1913 / 76 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Mar 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Die Staats⸗ und Gemeindebehörden sind verpflichtet, den Steuerbehörden auf Ersuchen aus Büchern, Akten, Urkunden usw. Auskunft über die Vermögensverhältnisse des Steuer pflichtigen zu erteilen oder ihnen Einsicht in solche, die Ver⸗ mögensverhältnisse betreffenden Bücher, Akten, Urkunden usw. zu gestatten. 8

Den Notaren liegt diese Pflicht nur ob hinsichtlich der

inen Nachlaß betreffenden Verhandlungen oder soweit sie durch onstige Vorschriften begründet ist. Eine Auskunftspflicht besteht nicht für die Postbehörden, für die Verwaltung der Schuldbücher öffentlicher Körperschaften sowie für die Verwaltung öffentlicher Sparkassen und anderer mit der Verwaltung und Verwahrung fremden Vermögens e öffentlicher Anstalten.

Beamte, Angestellte und ehrenamtliche Mitglieder Behörden, welche im Verfahren zur Veranlagung der Besitz steuer dienstlich Kenntnis von den Vermögens⸗, Erwerbs⸗ oder Einkommensverhältnissen eines Steuerpflichtigen erhalten, sind zu ihrer Geheimhaltung verpflichtet. Die Besitzsteuererklärungen sind unter Verschluß aufzubewahren und dürfen ebenso wie die sonstigen Verhandlungen im Veranlagungsverfahren nur zur Kenntnis der durch Eid zu ihrer Geheimhaltung Verpflichteten gelangen. Sie dürfen anderen Behörden nur zum Zwecke der Veranlagung und Erhebung von öffentlichen Abgaben mitgeteilt werden.

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stellungsbescheid.

Besitzsteuer⸗ und

Ergibt die Vergleichung der Vermögensfeststellungen einen steuerpflichtigen Vermögenszuwachs, so erteilt die Veranlagungs⸗ behörde dem Steuerpflichtigen einen Bescheid über den Gesamt⸗ betrag der zu zahlenden Steuer und über die für eine spätere Veranlagung maßgebende Vermögensfeststellung (Steuerbescheid); ergibt sich dagegen kein oder nur ein steuerfreier Vermögens⸗ zuwachs, so ist dem Steuerpflichtigen mit einem Vermögen von mehr als sechstausend Mark ein Bescheid über den für eine künftige Veranlagung maßgebenden Vermögensstand zu erteilen, sofern dieser nicht bereits rechtskräftig feststeht (Feststellungs⸗ bescheid).

Der Steuer⸗ und Feststellungsbescheid enthält eine Be⸗ lehrung über die gegen den Bescheid zulässigen Rechtsmittel, der Steuerbescheid enthält außerdem eine Anweisung zur Ent⸗ richtung der Steuer in den gesetzlichen Teilbeträgen zu den be⸗ stimmten Zahlungsfristen. Auf Verlangen sind dem Steuer pflichtigen die Berechnungsgrundlagen der angeforderten Steuer mitzuteilen und die Punkte zu bezeichnen, in welchen von der Besitzsteuererklärung abgewichen worden ist

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Rechtsmittel. § 60.

Gegen den Steuer⸗ und Feststellungsbescheid sind die Rechts⸗ mittel zulässig, welche gegen die Veranlagung zu einer direkten Landessteuer gegeben sind. v 1X“

Die Landesregierung bestimmt das Nähere.

§ 61.

Wohnt weder der Steuerpflichtige noch ein Vertreter des Steuerpflichtigen im Inland, so ist der Steuerpflichtige ge⸗ halten, eine im Inland wohnende Person zum Empfange der für ihn bestimmten Schriftstücke in Besitzsteuerangelegenheiten zu bevollmächtigen. Ist die Benennung eines Zustellungs⸗ bevollmächtigten unterblieben, so gilt die Zustellung eines Schriftstücks mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unbestellbar zurückkommt.

§ 62.

Durch die Einlegung eines Rechtsmittels wird die Erhebung

der veranlagten Steuer zu den gesetzlichen Zahlungsfristen nicht aufgehalten. Fälligkeit der Steuer. der Jahresbetrag der Steuer 23) ist nach näherer; stimmung der obersten Landesfinanzbehörde in gleichen Halbjahrs⸗ oder Vierteljahrsteilen zu zahlen.

Bleibt der Einzelbetrag der Steuer unter 5 ℳ, so ist der Jahresbetrag der Steuer auf einmal zu entrichten.

Die oberste Landesfinanzbehörde bestimmt den Tag, an dem die Einzelbeträge der Steuer fällig werden.

Die Einzelbeträge der Steuer sind auf 10 nach oben abzurunden.

Der Steuerpflichtige ist berechtigt, die Steuer für den Rest des ganzen Erhebungszeitraums im voraus zu bezahlen.

§ 64.

Würde die Einziehung der Steuer zu den gesetzlichen Zahlungsfristen mit einer erheblichen Härte für den Steuer⸗ pflichtigen verbunden sein, so kann die Steuer bis zum Ablauf von zwei Jahren gestundet, auch die Entrichtung in Teilbeträgen bis zum Ende des nächsten Erhebungszeitraums 23) gestattet werden.

Die Stundung kann von einer angemessenen Sicherheits⸗ leistung abhängig gemacht werden.

Die Stundungsbewilligung wird zurückgenommen, wenn die Voraussetzungen hierfür weggefallen sind oder wenn eine nachträglich verlangte Sicherheit nicht geleistet wird.

§ 65.

Ist der Steuerpflichtige ein Deutscher, so ist zum Zwecke der Einziehung der Besitzsteuer die Zwangsversteigerung eines Grundstücks ohne seine Zustimmung nicht zulässig.

§ 66.

Stirbt der Steuerpflichuge innerhalb eines Erhebungs⸗ zeitraums oder fällt die Steuerpflicht auf andere Weise weg, so wird dadurch die Verbindlichkeit zur Entrichtung der bei Wegfall der Steuerpflicht noch nicht fälligen Teilbeträge nicht berührt.

Wird im Falle des § 15 die Ehe innerhalb des Er⸗ hebungszeitraums aufgelöst oder fällt die Voraussetzung für die Zusammenrechnung des Vermögens weg, so sind die Ehegatten oder deren Erben zur Zahlung der noch nicht fälligen Teil⸗ beträge der Steuer nach dem Verhältnis ihres Anteils an dem steuerpflichtigen Vermögenszuwachs verpflichtet. 8

Verjährung. 2 § 67.

Der Anspruch der Staatskasse auf die Besitzsteuer verjährt in vier Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schlusse des Jahres, in welchem die Steuerbeträge fällig geworden sind, im Falle der Sicherheitsleistung für die Steuer jedoch nicht vor dem Ablauf des Jahres, in welchem die Sicherheit erlischt.

Soweit

Strafvorschriften.

