1913 / 149 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Jun 1913 18:00:01 GMT) scan diff

8

vd11“ Abg. Dr. Junck (nl.): Man wird bei Vorlagen wie dieser ein Gefühl des Bedauerns nicht los über die allzu bescheidene Rolle, die abei der Deutsche Reichstag spielt, der lediglich zustimmen oder ab⸗ lehnen kann, ohne seine Meinung zu den Einzelfragen sagen zu können. Nun hat uns allerdings der Staatssekretär des Reichsjustiz⸗ amts die erfreuliche Aussicht eröffnet, daß wir im nächsten Winter mit der Beratung der neuen deutschen Wechselordnung befaßt werden sollen, und daß danach erst das internationale Abkommen ratifiziert werden soll. Damit gewinnen wir die Möglichkeit, auch unserseits zu wichtigen Fragen des Wechselrechts Stellung zu nehmen. Was hier geschaffen ist, halte ich für ein großes Werk, geeignet, zwischen den Völkern ein neues Band zu knüpfen. Ich halte es auch an sich für eine ausgezeichnete Arbeit; wir sind, wie auch sonst auf dem Gebiete des Rechts, auch bei dieser Gelegenheit auf der internationalen Konferenz sehr gut vertreten gewesen. In keinem wesentlichen Punkte sind wir von unserm bewährten deutschen Wechselrecht abgedrängt worden, im Gegenteil haben die anderen Staaten das deutsche Wechselrecht in mehrfacher Beziehung zum Vorbild genommen. Mit einem einheit⸗ lichen Wechselrecht ist es indes noch nicht getan. Es wird darauf ankommen, ob auch eine einheitliche internationale Wechselgerichts⸗ barkeit geschaffen werden kann. Gerade unsere Vertreter haben, frei von bureaukratischer Engherzigkeit, immer wieder den Finger auf diese Wunde gelegt.

Abg. T. Giese (dkons.): Auch wir begrüßen dieses inter⸗ nationale Abkommen mit Freude; es wird damit ein alter Wunsch unserer Partei erfüllt. Es ist uns Herzensbedürfnis, den Vertretern unserer Regierung auf der Konferenz den Dank auszusprechen, ebenso wie den Vertretern der niederländischen Regierung. Daß auch die Wechselordnung unserer jetzigen gegenüber einige Abänderungen er⸗ fahren mußte, ist selbstverständlich; aber in der Hauptsache ist unser utes, altes deutsches Wechselrecht erhalten geblieben, und ein Teil der Neuerungen entspricht den Wünschen der deutschen Kaufmann⸗ schaft. Der Wunsch des Schlußprotokolls auf Schaffung einer ein⸗ heitlichen Wechselgerichtsbarkeit erscheint auch als ein sehr berechtigter, und wir freuen uns, daß auch dieser Gedanke gerade von unseren Ver⸗ tretern angeregt worden ist. Wir begrüßen also das Abkommen und wollen nur wünschen, daß es recht bald auch von England und den Vereinigten Staaten akzeptiert werden wird. h“

Abg. Dove (fortschr. Volksp.): Auch meine Freunde sind hocherfreut über die Vorlage, und es erfüllt uns mit besonderer Be⸗ friedigung, daß in diesem Saal, der so häͤufig von heftigen und hart⸗ näckigen Kämpfen widerhallt, eine so einmütige Würdigung und An⸗ erkennung eines Friedenswerkes vernommen wird. Daß England und Nordamerika nicht beigetreten sind, ist die Folge einer gewissen Ueber⸗ spannung des konstitutionellen Gedankens; mmerhin ist zu schätzen, daß auch die Engländer erklärt haben, sich dem Inhalt der Konpention annähern zu wollen. Auch ich kann nicht umhin, der Wirksamkeit ins⸗ besondere des holländischen Ministers Asser und des leider schon ver⸗ storbenen Banktiers Fischel hier mit höchster Anerkennung zu gedenken. Daß die einheitliche Wechselordnung zur Vollendung ihrer inter⸗ nationalen Konstruktion auch einer einheitlichen Gerichtsbarkeit bedarf, wird von niemand bestritten werden, aber die Schaffung einer solchen ist keine einfache Sache. Es wird dazu starker Anstrengungen und eines großen Maßes von Entgegenkommen auf allen Seiten bedürfen, jedenfalls muß die einheitliche Rechtsentwicklung mit allen Kräften weiter gepflegt werden, nachdem auf dem Gebiet des Wechsel⸗ und auch des Scheckrechts schon so erfolgreich vorgearbeitet worden ist.

Abg. Warmuth (Rp): Es müssen schon ganz besondere

Gründe vorliegen, wenn man sich auf einem solchen Gebiete zu einer internationalen Vereinbarung zusammenfindet, und solche Gründe liegen hier in der Tat vor. Auch wir begrüßen den Vertrag mit Freude. Die Entscheidung, ob wir zustimmen oder ablehnen sollen, wird uns ja dadurch erheblich erleichtert, daß vor der Ratifikatton eine neue deutsche Wechselordnung von uns im nächsten Winter be⸗ 1b verden soll. ““ Auswärtigen Amt Dr. Kriege: Der Abg. Belzer hat den Wunsch geäußert, es möchten künftig dem Reichstag die Resultate der internationalen Rechtskonferenzen mitgeteilt werden. Diesem Wunsche werden wir gerne nachkommen. In der Tat ist es ein Grundsatz des Auswärtigen Amtes, dieses Haus von dem Inhalt internationaler Konferenzen zu benachrichtigen und dementsprechende Weißbücher vorzulegen. Wir haben dies getan bei Friedenskonferenzen und anderen Gelegenheiten. Wenn im vorliegenden Falle das Er⸗ gebnis der Haager Wechselrechtskonferenz Ihnen nicht sofort vorgelegt worden ist, so liegt der Grund darin, daß die Ergebnisse derartiger diplomatischer Konferenzen erst peröffentlicht werden dürfen, nach⸗ dem die Zustimmung sämtlicher Staaten dazu erfolgt ist. Hier handelt es sich um fast alle Staaten der Welt. Es hat also gewisse Zeit gedauert, bis diese Zustimmung erfolgte. Bei dem großen Interesse, das der Reichstag diesem Gegenstand entgegen⸗ bringt, das wir dankbar anerkennen, sind wir gerne bereit, int ünftigen Fällen, sobald es irgend möglich ist, dem Reichstage die Weißbücher von den Ergebnissen der Konferenzen auch vor der definitiven Fest⸗ legung vorzulegen. 1 3

Damit schließt die erste Beratung. In zweiter Be⸗ ratung wird das Abkommen ohne Debatte ange nommen.

