1913 / 126 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 May 1913 18:00:01 GMT) scan diff

nach ausländischen Arbeitskräften

Nun ist gesagt worden, die preußische Praxis wäre anders, als die Erklärungen, die in der Kommission von der Regierung abgegeben worden sind. Von dem Minister des Innern bin ich ausdrücklich ermächtigt worden, mit aller Bestimmtheit hier zu erklären, daß die in dem Kommissionsbericht enthaltenen Erklärungen durchaus auf⸗ recht erhalten werden, und daß das Religionsbekenntnis kein maß⸗ gebliches Moment bei der Beurteilung der Naturalisationsgesuche ist (Zuruf bei den Sozialdemokraten: sein sollte!) ist. Von den Natarali⸗ sationsgesuchen von Juden sind im Jahre 1911 die Hälfte genehmigt morden. Wir müssen uns allerdings das Recht vorbehalten, den Strom der Ausländer, der vom Osten her kommt, zurückzuhalten. An dieser Auffassung wird auch die Mehrheit des Hauses in Zukunft esthalten.

Abg. Becker⸗Arnsberg (Zentr.): Gewiß bestehen auf diesem Gebiete manche Mißstände, aber diese könnten durch den soztal⸗ demokratischen Antrag noch vermehrt werden. Der sozialdemokratische Antrag könnte gerade für dte Arbeiter ganz verderbliche Wirkungen baben. Er gibt den eingebürgerten Ausländern auch das Recht der Niederlassung und des Aufenthalts in Deutschland. Der Regierungsvertreter hat schon auf den Zug vom Osten nach dem Westen hingewiesen. Der Zug aus dem äußersten Osten nach dem Westen ist noch gefährlicher. Wenn der sozialdemokratische Antrag angenommen würde, dann könnten die großindustriellen Unternehmer, namentlich aus Rheinland und Westfalen, chinesische Kulis zu untergeordneten Arbeiten geradezu haufenweise heran⸗ schleppen. In Zeiten niedergehender Konjunktur könnten dann diese Streikbrecher aus Deutschland nicht ausgewiesen werden. Die Regierung könnte zugunsten der Arbeiter nicht ein⸗ greifen. Ich glaube deshalb, daß auch die sozialdemokratischen

Nrbeiter, die ebenfalls unter der Konkurrenz ausländischer Arbeiter leiden, dem sozialdemokratischen Antrag sehr wenig Dank wissen werden. Vielleicht wird mir erwidert werden, man müsse diese aus⸗ ländischen Arbeiter für die Gewerkschaften zu gewinnen suchen, ihnen en Solidaritätsgedanken einpflanzen, dann würden sie nicht zu Lohn⸗ rückern werden. Ja, versuchen Sie nur einmal, die Heldensöhne vom Balkan für die Gewerkschaften zu gewinnen. Wir haben auf diesem Gebiete doch auch einige Erfahrungen. Nur in den seltensten Fällen gelingt es, diese auf einer so niedrigen Kaulturstufe stehenden Leute für die Organisation zu gewinnen. Eine Pulle Schnaps ist ihnen lieber als die Ausübung des Solidaritätsgedankens und die Zahlung von Gewerkschaftsbeiträgen. Man kann die Hebung der ausländischen Arbeitermassen nicht vor⸗ nehmen auf Kosten der deutsch n Arbeiter, indem man diesen das ge⸗ waltige Heer von solchen bedürfnislosen Streikbrechern auf den Hals schickt. Wir bedauern ebenfalls und verurteilen entschieden, daß aus religiösen Gründen und dergleichen einem Ausländer die Einbürgerung verweigert wird. Aber daran ist nichts zu ändern; wir werden darauf angewtesen sein, daß die Regierung ihr Versprechen hält. Wollen wir uns darauf nicht verlassen, so müssen wir auch die Konsequenzen des sozialdemokratischen Antrages auf uns nehmen, daß die Unter⸗ nehmer waggonweise Ausländer aus dem fernsten Osten heranziehen. Wir wollen die Möglichkeit, Elemente, die Deutschland gefährlich werden koönnen, abzuschieben, unter allen Umständen beibehalten. Ich bestreite, daß Leute aus Montenegro usw. für uns von Nutzen sein könnten. Es liegt auch nicht im Interesse der Arbeiter, daß jene Leute an der deutschen Volksvertretung teilnehmen. Das könnte unter Umständen zu einer Majorisierung der deutschen Arbeiterbevölkerung durch die kulturell tiefstehenden Arbeiter führen. Ich glaube, daß die Arbeiterbevölkerung noch so viel gesunden Egoismus hat, daß sie sich diese ausländischen Elemente vom Halse halten möchte.

Abg. Landsberg (Soz.): Ich bestreite auf das entschiedenste, daß die Möglichkeit der leichten Erwerbung der Staatsangebörigkeit

sich auf dem Arbeitsmarkt irgendwie bemerkbar machen würde. Es liegt gerade im Interesse derer, die den Zustrom der Ausländerkonkurrenz fürchten, daß diese zuströmenden Ausländer nicht rechtlos sind. Ein ausländischer Arbeiter wird erst dann gefährlich, wenn er kein Solidaritätsgefühl hat, die Rechtlosigkeit macht die Konkurrenz ge⸗ fährlich und nichts anderes. Wenn man den Ministerialdirektor Lewald hört, müßte man glauben, daß die verbündeten Re⸗ gierungen an der Ostgrenze stehen und den Zustrom fremd⸗ ländischer Arbeiter fernzubalten suchen. Das gerade Gegenteil ist der Fall. Wir verlangen für die ausländischen Arbeiter nur Gerechtigkeit, daß sie nicht schikaniert werden. Eine Sehnsucht haben lediglich die deutschen Agrarier und Schlotjunker, und die Regierung hat noch nichts dazu getan, um diesem Strom zu steuern. Ich habe es nicht nötig, auf die Verherrlichung weiter einzugehen, die der Mintsterial⸗ direktor in bezug auf deutsche freiheitliche Einrichtungen vorgetragen hat. Ich weiß nicht, ob er als eine dieser freiheitlichen Einrichtungen das Dreiklassenwahlsystem betrachtet. Gewiß sind nicht alle unsere Gesetze gleichwertig oder gleich unwertig. Was aber insbesondere Preußen betrifft, so hat seinerzeit der nationalliberale Führer Gneist den Ausspruch getan, daß die Verwaltung es ver⸗ den Geist der Verfassung in sein Gegenteil umzu⸗ Seitdem hat sich noch nichts geändert. Unsere Anträge sollten eigentlich überflüssig sein, da ihnen eine ver⸗ ständige Verwaltung sowieso Rechnung tragen sollte. So müßte es eigentlich selbstverständlich sein, daß die Kinder aus Ehen deutscher Frauen mit Staatenlosen, besonders wenn die Betreffenden alle Staatsbürgerpflichten erfüllen wollen, in den deutschen Staats⸗ verband aufgenommen werden. In den meisten Kulturländern haben solche Elemente das Recht auf Einbürgerung. Dieser Ansicht waren sogar früher die Nationalliberalen. Das Abstammungsprinzip ist erst neueren Datums. Unter dem alten Prinzip, wonach jeder im Lande Geborene das Bürgerrecht des Landes hat, ist Deutschland zu dem geworden, was es ist. Wenn eine ausländische Frau durch Heirat mit einem Inländer Deutsche wird, z. B. eine Patagonierin, die einen deutschen Matrosen heiratet, dann darf man dies doch einem kulturell hochstehenden Manne nicht versagen.