§ 68. Wer als Steuerpflichtiger oder als Vertreler eines Steuer⸗ pflichtigen wissentlich der Steuerbehörde unrichlige oder un⸗ vollständige Angaben macht, die geeignet sind, eine Verkürzung der Besitzsteuer herbeizuführen, wird mit einer Geldstrafe bis zum zwanzigfachen Betrage Steuer bestraft.

§ 69.

Irn den Fällen des § 68 kann neben der Geldstrafe auf Gefängnis bis zu sechs Monaten erkannt werden, wenn die unrichtigen oder unvollständigen Angaben in der Absicht, die Besitzsteuer zu hinterziehen, gemacht worden sind und wenn der Steuerbetrag, der durch die unrichtigen oder unvollständigen Angaben gefährdet worden ist, mindestens dreihundert Mark beträgt, oder wenn der Steuerpflichtige wegen Besitzsteuer hinterziehung vorbestraft ist.

In allen Fällen, in denen eine Steuergefährdung der in Abs. 1 bezeichneten Art vorliegt, hat die Entscheidung darüber, ob die Absicht der Steuerhinterziehung vorliegt, im gerichtlichen Verfahren zu erfolgen. Findet die Staatsanwaltschaft in einer an sie abgegebenen Sache, daß diese Absicht zu verneinen ist, so kann sie die Sache zur weiteren Erledigung im Verwaltungs⸗ strafverfahren an die Verwaltungsbehörde abgeben.

§ 70.

Ist nach den obwaltenden Umständen anzunehmen, daß die unrichtigen oder unvollständigen Angaben, die geeignet sind, eine Verkürzung der Besitzsteuer herbeizuführen, nicht in der Absicht der Steuerhinterziehung gemacht worden sind, so tritt an Stelle der in § 68 vorgesehenen Strafe eine Ordnungs⸗ strafe bis zu fünfhundert Mark.

Straffrei bleibt, wer seine unrichtigen oder unvollständigen Angaben bis zur Abgabe der erforderten eidesstattlichen Ver⸗ sicherung oder bevor eine Anzeige erstattet oder eine Unter⸗ suchung gegen ihn eingeleitet ist, der Steuerbehörde gegenüber berichtigt oder ergänzt und die gefährdete Steuer, soweit sie bereits fällig gewesen ist, entrichtet.

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—₰

Ddie Einziehung der Besitzsteuer erfolgt unabhängig von der Bestrafung.

§,73.

Wer in der Vermögensnachweisung 51 Abs. 2) oder in dem nach § 56 einzureichenden Verzeichnis wissentlich un⸗ richtige oder unvollständige Angaben macht, die geeignet sind, das Steueraufkommen zu gefährden, wird mit einer Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft.

Straffrei bleibt, wer seine unrichtigen oder unvollständigen Angaben, bevor eine Anzeige erstattet oder eine Untersuchung gegen ihn eingeleitet ist, der Steuerbehörde gegenüber berichtigt oder ergänzt.

Beamte, Angestellte und ehrenamtliche Mitglieder von Behörden sowie Sachverstädige werden, wenn sie die zu ihrer dienstlichen oder amtlichen Kenntnis gelangten Vermögens⸗, Erwerbs⸗ oder Einkommensverhältnisse eines Steuerpfechtigen, insbesondere auch den Inhalt einer Besitzsteuererklärung oder der über sie gepflogenen Verhandlungen unbefugt offenbaren, mit Geldstrafe bis zu fünfzehnhundert Mark oder mit Ge⸗ fängnis bis zu drei Monaten bestraft.

Die Strafverfolgung tritt nur ein auf Antrag der obersten Landesfinanzbehörde oder des Steuerpflichtigen, dessen Interesse an der Geheimhaltung verletzt ist.

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Eine Ordnungsstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark tritt ein bei Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieses Ge⸗ setzes oder die zu seiner Ausführung erlassenen Bestimmungen, die im Gesetze mit keiner besonderen Strafe bedroht sind.

Die Umwandlung einer nicht beizutreibenden Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe findet nicht statt.

Kosten.

88 8 S8 77.

Das Verfahren in Besitzsteuerangelegenheiten ist vorbehalt⸗ lich der Vorschriften des § 54 kosten⸗, gebühren⸗ und stempel⸗ frei. Für das Rechtsmittel⸗ und Strafverfahren bewendet es bei den sonst geltenden Vorschriften.

Schlußvorschriften. Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erläßt die Landesregierung.

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Die Notwendigkeit, die Wehrhaftigkeit Deutschlands zur Behaup⸗ tung seiner Machtstellung und zum Schutze seines wachsenden Wohl⸗ standes unversehrt aufrechtzuerhalten, hat mit den neuen Wehrvorlagen einen Geldhedarf von ungewöhnlicher Höhe hervorgerufen. Neben den einmaligen Ausgaben, die ihre Deckung in der Erhebung eines ein⸗ maligen außerordentlichen Beitrags vom Vermögen finden sollen, ist auch der neuentstandene fortlaufende Bedarf so groß, daß er in vollem Umfang aus den bisher vom Reiche in Anspruch genommenen Steuer⸗ quellen nicht gedeckt werden kann.

Der Zwang dieser gegenwärtigen Verhältnisse führt dazu, einen erheblichen Teil dieses Bedarfs durch Umlegung auf die einzelnen Bundesstaaten zu decken, damit er von diesen im Wege der allgemeinen Besteuerung vom Einkommen, Ertrag oder Vermögen oder auch durch Besteuerung der Erbschaften aufgebracht wird.

Für die Umlegung auf die Bundesstaaten kommt nach dem Vor⸗ aang der Matrikularbeiträge in erster Linie die Bevölkerungszahl als Maßstab in Betracht. Bei Verteilung der nach Bevölkerungsziffer würden gber die Bundesstaaten mit einer weniger wohlhabenden Bevölkerung zu verhältnismäßig höherer Steuerbelastung ihrer Steuerpflichtigen genötigt werden als die übrigen Bundesstaaten Es gilt daher einen Maßstab zu finden, der die Verschiedenheiten in der Steuerkraft der Bepölkerung der einzelnen Bundesstaaten in geeigneterer Weise zur Wirkung bringt. Weiter ist auf eine Regelung Bedacht zu nehmen, durch die sichergestellt wird, daß der umgelegte Reichsbedarf in den einzelnen Staaten wirklich durch Steuern vom Vermögen, Einkommen, Ertrag oder von Erbschaften aufgebracht wird. Dies kann nur in der Weise geschehen, daß in dem Bundesstaat ein reichsrechtlich nor⸗ miertes Steuergesetz in Kraft tritt, sofern die landesrechtliche Regelung nicht bis zu einem bestimmten Zeitpunkt stattgefunden hat. Damit sind die Grundlagen gegeben, auf denen der vorgelegte Ent⸗ wurf beruht. .