Der Gesetzentwurf, betreffend die Entschädigung der Schöffen und Geschworenen, wird in dritter Be⸗ ratung nach den Beschlüssen zweiter Lesung endgültig ohne Debatte einstimmig angenommen.

Es folgt die erste Beratung des Nachtrags zum Etat für 1913, in dem 200 000 zur Vermehrung des Personals zum Zwecke der Zentralisation der Warenausfuhrstatistik verlangt werden.

Das Wort wird nicht verlangt.

In zweiter Beratung wird der Nachtragsetat ohne Debatte bewilligt. 8 8

Darauf wendet sich das Haus zur zweiten Lesung des Ge⸗ setzentwurfks über den einmaligen außerordent⸗ lichen Wehrbeitrag. 1 1

Die Budgetkommission hat darüber umfangreichen schrift⸗ lichen Bericht erstattet. Referent ist der Abg. Graf von Westarp.

§ 1 bestimmt nach den Beschlüssen der Kommission:

„Zur Deckung der Kosten der Wehrvorlage wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes ein einmaliger außerordentlicher Bei⸗ trag vom Vermögen und bei den im § 11 genannten Personen (Nichtreichsangehörige und Deutsche, die sich im Auslande auf⸗ halten) auch vom Einkommen erhoben.“

Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn:

Meine Herren! Das erste Mittel zur Deckung der zu beschließen⸗ den Heeresausgabe der Wehrbeitrag liegt Ihnen wieder⸗ holt, und zwar in veränderter Gestalt, vor. Der Grundgedanke des Entwurfs der Regierungen war bei seinem Bekanntwerden auf all⸗ gemeine Sympathie gestoßen. Dagegen die Art und Weise der Durchführung, wie sie von den Regierungen beabsichtigt wurde, nach der Richtung einer Besteuerung lediglich des Vermögens hin, war pielen und heftigen Angriffen ausgesetzt, indem man den Mangel der ausgleichenden Gerechtigkeit gegen die Steuerzahler hierbei betonte. Die Kommission hat dem Mangel abzuhelsen gesucht. Sie ist dabei fast in das entgegengesetzte Extrem verfallen. Wenn sich jetzt heraus⸗ stellt, daß auch das, was die Kommission Ihnen bietet, trotz dankens⸗ werter, anstrengender Arbeit und obgleich alle Parteien dabei zu Kon⸗ zessionen bereit waren, keine Zustimmung in der Oeffentlichkeit findet, so beweist das eben nur die Richtigkeit des Erfahrungssatzes, ich in meiner Einführungsrede Ihnen vorzutragen mir gestattete, daß es

keit der Steuerzahler vollkommen gerecht zu erfassen. Das würde nur denkbar sein, wenn wir vermöchten, das Individuum für sich nach seiner ganzen persönlichen und wirtschaftlichen Lage besonders einzu⸗ schätzen, was natürlich ausgeschlossen ist.

Während die Regierungen, schon aus Rücksicht auf das Landes steuerrecht, im wesentlichen das Vermögen, dieses allerdings auf breitester Grundlage, zu besteuern gedachten, will die Kommission in ziemlich weitem Maße die Vermögen von der Steuer frei stellen. Dafür hat sie eine Art von einmaliger Einkommensteuer in den Ent⸗ wurf eingefügt. Die Regierungen bedauern, daß sich bisher im Laufe der Verhandlungen eine größere Annäherung unter den verschiedenen Vorschlägen nicht hat ermöglichen lassen. Die Regierungen stimmen trotzdem nicht in die scharfe Kritik ein, welche allgemein in der Presse und sonst außerhalb des Hauses jetzt gegen die Arbeiten der Kom mission eingesetzt hat. Diese Kritik, meine Herren, beraubt sich selbst von vornherein der Möglichkeit eines jeden Eindrucks und jeder Be⸗ weiskraft, indem sie zu maßlosen Uebertreibungen greift. (Sehr richtig! rechts.) Man spricht von brutalem Eingriff in das Privat⸗ eigentum, von einer Konfiskation des Besitzes, von einer neuen Steuerära, die sich auf der einfachen Wegnahme des Vermögens auf baue, und dergleichen mehr.

Meine Herren, Eingriffe in das Privateigentum sind bei jeder Steuergesetzgebung notwendig. (Sehr richtig! rechts.) Der Gesetz geber hat nur Sorge dafür zu tragen, daß das zulässige Maß nicht überschritten wird. Die Frage des Maßes ist aber u. a. wesentlich auch davon abhängig, ob es sich um eine einmalige oder um eine dauernde Abgabe handelt. Welch eine neue Steuerära etwa eine ferne Zukunft einführen wird, ist uns verschleiert. Wir haben jeden falls eine solche Aera nicht angebahnt. Denn, meine Herren, ich kann auch bei diesem Anlaß nicht umhin, mit vollem Nachdruck zu betonen, daß eine so von aller Gewohnheit abweichende Maßnahme, wie es die Einforderung des Wehrbeitrages ist, ohne Wiederholung bleiben muß. (Vereinzelte Rufe rechts: Bravo! Lachen bei den Sozialdemokraten.) Es muß für uns alle, die wir an den Heeres gesetzen und an ihrer Deckung mitarbeiten, jetzt, wenn wir diese Ge⸗ setze verabschieden, von vornherein feststehen, daß ein zweiter der⸗ artiger Zugriff auf den Besitz nicht mehr eintreten darf. Nur unter dieser Voraussetzung, meine Herren, konnten die verbündeten Regie rungen Ihnen den Vorschlag des Wehrbeitrages machen, und nur unter dieser Voraussetzung können sie dem von Ihnen zu beschließen⸗

2

den Gesetze die Genehmigung erteilen. Diese Stellungnahme und diese öffentliche Erklärung sind die Regierungen nicht nur wegen der Rücksichtnahme auf ihre Landessteuern sich selbst, sie sind sie auch den Steuerzahlern schuldig, in deren Kreise sonst nicht ohne (GGrund Beunruhigung hineingetragen werden könnte.