Abg. Brühne (Soz.): Dieses Gesetz bringt trotz aller Forderungen der letzten 20 Jahre nicht die gewünschten Abänderungen, sondern sogar Verschlechterungen. Wohlhabende werden im Gegensatz

zu Axrheitern schon jetzt sehr schnell naturalisiert. Das dürfte in Zukunft noch schlimmer werden.

Abg. Bernstein (Soz.): Man braucht am amerikanischen Einwanderungsgesetz nicht alles zu billigen. Der Kommisear ist dort aber wenigstens an bestimmte Vorschriften gebunden. Man darf auch nicht vergessen, daß die Vereinigten Staaten zu einem solchen Gesetze

gezwungen worden sind, weil die anderen Staaten alle mißliebigen und unbequemen Elemente nach Amerika abschoben. Gegenüber dem Zustrom aus dem Osten möchte ich bemerken, daß dieser sich sehr schnell der höheren Kulturstufe, die er vorfindet, anpaßt. Bekannt auch, daß sich die Lohndrücker gerade am meisten unter den nicht naturalisierten Elementen finden. Deshalb verlangen gerade die amerckanischen Gewerkschaften, daß sich ihre Mitglieder möglichst chnell das Bürgerrecht erwerben. Bei unseren Anträgen handelt es sich deshalb um die Einbürgerung und nicht um die Zulassung.

Abg. Dr. Quarck (Soz.): Bei uns bemüht man sich nach Möglichkeit, eine Assimilation der ausländischen Arbeiter zu ver⸗ hindern. Gerade bei den christlichen Arbeiterorganisationen versucht nan alles, um jede Berührung der ausländischen Arbeiter mit den deutschen zu verhindern. Als seinerzeit ein Kaplan die katholischen Arbeiter aufklären wollte, wurde er auf Grund einer Denunziation von kapitalistischer Seite versetzt. Als die Unterstellung der gewerb⸗

lichen ausländischen Arbeiter unter die Feldarbeiterzentrale angeordnet wurde, mußten beispielsweise auch die Lederarbeiter in Frankfurt am Nain, trotzdem sie industrielle Arbeiter sind, bei der Feldarbeiter⸗ trale in Frankfurt die bekannte Legitimationskarte für 2 lösen. Da wurde den Arbeitern gesagt, hier ist die Karte, aber wenn ihr uch an irgend einer Bewegung gegen die Prinzipale beteiligt, dann werdet ihr sofort ausgewiesen. Bedenken Sie das, Herr Kollege Becker, dann werden Sie anderen Sinnes werden.

Abg. Becker (Zentr.): Der Abg. Landsberg und auch der

letzte sozialdemokratische Redner vertraten die Auffassung, als ob die

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zum Streik verführte. Gewiß ist es vorgekommen, daß man aus⸗ ländische Arbeiter ausgewiesen hat, weil sie sich am Streik beteiligt haben. Aber diese Praxis ist in den letzten Jahren eine andere ge⸗ worden. Seit der Zeit, daß diese Praxis auch im Westen eine bessere eworden ist, wie früher, ist die Solidarität der ausländischen

beiter keine bessere geworden. Jeder Gewerkschaftsführer weiß, daß bei den Lohnbewegungen die fremden Arbeiter die allerersten sind, die zum Streik rufen, aber nachher zuerst den Streik brechen. Ich erinnere Sie daran, daß im Jahre 1905 in Essen die aus⸗ ländischen Arbeiter gegen den Abg. Sachse die Fäuste geschwungen haben. Ich will die Leute nicht heruntersetzen, sie kommen aus einer Kultur heraus, die sie für die deutschen Gewerkschaften nicht reif macht. .

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Der Kollege Becker wird nicht beweisen können, daß jemals die ausländischen Arbeiter deswegen aus⸗ gewiesen worden sind, weil sie Streikbruch begangen haben, wohl aber sind ausländische Arbeiter ausgewiesen worden, die ihre Kollegen auf das Ungehörige des Streikoruchs aufmerksam gemacht hatten. Die ganze Beweisführung des Abg. Becker ist somit verunglückt. Die Zahl der Einwanderer in Amerika ist außerordentlich groß gegen⸗ über der Zahl der Zurückgewiesenen. Uebrigens handelt es sich hier darum, ob derjenige, der sich in deutsche Verhältnisse eingelebt hat, nicht das Recht erhalten soll, das deutsche Bürgerrecht zu erwerben, wie es in Amerika tatsächlich der Fall ist.

Abg. Freiherr von Richthofen (nl.): Die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten sind von den unserigen sehr verschieden. Dort besteht das Bedürfnis nach einer starken Einwanderung, bei uns be⸗ steht dieses nicht. Die strengeren Bestimmungen in den Vereinigten Staaten sind auch nicht zurückzuführen auf die Einwanderung ver⸗ krachter deutscher Offiziere und ähnlicher Elemente, sondern auf die Einwanderung aus den Südstaaten Europas, die für Amerika ebenso unerwünscht ist wie für uns.

Abg. Sachse (Soz.): Ich muß die Ausführungen des Abg. Becker in bezug auf die Vorkommnisse beim Kohlenstreik richtig stellen. Die Schimpfworte sind nicht von Ausländern gegen uns gefallen, sondern von christlichen Mitgliedern.

Nach einer kurzen Erwiderung des Abg. Becker⸗ Arnsberg (Zentr.) wird zur Abstimmung geschritten.

Der Prinzipalantrag Albrecht wird abgelehnt. Für den Eventualantrag Albrecht erheben sich außer den Sozial⸗ demokraten Fortschrittler, Polen und ein Teil der National⸗ liberalen. Die Abstimmung bleibt zweifelhaft, es muß aus⸗ gezählt werden. Der Eventualantrag wird mit 148 gegen 115 Stimmen abgelehnt. § 7 in der Fassung der Kommission bleibt unverändert.

