Bekanntmachung.
Der Geheime Obermedizinalrat und Kaiserlich russische Leib⸗ arzt Dr. Martin von Mandt und dessen Ehegattin Johanna Charlotte
Ludovika, geb. Ackermann, haben in ihrem am 20. Oktober 1857
errichteten wechselseitigen Testament der Königlichen Rheinischen Friedrich Wilhelms⸗Universität in Bonn zur Förderung wissenschaft⸗ Uicher und technischer Studien unter der männlichen Nachkommenschaft ihrer Seitenverwandten unter dem Namen:
„von Mandt⸗Ackermann'’sche Stipendienstiftung“
ein Kapital von 48 000 ℳ vermacht, mit der Bestimmung, daß die Zinsen desselben, nach Abzug der Verwaltungskosten, zur Unterstützung funger Männer christlicher Religion, welche sich der Arznei⸗ oder eer Rechtswissenschaft oder der höheren technischen Ausbildung auf Gewerbeschulen und ähnlichen Anstalten widmen, als Stipendien verwendet werden sollen. 8 Die Zahl der Stipendien ist auf drei festgesetzt. Zum Genusse der Stipendien sind vorzugsweise berufen: 1. die ehelichen männlichen Nachkommen der Geschwister der
Stifter, und zwar:
in erster Reihe des Ehemanns von Mandt vollbürtigen Bruders Karl Theodor Mandt,
in zweiter Reihe des Ehemanns von Mandt vollbürtigen Schwester Therese, verehelichten Grano,
in dritter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Albert Ackermann,
in vierter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Gebhardt Ackermann;
demnächst in Ermangelung von Bewerbern dieser Kategorie.
II. die männlichen Nachkommen:
zuerst des Ehemanns von Mandt beiden Halbbrüder Friedrich Mandt und Franz Mandt, 1
zweitens des Freundes der Stifter, des Appellationsgerichts⸗ rats Wilhelm Graffunder,
drittens des Freundes der Stifter, des Regierungs⸗ und Bau⸗ rats Emil Flaminius.
Sind keine Bewerber aus diesen beiden Klassen von Stipendien⸗ berechtigten vorhanden, so können die Stipendien auch an Fremde, insofern dieselben die Eigenschaft preußischer Untertanen haben, ver⸗
liehen werden.
Der Genuß und die Verabfolgung der Stipendien ist nicht von dem Besuch der Bonner Universitat, noch überhaupt von der Gegen⸗ wart auf einer der preußischen Universitäten und Lehranstalten ab⸗ hängig; jedoch befreit der “ im Auslande in keinem Falle von der Heibrin ung der zur Verleihung erforderlichen Zeugnisse der wirklich besuchten Unterrichtsanstalten.
Bewerbungen, denen amtliche Zeugnisse über das Verwandtschafts⸗
verhältnis mit den Stiftern, beziehungsweise den mit Vorzugsrecht
schu
bedachten Familien, die Schul⸗ und Sittenzeugnisse der bisher be⸗ suchten Unterrichtsanstalten, das Universitätsimmatrikulations⸗ und
Sittenzeugnis, sofern diese nicht schon auf dem Sekretariat liegen, sowie ein Dekanatszeugnis; von den Gewerbetreibenden: empfehlende Fußnißs der Gewerbebehörden und die Unterrichtszeugnisse der Vor⸗ anstalten und Lehrmeister beigefügt sein müssen, sind bis zum 15. November 1913
an das unterzeichnete Kuratorium zu richten und auf dem Universitäts⸗
sekretariat einzuliefern.
Bonn, den 16. Oktober 1913. Das Kuratorium der von Mandt⸗Ackermann’schen Stiftung.
Angekommen
Seine Erzellenz der Staatsminister und Minister für Land⸗ wirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schor⸗
lemer aus der Rheinprovinz. C
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 21. Oktober 1913.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im hiesigen Königlichen Schloß den Vortrag
des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller.
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Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.
Der russische Minister des Aeußern Ssasonom ist heute
morgen aus Paris auf dem hiesigen Bahnhof Friedrichstraße
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eingetroffen und in der russischen Botschaft abgestiegen.
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8 8.
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 19. Oktober
S. M. S. „Hertha“ in Havanna und S. M. S. „Hansa“ in 7 2 I/ &
Neapel eingetroffen.
In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichseisenbahn⸗ amt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Betriebs⸗ ergebnisse deutscher Eisenbahnen (ausschließlich
Bayerns) nach dem Stande am Ende des Monats
September
1913 veröffentlicht, auf die am Sonnabend
an dieser Stelle auszüglich hingewiesen worden ist.
8
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Mecklenburg⸗Schwerin.
Der Landtag ist gestern nachmittag durch den dirigierenden Landrat im Konzertsaale des Großherzoglichen Hoftheaters in Schwerin wieder eröffnet worden. Eingegangen sind die Er lasse der beiden Regierungen. Die Regierung beabsichtigt, wie „W. T. B.“ meldet, am Dienstagvormittag mit den Abgeord zusammenzutreten. .“
Oesterreich⸗Ungarn. Der große Umfang, den die österreichische Auswande⸗ rung in der letzten Zeit angenommen hat, hat die Regierung,
AX“
einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, veranlaßt, deren
Ursachen zu untersuchen und die Maßnahmen zu erwägen, durch
wanderungsbewegung
die die immer deutlicher zutage tretenden Auswüchse der Aus⸗ beseitigt oder wenigstens ihrer schäd⸗ lichen Folgen entkleidet werden könnten. Da die Ge⸗ fahr besteht, daß infolge der sich häufenden Abwande⸗
Da Anzeichen vorlagen, daß es
rungen die Wehrkraft der Monarchie in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, hat die Regierung bereits vor Monaten in allen Kronländern die weitestgehenden polizeilichen Ueber⸗ wachungsvorkehrungen, und zwar insbesondere an den Grenzen, angeordnet. Diese Verfügungen hatten zur Folge, daß bis in die jüngste Zeit an verschiedenen Eisenbahnkreuzungspunkten Hunderte ausweislose und mit falschen oder zweifelhaften Legi⸗ timationsurkunden versehene wehrpflichtige junge Männer aus Oesterreich und Ungarn aufgegriffen und den Gerichten wegen Verletzung des Wehrgesetzes eingeliefert wurden. sich um eine planmäßig betriebene, verbotene Anwerbung handle, wurde die Tätig⸗ keit jener Personen genau überwacht, und hierbei wurde festgestellt, daß in der Tat, und zwar zumeist im Nordosten der Monarchie, eine weitverzweigte, wohlorganisierte, geheime Pro⸗ paganda zur Förderung der Auswanderung überhaupt sowie der Auswanderung militärpflichtiger Personen insbesondere be⸗ steht. Aus diesem Grunde wurden die bereits gemeldeten Ver⸗ haftungen der Funktionäre der Canadian Pacific Railway. durchgeführt und auch die Ueberprüfung der Geschäftsgebarung der übrigen in Oesterreich wirkenden Dampfschiffahrtsgesell⸗ schaften veranlaßt.
