1913 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Mar 1913 18:00:01 GMT) scan diff

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Auf den Bericht vom 7. Februar d. J. will Ich der Gemeinde Dillingen im Kreise Saarlouis auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzsamml. S. 221) das Recht verleihen, zum Bau eines Schlachthauses die Grund⸗ stücke Flur 7 Nr. 632/182 ꝛc., 631/182 ꝛc., 557/180, 556/178 ꝛc., 640/176 ꝛc., 639/176 ꝛc., 554/175, 636/171 ꝛc., 635/171 ꝛc. und 549/169 im Wege der Enteignung zu er⸗ werben. Der vorgelegte Lageplan folgt zurück.

Berlin, den 17. Februar 1913. Wilhelm R.

von Breitenbach. Sydow. Freiherr von Schorlemer. von Dallwitz.

An die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Innern.

Ministerium für Handel und Gewerbe.

An Stelle des Unterstaatssekretärs Schreiber im Ministerium für Handel und Gewerbe ist der Ministerialdirektor, Wirkliche Geheime Rat Dr. Neuhaus in demselben Ministerium mit Wirkung vom 1. April d. J. ab zum Vorsitzenden des Prüfungs⸗ amts für Gewerbeaufsichtsbeamte 17 der Vorbildungs⸗ und Prüfungsordnung für die Gewerbeaufsichtsbeamten vom 7. September 1897, M.⸗Bl. d. i. V. 1898 S. 29 ff.) ernannt worden. 1

Ministerium der geistlichen und Unterri öts- 8 8 angelegenheiten. 8

Dem Dirigenten des Meisterschen Gesangvereins Gustav von Lüpke in Kattowitz O. S. ist der Titel „Königlicher Musikdirektor“ verliehen worden.

Königliche Akademie der Künste zu Berlin.

Bekanntmachung. 8

Als Ersatz für den verstorbenen Bildhauer, Professor Otto Lessing ist für den Rest der Wahlperiode des Verstorbenen (bis Ende September 1913) seitens des Herrn Ministers der

eistlichen und Unterrichtsangelegenheiten der Bildhauer, Pro⸗ fessor Peter Breuer hierselbst berufen worden.

Berlin, den 11. März 1913. Der Präsident der Königlichen Akademie der Künste. Lubwig Manzel.

Ministerium des Innern. Bekanntmachung.

Für die Wahlen zur zweiundzwanzigsten Legis⸗ laturperiode des Hauses der Abgeordneten habe ich auf Grund der §§ 17 und 28 der Verordnung vom 30. Mai 1849 (Gesetzsamml. S. 205) als Wahltermine:

für die Wahl der Wahlmänner: den 16. Mai d. J.,

für die Wahl der Abgeordneten: den 3. Juni d. J. festgesetzt.

Frist⸗- oder Gruppenwahl (Art. I §§ 3, 4 des Gesetzes vom 28. Juni 1906 Gesetzsamml. S. 318 ff.) die engeren Wahlen an den bezeichneten Tagen nicht durchgeführt werden können, haben diese Wahlen an den dafür anderweit fest⸗ Wahltagen stattzufinden, mit der Maßgabe, daß ie Wahlen der Wahlmänner spätestens am 28. Mai, die der Abgeordneten spätestens am 9. Juni abgeschlossen werden.

Berlin, den 13. März 1913. Minister des Innern. on Dallwitz.

1““ Hauptverwaltung der Staatsschulden.

Bekanntmachung.

I. Die am 1. April 1913 fälligen Zinsscheine der preußischen Staatsschuld und der Reichsschuld werden vom 22. März ab eingelöst durch

die 11u.“*“ in Berlin W. 8, Tauben⸗ traße 29, die e Seehandlung (Preußische Staatsbank) in Berlin W. 56, Markgrafenstraße 46 a, die Preußische Zentralgenossenschaftskasse in Berlin C. 2, am Zeughause 2, die Reichsbankhauptkasse in Berlin SW. 19, Jägerstraße 34, die Reichsbankhaupt⸗ und Reichsbankstellen und die mit dasseneer. tung versehenen Reichsbanknebenstellen, die preußischen egternos ehtkassen, Kreiskassen und haupt⸗ 1 amtlich verwalteten Forstkassen, die preußischen Oberzollkassen, die preugischen sofern die vorhandenen Barmittel die Einlösung gestatten.

Die Zinsscheine können in Preußen auch vom 22. März ab allgemein statt baren Geldes in Zahlung gegeben werden bei allen hauptamtlich verwalteten staatlichen Kassen, mit Ausnahme der Kassen der Staatseisenbahnverwaltung, sowie bei Entrichtung der durch die Gemeinden zur Hebung ge⸗ langenden direkten Staatssteuern. Ermächtigt, aber nicht ver⸗ pflichtet zur Annahme an Zahlungsstatt sind die Reichspost⸗ anstalten. 8

Die Zinsscheine sind den Kassen nach Wertabschnitten ge⸗ ordnet mit einem Verzeichnis vorzulegen, in welchem Stückzahl und Betrag für jeden Wertabschnitt, Gesamtsumme sowie Namen und Wohnung des Einlieferers angegeben sind. Von der Vorlegung eines Verzeichnisses wird abgesehen, wenn es sich um eine geringe Anzahl von Finnf einen handelt, deren Wert leicht zu über⸗ sehen und festzustellen ist. v zu den Verzeichnissen werden bei den beteiligten Kassen vorrätig gehalten und nach Bedarf unentgeltlich verabfolgt. Weniger geschäftskundigen Personen wird auf Wunsch von den Kassenbeamten bei Auf⸗ stellung der Verzeichnisse bereitwilligst Hilfe geleistet werden.