Die Einführung des vorgeschlagenen Wehrbeitrags bietet durch die damit notwendig werdende Feststellung des gesamten steuerbaren Vermögensbesitzes die Möglichkeit, die Verteilung des umzulegenden Deckungsbedarfs auf die einzelnen Bundesstaaten auf eine der Steuerkraft der Bevölkerung besser angepaßte Grundlage zu stellen. Daneben ist die Bestimmung getroffen, daß die Bundesstaaten zur Auf⸗ bringung des auf sie entfallenden Anteils allgemein Vermögens⸗, Er⸗ trags⸗, Einkommen⸗ oder Erbschaftssteuern bet sich einzuführen haben. solche Steuern bereits bestehen, soll

der Einführung

die Erhöhung dieser Steuern gleichstehen. Fall, daß eine landesgesetzliche Regelung nicht rechtzeitig zustande kommt oder später wieder wegfällt, von Reichs wegen in dem be⸗ treffenden Bundesstaat in Kraft zu treten hat, ist das dem Entwurse beigefügte Vermögenszuwachssteuergesetz vorgeschlagen. Für die Wahl dieser Steuer war einmal die Erwägung maß⸗ 1eend⸗ daß sie den Charakter einer allgemeinen Besitzsteuer an sich ägt. keinem Bundesstaat eingeführt ist und damit denjenigen Staaten, die in der Anspannung ihrer bisherigen direkten Steuern nicht glauben weitergehen zu können, eine neue Steuerart zur Verfügung gestellt wird. Nach dem Gesetze vom 14. Juni 1912 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 393) soll die Ermäßigung der Zuckersteuer auf den in Artikel V des Ge⸗ setzes, betreffend Aenderung im Finanzwesen, vom 15. Juli 1909 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 749) normierten Betrag sechs Monate nach Ein⸗ führung des neuen Besitzsteuergesetzes, spätestens mit dem 1. Oktober 1916 in Kraft treten. Eine Ermäßigung der Zuckersteuer vor dem 1. Oktober 1916 kann zurzeit indessen nicht in Betracht kommen, da die Finanzierung der Militärvorlage von 1912 auf der Voraussetzung der Aufrechterhaltung der Steuer bis zu diesem Tage beruhte und der Ertrag der Besitzsteuer jetzt für andere Zwecke herangezogen werden muß. Der gegenwärtige Deckungsbedarf macht es demnach zur Not⸗ wendigkeit, den Eintritt der Ermäßigung der Zuckersteuer und Wegfall des Zuschlags zum Grundstücksstempel wenigstens noch bis zu dem in § 3 des Entwurfs vorgesehenen Zeitpunkt hinauszuschieben, da sich alsdann wird übersehen lassen, inwieweit die neuen Einnahmen sich dem Bedarf entsprechend entwickeln. Neben den vorstehend bezeichneten behandelt der Gesetzentwurf noch zwei weitere Maßnahmen: 1) die Anschaffung eines zur Befriedigung eines außerordent⸗ lichen Bedarfs dienenden Bestandes an Silbermünzen bis zur Höhe von 120 Millionen Mark, 2) die Ausgabe weiterer Reichskassenscheine in Abschnitten zu 5 und zu 10 bis zur Höhe von 120 Milltonen Mark, um aus ihrem Erlös einen gleich hohen Betrag in gemünztem Golde mit der Zweckdestimmung des Reichskriegsschatzes bereitzustellen. 3 8 Belde Maßnahmen verfolgen den Zweck, dem Finanzwesen des Reichs gegenüber den in kritischen Zeiten gesteigerten Ansprüchen eine größere Widerstandsfähigkeit zu verleihen. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß namentlich die finanziellen Anforderungen, welche der Krieg stellt, im Laufe der Zeit gewaltig gewachsen sind und die Nei⸗ gung zu weiterer Steigerung in sich tragen. Es muß deshalb als ein ebenso wichtiges wie dringendes Bedürfnis angesehen werden, die sofort greifbaren Mittel des Reichs zu vermehren. Wenn zu diesem Behufe der Gesetzentwurf die Beschaffung eines Bestandes von je 120 Millionen Mark in Silber⸗ und C. oldmünzen ins Auge faßt, so geschieht dies in der Erwägung, daß in Kriegszeiten erfahrungsgemäß die Nachfrage nach Zahlungsmitteln überhaupt außerordentlich zuntmmt und insbesondere der Bedarf an Hartgeld beträchtlich gesteigert ist. In letzterer Hinsicht braucht nur auf die Befriedigung der Ansprüche von Heer und Marine mit Eintritt der Mobilmachung sowte insbesondere auf die hohen Beträge hingewiesen zu werden, die für die Löhnung der Truppen erfordert und von den ausrückenden Mannschaften aus ihren Erspar nissen mit ins Feld genommen werden. Es sind aber nicht nur die Bedürfnisse der Heeres⸗ und der Marineverwaltung, sondern auch die starken Anforderungen in Betracht zu ziehen, welche der allgemeine Verkehr in kritischen Zeiten stellt. Auch hier zeigt sich das Bestreben, gerade metallische Zahlungsmittel in erhöhtem Maße zu begehren. Diese Beobachtung konnte schon während der durch die jüngsten Balkanwirren herbeigeführten Spannung der politischen Lage in den Geldbewegungen der Reichsbank gemacht werden. Ihr Vorrat m Silbermünzen bezifferte sich am 31. Dezember 1912 auf 255 376 000 ℳ, d. h. auf einen Betrag, der noch geringer war, als der Bestand an 31. Dezember 1910 = 260 998 000 ℳ, obwohl inzwischen etwa 74,6 Millionen Mark in Silbermünzen ausgeprägt worden waren. Diese auffallende Verminderung ist zu einem starken Teil auf Thesaurierungen zurückzuführen, die durch die politischen Verwicklungen der letzten Monate hervorgerufen waren. Die Reichsbank hat von ihrem Gold vorrate, der am 22. Juni 1912 seinen bisher höchsten Stand mit 982,2 Millionen Mark erreicht hatte, trotz einer im ganzen günstigen Zahlungsbilanz bereits bis zum 7. Dezember 1912, also bevor noch die Wirkungen des Ultimobedarfs einsetzten, nicht weniger als 234,3 Millionen Mark hauptsächlich infolge von Thesaurierungen im Inland und der damit in Verbindung stehenden Vorsorge der Banken un Sparkassen für Bereithaltung größerer Zahlungsmittel eingebüßt. Vom 23. September bis zum 7. Dezember 1912 hat sie im ganzen dem Verkehre zur Verfügung stellen müssen: c“ 189,2 Millionen Mark, WW“““ 44,4 8 Reichskassenscheine... 168 8 8 Metalldeckung. 250,1 Millionen Mark, Nten 256,7

insgesant..

506,8 Millionen Mack.