7a lautet nach den Kommissionsbeschlüssen:

B „Die Einbürgerung in einem Bundesstaat darf erst erfolgen, nachdem durch den Reichskanzler festgestellt worden ist, daß keiner der übrigen Bundesstaaten Bedenken dagegen erhoben hat; erhebt ein Bundesstaat Bedenken, so entscheidet der Bundesrat. Die Be⸗ denken können nur auf Tatsachen gestützt werden, welche die Be⸗ sorguls rechtfertigen, daß die Einbürgerung des Antragstellers das Wohl des Reiches oder eines Bundesstaates gefährden würde.

Diese Vorschriften sollen nicht Anwendung finden 1) auf ehe⸗ malige Angehörige des Bundesstaates, bei dem der Antrag gestellt wird, auf deren Kinder, Enkel und an Kindesstatt Angenommene, 2) auf Ausländer, die im Deutschen Reiche geboren sind, wenn sie sich bis zum vollendeten 21. Lebensjahre dauernd in dem be⸗ treffenden Bundesstaate aufgehalten haben und die Einbürgerung innerhalb 2 Jahre nach diesem Zeitpunkte beantragen.“

Die Sozialdemokraten wollen den ganzen § 7a streichen, event. das Recht, Bedenken gegen den Antrag auf Einbürgerung zu erheben, nur den Staaten zugestehen, wo der Betreffende eine Niederlassung hat.

Vpon den Abgg. Herzog und Mumm (wirtsch. Vgg.) ist

die Streichung der Ziffer 2 des zweiten Absatzes beantragt.

Abg. Landsberg (Soz.): Ich habe gestern gefragt, ob denn der bisherige Zustand wirklich für das Deutsche Reich ge⸗ fährlich gewesen wäre, ob es sich denn als unbedingt nötig herausgestellt habe, die Souveränität der Bundesstaaten zu be⸗ schränken. Vom Bundesratstisch haben wir keine Antwort gehört. Die Annahme des § 7a wird zur Folge haben, daß die preußischen Mißbräuche zu deutschen Mißbräuchen werden. Der Abg. Blunck hat allerdings gemeint, daß diese Möglichkeit der Verallgemeinerung der preußischen Mißbräuche durch die Fassung des § 7 a vollkommen beseitigt sei. Er hat mir den Vorwurf gemacht, daß ich die Regierung förmlich dazu provoziert hätte, die preußischen Mißbräuche in ganz Deutschland einzuführen. Ich muß das zurückweisen. Die preußische Regierung weiß am besten, wie man ein Gesetz reaktionär an⸗ wenden kann. Auch die Erklärungen vom Regierungstisch, daß niemals Ablehnung von Anträgen aus konfessionellen Gründen er⸗ folgen werde, können uns nicht beruhigen. Erst müßte mit dem ganzen System in Preußen gebrochen werden. Der Abg. Blunck und seine Freunde sollten doch wissen, was von feierlichen Versprechungen der verbündeten Regierungen zu halten ist. Wo ist die liberale An⸗ wendung des Reichsvereinsgesetzes geblieben? Ich bitte Sie, unseren Prinzipalantrag anzunehmen oder wenigstens den Eventualantrag. Ich rechne dabei auch auf die Unterstützung des Zentrums und der Nationalliberalen, deren Wortführer sich ursprünglich auf den Stand⸗ punkt dieses Eventualantrages gestellt haben.

Abg. Liz. Mumm (wirtsch. Vgg.): Unser bisheriges Schweigen zeigt, welche Bedeutung wir der Begründung der Anträge der äußersten Linken entgegenbringen. Diese versucht, hier ein Gesetz einzuarbeiten, wonach jeder in das Deutsche Reich kommende Aus⸗ länder das Recht erhält, deutscher Staatsbürger zu werden. Der Grundgedanke des Gesetzes war, den in das Ausland gehenden Deutschen die Beibehaltung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit im weitesten Umfange zu ermöglichen. Deshalb muß alles, was nicht dazu gehört, aus dem Gesetz herausgebracht werden. Dieser Gedanke liegt auch unserem Antrage zugrunde.

Abg. Dr. Neumann⸗Hofer (fortschr. Volksp.): Ganz wird sich ja die volle Autonomie der Einzelstaaten hierbei nicht erhalten lassen. Wir wollen aber die Autonomie der einzelnen Bundesstaaten nicht allzusehr einschränken lassen. Dazu liegen auch gar keine zwingenden Gründe vor, da erhebliche Mißbräuche nicht bekannt ge⸗ worden sind. Ich kann deshalb nicht wünschen, daß der Paragraph in der vorliegenden Form Gesetz wird, und werde deshalb für den Eventualantrag stimmen.

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Lewald: Gerade von

seiten der Linken wird im Gegensatz zu ihrer bisherigen Haltung der

föderalistische Charakter des Reiches verteidigt. Ich kann aber nicht zugeben, daß durch dieses Gesetz Rechte der Bundesstaaten angetastet werden. Daß dies nicht geschieht, dazu ist ja der Bundesrat da,

8 es war deshalb richtig, die Entscheidung in seine Hände zu

egen.

Abg. Bernstein (Soz.): Unser Antrag bezweckt nur, daß gegen

früher keine Verschlechterung eintritt.

Unter Ablehnung aller Anträge wird der Paragraph in der Kommissionsfassung angenommen. § 8 lautet in der Kommissionsfassung:

„Die Witwe oder geschiedene Ehefrau eines Ausländers, die zur Zeit ihrer Eheschließung eine Deutsche war, muß auf ihren Antrag von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet sie sich nieder⸗ gelassen hat, eingebürgert werden, wenn sie den Erfordernissen des § 7 Absatz 1 Nummer 1 und 2 entspricht. Ueber das Erfordernis der Nummer 2 ist vor der Einbürgerung die Gemeinde des Nieder⸗

lassungsortes zu hören.“ Die Sozialdemokraten (Abgg. Albrecht und Genossen)

Rechtlosigkeit der ausländischen Arbeiter in Deutschland sie vielfach

schlagen folgende Fassung vor:

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verweise

„Der Witwe oder geschiedenen Ehefrau eines Ausländers, die bis zur Eheschließung Deutsche war und sich im Inlande nieder⸗ gelassen hat, muß auf ihren Antrag für sich und die aus ihrer Ehe hervorgegangenen minderjährigen, mit ihr in häuslicher Gemeinschaft lebenden Kinder die Einbürgerung von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet sie sich niedergelassen hat, gewährt werden, wenn sie dem Erfordernis des § 7 Absatz 1 Nummer 1 entspricht. Zur Stellung des Antrags für ihre Kinder ist die geschiedene Ehefrau nicht nur, wenn sie deren gesetzliche Vertreterin ist, sondern auch dann befugt, wenn ihr nach dem vv bürgerlichen Recht die Sorge für die Person derselben zusteht.“

Abg. Landsberg (Soz.) begründet den sozialdemokratischen Antrag. Der Begriff „unbescholten“ sei ein Kautschukbegriff. Im preußischen Staat könne jemand, der durchaus ehrenwert sei, wegen eines geringfügigen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz nach Ansicht der Behörden als „bescholten“ bezeichnet werden.