II. Die am 1. April 1913 fälligen Zinsen der in das Preußische Staatsschuldbuch und in das Reichs⸗ schunhuch eingetragenen Forderungen werden, soweit jiee durch die Post oder durch Gutschrift auf Reichsbankgirokonto zu berichtigen sind, vom 18. März ab gezahlt. Die Bar⸗ zahlung der Zinsen bei der Staatsschuldentilgungskasse und bei er Reichsbankhauptkasse beginnt ebenfalls am 18., bei allen anderen Zahlstellen am 22. März.

Wo infolge Vornahme der Abstimmung in der Form der

8

Die Zahlung ee durch die Post geschieht, wenn kein gegenteiliger Antrag gestellt ist, innerhalb des Deutschen Reichs im Wege des Postüberweisungs⸗ und Scheckverkehrs. Dabei werden Beträge bis 1500 und im Falle der Ueberweisung auf ein Postscheckkonto auch Beträge ohne Abzug der Postgebühren gezahlt; nur die

estellgebühren fallen dem Empfänger zur Last. Werden da⸗ egen die Zinsen auf Wunsch durch Postanweisung oder Geld⸗ S gezahlt, so hat der Empfänger Postgebühren und Porto zu tragen.

I. Die Staatsschuldentilgungskasse ist am 29. März für das Publikum geschlossen, am 31. März ist sie von 11 bis 1 Uhr, an den übrigen Werktagen von 9 bis 1 Uhr geöffnet.

Berlin, den 6. März 1913.

8 Hauptverwaltung der Staatsschulden

und Recgäshuühemerwaüns von Bischoffshausen.

Tagesordnung für die am 27. März 1913, Vormittags 11 Uhr, im stadt⸗ seitigen Bahnhofsgebäude zu Magdeburg stattfindende B 61. ordentliche Sitzun des Bezirkseisenbahnrats für den Dfrektionsbezirk Magdeburg.

I. Geschäftsordnungsangelegenheiten.

a. Mitteilungen der Königlichen Eisenbahndirektion über die Zusammensetzung des Bezirkseisenbahnrats. „p. Vorlage der Königlichen Eisenbahndirektion über die Aenderung des § 1 Absatz 1 der Vorschriften für den Ge⸗ schäftsgang. „Der Bezirkseisenbahnrat wolle beschließen: im § 1 Absatz 1 der Vorschriften für den Geschäftsgang des Bezirkseisenbahnrats zu Magdeburg statt der Worte „am dritten Donnerstag der Monate März und September“ zu setzen „am dritten Donnerstag im März und am ersten Donnerstag im Oktober“.

Begründung.

Der Bezirkseisenbahnrat Hannover / Münster hält seine Herbst⸗ sitzungen satzungsgemäß am dritten Mittwoch im Sevptember ab, 86 sein ständiger Ausschuß tritt am Tage vorher zur Vorberatung zusammen.

Da die ordentlichen Sitzungen des Bezirkseisenbahnrats Magde⸗ burg nach den Vorschriften für den Geschäftsgang im Herbst am dritten Donnerstag im September stattfinden, fallen die ordent⸗ lichen Sitzungen beider Körperschaften auf zwei einander unmittelbar folgende Tage, und diejenigen Ausschußmitglieder des Bezirkseisen⸗ bahnrats Hannover /Münster, welche gleichzeltig dem Bezirkseisenbahnrat Magdeburg angehören, sind gezwungen, sich im Herbst sogar an drei Tagen hintereinander an Sitzungen beider Fücherschaften zu beteiligen.

Den Bezirkseisenbahnräten Hannover/Münster und Magdeburg gehören gleichzeitig 8 Herren an.

Zur Begegnung wiederholter Klagen über den erwähnten Miß⸗ stand wird vorgeschlagen, die Herbstsitzung im Bezirkseisenbahnrat Magdeburg auf den ersten Donnerstag im Oktober zu verlegen. Ein anderer Zeitpunkt etwa ein Tag in der zweiten oder vierten Woche im September kann nicht in Aussicht genommen werden, weil dann wieder ähnliche Verhältnisse mit den Bezirkseisenbahnräten Breslau, Bromberg und Frankfurt eintreten würden.

II. Mitteilungen der Koͤniglichen Füben heha bits tien.

über wichtigere Tarif⸗ und Verkehrsmaßnah

III. Fahrplanangelegenheiten.

Mitteilungen der Königlichen Eisenbahndirektion über den vom 1. Mai 1913 gültigen Fahrplan. (Der erste Entwurf ist am 1. März 1913 versandt worden.)

IV. Festsetzung des ö für die nächste Ausschuß⸗ itzung. Magdeburg, den 10. März 1913.

Königliche Eisenbahndirektion. Sommer.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. März 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Kriegs⸗ ministers, Generals der Infanterie von Heeringen, des Chefs des Generalstabes der Armee, Generals der Infanterie von Moltke, des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie UFetqefhn von Lyncker, des Präses der Artillerieprüfungs⸗ ommission, Generalmajors Sieger und des Kommandeurs der Infanterieschießschule, Obersten Mühry entgegen.

