel, 3 = mittel, 4 = untermittel, 5 = sehr schlecht. Die Noten für die einzelnen Länder beziehungsweise Landesteile sowie für den Gesamtdurchschnitt sind aus den Klassifikationsziffern für die einzelnen Berichtsgebiete, und zwar unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Ernteerträge, berechnet.
Ein Strich bedeutet, daß die betreffende Frucht gar nicht oder nur in sehr beschränktem Ausmaße gebaut wird, ein Punkt, daß die Berichte nicht in genügender Anzahl einlangten.
Der Anbau der Wintersaaten (Weizen und Roggen) ist noch nicht überall beendet; der Stand derselben wird im Novemberberichte klassifiziert werden.
*) Richtiggestellte Ernteklassifikationsnoten.
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Witterungsverlauf in der Zeit vom 1. bis 30. September.
Der September war im Vergleiche zu den vorausgegangenen Sommermonaten verhältnismäßig warm In der ersten Monatshälfte berrschte in allen Kronländern meist heiteres, trockenes Wetter. In der zweiten Hälfte trat jedoch Kälte ein, die bei wechselnder Bewölkung
und zeitweisen Niederschlägen bis Ende des Monats anhielt. Allgemeine Bemerkungen.
Die Ernte von Hafer ist in höheren Lagen, wo er doch noch größtenteils die entsprechende Reife erlangte, in vollem Gange; im übrigen ist die Fechsung trocken unter Dach gebracht worden. Der Körner⸗ und Strohertrag ist im großen und ganzen verhältnismäßig gut und die Qualität zufriedenstellend. Durch Körnerausfall und Aus⸗ wuchs entstanden jedoch an vielen Orten merkliche — in Galizien sogar oft sehr erhebliche — Verluste an Qualität und Quantität.
Mais hat sich wohl einigermaßen erholt, ist jedoch selbst in den Südländern noch nicht überall ausgereift. In den östlichen Karpathen⸗ ländern sind sowohl die Kolben, als auch die Körner nicht vollkommen Frühmais wurde bisher in Dalmatsen und teilweise im Küstenlande geerntet; in wärmeren Lagen von Südsteiermark, Krain und Südtirol hat die Ernte erst begonnen.
Lein beziehungsweise Flachs. Spätlein liegt im Mittel⸗ gebirge der Sudetenländer noch vielfach auf der Röste, doch ist ein großer Teil des gut geröfteten Flachses bereits untergebracht.
Die Kartoffelernte, die durch das vorausgegangene Regen⸗ wetter eine Verzögerung erlitt, ist im Flachlande der Alpen⸗ und Sudetenländer beendet, in den Gebirgsgegenden derselben sowic in den Karpathenländern im Zuge. Die Kartoffelfäule, die in bindigen Böden zumal in Niederungen — infolge der Nässe überhandnahm, schmälert den Knollenertrag, ganz besonders in den Karpathenländern und in Schlesien In leichteren Böden, namentlich in trockenen Lagen, ist der Knollenansatz reichlich, die Kartoffeln sind zumeist groß und gesund.
Zuckerrüben zeigen in schweren Niederungsböden einen geringen Zuwachs des Rübenkörpers und sind — kockene Lagen ausgenommen überwiegend sehr kurz. In den Karpathenländern trat stellenweise Fäule auf. Die Zuckerrübenernte hal im Tieflande Niederösterreichs und der Sudetenländer Ende September, in den Karpathenländern vereinzelt in den ersten Oktobertagen begonnen. Die Ernteergebnisse bleiben hinter den Erwartungen zirück und werden jedenfalls geringer sein als im Vorjahre Das Gleiche gilt bezüglich des Zuckergehalts.
Futterrüben sind etwas besser geraten als Zuckerrüben, im
allgemeinen aber auch mehr ins Blatt gewachsen. Die Ernte ist in
den Südländern schon zum größten Teile eingeheimst, während in den Alpenländern und in einigen Gegenden der Sudetenländer das Ausnehmen der Rüben erst in Angriff genommen wurde.
Kraut steht teilweise sehr schön; auf schweren Böden hat es allerdings keine großen und festen Köpfe gebildet. In den Süd⸗ ländern ist die Ernte zum Teil eingebracht.