Demgegenüber im Jahre 1911 im Jahre 1910

Gold 20,2 Millionen Mark, 26,1 Millionen Mark, 1““ 12 8 Reichskassen⸗ scheine . 97 8 EA116e“ 8 1 Metalldeckung 38,1 Millionen Mark, 15,0 Milonen Mar, Noten 25 8 18 1 8. insgesamt 63,5 Millionen Mark, 47,0 Millionen Mark, in diesen beiden Jahren also durchschnittlich 55 Millionen Mark, im Jahre 1912 somit rund 450 Millionen Mark mehr als damals und allein an Metalldeckung 210 Millionen Mark mehr. Selbst im Jahre 1907, in welchem die Reichsbank den starken Goldabfluß nach Amerika unmittelbar oder mittelbar decken mußte, hat sie in dem gleichen Zeitraum nur 240 Millionen Mark, darunter 201 Millionen Mark an Metalldeckung verloren. 8

Mittels der Diskontpolitik allein lößt sich solchem Goldabflusse nicht wirksam begegnen, zumal eine Diskonterhöhung voraussichtlich die allgemeine Beunruhigung nur steigern und zu weiteren Thesaurte⸗ rungen anreizen würde. So wichtig und notwendig auch die sonstigen Bestrebungen der Reichsbank, durch Vermehrung von kleinen Noten, durch Förderung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, durch Erhöhung der Barreserven der Volkswirtschaft, insbesondere der Banken und sonstigen großen Finanzinstitute, sowie durch Gewährung zinsfreier Vorschüsse für Goldimporte und im Wege der Devisenpolitik den Goldvorrat zu stärken, sein mögen, so tritt doch als bedeutsames, jedenfalls als das sicherste Schutzmittel gegen jene großen Gefahren einer schon vorzeitigen Schwächung die Bereitstellung einer Reserve sowohl in Silber⸗ als auch in Goldmünzen hinzu.

Was zunächst die Silberreserve anlangt, so wird dem Friedens⸗ bedürfnisse des Verkehrs an Silbermünzen durch die laufenden Prägungen ausreichende Rechnung getragen. Diese haben im Jabhre 1909 50 Millionen Mark, im Jahre 1910 40 Millionen Mark, im Jahre 1911 42 50 Millionen Mark betragen und werden im laufen⸗ den Rechnungsjahre sich auf 32,50 Millionen Mark beziffern, also insgesamt 165 Millionen Mark erreichen. Die Vorräte der Reiche⸗ bank sind entsprechend gestiegen und haben im Durchschnitt mehr als 300 Millionen Mark betragen, wenn man von der Verminde⸗ rung während der letzten 6 Monate infolge besonderer Umstände ab⸗ sieht. Dem Friedensbedarf ensprechend sollen die Prägungen auch in Zukunst fortgesetzt werden. So ist nach dem Etatsentwurfe für das Jahr 1913 eine Prägung von 20 Millionen Mark in Silber⸗ münzen vorgesehen. .

Abweichend von dem Zwecke dieser Prägungen handelt es sich hier um die Befriedigung eines mehr oder minder plötzlich auftretenden außerordentlichen Bedarfs. Um diese sicherzustellen, ist es erforderlich, daß die Prägungen im voraus vorgenommen werden, weil diese sich nicht nachträglich in so kurzer Zeit bewerkstelligen lassen. Da aber die Reichsbank aus währungs⸗ und bankpolitischen G Be⸗ denken tragen muß, diesen für außerordentliche Zwecke bestimmten Silbermünzenvorrat schon in Friedenszeiten ihrem Betriebe zu über⸗

Als Gesetz, das für den

Sodann kam in Betracht, daß diese Steuer bisher noch in

geben, so erübrigt nur, die Silberreserve für Rechnung des Reichs anzuschaffen und bei der Reichsbank zu sofortiger Verwendung im gegebenen Falle verwahrlich niederzulegen. Daß eine solche Ver⸗ wendung zuͤgleich ein wichtiges Mittel bilden würde, eine Inanspruch⸗ nahme des Goldbestandes der Reichsbank hintanzuhalten, braucht wohl nicht näher dargelegt zu werden. Entsprechend diesen währungs⸗ und bankpolitischen Rücksichten müßte nach erfolgter Verwendung darauf Bedacht genommen werden, daß mit der Rückkehr ruhiger Zeiten die Stlberreserve von den Beständen der Reichsbank wieder für sich ab⸗ gesondert würde.

Die Beschaffung der Goldreserve soll mit der Zweckbestimmung des Reichskriegsschatzes erfolgen, d. h. sie würde gleich diesem nur für Zwecke der Mobilmachung verwendbar sein. 1 des Gesetzes, be⸗ treffend Bildung eines Reichskriegsschatzes vom 11. November 1871, Reichs⸗Gesetzbl. S. 403.) Die Bildung des im Juliusturme zu Spandau niedergelegten Reichskriegsschatzes ist im Jahre 1871 erfolgt,

um bei ausbrechendem Kriege über die ersten finanziellen Schwierig⸗ keiten hinwegzukommen, zumal da, wie es in den Motiven zu dem Entwurfe des vorerwähnten Gesetzes heißt, beim Eintritt der Kriegs⸗ gefahr die Lage des Geldmarkts in der Regel die Beschaffung der Mobilmachungskosten nahezu unmöglich mache. In dieser Bedeutung habe sich der preußische Kriegsschatz während des Krieges von 1870/71 nicht nur als eine nötzliche Hilfe, sondern auch als ein Element der Kriegsbereitschaft bewährt, das nicht ohne die höchsten Gefahren für die Nation vernachlässigt werden dürfe. Diese Grundanschauung muß heute noch in erhöhtem Maße als gerechtfertigt anerkannt werden, da die Anforderungen, welche ein noderner Krieg stellt, um ein mehrfaches die Bedürfnisse früherer Kriege übersteigen werden. Durch die stark erhöhten Anforderungen wird zwar der dem Kriegsschatze seinerzeit zugedachte Zweck, die ersten Kosten der Mobilmachung zu tragen, naturgemäß wesentlich ein⸗ geschränkt. Einen nicht minder bedeutungsvollen Dienst wird er aber dadurch leisten, daß er dazu beitragen wird, die bei drohender oder eintretender Kriegsgefahr erfahrungsgemäß entstehende Panik, die einerseits eine rasche und umfassende Zurückziehung des baren Geldes aus dem Verkehr zur Folge hat, anderseits gleichzeitig bei dem allgemeinen Bestreben nach Abwicklung dec Kreditverhältnisse eine verstärkte Nachfrage nach Zahlungsmitteln hervorruft, in ihren für die gesamte Volkswirtschaft verhängnisvollen Folgen erheblich abzu⸗ schwächen. Auf diese wichtige Seie in der Beurteilung des Reichs⸗ kriegsschatzes ist schon in dem Kommissionsbericht vom 31. Oktober 1871 hingewiesen (vgl. Drucksachen des Reichstags II. Session 1871 Nr. 30 S. 2). Es bedarf keiner weiteren Begründung, daß mit der ge⸗ waltigen Ausdehnung der Volkswirtschaft und mit der intensiveren Ausbildung des Kreditsystems die geschilderten Folgen einer Panik eine viel weiterreichende Bedeutung gewonnen haben. Besonders die vor dem Kriegsausbruch auftretende Beunruhigung der Volkskreise kann, wie die obigen Zahlenangaben deutlich beweisen, dazu führen, der Reichsbank beträchtliche Mittel namentlich an Gold⸗ und Silber⸗ münzen zu entziehen, so daß sie Gefahr läuft, mit stark verminderter Kraft in die Periode des Kriegs einzutreten, der von ihr die höchsten Leistungen sowohl für das Reich als auch zur Befriedigung der all⸗ gemeinen volkswirtschaftlichen Bedürfnisse fordert. Es leuchtet daher ein, von wie großer Bedeutung es für den Status der Reichsbank sein muß, wenn ihr gerade in dem entscheidenden Augenblicke des Kriegsausbruchs eine Kräftigung ihres Goldvorrats zuteil wird, die sie in den Stand setzt, den dreifachen Betrag in Noten auszugeben. Ein auf das Doppelte vermehrter Reichskriegeschatz würde mithin die Möglichkeit bieten, 720 Millionen Mark mehr in Noten zu Zahlungen für Heer und Marine sowie für den allgemeinen Verkehr verfügbar zu machen. Demgegenüber können die in der Zinslosigkeit des Reichs⸗ kriegsschatzes liegenden wirtschaftlichen Nachteile als ausschlaggebend gegen die hier vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erachtet werden.