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1 8 8 88

Seine Majestät der König Gustav von Schweden und seine Schwiegertochter, Ihre Kaiserliche Hoheit die Herzogin Mariavon Södermanland, sind, wie „W. T. B.“ meldet, gestern auf dem hiesigen Stettiner Bahnhof eingetroffen, wo sie von dem schwedischen Gesandten Grafen Taube und mehreren Se der schwedischen Gesandtschaft empfangen wurden. Seine Majestät der König und Ihre Kaiserliche Hoheit die Herzogin begaben sich zunächst nach der schwedischen Gesandtschaft und statteten später Ihren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin im Königlichen Schlosse einen Besuch ab. Seine Majestät der König nahm an dem Botschafterdiner, das Abends bei Seiner Majestät dem Kaiser stattfand, teil und reiste danach mit Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Herzogin Mari vom Anhalter Bahnhof nach Italie uaub.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen, der Ausschuß für Handel und Verkehr, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Justizwesen und für Rechnungswesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen und für Handel und Verkehr Sitzungen.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Der frühere vortragende Rat im Reichspostamt, Wirkliche

Geheime Oberpostrat Bernhardt ist am 9. März 1913 in Naumburg (Saale) im 65. Lebensjahre gestorben. Er trat 1869 in den höheren Telegraphendienst des Nord⸗ deutschen Bundes ein, machte 1870/71 den Feldzug gegen rankreich im Heere mit und erwarb das Eiserne Kreuz II. Klasse. 1877 bestand er die höhere Telegraphenver⸗ waltungsprüfung, 1887 wurde er in das Reichspostamt be⸗ rufen, dem er bis zu seinem Uebertritt in den Ruhestand 1. Januar 1909 angehört hat. 1889 wurde er zum Ober⸗ postrat und ständigen Hilfsarbeiter im Reichspostamt, 1893 zum vortragenden Rat und 1897 zum Geheimen Oberpostrat ernannt. 1907 wurde ihm der Charakter als Wirk⸗ licher Geheimer Oberpostret mit dem Range eines Rats erster Klasse verliehen. Seit Oktober 1901 war er Abteilungsdirigent in der zweiten Abteilung des Reichs⸗ postamts (Telegraphen⸗ und Fernsprechwesen). Bei seinem Scheiden aus dem Dienst erhielt er den Königlichen Kronen⸗ orden II. Klasse mit dem Stern.

Der Heimgegangene hat dank seiner hervorragenden Begabung und unermüdlichen Hingebung an seinen Beruf der Reichspost⸗ und Telegraphenverwaltung wertvolle geleistet. Sie wird sein Andenken in Ehren halten.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Eber“ am 10. März in Porto Grande auf St. Vincent ((Cap Verdische Inseln) und S. M. S. „Nürnberg“ am 11. März in Tsingtau eingetroffen.

8 Oesterreich⸗Ungarn. 8

Der König von Sachsen ist gestern, wie „W. T. B.*, meldet, zum Besuch der Erzherzogin Maria Josepha in Wien eingetroffen und stattete Mittags dem Kaiser Franz Joseph einen längeren Besuch in Schönbrunn statt.

Ein gestern veröffentlichtes amtliches Communiqué besagt obiger Quelle zufolge:

Die St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur veröffentlicht im Anschluß an das gestern zur Ausgabe gelangte, zwischen der öster⸗ reichisch⸗ungarischen und der russischen Regierung vereinbarte gleich⸗ lautende Communiqué einen ergänzenden Passus. Die Aufnahme dieses in der bezüglichen Vereinbarung der beiden Kabinette nicht inbegriffenen Passus in den im Einvernehmen veröffentlichten Text der Communiqués wurde von seiten Oesterreich⸗ Ungarns schon aus dem Grunde für unnötig befunden, weil unsere politische Haltung gegenüber unseren südlichen Nachbarn sich nicht erst aus den bei dem gegenwärtigen Anlaß gepflogenen Erörterungen ergab. Es braucht in dieser Richtung nur darauf hingewiesen zu werden, daß Graf Berchtold schon am 5. November vor dem kompetenten Forum der Delegationen die Erklärung abgab, daß die Monarchie bereit sei, die Grundlage zu einem dauernden freundschaftlichen Einvernehmen mit den Balkanstaaten zu schaffen.

Wie die „Militärische Rundschau’ bekannt gibt, hat das Kriegsministerium hinsichtlich der Rückbeurlaubung der Reservisten im wesentlichen folgende Verfügungen erlassen:

Alle gegenwärtig beim ersten bis vierzehnten Korps zur teilweisen Ergänzung des Heeres in aktiver Dienstleistung stehenden Reservisten des Assentjahrgangs 1908 (ausschließlich Kavallerie) sind in das nicht⸗ aktive Verhältnis zurückzuversetzen. Bei der Kavallerie können die Re⸗ gimentskommandeure der Berücksichtigung würdige Reservisten des Assentjahrgangs 1908, soweit es die Dienstverhältnisse gestatten (Rücksichten auf die notwendige Pferdewartung usw.), in das nichtaktive Verhältnis zurückversetzen.

Großbritannien und Irland.

