1913 / 88 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 14 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Tvrotzdem aber, meine Herren, wäre es nicht erreichbar gewesen, die erwähnten Erfolge zu erzielen, wenn es nicht namentlich dem hochverdienten Generaldirektor, wie auch den übrigen Leitern gelungen

wäre, Mäzene für ihre Sammlungen zu erwerben und diese in der

Freude an dem erreichten Erfolge immer wieder zu reichen Gaben zu

veranlassen. (Sehr richtig! und Bravo!) Meine Herren, ich bin in der Lage, Ihnen mitzuteilen, daß allein in den letzten 4 Jahren

n solchen Gaben, die allen Abteilungen zu gute gekommen sind, in ganzem nicht weniger als 4 680 000 uns zugeflossen sind. (Hört! hört! und Bravo!) Sie sehen, meine Herren, welche schönen

Begleiterscheinungen Ihre Bewilligungen gezeitigt haben, und ich hoffe, Sie werden um so freudiger auch in diesem Jahre die erbetenen Bewilligungen gewähren; denn, meine Herren, nur wenn sie stattfinden, können eben auch in Zukunft Begleiterscheinungen

ervortreten. Der Staat muß mit gutem Beispiel vorangehen, um ie Privaten zu weiteren Gaben anzuregen.

Meine Herren, wir bedürfen nun dieser Mittel namentlich, um nsere Kunstschätze in würdiger Weise aufstellen, sie der Wissenschaft 8 und der Allgemeinheit zugänglich machen zu können. Daran hat es an manchen Stellen bisher gefehlt. Insbesondere erfüllt es mich mit hoher Genugtuung, daß ich dank dem weiten Entgegenkommen des Herrn Finanzministers, trotz des starken finanziellen Engagements auf der Museumsinsel in die Lage versetzt worden bin, von Ihnen die kittel zu erbitten, um damit zu beginnen, die hier oft beklagten und mmer unerträglicher gewordenen Mißstände in dem Völkerkunde⸗ nuseum zu beseitigen. Die Herren Vorredner haben bereits darauf hingewiesen und ir haben uns darüber in der Kommission eingehend unterhalten, daß beabsichtigt ist, die ostasiatischen und indischen Kunst⸗ und thnographischen Sammlungen nach Dahlem hinauszuverlegen. Daß ein Teil der Sammlungen nach Dahlem verlegt werden sollte, darüber, meine Herren, haben Sie hier ja schon vor Jahren beraten, nd es war damals die Meinung, daß es richtig sei, mit einem Teil der Sammlungen nach Dahlem hinauszugehen, wie nun einmal die inge liegen; und ich glaube, der damalige Entschluß ist richtig gewesen. Die Bedenken, die dagegen sprechen, treten zurüͤck gegenüber den Vorteilen. Das Für und Wider ist natürlich eingehend erörtert und geprüft worden, und, wie gesagt, die Gründe für diese Ver⸗ legung waren überwiegend. Wir sind ja und werden immer mehr hier in Berlin an weite Entfernungen gewöhnt, und je mehr die Verkehrseinrichtungen sich verbessern, um so leichter lassen sich die Entfernungen überwinden, und das wird gerade auch mit Bezug auf Dahlem der Fall sein. Wenn das ostasiatische Museum, das wir doct errichten wollen, vollendet sein wird, wird auch die Schnell⸗ bahn vollendet sein, und dann wird die Entfernung nicht mehr allzu groß sein.

Herx Abg. Dr. Pachnicke hat ganz richtig hervorgehoben, daß die Absicht besteht, dort in Dahlem gewissermaßen ein wissenschaft⸗ liches Zentrum zu bilden. Der Anfang ist damit gemacht; wissenschaftliche Institute sind dort schon errichtet, und so wird das Museum dort in gute Gesellschaft kommen. Es soll übrigens ja auch nach dem weitausschauend entworfenen Plane nicht das einzige bleiben, das dort untergebracht wird. Wir denken daran, mit der Zeit es ist allerdings an eine weitere Zukunft gedacht auch die anderen ethnographischen Sammlungen dort hinauszuverlegen, die ozeanische⸗ die afrikanische und die amerikanische, sodaß sich dort auch ein Zu⸗ sammenhang der ethnographischen Sammlungen aus den verschiedenen Erdteilen ergeben wird.

Daß wir nun, meine Herren, gerade die Wahl auf die asiatische Sammlung lenkten, das hatte seinen Grund darin, daß diese Sammlungen in den letzten Jahren einen über alles Er⸗ warten großen, weiten und inhaltreichen Umfang angenommen haben, sodaß man nicht daran denken konnte, etwa durch einen Um⸗ bau des vorhandenen Völkerkundemuseums für diese Sammlungen dort befriedigende Zustände herbeizuführen. Man müßte zu der An⸗ sicht gelangen, daß das eben nur in einem Neubau, der sich dem Zweck dieser Sammlungen eng. anschließt, zu ermöglichen wäre. Es kam dazu, daß es sich auch darum handelte, die bekannte Mschattah⸗ fassade aufzustellen, ein Museumsstück sondergleichen und ein Denkmal altiflamischer Kunst, wie es zum zweiten Male schwer gefunden werden wird. Deshalb hatten wir die Pflicht, als die Besitzer dieses wertvollen Kunstgegenstandes, den der Sultan einst Seiner Majestät dem Kaiser und König zum Geschenk gemacht hat, dieses Kunstwerk in würdiger Weise aufzustellen, und dazu bedurften wir bei seiner Ausdehnung großer Räume, und die sind eben, wie sich gezeigt hat, ohne ganz unverhältnismäßig hohe Kosten hier in Berlin im Zentrum nicht zu beschaffen, sodaß auch dieser Gesichtspunkt dafür sprach, die asiatische Sammlung nach Dahlem hinauszuverlegen. Wir denken uns das Gebäude in einfacher Form, sich der Umgebung an⸗ passend. Die Pläne sind der Kommission vorgelegt worden und haben dort Zustimmung gefunden. Ich hoffe, daß die Ausführung des Planes dem Bedürfnisse, dem sie entsprechen soll, in vollem Umfange genügen wird und daß auch die äußere Erscheinung zur allgemeinen Zufriedenheit ausfallen wird.

