Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 58 des Reichsgesetzblatts enthält unter
Nr. 4292 einen Erlaß, betreffend Aenderung der Aus⸗ führungsbestimmungen zu den Verordnungen über die Tage⸗ gelder und Fuhrkosten der Reichsbeamten, vom 29. September 1910 (Reichsgesetzbl. S. 1071), vom 8. Oktober 1913, und unter
Nr. 4293 eine Bekanntmachung, betreffend den börsen⸗ mäßigen Zeithandel in Hafer an der Produktenbörse zu Berlin, vom 14. Oktober 1913. Berlin W. 9, den 18. Oktober 1913.
aiserliches Postzeitungsamt 1 Krüer.
Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den Oberlandesgerichtsrat Dr. “ aus Frankfurt a. M. zum Oberverwaltungsgerichtsrat un 1 8 den bisherigen außerordentlichen Professor Dr. Karl Böhm in Heidelberg zum ordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Universität in Königsberg zu ernennen sowie
dem Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator Syring im Ministerium des Innern und dem Geheimen Re⸗ gistrator Gravenhorst in demselben Ministerium den Cha⸗ rakter als Rechnungsrat zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: der Ehefrau des Kaiserlichen Botschaftsrats bei der Deutschen Botschaft in London, Dr. jur. Richard Constantin Leonard Ludwig von Kühlmann, Margarethe Hlricke Ludovika Henriette von Kühlmann, geborenen von Stumm, die Freiherrliche Würde unter dem Namen und Titel 8 „von Kühlmann Freifrau von Stumm⸗Ramholz unter Beschränkung dieses Namen⸗ und Titelrechts auf die Dauer ihres Besitzes des „Freiherrlich Hugo von Stummschen Familienfideikommisses“ zu verleihen.
8 . Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Rittmeister der Landwehrkavallerie a. D. Otto Friedrich Wollank in Groß Glienicke im Kreise Osthavelland, Besitzer des „Wollankschen Familienfideikommisses Groß Glienicke“ den Adel zu verleihen.
11““
Auf Ihren Bericht vom 27. September 1913 will Ich genehmigen, daß bei den von der Staatsbauverwaltung auszuführenden Anlagen für die Fortleitung und Verteilung des in den staatlichen Kraftwerken an der Eder⸗ und der Diemeltalsperre sowie an der Weser bei Münden erzeugten und des zur Aushilfe aus anderen Kraftwerken bezogenen elektrischen Stromes die Entziehung und dauernde Be⸗ schränkung des für dieses Unternehmen in den Kreisen Cassel (Land), Eschwege, Frankenberg, Fritzlar, Hersfeld, Hof⸗ geismar, Homberg, Kirchhain, Marburg, Melsungen, Roten⸗ burg, Witzenhausen, Wolfhagen und Ziegenhain des Regierungs⸗ bezirks Cassel, in den Kreisen Göttingen (Land), Göttingen (Stadt), Münden, Northeim und Uslar des Regierungsbezirks Hildesheim, in den Kreisen Büren, Hörter und Warburg des Regierungsbezirks Minden, in dem Kreise Brilon des Re⸗ gierungsbezirks Arnsberg und in dem Kreise Heiligenstadt des Regierungsbezirks Erfurt zu beanspruchenden Grundeigen⸗ tums nötigenfalls nach Maßgabe des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221 ff.) erfolgt. Eine Uebersichtskarte folgt zurück. Jagdhaus Rominten, den 2. Oktober 1913. Wilhelm KR. von Breitenbach.
An den Minister der öffentlichen Arbeiten.
Auf Ihren Bericht vom 27. September 1913 will Ich den Landkreisen Cassel, Fritzlar, Hofgeismar, Hom⸗ berg, Melsungen und Witzenhausen im Regierungs⸗ bezirk Cassel, den Landkreisen Göttingen, Münden und
Uslar im Regierungsbezirk Hildesheim, den Landkreisen Höxter und Warburg im Regierungsbezirk Minden auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221 ff.) das Recht verleihen, das Grundeigentum, das zu den Anlagen für die Fortleitung und Verteilung des zur Ver⸗ sorgung des eigenen Kreisgebietes aus den staatlichen Kraft⸗ werken im oberen Quellgebiet der Weser bezogenen elektrischen Stromes in Anspruch zu nehmen ist, nötigenfalls im Wege der Enteignung zu erwerben oder, soweit es ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten.
Jagdhaus Rominten, den 2. Oktober 1913. Wilhelm R. von Breitenbach.
8 “ Evangelischer Oberkirchenrat. Zum Pfarrer der Hamburger lutherischen Kirche in London ist der Hilfsgeistliche für innere Mission in Rostock, Pastor Winfried Ebers berufen worden.
Nichtamtliches.
Deutsches Reich Preußen. Berlin, 20. Oktober 1913.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse den Vor⸗ trag des Chefs des Admiralstabes der Marine, Admirals von Poh
liche Geheime Oberfinanzrat Hugo Hummel.
Das Königliche Finanzministerium ist von einem schweren Verluste betroffen worden.
