1913 / 89 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

denken, zu erklären, daß die Staatsregierung die Vorlage eines gleich⸗ artigen Gesetzentwurfs für diese Provinzen beabsichtigt, und daß das Erforderliche dementsprechend auch veranlaßt werden wird. Ich möchte mit Rücksicht hierauf aber bitten, dem Antrag der fortschritt⸗ lichen Volkspartei auf Aufnahme der Provinzen Posen und West⸗ preußen in diesen Gesetzentwurf nicht zuzustimmen.

Nach den Erklärungen, die ich in früheren Sitzungen und auch durch meine Vertreter in der letzten Kommissionsberatung zu den Anträgen auf obligatorischen Religionsunterricht abgegeben habe, kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, daß auch der Antrag, der nunmehr von der Zentrumspartei gestellt ist, für die Staatsregierung unannehmbar ist. (Abg. Dr. Schroeder⸗Cassel: Hört, hört!) Unannehmbar einmal aus dem formellen Bedenken, daß die bisherigen Gesetze über die Einführung des Zwanges zum Besuche ländlicher Fortbildungsschulen über die Lehrgegenstände überall keine Bestimmung enthalten und daß die Staatsregierung daran auch bei dem jetzt vor⸗ liegenden Entwurfe festhalten muß. Aus dem gleichen Grunde sind auch Anträge im Herrenhause abgelehnt worden, welche darauf hinaus⸗ gingen, Turnübungen und Ausbildungen im Gelände durch dieses Gesetz für die schulentlassene Jugend obligatorisch zu machen. Aber dieses formelle Bedenken ist nicht allein ausschlaggebend. Es ist haupt⸗ sächlich ein grundsätzliches, bei den früheren Beratungen auch schon hervor⸗ gehobenes Bedenken, welches der Aufnahme einer solchen Bestimmung in den Gesetzentwurf entgegensteht. Es erscheint nicht angängig, über das Alter von 14 Jahren hinaus einen Zwang zum Besuche des Religionsunterrichts einzuführen, der sich mit den Bestimmungen des preußischen Landrechts, über den Zeitpunkt der freien Entscheidung über das Religionsbekenntnis, nicht vereinbaren lassen würde! Wenn auf der anderen Seite die Staatsregierung, wie doch allseitig anerkannt worden ist, die entgegenkommendsten Erklärungen abgegeben hat, wenn sie anerkennt, daß der Unterricht in der Fortbildungsschule auf sittlich⸗religiöser Grundlage aufgebaut werden soll, wenn sie sich bereit erklärt, dahin zu wirken, daß die Räume für den Fortbildungs⸗ schulunterricht auch für den freiwilligen religiösen Unterricht zur Ver⸗ fügung gestellt werden, wenn den Geistlichen Gelegenheit geboten wird, sich auch an dem Unterricht in den anderen Lehrfäͤchern zu be⸗ teiligen, so ist es, glaube ich, wirklich nicht mehr notwendig, noch bezüglich des Zwanges den Wünschen der Zentrumspartei stattzugeben. (Sehr wahr!) Die Religion ist doch schließlich in letzter Linie Sache freiwilliger Betätigung,! Wenn bei dem Volksschulunterricht der obligatorische Religionsunterricht festgehalten ist, so handelt es sich hierbei um die Aufgabe, der Jugend bis zur Erreichung des Alters, in welchem das hinreichende Verständnis für die Lehren der Religion vorausgesetzt werden kann, auch den hierfür er⸗ forderlichen Unterricht zu sichern! Insoweit muß den be⸗ rechtigten Ansprüchen der Kirche stattgegeben werden! Würde man dazu übergehen, den Volksschulunterrichtüberhaupt auf längere Zeit, etwa bis zum 17. Lebensjahre, zu erstrecken, wie es früher in Schleswig⸗Holstein tatsächlich der Fall gewesen ist, dann könnte aller⸗ dings auch die Frage geprüft werden, ob in diesem Falle mit den übrigen Gegenständen des Volksschulunterrichts nicht auch der Reli⸗ gionsunterricht fortgesetzt werden müßte! Für jetzt muß es bei dem bewenden, was die Staatsregierung in entgegenkommendster Weise geboten hat. Ich habe ausdrücklich namens der Staatsregierung zu erklären, daß ein Gesetzentwurf, welcher den Zwang zum Besuche des Religionsunterrichts einführen würde, für die Staatsregierung nicht annehmbar sein würde. (Bravo!)

Abg. Nissen (Däne): Wir treten diesem Antrage entgegen, weil wir keinen Zwang haben wollen. Wir glauben nicht, daß man mit diesem Zwang viel erreichen würde. Das Gesetz ist ein Ausnahme⸗ gesetz gegen uns. Wir haben den Antrag eingebracht, die Aus⸗ nahmebestimmung zu streichen, und bitten, ihn zu unterstützen. Wir wünschen, daß der Sonntagsunterricht überhaupt fortfällt. Wenn er aber doch eingeführt werden sollte, müßte wenigstens den Schülern freistehen, ob sie den Unterricht besuchen wollen. Politische Nach⸗ teile werden wir von dem Gesetz nicht haben. Je größer der ausge⸗ übte Zwang ist, desto stärker wird die Reaktion sein.

Abg. von Bonin⸗Stormarn (freikons.): Der Antrag des Zentrums auf Einführung des obligatorischen Religionsunterrichts ist für uns unannehmbar. Wir würden an sich gegen eine religiöse Unter⸗ weisung nichts einzuwenden haben. Da müssen wir aber den Rahmen des Gesetzes erweitern, und das halten wir für praktisch undurchführ⸗ bar. In dem Gesetz selbst steht nichts von Lehrplänen. Das Gesetz müßte also erst vollständig umgeformt werden. Ich möchte mich dann gegen den Antrag Kloppenborg⸗Nissen wenden. Wir halten die Bestimmung für durchaus shs wendig. daß der Kreisausschuß in Schles⸗ wig⸗Holstein das Recht haben soll, gegenüber den Gemeinden einen Zwang zu dem obligatorischen Unterricht zu statuieren. Das ist keine Ausnahmemaßregel, wie der Vorredner sagt, sondern eine Abwehrmaßregel. In jedem Jahre gehen Hunderte von jungen Leuten über die dänische Grenze, um die dänischen Fortbildungsschulen zu besuchen. Die Staatsregierung und die nationalen Parteien müssen Wert darauf legen, daß die jungen Leute an den Fortbildungsschulen einen Unterricht erhalten, der auf deutsch⸗nationalem Boden ruht. In den dänischen Hochschulen lernen sie nicht nur dänisch sprechen, sondern auch dänisch denken. Die Staatsregierung erfüllt nur ihre Pflicht, wenn sie eine solche Propaganda verhindert. Auch Graf Rantzau, auf den der Vorredner wohl anspielte, hat sich mit dieser Maßregel der Regierung einverstanden erklärt. Wir werden unter Ablehnung aller Anträge für die Herrenhausfassung stimmen.

