1913 / 252 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Oct 1913 18:00:01 GMT) scan diff

von Grund auf kennen lernen will, bilden den Inbalt des hier schon bekannten und beliebten Stückes, das auch alle anderen beliebten Dar⸗ steller und Darstellerianen der Schlierseer ins Treffen führt. Es erregte auch gestern starke Heiterkeit. 28

August Enna, der bekannte norwegische Komponist, ist von den Direktoren Meinhard und Bernauer eingeladen worden, für August Strindbergs „Kronbraut“, deren Erstaufführung Anfang November

im Theater in der Königgrätzerstraße Kattfindet⸗ die Musik

zu komponieren. Professor Enna hat den Auftrag angenommen.

Richard Alexander wird nach seinem auf 30 Abende abge⸗ schlossenen Gastspiel am Lustspielhaug an verschiedenen Hof⸗ und Stadttheatern in dem Schönthan⸗Presberschen Lustspiel „Puppen⸗ klinik“ ein Gastspiel geben und im Frühjahr 1914 sich abermals als Gast im Lustsptelhause vorstellen. 3 8

Der Berliner Tonkünstlerverein veranstaltet am Sonntag, Nachmittags 4 Uhr, im Saal der Singakademie (Kastanien⸗ wäldchen) sein erstes Volkskammerkonzert, dessen Programm aus Klaviertrios von Beethoven und Schubert sowie den vier ernsten Gesängen von Brahms besteht. Mitwirkende sind die Altistin Maria

eumann sowie die Triovereinigung der Herren Bronislaw von

Pozniak, Hans Bassermann und Heinz Beyer. Eintrittskarten zu 75 u.*.“ Zettel und Kleiderablage) sind an der Tageskasse zu haben.

(Der Konzertbericht befindet sich in der Ersten Beilage.)

3 Mannigfaltiges. 8 Berlin, 24. Oktober 1913.

Die öffentliche Bekanntmachung der im Bereich des Bezirks⸗ III Berlin in diesem Herbst in Berlin stattfindenden Kontrollversammlungen erfolgt am 25. Oktober und 12. No⸗ vember d. J. an den Anschlagsäulen.

Die gestrige Sitzung der Stadtverordneten eröffnete der Vorsteher gMgichele⸗ mit folgender Ansprache: „Das entsetzliche Unglück, das unsere brave Marine in der letzten Woche durch den Untergang des Luftschiffes „L 2“ getroffen hat, hat in der ganzen Welt, besonders in der Berliner Bevölkerung die innigste, tieffste Teilnahme für die unglücklichen Opfer und ihre Familien geweckt. Möge die Luftschiffahrt in ihrem Streben, Vollendetes zu leisten, sich durch solche Schicksalsschläge nicht abschrecken lassen“. Die Versammlung hörte die Worte des Vorstehers stehend an. Auf der Tagesordnung stand zunächst eine Magistratsvorlage, betreffkend die Regelung der Angestelltenversicherung der im Wege des Privatdienstvertrages beschästigten städtischen Angestellten. Für die Beamten hatte der Magistrat beschlossen, die Befreiung zu erwirken. Anders liegt die Sache bei den im Wege des Prrvatdienstvertrages beschäftigten Angestellten. Die Versammlung hatte beschlossen, mit dem Magistrat in gemischter Deputation darüber zu beraten, ob den Angestellten ein Rechtsanspruch auf Ruhegeld und Hinter⸗ bliebenenrente im Sinne des Ministerialerlasses vom 23. No⸗ vember 1912 zu. gewähren sei, um ihre Befreiung von der Angestelltenversicherung herbeizuführen. Die gemischte Depu⸗ tation hat einen verneinenden Beschluß gefaßt, und der Magistrat ist diesem Beschlusse beigetreten. Der Magistrat beantragte, wie

1. November, Nachmittags 4 Ubr, im Bürgersaale des Berliner Rathauses eine Mitgliederbersammlung abhalten, die zu⸗ gleich mit ciner öffentlichen Veranstaltung verbunden sein wird. In dieser werden die Herren Geheimer Regierungsrat Professor Dr.⸗Ing. h. c. Muthesius, Berlin. Nicolassee, und Prosessor Wilhelm Kreis, Düsseldorf, über den Kreis⸗Ledererschen Ent⸗ wurf zum Bismarck⸗Nationaldenkmal sprechen, der endgültig an⸗ genommen ist.

Die „Urania“ wird in einiger Zeit ihr jetziges Heim in der Taubenstraße verlassen, um in neue, erweiterte Räume überzusiedeln. Es wird jedoch angestrebt, schon im alten Hause das Programm der Anstalt weiter auszubauen. Die Sammlungen der naturwissenschaft⸗ lichen und technischen Apparate, die in 5 Sälen untergebracht sind, sollen vervollständigt und neuzeitlichen Anforderungen entsprechend ergänzt werden. Es wird so allmählich an dieser Stelle ein natur⸗ wissenschaftlich technisches Museum entstehen, in dem jedoch der bewährte Grundsatz der Betätigung der auf⸗ gestellten Apparate durch das Publikum selbst gewahrt bleibt. Im Wissenschaftlichen Theater sollen in diesem Winter neben den geographischen Darbietungen mehr noch als bisher Experimentalvorträge großen Stils über Themen aus der an⸗ gewandten Phvysik und der Technik stattfinden. Zu diesem Zweck wird die bisherige Bühne vollkommen umgebaut, mit einer neuen Schalt⸗ anlage versehen und in ein weiträumiges verwandelt. Der kleinere Hörsaal, in dem vorzugsweise die systematischen Vortrags⸗ folgen stattfinden, ist bereits durch den Einbau anstetgender Sitzreihen ausgestaltet worden. In das Direktorium der „Urania“, das bisher aus den Herren Professor Dr. Schwahn und Franz Goerke bestand, sind die Herren Professor Dr. Donath und der Schriftsteller Artur

Fürst neu eingetreten.