Die Mittel zur Beschaffung der Goldreserve sollen nach dem Entwurf im Wege einer entsprechenden Vermehrung der Reichskassen⸗ scheine zu 5 und zu 10 gewonnen werden, so daß außer den Kosten der Herstellung und des Umlaufs besondere Opfer dem Reiche nicht erwachsen würden. Wenngleich die Goldreserve keine formelle Deckung für diese neu auszugebenden Reichskassenscheine bilden würde, so dürfte es doch vom Standpunkt der Kredit⸗ und Währungspolitik zu recht⸗ fertigen sein, solche bei der Reichshauptkasse jederzeit einlösbaren Geld⸗ zeichen ohne Annahmezwang auszugeben, wäbrend ein gleich hoher Betrag in Goldmünzen zur Verstärkung des Reichskriegsschatzes nieder⸗ gelegt wird. Es handelt sich also nicht um die Befriedigung eines unmittelbaren Ausgabebedürfnisses, um die Erreichung leidiglich eines fiskalischen Zweckes, sondern um eine zugleich den wichtigsten Interessen der Volkswirtschaft dienende Maßnahme der Kriegs⸗ bereitschaft. Währungspolitische Bedenken kann man um so eher zurücktreten lassen, als die Hauptmasse der neuen Relchskassenscheine in dem Abschnitt zu 10 ausgebracht werden soll und gerade nach diesem Wertabschnitt eine besonders starke Nachfrage im Zahlungs⸗ verkehre besteht. Der steigende Bedarf an Reichskassenscheinen ist aus einer Anlage ersichtlich, welche die Bestände der Reichsbank an diesen Geldzeichen während der letzten vier Jahre zusammenstellt und er⸗ kennen läßt, daß diese Bestände trotz des ständigen Anwachsens der mit Kasseneinrichtung versehenen Zweiganstalten (475) innerhalb der letzten zwei Jahre um etwa 50 vom Hundert abgenommen haben. Es darf daher damit gerechnet werden, daß die neuen Reichskassen⸗ scheine von dem Inlandsverkehr einschließlich desjenigen der Schutz⸗ gebiete vollständig aufgenommen werden. Auf diese Weise werden sie eine Ausgleichung und Nutzbarmachung des hinterlegten Goldbetrags für den Zahlungsverkehr bewirken und dadurch auch die aus der Zins⸗ losigkeit etwa herzuleitenden Bedenken vermindern. Da mithin die vorgeschlagene Vermehrung der Reichskassenscheine nur einen Ersatz des zur Stärkung der Reichsbank für die außerordentlichen Ansprüche des Krieges niedergelegten Goldbetrags bieten soll, so sind irgend⸗ welche Gefahren einer Inflation der Volkswirtschaft mit minder⸗ wertigen Geldzelchen nicht zu besorgen.

Nach diesen allgemeinen Ausführungen bleibt zu den einelnen Vorschlägen nur noch folgendes zu bemerken:

Der Beginn der Beitragsleistung ist im § 1 auf den 1. April 1916 hinausgeschoben worden, um die Bundesstaaten instand zu setzen, die nach § 2 erforderlichen steuergesetzlichen Maßnahmen so zu treffen, daß sie in ihnen tunlichst rechtzeitig Deckung für die auf sie um⸗ gelegten Beiträge finden können.

Der auf 1,25 für den Kopf der Bevölkerung berechnete Ge⸗ samtbetrag entspricht einem Betrage von 82 Millionen Mark für das Reich. Daß der Gesamtbetrag nicht mit einer festen Summe ein⸗ gesetzt, sondern auf den Kopf der Bevölkerung berechnet und damit entsprechend dem Anwachsen der Bevölkerung einer Steigerung fähig ist, hat darin seinen Grund, daß auch die neuen Ausgaben durch Steigen der Materialpreise, Löhne, Futtermittelpreise usw. ein ge⸗ wisses natürliches Wachstum in sich tragen. Da der Verteilungs⸗ maßstab dem Ergebnis der einmaligen Veranlagung zum Wehrbeitrag entnommen werden soll und zugleich mit der Wahrscheinlichkeit ge⸗ rechnet werden muß, daß sich die Wohlhabenheitsverhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten nicht gleichmäßig weiterentwickeln, wird sich mit der Zeit das Bedürfnis herausstellen, in eine Nachprüfung des Verteilungsmaßstabs einzutreten. Das Interesse an einer solchen Nachprüfung liegt nicht so sehr beim Reiche als bei den Bundesstaaten selbst. Beim Mangel genügender Anhaltspunkte werden sich auch nicht von vornherein gesetzlich Normen dafür aufstellen lassen; es wird ganz allgemein dem Bundesrate vorbehalten bleiben können, wann er den Zeitpunkt für gekommen erachtet, eine solche Nachprüfung und anderweite Feststellung des Verteilungsmaßstabs vorzunehmen.

Daß das zum Wehrbeitrage veranlagte Vermögen den Verteilungs⸗ maßstab abzugeben hat, trifft auch für den Fall zu, daß unter Um⸗ ständen für die Bemessung des Wehrbeitrags nicht das Vermögen, sondern das Einkommen die Grundlage bildet.