Abg. Dr. Blunck (fortschr. Volksp.): Wir stimmen dem ersten Satz des sozialdemokratischen Antrages zu, dagegen lehnen wir den zweiten Satz ab.

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Lew ald: Wenn wir in einer idealen Welt leben würden, dann könnte man dem sozial⸗ demokratischen Antrag zustimmen; aber wir leben leider nicht in einer idealen Welt.

Unter Ablehnung des sozialdemokratischen Antrages wird der § 8 in der Kommissionsfassung angenommen.

§ 8 b der Fennt e⸗ lautek:

„Ein Ausländer, der mindestens ein Jahr wie ein Deutscher im Heere oder in der Marine aktiv gedient hat, muß auf seinen Antrag von dem Bundesstaate, in dessen Gebiete er sich nieder⸗ gelassen hat, eingebürgert werden, wenn er den Erfordernissen des § 7 Absatz 1 entspricht und die Einbürgerung nicht das Wohl des Reiches oder eines Bundesstaates gefährden würde. Die Vor⸗ schriften des § 7 Absatz 2 und des § 7 a Absatz 1 finden An⸗ wendung.“

Die Sozialdemokraten beantragen die Streichung der Worte „wenn er den Erfordernissen“ usw. bis zum Schluß.

Nach einer kurzen Begründung des sozialdemokratischen Antrages durch den Abg. Landsberg (Soz.) wird der An⸗ trag abgelehnt.

Der § 8b wird somit in der Kommissionsfassung aufrecht erhalten. Abg Hanssen (Däne) befürwortet die Einfügung des folgenden neuen § 8ce:

„Ein Staatenloser, der im Reichsgebiet als Kind eines daselbst wohnhaften, mit einer Deutschen verehelichten Ausländers geboren ist, muß von dem Bundesstaate seiner Geburt eingebürgert werden, wenn er innerhalb eines Jahres nach der erreichten Volljährigkeit einen dahingehenden Antrag stellt und die Erfordernisse des § 7 Absatz 1 Ziffer 1—4 vorliegen“. 1

Abg. Hanssen (Däne): Mein Antrag bezweckt, die unglückliche Lage der Staatenlosen zu mildern und zu begrenzen. Da man in anderen Staaten, z. B. in Frankreich, Oesterreich und Ungarn, der Einbürgerung der Staatenlosen keine Schwierigkeiten macht, sollte man auch in Deutschland die Einbürgerung dieser Unglücklichen er⸗ möglichen. Ich verstehe nicht die übertriebene Aengstlichkeit unserer Behörden in dieser Beziehung. Das Vorgehen der erwähnten Staaten beweist, daß die deutsche Gesetzgebung den Anforderungen unserer Zeit nicht in demselben Maße entspricht wie im Ausland. Ich auf die Vorschläge, die angesehene deutsche Gelehrte bezüglich der Einbürgerung der Staatenlosen gemacht haben. Das Schicksal der Staatenlosen in Nordschleswig ist in der Kom⸗ mission ausführlich geschildert worden. Staatenlose, die geheiratet hatten, sind ausgewiesen, und als sie dem Befehle nicht nachkamen,

und wegen Mittellosigkeit Geldstrafen nicht erlegen konnten, Im Jahre 1912 haben Arbeiter

Freiheitsstrafen belegt worden. 40 Tage Haft und darüber abbüßen müssen. Die drei Fälle, dir ich aus dem Jahre 1913 in der Kommission angeführt habe, und die der Regierungsvertreter als Fälle älteren Datums hinstellte, sind nicht die einzigen geblieben. Ein paar Tage später nach der Erklärung des Regierungskommissars wurde ein Arbeiter ausgewiesen, weil er sich verheiratet hatte und mit seiner Frau zusammen wohnte. Der Fall hat großes Aufsehen erregt, es wurde Protest erhoben und die Ausweisung ist bis heute noch nicht ausgeführt. Es scheint, daß die Verfolgung anderen Staatenlosen gegenüber auch zeitweise eingestellt ist, wir haben aber keine Garantie, daß diese Verfolgung nicht wieder aufgenommen wird, sobald dies Gesetz verabschiedet worden ist. Die Regierung wird fortdauernd nach dieser Richtung von einflußreichen Personen gedrängt. Ich erinnere nur an die Ausführungen des Grafen von Rantzau im preußischen Herrenhause. Er hat die schwersten Beleidigungen gegen

den dänischen Staat und die dänische Regierung ausgesprochen, ohne daß vom Regierungstisch dagegen Einspruch erhoben ist.

Zweitausend Heimatlose sind noch in Nordschleswig, die sich weigern, nach Däne⸗ mark zu gehen. Wenn Dänemark sie zwangsweise naturalisieren wollte, so würde es dadurch den preußischen Verwaltungsbehörden die Mög⸗ lichkeit geben, sie zwangsweise über die dänische Grenze zu schieben. Die Staatenlosen haben formell keine Feimat und doch hängen sie an ihrer Heimat Nord⸗Schleswig, wo sie geboren und aufgewachsen sind und einen Berufsstand gefunden haben. Sie gehen lieber ins Gefängnis, als daß sie ihre Heimat verlassen. Sie haben kein papiernes Recht, gewiß, aber sie haben ein Natur⸗ recht, und dieses sollte endlich in ein geschriebenes umgewandelt werden. Die auf dem gsroßstädtischen aufgewachsenen jungen Landräte verstehen es nicht, mit einem solchen Heimatsgefühl zu rechnen. Die Behörden sollten aber damit rechnen und diese Gefühle nicht mit Füßen treten. Damit wäre dem Staate besser gedient, als mit engherzigen und rücksichts⸗ losen Gewaltmaßregeln. Ein Vertreter des preußischen Ministeriums des Innern hat den jetzigen Zustand als einen Mißstand anerkannt und es als eine Aufgabe der preußischen Regierung bezeichnet, auf eine Beseitigung dieses Mißstandes hinzuwirken. Dieses Versprechen ist aber keine gesetzliche Gaxantie. Wir kennen die schwankende Ver⸗ waltungspraxis, und die letzten Vorkommnisse in Elsaß⸗Lothringen sprechen Bände. Ich bitte Sie deshalb dringend: Schaffen Sie hier gesetzliche Garantien, schaffen Sie hier neues Recht, beseitigen Sie das Unrecht der Staatenlosigkeit.