Ich glaube, es wird zu dieser Beruhigung beitragen den Sozialdemokraten), wenn ich noch auf eine weitere Tatsache hin weise. Ich begrüße es, daß die Kommission sich dafür entschieden hat, denjenigen Betrag, der über den vorgesehenen Bedarf hinaus eingehen sollte, den Einzahlern wieder zugute kommen zu lassen, und ich be⸗ grüße es mit besonderer Genugtuung, daß die Kommission nicht etwa auch umgekehrt in Erwägung genommen hat, daß Mindereinnahmen durch Zuschläge zu dem Wehrbeitrage gedeckt werden sollen. (Heiter⸗ keit.) Aus diesem Vorgehen der Kommission, dem die verbündeten Regierungen durchaus beipflichten, wird man im Lande ersehen, daß einerseits der Wehrbeitrag nur zu den Zwecken verwendet werden soll, zu denen er von vornherein bestimmt war, und daß man anderseits nicht beabsichtigt, denjenigen, welche im Jahre 1913 diese schwere Be⸗ lastung haben auf sich nehmen müssen, nicht zugemutet werden soll, in einem späteren Jahre einen Zuschlag hierzu zu zahlen, einen Zu⸗ schlag, der sich doch nur als neuer Wehrbeitrag darstellen würde, noch dazu kumuliert mit der später zu zahlenden Vermögenszuwachssteuer.

Unter allen Umständen bleibt es ein gewaltiges Opfer, das die Nation zu bringen hat. Sie wird es bringen, um sich hierdurch die Aussicht auf Frieden zu erkaufen, der ihr künftig in kultureller und auch in materieller Hinsicht wohl einen Ausgleich für die gegen⸗ wärtige Aufwendung bieten könnte. Möge die Dauer dieses Friedens und mögen die Segnungen dieses Friedens dem hohen Preise ent⸗ sprechen, den wir dafür zu zahlen im Begriffe stehen! (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. David (Soz.): Die Ausführungen des Staats⸗ sekretärs scheinen weniger den Reichstag als die Regierung selber be⸗ ruhigen zu sollen, der Regierung scheint doch etwas bange geworden zu sein.

Lachen bei

Wir verurteilen nach wie vor den besonderen Zweck, der dem Gesetz zugrunde liegt. Wir verurteilen aufs schärfste, daß aufs neue ungeheure Summen dem nationalwirtschaftlichen Organismus entzogen werden sollen zu unproduktiven Zwecken, angehlich um das Vaterland zu sichern, in Wahrheit aber um die Unsicherheit noch zu erhöhen. Die Verhandlungen über die Wehrvorlage haben uns gezeigt, daß Sie fest entschlossen sind, die neuen Ausgaben zu bewilligen. Sie haben unsere Anträge abgelehnt; wir haben daher kein Mittel, diese Rüstungssteigerungen zu verhindern. Deshalb bleibt für uns die Aufgabe, wenigstens dafür zu sorgen, daß die Deckungsvorlage in einer Gestalt verabschiedet wird, die die F ca Schwachen schont und die ganze Last auf die wirtschaftlich Starken abwälzt. Durch die Kommissionsarbeit hat die Vorlage denn auch ihr Gesicht wesentlich verschönt. Nach der Regierungsvorlage sollten schon Leute mit einem Vermögen von 10 000 ℳ, also die kleinen Handwerker und Gewerbetreibenden, herangezogen werden. Auf der anderen Seite sollten Leute mit einem Einkommen bis zu 50 000 von jeglicher Abgabe befreit bleiben. Außerdem wollte die Regierung sowohl von den kleinsten wie auch von den größten Einkommen nur ½ % als Wehrbeitrag erheben. Diese Vorlage war in dieser Form also durchaus keine reine Besitzsteuer. Die Kom⸗ mission hat dann die Belastung des kleinen Mittelstandes beseitigt. Wir sind in unseren Anträgen zur Entlastung des kleinen Mittel⸗ standes so weit gegangen, daß wir die Vermögensabgabe auf ½10 % herabgemindert haben und die Vermögen bis zu 50 000 frei lassen. Wenn man aber die breiten Massen frei läßt, muß man natürlich nach oben hin fester zugreifen. Damit war auch die Notwendigkeit gegeben, eine progressive Staffelung einzuführen. Das ist die wichtigste Verbesserung der Vorlage. Die Kom⸗ mission hat auch eine zweite wesentliche Verbesserung vorgenommen, indem sie aus der ursprünglich als Vermögensabgabe geplanten Steuer eine Einkommensteuer gemacht hat. „So bescheiden die Staffelung ist, und soweit sie hinter dem zurückbleibt, was einer gerechten Verteilung der Lasten entsprechen würde, so hat sich doch ein Entrüstungssturm der zunächstedavon Betroffenen erhoben. Wir sind von einer Reihe von Eingaben gegen die Kommissionsfassung überschüttet worden. Der Bund der Steuer⸗ und Wittschaftsreformer betont in einer Eingabe, daß weitere Opfer nur auf dem Wege der in⸗ direkten Besteuerung aufgebracht werden müssen. Ebenso chargkteristisch ist die Eingabe des Wirtschaftlichen Verbandes für deutsche Grundbesitzer. Die Vertreter des kommerziellen Kapitals auf dem deutschen Handels⸗ tage protestieren auf das schärffte gegen die Beschlüsse des Reichs⸗ tages, nach denen der Wehrbeitrag gestaffelt werden soll. Auch die