— Der Deutsche Nationalverband hat, obiger Quelle zufolge, beschlossen, vor der Durchführung der Dienst⸗ pragmatik für die Staatsangestellten und vor der Sicherstellung der Mittel für die Lehrer keine neue Forderung der Regierung zu beraten und jeden Versuch, andere Vorlagen vor Erledigung des Finanzplanes zur Verhandlung zu bringen, mit den schärfsten Mitteln zu verhindern zu suchen.
— Der niederösterreichische Landtag hat gestern unter lebhaftem Beifall den Gesetzentwurf, betreffend die Festlegung der deutschen Unterrichtssprache an den Volks⸗ und Bürgerschulen Niederösterreichs (lex Kolisko), an⸗ genommen, der bereits in anderer Form in früheren Land⸗ tagssessionen angenommen worden war, aber bisher nie die Sanktion erlangte.
Rußland. 1
Angesichts der Zunahme des Zuckerkonsums in Ruß⸗ land sowie der Oeffnung der Auslandsmärkte für die russische Zuckerindustrie hat der Finanzminister es laut Meldung des „W. T. B.“ für notwendig gehalten, dem Ministerrat vor⸗ zuschlagen, den Zuckerfabriken zu gestatten, statt 80 000 Pud 140 000 Pud für den inneren Markt zu liefern.
— Der Kriegsminister wird der Duma obiger Quelle zu⸗ folge einen Gesetzentwurf unterbreiten über die dreimonatige Verlängerung des Militärdienstes für die Jahresklasse, die im laufenden Jahre ihren Dienst beendet. Sie soll bis zum 14. Januar 1914 unter den Fahnen gehalten werden.
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Der in Rom eingetroffene russische Ministerpräsident Kokowtzow besuchte gestern den Ministerpräsidenten Giolitti und den Minister des Aeußern Marquis di San Giuliano.
Dänemark.
Königlichem Beschluß zufolge sind die Neuwahlen für das isländische Althing auf den 11. April 1914 festgesetzt worden. Wie „W. T. B.“ meldet, hat der König gleichzeitig befohlen, daß isländische Gesetze wie bisher dem Staatsrat vorgelegt werden sollen, der aus dem König und allen Ministern besteht. Das Althing hatte ein neues Verfassungsgesetz be⸗ schlossen, das bestimmt, daß eine solche Vorlage zu geschehen habe, wenn der König es verlangt. Dadurch wollte man die Bestimmung der Verfassung, betreffend Vorlegung isländischer Gesetze in einem Staatsrate, in dem auch dänische Minister sitzen, umgehen. Jetzt hat indessen der König die obengenannte Bestimmung getroffen, die nichts an der bisherigen Ordnung ändert, selbst wenn das neu gewählte Althing zum zweiten Male das Verfassungsgesetz eschließt, was notwendig ist, damit es Gültigkeit erhält. Türkei.
Die französische Regierung hat durch Vermittlung der französischen Botschaft, wie das „Wiener K. K. Telegraphen⸗ Korrespondenzbureau“ meldet, gestern der Pforte mitgeteilt, daß, solange die Frage der Kilometergarantie für die Ver⸗ bindungsbahn zwischen Saloniki und Dedeagatsch nicht geregelt sei, weder eine Anleihe noch ein Vorschuß der Türkei an der Pariser Börse zugelassen werden würde. Da die Linie elf Monate von Bulgarien und dann von Griechenland besetzt war, konnte die Pforte die auf ungefähr 5 Millionen Francs c schätzte Garantiesumme nicht bezahlen. “
Griechenland.
Der König Konstantin begab sich gestern von Kawala nach Sarischaban an der thraztschen Grenze, wo drei neuge⸗ bildeten Regimentern feierlichst Fahnen überreicht wurden. Hierbei hielt der König laut Meldung des „W. T. B.“ folgende Ansprache:
Soldaten der siebenten Division! Die Kriege, die Ihr geführt, die Schlachten, die Ihr geliefert, die Wunden, die Ihr erhalten, und die Tapferkeit, die Ihr bewiesen habt, geben Euch das Recht, Euch echte Soldaten zu nennen. Eure Siege in den Schlachten von Nigrita und Newrokop und in den Kämpfen auf den Hängen des Riloberges beweisen, daß Ihr willens seid, alles herzugeben, was König und Vaterland noch von Euch fordern können. In Erinnerung an diese glänzenden Waffentaten übergebe ich heute die Fahnen den drei neuen Regimentern, auf daß der Anblick dieser Embleme Euch immer an Euren Eid erinnere. Immer werdet Ihr Euch auch mit Stolz daran erinnern, daß Ihr geschworen habt, sie bis zum letzten Blutstropfen zu verteidigen.
Auf die Ansprache des Königs antworteten die Generale, indem sie dem König versicherten, daß ihre Leute immer bereit sein würden, ihr Blut für König und Vaterland zu vergießen. Nach dem Vorbeimarsch der Truppen kehrte der König nach Kawala zurück.
— In einer Konferenz zwischen dem Ministerpräsidenten Venizelos, dem Minister des Aeußern Panas und dem türkischen Delegierten Ghalib Bey sind obiger Quelle zufolge mehrere Punkte des griechisch⸗türkischen Vertragsentwurfs, die in den vorhergehenden Sitzungen in der Schwebe belassen waren, geregelt worden.
Serbien.