Auf der Treptower Sternwarte finden folgende wissen⸗ schaftliche kinematographische Vorträge statt: morgen, Sonnabend, Nachmittags 5 Uhr: „Interessante Bilder aus Italien“, Abends 7 Uhr: „Scotts Reise zum Südpol und ein Blick ins Weltall Sonntag, Nachmittags 5 Uhr: „Aus fernen Landen“, Abends 7 Uhr: „Christoph Columbus“, Montag, Abends 7 Uhr: „Natur und Leben in norddeutschen Gauen“. Am Dienstag, den 28. Oktober, Abends 8 ½ Uhr, spricht der Direktor Dr. F. S. Archenhold über „Unfer Wissen von den Sternenwelten“ unter Vorführnng zahlreicher Licht⸗ bilder. Mit dem großen Fernrohr werden der „Jupiter und der „Saturn“ beobachtet.

Nendza (Oberschlesien), 23. Oktober. (W. T. B.) Amtlich ;bs dem Bahnbof Nendza überfuhr beute abend 9 Uhr 48 Minuten der Güterzug 8901 das Einfahrtssignal um rund 150 m und fuhr dem ausfahrenden Guͤterzuge 6308 in Weiche 2 in die Flanke. Die Lokomotive des Zuges 8901 und 10 Wagen entgleisten und wurden tellweise zertrümmert. Beide Hauptgleise der Strecke Kandrzin— Oderberg sind voraussichtlich sechs Stunden ge⸗ sperrt. Ein Schaffner wird vermißt. Der Sachschaden ist er⸗ heblich. Die Schnellzüge werden über Gleiwitz —Rybnik umgeleitet. Der Verkehr der Personenzüge wird durch Umsteigen aufrechterhalten.

Paris, 24. Oktober. (W. T. B.) Der französische Luft⸗

aus Sundsvall, wurde gerettet.

Hernösand, 23. Oktober. (W. T. B.) Der finnische Dampfer „Vestkusten“ ist bei Rönnskär mit Mannschaft irsgesamt 55 8 bis 36 8 unter angen. Ein einziger Fahrgast, der Viehhändler Henriksso Der Dampsfer „Carl von Linné“, Kapitän Söderström, der Sveagesellschaft traf heute abend mit diesem einzigen Geretteten an Bord hier ein. Ueber das Unglück teilt der Kapitän Söderström folgendes mit: Als die Dampfer „Carl von Linné“ und „Vestkusten“ gestern aus Vasa ausliefen, gerieten sie in einen orkanartigen Sturm. Der Dampfer „Carl von Linné ging deswegen vor Anker, während die „Vestkusten“ weiterfuhr. Als der Dampfer „Carl von Linné“ bei Tagesanbruch die Anker lichtete, bemerkte die Besatzung in den Vasa⸗Schären zwei Masten, die au dem Wasser hervorragten. Der Kapitän Söderström ließ sofor 8 stoppen und sandte ein Rettungsboot nach der Uaglücksstätte. Man fand nur eine Person, den Viehhändler Henriksson, der in dem Mastkorb des Wracks hing. Seit gestern abend 6 Uhr hatte er sich dort fest⸗ gehalten und wurde nun ganz erschöpft an Bord des „Carl von Linné“* gebracht. Nach Aufklärungen, die er dem Kapitän gab, hatte der Dampfer „Vestkusten“ Vasa Nachmittags bei starkem Sturm und Nebel ver⸗ lassen. Der Kapitän steuerte daher auf Rönnskär zu, um dort Anker zu werfen. Während der Fahrt kam er edoch aus dem Kurs, und in ganz geringer Entfernung von Rönnskär lief das Schiff auf eine Klippe, die aus dem Wasser ragte. Es war gegen 6 Uhr Abends bei verminderter Fahrt. Auf der Kommandobrücke befanden sich der Kapitän, der erste und der zweite Steuermann sowie zwei russische Lotsen. Der Dampfer lief mittschiffs auf, glitt aber in⸗ folge des hohen Wellenganges und des Sturmes wieder ab, wobei sich die Salons und der Achterraum mit Wasser füllten. Die beiden Rettungsboote wurden sofort klar gemacht. Es gelang auch, das eine ins Wasser zu bringen; ehe jedoch das zweite Boot von Bord kam, kenterte die „Vestkusten“ und alle an Bord befindlichen Personen stürzten ins Wasser. Es glückte Henriksson und einigen Heizern, den aus dem Wasser herausragenden Mast schwimmend zu erreichen. Gegen Mitternacht konnten die Heizer sich nicht laͤnger halten und ertranken. Nur Henriksson wurde von einer See auf den Mast⸗ korb hinaufgeworfen, und er konnte sich hier bis zum Morgen festhalten, bis er von dem Dampfer „Carl von Linné“ gerettet wurde. enriksson berichtet, der Kapitän und die Steuerleute hätten ihr Lemnit getan, um die Rube unter den von panischem Schrecken er⸗ griffenen Reisenden herzustellen. Diese wurden sämtlich mit Rettungs⸗ gürteln versehen, einige der Reisenden erhielten sogar zwei Rettungs⸗ gürtel. Das Unglück ereignete sich sehr schnell. Vom Auflaufen des Dampfers bis zum Sinken vergingen nur wenige Minuten. Die „Vestkusten“ halte 41 Kühe und 8 Pferde an Bord, die gleichfalls sämtlich ertranken.

Dawson (Neu Mexiko), 23 Oktober. (W. T. B.) In einem alten G das mit dem Schacht der Hirschschlucht⸗ Kohlengrube (vgl. Nr. 251 d. Bl) in Verbindung steht, brach heute nachmittag Feuer aus. Es wird befürchtet, daß die Flammen auf den Schacht übergreifen werden, in dem, wie schon gestern gemeldet wurde, noch etwa 250 Bergleute eingeschlossen sind. Nach neueren Feststellungen sind von 284 Bergleuten, die bei der Explosion eingeschlossen wurden, 23 lebend geborgen worden. Einige waren besinnungslos. Ferner wurden 14 Leichen geborgen. Die ganze Nacht hindurch wurden große Ventilatoren in Tätigkeit gehalten. Man hofft, auf diese Weise die Gase in der Grube

Reisenden und

folgt, zu beschließen: „Die Versammlung

verstanden, daß die städtischen Angestellten nach dem A.⸗V.⸗G. zu versichern sind, und daß die Stadtgemeinde nur die ihr gesetzlich der

obliegende Verpflichtung zur Zahlung der beiträge übernimmt“ Die Vorlage wurde

einem Ausschusse zur Vorberatung überwiesen. Nach Erledigung einer Reihe kleinerer Vorlagen wurde die öffentliche Sitzung, der eine

geheime folgte, geschlossen.