Wenn wir mit diesem Bau, mit dem wir übrigens sofort be⸗ ginnen zu können hoffen, zum Abschluß gekommen sind, dann wird die Möglichkeit sein, zunächst im Völkerkundemuseum die Dinge so zu ordnen, daß die Klagen, die bisher mit Recht erhoben worden sind, verschwinden werden. Es wird namentlich darauf ankommen, die Sammlungen in Schausammlungen und wissenschaft⸗ liche Sammlungen zu teilen. In die Schausammlung wären die⸗ jenigen Gegenstände autzunehmen, die für das große Publikum bestimmt sind, in die wissenschaftliche Sammlung diejenigen, die für die wissenschaftliche Forschung bestimmt sind und dort für den Gelehrten leicht zu finden sein werden. Das wird eine wesentliche Raumersparnis auf der einen Seite bedeuten, indem der wissenschaft⸗ liche Teil magaziniert werden kann, und auf der anderen Seite die Museen ihren Zwecken für das größere Publikum um so mehr entgegenführen.

Wenn ich gesagt habe, meine Herren, daß unsere Kunstverwaltung hier eine billigende Beurteilung gefunden hat, so kann ich dasselbe von der Beurteilung der Stellung der Unterrichts⸗ verwaltung gegenüber der Musik nicht sagen. Von ver⸗ schiedenen Seiten sind hier nicht unerhebliche Vorwürfe gegen die Staatsverwaltung erhoben worden, weil sie diesem Zweige der Kunst nicht diejenige Sorgfalt zuwende, die er verdiene. Meine Herren, ich kann diese Vorwürfe doch in ihrem ganzen Um⸗

uu

Pflege der Musik als der deutschesten der Künste wohl gerecht. Sie wissen, daß wir hier in Berlin in der Musikhochschule eine alle

Seiten der Musik umfassende Anstalt haben. An ihr sind hervor⸗

ragende Musiker angestellt, und gerade in den letzten Jahren ist für

die Hochschule manches geschehen. Sie nimmt, wie ich wohl sagen

darf, in der Musikwelt eine hohe Stellung ein, die sich auch daraus

erkennen läßt, daß sie viel von ausländischen Schülein be⸗ sucht wird. Ebenso nimmt die Musiksammlung der König⸗

lichen Bibliothek, sowohl was die älteren als was die neueren

Bestände betrifft, einen hervorragenden Platz ein. Die wert⸗

volle Handschriftensammlung ist vor einigen Jahren durch die

Autographensammlung klassischer Musik, namentlich von Haydn und

Beethoven, aus dem Besitz des Wiener Verlags Eukaria ergänzt worden,

wofür 300 000 im Etat bereitgestellt wurden. Auch die ausge⸗

zeichnete Sammlung älterer Musikinstrumente in der Hochschule, die

vor einigen Jahren durch die Erwerbung einer Instrumentensammlung

für 200 000 ergänzt worden ist, darf man hier erwähnen. Nach einer weiteren staatlichen Veranstaltung auf diesem Gebiete dürfte ein

Bedürfnis nicht vorliegen, da auch die übrigen Bundesstaaten staatliche Konservatorien unterhalten und in Cöln das Städtische Konserva⸗

torium sich befindet, das vom Staate jährlich mit 10 000 unter⸗ stützt wird.

Ferner hat Preußen alle großen Unternehmungen zur Herausgabe älterer Musikdenkmäler mit seinem besonderen Interesse begleitet. Vor allem sind die Denkmäler deutscher Tonkunst aus dem 16. und 18. Jahrhundert, die die deutsche Musik in ihren grundlegenden Schöpfungen wieder beleben sollen, von großer Bedeutung. Gewiß bleibt noch manches zu tun übrig; aber ich habe doch geglaubt, diese Dinge hier einmal vortragen zu sollen, um nicht etwa den Glauben all⸗ gemein zu machen, daß die Staatsverwaltung diesem wichtigen Zweig der Kunst und der Volksbildung keine Aufmerksamkeit zuwende.

Namentlich kam es ja nun den Herren Vorrednern darauf an, gegen die Mißstände Maßnahmen getroffen zu sehen, die sich in dem privaten Musikunterricht gezeigt haben. Meine Herren, ich bin bereit, dieser Frage näher zu treten und die Mittel, die mir zur Verfügung stehen, in Anwendung zu bringen. Bisher stand dem entgegen, daß die rechtlichen Grundlagen zweifelhaft geworden waren. Die ent⸗ standenen Zweifel sind jetzt durch das auch von den Herren Vor⸗ rednern erwähnte Erkenntnis des Reichsgerichts wieder beseitigt, sodaß nach dieser Richtung hin jetzt freie Bahn geschaffen ist. Ich werde versuchen, mit der Kabinettsorder von 1834 vorzugehen, um den Aus⸗ wüchsen in dem privaten Musikunterrichtsgebaren entgegenzutreten. Das wir nicht daran denken, auf diese Weise eine freisinnige oder eine konservative oder eine nationalliberale Musik hervorzubringen, das wird mir der Herr Vorredner wohl glauben. (Heiterkeit.) Ob freilich alle die Mißstände, die, wie ich anerkenne, vor⸗ handen sind, auf diesem Wege wirklich beseitigt werden können, ist mir einigermaßen zweifelhaft; aber der redliche Versuch soll gemacht werden, und vielleicht bewirkt schon der Umstand, daß die Regierung überhaupt diese Dinge in Angriff nimmt, eine Besserung.

Ob es möglich sein wird, nach Analogie des sächsischen Vorgehens staatliche Prüfungen einzurichten, will ich auch erwägen. Aber ich stehe auch auf dem Standpunkt, daß wir nicht eine Königlich preußische Musikkunst schaffen können und dürfen.

Der Herr Vorredner, der besonders auf diese Frage heute eingegangen ist, Herr Abg. Pachnicke, kam dann auch auf die Wandertheater zu sprechen. Gewiß ist das eine gute Ein⸗ richtung, die, richtig verwaltet und geführt, schöne Erfolge erzielen kann. Ich bringe ihr auch als Mensch die größten Sympathien ent⸗ gegen; als Minister bin ich leider nicht imstande, etwas für diese Unternehmungen zu tun, weil mir dazu die Mittel fehlen. Sie wissen, das Theater gehört in Preußen zum Ressort des Ministers des Innern. Irgendwelche Mittel, die ich für diese Dinge aufwenden könnte, stehen nicht zur Verfügung.