Der türkische Botschafter und Hakki Pascha sprachen gestern nachmittag im Auswärtigen Amte vor.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, ist den verbündeten Balkanstaaten deutlich erklärt worden, daß die Entscheidung über die Zukunft Skutaris ob die Festung fällt oder nicht in den Händen der Mächte liegt.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses standen Anfragen auf der Tagesordnung.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ fragte der Abg. Byles an, ob die Erklärungen der Staatssekretäre von Jagow und von Tirpitz in der Budgetkommission des Deutschen Reichstags eine Aenderung im britischen Flottenetat zur Folge haben würden. Der Parlamentsuntersekretär Macnamara erwiderte, Churchill werde bei Einbringung des Flottenetats am 26. März eine ausführliche Er⸗ klärung abgeben. Desgleichen stellte der Kriegsminister Seely eine eingehende Erklärung über die Luftflotte bei Vorlegung des Heeres⸗ etats in Aussicht.

Der Abg. Rees richtete an den Staatssekretär des Innern Me Kenna die Anfrage, ob Luftschiffe in einer Höhe von über 350 Fuß festgestellt oder angehalten werden könnten und was für Schritte die Regierung zu tun gedenke, um die kürzlich getroffenen Bestimmungen durchzusetzen. Me Kenna erwiderte, die Antwort auf die erste Anfrage hängt vom Stande der Witterung ab. Unter ge⸗ wöhnlichen Witterungsverhältnissen kann Form und Typ eines Luft⸗ schiffes genügend unterschieden werden, um es festzustellen. Wo die Bestimmungen übertreten werden, wird die Polizei mit dem Luftschiff auf dem gewöhnlichen Wene verfahren, wenn es landet. Gegen Luft⸗ schiffe, die nicht landen, werden die Militärbehörden vorgehen.

Der Abg. Rees fragte weiter, welche Schritte die Regierung zu unternehmen beabsichtige, um die Verteidigungsmittel des Landes zu verstärken, mit Rücksicht auf die in dieser Richtung von anderen europäischen Mächten getroffenen Maßnahmen. Der Premier⸗ minister Asquith antwortete, daß die Absichten und Pläne der Re⸗ gierung ausführlich See werden würden, sobald der Heeres⸗ und Flottenetat eingebracht werde. Der Heeresetat de in d ö Woche vorgelegt werden. 8

Rußland. 88

Die Reichsduma pellation der Rechten angenommen, in der der Handelsminister laut Meldung des „W. T. B.“ betreffs des Bestehens eines ungesetzlichen Naphthatrusts befragt wird, der innerhalb zweier Jahre die Naphthapreise im Wolgarayon beinahe ver⸗ doppelt habe und sie jetzt zu verdreifachen strebe. Die Inter⸗ pellanten schlagen eine Normierung der Naphthaausfuhr nnd⸗ oder Monopolisierung des Naphtha⸗

andels vor.

Belgien.

In der Deputiertenkammer erklärte gestern, wie „W. T. B.“ meldet, der Ministerpräsident de Broqueville auf eine Anfrage, daß, nachdem die Sozialisten den General⸗ streik abgesagt hätten, die Regierung sich auf das Wahlergebnis vom Juni 1912 berufe und sich höchstens nur dazu verstehen könne, das Kommunal⸗ und Provinzialwahlrecht zu revidieren. Das bedeutet, wie die anschließende Debatte feststellte, die Ab⸗ lehnung jeder Verfassungsrevision im Sinne des gleichen Wahlrechts.

Dienste

hat gestern eine dringliche Inter⸗

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ erklärte der Finanz⸗ minister in einem Interview, daß die Finanzlage der Türkei zwar nicht glänzend, aber auch nicht verzweifelt sei. Die Regierung fände jederzeit Geld zum Kriegführen durch Vor⸗ schüsse, wie jenen von 500 000 Pfund, den die Anatolische Eisenbahn gewährt habe, durch öffentliche Sammlung und Be⸗ gebung von Schatzscheinen. Das Defizit des laufenden Budget⸗ jahres werde nicht außerordentlich groß sein, da die Verwaltungs⸗ ausgaben für Tripolitanien und die europäische Türkei erspart würden.

Gestern ist kein Kriegsbulletin veröffentlicht worden. Vom „W. T. B.“ verbreiteten Konstantinopeler Privat⸗ meldungen zufolge dauern die Vorpostenscharmützel bei Bulair fort und gestalten sich, seitdem sich die türkische Flotte an ihnen beteiligt, lebhafter.

Amerika.

Der Beginn der zweiten Woche der Dauerdebatte über die Marinebill im canadischen Unterhause wurde haupt⸗ sächlich bemerkenswert durch die Verlesung einer bisher un⸗ veröffentlichten Denkschrift des englischen Marine⸗ ministers Churchill. Wie „W. T. B.“ meldet, enthält die Denkschrift die Empfehlung, die canadischen Schlacht⸗ schiffe in England zu bauen, und bezweifelt, daß es zweckmäßig sei, sie in Canada zu bauen, wie von der canadischen Opposition vorgeschlagen worden war. Die Opposition erhob gegen die Verlesung im Auszug Einspruch und verlangte die Verlesung des vollen Textes. Der Premierminister Borden tat dies und rief damit große Ueberraschung hervor. Die Liberalen waren in Verlegenheit, charakterisierten die Bemerkungen Churchills als eine un⸗ berechtigte Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Dominiums und bestritten die Richtigkeit der Behauptungen und Schlußfolgerungen Churchills. Der Premierminister Borden wandte sich gegen die Angriffe auf Churchill, vertrat die Ansicht, daß der Premierminister einer Kolonie das Recht habe, die Behörden im Mutterlande um Rat zu fragen, und übernahm die volle Verantwortung dafür, daß er dies getan habe.