Der Generalsekretär im Auswärtigen Amt Stefanowitsch hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, dem österreichisch⸗ ungarischen Geschäftsträger von Storck auf die überreichte Verbalnote seiner Regierung erklärt, daß der Befehl zur Räumung der von serbischen Truppen besetzten Gebiete Albaniens vorgestern beschlossen und gestern früh hinaus⸗
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gegeben worden sei. Die Räumung werde innerhalb der fest gesetzten Frist von acht Tagen durchgeführt sein.
Das Preßbureau veröffentlicht zu der Angelegenheit fol⸗ gendes Communiqué:
Als die Albanesen in großer Zahl von Albanien her in serbisches Gebiet eindrangen, serbische Dörfer in Brand steckten, kalten Blutes die serbische Bevölkerung niedermachten und die serbischen Truppen angriffen, wurden serbischerseits Maßnahmen ergriffen, um den Feind vom serbischen Gebiet zurückzuwerfen. Bei . hat die Königliche Regierung bis jetzt durch ihre Art, zu handeln, beweisen wollen, daß sie die Ratschläge und Ent⸗ scheidungen der Großmächte respektiert. Sie hat zu wieder⸗ holten Malen erklärt, daß die serbischen Truppen sich darauf be⸗ schränken würden, das serbische Gebiet zu verteidigen, und daß sie keinerlei territoriale Eroberung machen würde. Gleichzeitig hat man serbischerseits erklärt, daß, wenn die serbischen Truppen in albanesisches Gebiet eindringen und dort strategische Stellungen besetzen würden, dies nur eine vorläufige Maßregel sein würde, und daß die Truppen sich wieder zurückziehen würden, sobald die albanesische Grenze von der internationalen Kommission festgesetzt und die Ordnung dort wiederhergestellt wäre, sodaß das serbische Gebiet nich mehr Gefahr laufen würde, von neuem verletzt zu werden. Diese Erklärung der Königlichen Regierung entspricht vollkommen den Rat schlägen der Großmächte und zeigt klar die friedliche und korrekte Haltung Serbiens in dieser Frage. Wenn die Königliche Regierung die Absicht hatte, in freundschaftlichem Geiste und im Interesse eines endgültigen Friedens bei den Großmächten einen Schritt zu unter nehmen zur Berichtigung ihrer Grenze gegen das neue Albanien so ist das ein Beweis mehr, daß Serbien in korrekter und freund schaftlicher Weise eine Frage lösen wollte, die ebensosehr in Interesse der Regserung wie im Interesse Albaniens liegt. Serbier hat also durch seine Haltung einen genügenden Beweis gegeben, daß es nicht die Absicht hat, auf eigenmächtigem Wege und mit Gewalt die Beschlüsse der Großmächte abzuͤndern. Indessen hatte diese Absicht der serbischen Regterung, die in keiner Weise die Interessen irgend jemandes berührt haben würde, noch nicht ausgeführt werden können, als schon Oesterreich⸗Ungarn Vorwürfe gegen Serbien erhob. Oesterreich⸗Ungarn ist unzufrieden mit der Erklärung de serbischen Regierung und fordert durch ein Ultimatum, daß di serbischen Truppen sich hinter die von der Londoner Konferenz festgesetzte Grenze zurückziehen in einer Frist von 8 Tagen, andernfalls
werde es Maßnahmen ergreifen, um seine Forderung durchzusetzen.
Nach diesem unerwarteten Schritt hat die serbische Regierung getren ihrer versöhnlichen Politik und in dem Wunsche, von neuem einern Beweis ihrer korrekten und friedlichen Haltung zu geben, ihren Truppen
den Befehl gegeben, sich hinter die von der Londoner Konferen; fest⸗
gesetzte Grenze zurückzuziehen, indem sie die Verantwortung für diesen
Akt denen überläßt, die glauben, nur auf diese Weise den Frieden
Europas zu festigen. . G Bulgarien.
Drei Vertreter des Ministeriums des Aeußern und sechs Vertreter des Ministeriums des Innern sind, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nach Adrianopel abgereist, wo sie mit neun türkischen Kommissaren zusammentreffen und gemeinsam mi ihnen drei Kommissionen bilden werden, die mit der Repatri ierung der muselmanischen und bulgarischen Flücht linge betraut sein werden. Die Wiederbesetzung Westthraziens
h Zwischenfall.
8 v CCE AI1““ Wie der „Agenzia Stefani“ gemeldet wird, ist der Inter⸗
nationale Admiralrat, dem ein deutscher, ein englischer,
ein italienischer, ein österreichisch⸗ungarischer und ein französischer Seeoffizier angehören, gestern aus Skutari unter militäarischen
Ehrenbezeigungen abgereist.
8 Koloniales. Im Oktoberheft der „Kolonialen Rundschau“, Schriftleiter: Professor D. Wester⸗
(Herausgeber: Ernst Vohsen, Reimer,
mann, Verlag von Dietrich
Berlin hat; das in den deutschen Kolonien arbeitende Kapital der in der Reichshauptstadt ansässigen Erwerbsgesellschaften beträgt 206 Mil⸗ lionen von insgesamt 261 Millionen Mark Auf Hamburg entfallen nicht ganz 29 Millionen Mark. Der wirt⸗ schaftliche Schwerpunkt des deutschen Kolonialwesens also in Berlin, und deshalb ist es durchaus im Interesse der Sache
daß der deutsche Kolonialgerichtshof nach Berlin und nicht nach Ham⸗
burg gelegt wird. Die Rentabilität der in deutschen Kolonien tätigen Gesellschaften erscheint im Durchschnitt befriedigend. In den letzten
Jahren trat ein deutlicher Stillstand in der kolonialen Kapitalsanlage ein, der aber nur teilweise auf koloniale, überwiegend auf allgemein politische und Geldmarktverhältnisse zurückzuführen ist. — Aus dem
übrigen Inhalt des Heftes verdtenen die Aufsätze „Zur Sklavenfrage in Deutsch Ostafrika“ von Dr. F. O. Karstedt und „Die Rassenmisch⸗
ehen in den spanischen Kolonien“ von Theod. Grentrup hervorgehoben zu werden. 8
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Vermittlungstätigkeit des Zentralar eits⸗
nachweises in Berlin im Jahre 1912 ist nach dem jetzt veröffentlichten Geschäftsbericht des Zentralvereins für Arbeitsnachweis durch die ungünstige Konjunktur wesentlich beein⸗ flußt worden. Die Zahl der beim Zentralarbeitsagachweis ein⸗ geschriebenen Arbeitsuchenden hat sich auf der Höhe des Vorjahres gehalten; dagegen sind die Zahlen der offenen und der besetzten Stellen erheblich gegen 1911 gefallen. Dasselbe Ergebnis wiederholt sich bei den Endzahlen der gesamten Berliner Arbeits⸗ nachweise. Eine im erwähnten Geschäftsbericht gegebene graphische Darstellung macht es ersichtlich, wie vom April 1912 ab die Nach⸗ frage im Vergleiche mit derjenigen im Vorjahre für Arbeiter beiderlei Geschlechts zurückgegangen ist.
