1913 / 64 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 14 Mar 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten. Der bisherige Oberlehrer am Königlichen Gymnasium zu Gleiwitz Franz Hauck ist zum Kreisschulinspektor in Oppeln

ernannt worden. 8

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Königliche Akademie der Wissen

Die Königliche Akademie der Wissenschaften hat Sir James Murray in Orford zum korrespondierenden Mitglied ihrer philosophisch⸗historischen Klasse gewählt. 8 8

Finanzministerium. Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in W ßense ierungsbezirk Erfurt, ist zu besetzen. E“ 11“ 11“ 8 B“ 8

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Nrkunde,

Errichtung einer evangelischen II (Süd ost)⸗Kirchengemeinde zu Charlottenburg.

Mit Genehmigung des Herrn Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten und des Evangelischen Ober⸗ kirchenrats sowie nach Anhörung der Beteiligten wird von den unterzeichneten Behörden hierdurch folgendes festgesetzt:

I. 1) Die Evangelischen in demjenigen Gebiet der Epiphanien⸗ Kirchengemeinde zu Charlottenburg, welches umschrieben wird: a. im Norden: vom Schnittpunkt der Mittellinie der Knobelsdorffstraße mit dem Bahnkörper des Nordrings an durch die Mittellinie der Knobelsdorffstraße bis zu ihrem II1 mit der Mittellinie des Königswegs, von da ab durch die Mittellinie des Königswegs bis zum Schnitt⸗ punkt mit der Mittellinie des Kaiserdamms, von da ab durch die Mittellinie des Kaiserdamms und sodann der Bismarckstraße bis zu deren Schnittpunkt mit der Mittel⸗ linie der Kaiser Friedrichstraße,

b. im Osten: von da ab durch die Parochialgrenze der evan⸗ gelischen Trinitatis⸗Kirchengemeinde zu Charlottenburg bis zu deren Schnittpunkt mit der Weichbildgrenze zwischen Charlottenburg und Berlin⸗Wilmersdorf,

c. im Süden von diesem Schnittpunkte ab durch die Weich⸗ bildgrenze von Charlottenburg bis zu deren Schnittpunkt mit dem Bahnkörper des Nordrings, 1

d. Iim Westen: von da ab durch diesen Bahnkörper bis zu dessen Schnittpunkt mit der Mittellinie der Knobelsdorff⸗

betreffend die Epiphanien

raße werden aus der Epiphanien⸗Kirchengemeinde 1 2) die Evangelischen in demjenigen Gebiet der Luisen⸗Kirchen⸗ gemeinde zu Charlottenburg, welches wird von den Mittel⸗ kinien der Knobelsdorffstraße, der Schloßstraße, des Kaiserdamms und des Königswegs, werden aus der Luisen⸗Kirchengemeinde ausgepfarrt und zu einer selbständigen Epiphanien II (Südost)⸗Kirchengemeinde vereinigt.

II.

Die zweite und die vierte Pfarrstelle der Epiphanien⸗Kirchen⸗ gemeinde gehen mit ihren derzeitigen Inhabern, und zwar die vierte als erste und die zweite als zweite Pfarrstelle an die neue Kirchen⸗ gemeinde über. 1

Für die neue Kirchengemeinde gelten bis auf weiteres die gegenwärtigen Gebührenordnungen der Epiphanien⸗Kirchengemeinde.

18 Die neue Kirchengemeinde hat solange, bis ihr eine eigene Be⸗ erdigungsabteilung auf dem Südwestkirchhof bei Stahnsdorf zuge⸗ wiesen wird, das Recht der Mitbenutzung der der Epiphanien⸗Kirchen⸗ gemeinde auf dem genannten Kirchhofe eingeräumten Beerdigungs⸗ abteilung, ohne daß der Stammgemeinde deswegen Ansprüche auf Gebühren zustehen.

V. Diese Urkunde tritt am 1. April 1913 in Kraft. Berlin, den 3. Februar 1913. Berlin, den 7. e 1913. 1. 8. (L. S.

Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg, Abteilung Berlin.

Steinhausen.

Vorstehende Urkunde bringen wir hierdurch zur öffentlichen Kenntnis. Zugleich ordnen wir zwecks Ausführung der Parochialregulierung folgendes an: 8

1) Mit dem 1. April 1913 treten der Inhaber der vierten Pfarrstelle an der Epiphanienkirche Pfarrer Frederking als erster Pfarrer und der Inhaber der zweiten Pfarrstelle an der Eviphanien⸗ kirche Pfarrer Siems als zweiter Pfarrer zur Epiphanien II. (Südost)⸗Kirchengemeinde über. , ie genannten Geistlichen werden auch die Anmeldungen der im Bezirke der neuen Kirchengemeinde wohnhaften, wahlberechtigten Ge⸗ meindeglieder zur Wählerliste während der durch Kanzelabkündigung noch zu bestimmenden Tagesstunden in der Aula der Gemeindeschule 22, Witzlebenerstraße 34 in Charlottenburg, bezw. in ihren Wohnungen entgegennehmen. 1