8 Der Verein zur Exrichtung eines denkmals auf der Elisenhöhe bei

wird, nachdem er das erste Jahr seiner Tätigkeit vollendet hat, am

Tn 8

Theater. Königliche Schauspiele. Sonn⸗

abend: Opernhaus. 123. Kartenreserve⸗ satz. Das Abonnement, die ständigen Reservate sowie die Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. Auf Aller⸗ Föcfstern Befehl: Festvorstellung zu Ehren der Teilnehmer an der 11. Inter⸗ nationalen Tuberkulosekonferenz. Der Ring des Nibelungen. Bühnenfestspiel von Richard Wagner. Erster Tag: Die Walküre in drei Akten von Richard Wagner. Mustkaälische Leitung: Herr Generalmusikdirektor Blech. d Oberregisseur Droescher. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 199. Abonnementsvor⸗ stellung. Die Quitzows. Vaterländisches Drama in vier Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Regie: Herr Oberregisseur Patry. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Opernhaus. Mittags 12 Uhr: 122. Kartenreservesaz. Mit Aller⸗ höchster Genehmigung: Matinee zum Besten des Meyerbeer⸗Denkmal⸗ fonds unter Mitwirkung hervorragender Künstler. Abends 7 ½ Uhr: 207. Abonne⸗ mentsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Mignon. Oper in drei Akten von Ambroise Thomags. Text mit Benutzung des Goetheschen Romans „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ von Michel Carrs und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert.

Schauspielhaus. 200. Abonnementsvor⸗ stellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind auf⸗ gehoben. Schwanenweiß. Traumdichtung von August Strindberg. Verdeutscht von Emil Schering. Die zur Handlung ge⸗ hörige Musik von Professor Ferdinand Hummel. Anfang 7 ½ Uhr.

Neues Operntheater. (Kroll). Gastspiel des „Schlierseer Bauerntheaters“ (Leitung: Direktor Paver Terofal). Sonnabend, Abends 8 Uhr: Zum letzten Male: Der Prinz Natzi. Burlesker Bauernschwank mit Gesang und Tanz in dret Aufzügen (nach einem vorhandenen Stoff des J. von Plötz) von Richard Manz. Musik von Emil Kaiser.

Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr: Bei er⸗ mäßigten Preisen: Almenrausch und Edelweiß. Abends: s Dorf g’hoamnis.

Dentsches Theater. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Torquato Tasso.

Regie: Herr M

8 fahrt.

- 8

8

erklärt sich damit ein⸗

berufung deren

ringerung Der

Hälfte der Versicherungs⸗ nach längerer Erörterung

Bismarck⸗National⸗ Bingerbrück⸗Bingen

Kammersviele. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der ver⸗ lorene Sohn.

Sonntag: Der verlorene Sohn. Montag: Venezianisches Abenteuer eines jungen Mannes. Hierauf: Heirat wider Willen.

Berliner Theater. Sonnab., Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai. Posse mit Gesang und Tanz in vier Bildern von Bernauer und Schanzer. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bummel⸗ studenten. Abends: Wie einst im gi.

Montag und folgende Tage: Wie einst im Mai. .

Theater in der Königgrützer Strafie. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Brand. Drama in fünf Akten von Henrik Ibsen.

Sonntag: Maebeth. Montag: Die fünf Frankfurter.

Komödienhans. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Zum ersten Male: Hinter Mauern. Sonntag und folgende Tage: Hinter Mauern.

Dentsches Künstlerthenter (So⸗ zietät). (Nürnbergerstr. 70/71, gegenüber dem Zoologischen Garten.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Der zerbrochene Krug. Vorher: Hanneles Himmelfahrt. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das Prinzip. Abends: Der zerbrochene Krug. Vorher: Hauneles Himmel⸗

Montag: Der Biberpelz.

Lessingtheater. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Peer Gynt. Dramatisches Gedicht von Ibsen. Musik von Grieg.

Sonntag: Peer Gynt.

Montag: Professor Bernhardi.

Deutsches Schauspielhaus. (Direk⸗ tion: Adolf Lautz. NW. 7, Friedrich⸗ straße 104 104 a.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die heitere Residenz. Lust⸗ spiel in drei Akten von Georg Engel.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Ein idealer Gatte. Abends: Die heitere

Montag

der verschiedenen in Verbindung einer Aufgabe es

französische 1 1 e1 1 deutschen Generalkonsulat in Paris für einen Flug mit decker über Saarburg, 1 G Crailsheim, Regensburg, Passau und weiter, der in der Zeit zwischen dem 27. Oktober und 12. November ausgeführt werden soll, einen

Reiseschein erhalten.

chiffahrtsverband regt die Gründung eines aus den Präsidenten Luftsportvereinigungen bestehenden Ausschusses an,

mit den Auslandsvereinigungen internationalen Konferenz wäre, soweit als möglich der verbotenen Luftzonen Flieger Mark Bonnier hat Karlsruhe,

Hagenau, Rastatt,

veranlassen soll, eine Ver⸗ zu erzielen.

die Ein⸗

von dem einem Ein⸗ Heilbronn,

enügend mit frischer Luft zu durchmengen, um die noch Ein⸗ eschisssenen am Leben zu erhalten. Nach Ansicht Sachverständiger liegt eine Kohlenstaubexplosion vor.

anama, 23. Oktober. (W. T. B.) 1 fand ein neues schweres Erdbeben statt. Der Stoß wurde auf dem ganzen Isthmus gefühlt, er daverte 20 bis 25 Sekunden. Schaden wurde weder hier noch im Kanalgebiet angerichtet.

Heute gegen 10 Uhr

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und

Zweiten Beilage.)

Schillertheater. 0. (Wallner⸗ theater.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Wenn der neue Wein blüht. Lust⸗ spiel in drei Akten von Björnstjerne Björnson. 1 Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Frei⸗ wild. Abends: Wenu der neue Wein blüht.

Montag: Jugendfreunde.

Charlottenburg. Sonnabend, Nach⸗ mittags 3 Uhr: Götz von Ber⸗ lichingen. Schauspiel in 5 Aufzügen von Wolfgang von Goethe. Abende 8 Uhr: Rosenmontag. Offizierstragödie in fünf Atten von Otto Erich Hartleben. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. Abends: Rosenmontag. G Montag: Rosenmontag.