Die Fassung des § 2 soll zum Ausdruck bringen, daß, was auch technisch unmöglich wäre, das Landesgesetz nicht genau den aus § 1 sich ergebenden Betrag erbringen und etwa bei jedem Zurückgehen des Ertrags einer Abänderung unterworfen werden muß. Erforderlich ist aber, daß in den Bundeastaaten gesetzliche Bestimmungen zur Auf brinzung des vom Bundesstaat abzuführenden Beiteags zu erlassen

sind. Als ein derartiges Gesetz kaun der Bundesstaat auch ein Besitz⸗ steuergesetz, wie es in der Anlage enthalten ist, als Landesgesetz bei sich einführen und hierbei auch die ihm gut scheinenden Aenderungen vornehmen, sofern diese Aenderungen nicht so weit gehen, daß das Gesetz nicht mehr zur Aufbringung des staatlichen Anteils genügt, es sei denn, daß andere Gesetze zur Deckung des Ausfalls erlassen werden.

„Den Staaten, die sich dem Besitzsteuergesetz unterwerfen, kann billigerweise nicht zugemutet werden, daß sie das Risiko für den Ein⸗ gang des nach § 1 festgestellten Jahresbeitrags zu tragen haben. Es ist deshalb vorgesehen, daß diese Staaten an Stelle ihres Jahres⸗ beitrags den Ertrag aus der Besitzsteuer schlechthin abzuliefern haben. Anderseits kann es im Interesse der Reichsfinanzen nicht zugelassen werden, daß die Staaten, die einmal zum 1. April 1916 das Besitz⸗ steuergesetz haben in Kraft treten lassen, später nach ihrem Belieben das Gesetz wieder aufgeben oder ändern.

Der § 4 handelt von der Beschaffung des Silberbestandes bis zur Höhe von 120 Millionen Mark behufs Befriedigung eines außer⸗ ordentlichen Bedarfs, für welchen hauptsächlich der Kriegsfall in Betracht-kommt. Eine Verwendung könnte aber auch schon in Zeiter der drohenden Kriegsgefahr oder wegen einer aus sonstigen Gründen besonders unruhigen Gestaltung der volkswirtschaftlichen Verhältnisse geboten sein, um der Reichsbank die Befriedigung eines gesteigerten Zahlungsmittelbedarfs zu erleichtern. Insofern ist die Verwendungs⸗ möglichkeit für die Silberreserve eine weitergehende als diejenige der Goldreserve 5). Die IJnanspruchnahme der Silberreserve würde nach den Vorschriften erfolgen, die der Bundesrat gemäß § 6 zu treffen hat.

Die Ansammlung der Silberreserve läßt sich mit einem Auf⸗ wand von rund 54 Millionen Mark durchführen. Es kommen haupt⸗ sächlich die Kosten für den Ankauf des Prägesilbers, des Legierungs⸗ kupfers und die Prägegebühr in Betracht. Unter Zugrundelegung eines Silberpreises von rund 86 für das Kilogramm Feinsilber, aus dem zufolge § 3 des Münzgesetzes 200 in Silbermünzen aus⸗ gebracht werden, bei einem Zuschlag von 0,50 für Unkosten bei dem Ankauf und der Lieferung des Silbers zur Münzstätte, und bei Annahme eines Kupferpreises von 150 für 100 kg sowie bet einer reichlichen Veranschlagung der Prägegebühr auf 2,1 Millionen Mark (1 ¾ v. H.) wird sich der Kostenaufwand auf den Betrag von rund 54 Millionen Mark stellen, der mithin um etwa 66 Millionen Mark hinter dem Nennwert der Silberreserve zurückbleiben wird. Dieser Unterschiedsbetrag würde bei deren Verwendung im Kriegsfall dem Reiche nachträglich als Gewinn zufließen. Für die Aufbringung der fehlenden 54 Millionen Mark könnten nach näherer Bestimmung des Reichshaus⸗ haltsetats laufende Einnahmen oder Ueberschüsse der Vorjahre in Betracht kommen. Der Gesetzentwurf sieht außerdem die Heranziehung des Gewinns vor, der aus den laufenden Prägungen überhaupt erwachsen wird, wobei jedoch für das Rechnungsjahr 1913 die Einschränkung ge⸗ macht wird, daß nur der den Betrag von 10 750 000 übersteigende Ueberschuß in Anspruch genommen werden darf. Diese Einschränkung erscheint geboten, weil im Etatsentwurfe für 1913 der genannte Be⸗ trag bereits als Einnahme im außerordentlichen Etat der Reichsschuld bei Kapitel 3 Titel 6 eingestellt ist, mithin seine Verwendung für den hier fraglichen Zweck den gesamten Aufbau des außerordentlichen Etats empfindlich stören, insbesondere eine höchst unerwünschte Erhöhung des Anleihekredits 2 Abs. 1 des Etatsgesetzes) zur Folge haben müßte. Als verwendbarer Ueberschuß kommt derjenige Teil des Präge⸗ gewinns in Betracht, welcher nach Abzug aller für das Münzwesen zu leistenden Ausgaben des Reichs übrig bleibt. Unter diesen Aus⸗ gaben sind besonders diejenigen Kosten anzuführen, welche durch die fortschreitende Abnutzung der Goldmünzen und bei der Einziehung von Nickel⸗ und Kupfermünzen entstehen. Wie boch dieser Ueberschuß im Münzwesen für die folgenden Jahre zu veranschlagen ist, kann zur⸗ zeit mit Bestimmtheit nicht angegeben werden, da die künftigen Prä⸗ gungen lediglich nach der Gestaltung des Bedarfs einzurchten sein werden. Soviel ist jedoch außer Zweifel, daß namentlich bei einer Verteilung der Ansammlung auf mehrere Jahre die dem Reiche er⸗ wachsenden Aufwendungen im Verhältnis zu der weitreichenden Be⸗ deutung des gesteckten Zieles als mäßige zu bezeichnen sind. Der weit überwiegende Teil dieser Aufwendungen soll von dem Ueberschuß im Münzwesen getragen werden.

Mit Rücksicht auf den außergewöhnlichen Verwendungszweck der Silberreserve dürfte es gerechtfertigt sein, die für fie erforderlichen Prägungen außerhalb der im § 8 des Münzgesetzes bestimmten Präge⸗ grenze von 20 für den Kopf der Bevölkerung vorzunehmen. Dieser Kopfbetrag ist zwar durch die bis Ende Februar 1913 vor⸗ genommenen Silberprägungen erst bis rund 17 beansprucht, so daß an sich ausreichende Prägemengen übrig bleiben würden, um die Silberreserve zu bilden. Da jedoch der Umfang der laufenden, lediglich dem Friedensbedarfe dienenden Prägungen nicht mit Sicher⸗ heit zu übersehen ist, empfiehlt es sich, ihnen den größeren Spielraun zu belassen. Ein währungspolitisches Bedenken dürfte nicht obwalten, sofern nur an dem Grundsatz streng festgebalten wird, daß das Maß der Prägungen nur nach dem wirklichen Verkehrsbedürfnisse bestimmt werden darf.

Die Zusammensetzung der Silberreserve nach den einzelnen Münz⸗ gattungen wird vom Bundesrate zufolge § 6 zu regeln sein.