2) Die Zahl der zu wählenden Kirchenältesten beträgt 12, sodaß § 28 K⸗G. u. S.⸗O. 36 Gemeindevertreter zu wählen sind. ge bei dem Pfarrer Frederking anzubringende Rekla⸗ die Wählerliste und ebenso etwaige bei dem Pfarrer hebende Einsprüche gegen die Wahl der Aeltesten und sind von diesem dem Vorstande der Kreissynode Friedrichswerder 11 gemä §§ 36 und 40 K.⸗G. u. S.⸗O. z scheidung vorzulegen, während in beiden Fällen die Entscheidung in der Rekursinstanz durch uns erfolgen wird, da es zurzeit an einem 11“ in der Epiphanien II (Südost)⸗Kirchen⸗ gemeinde fehlt. 2 4) Die nach dreijähriger Tätigkeit vom Tage der Amts⸗ einführung gerechnet ausscheidende Hälfte der gewählten Aeltesten und ö ist gemäß § 43 Abs. 3 K.⸗G. u. S.⸗O. durch Auslosung zu bestimmen. 1 5) Fär die Zeit bis zur Errichtung einer eigenen Kirche steht der Evpiphanien II (Südost)⸗Kirchengemeinde die Aula der Gemeinde⸗ schule 22, Witzlebener Straße 34, zur Abhaltung von Gottesdiensten ur Verfügung. Auch ist die Epiphanien II (Südost)⸗Kirchen emeinde, olange sie eine eigene Kirche nicht besitzt, berechtigt, i re kirch⸗ lichen Amtshandlungen (Trauungen, Taufen, Konfirmationen) in der Epiphanien⸗Kirche abzuhalten, mit der Maßgabe, daß während dieser Zeit für sie die in der Epiphanien⸗Kirchengemeinde geltenden Ge⸗ bührensätze für Trauungen und Taufen verbindlich sind und daß die Gebühren für Heizung, Beleuchtung, Schmuck (außer Pflanzendeko⸗ ration) und Glockengeläut der Stammgemeinde, die uübrigen Gebühren aber der neuen Gemeinde zufließen.

Eine weitere Ausstattung, als in der Errichtungsurkunde und vor⸗ stehend ausgesprochen ist, erhält die Epiphanien II (Südost)⸗Kirchen⸗ gemeinde von ihrer Stammgemeinde nicht.

Im übrigen halten wir es für wünschenswert, daß sich der Ge⸗ Epiphanien⸗Kirchengemeinde im Einvernehmen

Der Königliche Polizeipräsident.

von Jagow.

meindekirchenrat der

mit dem Pfarrer Frederking der Armen⸗ und Krankenpflege in der Epiphanien 11 (Südost)⸗Kirchengemeinde bis zur Einführung ihrer eigenen Aeltesten in ihr Amt annimmt. Berlin, den 4. März 1913. (L. S.) Königliches Konsistorium der Provinz Brandenburg, Abteilung Berlin.

1 8 Steinhausen.

Abgereist:

Seine Erzellenz der Staatsminister und Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer, mit Urlaub nach Italien.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 14. März

In der am 13. d. M. unter dem Vorsitz des Staatsministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde dem Antrag, betreffend Mustersatzungen für Krankenkassen, die Zustimmung erteilt. Der Entwurf einer neuen Dienstanweisung über die Einziehung und Verrechnung der für die Geschäfte des Reichs⸗

erichts in Ansatz kommenden Kosten gelangte zur Annahme. Den zu⸗ tändigen Ausschüssen überwiesen wurde der Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Kolonialgerichtshofs, ein Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und Italien über Arbeiter⸗ versicherung, der Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 1232 der Reichs⸗ versicherungsordnung, die Vorlage, betreffend Ausführung des § 385 des Versicherungsgesetzes für Angestellte, und die Vor⸗ lage, betreffend Aenderung der Vorschriften zur Bekämpfung des Aussatzes. Demnächst wurde über verschiedene Anträge auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach dem Ver⸗ sicherungscegs für Angestellte und über eine Reihe von Ein⸗ gaben Beschluß gefaßt. 8.

Dem Reichstage ist der Geschäftsbericht des Reichs⸗ versicherungsamts für das Jahr 1912 zugegangen. Aus dem Inhalt verdient nachstehendes hervorgehoben zu werden:

Die Zusammensetzung des Amtes war im wesent⸗ lichen die gleiche wie im Vorjahr. Nach der im Jahre 1911. Gesetz gewordenen Reichsversicherungsordnung nimmt das Amt die Geschäfte der Kranken⸗, Unfall⸗ und Invalidenversicherung als oberste Spruch⸗, Beschluß⸗ und Aufsichtsbehörde wahr. Neben den nicht unerheblich gewachsenen laufenden Arbeiten waren auch im Jahre 1912 umfangreiche und schwierige Arbeiten 8 die Durchführung der Reichsversicherungsordnung zu er⸗ edigen. Durch die Aufhebung der Landesversicherungsämter in Stuttgart, Harmstadt, Schwerin, Neustrelitz und Greiz und den Uebergang ihrer S auf das Reichsversicherungs⸗ amt sind der Aufsicht dieses Amtes weitere neun Berufs⸗ genossenschaften und zwei Landesversicherungsanstalten unter⸗ stellt worden. Für die Gärtnereibetriebe und für die versiche⸗ rungspflichtigen Detailhandelsbetriebe ist je eine neue Berufs⸗ genossenschaft und für die Tätigkeiten bei dem nicht gewerbs⸗ mäßigen Halten von Fahrzeugen und Reittieren eine Versiche⸗ rungsgenossenschaft errichtet worden.

Die Veröffentlichungen des Amtes erfolgten wie bis⸗ her in seinen Amtlichen Nachrichten (Verlag von Behrend u. Co., Berlin). Von Mitgliedern des Amtes werden die in dem⸗ selben Verlag erscheinenden Monatsblätter für Arbeiterversiche⸗ rung herausgegeben. 8

Das Zusammenwirken der gewerblichen Berufsgenossen⸗ schaften mit dem Roten Kreuz auf dem Gebiete der ersten Hilfe hat auch im vergangenen Jahre zu erfreulichen Ergebnissen geführt. Das Unternehmen ist vor allem organisatorisch ausgebaut worden. Zu den bestehenden Orts⸗ ausschüssen sind eine Reihe neuer Orts⸗ und mehrere Provinzial⸗ ausschüsse getreten. Auch im Jahre 1912 sind Unterrichtskurse in größerer Zahl zur Ausbildung von Betriebsangehörigen veranstaltet worden. M

Das Reichsversicherungoamt hat auf dem Gebiete der Unfallversicherung neue Mustersatzungen für die gewerb⸗

lichen und für die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften.

sowie die Musternebensatzung für die Zweiganstalten der Bau⸗ gewerksberufsgenossenschaften und der Tiefbauberufsgenossen⸗ schaft nach eingehender Beratung der Entwürfe mit den Be⸗ teiligten endgültig aufgestellt. Auch eine Musterwahlordnung, eine Musterdienstordnung und Ruhegehaltsatzung sind erlassen worden. Neue Normalunfallverhütungsvorschriften sind auf dem Berufsgenossenschaftstag in Hamburg angenommen worden und liegen in endgültiger Fassung vor.