Am 18. Oktober d. J. starb der vortragende Rat, Wirk⸗ Geboren am 30. August 1848, wurde der Entschlafene am 2. Juni 1877 Gerichtsassessor, am 1. August desselben Jahres Militär⸗ intendanturassessor, trat im Jahre 1882 als Regierungs⸗ assessor in die Verwaltung der indirekten Steuern über und wurde am 1. April 1883 zum Mitgliede der Pro⸗ vinzialsteuerdirektion in Breslau ernannt. Durch Allerhöchste Bestallung vom 30. Juli 1885 zum Regierungsrate befördert, wurde er am 1. Februar 1890 an die Provinzialsteuerdirektion in Berlin versetzt und vom gleichen Zeitpunkt ab als Hilfsarbeiter in das Finanzministerium berufen. Durch Allerhöchste Bestallung vom 21. Juni 1890 wurde er hier zum Geheimen Finanzrat und vortragenden Rat, am 26. Mai 1894 zum Geheimen Oberfinanzrat und am 12. Februar 1906 zum Wirklichen Geheimen Oberfinanzrat mit dem Range der Räte erster Klasse ernannt. Am 1. Juli 1912 fölbi⸗ seine Ernennung zum Dirigenten der Abteilung für Zölle und indirekte Steuern des Finanzministeriums, und am 16. Juli desselben Jahres wurde er zum stellvertretenden Bevollmächtigten zum Bundesrat ernannt. An dem Feld⸗ zuge 1870/71 hat er als Einjährig⸗Freiwilliger im Gardefüsilierregiment teilgenommen und das Gefecht bei Le Bourget und die Belagerung von Paris mitgemacht. Ausgezeichnet durch hohe Geistesgaben und reiche Kenntnisse hat Hummel in allen von ihm bekleideten Stellungen in ernstem Streben dem Vaterlande hervorragende Dienste geleistet, sich namentlich auch an schwierigen gesetzgeberischen Arbeiten mit besonderem Geschick und hervorragendem Erfolg beteiligt und noch bis in die Tage seines letzten schweren Leidens hinein, so lange es seine Kräfte irgend zuließen, mit unermüdlicher Pflichttreue die gesamten umfassenden Geschäfte seines Amtes versehen. Seine Tätigkeit hat durch zahlreiche Ordens⸗ verleihungen äußere Anerkennung gefunden. Im Jahre 1898 wurde ihm der Rote Adlerorden JI. Klasse mit Eichenlaub, im Jahre 1908 der Königliche Kronenorden II. Klasse mit dem Stern und im Jahre 1909 der Stern zum Roten Adlerorden II. Klasse mit Eichenlaub verliehen. Noch im laufenden Jahre wurde er von Seiner Königlichen Hoheit dem Groß⸗ herzog von Hessen durch die Verleihung des Komturkreuzes I. Klasse des Verdienstordens Philipps des Großmütigen ausgezeichnet. Auch außerhalb seines dienstlichen Wirkens hat Hummel durch die Lauterkeit seines Charakters, die Vornehm⸗ heit seiner Gesinnung und seine stets gleichbleibende, herz⸗
gewinnende und heitere Liebenswürdigkeit sich in reichstem.
Maße die Zuneigung und die Liebe aller erworben, die ihm näher getreten sind. Die preußische Finanzverwaltung betrauert den Tod dieses hervorragenden Beamten auf das schmerzlichste und wird ihm für alle Zukunft ein treues, ehrendes Gedächtnis bewahren
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 17. Oktober S. M. S. „Cormoran“ in Ponape (Ostkarolinen), S. M. S. „Gneisenau“ S. M. Tpdbt. „Taku“ in Tsingtau eingetroffen.
Wildpark bei Potsdam, 20. Oktober. Seine Majestät der Kaiser und König ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nacht von Leipzig auf der Fürstenstation Wildpark eingetroffen und hat sich ins Neue Palais begeben.
8 Großbritannien und Irland.
Der Erste Lord der Admiralität Winston Churchill hielt vorgestern in Manchester eine Rede, in der er namens der Admiralität und der britischen Flotte die aufrichtige Trauer über das Unglück des großen deutschen Luftschiffes zum Aus⸗ druck brachte und sagte, er sei sicher, auch im Namen seiner Zuhörer die Teilnahme aussprechen zu dürfen, die alle für die braven Männer empfänden, die ihr Leben verloren hätten. Hierauf erörterte Churchill die Flottenfrage und führte laut Bericht des „W. T. B.“ aus, daß der Flottenetat höher sei als je und im nächsten Jahre noch höher sein werde, und daß die gegenwärtigen Lasten nur durch ein internationales Ab⸗ kommen erleichtert werden könnten.
„Sie erinnern sich“ fuhr der Redner fort, „meines Vorschlages eines sogenannten Schiffbaufeiertages. Seit damals hat der deutsche Reichskanzler geäußert, daß seine Regierung detaillierte Vorschläge erwarte. Wir haben nicht die Absicht, in die Materie einzutreten, außer wenn die deutsche Regierung dies für angebracht hält. Es ist sehr wichtig, daß von unserer Seite in solcher Sache keine Schritte getan werden, die nicht vollständig fair gegenüber Deutschland wären, oder die so aussehen könnten, als ob wir versuchten, für uns den guten Anschein zu erwecken, als ob wir friedliche Vorschläge machten, dabet aber der Gegenseite das Unrecht einer Ablehnung zuzuschieben suchten. Unsere Beziehungen zu Deutschland haben sich wesentlich ge⸗ bessert, ohne daß wir unsere Freundschaft mit anderen Ländern ver⸗ loren hätten. Deshalb ist der Moment nicht ungünstig, die freund⸗ liche Bezugnahme auf die Frage eines Schiffsbaufeiertages aufzunehmen, die in der Rede des deutschen Reichskanzlers zu finden ist. Wir scheinen einen Punkt erreicht zu haben, wo die Beziehungen der Großmächte, so freundlich sie werden mögen, keine Wirkung auf die Rünungen ausüben. Der Vorschlag, den ich namens der Königlichen Regierung für den Rüstungsfeiertag ausspreche, ist ganz einfach: Wir würden im nächsten Jahre, abgesehen von den canadischen Schiffen oder