Abg. Leinert (Soz.): Das Zentrum will hier wiederum seine Machtansprüche befriedigen. Es gibt wohl keine Partei, die so sehr für die Förderung des Unterrichts eintritt, wie die sozialdemokra⸗ tische. Sie hält es für einen angel, daß der obligatorische Fortbildungsschulunterricht nicht allgemein durchgeführt wird. So etwas darf nicht in das Belieben der Gemeinden gestellt werden. Auch wir glauben, daß es sich hier um ein Ausnahmegesetz gegenüber anderen Provinzen handelt. Der Unterricht an den Sonntagen sollte überhaupt nicht gestattet sein. Das Gesetz ist eine Vergewal⸗ tigung der dänischen Preußen. Man sollte lieber für ganz Preu⸗ ßen vollständig einheitliche Bestimmungen schaffen. Das Zentrum verfolgt mit seinem Antrag lediglich agitatorische Zwecke. In der Kommission hat es sogar die Konservativen gegen sich aufgebracht, weil sie ihm nicht vollständig zu willen waren. Das Zentrum verfolgt mit seinem Antrag lediglich den Zweck, ein Geschäft für den Groß⸗ grundbesitz zu machen. Es verlangt, daß der Religionsunterricht so gelegt werde, daß die Schüler für ihn aufnahmefähig sind. Eine schöne Wertschätzung der übrigen Unterrichtsgegenstände;! Uns kommt es darauf an, daß die Schüler etwas lernen, um für den Kampf um das Dasein gerüstet zu sein.“ Aus einem Falle, der uns mitgeteilt. wurde, ist ersichtlich, 88 die Fortbildungsschüler den Religionsunterricht gar nicht haben wollen, denn sonst würden sie nicht diesem Unterricht fern⸗ geblieben sein. Warum soll mit einemmal in diesem Gesetz der Re⸗ ligionsunterricht f etarisc eingeführt werden? In den anderen Geseben ist er nicht vorgesehen. Konsequenterweise müßte das Zen⸗ trum das allgemeine Landrecht dahin ändern, daß jeder bis zu seiner Verheiratung oder bis zum 25. Lebensjahre oder bis zum Ende der Milekärdienstpflicht den obligatorischen Religionsunterricht genießen muß. Das Zentrum will die Fortbildun Fchulen seinen Zwecken diensthar machen; dafür sind wir nicht zu haben. Wenn Sie keine Geschäfte machen können mit dem fakultativen Religionsunterricht,

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dann sehen Sie ja, daß das Volk von Ihren Bestrebungen nichts wissen will. Wenn Sie den Fortbildungsschulunterricht wirklich fördern wollen, dann müssen Sie ihn unter gleichen Grundsätzen im ganzen Lande einfüͤhren. Aber verschonen Sie unsere Forthildungsschulen mit Bestrebungen, dio mit dem Charakter der Fortbildungsschulen nicht vereinbar sunn.

jnzwischen ist ein Antrag der ng. g orchardt (Soz.) u. Gen. eingegangen, wonach bei der Bestimmung über den Sonntagsunterricht die Worte „in der Regel“ werden sollen. 1

Abg. von Pappenheim kkons.): Das Zustandekommen dieses Gesetzes in der vorliegenden Fassung ist von allen beteiligten Provinzen gewünscht und erstrebt worden. Lediglich aus diesen Rücksichten haben meine Freunde es abgelehnt, sich mit dem Lehrplane des Besebes zu befassen und den Wuüͤnschen des Zentrums zu ent⸗ sprechen. Ich habe das dem Abg. Herold schon in der Kommission deutlich zu erkennen gegeben und besonders die Behauptung zurück⸗ gewiesen, als ob die konservative Partei nach irgend einer Seite hin ihre Stellung gegenüber der Einführung des Religionsunterrichts in den Fortbildungsschulen geändert hätte. Deshalb erscheint mir der Abg. Herold heute nicht berechtigt, eine solche Behauptung zu wieder⸗ holen, wenn er nicht die öffentliche Meinung irreführen wollte. Der Abg. Herold sagt, es wäre von irgendeiner Seite behauptet worden, das Gesetz würde unpopulär, wenn der obligatorische Religions⸗ unterricht in dieses Gesetz aufgenommen würde. Ich weiß nicht, wen er damit gemeint hat. Ich kann nur feststellen, daß bei der Kom⸗ missionsberatung Uebereinstimmung darüber bestanden hat, daß der ganze Fortbildungsschulunterricht getragen sein müßte von religiösem Geist, und daß er eine sittlich⸗religiöse Grundlage haben müsse. Ich erkenne an, daß auch alle anderen Parteien bis auf die Partei des Abg. Hoffmann erklärt haben, daß sie ein solches Gesetz auf einer anderen als auf religiöser Grundlage nicht mitmachen würden. Die konser⸗ vative Partei war es nicht allein, die sich auf den Standpunkt des Abg. Herold bezüglich des Religionsunterrichts in den gewerblichen Fortbildungsschulen stellen wollte. Wenn uns ein neues Gesetz vorgelegt werden würde, würde sich der Abg. Herold davon über⸗ zeugen, daß meine Partei ihren Standpunkt nicht geändert hat. Solche Ausführnugen, wie diejenigen des Vorredners, bedürfen keiner Widerlegung. Wenn er annimmt, daß wir mit diesem Gesetz den Nebengebanken verfolgen, den Unterricht auf sittlich⸗religiöser Grund⸗ lage in den Fortbildungsschulen einzuführen, ise will ich ihm be⸗ merken, daß das für uns ein Hauptgedanke ist. Daß wir gerade gegenüber den Bemühungen und Verführungen der Sozialdemokratie unsere Jugend sichern wollen, das ist kein Nebengedanke, sondern der Hoffentlich auch von Erfolg gekrönt sein wird. Das gessen⸗nassauische Gesetz hat in dieser Beziehung außerordentlich aus⸗ gezeichnet gewirkt. Wenn der Abg. Herold sagt, daß seine Partei in Zukunft dafür kämpfen wird, daß die religiöse Unterweisung in den Fortbildungsschulen eingeführt werde, so steht er damit nicht allein. Auch wir werden dafür sorgen, daß die religiöse Unterweisnug in den Fortbildungsschulen das Grundthema bildet. Die Bestrebungen, diese religiöse Unterweisung schon jetzt möglichst bald zu erreichen, stärken uns in dem Gedanken, dies Gesetz nicht noch mit anderen Materien zu 8 sodaß dadurch das ganze Gesetz in Frage gestellt wird. Der Antrag, das Gesetz auf und Westpreußen zu übertragen, erscheint uns unvollkommen. Man müßte wenigstens auch Ost⸗ preußen mit einbeziehen. Ich würde es bedauern, wenn eine solche Ausdehnung hier beschlossen würde, ohne vorher die Vertretungen dieser Provinzen zu hören. Warten wir ab, bis diejenigen Provinzen, die noch nicht mit dem Gesetz beglückt werden sollen, das Bedürfnis nach⸗ weisen und ihrerseits den Wunsch aussprechen, dann werden wir gern bereit sein, das Gesetz auf diese Provinzen auszudehnen. Der An⸗ trag, der sich mit der Ausnahmebestimmung für Schleswig⸗Holstein beschäftigt, ist deshalb für uns unannehmbar, weil wir es für nötig halten, auf die besonderen Verhältnisse in Nordschleswig Rücksicht zu nehmen. Den sozialdemokratischen Antrag halten wir nicht für empfehlenswert. Wir werden deshalb an den Beschlüssen des Herrenhauses festhalten.