Die mit dem 1. Januar 1912 in Kraft getretene Kranken⸗, Invaliden⸗ und Hinterbliebenenversicherung machte die Neu⸗ bearbeitung von weiteren Bestimmungen und Vorschriften nötig. So wurde die Anleitung über den Kreis der nach der Reichsversicherungsordnung gegen Invalidität und gegen Krank⸗ heit versicherten, Personen neubearbeitet. Ferner wurden die im Jahre 1911 ausgearbeiteten Mustersatzungen durch Musterwahlordnungen nach den Grundsätzen der Verhältnis⸗ wahl für die Orts⸗, Betriebs⸗ und Innungskrankenkassen ergänzt. Die Ende 1911 erlassenen neuen „Bestimmungen über die Art und Form der Rechnungsführung bei den Versicherungs⸗ anstalten“ sind im Berichtsjahr ööG worden. Neue Bestimmungen über die Aufstellung der dem Reichsversiche⸗ rungsamt alljährlich einzureichenden Uebersichten über die Ge⸗ schäfts⸗ und Rechnungsergebnisse sind in Bearbeitung.

ur Durchführung der Unfallversicherung haben im Berichtsjahr 114 Berufsgenossenschaften und 543 Ausführungs⸗ behörden mit 6 177 923 Betrieben und rund 27 Millionen ver⸗ sicherten Personen bestanden. Davon entfallen auf die Land⸗ und Forstwirtschaft 48 Berufsgenossenschaften und 54 Ausführungsbehörden für die land⸗ und forstwirt⸗ schaftliche Verwaltung mit rund 5 434 100 Betrieben und rund 17 179 000 versicherten Personen. Nach einer vor⸗ läufigen Ermittlung belief sich die Zahl aller im Jahre 1912 bei den Trägern der ö6“ angemeldeten Unfälle auf 742 472, die der erst⸗ malig entschädigten auf 137 445. Die verausgabten Ent⸗

schädigungen betrugen 170 352 981 ℳ. Das Reichsver⸗ sicherungsamt hatte 42 795 Rekurse gegen Schiedsgerichts⸗ urteile und Anträge auf Feststellung des entschädigungspflich⸗ tigen Versicherungsträgers zu bearbeiten; davon entfallen 7034 auf die land⸗ und forstwirtschaftliche Unfallversicherung. Er⸗ ledigt wurden insgesamt 20 612 Rekurse, von den landwirt⸗ schaftlichen 3667 Rekurse. Es haben 1269 Sitzungen mit 19 741 mündlichen Verhandlungen stattgefunden, von denen 1046 Sitzungen mit 16 397 mündlichen Verhandlungen auf die gewerbliche und 223 Sitzungen mit 3344 mündlichen Verhand⸗ lungen auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung entfallen.

Es wurden die revidierten Gefahrtarife von 2 gewerblichen und 2 landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften genehmigt. Einer andern landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft wurde die ““ zur Beibehaltung ihres bisherigen Tarifs erteilt.

Ueber die Entwürfe neuer oder abgeänderter Unfall⸗ verhütungsvorschriften von 5 gewerblichen Berufs genossen⸗ schaften wurde verhandelt. Die Verhandlungen über die schon in den Geschäftsberichten von 1911 und 1912 erwähnten Ent⸗ würfe neuer oder abgeänderter Unfallverhütungsvorschriften von anderen 6 gewerblichen Berufsgenossenschaften wurden teils wegen des Erscheinens der neuen Normalunfallverhütungs⸗ vorschriften, teils wegen des Inkrafttretens der Reichs⸗ versicherungsordnung ausgesetzt. Da jetzt die Normalunfall⸗ verhütungsvorschriften in endgültiger Fassung vorliegen, sind die Verhandlungen wieder aufgenommen worden.

Wegen des großen Menschenverlustes beim Untergange des Dampfers „Titanic“ hat das Reichsamt des Innern auf Anregung Seiner Majestät des Kaisers mit den beteiligten Kreisen verhandelt, um erhöhte Sicherheitsmaßnahmen für die deutsche Seeschiffahrt schleunigst durchzuführen. Die noch nicht abgeschlossenen Verhandlungen, an denen das Reichsversicherungsamt beteiligt war, galten insbesondere der Prüfung der Fragen, inwieweit die Sicherheit der Schiffe gegen Sinken und die Boote und Rettungsgerätschaften vermehrt werden können, ferner inwieweit die drahtlose Telegraphie für Rettungszwecke nutzbar gemacht werden soll und ob die Ein⸗ führung eines internationalen Eis⸗ und Wetterdienstes tunlich ist. b

Die im Jahre 1911 aufgestellten, zunächst für die gewerb⸗ liche Unfallversicherung bestimmten Leitsätze haben sich sür die Handhabung des Heilverfahrens wertvoll erwiesen. Auch die Aerzte haben die Leitsätze im allgemeinen mit Befriedigung aufgenommen und ihre Bedeutung für die Fort⸗ entwicklung des Heilverfahrens und der ärztlichen Wissenschaft überhaupt anerkannt. 8

In der Invalidenversicherung belief sich der Gesamt⸗ betrag der bis Ende 1911 gezahlten Entschädigungen auf 2 272 298 459 ℳ, davon kamen auf das Jahr 1911 203866 298 ℳ. Die Einnahme aus Beiträgen kann für 1912 auf etwa 270 Millionen Mark veranschlagt werden. Das Vermögen der Versicherungsträger beträgt zurzeit etwa 1900 Mil⸗ lionen Mark.