ihrem Aequivalent, ferner abgesehen von allem, was durch neue Ent⸗ wicklungen im Mittelmeer erforderlich werden könnte, vier große Schiffe gegen zwei von Deutschland auf Kiel legen. Nun sagen wir in aller Freundschaft und Aufrichtigkeit, so lange noch reichlich Zeit ist, zu dem großen deutschen Nachbar: Wenn ihr den Beginn des Baues Eurer zwei Schiffe von dem regulären Zeitpunkt, an dem Ihr den Bau beginnen würdet, um 12 Monate aufschiebt, würden wir den Beginn des Baues unserer vier Schiffe in absolut gutem Glauben für die gleiche Frist aufschteben. Das würde einen vollständigen Feiertag für ein ganzes Jahr für England und Deutschland ergeben, soweit große Schiffe in Betracht kommen. Deutschland würde sechs, wir fast zwölf Millionen sparen, und die relative Stärke beider Länder würde absolut unverändert bleiben. Ein völliger Stillstand für ein ganzes Jahr wäre unmöglich, wenn nicht andere Mächte überredet werden könnten, ebenso zu handeln; aber wenn Deutschland und England die Initiative ergriffen, den anderen Mächten Eurovas voranzugehen, wäre da nicht große Aussicht auf Erfolg? Wenn Oesterreich und Italien nicht bauten, würde die Ver⸗ pflichtung dazu auch für England und Frankreich wegfallen. Die Tatsache, daß der Dreibund keine Schiffe baute, würde es für die drei anderen europälschen Großmächte möglich machen, ohne das geringste Risiko einer Gefahr dasselbe zu tun. Und würde ein solches Freignis nicht seine Wirkung auf den Schiffsbau Amerikas und Japans ausüben? Durch eine solche Politik würden viele Millionen für den Fortschritt der Menschheit frei werden, und selbst wenn sie
erfolglos bliebe, würde sie auf Europa einen wohltätigen Ein⸗
druck machen, der s
— 8
päter sicher Früchte tragen würde. Vorschlag für 1914 oder, wenn das zu nahe scheint, für 1915. Ich bin für Gegengründe, die große Waffen⸗ firmen in England und anderen Ländern zweifellos erheben werden, völlig unzugänglich; sie müssen Diener sein, nicht Herren. Manche werden mich wegen meines Vorschlags tadeln; aber mögen sie spotten! Ich bin überzeugt, daß es für die Wohlfahrt und die Fortdauer unserer Zivilisation und den Aufbau der europäischen Gesellschaft notwendig ist, daß die Rüstungsfragen offen erörtert werden, nicht allein von Diplomaten und Regierungen, sondern auch von den Parlamenten und Völkern. 11“
Frankreich.
Der Präsident Poincaré ist gestern nach Paris zurüc gekehrt.
— Im Hinblick auf den am Freitag auf dem Kongreß der sozialistisch⸗radikalen Partei in Pau angenommenen Antrag des Deputierten Bouysson, in dem gegen die Ansprüche einer persönlichen Politik, die die Reaktion zu begünstigen drohe, Einspruch erhoben wird und in dem einige eine Anspielung auf Poincaré sahen, hat der Kongreß vorgestern laut Meldung des „W. T. B.“, um jede Zweideutigkeit zu vermeiden, einen Antrag angenommen, in dem er seine konstitutionelle Loyalität beteuert und die Person des Präsidenten der Republik über die Parteikämpfe stellt. Bouysson protestierte gegen den Be⸗ schluß, indem er erklärte, er habe Achtung vor dem Staat⸗ oberhaupt, aber dieses dürfe nicht aus seiner Rolle fallen. Es entwickelte sich bald darauf eine lärmende Debatte; schließlich erklärte der Kongreß sowohl den Beschluß vom Freitag wie den vorgestrigen für ungültig und überwies die Anträge an eine Kommission.
diesen
11““ EE1“
Italien. 3
Der König hat 39 neue Senatoren ernannt. Wie
„W. T. B.“ meldet, befinden sich unter ihnen der Minister
des Königlichen Hauses Mattioli Pasqualini, die Botschafter
Bollati und Imperiali, der ehemalige Botschafter Gallina, der
Philosoph Ardigno, mehrere ehemalige Deputierte und hohe Staatswürdenträger.
Belgien.
eine Herabsetzung der Einfuhrzölle für die Congokolonie anf Kohlen, gewisse Oelsorten und Petroleum beschlossen.
Türkei.
Bezüglich der Punkte, über die noch eine Meinungsver⸗ schiedenheit zwischen Griechenland und der Türkei besteht, wird laut Meldung des „W. T. B.“ an unterrichteter Stelle der Pforte folgendes erklärt: Die Pforte stützt sich bezüg⸗ lich des Unterhalts der Gefangenen auf die Bestimmungen der letzten Haager Konvention, nach denen die Kosten des Unter⸗ halts der Gefangenen dem Staate zur Last fallen, in dessen Gewalt sie sich befinden. Offiziere sollen ihre Gehälter er⸗ halten, die von dem Staat, dem sie angehören, zurückzuzahlen sind. In Artikel 9 verweigert die Pforte keineswegs eine Entschädigung für die in Konstantinopel vor der Kriegserklärung zurückgehaltenen griechischen Dampfer. Es Summe der Entschädigung zu bestimmen. Artikels 10 wird bemerkt, daß nach P treffend die Uebergabe von Saloniki, die Waffen der Sol⸗ daten, einschließlich der Kanonen, in einem Depot hätten auf⸗ bewahrt und nach dem Kriege zurückgestellt werden sollen. Griechenland verweigert die Zurückstellung, indem es dieser Klausel jetzt eine andere Interpretation geben will. In
Amtsgewalt ausgestattet sei, die es ihm ermöglicht, Fetwas erlassen und Imams zu ernennen 1“
8 Griechenland. Während der vorgestrigen Sitzung der Friedensunter⸗
fortgesetzt. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde über einige Punkte eine Annäherung der verschiedenen Standpunkte erreicht. Von jeder Seite wurden zwei Delegierte mit der Vorprüfung des Artikels über die Vakufs beauftragt.