Die folgenden Zahlen zeigen, welchen Umfang die Arbeits⸗
vermittlung des Zentralarbeitsnachweises in Berlin in den letzte acht Jahren gehabt hat. Offene Besetzte
Gesuche der Arbeitnehmer: Stellen: Stellen: . 125 200 90 058
132 950 167 827 142 740 107 398 167 831 125 454 100 917 158 795 107 176 88 767 1909. 162 211 122 983 99 827 1910. 204 960 176 914 138 389 1911 8. 243 828 218 043 1ES E1“ 245 086 201 937 166 069. Zu diesen Zahlen kommen noch die Vermlttlungsziffern in den beiden Zweigstellen Rummelsburg und Lichtenberg mit rund 2000 Arbetts⸗ gesuchen und 1700 offenen Stellen hinzu. Innerhalb des achtjährigen Zeitraumes haben sich die an den Zentralverein angegliederten Fach⸗ arbeitsnachweise ganz erheblich vermehrt; im Jahre 1912 ist ein solcher
1 Jahr
1905. 1906. 4907. 1908.
dieser Gelegenheit
Monats⸗ schrift für die Interessen unserer Schutzgebiete und ihrer Bewohner
Berlin), veröffentlicht der Direktor der Deutschen Togogesellschaft F. Hupfeld einen längeren Aufsatz über die Erwerbsgesellschaften in den deutschen Kolonien. Aus diesem ergibt sich die Tatsache, daß von den in Deutschland an⸗ sässigen Gesellschaften die überwältigende Mehrheit ihren Sitz in
liegt
für das Badepersonal neu hinzugekommen, die Diensthotenvermittlung, die im Jahre 1909 in den Tätigkeitsbereich des Zentralarbeitsnachweises hineingezogen wurde, ist erweitert und in drei Abteilungen gegliedert worden, die landwirtschaftliche Abteilung, eine Schöpfung des Ver⸗ bandes märkischer Arbeitsnachweise, hat eine Zweigstelle im Zentral⸗ arbeitenachweis eingerichtet, und auch der nichtörtliche Verkehr gewinnt pon Jahr zu Jahr mehr an Bedeutung sowohl für Groß Berlin und die Brandenburg als auch über die Grenzen der heimischen rovinz hinaus.
Unter den vom Berliner Zentralarbeitsnachweis im Jahre 1912 besetzten Stellen waren 1096 für landwirtschaftliche Arbeiter; offene Stellen für solche Arbelter sind im Berichtsjahre 1531 angemeldet worden. Die 1096 besetzten Stellen für Landarbeiter verteilen sich hauptsächlich auf folgende Kreise und Bezirke: nähere Umgebung Berlins bis zu 25 km Entfernung 184, Ost⸗ und West⸗ prignitz 182, Ober⸗ und Niederbarnim 105, Ruppin 83, Ost⸗ und Westhavelland 60, Teltow 53, Lebus 45, Angermünde 41, Luckau 35, Altmark 33, Königsberg in der Neumark 28, Soldin 27, Templin und Pommern je 26, Beeskow⸗Storkow 25, Prenzlau 20, Ost⸗ und Weststernberg, Zauch⸗Belzig und Thüringen je 19.
1 8
Zur Arbeiterbewegung.
F * EFgn
In Duisburg legten, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ mitteilt, vor einigen Tagen die Fliesenleger wegen Lohnforderungen die Arbeit nieder. In Frage kamen etwa 300 Arbeiter. Nun hat nach ein⸗ gehenden Verhandlungen die Arbeitgeberin, die „Rheinisch⸗Westfälische Bauindustrie“, beschlossen, die Mehrforderungen der Ausständigen für zwei Jahre zu bewilligen, sodaß sie am Montag ihre Arbeit wieder in vollem Umfange aufnehmen werden. 1 ö
Kunst und Wiss enschaft.