Im merxikanischen Senate sind die ersten sieben Paragraphen des Gesetzes, das die Aufnahme einer Anleihe von 120 000 000 Pesos vorsieht, angenommen worden.

Nach einem vom „W. T. B.“ verbreiteten Telegramm aus Nogales in Arizona ist in dem mexikanischen Staat Sinaloa eine Revolution gegen Huerta ausgebrochen. Sinaloa hat sich einen vorläufigen Gouverneur gewählt.

8 Asien.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ hat der russische Geschäftsträger in Teheran gestern der persischen Regierung einen Betrag von 200 000 Pfund Sterling, rückzahlbar innerhalb dreier Jahre ab Juli 1914, 8

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Preußischen Herrenhauses und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Die heutige (26.) Sitzung des Herrenhauses eröffnete der Präsident von Wedel mit der Mitteilung, daß gestern das am 27. Januar 1908 aus besonderem Königlichem Ver⸗ trauen in das Haus berufene Mitglied Bankier Ludwig Delbrück gestorben ist. Das Haus ehrte das Andenken an den Verstorbenen in der üblichen Weise.

In einmaliger Schlußberatung wurden dann die Gesetz⸗ entwürfe, betreffend Errichtung von Amtsgerichten in Gronau in Westfalen und in Brühl, nach den Referaten der Herren Fürst zu Salm⸗Horstmar und Graf zu Hoens⸗ broech ohne Diskussion unverändert angenommen.

Darauf folgte die Beratung des vom Abgeordnetenhause auf Antrag der Abgg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch, Krause⸗Waldenburg und Genossen angenommenen Gesetz⸗ entwurfs zur Ergänzung des Gesetzes über die Haftung des Staats und anderer Verbände für Amtspflichtverletzungen von Beamten bei Ausübung der öffentlichen Gewalt vom 1. August 1909. Durch diesen Gesetzentwurf soll dem bestehenden Gesetz ein neuer § 4a eingefügt werden, wonach die Vorschriften des Gesetzes auch auf die Lehrer und Lehrerinnen eines Schulverbandes, ebenso auf die Lehrpersonen der Schulsozietäten sowie der sonstigen zur Unterhaltung von öffentlichen Unterrichtsanstalten verpflichteten Verbände und Stiftungen des öffentlichen Rechts Anwendung finden sollen. Dieser Passus war schon in den Entwurf des Gesetzes von 1909 als § 5 seitens des Herren⸗ hauses hineingesetzt, aber vom Abgeordnetenhause gestrichen worden. 8

Die Justizkommission des Herrenhauses hat einstimmig den Beitritt zu dem Initiativgesetzentwurf der Frettonserpatäwen des anderen Hauses empfohlen. Ueber die kommissionsverhand⸗ lungen referierte in ausführlichster Weise Herr Dr. Brunner. Ohne Debatte beschloß das Haus nach dem Kommissions⸗ antrage. 1

Bezüglich der Rechnung von den Verwaltungsein⸗ nahmen und ⸗ausgaben der Preußischen Zentral⸗ genoffenschaftskasse für 1908, welche Rechnung an die Finanzkommission zurückverwiesen war, beantragte diese durch äihren Referenten 2* Dr. Oehler, die Entlastung der Re⸗ gierung auszusprechen. Das Haus beschloß demgemäß, nachdem

Herr von Buch erklärt hatte, auf einige mit dem Gegenstande in Zusammenhang stehende finanzpolitische Fragen, insbesondere auf den Erlaß wegen der Ultimospekulation, im nächsten Jahre zurück⸗ kommen zu wollen.

Dann folgten Kommissionsberichte über Petitionen. 8 vn solgten anictoh erstattete durch den Fürsten zu Salm⸗ Horstmar mündlichen Bericht über die Petition des Danziger Mietervereins um Beseltigung des Vorrechts der Haus⸗ besitzer bei den Stadtverordnetenwahlen 16 der Städte⸗ ordnung vom 30. Mai 1853). Die Kommission hat darüber am 17. März 1912 verhandelt; der Antrag, die Petition der Regierung als Material zu überweisen, gelangte ohne Diskussion zur Annahme.

Dieselbe Kommission beantragte durch denselben Berichterstatter, über die Petition des Bürgermeisters zu Kray und von Einwohnern der Gemeinden Kray und Leithe um Abstandnahme von einer Aufteilung dieser Gemeinden unter die Gemeinden Steele und

Rotthausen zur Tagesordnung überzugehen

betreffend

1—” 8

Herr Dr. von Dziembowski beantragte, die Petition der Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen. Der Wunsch der Ge⸗ meinden nach Selbständigkeit sei berechtigt, sie hätten eine große Ein⸗ wohnerzahl und bedeutende kommunale Einrichtungen geschaffen. Jedenfalls habe die Regierung selbst anerkannt, daß die Sache noch nicht spruchreif sei. Da man die Sache nicht ganz übersehen könne, sei es bedenklich, einem so weitgehenden Antrag wie Uebergang zur Tagesordnung zuzustimmen.

Der Antrag von Dziembowski wurde angenommen. 1

Herr Veltman⸗Aachen berichtete namens derselben Kommission über die Petition des Magistrats zu Elmshorn um Verleihung des passiven kommunalen Wahlrechts an die Volks⸗ schullehrer. Die Kommission beantragte Ueberweisung an die Regierung als Material. 1 8

Herr von Sydow⸗Stolzenfelde: Ich habe die Erklärung ab⸗ zugeben, daß, wenn wir der Ueberweisung der Petition als Material wir damit nicht dem materiellen Inhalt der Petition zu⸗

immen.