Deutsches Opernhans. (Char⸗ lottenburg, Bismarck⸗Straße 34 —37. Direktion: Georg Hartmann.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die Jüdin. Große Oper in fünf Akten von J. F. Halévy.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Freischütz. Abends: Der Trouba⸗ dour. 8

Montag: Der Mikado.

8

Montis Operettenthenter. (Früher: Neues Theater.) Sonnabend, Abends 7 Uhr: Gastspiel Fritzi Massary, Julius Spielmann. Zum ersten Male: Unter persönlicher Leitung des Komponisten Franz Lehär: Die idenle Gattin. Opereite in drei Akten von J. Bramer und A. Grün⸗ wald.

Sonntag und folgende Die ideale Gattin.

Tage:

Theater des Westens. (Station: Feelagzscher Garten. Kantstraße 12.)

onnabend, Abends 8 Uhr: Gräfin Fifi. Operette Akten von Albert Chantrier.

Sonntag, Nachmittags 3 ½¼ Uhr: Der liebe Augustin. Abends 8 Uhr: Gräfin Flfi.

Montag: Der liebe Augustin.

Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) Sonnabend, Abends 8 ½¼ Uhr: Gastspiel Richard Alexander: Die Puppenklinik. Lustspiel in drei Akten von Franz von Schönthan und Rudolf Presber.

Sonntag, Nachmittags 3 Ubr: Majolika.

in drei

Theater am Nollendorfplatz. Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Bei kleinen Preisen: Maria Stuart. Abends 8 Uhr: Die Heimkehr des Odysseus. Burleske Operette in zwei Akten von Karl Ettlinger und Erich Motz. Musik nach Motiven J. Offen⸗ bachs, zusammengestellt und bearbeitet von Dr. Leopold Schmidt. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Orvheus in der Unterwelt. Abends 8 Uhr: Die Heimkehr des Odysseus. Montag und folgende Tage: Die Heimkehr des Odysseus.

Restdenztheater. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Hoheit —- der Franz! Musi⸗ kalische Groteske von A. Landsberger und Willi Wolff. 13 Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die Frau Präsidentin. Abends: Hoheit der Franz!

Montag und folgende Tage: Hoheit der Franz!

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die Tangoprinzessin. Posse mit Ge⸗ sang und Tanz in drei Akten von Jean Kren und Curt Kraatz. 1

Sonntag und folgende Tage: Die Tangoprinzessin.

Trianontheater. (Georgenstr., nahe Bahnhof Friedrichstr.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Seine Geliebte.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Untreu. Hierauf: Die Brieftasche. Abends: Seine Geliebte.

Montag und folgende Tage: Geliebte.

Seine

Konzerte.

Saal Bechstein. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Einziger Kammermusikabend des Flonzaley⸗Quartetts.

Beethoven-Sunal. Sonnab., Abende 7 ½ Uhr: 1. Konzert von Max Fiedler mit dem Philharmonischen Orchester. Mitw.: Hermine d’'Albert.

Klindworth⸗Scharwenka⸗Saal. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Liederabend von Else Schmidt⸗Heid. Am Klavier:

e A . men

Chorualion-Saal. Sonnab., Abends 8 Uhr: Liederabend von Madame Peroux⸗Williams.

Zirkus Schumann. Sonnab., Abends 7 ½ Uhr: Große Galavorstellung. Vorzügliches Programm. Zum Schluß: Tango vor Gericht. Eine Pantomimenburleske mit Gesang und Tanz in drei Akten.

Sonntaa, Nachmittags 3 ½ Uhr und Abends 7 ½ Uhr: 2 große Galavor⸗ stellungen. In beiden Vorstellungen: das große Spezialitätenprogramm. Abends: Zum Schluß: Tango vor Gericht. S

7 ½ Uhr: Große Galavorstellung. uftreten sämtlicher Spezialitäten. Zum Schluß: Die große Prunk⸗ pantomime: Aus unseren Kolonien. Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr und Abends 7 ½ Uhr: 2 große Vorstellungen. In beiden Vorstellungen: das glänzeude Spezialitätenprogramm. Besonders hervorzuheben: Hagenbecks lustiges Schimpansentrio. Abends: Zum Schluß: Die Originalpantomime: Aus unseren Kolouien.

Familiennachrichten. Verlobt: Frl. Irmgaꝛd Rahm mit Hrn. Hauptmann Arthur Brandenburg (Potsdam— Hirschberg i. Schles.). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Haupt⸗ mann Arthur von Wolff (Rawitsch). Hrn. Ferdinand Levin Frhrn. von Wintzingerode (Magdeburg). Eine Tochter: Hrn. Hauptmann Hugo von Langendorff (Charlottenburg). 8 Gestorben: Hr. Kammerherr und Ritt⸗ ee a. 2 8” veef 94 85 berg (Hardenberg bei Nörten). Fr. Marie Arent, geb. von Langendorff (Dresden⸗Blasewitz).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verlag der Erpedition (Heidrich) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 3 V

Zehn Beilagen

Sonntag: Don Carlos. 8 hheitere Residenz.

Montag: Torquato Tasso.

Residenz. und folgende Tage: Die

Abends: Die Puppenklinik. Montag und folgende Tage: Die Puppenklinik. 8

Eduard Behm.

inschließlich Börsenbeilage un (änsceicggnceilage ir. 84 X u. 49)

Zirkus Busch. Sonnabend, Abents

eichsanze

Statistik und Volkswirtschaft.

Ein⸗ und Ausfuhr einiger wichtiger Waren m Spezialhandel in der Zeit vom 11. bis 20. Oktober der beiden letzten Jahre.

dz = 100 kg.

Einfuhr Ausfuhr

Warengattung

1913 191² 1913 V 191²2

109 984 4 188

15 165 28 699 13 055

5 450 4 203 525 2 561 308 2 181 113

214 459 221 876

68 918 6 387 7 932

2 343 524

1 740 1 120 1 753 756 2 379 998

479 230

476 791 655 678 9 749 956 6 168 072 14 524 17 360

11 2 7 826 206 395

Baumwolle. Flachs, gebrochen, ge⸗ schwungen usw. 8 Hanf, roh, gebrochen, ge⸗ schwungen usw... Jute und Jutewerg. Merinowolleim Schweiß Kreuzzuchtwolle im Schweiß.. Eisenerie .. . Steinkohlen. 3 Braunkohlen .. .. 1 gereinigt (Leucht⸗

3 519

8 968 51 614 5 707

12 777

3 035 371 2 833 109. 2 209 441

164 398 98 730 396 40 851 29 780% y175 815

3 142 278 914 36 106 869

130 626 17 004

0 D* Rohluppen, Rohschienen,

Rohblöcke usw... Träger, eiserne... Eisenbahn⸗, Straßen⸗

bahnschienen .. Eisenbahnschwellen

ED A“; 1“ Feingold, legiertes Gold,

Barren aus Bruch⸗

L1114“ Deutsche Goldmünzen. 5,16 0,88 Fremde Goldmünzen 0,62 2,19

¹) auch Eisenbahnlaschen und ⸗unterlagzplatten aus Eisen.

erlin, den 24. Oktober 1913. Kaiserliches Statistisches Amt. Delbrück.