Die Zahl der in Invalidenhäusern und ähnlichen An⸗ stalten untergebrachten Personen ist von 3927 im Jahre 1911 auf 4431 im Jahre 1912 gestiegen. Eigene Invaliden⸗ häuser besitzen 10 Versicherungsträger. Zu gemeinnützigen Zwecken sind bis zum Schlusse 1912 hergegeben worden: a. zum Baue von Arbeiterwohnungen und zur Arbeiter⸗ wohnungsfürsorge überhaupt 418 254 026 ℳ, b. zur Be⸗ friedigung des landwirtschaftlichen Kreditbedürfnisses (Boden⸗ verbesserung, Aufforstung, Hebung der Viehzucht u. a. 113 752 114 ℳ, c. für Wohlfahrtseinrichtungen überhaupt 517 278 474 ℳ; zusammen 1 049 284 614 ℳ.

Gegen Schiedsgerichtsurteile wurden 4872 Revisionen in Invaliden⸗ und 46 in Altersrenten beim Reichsversicherungs⸗ amt eingelegt. Mit Einschluß der aus dem Vorjahr über⸗ nommenen waren 8619 zu bearbeiten.

ESchwarzburg⸗Rudolstadt. Die Regierung hat in der gestrigen Sitzung des

tags laut Bericht des „W. T. B.“ ihren Antrag, die Pfarrergehälter zu erhöhen, vorläufig zurückgezogen. Der Landtag hat darauf den Etat in erster Lesung einstimmig an⸗ genommen. Die vom Landtag gewünschten Vorlagen, be⸗ treffend die Steuerreform und die Wahlrechtsänderuung, ge⸗ denkt die Regierung dem Landtag heute vorzulegen. Die bisher vorliegenden Schwierigkeiten dürften hierdurch erledigt sein.

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Oesterreich⸗Ungarn.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ schreibt die „Wiener Allgemeine Zeitung“:

Die amtliche Erklärung, wonach die österreichisch⸗ungarische Re⸗ gierung den Zusatz der St. Petersburger Telegraphen⸗Agentur zum einvernehmlich kundgemachteen Communiqué über die Reservistenentlassungen für unnötig befunden hat, ist mehrfach dahin interpretiert worden, daß seitens Oester⸗ reich⸗Ungarns eine dem Inhalt des Zusatzes entsprechende Erklärung in St. Petersburg abgegeben worden sei. Diese Annahme ist selbstverständlich unrichtig; die Gründe für dieses Verhalten der Monarchie ergeben sich von selbst. Sie sind einerseits in der Tatsache zu suchen, daß Oesterreich⸗Ungarn für seine Politik gegenüber seinen unabhängige Staaten bildenden süd⸗ östlichen achbarn anderen Staaten gegenüber nicht ver⸗ antwortlich ist, und sie ergeben sich andererseits daraus, daß wiederholt unsere freundschaftlichen Absichten für die Balkanstaaten durch vor den Delegationen abgegebene ministerielle Erklärungen sowie auch durch unser Verhalten während der Krise un⸗ widerleglich bekräftigt worden sind. Es kann nach Feststellung dieser eben geschilderten Sachlage nur der Wunsch ausgesprochen werden, daß durch diese nicht durch unsere Schuld notwendig gewordenen Fest⸗ stellungen die von uns allen erwünschte, auch durch die letzten Ver⸗ handlungen zwischen Wien und St. Petersburg angestrebte Entspannung der Lage in keiner Weise behindert werde. Die Tatsache, daß das gemeinsam vereinbarte und publizierte Communiqué einen Vertrauens⸗ beweis der beiden Regierungen darstellt, wird gewiß nicht mehr aus der Welt geschafft werden können. Und damit wollen wir uns bis auf weiteres begnügen und die durch das einseitige russische Vorgehen hervorgerufene Kontroverse fürs erste als abgeschlossen betrachten.

Wie die „Militärische Rundschau“ bekanntgibt, ist der Armeeinspektor in Sarajewo ermächtigt worden, nach eigenem Ermessen für die exterritorialen Mannschaften des 15. und 16. Korps turnusweise kurze Beurlaubungen zu verfügen.

Das ungarische Abgeordnetenhaus hat gestern die neue verschärfte Geschäftsordnung angenommen. Ueber den Verlauf der stürmischen Sitzung berichtet das „W. T. B.“, wie folgt: 8 8