— Alle Klöster auf dem Berge Athos haben obiger Quelle zufolge am Freitag in feierlicher Weise die Einverleibung des Berges Athos in Griechenland proklamiert. diesbezügliche Urkunde wurde von Vertretern aller unterschrieben.
Klöster
Serbien.
Der österreichisch⸗ ungarische Geschäftsträger in Belg von Storck hat den Auftrag erhalten, seinen Schritt wegen Räumung Albaniens durch die serbischen Truppen nachdrücklichst zu wiederholen und hierbei der serbischen Regierung für ihre diesbezüglichen Entschlüsse eine achttägige Frist zu setzen. Das „Wiener K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ ist zu der Mit teilung ermächtigt, daß der Schritt des österreichisch⸗ ungarischen Geschäftsträgers in Belgrad vorgestern mittag erfolgt ist und daß somit von diesem Zeitpunkt an die achttägige Frist läuft, innerhalb welcher das Gebiet des autonomen Albaniens von serbischen Truppen vollständig geräumt sein muß.
Die Regierung brachte vorgestern in der Skupschtina Gesetzesvorlagen ein, betreffend die Invalidenversorgung, die Erhöhung der Zahl der Besucher der Militärakademie und die Nachtragskredite für 1913, ferner eine Vorlage, betreffend die zwischen dem Finanzminister Patschu und einer französischen Finanzgruppe unter Führung der französisch⸗serbischen Bank am 20. September abgeschlossene Staatsanleihe von 250 000 000 Dinar, wovon die eine Hälfte zur Deckung der Kriegsauslagen und die andere Hälfte für wirtschaftliche Zwecke verwandt werden soll. Den Kredit⸗ und Anleihevorlagen wurde auf Antrag des Finanzministers die Dringlichkeit zuerkannt.
— Dem serbischen Pressebureau zufolge beruhen die Nach⸗ richten, nach denen der Vormarsch der serbischen Tru⸗ ppen in Albanien fortgesetzt werde, auf Erfindung. Das Presse⸗ bureau erinnert daran, daß den serbischen Truppen der Befehl gegeben worden sei, ihren Vormarsch einzustellen. Dieser Befehl sei sofort ausgeführt worden.
Montenegro. Die Verhandlungen zwischen Serbien und Monten egro zur Festsetzung der neuen Grenze haben vorgestern wieder begonnen.
Der Kolonialrat hat nach einer Meldung des „W. T. B.“
bleibt noch die Bezüglich des dem Protokoll, be⸗
händler wurde die Besprechung und Prüfung der Arlikel, über die man sich zwei Tage zupor nicht hatte einigen können,
Ich mache
Artikel 11 besteht die Pforte darauf, daß der Obermufti die Investitur vom Scheich ül Islam erhalte, damit er mit einer
8—
Eine
8
—
1 Albanien. 1 “
Die „Albanische Korrespondenz“ meldet aus Durazzo, daß die serbischen Expeditionstruppen ihren Vormarsch fort⸗ setzen und bereits bis auf eine Entfernung von 40 km von der Küste des Adriatischen Meeres vorgedrungen sind.
1“ Amerika. —
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Mexiko er⸗ klärte der Präsident Huerta alle in den Vereinigten Staaten verbreiteten Gerüchte über irgend eine freiwillige Aenderung in der mexikanischen Regierung entschieden für unwahr.
Von den 110 Abgeordneten, die am 10. Oktober auf Befehl Huertas verhaftet worden waren, sind 74 durch den zweiten Richter des Bundesdistrikts, der die Fälle untersucht hat, amtlich als Gefangene erklärt worden. Die Abgeordneten werden alle politischer Vergehen beschuldigt, nämlich des Aufruhrs und der Beamtenbeleidigung. Zehn Abgeordnete sind vorgestern, 26 andere bereits vorher freigelassen worden. 8
Parlamentarische Nachrichten.
Das Mitglied des Herrenhauses Geheimer legie⸗ rungsrat, Landrat a. D. von Gottberg, Fideikommißbesitzer in Woopen bei Domnau (Ostpreußen), ist nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Königsberg am 18. d. M. gestorben.
Die Hundertjahrfeier der Völkerschlacht bei Leipzig.)
Als die Weihefeier ihren Anfang nahm, spannte sich ein vollkommen klarer Himmel über den Festplatz und die helle Sonne vergoldete den rotgrauen Steinkoloß des Denkmals. Brausende Hurrarufe und die Klänge des Präsentiermarsches der Ehrenkompagnie schallten Ihren Majestäten dem Kaiser und dem König von Sachsen bei ihrer Ankunft vor dem Fürstenzelt entgegen. Nach dem Abschreiten der Front der Ehrenkompagnie begrüßte Seine Majestät der Kaiser, wie „W. T. B.“ meldet, die versammelten Bundesfürsten und die Bürgermeister der drei Freien Städte. Im feierlichen Zuge nahten dann die Fürsten mit glänzendem Gefolge dem Denkmal an den Studenten vorbei, deren Fahnen sich senkten, und schritten die große Mitteltreppe hinauf, während Glocken und Posaunen von der oberen kleineren Platt⸗ form herunter das Gralsmotiv erklingen ließen. Nachdem die Fürsten unter dem Kaiserzelt Aufstellung genommen hatten, setzte der gemeinsame Gesang der versammelten Tausende ein, und von Posaunen und Kesselpauken begleitet, stieg das Nieder⸗ ländische Dankgebet zum Himmel. Dann trat tiefe Stille ein, nur die Kirchenglocken Leipzigs hallten leise herüber. Der Kammerrat Clemens Thieme, der erste Vorsitzende des
Deutschen Patriotenbundes, bestieg die Tribüne und hi folgende Weihrede: ö
Eure Königliche Majestät, deutsche Brüder, deutsche Schwestern!
Wir treten im Beten vor Gott den Gerechten!