Ueber die gestern an dieser Stelle schon erwähnte feierliche Er⸗ öffnung der Jubiläumsausstellung der Königlichen Porzellanmanufaktur im Kunstgewerbe museum aus Anlaß des 150 jährigen Bestehens der Manufaktur sei folgendes aus einem Bericht des „W. T. B.“ nachgetragen: Im Lichthof versammelten sich die Ehrengäste, u. a. die Staatsminister Dr. Delbrück, Dr. Lentze und Möller, der Ministerialdirektor Schmidt, der Reichstagspräsident Dr. Kämpf, der Oberbürgermeister Wermuth und der Polizeipräsident von Jagow. Die Galerie war von den Angestellten und Arbeitern der Manufaktur besetzt. Bald nach 12 Uhr erschienen, vom Staats⸗ minister Dr. Sydow geleitet, die Kaiserlichen und König⸗ lichen Majestäten mit Gefolge. Der Staatsminister Dr. Sydow sprach den Dank der Manufaktur für das Erscheinen
der Majestäten aus, betonte das eindringende Interesse des Kaisers
für die Arbeiten der Manufaktur und die Förderung der Ausstellung
durch die Hergabe kostbarer Stücke aus den Kböniglichen Schlössern und endete mit dem Ausdruck des Gelöbnisses unverbrüchlicher Treue der Angehörigen des Betriebes für den Urenkel seines Begründers. In das Hoch auf Seine Majestät stimmten alle ein. Der Ministerial⸗ direktor Wirkliche Gebeime Oberregierungsrat Dönhoff gab dann einen Rückblick über die Entwicklung der Manufaktur. Seine Majestät der Kaiser und König erklärte darauf die Ausstellung für eröffnet, und es folgte eine Besichtigung durch die Majestäten und die Ehrengäste. —
Die Ausstellung, die vom 21. Oktober bis 26. Dezember d. J. unentgeltlich geöffnet ist, gibt in erlesenen Werken eine übersichtliche Darstellung der ganzen Entwicklung der Berliner Porzellankunst von der Uebernahme der 1761 gegründeten Fabrik Gotzkowskis durch Friedrich den Großen im Jahre 1763 bis zur Gegenwart. Sie enthält über 2500 Gegenstände, zumeist Leihgaben, in erster Linie Leihgaben Seiner Majestät des Kaisers aus den Beständen der Königlichen Schlösser, dann von zahlreichen Sammlern und Kunstfreunden, namentlich den Herren Geheimrat K. Lüders, Dr. W. von Dallwitz, Ch. Foerster, H. von der Marwitz, Dr. von Ostermann⸗Darmstadt, Fürst Johann von Liechtenstein. Professor L. Darmstädter, Geheimrat E. Arnhold, Ministerialdirektor Dönhoff, Sanitätsrat Dosquet, Max Lang, Dr. Model, J. van Dam, A. Heimann, von Rosenstiel⸗ Arnswalde, van Straaten, H. K. Krüger, Kommerzienrat J. Mühsam, von Frau Geheimrat M. Oppenheim, Frau Geheimrat Schäller, Frau Baronin von Lanna, Frau Geheimrat Lippmann, Frau Epstein, Frau Dr. Hortig. Frau Generalleutnant Müller, Frau Flora Lewy, Frau von Alers⸗Wiesbaden. Auch die Museen von Hamburg, Weimar, Stuttgart, Frankfurt a. M., Crefeld, Cöln, München, Hannover haben sich beteiligt, am ausgiebigsten die sonst wenig bekannte geschichtliche Sammlung der Königlichen Porzellanmanufaktur selbst. Die Porzellane sind in stilgeschichtlicher Folge so aufgestellt, daß der Lichthof des Museums die Zeit Friedrichs des Großen und Friedrich Wilhelms II. umfaßt, während die Arbeiten des 19. Jahrhunderts in vier Sälen des Erdgeschosses verteilt sind. Diese Abteilung gliedert sich in die Epoche des strengen Klassizismus unter Friedrich Wilhelm III., in die ebenfalls noch klassizistische Zeit der Könige Friedrich Wilhelm IV. und Wilhelm 1., dann die Periode der technischen und stilistischen Wandlungen im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts und schließlich die Zeit nach 1900. Die Aus⸗ stellung beginnt im Lichthof mit den aus der Fabrik Gotzkowskis herübergenommenen Modellen, und zeigt dann in den folgenden Wand⸗ schränken als Hauptleistungen der Manufaktur die für König Friedrich den Großen selbst hergestellten Tafelservice: die Geschirre für das Neue Palais (1765) und das Breslauer Stadtschloß (1767/68), in denen die spezifisch berlinische Blumenmalerei ihre höchste — und anderwärts in der Tat unerreichte — Vollendung erlangte, das rote und das gelbe Blumenservice (1768 und 1770), das sogenannte japanische Geschirr für Sanssouci (mit Chinesenbildern in der Art Bouchers, 1769/70), das Pailleservice von 1769, das eisenrot bemalte Ovidservich von 1783, das blaue Service von 1784 und das Geschirr mit Purpurblumen (1780). Weiterhin werden die viel⸗ gestaltigen Dekorationsweisen der Tier⸗ und Landschaftsmalerei, der Amoretten, Porträt⸗ und Silhouettenmalerei und die Uebergänge zu den glatten Formen und kühlen Farben des Klassizismus veran⸗ schaulicht. Die freistehenden Vitrinen sind vornehmlich den plastischen Schöpfungen der Manufaktur gewidmet, welche die Ausstellung in aroßer Vollzähligkeit vereinigt. Sie beginnen mit den noch dem Rokokostil angehörigen Figuren des ersten Modell⸗ meisters Fr. Elias Meyer, der 1761 aus Meißen berufen worden war. Der Hauptvertreter des Louis XVI.⸗Stils ist sein jüngerer Bruder Wilhelm Christian Meyer († 1786), der an Stelle der vorausgehenden Rokokoschäfer und Chinesen die Allegorien der Künste, die Götterfiguren des Olymps, die Musen darstellt. Sein Werk um⸗ schließt mit den Gruppen Krieg und Frieden“, „Aeneas und Anchises“, der Allegorie auf die Hochzeit der Köniain Marie Antoinette, den Figuren der sieben freien Kuünste die höchsten Leistungen der Berliner Porzellanplastik. Seine Richtung wird fortgesetzt von dem Modellmeister Joh. Georg Müller (1785 —89), der bereits der Plastik aus unbemaltem Biskuitporzellan sich zuwendet. Auch die Arbeiten des Modelleurs Joh. Eckstein aus den Jahren 1775/76 sind vollzählig vertreten. Den Uebergang ins 19. Jahrbundert ver⸗ mittelt der Bildhauer Riese (seit 1789 Modellmeister), der mi Schadow und dem Architekten Genelli zusammen arbeitete. 8