Da die Opposition ihr Erscheinen angekündigt hatte und Lärm⸗ szenen befürchtet wurden, waren umfangreiche Vorkehrungen seitens der Regierung und der Mehrheitsparteien getroffen worden. Die Oppositionellen erschienen in einer Gruppe von 60 Mann, weitere 40 hatten sich einzeln eingefunden. Als der Präsident Graf Tisza die Sitzung eröffnete, herrschte im Saale bei seinen Worten zunächst lautlose Stille. Als er aber weitersprechen wollte, erhob sich der Abg. Lodaszy und begann ebenfalls zu sprechen. Die Rechte über⸗ tönte seine Worte durch laute Protestrufe. Die Linke sekundierte dem Abgeordneten Lovaszy durch stürmische Beifalls⸗ und Eljenrufe. Der Präsident versuchte vergeblich, sich durch Läuten Gehör zu verschaffen. Von den oppositionellen Abgeordneten riefen die Angehörigen der Justh⸗Partei der Mehrheitspartei fortwährend Schmähungen zu. Die Abgeordneten der Kossuth⸗Partei und der Volkspartei beteiligten sich nicht an den Lärmszenen. Die Andrassy⸗Gruppe war über⸗ haupt nicht erschienen. Nachdem der Abgeordnete Lovaszy, von dessen Rede auch nicht ein Wort zu verstehen war, schließlich geendet hatte, sprach der oppositionelle Abgeordnete Abraham. Während dessen Rede ließ der Präsident wiederholt über die Ueberweisung verschiedener Abgeordneter an den Immunitätsausschuß abstimmen. Schließlich suspendierte der Präsident unter allgemeinem Lärm um 11 Uhr die Sitzung. 1 zci. Abgeordneten blieben im Saale, und die Ovppositionellen lärmten weiter. Schließlich legte sich der Lärm wieder und, während lautlose Stille herrschte, zogen Polizisten, geführt vom Oberinspektor Pawlik, in den Saal und nahmen rings um die Oppositionellen Auf⸗ stellung. Es entspann sich ein lebhafter Wortwechsel, bei dem die Oppositionellen den Poltzeibeamten klarzumachen versuchten, daß ihr Vorgehen gesetzwidrig sei. Pawlik wies eine Liste derjenigen Abgeordneten vor, die er auf Anord⸗ nung des Präsidenten aus dem Saale zu führen habe. Wiecer erhob sich ein ohrenbetäubender Lärm. Schließlich gab Julius Justh durch ein Zeichen zu erkennen, daß er zu sprechen wünsche. Er erklärte, daß die Opposition das Vorgehen der Mehrheit für ungesetzlich halte und daß es gesetzwidrig sei, Abge⸗ ordnete durch die bewaffnete Macht aus dem Saale entfernen zu lassen. Die Opposition werde auch weiter wie bisher gegen das Vor⸗ geben des Präsidenten Tisza und der Mehrheitsparteien Einspruch erheben und keinen auf so gesetzwidrige Art zustandegebrachten Be⸗ schluß anerkennen. Hierauf zog die Opposition unter I gegen den Ministerpräsidenten Lukaes und den Präsidenten Grafen Tisza aus dem Saal, um im Klublokal der Volkspartei eine Ver⸗ sammlung abzuhalten.

Nachdem die Opposition den Saal verlassen hatte, eröffnete der Präsident Graf Tisza unter lebhaften Beifallskundgebungen seitens der Mehrheitsparteien die Sitzung wieder und erklärte, daß die Opposition die Verhandlungen von neuem habe unmöglich machen wollen, und daß er wieder gezwungen gewesen sei, die bewaffnete Macht in Anspruch zu nehmen. Auf die entsprechende Frage des Präsidenten stimmte das Haus seinem Vorgehen einstimmig zu. begann das Haus die Verhandlung über die Geschäfts⸗ ordnung.

Der Immunitätsausschuß hielt gestern eine Sitzung ab, um in der Angelegenheit der zehn oppositionellen Ab⸗ geordneten, die ihm vom Hause überwiesen worden war, zu verhandeln. Der Ausschuß beschloß, zu beantragen, das Haus möge die Abgeordneten Lovascy und Desider Abraham von je fünfzehn Sitzungen und die anderen acht Abgeordneten von je zehn Sitzungen ausschließen.

Großbritannien und Irland.

Der Flottenetat für 1913/14 beläuft sich nach Meldungen des „W. T. B.“ auf 46 309 300 Pfd. Sterl. gegen 45 075 400 Pfd. Sterl. des laufenden Jahres. Der Etat sieht eine Vermehrung des Personalbestandes um 8500 Mann vor. Dieser soll bis zum März 1914 insgesamt 146 000 Offiziere und Mannschaften erreichen. Eine Summe von 2 052 400 Pfd. Sterl. wird angefordert für den Beginn des Baues der Schiffe des neuen Programms, das fünf Schlachtschiffe, acht kleine Kreuzer, sechzehn Torpedoboots⸗ zerstöber und eine Anzahl von Unterseebooten und Hilfsschiffen umfaßt.

In einer Denkschrift zum Flottenetat erklärt der Erste Lord der Admiralität Churchill:

Die außerordentliche Ueberlastung der Schiffswerften mit Arbeit, die mit Mangel an Arbeit abwechselt, verursacht, daß die Schiffbauer bei der Durchführung des Programms nur geringen Gewinn haben, und ich glaube nicht, daß mehr als 11 224 000 Pfund Sterling für die Neubauten innerhalb des Jahres ausgegeben werden gegen 12 067 727 Pfund Sterling, die für 1912/13 veranschlagt worden waren. Es werden alle Anstrengungen gemacht werden, um eine pünktliche Ablieferung zu gewährleisten, und sollten sich die Be⸗ dingungen ändern und fortschreitend verbessern, so wird ein weiterer Etat später im Laufe des Jahres eingebracht werden. Die Gesamt⸗ kosten des neuen Programms betragen 15 958 525 Pfund Sterling gegen 13 014 000 Pfund Sterling für 1912/1913.

Der Liberale Byles hatte mitgeteilt, daß er den Staatssekretär des Auswärtigen Amts Grey fragen werde, ob er dem Unterhause nicht einige Mitteilungen machen könne als Antwort auf die Erklärung des deutschen Staatssekretärs des Aeußern, daß der neuerliche vertrauliche Meinungsaustausch zwischen England und Deutschland sehr wesentlich dazu beigetragen habe, die Beziehungen zwischen den beiden Mächten zu verbessern. Byles erklärte nun gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, daß er angesichts der sehr befriedigenden Erklärungen, die der Premierminister Asquith am Montag abgegeben habe, seine Frage nicht gestellt habe.