Abg. Herold (Zentr.): Der Abg. von Pappenheim hat noch einmal den fomalen Einwand wiederholt, den ich bereits widerlegt habe. Wenn die Gemeinden vor die Frage gestellt werden, ob sie die jungen Leute zum Besuche des Fortbildungsschulunterrichts zwingen sollen, so müssen sie auch in der Lage sein, den Lehrplan zu beeinflussen. Wenn die Vorlage hier einen Mangel enthält, so haben wir dafür zu wirken, daß dieser Mangel beseitigt wird. Der Abg. von Pappenheim hat mir vorgeworfen, ich hätte behauptet, die Konservativen hätten bezüglich der Einführung des Religionsunter⸗ richts in die gewerblichen Fortbildungsschulen ihren Standpunkt ver⸗ ändert. Tatsache ist, daß seitens der Konservativen bei der Beratung des gewerblichen Pflichtfortbildungsschulgesetzes ein Antrag gestellt worden ist, wonach der Religionsunterricht gesetzlich eingeführt werden soll. Aber hier bei dem ländlichen Foribildungsschulgesetz lehnen Sie dieselbe Forderung ab. Das ist doch eine verschiedene Haltung. Ich muß den Ausdruck zurückweisen, daß ich beabsichtige, die öffent, liche Meinung irre zu führen. Ich babe ausdrücklich anerkannt, daß die Notwendigkeit des Religionsunterrichtes in den Fortbildungs⸗ schulen von allen Parteien anerkannt worden ist. Ich habe mich nur dagegen gewandt, daß die Konservativen die gesetzliche Regelung dieser Frage nicht wollen. Als bei der Errichtung neuer gewerblicher Fort⸗ bildungsschulen die Gemeinden beschlossen hatten, in der Schule die religiöse Unterweisung einzuführen, hat die Regierung erklärt, sie würde dann den staatlichen Zuschuß verweigern. Wenn die Regierung bei den gewerblichen Fortbildungsschulen eine solche Stellung ein⸗ genommen hat, so wird sie wahrscheinlich auch bei den ländlichen Schulen denselben Standpunkt einnehmen, und deshalb halten wir es

für angezeigt, daß die religiöse Unterweisung in den Fortbildungs⸗

schulen gesetzlich eingeführt wird.

Abg. Dr. Schroeder⸗Cassel (nl.): Grundsätzlich sind wir damit einverstanden, daß das Gesetz auf die anderen Provinzen aus⸗ gedehnt wird. Es muß aber vorher die Zustimmung der Provinzial⸗ instanzen eingeholt werden, aus diesem Grunde sind wir gegen den Antrag der Volkspartei; auch dem Antrag der Sozialdemokraten können wir unsere Zustimmung nicht geben.

Abg. Stull (Zentr.): Ich sehe den Zweck der Fortbildunes⸗ schule nicht allein darin, den Schülern Wissen zu vermitteln, sondern vor allem darin, ihnen sittliche Festiaung auf christlicher Grundlage zu geben. Der Abg. Leinert sollte uns nicht den Vorwurf machen, daß wir bei der Forderung des obligatorischen Religionsunterrichts einen Nebengedanken haben. Ich frage den Abg. Leinert, ob nicht die Sozialdemokratie bei ihren Jugendbestrebungen Nebengedanken hat. Geht das ganze Streben der Sozialdemokaten nicht darauf hin, aus den jungen Leuten Sozialdemotraten zu erziehen? Solange Sie das tun, werden Sie auch uns gestatten müssen, die Junend in unserem Sinne zu erziehen. Ich bitte den Minister um Aufschluß, ob die Errichtung einer Fortbildungsschule von der meinte wi der aufgehoben werden kann. Der Minister hat keinen Zweifel darüber gelassen, 8 unsere Anträge füͤr die Regierung unannehmbar seien. Aber er sollte doch berücksichtigen, daß unsere Forderung nicht nur eine Forderung der Zentrumsfraktion, sondern eine solche des ganzen katholischen Volkes ist. Ich halte die Regierung nicht für sachver⸗ sändig genug, zu entscheiden, ob es notwendig ist, den obligato ischen Religionsunterricht an den Fortildungsschulen einzuführen. Man sollte der katholischen Bevölkerung nicht das Recht nehmen, ihre Kinder so zu erziehen, wie sie es für recht hält. Das katholische Volk kann die Haltung der Regierung in dieser Frage nicht ver⸗ stehen. Der Minister meint, es widerspreche dem Landrecht, den Zwang auf den Religionsunterricht über das 14. Lebensjahr hinaus auszudehnen. unterricht auch obligatorisch. Wenn man den akademssch Gebildeten Gelegenheit gibt, sich in der Religion fortzubilden, warum versagt man dies der Jugend auf dem Lande? Man sagt immer, es näre nicht tunlich, auf dem Gebiete der Religion Zwang anzuwenden; aber ist denn eine Erziehung ohne Zwang uͤberhaupt möglich? Schon das Wort Pädagogik emhält den Zwangsbegriff. Später

In Seminaren und Gymnasien ist doch der Religfons⸗

erst zeigt sich die segensreiche Wirkung des Zwanges in der Jugend⸗ erziehung. enn man immer wieder betont, wie wichtig die religiöse Erziehung ist, dann sollte man auch die Mittel bewilligen. Ich fürchte, daß nach 100 Jahren ein Geschichtsschreiber von diesem Tage das Urteil fällen wird; schöne Worte machen keine Taten. Die Zentrumspartei wird sich von diesem Urteil nicht betroffen fühlen. Ich bedauere, daß diejenigen Parteien, die sonst immer mit uns einig sind, die christliche Weltanschauung zu verbreiten, heute nicht an unserer Seite stehen.