eben nicht möglich ist, mit einer direkten Steuer die Leistungsfähig⸗

Handelskammer im rheinisch⸗westfälischen Industriegebiet hält es für

angebracht, gegen diese Beschlüsse in den schärfsten

88 89¹ Protest; erheben, obwohl sie daraus den größten pekuniären Vorteil 82 bn fagt, daß dies ein Eingriff in das Vermögen eines kleinen Teils der Bürger und der erste Schritt zur Konfiskation des Vermögenz sei Die Herren von der Industrie sollten doch nicht vergesfen. daß sie in erster Linie aus den Rüstungstreibereien Nutzen ziehen. Diese Eingaben haben nun auch zum Teil den ge⸗ wünschten Erfolg gehabt. Nicht wenig Herren dieses Hauses sind dadurch so weit eingeschüchtert worden, daß sie die Errungen⸗ schaften der ersten Lesung wieder reduziert haben. Man sagt, die Sätze seien zu hoch. Die Sätze, wie sie. in der ersten Lesung fest⸗ gestellt wurden, belaufen sich bei einer Million Einkommen auf 1501 Das klingt allerdings sehr hoch, aber man darf doch dabei nicht ver⸗ gessen, daß diese Abgabe auf 3 Jahre verteilt wird und demzufolge nur eine Abgabe von 6 bis 10 % herauskommt. Demgegenüber be tragen die Lasten, die die proletarische Bevölkerung infolge der Ver. brauchsabgaben, der Zölle und Aufwandssteuern zu tragen hat, aus den Kopf im Reiche annähernd, 25 ℳ. Auf eine Familie von 5 bis 6 Köpfen kommt sonach ein Betrag von 125 bis 150 t. Das macht eine Besteuerung der Armen und Allerärmsten von jährlich 20 bis 30 % aus. Damals haben die Reichen nicht über diese Konfiskation des Vermögens geschreen sie rufen nur Konsiskation, wenn sie selbst zahlen muüssen⸗ Vom Standpunkt der steuerlichen Gerechtigkeit ist es tief zu bedau 4 daß dieser Ansturm aus Industriekreisen die Stellung der Mehrheits parteien in der Kommission ins Wanken gebracht hat. Aber

werden Ihnen Gelegenheit geben, die Errungenschaften der

Lesung, die zum Teil beseitigt sind, wieder herzustellen. Jedenfal ist der Wehrbeitrag für die reichen und reichsten Leute ein sehn nützlicher Beitrag, sie werden am eigenen Leibe zu spüren be⸗ kommen, was es mit ihren Rüstungstreibereien auf sich hat. Wer

tismus allmählich verschwinden. Die regierenden Fürsten hatt, sich freiwillig bereit erklärt, auch ihrerseits den Wehrbeitrag zu leisten. Ich begrüße es, daß die Kommission sich mit großer Mel

heit auf den Standpunkt gestellt hat, daß jeder Reichsangehörige z Steuer mitberangezogen werden müsse. Auch den Einwand kann ich nicht als richtig anerkennen, daß das Steuerzahlen dem Begriffe des Monarchen widerstreite. Ein preußischer Monarch hat einst gesagt der König ist der erste Diener des Staates. Mit c wollen Sie dem ersten Diener diese Dienstleistung entziehen? Man Es wäre besser, wenn die Regierung dieses Wort nicht mehr in den Mund nehmen würde. Die einzige Möglichkeit aber, aus dem Steuer⸗ tohuwabohn herauszukommen, ist die Vereinheitlichung des ganzen Steuer⸗

jetzt sehr viel näher gekommen sind. Der Wehrbeitrag ist eigentlich für die nächsten drei Jahre die allgemeine, direkte Reichseinkommen⸗ und Vermögenssteuer. Damit ist eine Forderung von uns realisiert: der Staatssekretär wird das nicht bestreiten können. Wir brauchen nach 3 Jahren nur zu beantragen: der Wehrbeitrag wird weiter erhoben dann ist unser Ziel erreicht. Nun schwört der Staatssekretär aller⸗ dings Stein und Bein, der Wehrbeitrag soll nur einmal sein. Na, er kann doch nicht wissen, ob dann nicht eine neue Wehrvorlage kommt, Es liegt nicht in seiner Macht, das zu verhindern. Künftig sollen ja auch einmalige Militärausgaben nicht auf Anleihen über⸗ nommen werden, weil dadurch der Geldmarkt ungünstig beeinflußt werden könnte, wie es in der Begründung heißt. Darauf wollen wir uns stützen und spaͤter sagen, wenn eine Anleihe kommen sollte, das entspricht nicht den Grundsätzen einer soliden Finanzgebarung⸗ Insosern ist der Wehrbeitrag ein Lehrbeitrag. Das Gesicht, das die Vorlage jetzt bekommen hat, hat sie bekommen durch den Druck der Millionen sozialdemokratischer Wähler und der 110 Sozial⸗ demokraten. Man hat versucht, uns bei der ganzen Deckungsfrage auszuschalten. Rechte und Zentrum haben sich im Schweiße ihres An⸗ gesichts wochenlang abgemüht, das zu errelchen, aber vergeblich. Der Geist der 110 Sozialdemokraten war hinter den Kulissen mit tätig. Das mühsam zustande gekommene Besitzsteuerkompromiß zeigt auch Züge, die wir ihm gegeben haben. Nur naive Gemüter konnten glauben, daß wir ausgeschaltet werden könnten. Man kann auch hier sagen das Völkchen spürt den Teufel nie, auch wenn er es beim Kragen hätt

Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Wie es mit der Behauptung steht daß man versucht habe, die Sozialdemokratie auszuschalten, das haben ja die Kommissionsverhandlungen bewiesen. Wenn es der Abg. Davc so hinstellt, daß es ein Verdienst der Sozialdemokratie ist, daß das Gesetz jetzt ein so schönes Gesicht bekommen habe, so gebührt das Verdienst in erster Linte allen denen, die mitgearbeitet haben, und vor allem dem Berichterstatter.

Abg. von Halem (Rp.): Die Heranziehung des Vermè

politischen Freunden befürwortet worden. Es muß auch hervorgehoben werden, daß manche Beschlüsse der Budgetkommission den dankenswerten Anregungen meines Parteifreundes Freiberrn von Gamp zu verdanken