221 138 169 419

124 722

22 336 1 707

68 156 54 846

13,30 1,15 21,27

0,16.

12,69

Zur Arbeiterbewegung.

Am 22. d. M. haben, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, die Matrosen sämtlicher in Venedig vor Anker liegenden Schiffe der Società Nazionale dei Servizi Marittimi wegen Nichterfüllung ihrer Forderungen bezüglich der Altersversorgung den Ausstand erklärt, der sich wahrscheinlich auf die ganze Flotte der Ge⸗ sellschaft ausdehnen wird. 8 8

Technik.

Am 25. d. M. sind hundert Jahre seit dem Tage verflossen, an dem ein großer Erfinder auf dem Gebiete der Technik geboren wurde, ein Mann, der in 40 Lebensjahren an 20 Erfindungen bedeutenden Ranges bis zur vollständigen Reife gebracht hat und dessen Name doch in weitesten Kreisen unbekannt geblieben oder schnell vergessen ist: Matthäus Hipp. Von Fachleuten wird Hipp neben Werner von Siemens gestellt, und Professor Bauder in Stuttgart hebt im „Elektrotechnischen Anzeiger“ hervor, daß seine Erfindungen wirkliche, echte Erfindungen gewesen seien, die auf einer selbstgeschaffenen Theorie beruhten und nicht nur durch Experimentieren nach einer langen Reihe von Fehlversuchen zustande kamen. Der Geburts⸗ ort von Matthäus Hipp war das württembergische Städtchen Blaubeuren, im engeren Sinne eine Mahl⸗, Oel⸗ und Säͤgemühle, die in dem Knaben früh den Sinn für Mechanik weckte, sodaß er schon mit 8 Jahren ein Modell für eine neue Oelmühle herstellte, die sein Vater bauen wollte. Hipp wurde in völliger Selbstbestimmung mit 16 Jahren Uhrmacher und ließ sich auch als solcher mit 27 Jahren in Reutlingen nieder. Hier brachte er seine erste bedeutende Er⸗ findung zum lbschlug die ihn schon in seiner Lehrzeit beschäftigt hatte, nämlich die Schaffung einer Präzisionsuhr, bei der das Pendel von Zeit zu Zeit, wenn sich seine Schwingungsweite bis zu einem Betrag verringert hat, selbsttätig einen neuen Antrieb erhält. Wie das gewöhnlich geschieht, wurde die Neuerung zunächst mit Nichtachtung und sogar mit Spott behandelt, und doch ist sie die Grundlage für elektrische Pendeluhren geworden, die heute als meist verbreitete und genaueste ihrer Art den Ruhm der von Hipp in Neuchatel begründeten Fabrik bilden. Die Genauigkeit dieser Uhren wird noch heute als unübertroffen bezeichnet. Kaum war diese Leistung vollbracht, als Hipp mit einer neuen großartigen Erfindung hervortrat, nämlich mit einem Buchstabenschreib⸗ telegraph, der in jeder Hinsicht dem Typendrucktelegraphen von Hußbes überlegen war und diesen wahrscheinlich auch aus dem

elde geschlagen hätte, wenn Hipp mit den genügenden Geld⸗ mitteln ausgestattet gewesen wäre, um ihn durchzusetzen. Immer⸗ hin hatte auch dieser Apparat eine höchst wichtige Folge, da er zuerst den Synchronismus zwischen der Sende⸗ und Empfangs⸗ station bewirkte und damit die Grundlage für das 8 ausgebildete Chronoskop wurde, das zu sehr genauen Zeitbestimmungen dient. Man kann mit seiner Hilfe die Zeit bis auf Tausendstelsekunden ab⸗ lesen, und dies Mittel hat viele Verwendungen gefunden, nicht nur in den verschiedenen Naturwissenschaften, sondern auch bei der Artillerie zur Messung der Geschoßgeschwindigkeiten und der Entzündungs⸗ schnelligkeit des Pulvers. Um 1850 hatte Hipp in London gehört, daß der berühmte Wheatstone vergeblich die Aufgabe zu lösen suchte, einer Achse 1000 Umdrehungen in der Sekunde zu geben. Die höchste Leistung waren 300 Umdrehungen. Hipp erprobte verschiedene Metalle, die aber sämtlich mindestens bei 500 Um⸗ drehungen schmolzen. Als er aber eine elastische Lagerung der Achse eingeführt hatte, vermochte er mehr als 2000 Umdrehungen in der Sekunde zu erztelen. Es fehlte Hipp nun auch nicht an Aner⸗ kennung, indem er 1852 als Leiter des schweizerischen Telegraphen⸗ wesens nach Bern berufen wurde. Aus den ihm unterstehenden Werk⸗ stätten gingen alle Telegraphen nicht nur der Schweiz, sondern aguch sämtlicher Mittelmeerländer hervor, und zwar unter wesentlichen Vervollkommnungen und Vereinfachungen. Dann kam ein elektrisches Eisenbahnsignal, die sogenannte Kontrolluhr, an die Reihe, mit der man die Unregelmäͤßigkeiten im Gang eines uges von einer Station aus verfolgen konnte. Weiterhin beschäftigte er sich mit der Isolierung telegraphischer Kabel unter Wasser. Leider wurde die Tatigkeit dieses erfindungsreichen Mannes da⸗ durch unterbrochen, daß die Privatunternehmer über den unerträg⸗ lichen Wettbewerb der staatlichen Telegraphenwerkstatt in Bern Klage führten. Als nun diese nur noch auf Reparaturen beschränkt werden sollte, legte Hipp seine Stellung nieder und übernahm die Leitung einer in Neuchatel von Kavitalisten gebildeten Gesellschaft. Nunmehr rückten die elektrischen Uhren in den Mittelpunkt seines Interesses

1““

Erste Beilage 8 iger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

1913.