Zufolge § 5 des Entwurfs sollen die Mittel zur Beschaffung der Goldreserve im Wege einer entsprechenden Vermehrung der Reichskassenscheine zu und zu 10 gewonnen werden. Die Kosten für die Herstellung dieser Reichskassenscheine beziffern sich auf rund 1 750 000 ℳ. Danach würde das Reich für die Beschaffung der beiden Reserven etwa 55,750 Millionen Mark aufzubringen haben, ein Aufwand, der im Vergleich zu der Tragweite der zu schützenden Interessen nicht zu hoch erscheint. Für die hinzut etenden Reichs⸗ kassenscheine ist die Anwendung des § 1 Abs. 2, der §§ 5 bis 7 des Gesetzes, betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen, vom 30. April 1874 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 40) vorgesehen, damit die neuen Reichskassenscheine in ihren rechtlichen Eigenschaften den auf Grund dieses Gesetzes und des Gesetzes vom 5. Junt 1906 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 730) ausgegebenen vollständig angepaßt werden. Die angezogenen Paragraphen des Gesetzes von 1874 betreffen die Verteilung des Gesamtbetrags auf die einzelnen Abschnitte 1 Abs. 2), die Annahme der Reichskassenscheine zu Zahlungen bei allen Kassen des Reichs und sämtlicher Bundesstaaten nach dem Nennwert, die jederzeitige Einlösung bei der Reichshauptkasse für Rechnung des Reichs, kein Annahmezwang im Privatverkehr 5), die Ausfertigung der Reichskassenscheine durch die Reichsschuldenverwaltung und Ersatz⸗ leistung beschadigter oder unbrauchbar geworden r Stücke 6), öffent⸗ liche Bekanntgabe einer genauen Beschreibung und die Kontrolle seitens der Reichsschuldenkommission 7).

Indem § 6. die Verwaltung der Silber⸗ und Goldreserve der Aufsicht der Reichsschuldenkommission unterstellt, folgt er nur der Urbung, die auch bei anderen für bestimmte Zwecke gebildeten Ver⸗ mögensmassen betätigt worden ist, z. B. bei dem Reichskeiegsschatze, bei dem Reichstagsgebäudefonds, beim Reichsfestun sbaufonds, beim Reichsinvalidenfonds und beim Hinterbliebenenversicherungsfkonds. Die laufende Verwaltung der beiden Bestände soll vom Reichskanzler nach näheren, vom Bundesrate zu treffenden Bestimmungen geführt werden.

Es ist geplant, die beiden Reserven für Rechnung des Reichs in Tresoren der Reichsbank selbstverständlich ohne Verwendung zur Notendeckung aufzubewahren. Dies dürfte sowohl den Zwecken der Reserven am besten entsprechen als auch der Vereinfachung dienen. Daraus rechtfertigt sich auch eine von der Behandlung des im Julius⸗ turme zu Spandau niedergelegten Reichskriegsschatzes abweichende Regelung. Der Juliusturm würde überdies zur Aufnahme der beiden Reserven keinen geeigneten Raum bieten, während die Aufbewahrung in Tresoren der Reichsbank die Verwaltung verhältnismäßig ver

billigen wird. 8

Besondere Begründung zur Anlage des Gesetzes

(Besitzsteuergesetz).

Die an den Wortlaut des Gesetzes zur Deckung der Kosten der Verstärkung von Heer und Flotte vom 14. Juni 1912 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 393) anknüpfende Bezeichnung Besitzsteuer bringt zum Ausd ruck, daß das Gesetz, das unter den in § 2 des Entwurfs eines Gesetzes,

betreffend Aenderungen im Finanzwesen vorgesehenen Voraussetzungen in einem Bundesstaat in Kraft treten soll, die Anforderungen, die an eine allgemeine, den verschiedenen Besitzformen gerecht werdende Besitz⸗ steuer zu stellen sind, erfüllen will. Wenn daher § 1 als Gegenstand der Steuer den Vermögenszuwachs bezeichnet, so ist darunter der Ver⸗ mögenszuwachs im weitesten Sinne zu verstehen, nämlich der Betrag, um den sich der Gesamtwert des Vermögens einer Person erhöht hat. Dieser Vermögenszuwachs umfaßt:

a. den Vermögenserwerb auf Grund von Rechtstiteln, die dem Erbrecht angehören, sowie auf Grund von unentgeltlichen Zuwendungen unter Lebenden, den Vermögenserwerb durch Spekulationsgewinne und in⸗ folge sonstiger Glückszufälle (z. B. Lotteriegewinn), die Erhöhung des Vermögenswerts durch eine Wertsteige⸗ rung einzelner Vermögensgegenstände, z. B. Grundstücke, Wertpapiere (Konjunkturgewinn, Wertzuwachs im engeren Sinne), 1 die Vermögensbildung aus erspartem Einkommen (Um⸗ wandlung von Verbrauchsvermögen in Gebrauchsvermögen).