Was die Führung in den Museen anlangt, so wird be⸗ züglich der Führungen der Herren Abgeordneten ihren Wünschen natürlich in weitem Maße entsprochen werden, soweit sich das irgend mit den Obliegenheiten der Museumsverwaltung selbst vereinigen läßt. Ich bitte Sie also, Ihre Wünsche nur zu formulieren, und ich denke, dann werden sich diese Wünsche ohne weiteres in Erfüllung setzen lassen. Die sonstigen Führungen, insonderheit die Arbeiter⸗ führungen in unseren Museen werden nach Kräften gepflegt, und es sind auch dem Verein, der sich dieser Dinge in dankenswerter Weise annimmt, Mittel von mir zur Verfügung gestellt worden, um seine Zwecke zu fördern. Also ich glaube, daß die einschränkende Anerkennung, die diesen Dingen von seiten des Herrn Vorredners zuteil geworden ist, bezüglich der Staatsverwaltung erweitert werden könnte. Ich

Einschränkung aussprechen dürfen, denn wir pflegen in der Tat die Arbeiterführungen nach Kräften.

Damit hängen ja einigermaßen zusammen die alljährlich wieder⸗ kehrenden Klagen bezüglich der Oeffnungszeiten der Museen. Ich glaube, daß wie in der Tat doch den wiederholt hier ausgesprochenen Wünschen weit entgegengekommen sind, und daß zurzeit die Oeffnungs⸗ stunden der Museen dem Bedürfnis entsprechen. Wenn wir namentlich auch jetzt an den Sonntagen eine frühere Stunde für die Eröffnungs⸗ zeit festgesetzt haben, so sind wir da, wie mir scheint, doch auch an die Grenze des Möglichen gelangt, denn es wird nicht angehen, daß wir während der Gottesdienststunden die Museen offen halten (sehr wahr! rechts und im Zentrum), nicht nur wegen der Angestellten in den Museen, sondern auch wegen der Besucher selbst. Ich glaube, das wird nicht gehen; aber es genügt auch vollkommen, wenn man am Sonntag von ½12 an bis um 4 Uhr im Sommer die Museen besuchen kann. Wir haben die Beobachtung gemacht, daß gegen 3 Uhr der Besuch in den Museen außerordentlich zurückzugehen pflegt. Das Publikum will nicht, wie es scheint, zu späteren Stunden noch die Museen besuchen. Daß wir nicht daran denken können, etwa in den Abendstunden die Museen zu öffnen, ergibt sich aus dem ungeheuren Kostenaufwand, den es verursachen würde, wenn wir in allen Museen Beleuchtung ein⸗ führen wollten. Ich glaube, daran ist nicht zu denken, ganz abgesehen von der Feuersgefahr, die ja bei den sehr wertvollen Gegenständen auch verbrennbarer Art in den Museen sehr schwer ins Gewicht fällt. (Sehr richtig!) Aber im übrigen kann ich wohl sagen, daß wir selbst⸗

glaube bezüglich ihrer hätte der Herr Vorredner die Anerkennung ohne

Namentlich sind jene Klagen, wie auch schon in früheren Jahren, mit einer gewissen Scharfe gegen den Botanischen Garten geführt worden. Sie müssen aber doch bedenken, daß der Botanische Garten einen doppelten Zweck hat. Er gehört übrigens zur Universitätsver. waltung, und schon daraus geht es hervor, daß er auch wissenschaft, lichen Zwecken in ganz hervorragendem Maße dient, und daß bei daß Oeffnung des Gartens für das Publikum guch diesen wissenschastlichen 1 Zwecken Rechnung getragen werden muß. Wir haben nun erweiterte Besuchsstunden auch dort eingeführt, und ich hoffe, daß den Wünschen, die nach dieser Richtung ausgesprochen werden, entsprochen worden ist, und daß das auch anerkannt wird. Der Eintritt ist frei, und wenn dort ein gedruckter Führer verkauft wird, so wird davon keineswegz der freie Eintritt abhängig gemacht; wird aber ein solcher Führer gekauft, dann ist die Einrichtung getroffen, daß dann dem Käufer noch vier Karten gegeben werden, vermittels deren er auch während der nicht freien Zeiten den Garten besuchen kann. Also es ist keineswegs der freie Besuch des Gartens abhängig gemacht von dem Kauf eines Führers. Aber auch hier bin ich durchaus bereit, die Wünsche zu er⸗ wägen und zu sehen, ob nicht noch die Eintrittszeiten in diesen Garten erweitert werden können. Sie können sich darauf verlassen, daß wir auf diesem Gebiet den Wünschen des Publikums, soweit es irgend geht, entgegenkommen werden in Würdigung des Zweckes, de die Sammlungen dienen sollen. (Lebhaftes Bravo!)

Abg. Vorster (freikons.): Der Cölner Sonderbund der Künstler hat einen Katalog herausgegeben, um die neuere Richtung in der Malerei allgemeiner zu verbreiten, und die jüngeren Künstler fast aller europäischen Kulturländer haben sich dieser Bewegung angeschlossen. Die Absicht des Bundes war allerdings löblich. Ich habe Ihnen aber Photographien mit den Ergebnissen der Ausstellungen der neuesten Kunstrichtung auf den Tisch des Hauses gelegt und überlasse die Leistungen Ihrem Urteil. Sie finden darunter Porträts, die wie Karrikaturen aussehen, Sie finden Landschaften, bei denen man zweifelhaft ist, ob der Künstler nicht versucht, der Natur gerade die allerhäßlichste Seite abzugewinnen, Sie finden ganz sonderbare Tiere. Sehen Sie nur die gelbe Kuh und den Pferde⸗ bändiger an, Sie finden also, mit welcher Naturwahr⸗ heit diese Künstler das Vieh behandeln, Sie finden Bilder, die nicht Mensch, nicht Tier zu sein scheinen. Das alles erinnert mich an die Malereien der Naturvölker, an die Bilder der alten Aegypter, an Bilder, die wir im Museum für Völkerkunde sehen, manche Künstler scheinen die Absicht gehabt zu haben, einen Film für den Kientopp zu ersinnen. Das Bild einer

hat. Besonders interessant sind die Schöpfungen der sogenannten Futuristen. fest 1 das einen Größenwahn zum Ausdruck bringt, wie er sonst nur in Irrenanstalten vorkommt. Ich möchte diese Bewegung gewissermaßen eine Ruhmversicherunagsgesellschaft auf Gegenseitigkeit nennen. Zu meiner Freude sind die Herren allerdings zum größten Teil Ausländer. Es entsteht die Frage: ist es denn Aufgabe der Kunst, das Schönc, Naturwahre und Erhabene zu schildern, oder das Häßliche und Wider⸗ waͤrtige? Ich bin völlig auf den Vorwurf der Rückständigkeit gefaßt. Aber ich kann doch sagen, zu meiner Freude haben weite Kreise in Cöln mit Entrüstung und Entsetzen die dortige Ausstellung der Futuristen verlassen. Ich hörte von einem Besucher die Bemerkung: Die Künstler wollten sich über das Publikum lustig machen. In dem Katalog der Ausstellung heißt es u. a.- Möge die Ausstellung dem Künstler ein Ansporn und dem Kunstfreund ein Mittel zum Ver ständnis der neuen Kunst sein. Demgegenüber richte ich die dringe