Das Haus beschloß nach dem Antrage der Kommission.

Der Provinzialverband der hannoverschen Bürgervereine hat er⸗ neut um Abänderung der hannoverschen Städteordnung petitioniert. Die Kommunalkommission hat Ueberweisung der Petition an die Regierung als Material beantragt. 3

Berichterstatter Herr Veltman: Die Petenten wünschen vor allem die Erwerbung des Bürgerrechts nicht an eine besondere Abgabe geknüpft und die Erwerbung des Wahlrechts erweitert zu sehen. Auch die Höchstzahl der Bürgervorsteher soll über 24 hinaus erhöht werden. Sie sollen automatisch mit der Zahl der Bevölkerung wachsen. Endlich wird auch noch die Oeffentlichkeit der Verhandlungen ge⸗ wünscht und gefordert, daß die Wahl der Magistratsmitglieder allein den Bürgervorstehern zustehe. Die Kommission hat nicht anerkennen können, daß sich ernste Unzuträglichkeiten aus dem jetzigen Rechts⸗ zustand ergeben haben. b

Das Haus trat dem Vorschlage seiner Kommission ohne besondere Debatte bei.

Schließlich referierte Herr Veltman über die Petition des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung zu Bielefeld um Einführung der geheimen Abstimmung bei den Wahlen zu der Stadtverordnetenversammlung. Die Kommission hat auch hier Ueberweisung an die Regierung als Material beantragt.

Herr von Buch⸗Carmzow: Wenn wir dem Antrage der Kom⸗ mission zustimmen, so wollen wir uns damit in keiner Weise präjudizieren; insbesondere wünschen wir nicht, daß die Regierung irgendwelche Erhebungen nach dieser Richtung veranlaßt.

Dr. Freiherr Lucius von Ballhausen beantragte, über die Petition zur Tagesordnung überzugehen. 8

Das Haus beschloß dementsprechend.

Damit war die Tagesordnung erschöpft. Der vom Abgeordnetenhause eingegangene Gesetzentwurf, Ausnutzung der Wasserkräfte an der Oberweser, wurde 9. Vorschlag des Freiherrn von Richthofen einer be⸗ sonderen Kommission von 15 Mitgliedern überwiesen.

Schluß der Sitzung 12 ½ Uhr. Nächste Sitzung Freitag, 11 Uhr. (Hinterlegungsordnung; kleinere Vorlagen; Petitionen.)

9

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Getreidevorräte der deutschen Landwirte am 1. März 1913.

Nach dem Beispiel des Ackerbaubureaus in Washington hat die Preisberichtstelle des Deutschen Landwirtschaftsrats auch in diesem Jahre über die Getreidevorräte, die sich am 1. März noch im Besitze der Landwirte befanden, eine Erhebung vorgenommen. Im folgenden wird das Ergebnis mit den Vergleichszahlen für die letzten drei Jahre mitgeteilt:

Weizen:

Ernte im Vorjahr Vorrat am 1. März in Tonnen in Prozent in Tonnen .“ 28, 1 238 735 20,2 818 388 228 879 862 22,8 852 109

Roggen: . 11 598 289 29,4 . 10 866 1168 10 511 160 8 . 11 348 415

1913 1912 1911 1910

1913 1912 1911 . 1910 .O

1913 1912 1911 1910.

2 397 040 2 839 725 3 373 061

945 084 520 449

3481 974 3159 915 1911 . 2 902 938 32 673 225

1910. 3 495 616 2 915 101.

Bei Beurteilung dieser Zahlen ist einmal zu beachten, daß infolge der Verzögerung der Ernte und der späten Bestellung im letzten Herbst weniger als in anderen Jahren gedroschen werden konnte, und ferner, daß ein großer Teil des Getreides sich als nicht marktfähig erwies. Wieviel von den am 1. März noch vorhandenen Beständen bis zum Ende des Erntejahres im eigenen Be⸗ triebe verwendet und wieviel für den Markt abgegeben wird, ist im allgemeinen äußerst schwierig zu beant⸗ worten, es hängt dies meist von der im Laufe des Frühjahrs und Sommers, von den Futtervorräten und anderen Faktoren ab, sodaß bei der Fragestellung bisher stets davon Abstand genommen wurde, eine solche Unterscheidung zu machen. Immerhin geht aus den meisten Mitteilungen hervor, daß ein erheblicher Prozentsatz wegen geringer Beschaffenheit nicht wird auf den Markt gebracht werden können. v

Zur Arbeiterbewegung.

Die in Berlin im Reichstagsgebäude zwischen den Ver⸗ tragsparteien des deutschen Baugewerbes geführten Vertragsverhandlungen (vgl. Nr. 51 d. Bl.) haben, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, gestern abend ihren vorläufigen Abschluß dadurch gefunden, daß die drei Unparteiischen gemäß einer am Dienstag getroffenen Vereinbarung ein von ihnen ausgearbeitetes Vertrags muster den Parteien zur Genehmigung unterbreitet haben, das über die grundsätzlichen Streitfragen nach Art eines Schiedsspruchs eine Entscheidung herbeiführt, die Fest⸗ setzung der Löhne aber den örtlichen Verhandlungen überläßt. Nach kurzer Sonderberatung der Parteien erklärten sich die Arbeitnehmervertreter bereit, auf der Grundlage des Vertragsmusters die örtlichen und Bezirksverhandlungen zu führen. Die Arbeitgeber erklärten, sie bedürften dazu erst der Zustimmung ihres Gesamtvorstands, würden diesem aber das Ver⸗ tragsmuster empfehlen. Wenn die Arbeitgeber zustimmen, so sollen die örtlichen und Bezirksverhandlungen am 19. April beendet sein. Bis dahin läuft der alte Vertrag stillschweigend weiter.