Der Unionist Magnus fragte den Staatssekretär Grey, ob er bei den zu treffenden Grenzberichtigungen zwischen Rumänien und Bulgarien und der beabsichtigten Ab⸗ tretung gewisser Teile bulgarischen Gebiets sein Bestes tun werde, um den Angehörigen aller Religionsgemeinschaften, die jetzt unter der bulgarischen Verfassung in dem abzutretenden Gebiet leben, gleiche Rechte mit den anderen rumänischen Untertanen und die gleiche Freiheit zur Ausübung ihrer eigenen Religionskulte zu gewährleisten, die sie jetzt besitzen. Sir Edward Grey erwiderte: 8

Die Regierungen Bulgariens und Rumäniens haben zugestimmt, die zwischen ihnen entstandene Frage der Vermittlung der Mächte zu übergeben. Es gereicht zur allgemeinen Befriedigung, daß diese Zu⸗ stimmung im Prinzip erteilt worden ist. Solange die Frage noch schwebt, kann ich über die mögliche Abtretung von Gebiet oder die damit zusammenhängenden Verhältnisse keine Erklärung abgeben, ohne Gefahr zu laufen, die Aussicht auf einen friedlichen Ausgleich zu stören. Die Prinzipien, denen in der Anfrage des Abgeordneten Magnus das Wort geredet wird, verdienen allgemei Sympathie

Frankreich. In dem gestrigen Kabinettsrat teilte der Kriegsminister Etienne mit, daß er bei den Kammerkommissionen für die Armee und für das Budget auf die Dringlichkeit der Regierungsvorlagen hingewiesen habe. Der Senat begann gestern unter lebhafter Bewegung und unter starkem Andrang des Publikums die Beratung der

Wahlrechtsreform.

Nach 1 des „W. T. B.“ bekämpfte der Senator Lhopiteau (Republikanische Linke) den Plan der Minderheits⸗ vertretung und warf dem Ministerpräsidenten Briand vor, persönlich

den Effektivbestand der

die Wahl nach Arrondissements in Mißkredit gebracht zu haben. Der Redner war der Ansicht, daß der Gesetzentwurf den Minderheiten mehr gewähre, als ihnen gebühre, und daß er die Festigkeit der Regierung und folglich auch die der äußeren Politik zerstören würde. Er schloß, der Senat werde das allgemeine Wahlrecht zu verteidigen und der Republik von neuem zu dienen wissen. Im weiteren Ver⸗ laufe der Debatte erklärte der Senator Louis Martin, ein Anhänger des Verhältniswahlrechts, daß die Minderheitsvertretung keineswegs eine reaktionäre Entdeckung sei, und verlangte für die Kammer das fast ausschließliche Recht, ihren Wahlmodus zu ändern.

Darauf wurde die Sitzung geschlossen.

Der Kriegsminister Etienne hat der Heeres⸗ kommission der Kammer gestern seine Antwort auf die am Dienstag gestellten Anfragen übermittelt. Der Kriegsminister weist darin, obiger Quelle zufolge, die Notwendigkeit nach, erstens die Zahl der Mannschaften zu vermehren, um die Schaffung von besonderen Telegraphen⸗, Flugschiffer⸗ und Maschinen⸗ gewehrabteilungen zu ermöglichen, ohne den gegenwärtigen Effektivbestand der Regimenter zu verringern; zweitens Kompagnien und Eskadrons, der gegenwärtig zu gering sei, zu erhöhen. Die Kapitulationen und vierwöchigen Uebungen der Reservisten und die Abschaffung der Militärhandwerker seien ungenügende Mittel, um den Effektivbestand zu vermehren. Die Mobilisierung würde sich unter den bestmöglichen Bedingungen vollziehen, die Truppen aus dem Innern des Landes würden sich jedoch erst am zweiten Tage an der Grenze befinden. Im weiteren Verlauf der Sitzung hielt der Abg. Jaurés eine lange Rede, in der er unter anderem erklärte:

Er glaube nicht an einen plötzlichen Angriff. Er sei ferner der Ansicht, daß die Organisation der Reserve, wie sie das Gesetz über die zweijährige Dienstzeit vorgesehen habe, durchaus wirksam sei. Schließlich müßte der Beistand Rußlands die Gegner Frankreichs zwingen, ihre Kräfte so zu verteilen, daß sie numerisch denen Frank⸗ reichs lediglich gleichkämen.

Von der nationalistischen Presse wird mit großer Befriedigung aus allen Teilen Frankreichs berichtet, daß zahlreiche Gestellungspflichtige sich freiwillig zu dem dreijährigen Militärdienst verpflichtet hätten. Von den Gegnern der dreijährigen Dienstzeit wird jedoch S5 vorgehoben, dies sei durchaus kein Beweis bafür, a die Verlängerung der Militärdienstzeit populär sei. Die Gestellungspflichtigen, die die Annahme des von der Re⸗ gierung eingebrachten Gesetzentwurfs für gesichert hielten, wollten sich lediglich die mit dem freiwilligen dreijährigen öö verbundenen, sehr beträchtlichen Vorteile ver⸗

affen.

Italien.

Der König hat gestern vormittag den neuernannten Bot⸗ schafter des Deutschen Reichs von Flotow in feierlicher Antrittsaudienz empfangen.

Die Deputiertenkammer Marineetat.

„Nachdem mehrere Redner die Notwendigkeit hervorgehoben hatten, die Veneespiftung zur See zu verstärken, erklärte der Marineminister Leonardi Cattolica, wie „W. T. B.“ meldet, die Regierung werde im Bewußtsein ihrer Verantwortung den eingeschlagenen Weg ver⸗ folgen, immer neue Verstärkungen der Marine zu fordern, heh sie die Stärke erreicht, die den Zwecken der Politik und den vermehrten Bedürfnissen der Verteidigung Italiens angemessen sei. Der Minister fügte noch hinzu, der Krieg in Libyen habe sowohl die bewunderns⸗ werte Eignung der italienischen Seeleute enthüllt als auch den be⸗ friedigendsten Beweis von der Widerstandskraft des Materials ge⸗ liefert, da die mobilgemachten Schiffe die beste Probe abgelegt hätten, die man habe wünschen können.