Bitte an den Kultusminister, er möge der geschilderten kranthafter Kunstrichtung keine Förderung angedeihen lassen und insbesondere keine Werke der geschilderten Richtung für die Museen anschaffen. Wir haben es hier mit einer Richtung zu tun, die eine Ent⸗ artung bedeutet und Symptome der Krankhaftigkeit in sich birgt.

Abg. Strosser (kons.): Der Anregung des Abg. Pachnicke be züglich der Fristverlängerung der Parsifalaufführungen kann ich mich in jeder Weise anschließen. Die von ihm angeführten Gründe si in jeder Beziehung durchschlagend. Zu seiner weiteren Anregung, d Porträtsammlung in der Nationalgalerie eine besondere Abteilung für verstorbene Parlamentarier anzufügen, will ich keine Stellung nehmen, möchte aber der Regierung empfehlen, eine einzige Ausnahm zu machen, und das Bild eines lebenden Parlamentarters aufs nehmen, das Bild unseres früheren verehrten Präsidenten von Kröche Man könnte zu diesem Zweck das jetzt im Festsaal befindliche Bild herausnehmen, und dafür ein anderes dem Festsaal einverleiben. Dann möchte ich auf ein Museum aufmerksam machen, das in der Oeffentlichkeit wenig bekannt ist, obwohl es eines der besten ist, die in der Welt existieren. Es handelt sich um die Sammlung der Musikinstrumente, die ungefähr 3000 Instrumente im Werte von mindestens 4 ½ Millionen Mark enthält. Unter den In⸗ strumenten befinden sich die von Meverbeer u. a. grosten Komponisten hinterlassenen Sammlungen, die meistens von den beneffenden Familien geschenkt worden sind. Die Regierung hat daher wohl auch die Pflicht, solche Sammlungen gut zu konservieren. Unter diesen Instrumenten befinden sich solche von großem historischen Wert. UI. a. enthalt das Museum eine Privatsammlung alter Instrumente, welche im dem Musenm überwiesen wurde. Mit diesem Museum besitzen wir jetzt die reichhaltigste und vollständigste Sammlung der Welt. Ich bin aber erstaunt über die Art und Weise, wie die Instrumente in dem Museum auf⸗ bewahrt werden. Die Räume sind ja ganz ansprechend, aber sie sind viel zu klein. Sie bieten nur Raum für ungefähr den dritten Teilaller vorhandenen Instrumente. Die Instrumente stehen beinahe ohne jeden Zwischen⸗ raum dicht neben einander und drei bis vierfach übereinander. Der Platz ist so eng, daß 70 wertvolle Klaviere auf den oberen Boden gebracht werden mußten. Unter diesen Instrumenten befinden fich Geschenke preußischer Könige. Die Instrumente sind fast samt und sonders in schwerer Weise beschädigt. Im Winter zerspringen sie vor Kälte und im Sommer vor Wärme. Die Instrumente, die sich unten befinden, werden durch die Zentralbeizung beschädigt, welche die Musikinstrumente ganz und gar nicht vertragen. Wenn sie diese wertvolle und schöne Sammlung ansehen, bitte ich darauf zu achten, daß sich unter den 3000 Instrumenten kaum ein einziges besindet, das noch nicht gesprungen ist. Es ist keine Uebertreibung, wenn ich be⸗ haupte, daß in 5 Jahren die ganze Sammlung ruiniert ist, wenn das so weiter geht. Deshalb ist es höchste Zeit, daß etwas geschieht. Unter allen Umständen muß die Zentralheizung heseitigt werden. Ist es nicht auffälltg, daß Instrumente, die seit Jahrhunderten völlig intakt geblieben sind, innerhalb weniger Jahre so schwer beschädigt worden sind? Es muß so schnell wie möglich Abhilfe geschaffen werden, ich bin überzeugt, daß der Landtag die Mittel zur Erhaltung dieser überaus wertvollen Instrumente bewilligen wird. Ich bitte daher den Minister, dafür sorgen zu wollen, daß dem Mfßstand al geholfen wird.

Abg. Giemsa (Zentr.): Diese 150 000 ℳ, welche zur Ver mehrung der Sammlung von Kunstgegenständen in Aussicht genomme sind, haben jeden wahren Kunstfreund mit großer Befriedigung erfüllt. Sehr zu bedauern ist, daß die deutschen Künstler bei dem Ankauf von Kunstwerken so wenig berücksichtigt werden. Wie aus Kreisen der deutschen Künstlerschaft mitgeteilt wird, ist in den letzten Jahren nur der achte oder neunte Teil von den ge⸗ samten staatlichen Erwerbungen auf deutsche Künstler gefallen.

verständlich von der Verwaltung aus alles tun müssen, um die Museen dem Publikum zugänglich zu machen. Das ist der Zweck der Museen. Wir wollen sie nicht heimlich halten, sondern je mehr sie

fange nicht als berechtigt anerkennen. Der Staat wird auch der

Publikum besucht werden, umso mehr wird ihr Zweck erreicht.

vom

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

8 4 5 8

Frau erinnert an eine Giraffe, weil sie einen derartigen langen Hals

Diese haben im vorigen Jahre ein Manifest erlassen,]