Sinn und Gemüt bewegt die Stimme der Weltgeschichte, des Weltenlenkers. Denn heute vor hundert Jahren erbrausten um diese Stunde über dies Blachfeld die Donner des Weltgerichts.
„ Wir treten im Beten vor Gott den Gerechten, die deutschen Fürsten und das deutsche Volk, innig verbunden durch das Band gegenseitiger Lirebe und Treue. Wir beugen in Demut unsere Knie vor dem Allmächtigen, der vor hundert Jahren die Waffen der Ver⸗ hündeten segnete und ihnen den Sieg verlieh im Kampfe um die Freiheit des heißgeliebten Vaterlandes. Gott war gerecht, Gott war mit uns, Gott machte uns frei! Er erleuchtete die Herzen der Deutschen, er führte die Scharen zur Erhebung und zum Siege, ihm 86 11““ Unvergänglich stehe da oben die Inschrift: Gott mit uns!
Als die große Armee in Rußland geschlagen, in elenden Resten, in Lumpen gehüllt, am Ende des Jahres 1812 über die preußischen Grenzen ging — als Preußens König am 17. März 1813 den Auf⸗ ruf an sein Volk erließ: da wurde der feutonische Geist wieder lebendig, da begann die gewaltige, alle Gemüter erfassende Erhebung. Erst in einzelnen frommen und starken Männern, denen die Ehre und die Freiheit ihres Volkes höher stand als ihr Leben, dann in den Massen, denen sie durch ihre zündenden Reden das Gewissen schärften, durch ihr Vorbild wieder Mut und Hoffen gaben. Hell aus dem Norden brach der Freiheit Licht! Das kleine ausgesogene, aber vom Geiste höchster sittlicher Kraft erfüllte Preußen entzündete die mächtigsten Opferflammen, und mit grenzenloser Begeisterung steht das Volk auf, bricht der Sturm los. Vom Throne bis zur Hütte erwacht ein Wille, ein Gefuͤhl der reinsten Hingabe an die Pflichten des heiligen Krieges:
Mit Gott für König und Vaterland!
Die Begeisterung fond erhebenden Widerhall in allen deutschen Gauen. Das deutsche Volk wußte, mit der Erhebung Preußens 1“ es sich um Sein oder Nichtsein, um die Zukunft Deutsch⸗
nds.
Nicht in gewaltigen Heerhaufen strömten die anderen Stämme den preußischen Fahnen zu, zu schwer lastete noch die harte Faust des Eroberers auf allen Landen jenseit der Elbe bis an den Rhein, von den Alpen bis zur Nord⸗ und Ostsee. Aber es kam die Blüte der Nation: Offiziere der Rheinbundstaaten, die es als ein Gebot der Ehre be⸗ trachteten, als Deutsche auf deutscher Seite zu kämpfen, es kam die deutsche Jugend, Deutschlands Zukunft! In Lützows Freikorps sammelte sie sich, entflfammt durch den von Körner in Leipzig ver⸗ faßten Aufruf. Jahn und Friefen führen die Turner, die Professoren die Studenten als Freiwillige dem Heere zu. Professor Krug, der Rektor der Universität Leipzig, ist mit den Leipziger Studenten einer der ersten, die dem errichteten Banner der freiwilligen Sachsen beitreten: „Viele von Euch, teure Jünglinge“, spricht er, „haben schon das Buch mit dem Schwerte ver⸗ tauscht, um Deutschlands Freihelt erringen zu helfen; und ich, Euer Lehrer, habe es nicht nur gebilligt, sondern selbst meinen Hörsaal geschlossen, um mit Euch für denselben hohen Zweck zu. aͤmpfen.“ In Halle, Jena, Göttingen regt sich der gleiche Frei⸗ eitsdrang, und freudig eilen Deutschlands treue Söhne auf den Kriegsschauplatz. Jetzt oder nie mußte der Tag kommen, der ge⸗ seterisch die erlösende Tat forderte: Die Befreiung vom schmählichen
oche der Fremdherrschaft! Deutsche für Deutsche!
Und der Tag kam!
8 In dumpfem Ringen wogt der Kampf monatelang von der aee zur Oder und wieder zurück. In atemloser Spannung harren s Guten des Sieges der Freiheit und des Rechts. In gewaltiger ammlung der Krafte führt Leipzigs große Ebene die Entscheidungs⸗ VG lacht herauf. Das Schicksal ganz Europas steht auf dem Spiele. Heiß wütet der Männerstreit auf blutiger Bahn. Napoleons Stern bleicht und in strahlendem Glanze steigt die Oktobersfonne herauf, ündet Europas und Deutschlands Unabhängigkeit und Freiheit. 6 An der früheren Quandtschen Tabakmühle, da drüben, da wo setzt der einfache Stein steht mit der Inschrift: b. „Der Herr ist der rechte Kriegsmann! Herr ist sein Name!“ bitt ne Napoleon sich für besiegt erkennen und den Rückzug an⸗ ö“ deutschen Boden verlassen, um ihn nie wieder zu betreten.
*) Vergl. Nr. 2417 d. Bl.
So lange rollet der Zelten Rad, So lange scheinet der Sonne Stra So lange die Ströme zum Meere reisen Wird noch der späteste Enkel preisen: Die Leipziger Schlacht! So ist es und so wird es bleiben! 5 1“ „Der Kampfplatz rines um Leipzig ist eine geweihte Stätte, ein Heiligtum des gesamten deutschen Volkes geworden, geheiligt durch die dargebrachten Opfer an Gut und Leben für die Freiheit des Vaterlandes, geheiligt, weil hier unsere Heldenväter die knechtenden Bande des Eroberers zertrümmerten, hier die so lange ersehnte Freiheit im harten Kampfe des Leibes und der Seele wiedergewannen, um wieder ein einzig Volk von Brüdern zu werden. Hier unter dem Donner der Kanonen sind das deutsche Volksbewußtsein und das deutsche Voskstum von neuem geboren worden, die hohen Güter, auf denen sich später als sicheren Grundsteinen das neue Deutsche Reich begründen konnte. Die Befreiungskriege begannen die Fäden zu knüpfen, sagt Wilhelm der Große, die heute die deutschen Stämme je länger und desto inniger verbinden. Dem Werden des Deutschen Reiches ging ein Werden des deutschen Volkes voraus, und hier ist die Geburtbstätte, heute der Geburtstag!