Zur Geschäftsordnung bemerkt Abg. Ernst (fortschr. Volksp.), daß er infolge der Erklärung der Regierung seinen Antrag zurückziehe.

Ninister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Freiherr von Schorlemer: Meine Herren! Da die Schule in Neuß, welche der Herr Abg. Herold erwähnt hat, dem Ressort des landwirtschaftlichen Ministeriums nicht unterstellt ist, so bin ich über die Vorgänge dort im einzelnen nicht unterrichtet; ich kann aber doch gegenüber den Ausführungen des Herrn Abg. Herold berichtigend bemerken, daß die Schule in Neuß auch heute noch den Staatszuschuß weiter erhält! Wenn dieserhalb Verhandlungen gepflogen worden sind, so können sie sich nur auf die Frage bezogen haben, ob auch zu den Kosten des Religionsunterrichts eine Staatsbeihilfe gegeben werden sollte. Das ist, so viel mir bekannt, von der Regierung in Düsseldorf verneint worden, weil eben der Religionsunterricht nach Anschauung der Staatsregierung nicht Gegenstand des obligatorischen Unter⸗ richts ist.

Es hat dann der Herr Abg. Stull besonders darauf hingewiesen, daß eine Inkonsequenz in der Stellungnahme der Staatsregierung gegenüber der Tatsache läge, daß doch an anderen Schulen, an Präparandenschulen, Gymnasten, landwirtschaftlichen Winterschulen usw. religiöser Unterricht erteilt wird. Meine Herren, Sie können aus der Tatsache, daß die Staatsregierung den Religionsunterricht an allen diesen Anstalten zugelassen hat, gewiß das Interesse der Staats⸗ regierung für die religiöse Unterweisung der Jugend entnehmen. Aber zwischen diesen Anstalten und den ländlichen Fortbildungsschulen besteht ein grundsätzlicher Unterschied, weil der Besuch der sämtlichen Anstalten, die vorher namhaft gemacht worden sind, kein obligatorischer, sondern ein freiwilliger ist (sehr richtig!), während der Besuch der Fortbildungsschulen obligatorisch gemacht werden soll. (Sehr richtig!) Es trifft deswegen auch auf die Stellungnahme der Staatsregierung nicht der Vorwurf zu, den der Herr Abg. Stull derselben gemacht hat! Wenn ich vorhin gesagt habe, man müsse sich für jetzt mit dem begnügen, was die Staatsregierung in entgegenkommenster Weise bietet, so findet das seine Erklärung durch die vorhergehenden Worte: „wenn man einmal der Frage näher treten sollte, ob der Volksschulunterricht nicht mit dem 14. Lebensjahr be⸗ endet, sondern wie früher in Schleswig⸗Holstein bis zum 17. Lebens⸗ jahr fortgesetzt werden solle, dann würde man auch die Frage grund⸗ sätzlich zu prüfen haben, ob mit den anderen Unterrichtsfächern nicht auch Religionsunterricht weiter erteilt werden müsse. (Sehr richtig! bei den Freikonservatwven.) Davon sei aber hier keine Rede, deshalb müsse man sich jetzt mit dem begnügen, was die Staatsregierung be⸗ züglich des Religionsunterrichts zugestanden habe.“

Meine Herren, ich kann nur noch einmal wiederholen: es handelt sich für die Staatsregierung um eine grundsätzliche Stellungnahme! sie glaubt unter keinen Umständen zum Besuche des Religionsunter⸗ richts über das 14. Lebensjahr hinaus einen Zwang einführen zu können. Sie wird aber, wie ich nochmals erkläre, gern die Hand dazu bieten, daß ohne Zwang, freiwillig im Anschlusse an den Fort⸗ bildungsschulunterricht, auch Religionsunterricht erteilt werden kann. (Bravo! rechts.)

Unter Ablehnung sämtlicher Anträge wird das Gesetz un⸗ verändert in der Herrenhausfassung angenommen. Die Re⸗ solution der Kommission wird gleichfalls angenommen, über die Petitionen wird nach den Anträgen der Kommission be⸗ schlossen.

In der sofort sich anschließenden dritten Beratung wird das Gesetz ohne Debatte endgültig angenommen. Auch ein Teil des Zentrums stimmt dafür.

Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, betr. die Verbesserung der Oderwasserstraße unter⸗ halb von Breslau, auf Grund des Berichts der 22. Kom⸗ mission, die die Annahme der Vorlage mit unerheblichen Aenderungen sowie der folgenden Resolution beantragt:

„die Regierung zu ersuchen, unter entsprechender Heranziehung der

Interessenten

1) eine Begradigung und Vertiefung der Fahrstraße Swine⸗ münde Stettin auf mindestens 8 m durchzuführen,

2) 9 Ermäßigung der staatlichen Vertiefungsabgabe eintreten zu lassen“.

Nach § 1 wird die Regierung ermächtigt, für den Ausbau der Oder unterhalb von Breslau 18,5 Millionen und für die Anlegung von Staubecken, zunächst eines Staubeckens an der Glatzer Neiße bei Ottmachau, 18,2 Millionen Mark zu verwenden. Der Paragraph trifft ferner Bestimmungen über die Ver⸗ wendung dieser Beträge im einzelnen, insbesondere auch über

Dr.

die Erwerbung von Grundstücken, die zu Abfindungszwecken

für solche Grundbesitzer, die wegen des Staubeckens enteignet werden müssen, erforderlich sind.