Jahre 1902 aus dem Dispositionsfonds für 200 000 angekauft und

Deutschen Reichsan

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Ich weiß nicht, ob diese Behauptungen richtig sind. Wenn sie zu⸗ treffen, muß ich sie im Interesse der deutschen Kunst bedauern. Es ist unerläßlich, die nationale Kunst besonders zu fördern. Schlimmere Auswüchse hat sich die Industrie der Massenproduktion zu⸗ schulden kommen lassen. Diese Industrie schleudert eine Un⸗ masse Wertloses auf den Markt, das geeignet ist, den Kunst⸗ geschmack des Volkes zu verbilden. Diese Reproduktionen unter⸗ geordneter Art machen sich besonders auf dem Gebiet der illustrierten Zeitschriften und der Ansichtspostkarten geltend. Die Massen⸗ produktionen der Photographien sollten nicht ohne weiteres als Kunstprodukt angesehen werden. Sehr hedauerlich ist die schlechte wirtschaftliche Lage vnserer Künstler. Ein großer Prozentsatz hat ein Einkommen, mit dem kei anderer Bürger zufrieden ilt. Die Künstler durch Aufträge zu unterstützen, ist daher eine notwendige Aufgabe nicht allein der besitzenden Privatkreise, sondern auch der Regierung. Was nutzen uns die Kunstschulen und Vorbilder alter Meister, wenn unsere Künstler notleiden und wenn thre Leistungen in dem wirtschaftlichen Elend verkümmern. Die Auswüchse der modernen Kunstrichtungen müssen auch wir verurteilen. Die Futuristen schaffen Werke, die auf den Beschauer einen ganz eigentümlichen Eindruck hervorrufen. Sie machen oftmals den Eindruck, als wären sie von Insassen einer Irrenanstalt gemalt, aber nicht von vernünftigen Menschen. Der Kunsthandel ist ja für den Künstler in gewisser Hinsicht fast unentbehrlich. Der Kunsthändler stellt dem Künstler seine Ausstellungsräume zur Verfügung und gibt ihm so Gelegenheit, sich bekannt zu machen. Aber in der heutigen Zeit macht sich immer mehr ein Kunsthandel geltend, der für die Künstler geradezu gefährlich wird. Dieser Kunsthandel bevorzugt in der Hauptsache Werke verstorbener Künstler und wird dadurch der größte Konkurrent der lebenden Künstler. Er kauft die Werke zu Schleuderpreisen auf und verkauft sie dann zu ganz enorm hohen Preisen an Museen und Sammlungen. Diese Kunsthändler gehören zu den Menschen, von denen man sagen kann: sie säen nicht, sie ernten aber. Ein Berliner Künstler, der sich wegen seiner hohen künstlerischen Befähigung in den Kreisen aller maßgebenden Künstler eines großen Ansehens erfreut, bot der National⸗ gögers eines setner Werke an. Diese aber lehnte den Ankauf ab. Der etreffende Künstler war dann gezwungen, dieses Werk zu einem Schleuderpreis an einen Kunsthändler zu verkaufen. Später hat dann die Nationalgalerie dieses Bild von der Kunsthandlung erstanden und zwar zu dem zwanzigfachen Betrage deesjenigen Preises, den der Künstler damals erhalten hatte. Unsere deutsche Kunst steht keines⸗ wegs der ausländischen nach. Deshalb sollte man auch staat⸗ licherseits die deutschen Künstler mehr mit Aufträgen betrauen. Bisber sind die deutschen Künstler mit Aufträgen von der preußischen Regierung durchaus nicht immer so berücksichtigt worden, wie es wünschenswert war. In anderen Bundesstaaten, besonders in den süddeutschen, geschieht das in ganz anderer Weise. Wenn die Museen der Landeshauptstädte auch ausländische Kunst treiben, so ist das selbst⸗ verständlich. Wenn aber Provinzialstädte für ihre Museen Werke ausländischer Künstler bevorzugen, so weiß man nicht, was man dazu sagen soll So hat es z. B. die Stadt Posen bei einer bedeutenden Ausstellung von Werken französischer Malerei über sich gebracht, ein ziemlich untergeordnetes Werk eines französischen Künstlers für einen hohen Preis zu erwerben. Ich hoffe, daß die Regierung Maßnahmen trifft, die geeignet sind, die deutsche Kunst so zu heben, wie es ihr mit Rücksicht auf ihre historische Vergangenheit zutommt. Ich bitte den Minister, den Wünschen und Bestrebungen der deutschen Künstler⸗ schaft seine werktätige Unterstützung nicht zu versagen.

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz:

Der Herr Vorredner hat in seinen Ausführungen eine Reihe von tatsächlich unrichtigen Angaben gemacht, die ich nicht unwidersprochen lassen kann. Er hat sich namentlich dagegen gewandt, daß von seiten der Nationalgalerie ausländische Kunst zu stark gefördert werde. Wir sind bisher überhaupt nicht in der Lage gewesen, mit Staatsmitteln ausländische Kunstwerke für die Nationalgalerie zu kaufen. Sie wissen, daß erst seit dem vorigen Jahre eine Summe für diesen Zweck in den Etat eingestellt worden ist. Von diesem Betrage ist noch kein Pfennig ausgegeben worden. Wir müssen die Beträge erst ansammeln, was ja ohne weiteres erklärlich ist, wenn man sich vergegenwärtigt, welche Preise heute verlangt werden. Alles, was überhaupt in der letzten Zeit an ausländischer Kunst in die Nationalgalerie gekommen ist, beruht auf Geschenken von Privaten. Wenn ich von ausländischer Kunst spreche, so meine ich damit die Kunst etwa nach dem Jahre 1800. Daß wir die davor liegende aus⸗ ländische Kunst kaufen, ist bekannt; sie wird für das Kaiser Friedrich⸗ Museum gekauft. Aber für die Nationalgalerie ist, wie gesagt, aus Staatsmitteln ausländische Kunst überhaupt nicht gekauft worden.

Damit werden die Angriffe des Herrn Vorredners nach dieser Richtung hin ohne weiteres hinfällig.