Hundert Jahre sind ins Meer der Vergangenheit dahingeflossen, vieles ins Meer der Vergessenheit gesenkt worden, doch das Andenken an die Leipziger Schlacht und an die Helden der Befreiungskriege blieb bestehen. In den Herzen des Volkes erwuchs ihnen ein dauerndes Denkmal, ein lebendiges Ehrenmal deutscher Dankbarkeit. Deutschland vergißt seine Helden nicht.
Aber was in der Seele sorgsam geborgen liegt, verlangt nach einem gewaltigen, sichtbaren Wahrzeichen. Einmal muß es urkräftig zum Ausdruck, zur Gestaltung gelangen und sollte es einhundert Jahre wahren. Nie stirbt ein großer menschlicher Gedanke! Wohlan! Hier steht der zu Stein gewordene Wille des Volkes, das sichtbare Zeichen der Dankbarkeit gegen Gott und unsere Helden⸗ väter für unsere Freiheit und unser nationales Sein! Gewaltiger Zeiten gewaltiges Zeichen! — den gefallenen Helden ein Ehrenmal, — dem deutschen Volke ein Ruhmesmal, kommenden Geschlechtern ein Mahnzeschen! —, hoch und hehr, wie die Taten der Mütter und Väter, die Gut und Blut einsetzten für die Rettung des Vaterlandes.
Am Schlachtenbild verkörpert Mlichael die siegreiche Erhebung des deutschen Volkes.
Stumm trauern in der Kiypta die in Stein gemeißelten Krieger um die im Kampfe gefallenen Helden und halten die Totenwacht. Im Ruhmesmal offenbaren sinnbildliche Gestalten die hehren Eigen⸗ schaften des deutschen Volkees, die zur gewaltigen Erhehung und zum Siege führten: Opferwilligkeit, Tapferkeit, Glaubensstärke und deutsche Volkskraft. Hoch darüber wölbt sich das Mahnzeichen mit den 12 Riesengestalten, Hüter der Freiheit und Stützen des Reiches zugleich. So hot das deutsche Volk sein Denkmal für die Befreiung aus großer Not sich selbst zur Ehre errichtet.
Nicht nur zur bloßen Feier einer flüchtigen Stunde der Erinnerung sind wir hier versammelt: Nein! Dies Denkmal soll des deutschen Volkes Jubelfeiertat sein, berufen, durch Jahrhunderte fortwirkend, deutschem Sinn und Geist zu dienen. Was ist alle äußere Ver⸗ herrlichung, wenn nicht aus dem Andenken an der Väter Taten iinmer wieder neue Begeisterung in den Enkeln erwacht?!
Was einst Ernst Moritz Arndt sagte, muß Wahrheit für alle Zukunft bleiben: Das Volkerschlachtdenkmal muß die Irminsul des deutschen Volkes sein, wohin es am 18. Oktober jedes Jahres seine Schritte und seine Gedanten lenkt, daß alle daran erinnert werden, daß sie Brüder eines Stammes und einer Liebe sind und daß sie hinfort deutsche Liebe und Treue nächst Gott als das heiligste und höchste zu achten und zu lieben haben.
Eingedenk dieser Mahnung weihe ich dieses Denkmal den Manen der großen Zeit, daß die Väter in den Sähnen leben!
Und so legen wir als treue Söhne des Vaterlandes heute am Hundertjahrestage der Völkerschlacht im Geiste der Väter aufs neue das heilige Gelöbnis ab: Treu und fest zu sein im Glauben an den allmächtigen Golt, treu und fest zu sein in der Liebe zum ange⸗ stammten Fürstenhause, zum Kaiser und zum Reich. Dazu verhelfe uns der Gott, der mit unseren Vätern war! Amen!
Auf die Weiherede antwortete Seine Majestät der König Friedrich August von Sachsen mit folgenden Worten:
Die von hoher patriotischer Begeisterung getragenen Worte, die Sie, Herr, Thieme, in Vertretung des Deutschen Patriotenbundes soeben an Mich gerichtet haben, haben uns Deutsche tief bewegt. Sie unterstutzen den gewaltigen Eindruck des mächtigen Denk⸗ mals, das durch die frele Opferbereitschaft deutscher Männer hier errichtet worden ist, als ein Zeichen deutscher Kraft und Einigkeit. Wie dieses Denkmal uns erinnert an blutige Kämpfe und an den Heldentod vieler braver Soldaten, die vor 100 Jahren auf diesem Schlachtfeld fielen, wie es uns weiter mahnt an Gottes gnädige und wunderbare Führung, der unserem Volke nach langem Ringen und Sehnen eine herrliche Einheit schuf, so möge es nach weiteren 100, ja nach 1000 Jahren noch späteren Geschlechtern von dem heutigen Tage Kunde geben, möge es ihnen erzählen, wie in dieser Stunde Deutsche und Russen, Oesterreiche, Ungarn und Schweden ihre Knie in Ver⸗ ehrung beugen vor Gott, dem allmächtigen Lenker der Welt⸗ geschichte, und zu ihm heten, daß er uns den Frieden erhalte zum Wohle unseres deutschen Volkes, zum Wohle auch der Staaten und Fürsten, die Mir die große Freude bereitet haben, Meiner Einladung zu folgen, und bei diesem Feste durch Mitglieder ihres Hauses und durch Abordnungen ihrer tapferen Heere vertreten sind. In diesem Sinne beglückwünsche Ich den deutschen Patriotenhund zu dem wohl⸗ gelungenen Werke und nehme das Deankmal unter Meinen Königlichen Schutz.