In Barmen haben, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die Maler⸗ und Ansteichergehilfen gestern morgen, dem Beschluß einer vorgestern abgehaltenen Versammlung gemes bei den Arbeitgebern, die ihre Gehilfen nicht ausgesperrt, aber den ihnen unterbreiteten Sondertarif nicht angenommen haben, die Arbeit niedergelegt.

1913 1912

1“ ö“

Aus London wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Die Bäcker⸗ meister und die Angestellten haben gestern abend dem vom zur ““ des angedrohten Ausstands vorbereiteten

ergleich zugestimmt. Dieser sollte heute von Vertretern beider Parteien unterzeichnet werden. (Vgl. Nr. 53 d. Bl.)

Wohlfahrtspflege.

Die Berlin⸗Brandenburgische Krüppelkinder Heil⸗ und Erziehungsanstalt schildert in dem soeben erschienenen Rechenschaftsbericht, der mit zahlreichen Bildern aus Klinik, Schule und Handwerksstube ausgestattet ist und jedermann unentgeltlich auf Wunsch zugesandt wird, ihr neues, im Rohbau fertiggestelltes Heim das am Endpunkt der neuen Wilmersdorf⸗Dahlemer Schnellbahn au einem Waldgelände von 16 Morgen gelegen ist, und das na Ein richtung und Anlage insofern als mustergültig bezeichnet werden kann, als die von dem Direktor, Proffsger Dr. Biesalski aufgestellten Grund sätze für den Neubau alle Fortschritte in der Orthopädie und Krüppel fürsorge berücksichtigen und die ausfüͤhrende F ihre eigenen Erfahrungen 8 im Krankenhausbau nutzbringend verwendet hat. Neben dem Haupt- gebäude ist ein 1“ und Infektionspavillon vorhanden umgeben von Obst⸗ und Gemüsegärten, dem Beamtengarten, Garten⸗ anlagen für die Schwestern und Privatpatienten, die in 2 besondere Abteilungen Aufnahme finden. Der ganze Wald steht den Kindern zur Verfügung; dort sind eine Waldschule, Sonnenbäder, eine Liegehall und Spielplätze in den verschiedensten Größen mit einer Planschwiese Das Haus behält in der Stadt eine orthopädische Poliklinik und Be⸗ ratungsstelle, Skalitzerstraße 9, am Kottbuser Tor, in welcher an Un⸗ bemittelte unentgeltlich Behandlung und Auskunft gewährt wird. Der Umzug in die neue Anstalt, die für 250 300 Kinder eingerichtet ist, wird etwa in Jahresfrist erfolgen. Der Neubau ist nur dadurch er⸗ möglicht worden, daß die Stadt Berlin, der Landesdirektor der Pro⸗ vinz Brandenburg und eine Anzahl anderer Gemeinden für Verzinsung und Amortisation der Bausumme übernommen haben

Aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens hat die Bergwerks Aktien⸗Gesellschaft Consolidation, wie „W. T. B.“ meldet, 100 000 zur Schaffung von Wohlfahrtseinrichtungen für die Bergwerksarbeiter gestiftet. . 88