Dann hat sich der Herr Vorredner dagegen gewandt, daß von seiten der Nationalgalerie in so weitem Umfange aus dem Kunst⸗ handel zu exorbitant hohen Preisen gekauft würde, während es möglich gewesen wäre, die Kunstwerke von dem Künstler selbst zu sehr viel niedrigeren Preisen zu kaufen. Meine Herren, es gibt, glaube ich, in ganz Deutschland keine andere staatliche Sammlung, die dem Kunst⸗ handel gegenüber so zurückhaltend ist wie gerade die Nationalgalerie. Ich bitte doch den Herrn Vorredner, einmal die hiesigen Kunsthändler zu fragen, was sie darüber denken, ob sie nicht einigermaßen un⸗ gehalten sind, daß die Nationalgalerie so wenig von ihnen kauft. Ich kann mitteilen, daß in den letzten drei Jahren von den etwa 100 Ge⸗ mälden, die von der Nationalgalerie erworben worden sind, sage und schreibe drei vom Kunsthandel gekauft worden sind, und zwar handelte es sich dabei um Kunstwerke nicht mehr lebender Künstler⸗ Was in den letzten Jahren von Kunstwerken von lebenden Künstlern von der Nationalgalerie erworben worden ist, das ist ohne Ausnahme von den Künstlern selbst gekauft worden. Im übrigen sind die Ankäufe aus Privatbesitz erworben worden. So verhält es sich auch mit dem Bilde Böcklins: Triton und Nereide. Auch dieses Bild ist nicht aus dem Kunsthandel, wie der Herr Vorredner be⸗ hauptete, sondern aus Privatbesitz gekauft worden, und zwar zum Teil aus Mitteln, die uns aus privaten Kreisen für diesen Zweck zur Ver⸗ fügung gestellt waren. Also alle diese Angriffe sind ungerechtfertigt. Es ist auch nicht richtig, daß zu Lebzeiten Böcklins keins seiner Bilder von der Nationalgalerie angekauft worden sei. Es ist eine ganze Reihe von Böcklinbildern in der Nationalgalerie vorhanden und auch zu Lebzeiten des Künstlers angekauft worden. Ich muß also diese

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Angriffe zurückweisen und tue es mit einem gewissen Nachdruck, damit nicht eine salsche Legende in der Oeffentlichkeit entsteht.

Was endlich das Meisteratelier für Architektur betrifft, worauf der Herr Vorredner zu sprechen kam, so ist dies seit einiger Zeit vakant und auch jetzt noch nicht besetzt. Es ist kein leichter Entschluß, hier die Wahl zu treffen, und es bedarf das einer reiflichen Ueberlegung. Das Atelier ist übrigens nicht für gotische Architektur, sondern für Architektur im allgemeinen bestimmt. Es drängt auch nicht, dieses Atelier zu besetzen, weil es nicht dem Zweck dient, einem Lehrbedürfnis zu genügen. Ich glaube also, daß man daraus der Verwaltung keinen Vorwurf machen kann, wenn sie bisher gezöger hat, diese Wahl zu treffen. Sie ist in Ueberlegung begriffen und dehnt diese aus, weil sie unter allen Umständen vermeiden möchte, hier eine falsche Wahl zu treffen.

„Abg. Eickhoff (fortschr. Volksp.): Die Verwaltung hat es mir und meinem Freunde Crüger im letzten Jahre ermöglicht, die Unterrichteanstalt des Kunstgewerbemuseums zu besuchen, und ich habe den Eindruck gewonnen, daß die Anstalt unter dem jetzigen Leiter einer neuen Blüte entgegengeht. An der Anstalt sind ein⸗ -chließlich des Direktors 42 Lehrer tätig, davon sind aber nur 11 etatsmäßig angestellt, obwohl es 18 etatsmäßige Lehrer⸗ stellen gibt. Daß 31 Lehrer keine Anwartschaft auf Rube⸗ gehalt und Reliktenversorgung haben, ist ein unerfreulicher Zu⸗ stand. Da die Schule den Charakter einer Fachschule hat, sollte sie eigentlich dem Handelsministerium unterstelt werden. An sämtlichen Fachschulen haben die Lehrer dieselben Wohltaten wie die Beamten. Die Lehrer dieser Anstalt erreichen durch ihre Remu⸗ nerationen noch nicht ein Einkommen von 5000 ℳ, unterliegen also der Versicherungspflicht nach der Angestelltenversicherung, und das bedeutet eine erhebliche Verringerung ihres Einkommens. Die Stadt Remscheid hat die ganzen Kosten dieser Versicherung für ihre auf Kündigung angestellten Beamten auf den städtischen Etat übernommen, um ihnen wenigstens eine bescheidene Aussicht auf Versorgung zu sichern. In einem besonderen Ortsstatut ist auch bestimmt, daß die Kündigung gegebenenfalls dem Urteil eines Unparteiischen unterworfen wird. In derselben Weise sollte für die Lehrer am Kunstgewerbe⸗ museum gesorgt werden.

Abg. Dr. Wagner⸗Breslau (frelkons.): Die Anfrage des Ahg. Strosser wegen der Zustände in der musikhistorischen Sammlung hat keine Antwort von der Regierung erhalten; ich ziehe daraus den Schluß, daß die Zustände tarsächlich sehr mangelhaft sind, nach dem Satze: qui tacçet, consentire videtur. bekenne mich auch schuldig, daß ich diese wertvolle Sammlung noch nicht besucht habe, obwohl ich mich für musikhistorische Sachen sehr interessiere. Aber ein Teil der Schuld liegt auch an den beklagenswerten Zuständen, deren baldige Abstellung ich auch wünsche. Die Anzahl der etatsmäßigen Stellen der wissenschaftlichen Beamten des Königlichen Meteorologi⸗ schen Institutz steht nicht im richtigen Verhältnis zur Anzahl der Hilfsarbeiter. Eine Petition dieser wissenschaftlichen Mitarbeiter ist von der Budgetkommission der Regierung zur Er⸗ wägung überwiesen worden. In der Petition wird ausgeführt, daß bei anderen, ähnlichen Instituten die Verhältnisse anders liegen; bei dem gcodätischen Institut ist das Verhältnis der Zahl der wissen⸗ schaftlichen Mitarbeiter zu den Angestellten 10 %, bei dem astro⸗ Physikalischen Institut 15 %, bei dem meteorologischen Institut dagegen 39 %. Das ist entschieden ein Mißverhältnis, da diese Mit⸗ arbeiter mit Recht ausführen, daß ihre Tätigkeit dauernd gebraucht wird und nicht entbehrt werden kann, und daß diese wissenschaftliche Assistententätigkeit nicht von solchen ausgeübt werden kann, die nur vorübergehend tätig sind, sondern nur von solchen, die eine Zeitlang eingearbeitet sind. Diese Verhältnisse sind mir seit Jahrzehnten aus eigener Erfahrung bekannt, es wirkt immer noch nach, daß der damalige erste Direktor, der seit der Reorganisation des Instituts dieses leitete, der verstorbene Geheimrat Petzold, der aus München kam, dem Finanzminister gegenüber nicht vorsichtig genug war, indem er sich damit einverstanden erklärte, eine größere Anzahl der Stellen nicht etatsmäßig zu besetzen, weil man damals meinte, es sei wünschenswert, daß eine Anzahl von den Herren, nochdem sie drei Jahre dort beschäftigt waren, in die Schultätigkeit übergingen um auf diese Weise die Kenntnis der meteorologischen Wissenschaft weiter zu verbreiten. Das hat sich aber als eine falsche Annahme er⸗ wiesen; man kann nur Pädagoge sein, oder eine spezielle wissenschaft⸗ liche Tätigkeit pflegen. Ich möchte durchaus dem Wunsche der be⸗ treffenden Mitarbeiter beitreten, daß, da ihre Dienste dauernd ge⸗ braucht werden, mehr etatsmäßige Stellen für sie eingerichtet werden, da die Gehälter als Hilfsarbeiter erbeblich hinter denen der dauernd angestellten Beamten zurückstehen. Ich würde dringend wünschen, daß der nächste Etat darin eine Besserung beingt.