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Lewald: Nach den Worten des Vorredners könnte man den Eindruck gewinnen, als ob es sich um eine große Anzahl von Fällen gehandelt hat, wo solche Mißstände zutage getreten sind. Es handelt sich aber in Wirklichkeit um einige wenige Fälle, die früher hier schon vorgebracht worden sind. In dem einen Falle ist dem Betreffenden die Niederlassung versagt worden, weil er wiederholt vorbestraft war, darunter wegen Diebstahls und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Hier war 5. die Versagung berechtigt. Daß die preußische Regierung den Heimatlosen gegenüber nicht mit besonderer Härte vorgeht, beweisen ja die vielen Fälle von Naturalisierung. Uebrigens gewährt ja schon dieses Gesetz in Ver⸗ bindung mit dem dazu gehörigen Militärgesetz die Möglichkeit, daß diese Heimatlosen die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben können. Die Annahme des Antrags Hanssen würde außerdem unübersehbare Konsequenzen nach sich ziehen, da ja auch alle anderen Heimatlosen danach behandelt werden müßten.

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kriege: Ich möchte noch darauf hinweisen, daß die hier erwähnten Zustande eine Folge eines früheren dänischen Gesetzes sind, wonach Kinder dänischer Staats⸗ angehöriger, die im Auslande geboren worden sind, nicht die dänische Staatsangehörigkeit besitzen. Diese Frage kann nur international gelöst werden. Zwischen Deutschland und Dänemark schweben schon darüber Verhandlungen, über deren Verlauf ich natürlich hier nichts mitteilen kann. Aber es ist unser Wunsch, auf dem Wege internationaler Ver⸗ handlungen diesen Zuständen ein Ende zu machen.

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Rechte

Abg. Bernstein (Soz.): Großen Wert können wir auf die soeben gehörten Ausführungen nicht legen. Es ist doch nicht zu be⸗ greifen, weshalb sich die Regierung dann gegen diesen Antrag sträubt. Das Deutsche Reich sollte hier so großberzig sein, wie es kleinere Staaten sind. Uebrigens würde die Annahme des Antrags bloß die internationalen Verhandlungen mit Dänemark unterstützen.

Abg. Hanssen (Däne): Es wurde mir entgegengehalten, daß es sich um einen mehrfach bestraften Menschen handle. Aber er wurde ja nicht deswegen ausgewiesen, sondern weil er sich verheiratet hatte und mit seiner rechtmäßigen Frau zusammenlebte. Wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt wurde er infolge eines Renkontres mit dem Nachtwächter bestraft. Von dem Diebstahl ist mir nichts bekannt, auch haben die Zeitungen, die das Vorgehen der Behörden verteidigt und gebilligt haben, davon nichts erwähnt. Aber ich werde mich erkundigen und darauf zurückkommen.

Direktor im Auswärtigen Amt Dr. Kriege: Es wurde an⸗ geführt, daß die Annahme dieses Antrages auf die internationalen Verhandlungen fördernd einwirken könne. Ich glaube, daß leicht das Gegenteil eintreten kann.

Gegen 7 Uhr wird die weitere Beratung auf Freitag 2 Uhr vertagt; außerdem kleine Anfragen und Interpellation der Sozialdemokraten wegen Einschränkung des Preß⸗ und Vereinsgesetzes in Elsaß⸗Lothringen.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.

(Nach den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 22 vom 28. Mai 1913.) 1

Pe st. X“ In Djedda vom 4. bis 10. Mai 1 Erkrankung und

Aegypten. Vom 3. bis 9. Mai erkrankten 35 (und starben 14) Personen an der Pest, davon 8 (2) in Mima, 7 (3) in Ayat, 6 (2) in Senures, 6 (—) in Tukh, 3 (1) in Minieh, 2 (1) in Beni Suef, je 1 (1) in Alexandrien und Kafrel Zagat, 1 (—) in Fachn und je (1) in Abu Kerkas Dechneh und Ramleh; ferner erkrankten (starben) vom 10. bis 16. Mai 20 (12), davon 6 (5) in Alexandrien, 5 (1) in Ayat, 2 (—) in Abu Kerkas, 1 (3) in Senuxes, je 1 (1) in Fayum, Fachn und geßsr el Zagat sowie je 1 (—) in Tukh, Aschmun und Chebin v om. k

Aden. In der Zeit vom 27. April bis 3. Mai sind in Aden an der Pest 10 Personen erkrankt und 3 gestorben. 8

Niederländisch Indien. Vom 23. April bis 6. Mai wurden auf Java gemeldet: Aus dem Bezirke Malang 257 Erkrankungen (und 247 Todesfälle), aus Madioen 34 (32), aus Paree 19 (14), ferner aus Soerabaja 19 Todesfälle, aus Kediri 9 und aus Toeloengagoeng 8.

Hongkong. Vom 30. März bis 5. April 4 tödlich verlaufene Erkrankungen, davon 1 in der Stadt Viktoria. e

China. Zufolge Mitteilung vom 19. April hat in Pakhoi die Pest sowohl an räumlicher Ausdehnung wie an Heftigkeit des Auf⸗ tretens zugenommen; die Zahl der Pesttodesfälle allein in der Stadt wird auf 1000 bis 2000 geschätzt, angeblich werden aber viele solcher Todesfälle zu verheimlichen versucht. Die Dlucht vieler Einwohner, selbst schon erkrankter, nach den umliegenden Ortschaften hat die Folge gehabt, daß fast der ganze Kreis, zu dem Pakhoi gehört, verseucht ist. Seitens der Regierung zu Hongkong ist Pakhoi seit dem 28. Februar für verseucht erklärt. 1

Aus der Umgegend von Kanton wurden zufolge Mitteilung vom 29. April zahkreiche Pesterkrankungen gemeldet, besonders der Sunningbezirk südlich von Kanton hatte schwer unter der Seuche zu leiden. In Kanton selbst sind laut Bekanntmachung des Polizei⸗ direktors im Monat März 39 005 tote Ratten eingesammelt; darunter befanden sich einige, die mit Pest behaftet waren. Gegen Ende April wurden einige Erkrankungen gemeldet, welche angeblich aus dem benachbarten Hongkong eingeschleppt worden sind.

Philippinen. In Manila wurden vom 1. Januar bis 12. April 8 Pesterkrankungen, darunter 7 mit tödlichem Ausgang, angezeigt. Aus Iloilo und den anderen Provinzen waren Pest⸗ fälle nicht gemeldet.

Britisch Ostafrika. Vom 1. bis 24. April wurden aus Mombassa 5 tödlich verlaufene Pestfälle und aus Kisumu 1 solcher Fall gemeldet.

Peru. In Mollendo vom 6. bis 12. April 1 Erkrankung.

Ecuador. Im März in Guayaquil 22 Erkrankungen (und 9 Todesfälle), in Duran und Milagro je 1 (1).