Klee (Rotkle und Luzerne). Die Kleegrummetfechsung ist nun⸗ mehr beendet. Das Ernteprodukt konnte teilweise vollwertig und trocken, teilweise aber nur in geringer Qualität geborgen werden. In Schlesien und Galizien ist das eingebrachte Futter vielfach aus⸗ gelaugt beziehungsweise verdorben. Auch der Stoppelklee ist in diesen Ländern größtenteils schwach, im übrigen jedoch fast durchweg sehr üppig entwickelt, sodaß er einen guten Herbstschnitt liefert. In Niederösterreich, Mähren und Ganizien wird über ortsweises Auftreten von Feldmäausen geklagt.
Die Grummeternte von Wiesen ist — mit Ausnahme von Galizien — besser als die Hernte ausgefallen und kam auch zum großen Teile in guter Quolität unter Dach. In höheren Lagen der Alpen, und Sudetenländer sowie in den Karpathenländern ist die Fechsung noch nicht abgeschlossen. In Schlesien und Galizien wurden manche Niederungswiesen wegen zu großer Nässe noch gar nicht ge⸗ mäht. Die Grasnabe hat sich bereits wieder so weit entwickelt, daß besondes früh gemähte Wiesen eine gute Herbstweide abgeben.
Weiden bieten mit der im allgemeinen noch krärtig bestockten Grasnarbe hinlängliche Nutzung, die indessen auf überschwemmt ge⸗ wesenen Nied⸗rungsweiden in Schlesien und Galizien fast gänzlich ausblieb. Alpweiden wurden bereits geräumt, da der Grasbestand infolge der Kälte frühzeitig abgenommen hat.
Der Anbau der Wintersaaten (Weizen und Roggen) hat sich einerseits wegen häufiger Nirderschläge im September, andererseits der verspäteten Ernte halber verzögert, geht je⸗ doch derzeit bei günstiger Witterung normal vonstatten. Die Roggenaussaat ist in Gebirgsgegenden nahezu überall, im Hügel⸗ und Flachlande zum größten Teile durchgeführt. Die Bestellung der Wetzensaaten ist noch nicht so weit vorgeschritten und wird auf schweren Niederungsböden — insbesondere auf solchen der Ostländer — vielfach erst begonnen. Frühsaaten sind zumeist gleichmäßig und voll⸗ kommen, in den Karpathenländern aber teilweise schütter aufgegangen und werden manchenorts durch Ackerschnecken geschädigt, während Spät⸗ saaten bereits gut ankeimen. (Wiener Zeitung.)
Verkehrswesen.
Schiffsliste für billige Briefe nach den Vereinigten
Staaten von Amerika (10 ₰ für je 20 g).
Die Portoermäßigung erstreckt sich nur auf die Briefe, t auch auf Postkarten, Drucksachen usw., und gilt nur Briefe nach den Vereinigten Staaten von Amerika, t auch nach anderen Gebieten Amerikas, z. B. Ganada⸗. „Kronprinz Wilhelm“ ab Bremen 14. Oktober, „Kaiserin Auguste Victoria“ ab Hamburg 16. Oktober, „George Washington“ ab Bremen 18. Oktober, „Kronprinzessin Cecilie“ ab Bremen 21. Oktober, „Imperator“ ab Hamburg 22. Oktober, „Kaiser Wilhelm der Große“ ab Bremen 28. Oktober, „Prinz Friedrich Wilhelm“ ab Bremen 1. November „Kaiser Wilhelm I11.“ ab Bremen 4. November, „Amerika“ ab Hamburg 6. November, „Großer Kurfürst“ ab Bremen 8. November. 8 Postschluß nach Ankunft der Frühzüge.
Alc diese Schiffe sind Schnelldampfer oder solche, die für eine bestimmte Zeit vor dem Abgange die schnellste Beförderungs⸗ gelegenheit bieten.
Es empfiehlt sich, die Briefe mit einem Leitvermerke wie „direkter Weg“ oder „über Bremen oder Hamburg“ zu versehen.
Theater und Mufik.
Lustspielhaus.