Abg. Dr. Hauptmann (FZentr.): Ich stimme dem Abg. Vorster zu. Der Museumsdirektor in Köln ist nicht ohne Schuld daran, daß die Futuristenausstellung dort hat stattfinden können. Für diese Aus⸗ stellung ist eine große Reklame gemacht worden, eine ganze Reihe ven Kunstverständigen unterstützte die Sache, ohne rech zu wissen, um was es sich handelt, und so glaubte das Publikum schließlich, etwas ganz besonderes sehen zu können. So wurden für 210,000 Bilder auf dieser Ausstellung gekauft, welcher Betrag natürlich der wirklichen Kunst verloren gegangen ist. Für die Denkmalspflege ist noch nicht genügend geschehen; die alten historischen Denkmäler müssen restauriert und erhalten werden.

Abg. Dr. Friedberg (nl.) wünscht, daß im nächstjährigen Etat ein Fonds zur Unterstützung der „Gesellschaft für deutsche Kunst im Ausland“ bereitge stellt werde. Diese Gesellschaft moche es sich zur Aufgabe, den Absatz deutscher Künstler nach dem Auslande zu fördern, und verdiene daher im Interesse der deutschen Künstler staat⸗ liche Förderung. Es handle sich ja nur um eine kleine Summe, vielleicht 15 000 20 000 ℳ.

Abg. von Wenden (kons.): Im Namen meiner Freunde be⸗ fürworte ich die Wünsche der Hilfsarbeiter an der Königlichen Bibliothek. Die Bücherausgabe an der Königlichen Bibliothek sollie mehr be⸗ schleunigt werden. Es wird darüber allgemein geklagt.

Abg. Kindler (fortschr. Volksp.): Die Akademie in Posen sollte nach Möglichkeit in eine Univpersität umgewandelt werden, was im allseitigen Interesse der Ostmark liegt. Allerdings besteht bei der Unterrichtsverwaltung wenig Neigung dazu. Man sollte doch wenigstens für eine entsprechende Fortentwicklung der Akademie sorgen, wenn die Wünsche nach Umwandlung der Akademie in eine Universität vorläufig keine Aussicht auf Erfüllung haben. Die Akademie hat gar nicht den Charakter einer Hochschule. Die Lehrkräfte werden schlecht bezahlt. Die Lehrfächer sind durchaus unzureichend, so daß die Schülerzahl immer kleiner wird. Sehr bedauerlich ist es, daß der Akademie das Recht der Rektorwahl genommen worden ist. Es scheint, daß dies nur eine bureaukratische Maßnahme ist, um die Selbstverwaltung ein⸗ zuschränken. Ich bitte den Minister, die Fortentwicklung der Akademie mehr als bisher zu fördern. Es wäre eine große Niederlage der deutschen Kulturpolitik im Osten, wenn das mit so großen Kosten begonnene Werk stillstehen würde.

Abg. Freiherr von Wolff⸗Metternich (Sentr.) empfiehlt eine Reihe von Maßnahmen zum Schutz der Vögel und wendet sich insbesendere gegen die von manchen Gemeindevorständen ausgesetzten

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Prämien auf das Sammeln von Krähen⸗ und Enteneiern. Es liege im Interesse des Naturschutzes, daß auch diese Art der Vögel er⸗ halten werde.

Die Etatspositionen Wissenschaft werden bewilligt.

.Es folgt die allgemeine Besprechung über die Positione für das technische Unterrichtswesen.

Abg. Dr. Bell (Zentr.): Es ist nicht ohne Interesse fest zustellen, daß bei der Zweckbestimmung der technischen Hochschulen die Vorbereitung für den Staatsdienst an die erste Stelle gesetzt ist, da dann der Gemeindedienst und endlich das industrielle Unternehmer kommt. Der Staat hat bisher die technischen Hoch chulen lediglich zur Ausbilvung seiner Beamten benutzt. In anderer Weise hat es di Industrie, besonders die Großindustrie, verstanden, die technische Hochschulen ihren Zwechen dienstbar zu machen und aus der Bedeutung de Hochschulen praktischen Gewinn für die Förderung industrieller, bzw. groß industrieller Unternehmungen zu ziehen. Sie hat nicht nur die technischen Beamten diesen Hochschulen entnommen, sondern auch daraus die leitenden Persönlichkeiten für ihre Verwaltung engagiert. Das gilt nicht nur für den rheinisch⸗westfälischen Bezirk, sondern für die gesamte deutsche Großindustrie. Daher wird es verständlich, daß die Industrie dem⸗ entsprechend auch mit größerem Nachdruck die Entwicklung der tech⸗ nischen Hochschulen fordert. In erster Linie geht das Bestreben der deutschen Industrie dahin, Einfluß auf die Gestaltung des Unterrichts zu gewinnen. Diesem Zoweck dient vornehmlich auch der deutsche Ausschuß für das Unterrichtswesen, eine Gründung, die sich bei der kurzen Zeit ihres Bestehens schon außerordentlich bewährt hat. Weiter widmet die Industrie dem Laboratorium der Hochschulen ihre besondere Fürsorge, indem sie ihnen Maschinen und Maschinenteile zur Verfügung stellt. Diese Verbindung der Hochschulen mit der Industrie ist hocherfreulich, weil die Hochschule durch Befruchtung mit der Praxis vor Einseitig⸗ keit und unfruchtbarer Spekulation bewahrt bleibt. Diesem Zwecke, der Verbindung von Theorie und Praxis, dient auch das aus kleinen Anfängen entstandene Materialprüfungsamt in Dahlem. Die Schwach⸗ stromtechnik ist bisher ganz auf die Empirie angewiesen gewesen, keine Hochschule hat sich bisher mit dem wissenschaftlichen Fusbag dieses wichtigen Gebietes beschäftigt. Der Minister hat ja allerdings dankenswerter Weise eine Dozentur der Schwachstromtechnik in Berlin geschaffen, aber es wird darüber geklagt, daß dieser Dozentur das nötige Laboratorium fehlt und so das wichtige Gebiet weder mit Erfolg gelehrt noch wissenschaftlich gefördert werden kann. Ich bitte den Minister, daß er hier für das erforderliche Laboratorium Sorge trägt. Auch für die Textilindustrie besteht an keiner technischen Hochschule in Deutschland ein Laboratorium. Dies ist außer⸗ ordentlich bedauerlich, und ich bitte den Minister, dieser Frage näher zu treten. An erster Stelle wäre hierfür die Hochschule in Aachen zu berücksichtigen, da im Rheinland die Textilindustrie außerordentlich blüht. Inbezug auf den Lehrplan unserer Hochschulen wünsche ich, daß hier auch rechtswissenschaftliche und staatsbürgerliche Vorlesungen gehalten werden, und zwar möglichst durch Berufung von Ordinari’ n. An den technischen Hochschulen, wo dieser Unterrichtsgegenstand bereits eingeführt worden ist, werden die Vorlesungen aber nicht durch Do⸗ zenten im Haupt., sondern im Nebenamt gebalten, das halten mwir für einen Fehler. Der rechtswissenschaftliche und staatsbürgerliche Unter⸗ richt muß dem gesamten Unterricht organisch an egliedert werden. Heutzutage ist es unbedingt nötig, daß sich die Techniker auch praktische Rechtskenntnisse aneignen. Man sollte den Techniker in der Ver⸗ waltung nicht vollständig ausschalten.