Der gemeinsame Gesang des Chorals „Nun danket alle Gott“ schloß die eigentliche Weihefeier. Unter Heilrufen des Publikums nahten die Eilboten und überreichten ihre Urkunden.
MNunmehr schritten die Fürsten zur Besichtigung des Denkmals⸗Inneren, voran Seine Majestät der Kaiser mit Seiner Majestät dem König von Sachsen, es folgten Ihre Kaiserlichen Hoheiten der österreichische Thronfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, und der Großfürst Kyrill von Rußland, sodann Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent von Bayern, Seine Masestät der König von Württemberg und die anderen deutschen Bundes⸗ fürsten. Nach der Besichtigung des Denkmals verließen die Fürstlichkeiten unter dem von fern herüberklingenden Salut der Geschütze das Denkmal, schritten unter Vorantritt Seiner Majestät des Kaisers rechts um den vor dem Denkmal befind⸗ lichen Teich herum, während alle Anwesenden das Lied „Deutschland, Deutschland über Alles“ anstimmten, und be⸗ Faben sich zu den am Eingang der Umwallung bereitstehenden Wagen.
Nach der Feier am Völkerschlachtdenkmal begab sich zu⸗ nächst Seine Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Franz Ferdinand von Oesterreich nach dem Schwarzenberg⸗Denkmal, wo sich bereits die österreichischen Generale und Offiziere sowie eine Militärkapelle des Infanterieregiments Nr. 37 und eine Abordnung des Schwarzenberg⸗Ulanenregiments eingefunden hatten. Kurz darauf erschienen Ihre Majestäten der Kaiser und der König von Sachsen mit den übrigen Bundesfürsten. Die Familie Schwarzenberg war durch fünf Mitglieder ver⸗ treten. Der junge Fürst Karl zu Schwarzenberg hielt darauf folgende Ansprache:
Eure Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, Eure Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten geruhen den ehrfurchtsvollen Dank unserer Familie für die Ehrung unseres Vorfahren, des Feldmarschalls Fürsten
Karl Schwarzenberg, entgegenzunehmen, nachdem durch Gottes Fügung meinem Vater nicht beschieden war, es zu tun: Ich danke den Herren Vertretern der einstens koalierten Armeen im Namen unser aller tief⸗ innigst für die Anerkennung der Verdienste ihres Führers in schweren, sorgenvollen Zeiten, Verdienste, die der Geschichte angehören und der Vergessenheit niemals anheimfallen können.
Wir ehren in dessen Andenken das Andenken strenger Pflicht⸗ erfüllung gegenüber Monarchen und Vaterland, und unlöshar mit dessen Andenken verbleibt uns die Erinnerung an alle jene Helden, die alles freudig aufopferten, um dem Rufe ihrer Herrscher zu jolgen und das Vaterland frei von jedem Zwange zu machen.
Der Glanz, der diese Zeit umgibt, im Beispiele der Selbst⸗ aufopferung eines jeden einzelnen, im Kampfe für monarchisches Recht und freies Volkstum, wird nie erblassen, er sichert vergangenen Generationen unvergänglichen Ruhm, kommenden die Anweisung des einzigartigen Weges patriotischen Wirkens, und in diesem Glanz werden Krieger und Führer weiter leben, aere perennius.
Was vergangen, kehrt nicht wieder, aber ging es leuchtend nieder, leuchtet's lange noch zurück. In diesen Worten des Dichters ehren wir die damalige Zeit und alle ihre Teilnehmer, ehren Fürst und Volk, fassen die Kraft der Erfüllung unserer eigenen Pflichr.
Genehmigen Eure Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, Eure Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten nochmals den tiefstea Dank unserer Familie, der diese Ehrung eine unvergeßlich mit goldenen Lettern in deren Geschichte zu verzeichnende Erinnerung ver⸗ bleiben wird. Ewige Ehre den Toten!
Nach der Rede legte Seine Kaiserliche Hoheit der Erzherzog Franz Ferdinand einen Kranz am Denkmal nieder, während dessen die Musik die österreichische Nationalhymne spielte. Seiner Majestät dem Kaiser, der gleichfalls einen Kranz am Denkmal niederlegen ließ, wurden die Mitglieder der Familie Schwarzenberg vorgestellt, mit denen er sich kurze Zeit unterhielt.