Kunst und Wissenscha

A. F. Die allgemeine Sitzung der Gesellschaft für Erd kunde wurde durch den Vorsitzenden, Geheimrat Professor Dr. Hell⸗ mann mit einem ehrenden Nachruf begonnen, der zwei langjährigen und um die Gesellschaft wohlverdienten Mitglieder galt: dem Wirklichen Geheimen Rat Dr. jur. Theodor von Holleben und dem Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Paul Ascherson. Den einzigen, mit einiger Spannung erwarteten Vortrag des Abends hielt der Geheime Hofrat Professor Dr. J. Partsch⸗Leipzig über „Die Transkontinentale Exkursion der Amelikar Geographischen Gesell⸗ schaft“. Es dürfte erinnerlich sein, daß im April vorigen Jahres diese Gesellschaft, welche ihren Sitz in New York hat, an die euro⸗ päischen geographischen Gesellschaften Einladungen zur Teilnahme anihrer 60. Jahresfeier hatte ergehen lassen. Die Feier sollte in der Einweihung des neuen, großen Versammlungshauses der einladenden Gesellschaft und im Anschluß daran in einer sich auf 6—7 Wochen erstreckenden Wanderfahrt durch die Vereinigten Staaten bestehen. Zu der Festlichkeit und Reise waren auch drei deutsche Geographen als Gäste eingeladen und die Berliner Gesellschaft für Erdkunde um die Wahl der Per⸗ sonen gebeten worden. Die Wahl war auf die Herren Geheimrat Professor Dr. Partsch⸗Leipzig, Professor Dr. Jäger⸗Berlin und Pro⸗ fessor Dr. von Drygalski⸗München gefallen. Die Genannten hatten somit als Gäste der amerikanischen Gesellschaft und außer⸗ dem noch fünf andere deutsche Herren als zahlende Teil⸗ nehmer an der Reise teilgenommen. Im ganzen belief sich die Beteiligung Europas an der Veranstaltung auf einige 30 Personen. Die amerikanischen Teilnehmer waren beträchtlich mehr. Geheimrat Professor Dr. Partsch hatte im eigenen und im Namen der andern Teilnehmer die mündliche Berichterstattung in Berlin über⸗ nommen. Sie beanspruchte, begleitet von zahlreichen ausgezeichneten Lichtbildern und trefflichen Karten, beinahe zwei Stunden; doch wußte der Redner seine Zuhörerschaft durch Form und Inhalt und durch die Leb⸗ haftigkeit und Anschaulichkeit seines Vortrages in ungewöhnlichem Grade zu fesseln. Eindrucksvoll war schon der Auftakt, mit dem nach einer kurzen Einleitung die Schilderung der Erlebnisse einsetzte, nämlich; das Bild einer Stadtgegend von New York, in der sich die Riesengebäude häufen, ein sogenannter b11 sich an den andern reiht. Am Morgen des 22. August begann die Fahrt. Sie richtete sich zuerst nach den großen Seen, nach dem Niagarafall, nach Chicago. Aber so bedeutend der Eindruck der erstaunlichen Entwicklung der amerikanischen Städte, besonders der soeben genannten Königin des Westens auf die Besucher auch wirkte, die großartige Natur, das Bild des erdgeschichtlichen Werdens, die Vergegenwärtigung der gewaltigen Erdbildungsvorgänge, die einst diese ungeheueren Seebecken ausgehöhlt, allmählich ihren Wassermassen den Ausweg nach dem Lorenzstrom gebahnt und so den gegim hn Zu⸗ stand geschaffen hatten, nahmen das Interesse der? eisenden doch in erhöhtem Grade in Anspruch. Hier bewährte sich, wie auch ferner⸗ hin, den verschiedensten geographischen Bildern und Naturdenkmälern gegenüber, der Führer der Exkursion, Professor Dr. W. M. Davy an der Harvard⸗Universität als ein unübertrefflicher Erklärer und ausgezeichneter Kenner seines Landes. Es war ein Reiz ohne⸗ gleichen, seinen an jedem Anhalte⸗ und Aussichtspunkte gegebenen Er⸗ läuterungen zu folgen und immer aufs neue die gegenwärtigen wirtschaftlichen Zustände der Vereinigten Staaten verständnisvoll an⸗ eknüpft zu sehen an den Reichtum einer Natur, die ihre Gaben ver⸗ schwenderisch über diesen Kontinent ausgeschüttet hat. Das trat besonders an den Fundorten der reichen Eisenerze am Oberen See in die Erscheinung, wo den Reisenden das Bild einer un⸗ vergleichlich großartigen industriellen Tätigkeit vor Augen geführt wurde und sie eine Vorstellung gewannen von der Bedeutung des unterwegs vielfach beobachteten Verkehrslebens auf Seen und Kanälen, welche das wertvolle Erz in die Fabrikdistrikte an der Ostküste äußerst billig zu befördern erlauben. Auf der Weiter⸗ fahrt kreuzte (mit entsprechenden Unterbrechungen) in vielstündiger Fahrt der Zug jene nordwestlichen jungen Staaten der Union zwischen Missouri und Mississippi einerseits und dem Felsengebirge andererseits —, die in den letzten 30 Jahren, dank einem intelligenten Anbau von Brotfrüchten, einen Aufschwung gewonnen, einen Wohlstand, eine Lebensfreudigkeit und einen Optimismus der Bewohner erzeugt haben, der überaus wohltuend berührt. Wenn manche unter den europäischen Teilnehmern aber geglaubt hatten, nachdem man das Felsengebirge ge⸗ kreuzt, nun an dessen Westseite auf dürre Hochsteppe zu stoßen, so war die Enttäuschung angenehm, als man auch hier reich angebautes Land, Gärten und ausgedehnte Obstpflanzungen sah und erfuhr, daß dies alles das jüngster Zeit angehörige Werk einer mit energischen Kraftanstrengungen erzielten Bewässerung der früher dürren Steppen von dem nahen Hochgebirge her sei. Wo sonst nur der Kaktus die Steppen mit dürrem Grün bekleidete, bereitet jetzt alles auf eine Bodenausnutzung ersten Ranges vor, die hinter dem nicht fernen Californien, dem Lande, wo Milch und Honig fließt, nicht weit zurückbleiben dürfte. Doch ehe die Reise⸗ wefellschaft sich diesem Ziel der südwestwärts gerichteten Fahrt zu⸗ wandte, galt es noch, das landschaftlich ausgezeichnete Tal des Columbiaflusses, mehrere interessante Canons und das malerische Felsengewirr des Vulkangebiets von Oregon sowie den gro und wichtig gewordenen Hafen von Seattle am Stillen Ozean zu besuchen. Jener Winkel von Oregon ist noch nicht durch Eisenbahn oder Dampfer erreichbar, die bis hierher fast die einzigen Beförderungsmittel der Reisenden gewesen waren. Es mußte deshalb das Automobil in 26 Exemplaren herangezogen werden, die an der betreffenden Eisen⸗ bahnstation die Gesellschaft aufnahmen und sie 140 km weit land·

einwärts entführten, in jene Gegend, in der einst Pulkan an Vulkan sich reihte, deren Tätigkeit längst erloschen ist, die aber Berg⸗ und

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