Berichterstatter Abg Lippmann (fortschr. Volkep.): Das Wohlwollen des ganzen Hauses für dieses Gesetz bei der ersten Lesung hat auch in der Kommission geherrscht, sie empfiehlt die Annahme des Gesetzes mit einigen Aenderungen, die lediglich formeller Natur sind In der Kommission wurde geprüft, ob die Lage des Staubeckens bei Ottmachau sachgemäß ist. Eine nach der Komm ssions⸗ beratung eingegangene Petition erhebt dagegen Bedenken, die aber durch die Regierungserklärungen in der Kommission schon erledigt sind. Die Petition meint, daß drei Dörfer in der Nähe des Stau⸗ beckens Friedrichseck, Stübendorf und Altpatschkau, einer vermehrten Hochwassergefahr unterliegen würden. Der Hochwasserschutz ist aber gerade ein Teil der Zwecke des Staubeckens. Man schwankte zwischen einem Staubecken bei Malapane und einem solchen bei Ottmachau, gerade wegen des Hochwasserschutzes wurde Ottmachau gewählt. Dort kann das Staubecken außer den 98 Millionen Kubikmetern Wasser, die als Zuschußwasser für die Schiffahrtsstraße gebraucht werden, noch 23 Millionen Kubikmeter aufnehmen, um das Hochwasser abzuhalten. Ich empfehle deshalb Uebergang zur Tagesordnung über diese Petition. Durch das Staubecken werden allerdings 5000 Morgen guten Ackers vernichtet, die in das Staubecken fallen. Aber die Zwecke des Staubeckens bedingen die Anlage bei Ottmachau.

1.“.“ 8 8

(Schluß in der Zweiten Weilage. 4 8

Deutschen Reichsan

ve.“]

Berlin, Dienstag, den 15. April

6E

zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger

(Schluß aus der Ersten Beilage)...

Zum §1 stelle ich noch einen Abänderungsantrag. Nach diesem Para⸗ graphen sollen auch Grundstücke erworben werden können, die zur zweckentsprechenden Durchführung eines Umlegeverfahrens notwendig sind. Man wollte ein Umlegungsverfahren einrichten, wie durch das Gesetz über den Hochwasserschutz von 1905 bestimmt ist. Die Kommission stand auf dem Standpunkt, daß hierin noch eine Aenderung im § 3 vor⸗ zunehmen fei. Bei dem Umlegungsverfahren müssen die Eigentümer mit einer Landabfindung zufrieden sein; es liegt im Befinden der General⸗ kommission, ob dieie Abfindung oder eine Geldabfindung eintreten soll. Nirgends ist der Rechtsweg zugelassen, und die Kommission hielt des⸗ halb für nötig, das Recht auf die Entschädigung in Geld zu geben. Die Kommission hat diese Aenderung des § 3 beschlossen. Die Regie⸗ rung glaubt in diesem Fall, daß statt des Umlegungsverfahrens eine freie Vereinbarung möglich sein wird; und wir haben nach ihren Er⸗ klärungen die Ueberzeugung gewonnen, daß durch freie Vereinbarung Land genug geschafft werden kann, um die von dem Staubecken be⸗ troffenen Grundbesitzer neu ansiedeln zu können. Ich beantrage des⸗ halb mit meinem Mitberichterstatter, dem Abg. von der Osten, die Fassung, daß auch Mittel verwendet werden können zur Erwerbung von Grundstücken, die insbesondere zur Abfindung in Land erforderlich sind. Die Kommission war nun einstimmig der Meinung, daß auch der Oderhafen in Stettin der Befruchtung

bedürfe, und daß man dessen Zukunft im Interesse der ganzen

Oderschiffahrt und auch im Interesse Schlesiens sichern müsse. Seit der Schaffung des Oder⸗Spree⸗Kanals durch die Verbindung 9 Oder mit der Havel und später mit der Elbe sind alle bisherigen Verbesserungen der Oder auch der Stadt Hamburg zugute gekommen. Stettin liegt mit Hamburg in scharfem Konkurrenzkampf, man will deshalb Stettin unterstützen, einmal durch Verbesserung seiner Ver⸗ bindung mit der See und durch die Herabsetzung der Vertiefungs⸗ abgabe für die Vertiefung der Fahrstraße von Swinemünde nach Stettin von 6 auf 7 m. Diese Abgabe ist von vornherein zu hoch gewesen. Ueber die Höhe der Schiffahrtsabgaben auf der Oder ist in diesem Gesetz selbst nichts bestimmt, die Berechnungen der Regierung haben aber ergeben, daß die Verbesserung der Oderstraße eine Ver⸗ billigung des Verkehrs um 1,28 pro Tonne bedeuten wird, wovon die Regierung 40 für sich als Schiffahrtsabgabe erheben will. Die Regierung hat sich aber auf diesen Betrag nicht festgelegt. Die Regierung meint nun, daß durch die Verbesserung der Schiffahrts⸗ straße der Schiffsraum künftig besser ausgenutzt werden kann, und daß die Oderstraße künftig länger schiffbar sein könne, sodaß sie vielleicht nur 40 Tage im Jahre nicht schiffbar sei, sodaß die Kähne auch mehr Reisen machen könnten. In einer Petition weisen nun aber Kahn⸗ besitzer darauf hin, daß sie nur gelegentlich Fahrten machen, aber nicht ständig, und deshalb die Reisen nicht vermehren könnten, und sie bitten, diesen Umstand bei der Bemessung der Schiffahrtsabgabe zu berücksichtigen. Ich empfehle, diese Petition der Regierung als Material zu überweisen. In der Kommission wurden weiter die Kom⸗ pensationen für die Provinz Schlesien nach dem § 6 des Wasserstraßen⸗ gesetzes von 1905 erörtert, wonach der Markt der schlesischen Kohle in Berlin nicht verschlechtert werden soll gegen den Zustand vor 1905. Die Regierung hat in der Kommission erklärt, auf die strikte Durch⸗ führung des § 6 bedacht sein zu wollen, das haben auch die ver⸗ schiedensten Parteien gefordert. Der Landeshauptmann der Provinz Schlesien hat dem Hause eine Eingabe des Oberschlesischen Berg⸗ und hüttenmännischen Vereins an ihn überreicht und mitgeteilt, daß der Provinzialausschuß vom Provinziallundtag beauftragt sei, bei der Regie⸗ rung und dem Landtag die rechtzeitige Durchführung des § 6 zu beantragen. Die Regierung hat erklärt, diesen Paragraphen strikte durchführen zu wollen und darauf zu achten, daß der schlesische Markt in Berlin nicht verschlechtert wird. Damit können sich die Petenten begnügen, und ich beantrage, über diese Petition zur Tagesordnung stberzugehen. Ich hoffe, daß dieses neue Gesetz zugunsten der Oderschiffer und der Provinz Schlesien voll seinen Zweck erfüllen wird.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Ich bin in der Lage, die Zustimmung der Königlichen Staatsregierung zu dem Antrag der Abgg. Lippmann und von der Osten auszusprechen, und zwar sowohl zu § 1 wie auch, wie ich vorgreifend bemerke, zu § 3. Ich stelle nur folgendes fest. Die Staatsregierung stand bei der Einbringung der Vorlage auf dem Standpunkt, daß das in derselben vorgesehene Umlegungsverfahren den zweckmäßigsten Weg geboten hätte, um die Abfindung von Grund⸗ besitzern, die Land für die Talsperre hergeben mußten, in günstiger Weise zu gestalten. Nachdem inzwischen und in Kenntnis der in der Kommission gegen diese Regelung vorgebrachten Bedenken eingehende Verhandlungen mit den Provinzialbehörden stattgefunden haben, glaubt die Staatsregierung, auch auf dem Wege freier Vereinbarung im wesentlichen das Ziel erreichen zu können.