In der am Sonnabend im Lustspielhause erfolgten Erstaufführung von Franz von Schönthans und Rudolf Presbers neuem Lustspiel „Die Puppenklinik“ trat Richard Alexander nach längerer Pause wieder vor das Berliner Publikum. Man freute sich, diesen Künstler, der mehr kann als nur Schwerenöter in Verlegen⸗ heiten spielen, auf einer anderen Bühne als der des Residenztheaters wiederzusehen, und bereitete ihm einen freundlichen Empfang. Das neue Stück, das sich unseren besseren deutschen Lustspielen würdig an⸗ reiht, ist bei allem Humor von den Verfassern im ganzen auf einen ernsten Unterton gestimmt. Richard Alexander spielte darin den liebenswürdig⸗leichtsinnigen Baron Haspe, der sein Vermögen ver⸗ schwendet und schließlich Frau und Kinder verlassen hat, um in Amerika sein Glück zu suchen. Er findet es scheinbar dort und kehrt zurück, nicht aber in der Absicht, sich mit seiner Frau, die inzwischen um sich und ihre Kinder zu ernähren, eine Puppenklinik eingerichte hat, zu vereinen, sondern um sich scheiden zu lassen und eine reiche amerikanische Witwe zu heiraten. Wie durch die unvornehme, geld gierige Sippschaft der letzteren dieses Vorhaben vereitelt und Haspe von seinen Kindern dem ordentlichen Leben und seiner Frau wiedergewonnen wird, ist der unter⸗ haltende Inhalt des Stückes. Gespielt wurde ausgezeichnet, in erste Linie von Richard Alexander, der bei bester Laune war und in seine Darstellung nicht lediglich auf komische Wirkungen ausging, sonde auch das Gemütvwolle des Charakters gebührend hervorkehrte. Neber ihm zeichneten sich Paula Levermann als redebegabtes Berliner Dienstmädchen, Franz Arnold als spießiger, mit dem Messer essender Kleinbürger, May Werna als Frau Baronin Haspe, Klara Kollend als deren Tochter, Leona Begéère als drollige Tante aus. Ernst Bach und Richard Georg machten sich um zwei kleinere Rollen ver⸗ dient. Die Zuschauer unterhielten sich offenbar gut und riefen nach jedem Akt mit den Darstellern auch die Verfasser, von denen Rudolf Presber den Dank für beide abstattete.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Mittwoch, „Lohengrin“ zum 600. Male aufgeführt. Die Damen Denera, Goetze sind mit den Herren Kirchhoff, Bischoff, Krasa und Bachmann in den Hauptrollen beschäftigt. Dirigent ist der Kapellmeister Laugs. (Anfang 7 Uhr.) Die Erstaufführung sand am 23. Januar 1859 statt, und wies die Besetzung der Hauvctrollen mit den Damen Wippern, Wagner, den Herren Formes, Krause, Fricke, Phister auf. Langsam nur brach die Anerkennung sich Bahn; das Jahr 1866 verzeichnet erst die 25. Wiederholung, mit den Herren Niemann und Betz inzwischen neubesetzt. Nach seiner Rückkehr aus dem französischen Feldzuge im Jahre 1871 besuchte Kaiser Wilhelm I. die 50. Aufführung und im Jahre 1876 war das erste Hundert erreicht, Frau Mallinger, Frau Brandt, die Herren Niemann, Betz waren im Besitz der Haupt⸗ rollen, das zweite Hundert folgte 1885, das fünfte im Jahre 1906. Nur zwei andere deutsche Werke haben dieses Höchstmaß von Wiederholungen bisher uͤberschritten: „Don Juan“ mit 654 und Der Freischütz“ mit 693 Aufführungen. — Am nächsten Sonntag, Nach⸗ mittags 2 ½ Uhr, findet eine Aufführung der „Fledermaus’ zu ermäßigten Preisen statt. In den Hauptrollen sind die Damen Alfermann, Saccur als Gast, Goetze, Manski, sowie die Herren Philipp, Patry, Sommer, Böttcher, Krasa und Schultz beschäftigt. Dirigent ist der Kapellmeister Dr. Besl.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das Lustspiel „Die drei Brüder von Damaskus“ in der bekamten Be⸗ setzung wiederholt. Spielleiter ist der Oberregisseur Patrh. 1
Im Deutschen Theater sind die Proben zu Lessings „Emilia Galotti“ unter der Leitung von Max Reinhardt im Gange. Die Erstauf⸗ führung wird voraussichtlich gegen Ende dieses Monats lattfinden. —