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Im Verein für deutsches Kunstgewerbe in Berlin sprach kürzlich der Kunsthistoriker Dr. Oskar Fischel über moderne Grapbik. Er führte etwa aus, daß man heute Kupfer⸗ stichen und graphischen Blättern überhaupt anderes Interesse entgegen⸗ ringe als noch vor zwanzig und dreißig Jahren. Man hat damals den weißen Fleck an der Wand verabscheut und konnte den dekorativen Wert einer graphischen Darstellung nicht so hoch anschlagen wie heute. Diese Wandlung in der Wertschätzung des Kupferstiches hat nicht so sehr ihre Ursache in uns, als in der Veränderung der künstlerischen Leistung selbst. Der Kupferstich im engeren Sinne, den man ausübt, ndem man mit dem Stichel in die Kupferplatte Linien eingräbt, die im
Drucke mit der Farbe gefüllt auf dem Papiere das Bild hinterlassen, erfordert große technische Sorgfalt. Die Radierung jedoch erlaubt dem Künstler, mit der Nadel auf den nachgiebigen, geschwärzten Aetz⸗ grund, mit dem man die Kupferplatte überzogen hat, wie mit einem Bleistift zu zeichnen. Wo er mit seiner Nadel einen Strich durch den Aetzgrund zieht, entfernt er diesen und legt das darunterliegende Kupfer bloß. Dort kann daher auch in dem darauffolgenden Aetz⸗ prozesse die Säure angreifen und eine Linie in die Kupferplatte ein⸗ fressen, die dann mit den anderen radierten Linien zusammen im Drucke wieder das Bild gibt. Diese zwei grundlegenden Verschieden⸗ heiten der Verfahren erklären es, warum man den eigentlichen Kupfer⸗ stich immer mit besonderer Vorliebe zur Wiedergabte von Gemälden, besonders solcher mit zeichnerischen Eigentümlichkeiten, heran⸗ gezogen hat, warum hingegen die Künstler die Radierung meist benutzt haben, um durch sie dirett ihre eigenen künstlerischen Gedanken zum Ausdruck zu bringen. Daher auch der verschiedene Wert der Erzeug⸗ nisse. Im Stiche kommt der Künstler nur in der durch Geist und Hand des Stechers vermittelten Uebertragung zum Worte, in der sogenannten Originalradierung dagegen spricht der Künstler unmittelbar zu uns. Erst neuerdings lernte man wieder die Radierung und die ihr innewohnende künstlerische Unmittelbarkeit schätzen. Die Anfänge dazu reichen allerdings bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück, als Jacquemart, Manet, Millet, Corot, Fantin⸗Latour, Legros und andere sich in Paris zu einer Vereinigung für Originalradierung zusammentaten. Eine zweite bedeutende Gruppe, zu der Legros überleitete, hat sich in England gebildet, vielleicht die interessanteste, denn sie hatte den Schotten Jamcs Mac Reill Whistler zum Führer, diesen ungemein vielseitigen und genialen Künstler, der als Sammler und auf Reisen nach Japan die dort herrschende malerische Auffassung in sich auf⸗ genommen, und der sich gleichmäßig als Schüler von Rembrandt und von Velasquez bekannt hat. Um ihn gruppieren sich die besten englischen Radierer: neben seinem Schwager Seymour⸗Haden, Bone, Pennell, Strang und andere. Die dritte Gruppe wird von deutschen Künstlern gebildet, im Vordergrunde Max Klinger mit seiner Fülle des graphischen Könnens, neben ihm Karl Stauffer⸗Bern, der zu der alten Technik des Kupferstiches, aber mit ganz flach geführtem Stichel zurückkehrt und dessen gestochene und radierte Por⸗ träts nur in Leibls Gemälden ihresgleichen fanden; weiter der stille, technisch sichere Peter Halm, Georg Greiner, der namentlich die Lithographie vortrefflich beherrscht. An diese in sich geschlossenen Gruppen reiht sich heute die fast unübersehbare Menge von Künstlern, die mit den verschiedensten Verfahren Versuche anstellten. Die Technik des Holzschnittes, ohnehin schon im Laufe des 19. Jahrhunderis zu größter Vielseitigkeit ausgebildet, erhält durch die japanischen Einflüsse ganz neue Wirkungen, namentlich auf dem Gebiete des Farbenholz⸗ schnitts und der Lithographie mit mehreren Platten. Daneben lernt die reine Schwarz⸗Weiß⸗Kunst den Reichtum der Nuance zu malerischen Wirkungen auszunutzen. Max Liebermann, ein Munch, Käthe Kollwitz, Ferdinand Schmutzer, der Sengfelder⸗Klub unter Pennells Führung und viele andere bezeichneten diese neueste Etappe unserer graphischen Künste. — Eine bemerkenswerte Ausstellung vortrefflicher Kunst⸗ blätter begleitete die Ausführungen des Vortragenden. Sowohl die Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbemuseums, als auch die Firmen Amsler u. Ruthardt, Kunstsalon und Verlag Jaecques Casper, Gra⸗ phisches Kabinett J. B. Neumann, Hofkunsthandlung Fritz Gurlitt, Axel Junckers Buchhandlung Karl Schnabel, Buchhändler Edmund Meyer und Werckmeisters Kunstverlag hatten zu dieser Ausstellung in bemerkenswerter Weise beigetragen. Außerdem hatte Professor Emil Orlik seine technisch ebenso wertvollen, wie lehrreichen Blätter in verschiedenen Zuständen und die Holzstöcke dazu beigesteuert.
In der Galerie Ed Gedächtnisausstellung am Donnerstag, den 23. Oktober, Abends. Die neue Ausstellung wird am 25. d. eröffnet und enthält Sammlungen von Gemälden von Wilhelm Claus⸗Dresden, Prof. Otto Günther⸗Naumburg, Wilhelm Hambüchen⸗Düsseldorf, Prof. Theodor Hummel⸗München, Johannes Manskopf⸗Daubhausen, Prof. George Mosson⸗Berlin, Prof. Dr. Müller⸗Kurzwelly⸗Gr. Lichterfelde, Joseph Oppenheimer⸗Berlin, Hela Peters⸗Leipzig, Karl Strathmann⸗
München, Prof. Dr. Hans Thoma⸗Karlsruhe sowie einige Bildnis
büsten von Prof. Melchior von Hugo⸗Stuttgart.
In Kopenhagen ist, wie „W. T. B.“ meldet, der Kunst⸗ maler W. F. PJylander im Alter von 73 Jahren gestorben. Er hat sich fast sein ganzes Leben hindurch in Deutschland aufgehalten, wo viele seiner Bilder in den großen Galerien zu finden sind. Die letzten Jahre verbrachte er in Kopenhagen.