Abg. von der Osten (kons.): Wir stimmen dem Antrage des Abg. Lippmann zu. Das allgemeine sozialpolitische Interesse spricht für die Wtiederansiedlung der enteigneten Besitzer. In diesem Gesetz wird ein erheblicher Fortschritt in dem Ausbau der Wasserstraßen ge⸗ macht, und ich möchte den Tag nicht vorübergehen lassen, um im Auf⸗ trage meiner Fraktion der Regierung für diese Fürsorge unsern Dank zum Ausdruck zu bringen. Ich hoffe auch, daß das Gesetz nicht nur Schlesien und der Gesamtheit, sondern auch der Stadt Stettin zum Vorteil gereichen möge.

Abg. Stull Bentr); Ich kann gleichfalls namens meiner Freunde erklären, daß wir dem Gesetz in der Fassung der Kommission und des Antrages Lippmann zustimmen. Wir Schlesier stimmen auch der Resolution zu. Wir gehen von der Erklärung des Unterstaats⸗ sekretärs aus, daß sich Schädigungen für Schlesien wohl werden ver⸗ meiden lassen; sollten aber doch für die schlesische Kohle Schädi⸗ gungen durch die englische Konkurrenz eintreten, so erwarten wir Schlesier von der Regierung, daß sie alles tut, um Abhilfe zu schaffen und die Kohlenproduktion sowohl Oberschlesiens wie Niederschlesiens vor der Konkurrenz zu schützen. Dem Antrage des Abg. Lippmann stimmen wir zu. Der Redner tritt ferner dafür ein, daß bei dieser Gelegenheit der Bahnhof von Ottmachau näher an die Stadt heran⸗ gelegt werde, und daß auch das Staubecken nach der Stadt zu etwas vergrößert werde, wodurch zugleich für das geplante Elektrizitätswerk die Möglichkeit stärkerer Kraftlieferung geboten werde.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Leider bin ich nicht in der Lage, heute dem Herrn Abg. Stull eine befriedigendere Antwort zu geben, als er sie schriftlich in Händen hat. Das Staubecken bedingt die Verlegung des Bahnhofs nicht. Andere Verkehrsmomente, die für die Verlegung sprechen, will ich nicht ohne weiteres in Abrede stellen, wenngleich mir die Sache zweifel⸗ haft ist. Ich will prüfen lassen, welche Kosten der Staatseisenbahn⸗ verwaltung aus einer Verlegung erwachsen, vielleicht auch unter der Hand feststellen lassen, ob Ottmachau oder andere Interessenten in der Lage sind, Erhebliches beizutragen, um diese Kosten decken zu können⸗ Jedenfalls kann der Herr Abg. Stull sicher sein, daß die Angelegen⸗

zur Berücksichtigung zu überweisen, zuzustimmen.

heit auf Grund seiner heutigen eingehenden Ausführungen einer noch⸗ maligen Untersuchung unterzogen wird.

Ich möchte nicht unterlassen, ausdrücklich festzustellen in Be⸗ stätigung dessen, was der Herr Unterstaatssekretär Freiherr von Coels in der Kommission bereits ausgesprochen hat, daß die Regierung in der Lage ist, dem Kommissionsantrag zuzustimmen, der die Vertiefung und Begradigung der Fahrrinne von Swinemünde bis Stettin und gleichzeitig einer Ermäßigung der staatlichen Vertiefungs⸗ abgabe zum Ziele hat. Die Gesichtspunkte, die dafür sprechen, daß die Königliche Staatsregierung dieser Resolution zustimmt, sind ein⸗ gehend in der Kommission erwogen worden. Für die Staatsregierung ist durchschlagend, daß, wenn in dieser Richtung vorgegangen werden kann und vorgegangen wird, zu erwarten ist, daß die Konkurrenzver⸗ hältnisse zwischen Stettin und Hamburg sich für Stettin günstiger gestalten werden. (Sehr richtig!) In dieser günstigeren Gestaltung der Konkurrenzverhältnisse erblicken wir auch ein großes Interesse der Oderschiffahrt und damit Schlesiens. Hierin wird, wie ich hoffe, eine Kompensation für die Wünsche, die Oberschlesien aus Anlaß diefer Resolution geltend gemacht hat, liegen. (Bravo!)

Abg. Wohlfarth (nl.): Auch wir stimmen der Vorlage un dem Antrage des Berichterstatters zu und hoffen, daß die ge und schiedung des Werkes ein gutes Stück für unsere Wasserwirtschaft leisten wird. Zugleich hoffen wir, daß diese Wohltat der Verbesserung 1““ auch allen anderen Landesteilen zuteil werden

rd.

Abg. Gamp⸗Oblath (freikons.): Zu meiner Freude hat die Regierung die Enklärung abgegeben, daß sie dem JWE“ der Kommissionsfassung und auch dem Antrage des Berichterstatters zu⸗ stimme. Ich bin der Ansicht, daß eine erhebliche Verbesserung der Schiffahrt nicht ganz ohne Entgelt vorgenommen werden kann. Aber ich möchte mich auf den Boden der Petition der Schlesischen Schiffahrtsinteressenten stellen, daß die Schiffahrtsabgaben erst dann zur Erhebung kommen, wenn die ganze Anlage fertiggestellt ist, und nicht zu einem Zeitpunkte, wenn das Staubecken seiner Vollendung entgegengeht. Meine Freunde werden der Vorlage und auch der Re⸗

solution zustimmen, weil sie von der Ueberzeugung durchdrungen sind, daß es einem Erfordernis der Gerechtigkeit entspricht, wenn auf der einen Seite den Anliegern des oberen und mittleren Laufes der Oder große Vorteile gewährt werden und auf der anderen Seite den Schiffahrtsinteressenten das gegeben wird, was sie zu ihrem Kon⸗ kurrenzkampf mit der Nordsee notwendig haben.