Nach der Feier am Schwarzenberg⸗Denkmal nahmen Seine
gajestät der Kaiser, die Bundesfürsten und die fürstlichen Gäste
an einem Tedeum aus Anlaß des Namenstages des russischen Großfürsten⸗Thronfolgers in der russischen Gedächtniskirche teil und begaben sich von dort aus, von einer unübersehbaren Menschenmenge stürmisch umjubelt, nach dem neuen Rat⸗ hause. Hier wurden die Fürsten vom Oberbürgermeister Dr. Dittrich das imposante Treppenhaus hinaufgeleitet und in der Wandelhalle, deren Galerie mit Damen der Stadt besetzt war, von ihm feierlichst begrüßt. Der Oberbürgermeister hielt hierauf folgende Ansprache: Im Namen der hier versammelten städtischen Körperschaften danke ich Eurer Königlichen Majestät ehrerbietigst, daß Eure Majestät zur heutigen denkwürdigen Feier Seine Majestät den Kaiser eingeladen und hierher geleitet haben. Wir bitten Eure Königlichen und Kaiserlichen Majestäten, unsernen freudigsten Willkommensgruß beim Eintritt in unser Rathaus entgegennehmen zu wollen, ist es doch das erste Mal, daß ein Deutscher Kaiser das Leipziger Rathaus betritt. Leipzig hat im Laufe der Jahrhunderte schwere Zeiten durchlebt, wiederholt sind seine Bürger durch Krieg und Kriegsnot hart bedrängt und bis zum aäußersten erschöpft gewesen. Aus eigener Kraft haben sie unter Gotttes Hilfe auch die jahrzehntelang auf ihnen lastenden Folgen der gewaltigen Völkerschlacht überwunden. Und heute darf sich unsere Stadt unter dem Schutze Euerer Majestät gedeihlicher Entwicklung erfreuen. In allem Wandel der Zeit ist lebendig geblieben die Treue zum angestammten Fürsten⸗ hause und die Liebe zum Vaterlande, nie erloschen aber auch seit den Tagen der Völkerschlacht die Sehnsucht nach Einigung der deutschen Stämme. Um so tiefer empfunden wird von unserer nationalgesinnten Bürgerschaft die Freude, daß die Stadt Leipzig Eure Königlichen und Kaiserlichen Majestäten mit den verbündeten Fürsten und den hohen Gästen Eurer Königlichen Majestät an diesem bedeutungsvollen Gedenktage in ihrem Rathaus begrüßen darf. Unser Dank und unser Willkommensgruß kann nur Ausdruck finden in dem Gelübde: Allzeit treu bereit für des Reiches Herrlichkeit. Gott segne, Gott schütze Eure Königlichen und Kaiserlichen Majestäten und unser gesamtes deutsches Volk.
Ihre Majestäten der Kaiser und der König von Sachsen ver⸗ neigten sich nach der Rede gegenüber den Herren der Stadt, die um den Oberbürgermeister Aufstellung genommen hatten, und begaben sich dann in den Festsaal des Rathauses, wo vom Rat der Stadt ein Frühstück gegeben wurde. An das Frühstück schloß sich Cerele in der Wandelhalle.
Den ganzen Nachmittag und Abend Hunderttausende die Straßen der Stadt. Auch das Völker⸗ schlachtdenkmal war bis zum sinkenden Abend das Ziel des Besuchs gewaltiger Scharen. Mit eintretender Dunkelheit setzte in der ganzen Stadt eine allgemeine glänzende Be⸗ leuchtung ein. Um 6 Uhr begann im Gewandhaus die Königliche Tafel für die anwesenden Fürstlichkeiten und Würdenträger, zu der die Einladungen vom sächsischen Hofe ausgegangen waren. Im Verlaufe des Mahles brachte Seine Majestät der König von Sachsen folgenden Trink⸗ spruch aus:
Eure Majestäten, Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten, Durch⸗ lauchtigste Fürsten, alle die lieben Freunde und Bundesgenossen, die hier an dieser Tafel vereinigt sind, bitte ich meinen tiefgefühltesten Dank dafür entgegenzunehmen, daß Sie meiner Einladung gefolgt sind. Hundert Jahre sind heute verflossen, seitdem auf Leipzigs Ge⸗ filden jene große Völkerschlacht geschlagen worden ist, die einen Markstein in der Geschichte der hier vertretenen Völker bildet. Hochragend blickt das Denkmal heute auf uns herab, zu dessen Weihe Sie mir die Ehre und Freude Ihres Erscheinens schenken. Indem ich Sie, die deutschen Fürsten und Vertreter freier Städte, an Ihrer Spitze den Deutschen Kaiser, Sie, die Vertreter außerdeutscher Souveräne, deren Vorfahren an der großen Völkerschlacht vor hundert Jahren teilgenommen haben begrüße, gedenke ich der ruhmreichen Taten, die vor hunder Jahren von deutschen, österreichischen, ungarischen, russische und schwedischen Truppen auf diesem Schlachtfelde voll bracht worden sind. Damals ein blutiges Ringen, Kämpf Wund Schlachtgetümmel, Not und Elend, Darniederlieger von Handel und Wandel, der entscheidende Wendepunkt für die heranbrechende, noch im Dunkel der Zukunft liegende Neuzeit. Heut aber, nach hundert Jahren weittragender politischer Entwicklung und Umgestaltung, an gleicher Stelle, als nunmehr einer Stätte ungestör fortschreitender Kultur und blühenden Gewerbfleißes, ein Zusammen⸗ strömen der Nachkommen jener Kämpfer der großen Völkerschlacht von Leipzig von nah und fern zu einem Fest des Friedens. Vereint sind wir zu einer Feier der Erinnerung an die damaligen heißen Kämpfe, an die damals in diesen Kämpfen für ihr Vaterland gefallenen tapferen Helden, vereint aber sind wir vor allem hier, um ein Fest der Gegenwart, ein Fest der Lebenden zu feiern. Nicht nur was Deutschland, Oester⸗ reich⸗Ungarn, Rußland, Schweden 1813 gewesen, vor allem was die Völker der Völkerschlacht von Leipzig heute geworden sind, wie Gottes Segen sichtbarlich auf den Fürstenhäusern dieser Völker ge⸗ ruht hat, ist uns angesichts dieser glänzenden Versammlung von Monarchen und Fürsten, dieser glänzenden Versammlung von hohen und höchsten militärischen Führern, dieser glänzenden Ver⸗ sammlung von Vertretern des deutschen Volkes zum freudigen Bewußtsein gekommen. Wir Deutsche insbesondere sind in patriotischer Begeisterung dessen eingedenk, daß die Quellen der Krast, die in der Erhebung Deutschlands von 1813 mit ihrem Streben nach Einigung liegen, nach einer sittlichen und politischen Wiedergeburt ein neues herrliches Deutschland, das Deutsche Kaiserreich geschaffen haben.
Und aus der Erinnerung an die Not der Vergangenheit und aus
über durchfluteten
dem Bewabztkein des Besthes der Gegenwant entssenett6t6