Der Abg. Salandra begründete dann eine Tagesordnung, in der die Erwartung ausgesprochen wird, daß die Regierung die für die Erhaltung und Vermehrung der Seestreitkräfte notwendigen organischen Maßnahmen früher vorschlagen werde. Der Ministerpräsident Giolitti erklärte hierauf a. a.: Die Regierung ist fest davon überzeugt, daß eine starke Kriegsflotte für Italien notwendig ist, und wird sich in ihrem Verhalten von diesem Gesichtspunkt leiten lassen, indem sie dabei auf die finanziellen Verhältnisse des Landes Rücksicht nimmt. Indessen muß man davon Abstand nehmen, großartige Programme mit außer⸗ ordentlichen Ausgaben vorzuschlagen, durch deren Ausführung die Marine und die Schiffbauindustrie einer Periode intensiver über⸗ stürzter Expansion ausgesetzt würde, der dann notwendigerweise eine Periode des Niederganges folgen würde. Die maritimen und mili⸗

beriet gestern den

tärischen Bauten müssen im Gegenteil schrittweise und systematisch,

in beständig fortschreitender Weise vorgenommen werden. Deshalb ist es besser, möglichst große Mittel für den Bau neuer Schiffe in den ordentlichen Etat einzustellen. Zum Schluß drückte Giolitti den Wunsch aus, daß Salandra, mit dem die Regierung im Grunde über die Notwendigkeit, die Seemacht des Landes organisch zu vergrößern, einverstanden sei, sich mit diesen Erklärungen zufrieden gebe und seine Tagesordnung zurückziehe.

Nachdem Salandra dem Wunsche des Ministerpräsidenten entsprochen hatte, wurde die Sitzung geschlossen.

Türkei. Der französische Vertreter bei der Verwaltung der Staats⸗

1 schuld de la Boulinidre hat gestern anläßlich des Beginns

des neuen Finanzjahrs der bestehenden Gepflogenheit entsprechend den Vorsitz dem englischen Vertreter übergeben und hierbei eine Ansprache gehalten, in der er laut Meldung des „Wiener K. K. Telegraphen⸗Korrespondenzbureaus“ ausführte:

Trotz des Krieges habe der Ertrag aus den der Dette Publique zugewiesenen Einnahmen einen Ueberschuß von 2 250 756 Pfund er⸗ geben. Der Verwaltungsrat habe alle Vorkehrungen getroffen, um die Interessen der Gläubiger der Türkei in den von den Balkan⸗ verbündeten besetzten Gebieten zu schützen. Er habe ihre gerechten Forderungen gegenüber der Pforte wie auch gegenüber den Syndikaten und den in Betracht kommenden auswärtigen Regierungen he und deren Unterstützung erbeten. „Der Verwaltungsrat“, uhr der Redner fort, „kann darauf rechnen, daß ich mich be⸗ mühen werde, unsere Auffassung bei der internationalen Finanz⸗ kommission zu vertreten, sobald sie zusammentreten wird.“ Endlich teilte er mit, daß die Unterhandlungen wegen Liquidierung der Tabak⸗ regie gegenstandslos geworden seien, infolge der durch die politischen Ereignisse eingetretenen Unmöglichkeit, eine Entscheidung über die Er⸗ richtung des Staatsmonopols zu treffen, das im Prinzip genehmigt worden war. Die Verlängerung der Konzession der Regle müßte

daher im Prinzip angenommen werden. Die Verhandlungen darüber dauerten fort.

Der gestern veröffentlichte amtliche türkische Kriegs⸗ bericht besagt laut Meldung 88 „W. T. B.“: Am 9., 10. und 11. März hat sich vor Adrianopel nichts Bemerkens⸗ wertes ereignet. Bei Bulair befestigt der Feind gewisse Stellungen. Bei Kuschlar und Jailassi in der Gegend von Tschataldscha fand ein heftiger Kampf zwischen einer türkischen und einer feindlichen Abteilung statt, die zurückweichen mußte und auf dem Rückzuge die Bahnstation Indezegis zerstörte und Avren teilweise einäscherte. Am 9. März kreuzte ein feindliches Torpedoboot bei der Insel Gaidaro, ein anderes kam bis Tenedos; sie wurden von dem Kreuzer „Medjidije“, dem Torpedo⸗ bootszerstörer „Berc⸗i⸗Satwet“ und vier Torpedobooten ver olgt.

Zwei Segelboote näherten sich den türkischen Lagern bei Tschamlidere und Kajatepe; es wurde gegen sie das Feuer eröffnet. 8

Vorgestern hat der türkische Kreuzer „Hamidije“ Durazzo und San Giovanni di Medua beschoffen und darauf den Kurs auf Bari in Italien genommen, wo er zehn Meilen vor dem Hafen gesehen wurde. Der weitere Kurs des Kreuzers ist unbekannt. In Cetinje an amtlicher Stelle eingelaufenen Nachrichten zufolge sind bei der Beschießung von San Giovanni di Medua vier griechische Transportschiffe, und zwar „Christomaritis“, „Veniotis“, „Ertis“ und „Trifilia“ schwer beschädigt worden. Zwei von diesen vier Dampfern, die Lebensmittel für die Armee führten, gerieten durch das Aufschlagen der Geschosse in Brand; die ganze Ladung ist vernichtet. Die anderen Dampfer hatten Soldaten und Munition geführt, doch war die Ausschiffung bereits beendet. Etwa 10 Personen sollen dem Bombardement zum Opfer gefallen sein. Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Nachricht aus Belgrad sind durch die Geschosse des türkischen Kreuzers im Hafen von San Giovanni di Medua 50 serbische Soldaten getötet oder verwundet worden.