der Berechnung des Vermögens. Die Kommissionsbeschlüsse enthalten auch eine erhebliche Reihe von Milderungen gegenüber der Regierungt⸗ vorlage. Besonders erfreulich ist es, daß es gelang, eine Reihe schwer⸗ wiegender Anträge der äußersten Linken zurückzuweisen. bündeten Regierungen im Frühjahr mit dieser Vorlage herauskamen, da ist der Gedanke eines einmaligen außerordentlichen Wehrbeitrages im großen und ganzen vom Reichstag, von der Presse und von der deutschen Oeffentlichkeit gut aufgenommen worden. Als man an dos Ausarbeiten der Einzelheiten ging, da ergaben sich große Schwielig⸗ keiten, und das Ergebnis der ersten Lesung war ein derartiges, daß zahlreiche Körperschaften des Handels, des Gewerbes und der Indllltit mit Eingaben an den Reichstag kamen. Es gelangten direlte Notschreie an uns. Dabei sind auch eine ganze Menge Korporationen beteiligt, die den liberalen nahestehen, so der Verband deutscher Industrieller, de Bund der Industriellen und eine Reihe von Handelskammfen. Die Handelskammer in Dufsburg sieht hierin schon den ersten Schrit zur Konsiskation der mittleren und größeren Vermögen. Auch der Deutsche Handelstag, unterschrieben Dr. Kaempf, ist darunter. Durd alle diese Dinge und durch die Behandlung der Materie während der ersten Lesung der Kommission ist diese große Beunruhigung hervor⸗ gerufen worden. Außerordentlich verstimmt hat es auch, als in der Kommission zum Ausdruck gebracht wurde, man solle die Einkommens⸗ grenze auf 5000 herabsetzen, damit die bewilligungslustigen Ober⸗ lehrer bestraft würden. Zu den gestellten Anträgen werden wir im Laufe der Debatte Stellung nehmen. Ein Vertreter der Sozial⸗ demokratie hat erklärt, seine politischen Freunde ständen auf dem Standpunkt, daß der Gedanke des einmaligen Wehrbeitrages auch für die Zukunft beibehalten werden müsse, ganz besonders da, wo es sich um Ausgaben für unproduktive Zwecke handelt. Das geht naturlich nicht an, das Deutsche Reich muß vielmehr durch weitere Entwicklung der indirekten Steuern seine weiteren Bedürt⸗ nisse zu decken suchen. Wir bewilligen nur den Wehrbeitrag imn Interesse des deutschen Vaterlandes. Die große Ausgabe der deutschen Fürsten und des ganzen Volkes ist eine großartige Kund⸗ gebung, die den Willen ausdrückt, unsere Stellung und Selbständig⸗ keit in der Welt zu wahren. Wenn wir solche Aufwendungen schon im Frieden machen, dann mag das Ausland wissen, daß der Gedanle von 1813 jetzt Gemeingut der ganzen großen deutschen Nation ge⸗ worden ist.

allen Stimmen, mit Ausnahme gleichen ohne Debatte § im Sinne des § 1).

der Polen, angenommen, b1 2 (Definition des Begriffes Vermöge

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

die Reichen immer bezahlen sollen, dann wird auch ihr Patric⸗ *

welchem Recht-

spricht immer von der Steuersouveränität der einzelnen Bundesstaaten.]

systems. Diese Vereinheitlichung des Steuerwesens ist ein Ziel, dem wir

und des Einkommens ist schon bei der ersten Lesung von meinen sind. Dazu gehört die Besteuerung der Aktiengesellschaften und die Ate

Als die der⸗—

Kompromißparteie

Hierauf wird § 1 in der Fassung der Kommission mit

2 5 9 4

m Deut

149.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

.85 bestimmt, was als Kapitalvermögen im Sinne dieses Gesetzes anzusehen ist, danach rechnet als Kapitalvermögen laufenden Jahreseinkünzten 8 h bts 1ah o, . ö orhandenen Bestände, soweit sie zur Bestreitung der laufenden Ausgaben dienen, sowie Gold und Silber in Barren. Von den Abgg. Bassermann, Erz⸗ berger, Gothein, Gröber, von Payer und Schiffer⸗Magdeburg ist beantragt, anstatt der Worte „soweit sie zur Bestreitung der laufenden Ausgaben dienen“ zu setzen „und Bank⸗ oder sonstige Guthaben, soweit sie zur Bestreitung der laufenden Ausgaben für 3 Monate dienen“.

Abg. Gothe in (fortschr. Volksp.): Unser Antrag ist deshalb nötig, weil gerade in größeren Städten zur Vereinfachung der Zahlung der Scheckverkehr eingeführt wird, der ein Bankkonto nötig macht. Würde man unseren Antrag nicht annehmen, dann liegt die Gefahr nahe, daß viele Leute mit Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre Bankkonten auflösen. Zur weiteren Klarheit ist es notwendig, daß noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens⸗, Kapital⸗ und Renten⸗ versicherungen mit 3 der Summe der eingezahlten Prämien⸗ oder Kapitalbeträge, falls aber der Betrag nachgewiesen wird, für welchen die Versicherungsanstalt die Policen zurückkaufen würde, mit diesem Rückkaufswerte in Anrechnung kommen.

Der § 5 wird mit diesen beiden Anträgen angenommen. § 7 wird auf Antrag derselben Abgeordneten gestrichen. Nach 8,8 gelten als Vermögen nicht Möbel, Hausrat und andere nicht unter § 5 fallende bewegliche körperliche Gegenstände, so⸗ fern sie nicht als Zubehör eines Grundstücks oder als Bestand⸗ teil eines Betriebsvermögens anzusehen sind.

Abg. Dr. David (Soz.) befürwortet einen Antrag Albrecht, wonach hinzugefügt werden soll, „ausgenommen sind Schmucksachen im Gesamtwerte von mehr als 1000 ℳ“. Das ist notwendig, weil ja große Geldsummen vielfach in Schmucksachen angelegt sind. Ihr Wert läßt sich auf Grund der Feuer⸗ oder Diebstahlsversicherung leicht ermitteln.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten, eines großen Teils der fortschrittlichen Volks⸗ partei und der Wirtschaftlichen Vereinigung abgelehnt und § 8 in der Kommissionsfassung angenommen.

Abg. Wurm (Soz.) befürwortet einen Antrag Albrecht und Gen., der auch das Vermögen der toten Hand (Kirchen, Religions⸗ gesellschaften, Stiftungen, Orden und Anstalten) mit demjenigen Teil ihres Vermögens zum Wehrbeitrag heranziehen will, der nicht aus⸗ schließlich der Armen⸗, Waisen⸗, Kranken⸗, Krüppel⸗, Arbeitslosen⸗ und Obdachlosenfürsorge dient. Sollte nachgewiesen werden, daß mit dem Antrag auch Gebäude, die Kulturzwecken dienen, getroffen werden, dann würden diese Gebäude auszunehmen und der An⸗ trag entsprechend zu modifizieren sein. Zuverlässiges über die Höhe des Wertes der Kirchengüäter und über das Kirchen⸗ vermögen überhaupt sei ja leider wenig bekannt; einen Anhalt gäben alle dings die statistischen Angaben über die den Kirchen zu⸗ gewendeten Stiftungen, die in jedem Jahre in die Hunderte von Millionen gingen. Innerhalb zweier Jahre würde sich auf alle Fälle eine genaue Aufstellung des Bestandes dieser Werte und so auch die Heranziehung zum Wehrbeitrag ermöglichen. Daß es der Kirche nicht schlecht gehe, dafür sei die Vermehrung der Klöster ein Beweis. Aus Gründen der ausgleichenden Gerechtigkeit müsse die Heranziehung des Besitzes der toten Hand erfolgen, soweit er nicht den erwähnten sozialen Aufgaben diene; dee Gedanke, der dem Wehr⸗ beitrage zu Grunde liege, müsse konsequent durchgeführt und es dürfe den Kirchen keine Ausgahmestellung eingeräumt werden.