„Freitag, den 24. Oktober

und seine erste Erfindung wurde bis auf den heutigen Grad vervoll⸗ kommnet und zum besten astronomischen Regulator erhoben. Die Uhr auf der Sternwarte in Neuchatel, die von ihm gebaut worden ist, hat nur einen Fehler von 0,04 Sekunden täglich, und für diese Leistung erhielt Hspp auf der Pariser GElektrizitätsausstellung 1881 die goldene Medaille. Auch die gleichzeitige Regelung von Uhren auf elektrischem Wege, die später die Runde um die ganze Erde gemacht hat, wurde schon 1864 an dem neuen Sitz seiner Tätigkeit von Hipp eingeführt. Der unermüdliche Arbeiter ging nun an die Herstellung eines elektrischen Chronographen zur selbst⸗ tätigen Aufzeichnung von beliebigen Punkten und Abschnitten der Zeit. Dann wandte er sich wieder dem elektrischen Eisenbahnsignalwesen zu und schuf eine ganze Reihe neuer Konstruktionen verschiedenster Art. Hindernisse im Betrieb der Signale wußte er auf einfache und geniale Weise zu beseitigen. Es ist unmöglich, alle seine Erfindungen auf be⸗ schränktem Raum auch nur zu erwähnen. Da sind ein selbsttätiger Flugmesser, selbstaufzeichnende meteorologische Instrumente, Wasserstandanzeiger, Wächterkontrolluhren, auch ein elektrischer Webstuhl und ein elektrisches Klavier. Auch die menschliche Stimme wollte er durch den elektrischen Telegraphenübertragen, aber so unerschöpflich sein Geist zu sein schien, so hatte er doch seine Gesundheit durch eine solche Anspannung der Arbeitskraft geschwächt. Die zuletztgenannten Erfindungen wurden nicht mehr vollendet oder kamen nicht mehr zu einer praktischen Ausnutzung im roßen Stil. Die letzten Jahre seines Lebens hatte Hipp schwer zu leiden, bis er am 3. Mai 1893 starb. An äußerlichen Auszeichnungen hat es ihm nicht ganz gefehlt. Die Universität Zürich machte ihn zum Ehrendoktor. Ist es billig, daß das Andenken eines sglche. Mänae⸗ schon 20 Jahre nach seinem Tode nahezu vergessen iste—

Wohlfahrtspflege.

Die Verhandlungen des 33. deutschen Armenpflege⸗ Kongresses über ein einheitliches deutsches Armengesetz.

Der vorjährige deutsche Armenpflege⸗Kongreß in Braunschweig, der u. a. die Frage einer gesetzlichen Regelung der Aufgaben der öffentlichen Armenpflege erörterte, hat bekanntlich unter dem Eindruck der dort bekannt gewordenen Nachricht, daß Bayern im Begriffe stehe, sich unter Aufgabe seines bisherigen Heimatsrechtes nunmehr gleichfalls der Unterstützungswohnsitzgesetzgebung des Deutschen Reiches anzu⸗ schließen, in einer einmütigen Resolution die Herbeiführung der Rechtseinheit auch auf dem Gebiete des materiellen Armen⸗ rechts durch ein einheitliches deutsches Armengesetz für geboten erklärt und zugleich seinen Vorstind mit der Einsetzung einer Kommission beauftragt, die der nächsten Jahresversammlung Grund⸗ züge zu einem solchen Reichsgesetz unterbreiten sollte. Die zum Voll⸗ zuge dieses Beschlusses einberufene elfgliedrige Kommission hat in mehreren Sitzungen sich der ihr gestellten Aufgabe entledigt und in dem hundertsten Hefte der Schriften des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit unter dem Titel „Ein deutsches Reichs⸗Armengesetz Grundlagen und Richtlinien“ den Vereinsmitgliedern zur Vorbereitung der diesjährigen Tagung wertvolle Druckderichte vorgelegt. Nicht weniger als sieben Referenten nehmen darin von ver⸗ schiedenen Seiten aus zu der Frage eines Reichs⸗Armen⸗ Se Stellung; Bürgermeister von Hollander (Mannheim) ehandelt die gegenwärtige Lage der deutschen Armengesetzgebung und die Notwendigkeit eines Reichsarmengesetzes, Beigeordneter Dr. Greven (Cöln) die Aufgaben und Schatzrat Dr. Drechsler (Hannover) die Organe der öffentlichen Armenpflege. Der polizeiliche Arbeitszwang ist von Stadtrechtsrat Dr. Sperling (Mannheim), die Wandererfürsorge von Professor Dr. Klumker (Frankfurt a. M.) behandelt. Der Tarif⸗ frage ist ein Bericht des Rechtsrats Fleischmann (Nürnberg) gewidmet, und in einer Abhandlung des Bürgermeisters Dr. Thode (Stettin) die Aufsicht über die öffentliche Armenpflege und Rechtsprechung erörtert.

Der Bedeutung dieser Tagesordnung entsprechend, hatten sich am 25. und 26. September d. J. zahlreiche Vortreter der amtlichen und der außeramtlichen Armenpflege in Stuttgart zur 33. Jahres⸗ versammlung des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit eingefunden. Der württembergische Minister des Innern Dr von Fleisch⸗ hauer begrüßte die Versammlung im Namen Seiner Majestät des Königs von Württemberg und der Staatsregierung, der vortragende Rat im Reichsamt des Innern, Geheime Regierungsrat Dr. Jung als Ver⸗ treter des Reichskanzlers und Oberbürgermeister Lautenschläger als Vertreter der Stadtgemeinde Stuttgart. Im Namen des Deutschen Vereins für Armenpflege und Wohltätigkeit dankte der Vorsitzende, Justizrat Dr. Ruland (Colmar), für die Begrüßungsworte und leitete die Kongreßverhandlungen dadurch ein, daß er in kurzen, scharfen Um⸗ rissen die geschichtliche Entwicklung der Armengesetzgebung seit der Gründung des Reichs darstellte. Am ersten Tage kamen ausschließlich die Einzelberichterstatter mit ihren Referaten zum Worte, während der zweite Tag ganz der Diskussion vorbehalten war, die in eine General⸗ und eine nach den obigen Materien geordnete Spezial⸗ debatte zerfiel. 8