Abg. Thurm (Fortschr. Volksp.) wendet sich gegen die allzu starke

Betonung der sogenannten Qualitätsware durch das Materialprüfungs⸗ amt. Die Industrie müsse sich den Bedürfnissen der Mode anpassen und das Hauptgewicht auf die praktische Verwendungsmöglichkeit legen. Die Haltbarkeit komme in vielen Fällen gar nicht in Betracht. Die zwangsweise Beeinflussung des Geschmacks bedeute eine grözere Gefahr für die Entwicklung der Industrie, als sie Vorteile für das Publikum habe. Abg. Dr. Levy (nl.): Bei der Besetzung des volkswirtschaft⸗ lichen Lehrstuhles an der technischen Hochschule in Charlottenburg, der durch die Berufung Professor Herkners nach Berlin frei geworden ist, ist merkwürdigerweise der Vorschlag der Fakultät übergangen worden. Der Minister hatte den Lehrkörver der Hochschule um Ab⸗ gabe von Gutachten und Vorschlägen für die neue Besetzung des freigewordenen Lehrstuhles aufgefordert. Dem Minister wurde dann eine Liste von sechs verschtedenen Professoren übermittelt. Der Lehr⸗ körper der Hochschule hat den Minister gebeten, im Interesse der Hochschule nur einen der sechs vorgeschlagenen Herren zu be⸗ rufen. Trotzdem hat der Mintster keinen von den Vorgeschlagenen berufen. Wir haben keineswegs etwas gegen die Person oder die wissenschaftiche Qualifikation des berufenen Herrn einzuwenden, aber wir bedauern, daß der Minister nicht wenigstens die Gründe mit⸗ geteilt hat, die ihn veranlaßt haben, keinen von den sechs vorgeschla⸗ genen Herren zu berufen. Aus diesem Vorgang muß geschlossen werden, daß bei der Besetzung des freigewordenen Lehrstuhles eine ganz bestimmte wittschaftspolitische Richtung berücksichtigt werden sollte. Das halten wir im Interesse der Wissenschaft für bedenklich. Bei der Vereinigung der Bergakademie mit der technischen Hochschule in Charlottenburg sollten die Interessen der Berubau⸗ und Eisen⸗ industrie besonders berücksichtigt werden. Der Unterricht in der Eisenkunde ist heute an der lechnischen Hochschule völlig unzureichend. Assistenten bei dem Materialprüfungsamt sollten bessergestellt werden.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons.): Der Kritik des Vorredners an der Besetzung des Charlottenburger Lehr⸗ stuhles kann ich nicht beistimmen. Nach meiner Auffassung, die auch die Auffassung meiner Freunde ist, hat der Minister in dem vor⸗ liegenden Fall von dem ihm zweifellos zustehenden Rechte, nach freier Wahl einen Lehrstuhl zu besetzen, zweckmäßigen Gebrauch gemacht. Der Vorredner hat selbst anerkannt, daß der von dem Minister berufene Professor Wolf zweifellos ein Gelehrter von hoher wissenschaftlicher Bedeutung ist. An seiner wissenschaftlichen Qualifikation zweifeln auch nicht die Anhänger einer anderen volkswirtschaftlichen Richtung. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Staat und Industrie, die ihren Nachwuchs haup’ sächlich von der Charlottenburger Hochschule beziehen, größten Vor⸗

für Kunst und

die teile von der Lehrtäligkeit dieses Mannes haben werden. Ich zweifle guch nicht daran, daß nach einer gewissen Zeit auch die Gegner der Berufung Prosessor Wolfs zu einem objektliven Urteil kommen und anerkennen werden, daß die Wahl des Ministers eine gute und glück⸗ liche war. Die Berufung des genannten Gelehrten nach Charlottenburg hat aber auch eine weitere allgemeine Bedeutung. Die Berufun des Professors Herkner an die Universität Berlin hat in weite Kreisen Deutschlands ein gewisses Kopfschütteln hervorgerufer Die Besetzung des durch die Pensionierung Schmollers freigewordene Lehrstuhles an der Berliner Universität durch einen Kathedersozialiste kann man nicht ganz ohne Bedenken aufnehmen, wenn man berücksichtig daß sich bei uns eine gewisse Bewegung bemerkbar macht, die darau 5 abzielt, alle nationalökonomischen Lehrstühle in Deutschland all⸗ mählich mit Kathedersozialisten zu besetzen. Diese Bestrebungen hat der Minister durch die Berufung Professor Wolfs an der Char⸗ lottenburger Hochschule mit einem Strich beseitigt. Wenn man be denkt, doß in nicht allzu ferner Zeit eine Reihe solcher Lehrstühle zu

besetzen sein wied, dann muß man dem Minister beistimmen, wenn