Abg. Dr. Junck (nl.): Trotz der unleugbaren großen Popu⸗ larität des Gedankens können wir für den Antrag nicht stimmen, schon weil er steuertechnisch nicht durchführbar ist. Es wäre aber auch ungerecht, bei den Kirchen stehen zu bleiben und andere Korporationen freizulassen. Es ist unmöglich, bestimmte Teile eines Vermögens je nach dem Verwendungszweck auszuschalten. Das ist steuertechnisch absolut nicht zu erfassen, und darum werden wir gegen den Antrag stimmen.

Der Antrag wird gegen die Stimmen der Sozialdemo⸗ kraten und eines Teils der fortschrittlichen Volkspartei ab⸗ gelehnt.

Nach § 12 sind ferner beitragspflichtig Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, und zwar nach der Regierungsvorlage mit ihrem gesamten Vermögen, mit Aus⸗ nahme des ausländischen Grund⸗ und Betriebsvermögens, wenn sie im Inlande ihren Sitz haben; mit ihrem inländischen Grund⸗ und Betriebsvermögen, wenn sie im Inland keinen Sitz haben. Nach den Beschlüssen der Kommission sollen sie beitragspflichtig sein, wenn sie im In⸗ lande ihren Sitz haben, mit den in der Bilanz des letzten Betriebsjahres aufgeführten wirklichen Reserve⸗ kontenbeträgen, zuzüglich etwaiger Gewinnvorträge, abzüglich der Fonds für Wohlfahrtszwecke. Nach der Vorlage sind bei Berechnung des beitragspflichtigen Vermögens auch abzuziehen bei Aktiengesellschaften das eingezahlte Aktienkapital nach seinem Nennwert, bei Kommanditgesellschaften auf Aktien das ein⸗ gezahlte Aktienkapital nach seinem Nennwert und die Geschäfts⸗ guthaben der persönlich haftenden Gesellschafter. Die Kom⸗ mission hat diese Bestimmung gestrichen und eine Reihe von Befreiungen vom Beitrage statuiert, wonach inländische Gesell⸗ schaften zu gemeinnützigen Zwecken, die den Reingewinn auf höchstens 4 % Verzinsung der Kapitaleinlage beschränken (nach Beschluß des Bundesrats event. auch bei 5 % Verzinsung) und Gesellschaften, die im Durchschnitt der letzten 5 Jahre weniger als 3 % Gewinn verteilt haben und bei denen der Kurs- oder Verkaufswert 80 % des eingezahlten Kapitals nicht

übersteigt, von dem Beitrage befreit sind.

Abg. Dr. Süde kum (Soz) tritt für die Wiederherstellung der Vorlage zum § 12 ein. Die im Prinzix zu billigenden. Be⸗ freiungen für Wohlfahrtszwecke seien zu unbestimmt gefaßt. Unb müßten in dritter Lesung in verbesserter Form in das Gesetz himeieeie gearbeitet werden.

§ 12 wird in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse auf⸗ recht erhalten.

Nach § 13 soll der Wehrbeitrag nicht erhobeite merbherte töle dem Vermögen, das den Betrag von. 10 h0e s Fiechte hbhet. steigt. Die Kommission hat den Zusatz beschlossen, daß die beitragsfreie Vermögensgrenze sich bei eitzülin Einkommen von nicht mehr als 2000 auf 50 000 MM nh bste vätts h. h kommen von mehr als 2000 ℳ, aber nicht mehr itz 00he r uf 30 000 erhöht.

Zweite Beilage

zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Donnerstag, den 26.

Juni

Abg. Emmel (Soz.) befürwortet gemäß einem Antre Albrecht eine Abänderung dahin, daß sich das heittags seft Verhegace bei einem Einkommen von weniger als 5000 auf 30 000 und bei einem Einkommen von weniger als 3000 auf 50 000 er⸗ höhen soll. Mit der Heranziehung der Einkommen von 2000 bei einem Vermögen von 10 000 würden auch rein proletarische Exi⸗ stenzen in großer Zahl getroffen werden. Das sei auch der Zweck des Kommissionsbeschlusses, und das könne seine Partei nicht mit⸗ machen. Die Kommission habe in zweiter Lesung die für die geringeren Einkommen günstigeren Beschlüsse rückwärts revidiert.

Abg. Graf Westarp (dkons.): Bei der Berechnung der Ein⸗ kommenstaffeln lag uns vom Reichsschatzamt eine Berechnung vor die sich als zu ungünstig erwiesen hatte. Infolgedessen war es nötig geworden, bei der Einkommenstaffel auch alle Sätze etwas mäßiger zu nehmen, als es nach den Beschlüssen erster Lesung der Fall ge⸗ wesen wäre.

Abg. Emmel (Soz.): Ich stelle fest, daß in der zweiten Lesung wesentliche Verschlechterungen beschlossen worden sind zugunsten der großen Einkommen.

Abg. Graf von Westarp (dkons.): Es wird sich empfehlen hierauf beim § 31 a zurückzukommen. 1“

Abg. David (Soz.): Das würde uns nichts mehr helfen, wenn unser Antrag nicht angenommen würde. Die unteren Sätze sind in der zweiten Lesung der Kommission gegenüber der ersten verschärft worden. Es würde sich empfehlen, die Abstimmung über unseren Antrag bis zum § 312a zurückzustellen.

Abg. Graf von Westarp (dkons.): Bei dem Einkommen von 10000 betrug nach den Beschlüssen erster Lesung die Staffel 1,1, jetzt beträgt sie 1 %, bei von 15 000 bis 20 000 Einkommen war die Staffel nach der ersten Lesung 1,75; jetzt beträgt sie 1,4 % und so fort. Ich kann feststellen, daß die Staffel in der zweiten Lesung bei Einkommen bis 50 000 niedriger, zum Teil erheblich niedriger bemessen worden ist als bei der ersten Lesung.