8 “ 8 Technik. Das Studium der Winde ist angesichts des Aufschwungs der Luftschiffahrt und des Flugwesens wichtiger geworden als je zuvor. Während man sich früher zur Feststellung der Witterungsverhältnisse und ihrer Veränderungen mit der Untersuchung der Winde in größerem Stil begnügen durfte, hat jetzt die Kenntnis der Launen des Windes in einzelnen Fällen einen hohen Wert erhalten, da von ihr das Wohl und Wehe eines Fliegers abhängig ist. In dem gerotechnischen Institut, das von der Pariser Universität in Saint⸗Cyr unterhalten wird, sind während dieses Sommers sorgfältige Windmessungen vorgenommen worden, die gerade die schnellen Veränderungen von Luftströmungen feststellen sollten. Und zwar in zwei Richtungen. Einmal die Verschiedenheit der Wind⸗ geschwindigkeit, die gleichzeitig an zwei benachbarten Stellen im Luft⸗ meer herrscht, und zweitens jähe Veränderungen an derselben Stelle in zwei aufeinanderfolgenden Augenblicken. Zur Ergründung der ersten Frage wurden zwei Röhren in gewissem Abstand von einander 22 m über dem Boden angebracht. Diese von Pitot angegebenen Apparate ermöglichen die Messung der Windgeschwindigkeit, die auf einem mit Ruß geschwärzten Papier fortlaufend aufgeeichnet wird. Der Ab⸗ stand der beiden Röhren von einander wurde nach und nach ver⸗ größert. Betrug er nur 24 cm, so war die Verschiedenheit der Aufzeichnungen beiderseits sehr gering. Bei 79 cm Abstand wichen sie schon merklich ab, indem manche Sprünge des Windes auf der einen Seite schärfer hervortraten, als auf der anderen. Für Winde von 10—15 m in der Sekunde konnte der Unterschied schon 1 m betragen, aber nur für ganz kurze Zeit. Bei einem Abstand der Röhren von 160 cm zeigten sich Abweichungen von solcher Dauer, daß ihnen bereits eine praktische Wichtigkeit beizumessen wäre. Ein Unterschied bis zu 3 m Geschwindigkeit in der Sekunde blieb mehr als eine Sekunde lang bestehen. Die Untersuchungen wurden dann bis zu einem Abstand von 7 m fortgesetzt, der etwa der Aus⸗ dehnung eines Aeroplans entspricht. Unter diesen Umständen konnten Differenzen der Windgeschwindigkeit von 2 m in der Sekunde mehrere Sekunden andauern, und in kürzeren Zeiträumen er⸗ reichte der Unterschied zuweilen eine erstaunliche Größe. Daraus folgt, daß die einzelnen Teile einer Flugmaschine in demselben Augen⸗ blick recht verschiedenen Windgeschwindigkeiten ausgesetzt sein können. Der zweite Punkt der Untersuchung war nicht weniger bedeutsam, obgleich leichter zu fassen. Solange es Windmesser mit fortdauernder selbstschreibender Aufzeichnung der Windgeschwindigkeit gibt, weiß man, daß diese mehr oder weniger unregelmäßig ist. Infolgedessen stellen die Angaben der Windgeschwindigkeit, wie sie in die Wetter⸗ berichte aufgenommen werden, immer nur einen Durchschnitt dar. Sie sind daher für die Ansprüche der Flieger wenig wert. Bei der gleichen mittleren Windgeschwindigkeit können außerordentliche Verschiedenheiten der Schwankungen vorkommen, die das eine Mal bis zu 4 ½ mal größer sind als ein anderes Mal. Dafür einige Beispiele: Ein Wind von mittlerer Geschwindigkeit 11,7 m in der Sekunde hielt diese 10 Sekunden lang recht gleichmäßig fest. Dann sank sie in 1 ½ Sekunden bis auf 4,2 m und blieb auf diesem Wert weitere zwei Sekunden. Nunmehr steigerte sie sich in einer halben Sekunde bis auf 15,3 m, die wiederum mehr als eine Sekunde bestehen blieben, das bedeutet
d Schulte schließt die Karl Haider⸗
In einem anderen Fall wechselte die Windgeschwindigkeit in einer Dreiviertelsekunde zwischen 8 und 17,5 m. Diese Zahlen beweisen mit unübertrefflicher Deutlichkeit, auf welche Launen des Windes sich ein Flieger gefaßt machen muß. Es ist ein Glück, daß diese Schwankungen so schnell erfolgen, weil sonst der Kunstflug noch viel gefährlicher sein würde. Bei stürmischem Wetter erreichen sie übrigens wahrschemlich noch weit größere Ausmaße.
Nr. 83 des „Zentralblatts der Bauverwaltuna“, heraus⸗ gegeben im Mininerium der öffentlichen Arbeiten, vom 18. Oktober d. J., hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nicht⸗ amtliches: Die neue Kaiser Wilhelmbrücke in Trier. — Das Völker⸗ schlachtdenkmal bei Leipzig. — Vermischtes: Wettbewerbe für Ent⸗ würfe zu einer Turn⸗ und Festhalle in Sulzbach⸗Saar und für heimische ländliche Bauweise in Württemberg. — Hydraulische Kalke und Bindemittel anderer Art als Kalk und Zement. — Verfahren zur Herstellung von Baukörpern aus Beton oder Eisenbeton. — Bücherschau.
Verdingungen.
(Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs⸗ und Staatsanzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9—3 Uhr eingesehen werden.) Belgien. Lastenhefte können, wenn nichts anderes vermerkt, vom Bureau des adjudications in Brüssel, Rue des Augustins 15, bezogen werden. 29. Oktober 1913, 12 Uhr. Salle de la, Madeleine in Brüssel: Lieferung von 2910 kg Eisen⸗ und 1610 kg galvanisiertem Eisendraht sowie 233 000 kg Puddeleisen in Barren verschiedener Größe. 6 Lose. Speziallastenheft Nr. 1473. Eingeschriebene An⸗
gebote zum 25. Oktober.
29. Oktober 1913, 12 Uhr. Ebenda: Lieferung von 48 000 kg Kupfer in Barren verschiedener Größe. 3 Lose. Speziallastenheft Nr. 1465. Eingeschriebene Angebote zum 25. Oktober.
5. November 1913, 11 Uhr. Ebenda: Lieferung und Auf⸗ stellung von Fernsprechumschaltern an verschiedenen Stellen. Sicher⸗ heitsleistung 900 Fr. Speziallastenheft Nr. 183. Eingeschriebene Angebote zum 1. November.
Demnächst. Ebenda: Lieferung von 73 800 Pflaster⸗, 1500 Kopf⸗ und 340 lf. m Randsteinen sowie 29 600 sogenannten Plattinen für die Staatsbahnen. Sicherheitsleistung 1500 Fr.