Cholera.

Straits Settlements. In Singapore sind in der Zeit vom 14. bis 17. April 3 Cholerafälle festgestellt worden; über die Verbreitung der Seuche an der Westküste der Malaiischen Halbinsel sind weitere Mitteilungen nicht eingegangen.

Gelbfieber. Ecuador. Im März in Guayaquil 26 Erkrankungen (und 16 Todesfälle), in Milagro 12 (7), in Naranjito 7 (6), in Duran 4 (4), in Aqua Piedra 2 (—) und in Bucay 1 (—)

Pocken.

Hongkong. Vom 30. März bis 5. April 4 Erkrankungen (davon 2 in der Stadt Viktoria) und 3 Todesfälle.

Fleckfieber.

Deutsches Reich. In der Woche vom 18. bis 24. Mai wurde 1 Erkrankung (bei einem russischen Auswanderer) in Hamburg fest⸗

gestellt. Genickstarre.

Preußen. In der Woche vom 11. bis 17. Mai sind 2 Er⸗ krankungen in folgenden Regierungsbezirken lund Kreisen] ge⸗ meldet worden: Düsseldorf 1 (Essen Land], Hannover 1 [Han⸗ nover Stadt]. 1

Schweiz. Vom 4. bis 10. Mai 1 Erkrankung im Kanton Bern, vom 11. bis 17. Mai 1 im Kanton Aargau.

Kreta. Zufolge Mitteilung vom 12. April herrscht in den Kreisen Pediada und Malevisi im Osten der Insel sowie in der Umgebung der Stadt Kandia die Genickstarre. Bis zum 6. April sollen in den genannten Bezirken 136 Erkrankungen, darunter 11 mit tödlichem Ausgang, vorgekommen sein. 8

Spinale Kind erlähmung. Preußen. In der Woche vom 11. bis 17. Mai ist 1 Er⸗ krankung im Kreise Recklinghausen Land des Reg.⸗Bez. Münster angezeigt worden. Verschiedene Krankheiten in der Woche vom 11. bis 17. Mai 1913.

Pocken: Konstantinopel (4. bis 10. Mai) 8, Moskau, Warschau je 1 Todesfälle; New York 1, St. Petersburg 2, Stockholm 5, Warschau (Krankenhäuser) 3 Erkrankungen; Varizellen: Buda⸗ pest 23, New York 141, Prag 22, Wien 71 Erkrankungen; Fleck⸗ fieb er: St. Petersburg 2, Warschau (Krankenhäuser) 7. Er⸗ krankungen; Milzbrand: Reg.⸗Bezirke Köslin, Schleswig jer 2 Erkrankungen; Influenza: Berlin, Braunschweig je 2, Amsterdam 1, London 21, Moskau 5, New York 16, Paris 1, St. Petersburg 4, Prag 1 Todesfälle, Kopenhagen 29 Erkrankungen; Genickstarre: New York 2 Todesfälle; Budapest, Christiania, Kopenhagen je 1, New York 8 Erkrankungen. Mehr als ein geimret aller Gestorbenen ist an Masern und Röteln

Täürkei. 1 Todesfall.

Nürnberg 165, Kopenhagen 108, London

Erkrankungen wurden gemeldet in Hamburg je 43, Butsapest 255, (Krankenhäuser) 87, New York 1197, Paris 402, St. Petersburg 88, Prag 43, Wien 367; an Diphtherie und Krupp (1895/1904: 1,62 %) gestorben in Altona Erkrankungen wurden angezeigt im Landespolizeibezirke Berlin 141 (Stadt Berlin 88), im Reg.⸗Bez. Arnsberg 123, in Hamburg 79, Budapest 49, Christiania 22, London (Krankenhäuser) 90, New York 337, Paris 63, St. Petersburg 62, Wien 46. Ferner wurden Erkrankungen gemeldet an: Scharlach im Landespolizeibezirke Berlin 139 (Stadt Berlin 93), in Hamburg 65, Budavpest 114, Kopenhagen 23, London (Krankenhäuser) 171, New York 347, Paris 111, St. Peters⸗ burg 96, Prag 34, Wien 163; Keuchhusten in Budapest 26, Kopenhagen 34, London (Krankenhäuser) 29, New York 66, Wien 86; Typ hus in Paris 61, St. Petersburg 51.

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Der internationale Gesundheitsrat in Alexandrien hat beschlossen, wegen Herkünfte aus Massaona das Pestreglement in Anwendung zu bringen.

gestorben in Graudenz Lübeck,

Nr. 22 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 28. Mai 1913 hat folgenden Inhalt: Personalnachrichten. Gesundheitsstand und Gang der Volkskrank⸗ heiten. Zeitweilige Maßregeln gegen ansteckende Krankheiten. Desgl. gegen Pest. Desgl. gegen Cholera. Sanitätsbericht über die bayerische Armee, 1909/10. Desgl. über die dänische Marine, 1911/12. Gesetzgebung usw. (Preußen.) Galenische Arznei⸗ mittel ꝛc. Gifte. (Bayern. Reg.⸗Bez. Mittelfranken.) Trichinen⸗ krankheit. (Württemberg.) Feuerbestattung. Schularzt. (Mecklenburg⸗Strelitz.) Stempel für inländisches Fleisch. (Ham⸗ burg.) Schweinehandel. (Vereinigte Staaten von Amerika.) Fleischbeschau. Tierseuchen im Deutschen Reiche, 15. Mai. Desgl. im Auslande. Desgl. in den Niederlanden, 1. Viertel⸗ jahr. Maul⸗ und Klauenseuche in Dänemark. Vermischtes. (Deutsches Reich.) Heeresergänzungsgeschäft, 1911. Erkrankungen ꝛc. in Krankenhäusern, 1912. (Aegypten.) Pest, 1912. (Vereinigte Staaten von Amerika. Massachusetts.) Jahresberichte des Gesundheits⸗ amts, 1910/11. Geschenkliste. Wochentabelle über die Sterbe⸗ fälle in deutschen Orten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. Desgl in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Beilage: Gerichtliche Ent⸗ scheidungen, betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln (Wein).

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel, Industrie und Land⸗ wirtschaft“.)

Winke für Gläubiger bei Konkursen in England und Schottland.

Konkurse. Das Konkursrecht für England, Schottland und Irland ist kein einheitliches, vielmehr gelten für jeden dieser Landes⸗ teile verschiedene gesetzliche Vorschriften. Im Nachstehenden sind die wefentlichen Züge des englischen und des schottischen Rechts zu⸗ sammengefaßt, die für deutsche Gläubiger hauptsächlich in Betracht kommen.