Abg. Wurm (Soz.): Der Bebauptung des Grafen Westarp, daß durch die Beschlüsse in zweiter Lesung die mittleren Einkommen entlastet worden seien, muß ich widersprechen. Nicht die mittleren, sondern die großen Einkommen sind entlastet worden. Nach der ersten Lesung ging die Besteuerung bis zu 14 % hinauf, während jetzt der böchste Steuersatz nur 8 % beträgt. Bei den Vermögen von 60⸗ bis 70 000 wurde der Prozentsatz von 4,8 % auf 4 % und bei den Vermögen von 100 000 bis 200 000 von 9 % auf 6 % ermäßigt. Je größer das Einkommen oder das Vermögen ist, um so geringer ist der Nachteil oder der Verlust, den der Steuerzahler zu tragen hat. Deshalb müssen die großen Vermögen stärker herangezogen werden. Was will es bedeuten, wenn jemand, der 1 Million Vermögen besitzt, 140 000 Steuern zahlt, wie es in der ersten Lesung beschlossen wurde, gegenüber dem, was der kleine Mittelstand zu tragen hat. Durch Ihre jetzigen Beschlüsse machen Sie die progressive Steuer zu einer regressiven. Wir haben deshalb unseren Antrag eingebracht, um zu verhindern, daß die Lasten von den Größten auf die Kleinen abgewälzt werden. Hinter dieser Politik stecken natürlich die Großkapitalisten. Die Presse des Groß⸗ kapitals ist es, die gegen eine allzustarke Heranziehung der großen Vermögen aggitiert. 8

Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn:

Die Zahlen, die der Herr Abg. Wurm vorgetragen hat, waren, soweit ich sie kontrollieren konnte, richtig. Es lag aber auch in der Absicht, die Beschlüsse der ersten Lesung nach der Richtung einer

Einschränkung der Höchstsätze hin zu revidieren. Man darf die Pro⸗ gression nicht bis ins Ungemessene steigern. Nach den Beschlüssen der ersten Lesung wurden die Einkommen bis über 14 %, ja bis zu 18 % belastet. Diese Belastung erklärten die Regierungen für zu hoch, und es ist auch ihrerfeits darauf hingewirkt worden, daß der höchste Bei⸗ tragssatz ein bedeutend niedrigerer wurde. In der zweiten Lesung hat sich demgemäß die Kommission dahin geeinigt, daß man bei einem Satze von 8 % Halt machen müsse. Ich glaube, für niedrig können Sie diesen Satz nicht erklären, wenn Sie erwägen, daß die Ein⸗ kommen doch nicht bloß vom Reiche belastet werden, sondern daneben auch von Staat, Gemeinde, Kirche usw.

Abg. Gothein (fortschr. Volksp.): Der Abg. Wurm eine merkwürdige Definition des Wortes „regressipe Jede vernünftige Steuer soll regressiv sein. Unsere Vertreter haben sich in der Kommission bereits bei der ersten Lesung mit aller Entschiedenheit gegen die doppelte Staffelung beim Einkommen gewandt. Wir sind dafür eingetreten, daß die Staffelung bei den kleinen Vermögen auf das Zehnfache bei den großen Ver⸗ mögen gesteigert werde. Wir haben die Einführung einer zweiten Staffel als unmöglich bezeichnet. Nach unserer Auffassung ist jedenfalls das fundierte Einkommen leistungsfähiger als das un⸗ fundierte. Bei der Besteuerung der großen Vermögen kann man nicht ins Unbegrenzte gehen. Die Logik des Abg. Wurm würde dazu führen, daß man bei den allergrößten Vermögen bis zu einem Steuersatz von 100 % kommen würde. Ich kann im übrigen nur bestätigen, daß nicht die Absicht bestand, den Ausfall, der bei der Einkommen⸗ steuer vorhanden war, dadurch auszugleichen, daß man die kleineren Vermögen belastete. Gewiß war die Entlastung der oberen Stufen nötig, aber es ist auch eine Entlastung der mittleren Stufen eingetreten. Mit der jetzigen Staffelung können wir durchaus zu⸗ c eh sein. Wir werden gegen jede weilere Erhöhung der Staffeln timmen.

Abg. Wurm (Soz): Der Vorredner hat den Satz aufgestellt: jede vernünfrige Steuer soll regressiv sein. Das ist vernünftig vom Standpunkt des Kapitals. Daß wir in der Kommission oder hier jemals gesagt hätten, daß die Progression auf 100 % gesteigert werden sollte, ist nicht richtig. Wir haben den Antrag vorläufig noch nicht gestellt. Aber es steht jedenfalls fest: je größer ein Einkommen ist, uüm so weniger wird es bedruckt durch die Steuer. Was Sie pro⸗

klamtert haßen, ist nur die Vernunft der besitzenden Klassen.

hat gegeben.

. (dkons.): Daß die höheren Einkommen etwas niedriger eingeschätzt worden si Lesung, entipricht den Tatsachen. Wir wollten hierbei nicht bis 5 gete. Mean darf nicht vergessen, daß ja ganz besonders in Preußen

Agne gan Sieht man sich an, Eee Vermöoͤgen belastet ist, dann Satze und zu den Summen, die der Auffassung der Sozialdemokratie s8as Vermögen aus der Tasche zu ziehen, dazu sind uaamr uns natürlich wehten, im Interesse der deutschen Volkswirtschaft.

Wenn

666brricht, so ist das direkt eine Irreführung. Es Ahhhͤr nur 10 %, da der Beitrag auf drei Jahre Z ssse ganze Materie mit dem § 31 zusammen⸗ nsen Antrag bis dahin zurückzustellen. AAAAR(SSermzgen von 10 000 verschonen. MNMNMN7N7»nn50 000 in ihren Augen schon

a allerdings

sind, als in der ersten

oder 6 0⁄0

des Vermögen bis zu 15 % herangezogen wird. dann kommt man zu dem nmee die Sozialdemokratie sie macht, geeignet. avid (Soz): man hier von einer Be⸗ vollen, ist ja doch nur die Forderung des scortschr. Volksp.): Die Sozialdemokraten

auch Millionenprol

85

Der Antrag auf Aussetzung der Abstimmung über den

sozialdemokratischen Antrag wird abgelehnt, der von der Kom⸗

mission empfohlene Zusatz nach Ablehnung des Antrags Albrecht

unverändert angenommen.

Die §§ 14—16 werden ohne Debatte angenommen. Darauf wird Vertagung beschlossen.