Demnächst. Ebenda: Lieferung von nordischem Fichtenholz 1. und 2. Güte für staatliche Tischlereien und Zimmereien. 5 Lose. Gesamtsicherheitsleistung 3900 Fr.
Demnächst. Ebenda: Zurücknahme von gebrauchten Materialien der Staatsbahnen gegen Zahlung. 124 000 kg Bronze, 88 000 kg Kupfer, 11 700 kg Messing, 2500 kg Blei, 1000 kg Zink, 700 kg Gummi, 8000 kg. Akkumulatorenabfälle, 262 000 kg messingene Heizröhren und Rohrstummel, ferner Radsterne usw. 52 Lose.
heater und Musik.
Im Königlichen Opernhause findet morgen, Mittwoch, das III. Gastspiel des Herrn E. Caruso statt. Aufgeführt wird „Carmen“; Herr Caruso singt den Don José, Frau Salvatini die Titelrolle, Fräulein Artöt de Padilla die Micaëtla, Herr Wiedemann den Escamillo. Die musikalische Leitung hat der Generalmusikdirektor Blech. — Das Programm für eine „Meyerbeer⸗Matinee“, die am Sonn⸗ tag, den 26. d. M., Mittags 12 Uhr, mit Allerhöchster Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers und Königs im Königlichen Opern⸗ hause stattfindet, ist nunmehr im wesentlichen fertiggestellt. Nach der von der Königlichen Kapelle unter der Leitung des Generalmusik⸗ direktors Leo Blech ausgeführten „Struensee“⸗Ouvertüre wird Otto Sommerstorff einen von Joseph Lauff gedichteten Prolog sprechen. Alsdann wird der Königliche Opernchor unter Leitung von Professor Rüdel den Oratortensatz Psalm 91 von Mevyerbeer vortragen, und Frau Arndt⸗Ober, Frau Hermine Bosotti, Herr Francesco d-Andrade und voraussichtlich auch Frau Lilli Lehmann werden einzelne Lieder singen. Weiter wird das gesamte Corps de Ballet einen von Herrn Ballettmeister Graeb angeordneten Fackeltanz Meyerbeers ausführen. Nach der Pause folgt der vierte Akt aus den „Hugenotten“, worin Fräulein Emmi Destinn, Herr Hermann Jadlowter, Herr Hoffmann usw. die tragenden Rollen übernommen haben.
Im Königlichen Schauspielhause geht morgen Schillers „Maria Stuart’, mit Frau Luise Willig in der Titelrolle, in Szene. Frau Poppe spielt die Elisabeth, Herr Sommerstorff den Grafen Leicester. In den übrigen Hauptrollen sind Fräulein Abich und die Herren Kraußneck, Pohl, Geisendörfer, Mannstaedt, Zimmerer, Böttcher, Werrack und Eggeling beschäftigt. Die Spielleitung hat Herr Dr. Bruck. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr.
(Der Konzertbericht befindet sich in der Ersten Beilage
Moannigfaltiges. Beerlin, 21. Oktober 1913. 8
Ein langer, stiller Trauerzug bewegte sich gestern abend gegen 7 Uhr unter großer Anteilnahme der Berliner Bevölkerung vom Garnisonlazarett II in der Moltkestraße in Tempelhof nach der neuen evangelischen Garnisonkirche am Kaiser Friedrich⸗Platz. Dreiundzwanzig Wagen trugen, wie „W. T. B.“ berichtet, drei⸗ undzwanzig Opfer des Luftschiffunglücks in Johannis⸗ thal. Voran marschierten Mannschaften der ersten Eisenbahnbrigade und Seesoldaten, jeden Wagen begleiteten ein Unteroffizier und acht Mann vom 2. Eisenbahnregiment, und den Schluß bildeten 40 Mann der Marineluftschiffabteilung. Eine große Zahl von Kränzen, die von Ihren Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, von Anverwandten der Toten, vom Reichsmarineamt, von den Führern und Besatzungen mehrerer Luftschiffe, von verschledenen Fliegerstationen und Fliegersportvereinen als letzter Gruß gesandt waren, brachte man in einem geschlossenen Wagen ebenfalls nach der Garnison⸗ kirche. In einem Krankensaal des Lazaretts hatten Marineluftschiffer die Ehrenwache gestellt; sie hielten auch die Totenwacht in der Kirche. Die ehemaligen drei Angehörigen der Zeppelinwerft, die bei dem Unglück ebe falls ihr Leben verloren batten, sollten heute ihre letzte Fahrt nach Friedrichshafen antreten. Die irdische Hülle des Kapitäns Gluud ist gestern mittaͤg nach Bremen übergeführt worden.
Heute mittag fand in der neuen evangelischen Garnison⸗ kirche auf dem Kaiser Friedrich⸗Platz die Trauerfeier für die mit dem Marineluftschiff „L 2“ Verunglückten statt. Die Kirche war weihevoll geschmückt. Zu Seiten des Altars hingen zwei Marinekriegsflaggen herab. Vor dem Altarwaren die 23 Särgeaufgebahrt, die unter einem Hügel von Blumen und Kränzen verschwanden. Seine Königliche Hoheit der Prinz Adalbert hatte um 10 Uhr einen Kranz Seiner Majestät des Kaisers und Königs und einen solchen Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin niedergelegt. Von einhalb elf Uhr ab erschienen die leidtragenden Angehörigen der Verunglückten Wund wurden von Marineoffizieren zu ihren Plätzen ge⸗ leitet. Dann füllte sich allmählich die Kirche mit einer gewaltigen Trauerversammlung. Man bemerkte u. a.: den Reichs⸗ kanzler, der einen großen Kranz durch seinen Adjutanten Frei⸗ herrn von Sell niederlegen ließ, die Staatsminister und Staatssekretäre, die Admiralität und die Generalität, unter ihnen den Großadmiral von Tirpitz, den Kriegsminister von Falken⸗ hayn, den Chef des Generalstabs, General von Moltke; ferner waren die fremden Marineattachés, die Herren des Hauptquartiers, Mitglieder des Reichstags, Vereine mit ihren Fahnen, eine Abordnung der Studentenschaft der Berliner Technischen Hochschule
also eine fast plötzliche Windverstärkung auf nahezu das Vierfache. 1 zugegen. Auf der Empore hatten Marinemannschaften und Vertreter