Abg. Dr. Ehlers (fortschr. Volksp.): Bezüglich der Ermäßigun der Schiffahrtsabgaben unter 40 Pfennig hat 8 Höen t S klärung abgegeben, die uns durchaus genügt. Damit ist dieser Punkt erledigt. Ich bin durchaus für die Gesetzesvorlaäe. Ich habe nur ein Bedenken, das auf sprachlichem Gebiet liegt. So gut der Gesetz⸗ entwurf ist, so ist mir aufgefallen, daß die Präposition unterhalb in den meisten Fällen mit dem Dativ konstruiert ist, während ich in der Schule gelernt habe, daß die Präposition den Genitiv regiert. Da ich mich überseugt habe, daß manchmal auch der Genitiv vorkommt, will ich keinen formellen Antxag stellen. J daß di kleine Fehler im Gesetz Fericht, wire.

Damit schließt die Depatte. 1

Der Antrag Lippmann⸗von der Osten zu § 1 wird an⸗ genommen. 1 Im übrigen wird die Vorlage nach den Beschlüssen der Kommission angenommen, desgleichen die Resolution der Kom⸗ mission; über die Petitionen wird nach den Anträgen des Berichterstatters beschlossen. 1“

Bei der sofort folgenden dritten Beratung wird d ohne Debatte endgültig angenommen.

Es folgt die Beratung von Petitionen.

Eine Reihe von Petitionen um Verleihung des passiven kommunalen Wahlrechts an die Lehrer der Lir haffien Volksschulen beantragt die Gemeindekommission der? kegierung als Material zu überweisen, während die Abgg. Dr. Schepp und Gen. (fortschr. Volksp.) beantragen, die Petitionen der Regierung zur Berück⸗ sichtigung zu überweisen. 1—

Abg. Ernst (fortschr. Volksp.) begründet diesen Antrag.

Die Abg. Hirsch⸗Berlin (Soz.) und von Bülow⸗Hom⸗ burg (nl.) schließen sich dem Antrag an.

Abg. Winckler (kons.): Meine Freunde verkennen nicht die Berechtigung der Lehrer, das kommunale passive Wahlrecht zu verlangen. Auf der anderen Seite sind wir aber der Auffassung, daß auch die Gründe der Regierung durchaus berechtigt sind. Die Regierung hat darauf hingewiesen, daß nicht allein die Volksschullehrer, sondern auch eine Reihe anderer Kreise kein passives Kommunalwahlrecht haben. Wir sind daher der Meinung, daß man die Verhältnisse aller dieser Beamten einheitlich regeln müßte; aber es würde verfrüht sein, nach dieser Richtung hin jetzt eine Entscheidung zu treffen, mit Rücksicht darauf, daß im Anschluß an die Verhandlungen der Immediat⸗ kommission voraussichtlich im nächsten Jahre verschiedene Gesetz⸗ entwürfe vorgelegt werden, verschiedene Punkte der Städte⸗ ordnung und der Landgemeindeordnung eine Abänderung erfahren sollen. Vielleicht empfiehlt es sich bei dieser Gelegenheit, eine Aenderung der Bestimmungen über das kommunale Wahlrecht vorzu⸗ nehmen. Jedenfalls wollen wir durch unsere Abstimmung über den ene I. Antrag keinen prinzipiellen Standpunkt zum Ausdruck ringen.

Abg. Lippmann (fortschrittl. Volksp.): Ich bltte um An⸗ nahme unseres Antrages. Wir vermissen die Tätigkeit der Lehrer in den kommunalen Verwaltungen außerordentlich. Die Verleihung des passiven Wahlrechts an die Lehrer scheint mir daher eine durchaus 86 ö zu L 15

nter ehnung des Antrages der Abgg. Dr. Schepp und Genossen beschließt das Haus dem Antrag der Kommission chen

Zu einer Petition des Bundes der Festbesoldeten, Ortsgruppe Berlin, um Verbot von Eingriffen in das Vereinsrecht hat die Kommission den Uebergang zur Tagesordnung beantragt.

Die Abgg. Borchardt und Genossen (Soz.) beantragen, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Abg. Hoffmann (Soz.): In dieser Petition wird erwähnt, daß das Vorgehen des Polizeipräsidenten gegenüber den Berliner Feuerwehrmännern in Widerspruch stehe mit dem Geist der Reichs⸗ vereinsgesetzgebung, und an den Landtag die Bitte gerichtet, dahin zu wirken, daß künftig derartige Einwirkungen auf das Koalitionsrecht der Beamten unterbleiben. Die Petitionskommission hat allerdings erklärt, daß die Angelegenheit bereits durch die hier erfolgte frühere Aussprache erledigt sei. Aber ich bitte doch, unserem Antrag, die Petition der Regierung de . 8 Die Beamten dürfen nicht als Bürger zweiter Klasse behandelt werden. Der Polizeipräsident hat sich hier eine Blamage zugezogen, wie sie noch nie dagewesen ist. Wenn Sie beweisen wollen, daß Ihnen die Interessen der Beamten

1913.

stimmen;: tun Sie das nicht, dann zeigen Sie, daß Sie nur immer schöne Worte haben, aber keine Taten.

Das Haus beschließt dem Antrag der Kommission gemäß. In einmaliger Beratung werden eine Verordnung über die Reisekosten von Justizbeamten, eine Denk⸗ schrift über die staatliche Hilfsaktion aus Anlaß des Unwetters von 1910 im Mansfelder Seekreise und die Rechnung über die Verwendung des Fonds für den Zwischenkredit für Rentengüter durch Kenntnisnahme erledigt.

Schluß 3 ¼ Uhr, nächste Sitzung Dienstag, 11 Uhr. (Dritte Lesung bes Etats.) 4 L 8 8

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Saatenstand in Italien im zweiten Drittel des Monats März 1913.