In seinem zusammenfassenden Bericht über die gegenwärtige Lage der Armengesetzgebung im Reiche hatte der Bürgermeister von Hollander wegen der Mannigfaltigkeit der Landesgesetze, ihrer vielfachen Ab⸗ weichungen voneinander und der daraus sich ergebenden Härten und Ungleichheiten die Notwendigkeit eines Reichsarmengesetzes dargelegt. Dieses, als Reichsausführungsgesetz zum Unterstützungswohnsitzgesetz gedacht, werde zwar eine restlos einheitliche Regelung nicht bringen können, vielmehr der Landesgesetzgebung und Verwaltung immer noch ziemlich viel Spielraum lassen müssen; aber schon durch eine reichs⸗ gesetzliche Regelung auf großen und wichtigen Gebieten des Armen⸗ rechts, namentlich unter Einbeziehung der Erziehung und Erwerbs⸗ befähigung der Jugend, die im Gegensatz zu anderen deutschen Staaten, wie Bayern und Sachsen, heute in Preußen noch nicht zum Pflichtenkreis der öffentlichen Armenfürsorge gehöre, würde für eine geordnete Armenpflege viel gewonnen sein.

In der Debatte hob zunächst der Landgerichtsdirektor a. D. Dr. Aschrott (Berlin) die Schwierigkeiten, die sich einer reichsgesetzlichen Regelung in der notwendigen Aenderung der Reichsverfassung, den partikularistischen Strömungen in den Einzelstaaten, auch in den Verschiedenhetten der Ansichten im Vereine selbst entgegenstellten, scharf hervor und gab zur Erwägung anheim, ob nicht die wünschens⸗ werte Vereinheitlichung des materiellen Armenrechts auf anderem Wege, z. B. durch eine Verständigung unter den Einzelstaaten, ins⸗ besondere hinsichtlich der Tariffrage, die in ein Reichsarmengesetz nicht hineingehöre, zu erreichen sei. Der Aufgabenkreis des Reichs⸗ gesetzes erscheine ihm auf der einen Seite zu weit gezogen und eine Beschränkuug der Strafgebiete angebracht; so ließen sich die Materien der Wandererfürsorge und des polizeilichen Arbeits⸗ zwangs besser durch Sondergesetze regeln. Auf der anderen Seite vermisse er wichtige Fragen, die unbedingt einer einheitlichen Ordnung im Reiche bedürften, z. B. die Sorge für bedürftige Ausländer, der Einfluß öffentlicher Armenunterstützungen auf das Wahlrecht der Empfänger. Wolle man ferner die Erziehung zu den Pflichtaufgaben der Armenbehörden erklären, so dürfe davon auch die Fürsorge⸗ erziehung nicht e. werden. Voraussetzung jeder Auf⸗ gabenerweiterung sei aber die Einrichtung einer genügenden Aufsicht, an der es ihm nach den Vorberichten zu fehlen

scheine. Dr. Levy (Berlin) verbreitete sich über die Stellung

der freien Liebestätigkeit, die an der Erstarkung des Gedankens eines Reichsarmengesetzes das größte Interesse habe; vielleicht sei es einer späteren Zukunft vorbehalten, daß auch die Bestrebungen der privaten Wohltätigkeit einmal gesetzlich geregelt würden. Magistratsrat „Dr. Lehmann (Berlin) machte zunächst weitere Gründe für eine Vereinbeitlichung der Armengesetzgebung geltend; außer in das politische Wahlrecht greife die Armenunterstützung auch noch in andere Gebiete des öffentlichen Lebens, wie in die Sozialversiche⸗ rung, in die landesstaatliche Steuergesetzgebung usw. ein. Einer grund⸗ sätzlichen Klarstellung würden in dem Reichsarmengesetz ferner die Fragen bedürfen: „Was ist öffentliche Armehunterstützung?“ und „Wer hat als. Empfänger einer solchen zu gelten?“; namentlich müsse der Begriff der mittelbaren festgelegt werden. Der Redner empfahl eine Beschränkung der Wünsche und bat, sich vor allem die Grenze des Erreichharen vor Augen zu halten, die ihm die Berichterstatter nicht allenthalben eingehalten zu haben schienen. Beigeordneter Dr. Buccerius (Essen) vermißte in den Vorarbeiten eine ausreichende reichspolitische Gundlage und bezweifelte, ob die darin enthaltenen Tendenzen bei den gesetzgebenden Faktoren des Reichs Aussicht auf Annahme hätten. Er leugnete überhaupt einen Anspruch auf Armen⸗ unterstützung. In ein Reichsgesetz solle nur der polizeiliche Inhalt auf⸗ genommen und dann das Ganze statt Reichsarmengesetz lieber Armen⸗ poltzeiordnung genannt werden. (Gegen dieses Verlangen erhob sich in der Versammlung allgemeiner Widerspruch.) Stadtrat Rosen⸗ stock (Königsberg) warf die Frage auf, auf welchem System das Reichsarmengesetz aufgebaut werden solle, ob auf dem des Unter⸗ stützungswohnsitzgesetzes oder auf etwas anderem. Hierüber müsse vor allem einmal Gewißheit geschaffen werden; die bloße Rücksicht auf Bayern dürfe nicht davon abhalten, eingehend zu prüfen, ob der Unterstützungswohnsitzgedanke überhaupt noch zeitgemäß sei.

Am Schlusse der Generaldebatte stellte der Referent von Hollander im allgemeinen das Einverständnis der Deskussions⸗ redner mit seinen Ausführungen fest. Die pessimistischen Auffassungen Dr. Aschrotts teile er nicht. Vor Einbeziehung der Wahlrechts⸗ beschränkungen in das Reichsarmengesetz warne er nachdrücklich; dies sei Sache der Einzelstaaten; Baden habe solche überhaupt nicht mehr. Die Fürsorgeerziehung könne nicht in dem Gesetze mitbehandelt werden, weil sie keine Frage der Verwaltung, sondern eine solche des bürger⸗ lichen Rechts sei. Daß die freie Liebestätigkeit bei der Sache beteiligt sei, sei auch 1 Ansicht. Die Gesetzesbezeichnung als Armenpolizei⸗ ordnung sei absolut zu verwerfen. Ueber die reichspolitischen Ge⸗ danken solle man sich nicht den Kopf zerbrechen; es komme doch alles darauf an, daß praktische Arbeit geleistet werde. An dem Grundsatz des Unterstützungswohnsitzes wollte von Hollander im Gegensatz zu Rosenstock unbedingt festhalten. Die von der Einführung der ein⸗ jährigen Erwerbsfrist befürchteten Gefahren seien nicht eingetreten; auch eine nur dreimonatige Erwerbsfrist würde noch ein Segen sein. Von einer vollständigen Aufhebung des Unterstützungswohnsitzgesetzes könne gar keine Rede sein; sie würde für Gemeinden mit einer gut organisierten Armenpflege geradezu eine Strafe sein und nur zu einer Uebeflutung der Großßrädte führen, deren Armenverwaltung damit verschlehtert werden würde.