Die Vermögenszuwachssteuer enthält sonach auch eine Besteuerung

des Erbschafts⸗ (und Schenkungs⸗) Erwerbes. Wollte man den Erb⸗ schaftserwerb vor allem also das Kindeserbe, von der Vermögenssteuer ausnehmen, so würde dieser Steuer der Charakter einer allgemeinen Bestzsteuer genommen, insofern große Teile des Volksvermögens der Bestenerung dauernd entzegen blieben. Anderseits stellt die steuerliche Erfassung des Kindeserbes durch eine allgemeine Vermögenszuwachs⸗ steuer eine wesentlich mildere Form der Belastung dar als die Be⸗ teuerung durch Ausdehnung des Erbschaftssteuergesetzes auf Ab⸗ kömmlinge. Die allgemeine Vermögenszuwachssteuer kann sich mit erheblich niedrigeren Sätzen begnügen als die Erbschaftssteuer. Sie wird außerdem nicht alsbald beim Ableben des Erblassers erhoben, sondern erst zu Beginn des nächsten Veranlagungszeitraums (pgl. § 18 des Entwurfs), sie ist nicht auf einmal zu entrichten, sondern verteilt sich auf den dem Veranlagungszeitraum folgenden Erhebungszeitraum (vgl. § 23 des Entwurfs) und erfaßt vor allem nur die Bereicherung, die am Ende des Veranlagungs⸗ zeitraums tatsächlich noch vorhanden ist. Gegenüber der Erbschafts⸗ steuer hat die Vermögenszuwachssteuer den weiteren Vorzug, daß bei ihr Steuerhinterziehungen durch Schenkungen infolge der vorzu⸗ schreibenden allgemeinen periodischen Vermögensanzeigen nicht oder jedenfalls in weit geringerem Maße zu befürchten sind und daß aus diesem Grunde auch das mobile Kapital steuerlich möglichst voll⸗ ständig erfaßbar ist. Die Vermögenszuwachssteuer ergreift auch das Vermögen, das der Besteuerung nach dem Erbschaftssteuergesetze vom 3. Juni 1906 unterlegen hat. Die Erbschaftssteuer bedeutet demnach eine reichsgesetzliche Vorausbelastung des Erbschaftserwerbes der ent⸗ fernteren Verwandten und Nichtverwandten. Eine solche Voraus⸗ belastung ist sachlich wohl begründet, da dieser Erwerb im allgemeinen als ein Glückszufall anzusehen und daher zweifellos belastungsfähiger ist als der Erbschaftserwerb der Abkömmlinge und Ehegatten. In gleicher Weise würde das neben der in den einzelnen Bundes⸗ staaten in Kraft tretenden allgemeinen Vermögenszuwachssteuer bestehen bleibende Reichszuwachssteuergesetz vom 14. Februar 1911 eine Vorausbelastung des bei Grundstücken entstandenen Wertzuwachses bewirken. Die größere steuerliche Belastungsfähigkeit des unverdienten Wertzuwachses bei Grundstücken kann damit gerechtfertigt werden, daß diese Wertsteigerung im wesentlichen ohne Zutun des Besitzers gerade infolge von Maßnahmen der Allgemeinheit, durch die Zunahme der Bevölkerung und aus ähnlichen, in dem durch die Rechts⸗ ordnung gepfgelten und geschützten Zusammenleben der Menschen liegenden Gründen entstanden ist. Wenn indes die allgemeine Vermögenszuwachssteuer die steuersiche Belastung des Wert⸗ zuwachses an Grundstücken infolge des Zuwachssteuergesetzes vom 14. Februar 1911 nicht berücksichtigte, so würden sich hieraus doch kaum zu ertragende Härten ergeben. Deshalb gibt § 28 des Entwurfs die Möglichkeit, daß der noch nicht realisierte Konjunkturgewinn bei Grundstücken der steuerlichen Erfassung entzogen bleibt. Ferner sieht § 17 Abs. 1 des Entwurfs zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung vor, daß der Betrag der steuerpflichtigen Wert⸗ steigerung 28 des Zuwachssteuergesetzes) abzüglich der erhobenen Wert⸗ zuwachssteuer von dem nach diesem Gesetze berechneten Vermögens⸗ zuwachs abzurechnen ist, daß also ein Vermögenszuwachs in dieser Höhe nicht noch einmal der Besteuerung unterliegen soll.

Während der Ausdehnung der Steuer vom Wertzuwachs im engeren Sinne auf das bewegliche Kapitalvermögen, vor allem auf Effekten, in ihrer Ausgestaltung als einer Objektsteuer die gewichtigsten wirtschaftlichen Bedenken entgegenstehen (zu vergleichen insbesondere die Ausführungen des Präsidenten des Reichsbankdirektoriums über die Wertzuwachssteuer auf Effekten in dem 3. Berichte der 32. Kom⸗ mission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderungen im Finanswesen Reichstaasdrucksachen 12. Legislaturperiode, I. Session 1907/709 Nr. 1437 S. 18 ff. —), bereitet die steuerliche Erfassung dieses Wertzuwachses bei der Vermögenszuwachssteuer, die den Charakter einer Personalsteuer trägt, keine erheblichen Schwierigkeiten.

Das Bedenken, daß der Konjunkturgewinn steuerlich erfaßt werden soll, bevor er im Wege der Veräußernng rcalisiert ist, erledigt sich bezüglich der Grundstücke schon durch die Vorschriften, die bei diesen zur Vermeidung einer gleichzeitigen Erfahrung des durch das Grund⸗ wertzuwachssteuergesetz steuerlich vorbelasteten Wertzuwachses an Grund⸗ stücken vorgesehen sind. Bei dem mobilen Kapikale fällt dieses Be⸗ denken weniger schwer ins Gewicht.

Eine Vermögenszuwachssteuer weist zweifellos noch andere unleng⸗ bare Vorzüge auf. Die Steuer entspricht einmnal in hohem Maße den Ansorderungen steuerlicher Gerechtigkeit, insbesondere dem Grund⸗ satz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Wer in der Lage ist, sich ein Vermögen zu erwerben oder das vorhandene zu vermehren, der ist durch den Vermögenserwerb oder durch die Vermehrung seines Vermögens zweifellos leistungsfähiger geworden als ein anderer, der sein Einkommen ganz verbraucht oder sein Vermögen nicht vermehrt hat. Die Vermögenszuwachssteuer berücksichtigt wenigstens indirekt die Ertragsfähigkeit des Vermögens insofern, als durch die Besteuerung jeder Vermögensvermehrung zu Lebzeiten des Inhabers das sich schneller vermehrende Vermögen schärfer erfaßt wird als das Ver⸗ mögen, das sich infolge seiner geringeren Ertragsfähigkeit nicht oder nicht in gleichem Maße vermehrt. Durch die progressive Gestaltung der Steuer (vgl. § 24 des Entwurfs) werden die großen Vermögen entsprechend der höheren Leistungsfähigkeit ihrer Träger stärker belastet als die kleinen und mittleren Vermögen, und geoenüber der Erbschafts⸗ steuer bietet die Vermögenszuwachssteuer den weiteren Vorteil, daß die Steuersätze nicht nur nach der Höhe des Vermögensanfalls, sondern auch nach der Höhe des Gesamtvermögens des Erwerbers abgestuft werden können.

I. Gegenstand der Besitzsteuer ist nach § 1 des Entwurfs der Vermögenszuwachs in dem oben um⸗ schriebenen weitesten Sdinne. Der Vermögenszuwachs ergibt sich aus der Vergleichung des Vermögensstandes eines Steuerpflichtigen zu verschiedenen Zeitpunkten. Dementsprechend hat das Gesetz zunächst zu regeln, welche Gegenstände im Sinne des Gesetzes zum Vermögen gehören, also den Vermögensstand eines Rechtssubjekts bilden können (pgl. die §§ 2 bis 11 des Entwurfs). Weiter sind Vorschriften darüber zu treffen, zu welchen Zeitpunkten das Vermögen eines Steuer⸗ pflichtigen zu ermitteln und welche Vermögensstände hiernach mit⸗ einander zu vergleichen sind (zu vergleichen die §§ 18 bis 22). Gegen⸗ stand der Besitzsteuer ist daher nicht der Vermögensbesitz als solcher oder das Vermögen als Ertragsquelle, sondern der Vermögenserwerb. Die Steuerpflicht knüpft sich aber nicht an einzelne, den Vermögens erwerb vermittelnde Rechtsvorgänge an, sondern sie tritt an einem zum voraus bestimmten Zeitpunkt ein, zu welchem das Vermögen fest⸗ gestellt und mit dem Vermögensstande zu einem früheren Zeitpunkt verglichen wird. b II. Begriff des Vermögens.

Die Vorschriften der §§ 2 bis 11 des Entwurfs stimmen mit den Vorschriften der §§ 2 bis 10 11 Nr. 1) des Entwurfs eines Gesetzes über einen einwaligen außerordentlichen Webhrheitrag überein. Abweichungen sinden sich nur in § d, wo mit Rücksicht auf die Vor⸗