Serbien.

Wie das Regierungsorgan „Samuprava“ mitteilt, stelle die verbündeten Balkanstaaten der Türkei folgende B dingungen:

1) Fortdauer der Feindseligkeiten bis zum Abschluß des Friedens.

2) Als Grundlage der Friedensverhandlungen hat der von den Delegierten der Balkanstaaten am 23. Dezember 1912 in London ge⸗ stellte Antrag zu dienen, nämlich die Grenzlinie Midia Rodosto unter Ueberlassung der Halbinsel Gallipoli an die Türkei und Abtretung des gesamten westlichen Territoriums an die Verbündeten mit Aus⸗ nahme Albaniens, dessen Grenzen und Organisation die Londoner Botschafterkonferenz regeln wird. Es wird ausdrücklich gefordert, daß Adrianopel und Skutari vor dem Friedensschluß an Bulgarien und Montenegro übergeben werden müssen.

. 3) Uebergabe der Aegäischen Inseln an Griechenland. Hierbe wird insbesondere Kreta angeführt und gefordert, daß die Türkei au alle Rechte an Kreta verzichte.

.4) Die Türkei verpflichtet sich, den verbündeten Balkanstaaten eine Kriegsentschädigung zu gewähren, deren Höhe vor der Unter⸗ zeichnung des Friedens festzustellen ist.

5) Die Sicherung der Rechte der christlichen Untertanen der ver⸗ bündeten Balkanstaaten, die sich in der Türkei aufhalten werden.

Für den Fall, daß irgend welche Fragen finanzieller Natur werden, die . den Krieg hervorgerufen worden sind, verlangen die Verbündeten, daß an solchen Ver⸗ handlungen auch die Vertreter der vier Balkanstaaten teil⸗ nehmen. Diese Verschärfung der Bedingungen wurde durch die Fortsetzung des Krieges verursacht. Sollte die Türkei die Verhandlungen neuerlich verschleppen, dann werden, schließt das Regierungsorgan, die neuen Friedensbedingungen noch schwerer sein, als die gegenwärtigen.

Das Kriegsministerium hat die turnusweise Ein⸗ berufung der wehrpflichtigen Jünglinge letzten Aufgebots zur Ablösung der im Garnisonwachtdienst stehenden Reservisten dritten Aufgebots angeordnet.

Montenegro.

Die Vertreter der Großmächte haben gestern, wie „W. T. B.“ meldet, im Ministerium des Aeußern einen ge⸗ meinsamen Schritt unternommen, um zu verlangen, daß der gesamten Zivilbevölkerung von Skutari gestattet werde, die Stadt zu verlassen. Der Minister des Aeußern erklärte, er werde dieses Verlangen dem Ministerrate mitteilen und am Nachmittag die Antwort bekanntgeben.

Durch die Kommissionen beider Häuser der Legislatur des Staates New York wird, wie „W. T. B.“ meldet, die An⸗ nahme der vom Gouverneur des Staates Sulzer angeregten Börsenreformengesetze empfohlen. Darin wird u. a. die Inkorporierung der Fondsbörsen obligatorisch gemacht.

Asien. DDie chinesische Regierung hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ den amerikanischen Nationalökonomen

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F. J. Goodnow zum Berater für Verfassungsreformfragen ernannt.

In Tschangtschung haben die Konferenzen von Ver⸗ tretern der Gouverneure der Mandschurei mit den Befehls⸗ habern der Truppen über die Vorbereitungen zum Feldzug gegen die Mongolei begonnen. Da es an Barmitteln fehlt, wurde es, wie die „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ meldet, für nötig befunden, den Provinzialbanken die Emission von Kriegsbanknoten im Betrage von zwei Millionen Dollar zu gestatten.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (27.) Sitzung des Herrenhauses, welcher der Justizminister Dr. Beseler beiwohnte, wurden zunächst zu Mitgliedern der Staatsschuldenkommission auf Vor⸗ schlag des Grafen von und zu Hoensbroech durch Zuruf die Herren Graf von Hutten⸗Czapski und Dr. Freiherr von Thielmann wieder⸗ und für den verstorbenen Bankier Del⸗ brück Herr Dr. von Hagens neugewählt. Der letztere wurde vom Präsidenten durch Handschlag auf sein Amt verpflichtet.

Zur einmaligen Schlußberatung stand der Gesetzent⸗ wurf, betreffend Veränderung der Grenzen der Kreise Kalbe und I im Regierungsbezirk Magdeburg und Aenderung der Amtsgerichts⸗ bezirke Gommern und Schönebeck.

Referent war Herr von Byern, der die unveränderte Annahme der Vorlage befürwortete.

Das Haus beschloß demgemäß ohne Debatte.

Alsdann folgte die einmalige Schlußberatung über den von dem anderen Hause in abgeänderter Fassung an das zurückgelangten Entwurf einer Hinter⸗ v1“

Referent Dr. von Hagens: Das Abgeordnetenhaus hat den Entwurf in erster Lesung einer eingehenden Besprechung unterzogen, ihn der verstärkten Justizkommission überwiesen und deren Be⸗ schluß demnächst in zweiter und dritter Lesung ohne Dis⸗ kussion angenommen. Ein Antrag von randenstein, der wünschte, daß an deutlicher und sichtbarer Stelle durch das Gesetz ausgesprochen werde, daß die Bestimmungen des Art. 85 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch, wonach außer den öffentlichen Hinterlegungsstellen Landesbanken usw. zur Ver⸗ waltung von Mündelgeldern zugelassen werden sollen, von dem neuen Gesetz unberührt bleiben, wurde mit Rücksicht auf eine beruhigende Erklärung des Justizministers zurückgezogen. Wich

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