Persönlich bemerkt der Abag. Dr. Dertel (dkons.): mein politischer Freund, der stimmt hätte. tum gekommen ist.

b Der Abg. Wurm hat behauptet, daß 4 8, der Abg. von Heydebrand gegen den § 1 ge⸗ Ich weiß nicht, wie er

zu diesem unbegreiflichen Irr⸗

Damit dieser aber sich nicht festsetzt, erkläre ich,

daß wir beide sichtbar für den § 1 gestimmt haben.

Abg. von Halem wäre der Ruin Deutschlands. ständige Wiederholung wirtschaft herbeiführen köante.

Ich

Der Präsident schlägt vor, auf die

Sitzung zu setzen: Fortsetzung der Wahlvprüfungen, Reichsstempelgesetz.

Der Abg. von Payer ffortschr.

prüfungen von der Graf Westarp die wissen will.

Tagesordnung abzusetzen,

(Rp.): Ich soll gesagt haben, dieses Gesetz 1 habe aber nur gesagt, daß eine solcher Experimente den Ruin unserer Volks⸗

Tagesordnung der nächsten

Beratung über den Wehrbeitrag,

Volksp.) beantragt, die Wahl⸗ während der Abg.

Wahlprüfungen an die erste Stelle gesetzt

Nach längerer Geschäftsordnungsdebatte, an

der sich außer den beiden Antragstellern r, Schultz⸗Bromberg (Zentr.) beteiligen, werden die W

Ledebour,

ordnung abgesetzt. Schluß 7 ½ Uhr. 11 Uhr. (Wehrbeitrag,

Nächste Reichsstempelgesetz.)

noch die Abgg.

(Rp.) und Spahn

ahlprüfungen von der Tages⸗

Sitzung Donnerstag

86

ESttatistik und Volkswirtschaft. Ein⸗ und Ausfuhr einiger wichtiger Waren

im Spezialhandel in der Zeit vom 11. bis 20. Juni der beiden letzten Jahre.

dz = 100 kg.

Warengattung

Einfuhr

Ausfuhr

ö1913

1912 1913 1912

Baumwolle . . .. 115 042 Flachs, gebrochen, ge⸗ schwungen usw. 6 335 Hanf, roh, gebrochen, ge⸗ 1 schwungen usw. . . 16 251 Jute und Jutewerg. 25 394 Merinowolle im Schweiß 8 614 Kreuzzuchtwolle im v 9 754 Eisenerze . . . . . 3 820 626 Steinkohlen . . .2 813 278 Braunkohlen . . .. n gereinigt (Leucht⸗ 5

Chilesalpeter . . .. 8 üsch ohluppen, Rohschienen, Rohblöcke usw.. . Träger, eiserne .. . Eisenbahn⸗, Straßen⸗ bahnschienen . . Eisenbahnschwellen aus W161“ Feingold, legiertes Gold, aus Bruch⸗ Z ““ Deutsche Goldmünzen. Fremde Goldmünzen.

111 464 192 867

1 623 164 78 056

70,43 26,90 0,89

1 917 895 2 675 123

18 436 2 639

1 956 13 424 657

190 774 258 13 502

123 726 19 490

10 485 2 911 11 701 13 123 16 799

28 648 2 468 039 3 922 286

2 732 2 698 661

1 239 6258 186

6 335 935 10 614

92 782 22 170 629 6 084 31 569 301 480

2 375 187

191 131 195 839

1r 106 009 r132 599 16 229 3 578

26,06

44,42 0,82

0,91 11“

¹) auch Eisenbahnlaschen und ⸗unterlagsplatten aus Eisen.

Berlin, den 26. Juni 1913.

Kaiserliches Statistisches Amt. Delbrück.

Am gestrigen letzten Sitzungstage der 54. Hauptversamm⸗

4

lung des Vereins deutscher Ingenieure in Leipzig hielt

der Professor M. schwebebahnen Gütern“. führte assengüter zu einem ördermittel Industrie in Bahnen für die weiteste seilbahnen

fange ihrer bahnen treten

ausgebildet worden besonders

Verbreitung für den Entwicklung.

besonders bei

Die

besprach dann die wirtschaftlichen

Buhle⸗Dresden einen Vortrag über für den Fernverkehr von Nach einem geschichtlichen Ueberblick über die Entwicklung der Redner aus, daß die Luftseilbahnen heute namentlich für der zuverlässigsten sind. d hohem Maße den Güterverkehr bereits gefunden Personenverkehr

sonde schwierigen hervor, wo sie kostsptelige Wegebauten ersparen.

der „Seil⸗ Personen und

und wirtschaftlichsten Hierbet ist die deutsche beteiligt. Während die im Im⸗ und Auslande haben, stehen die Luft⸗ allerdings erst am An⸗ Vorzüge der Seeilschwebe⸗ Geländeverhältnissen Professor Buhle

und technischen Gesichtspunkte der

verschiedenen Bauarten und von großen ausgeführten Anlagen.

Im Anschluß an C. Michenfelder über von Nahtransporten“. Die bewegungen innerhalb geschlossener

diesen

Vortrag sprach „Richtlinien

p. der Dipl.⸗Ing. für die Gestaltung

Nahtransporte, d. h. die Lasten⸗ Betriebe, sind nur in den aller⸗

seltensten Fällen Selbstzweck, sie sollen in der weitaus größten Mehr⸗

zahl der Fälle die Bewegung der N Arbeits⸗ und Lagerstätten ermögliche

gleichsam ein notwendiges Uebel.

katerialien an räumlich getrennte n. Diese Transporte sind daher Für diese Bewegung der Lasten

wachsen naturgemäß die Gesamtkosten mit der Steigerung der Größe

und Leistung der Transportanlagen, gemäße Anordnung und Wahl ein verhältnismäßig niedriges

schiedensten Betrieben

sie lassen sich indes durch sach⸗ Meleßioneter Konstruktionen auf A Hand einer großen Zahl von Ausführungsbeisvielen gezeigt wurde.

der v aus den ver⸗ Vorführung interessanter

bringen, wie an

Die

Anlagen aus dem Betriebe der großen Handels⸗ und Verkehrszentren

diesseits und jenseits des Großen Gebieten des

Lebens in immer steigendem Maße zukommt.

Ozeans gab ein anschauliches Bild von der Bedeutung und Entwicklung. 8

die der Fördertechnik auf allen

Mit

diesem Vortrag war die Tagesordnung der Versammlung erschöpft. Die Hauptversammlung des nächsten Jahres findet in Bremen statt.

8 3