1) Englisches Konkursrecht. Zuständig für das Verfahren sind in London der Oberste Gerichtshof (High Court of Justics), im übrigen England die Grafschaftsgerichte (County Courts). Stellt ein Gläubiger Konkursantrag, so überzeugt sich das Gericht, ob der Schuldner eine Konkurshandlung (act of bankruptey) begangen hat, und erläßt dann zum Zweck der Sicherstellung des schuldnerischen Vermögens den Einleitungsbeschluß (receiving order). Dieser Be⸗ schluß kann auch auf Antrag des Schuldners ergehen. Durch den Einleitungsbeschluß wird ein Gerichtsbeamter zum amtlichen Ver⸗ wahrer (official receiver) des Schuldnervermögens bestellt. Der amtliche Verwahrer beruft auf einen Termin, der in der Regel nicht später als 14 Tage nach dem Einleitungsbeschluß liegt, die erste Gläubigerversammlung (lirst meeting of creditors). Kommt auf Grund dieser Versammlung eine Einigung oder ein Vergleich binnen einer bestimmten Frist nicht zustande, so spricht das Gericht die Konkurserklärung aus (adjudges the debtor bankrupt), worauf ein Konkureverwalter (trustee), in der Regel durch eigene Wahl der Gläubiger, bestellt wird, dem die Verteilung des schuldnerischen Ver⸗ mögens unter diese obliegt. Der Einleitungsbeschluß, die Einladung zur Gläubigerversammlung und die Konkurserklärung werden in der „London Gazette“ und is einer örtlichen Zeitung bekannt ge⸗ geben. Die Tagespresse pflegt über die Konkursnachrichten der London Gazette kurz zu berichten. Ferner sendet der amtliche Verwahrer möglichst frühzeitig an jeden im Geschäftsbericht des Schuldners (debtor's statement of affairs) erwähnten Gläubiger einen Auszug aus diesem Geschäftsbericht unter Angabe der Gründe der Zahlungs⸗ einstellung und gegebenenfalls mit erläuternden Bemerkungen sowie ferner mit einer Mitteilung über Zeit und Ort der ersten Gläubiger⸗ versammlung. Der erwähnte Geschäftsbericht ist vom Schuldner dem amtlichen Verwahrer binnen weniger Tage nach dem Erlaß des Einleitungsbeschlusses einzureichen und eidlich zu bekräftigen. Er hat unter anderem die erforderlichen Einzelheiten über Ver⸗ mögensstücke, Ausstände und Verbindlichkeiten des Schuldners sowie die Namen und Adressen seiner Gläubiger zu enthalten. Der Konkureverwalter (trustee) ist verpflichtet, vor Ausschüttung einer Verteilungsrate seine Absicht in der „London Gazette“ bekannt zu geben und außerdem jedem im Geschäftsbericht erwähnten Gläubiger, der 8s Forderung noch nicht nachgewiesen hat, davon Nachricht u geben.

1 geZeder Gläubiger soll seine Forderung so bald wie möglich nach Erlaß des Eröffnungsbeschlusses nachweisen (to prove his debt). Die Nachweisung erfolgt, indem dem amtlichen Verwahrer oder dem Konkursverwalter, falls ein solcher bereits bestellt ist, eine eidliche Versicherung (affidavit), die eine Rechnungsaufstellung enthält, oder auf eine solche Bezug nimmt und die vorhandenen Beläge anführt, übergeben oder portofrei eingesandt wird. Aus der Versicherung muß auch hervorgehen, ob der Gläubiger Sicherheiten für seine Forderung besitzt oder nicht. Die eidliche Versicherung ist vom Schuldner selbst oder für ihn von einem hierzu ermächtigten Dritten abzugeben. Im letzteren Falle sind die Art der Ermächtigung und die Gründe für die Sachkenntnis des Dritten anzuführen. Der amtliche Verwahrer läßt den Gläubigern Formulare für die eidliche Versicherung, begleitet von einer Gebrauchsanweisung in englischer, deutscher und französischer Sprache zugehen. Die eidliche Ver⸗ sicherung kann in Deutschland abgegeben werden: von britischen Untertanen vor der britischen Botschaft oder einem britischen Kon⸗ sulatsbeamten (Generalkonsul, Konsul, Vizekonsul, Prokonsul oder Konsularagenten), von nicht britischen Untertanen in der gleichen Weise, wenn dies nicht nach den Landesgesetzen, wie z. B. in Preußen, unzulässig ist, sonst vor jedem landesgesetzlich zur Abnabme von Eiden ermächtigten Beamten (Amtsrichter, Notar); die Zuständigkeit dieses Beamten ist dann von einem britischen Gesandten, Konsul oder Notar zu bescheinigen.

hierfür die allein übliche; eine deutsch abgefaßte eidliche Versicherung müßte wenigstens von einer beschworenen englischen Uebersetzung be⸗ gleitet sein, um von den englischen Gerichten angenommen zu werden.

Obwohl besondere Vorschriften über die Sprache, in der affi- davits abzufassen sind, nicht bestehen, so ist doch die englische Sprache