Ligurien: An der östlichen Riviera kamen die Niederschläge dem Stande der Felder sehr zu statten, während Riviera etwas über Trockenheit klagt. b

Piemont: In vielen Gegenden haben die Felder Regen nötig. Durch das gute Wetter begünstigt, schreiten die verschiedenen Feld⸗

arbeiten e Lombardei: Der Mangel an Feuchtigkeit macht sich hier und da immer fühlbarer. Die Felder werden zur kommenden e vorbereitet. Ferner wurden neue Weinstöcke, Maulbeer⸗ und Frucht⸗ 8gg enetien: Die Frühjahrsaussaaten finden unter günstigen Be⸗ dingungen statt; die Felder stehen im allgemeinen gut. Emilien: Die verschiedenen Kulturen entwickeln sich normal. Das Korn steht gut; die Gemüsekulturen und Wiesen stehen üppig. Die Aussaat der Zuckerrüben, des Hanfes und des Viehfutters ist schon ziemlich weit fortgeschritten; mit der Aussaat des Maises wird I arken und Umbrien: Der Stand der Felder hat sich dank der zuletzt gefallenen Niederschläge gebessert; besonders n 3 der Weizen. Die Futterpflanzungen haben schon Keime angesetzt. Die Frühjahrsaussaaten sind verhältnismäßig weit vorgerückt. Toskana und Latium: Der Stand des Wintergetreides ver⸗ spricht einen guten Ertrag. Die Oliven⸗, Wein⸗ und Futter⸗ pflanzungen stehen ziemlich gut. üdliche Gegenden am Adriatischen Meere: Der Stand der Felder ist wirklich gut; besonders gut stehen die Aussaaten und die Wiefen. . Südliche Gegenden am Mittelmeer: Die Wetterverhält⸗ nisse in der Berichtsperiode waren für alle Kulturen von Nutzen. Die Feldarbeiten schreiten unter den günstigsten Bedingungen rüstig fort. Die Fruchtbäume stehen in voller Blüte. 8 Sizilten: Die Kulturen wurden durch das schöne und warme Wetter außerordentlich begünstigt. Der Stand der Olivenpflanzungen läßt 2 n guten Brt cg hoffen. ardinien: ie Felder in der Provinz Sassari haben Regen nötig. (Bericht des Kaiserlichen Generalkonsu 1öt. Ferich 8 ch sulats in Genua vom

Saatenstand und Getreidehandel in Rumänien.

Infolge der bisher im allgemeinen günstigen Witterung lauten die Berichte über den gegenwärtigen Saatenstand durchweg be⸗ friedigend. Dagegen blieb der Verkehr auf dem Getreidemarkt hinter den gehegten Erwartungen noch immer zurück. Die Zufuhren waren trotz der frühen Wiedereröffnung der Schiffahrt ziemlich

unbedeutend.

Bei fast allen Fruchtarten bilden die hohen Preis⸗ forderungen, die weit über die Weltpreise hinausgehen, das große Hindernis für die Entwicklung eines lebhafteren Geschäfts. Das gilt besonders auch von Weizen, der gegen die niedrigen Preise der La Plata⸗Herkünfte nicht aufkommen konnte. Rumänischer Weizen war nur für Mischungszwecke begehrt. Einige Partien gingen nach Italien, Belgien und Süddeutschland. In Roggen kamen einige Abschlüsse nach Holland zustande. Der ein⸗ heimische deutsche Roggen stellte sich bedeutend billiger; auch drückten die amerikanischen Herkünfte empfindlich auf den Preisgang. In Gerste wurden einige Geschäfte abgeschlossen, die jedoch den Verkäufern wenig oder gar keinen Nutzen brachten. Die russischen Herkünfte waren jederzeit billiger als die rumänischen. In Hafer knmen gar keine Geschäfte zustande. In Mais sind die Verkaͤufer immer noch nicht geneigt, sich auf Feter. Geschäfte einzulassen, da der geringe Nutzen in keinem

erhältnis steht zu den Gefahren, die aus der Beschaffenheit des Neumaises drohen. wne he kommen zwar täglich gewisse Mengen etwas besserer und trockener Ware nach den Umladeplätzen; immerhin ist aber noch äußerste Vorsicht geboten, und es wird noch mehrerer Wochen bedürfen, bis das Geschäft in dieser Frucht normale Formen ennimeht. Suti seewärts wurd der 3

eber Sulina seewärts wurden in der Zeit vom 2. Mär bis 29. März 1913 ausgeführt: Weizen 44 549 t, Roggen 5785 8 Mais 10 700 t, Gerste 11 954 t, Hafer nichts.

Auf dem Frachtenmarkt herrschte Ruhe. Rotterdam⸗Antwerpen 8/— bis 8/6, italtenische Häfen 14 Fr.

1 8 Preise gestalteten sich wie folgt, cif Kontinent per 1000 kg rompt: Feien “—“ M666“ Roggen 5 8 5 136,— 8 2/73 je nach Muster . 139/140,— ““ 8 A*“ Hafer D 8 1 unnotierbar Mais, Donau/ Galfox 115,—. Cinquantin, kleinkörnig 158.—. Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Galatz vom 8. April 1913.

Italien.

Zentralmilitärapotheke in Turin. 26. Ap Vormittags 10 Uhr. Lieferung von: 2 000 000 m hydrophilem Musselin, 250 000 m hydrophilem Cambrio, 6000 m feinem Halbleinen un 12 500 m gestärkter Gaze für das Rechnungsjahr 1913/14 (1. Jult 1913 bis 30. Junt 1914). Gesamtsicherheit 56 250 Lire. Näheres in italtenischer Sprache beim Reichsanzeiger“. 8

„Bürgermeisteramt in Montefiore dell⸗Aso. 26. April 1913, Nachmittags 5 Uhr: Bau eines Schulhauses. Voranschlag 70 495,93 Lire. Offerten und vorläufige Sicherheit (3000 Lire) bis spätestens 25. April 1918, Nachmittags 6 Uhr. Endgültige Sicherheit 6000 Lire. Näheres in italienischer Sprache beim „Reichsanzeiger“.

Bürgermeisteramt in Feroleto Antico. 12. Mai 1913, Vormittags 10 Uhr: Bau einer Wasserleitung und Kanalisations⸗ anlage. Voranschlag 40 500 bezw. 20 365 Lire. Zeugnisse ꝛc.

wirklich am Herzen liegen, dann müssen Sie unserem Antrage zu⸗

6. Mai 1913. Vorläufige Sicherheit 3000 Lite; endgültige o der