In der Sppezialdiskussion nahm von den Einzelberichten das Referat des Beigeordneten Dr. Greven (Cöln) über die Aufgaben der öffentlichen Armenpflege das größte Interesse in An⸗ spruch. Dr. Greven ging davon aus, daß im Gegensatz zur freien Liebestätigkeit, die sich weitere Grenzen stecken könne, die Zwangs⸗ armenpflege, sich auf die subsidiäre Gewährung des Not⸗ bedarfs zu beschränken habe, daß aber nicht nur der unentbehr⸗ liche Lebensunterhalt, die erforderliche Krankenpflege und ein angemessenes Begräbnis, sondern auch der Erziehungsaufwand und die Kosten für Erwerbsbefähigung dazu zu rechnen seien. Der Umfang des Nolbedarfs habe sich nach den sozialen Anschauungen der Zeit und des Ortes bei verständiger Würdigung des Einzelfalles zu richten. Auch bei der und Erwerbsbefähigung solle man aber über das unumgänglich Notwendige nicht hinausgehen. Ins⸗ besondere müsse es als ausreichend angesehen werden, wenn die Armen⸗ pflege die Kinder so weit bringe, daß sie sich selbst durchs Leben helfen können; im allgemeinen werde eine besondere Berufsausbildung dazu nicht nötig sein. Dieser Fürsorge müsse sich die Armenpflege hinsichtlich aller Kinder, soweit nicht in anderer Weise dafür gesorgt sei, und nicht etwa bloß bei den ihr schon ganz anheimgefallenen unter⸗ ziehen. Die Durchführung der Erziehung und Erwerbsbefähigung selbst zu übernehmen, empfehle sich für die Armenbehörden wegen des damit verbundenen Eingriffs in die elterlichen Rechte und Pflichten in der Regel nicht. Eingehend setzte sich schließlich Dr. Greven mit einem kurz vor der Tagung im „Helfer“ erschienenen Aufsatz auseinander, in dem für ein Reichsarmengesetz die Grund⸗ gedanken der sächsischen Armenordnung mit ihrer starken Be⸗ tonung der Vorbeugepflicht der Armenbehörden als vorbildlich empfohlen werden. Dr. Greven warnte nachdrücklich davor, die Zwangsarmenpflege mit Aufgaben zu belasten, die zwar als vor⸗ beugende Maßregeln sehr erwünscht seien, aber nicht in den Pflichten kreis der Armenpflege, sondern in das Gebiet sozialer Fürsorg gehörten; selbstverständlich solle damit in keiner Weise das aus geschaltet werden, was man unter durchgreifender Hilfe versteht.

Oberlandesgerichtsrat Diefenbach (Colmar) trat gleichfalls warm für die Erziehung als Aufgabe der Armenpflege ein. In Elsaß⸗ Lothringen sei für alle bedürftigen Jugendlichen bis zum 21. Jahre Erziehung, sogar Seöö1“ durch Erlernung eines Hand⸗ werks vorgeschrieben. Nach den Motiven des Bürgerlichen Gesetz⸗ buchs gehöre schon jetzt die Erziehung zum Bereich der Armenpflege und auch in Preußen sei bei richtiger Gesetzesauslegung der Erziehungsaufwand zu den erstattungsfähigen Kosten zu rechnen. Senator Dr. Mertens (Hannover) suchte den Begriff Erziehung im Sinne des „Notbedarfs“ näher zu erläutern; er wollte ihn besser durch Auferziehung ersetzt haben, d. h. Ernährung und Erwerbs⸗ befähigung. Erziehung als Bildung des Intellekts und des Charakters sei Luxus, kein Natur⸗, sondern ein Kulturbedürfnis. (Lebhafter Widerspruch in der Versammlung.) Dr. Polligkeit (Frankfurt) hob hervor, daß in vielen Fällen falsch ausgeübte Armenpflege durch Nichtberücksichtigung der Erziehung zur Verwahrlosung der Kinder führe. Oberbürgermeister Dr. Hartenstein (Ludwigsburg) warf zur Pflichtleistung des angemessenen Begräbnisses die Frage auf, wie sich das Reichsarmengesetz zur Ablieferung der Leichname an die Anatomie, die in Preußen die Regel sei, stellen wolle; ent⸗ weder man sei der Ansicht, daß die Ablieferung einer Forderung der Menschlichkeit widerspricht, oder man stehe auf dem Standpunkte, daß sie eine Notwendigkeit ist; je nachdem solle man sich in dem künftigen Gesetz klar aussprechen. Lizentiat Rolffs (Osnabrück) führte aus, daß neben der eigenen Schuld des Almosenempfängers jedenfalls auch die bürgerliche Gesellschaft eine gewisse Verantwortung an der Verarmung der Menschheit mittrage. Ein großer Teil der Bedürftigkeitefälle sei auf den Alkoholgenuß zurückzuführen, wenigstens 20 %; deshalb sollten diejentgen Gewerbetreibenden, die aus dem Verkaufe geistiger Getränke G winn ziehen, auch stärker zu den Armenlasten herangezogen werden. Stadtv. H. Lange (Leipzig) verteidigte die vorbeugende Tätigkeit in der Armenpflege. Die beste Hilfe im Armenwesen set die Beseitigung der Ver⸗ armungsursachen. Weil die sächsische Armenordnung vom Jahre 1841 noch auf dem alten Heimatsprinzip aufgebaut sei, betone man gerade

in Sachsen so sehr den vorbeugenden Charakter der Armenpflege. Der Redner wandte sich gegen den Begriff des Notbedarfs;

11““