n allen Fällen ist anzuraten, die Hilfe eines englischen Anwalts

2) Schottisches Konkursrecht. Die Konkurseröffnung er⸗ folgt, wenn der Schuldner ungeachtet eines dahingehenden Befehls des Obersten schottischen Gerichtshoses (Court of Session) oder eines örtlichen Gerichts (Sheriff Court) binnen der darin festgesetzten Frist nicht Zablung leistet. Der Gläubiger kann in diesem Falle Antrag auf amtliche Verwaltung des Schuldnervermögens (Sequestration) und auf Ernennung eines Konkursverwalters (trustee) stellen. Der Antrag ist bei einer, Bill Chamber genannten, Abteilung des Court of Session oder bei demjenigen Sheriff Court anzubringen, in dessen Bezirk der Schuldner während des dem Antrag Br e behenden Jahres seinen Wohnsitz hatte. Der Schuldner kann auch selbst den Antrag auf amtliche Verwaltung seines Vermögens stellen, jedoch nur in Gemeinschaft mit einem oder mehreren Gläubigern. Das Gericht prüft seine Zuständigkeit und das Vorliegen der übrigen gesetzlihen Voraussetzunaen der Konkurseinleitung und ernennt dann den „Interlocutor“, der die Aufgabe hat, das Schuldner⸗ vermögen zu sichern und eine Gläubigerversammlung zwecks Wahl des Konkursverwalters (trustee) zu berufen. War der Antrag auf amtliche Verwaltung des Schuldnervermögens nur von den Gläubigern, nicht auch vom Schuldner, gestellt worden, so ladet das Gericht den Schuldner zunächst zum Zweck der Vernehmung über den Antrag vor. Ist die amtliche Verwaltung vom Court of Session verfügt worden, so wird von diesem die Ausführung der Verfügung einem Sheriff Court übertragen. Die Tatsache der amtlichen Verwaltung des Schuldnervermögens und der Termin der ersten Gläubigerversamm⸗ lung werden im Amtsblatt (Edinburg Gazette) bekannt gegeben. Bei der ersten Gläubigerversammlung hat der Schuldner einen Geschäftsbericht (state of affairs) und eine Uebersicht über das Ein⸗ kommen aus seinem Vermögen zu übergeben. Die bei der Ver⸗ sammlung anwesenden Gläubiger haben dem Vorsitzenden eine eid⸗ liche Versicherung (affidavit) zu übergeben, die vor einem Friedens⸗ richter (justice of the peace) oder, wenn im Ausland, in der oben für das englische Konkursrecht angegebenen Form abgegeben sein muß. Der eidlichen Versicherung ist eine eingehende Darlegung der Forderung beizufügen; auch diese Darlegung muß von dem Gläubiger und der den Eid abnehmenden Person unterzeichnet sein. Ist der Gläubiger verhindert, persönlich an der Versammlung teilzunehmen, so kann er außerdem noch eine Vollmacht anschließen, auf Grund deren sein Anwalt oder ein anderer Beauftragter für ihn bei dieser und den folgenden Gläubigerversammlungen erscheint und abstimmt. Bis zur Bestätigung der Wahl des Konkursverwalters durch das Gericht kann niemand über das Vermögen des Schuldners verfügen. Aus besonderen Gründen kann das Gericht eine Ausnahme gestatten und zu diesem Zweck einstweilen einen vorläufigen Verwalter (Judicial Factor) bestellen. Ist der Konkursverwalter ernannt, so bittet er um Ermächtigung zur Vernehmung des Schuldners. Der Termin hierfür wird im Amtsblatt bekannt gegeben und außerdem den Gläu⸗ bigern einzeln mitgeteilt. Nach der Vernehmung des Schuldners halten die Gläubiger ihre zweite Versammlung ab, um den Stand des Schuldnervermögens zu erörtern und Anweisungen für seine Ver⸗ waltung zu geben. Die erste Verteilungsrate wird gewöhnlich bei einer Gläubiger⸗ versammlung ausgeschüttet, die innerhalb 14 Tagen, nach Ablauf von 4 Monaten, von der Anordnung der amtlichen Verwaltung (award of sequestration) ab gerechnet, stattfindet. Die zweite Verteilungs⸗ rate wird bei einer Versammlung angekündigt, die innerhalb 14 Tagen nach Ablauf von 8 Monaten, vom gleichen Zeitpunkt ab gerechnet, abgehalten wird.

Ein Gläubiger, der nicht bei der ersten Gläubigerversammlung

zugegen war und die hierfür vorgeschriebenen, oben erwähnten Er⸗ klärungen abgegeben hat, muß, um bei der Verteilungsrate berück⸗ sichtigt zu werden, dem Konkursverwalter binnen einer bestimmten Frist eine eidliche Versicherung über den Betrag seiner Forderung nebst Rechnungsaufstellung und Belägen übergeben. Hat der Gläu⸗ biger eine Sicherheit für seine Forderung empfangen, so muß er deren (Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats

Wert in Abzug bringen. in London.)

Britisch Westafrika.

Ausgabe neuer Silbermünzen. In London ist unter der Aufsicht des Staatssekretärs der Kolonien ein behördlicher Ausschuß gebildet worden, der die Ausgabe neuer Silbermünzen für Brltisch Westafrika in die Wege leitet. 8

Die neuen Münzen werden als Florins, Schillinge, Sechs⸗ und Dreipencestücke bezeichnet. Ihre Ausgabe soll zum Juli 1913 erfolgen.

Der Ausschuß soll auch die Frage

der Ausgabe sonst wünschens⸗ werter barer Zahlungsmittel prüfen. .

Konkurse im Auslande. Rumänien.

Schluß der Verifizierung am

Anmeldung der

Handelsgericht Name des Falliten Forderungen bis

17./30. Juni

Leon Aronovici, 15./728. Juni 1913

Inh. Sami Arxono⸗ 1913

vici, Sos. Mihai⸗ Bravu, Nr. 13.

Jassy: Aron Fruchtmann ist in Konkurs erklärt worden.

Ilfov (Bukarest)

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts 1111““ Iö6“ Ruhrrevier Oberschlesisches Revie Anzahl der Wagen Gestellt 30 989 11 607 Nicht gestellt.

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Dem Deutschen Industrieschutzverband, Sitz Dresden, hat sich neuerdings außer einer Reihe von Einzelfirmen der „Arbeit⸗ geberverband der Ziegeleibesitzer und pächter von Dresden und Um⸗ gegend“ angeschlossen. Die Mitgliederzahl des Deutschen Industrie⸗ schutzverbandes, der ohne zu Aussperrungen zu verpflichten Verluste aus Streiks und Aussperrungen nach festen Grundsätzen ent⸗ schädigt und seinen Mitgliedern mit Rat und Unterstützung bei jeder Arbeiterbewegung zur Seite steht, ist damit auf rund 4100 Firmen aller Industriezweige mit rund 330 000 Arbeitern angewachsen.

In der gestrigen Hauptversammlung des Stahlwerks⸗ verbandes wurde laut Meldung des „W. T. B.“ aus Leipzig über das Geschäft mitgeteilt: Der Halbzeugmarkt zeigt infolge der Ungewißheit der weiteren Gestaltung des internationalen Eisenmarktes auch im Inlande nicht mehr ganz die bisherige Stärke und An⸗ Die Verbraucher halten Druck der auf dem Weltmarkt gefallenen Preise der Abruf ist weniger dringend als seither. Das gleiche gilt vom Auslandsmarkte, wo seitens der belgischen und der französischen Werke Preisreduktionen erfolgten. In Großbritannien besonders trägt die unnatürliche Lage des Warrantmarktes sowie die Mög⸗ lichkeit eines Ausstandes in der zurzeit sehr gut beschäftigten Schiffsbauindustrie zur Unsicherheit des Marktes bei und veranlaßt eine abwartende Haltung der Verbraucher. Mit Rücksicht auf diese Umstände wurde gestern der Verkauf im Inlande für das dritte Vierteljahr zwar zu den bisherigen Preisen, aber mit einer erhöhten Unterstützung der Ausfuhr der Halbzeug weiter verarbeitenden reinen Werke freigegeben. In schwerem Oberbaumaterial liegt das Ge⸗ schäft nach wie vor günstig, und der Anfang Mai vorliegende Auftrags-⸗ bestand übertrifft den der Vergleichszeit des Vorjahres um nahezu

unter dem

spannung. zurück und

(Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1895/1904; 1,10 %)

urgisgeac in Anspruch zu nehmen.

400 000 t. Von den württembergischen Staatsbahnen ist ein Nach⸗