Massen in die Streikreviere geschickt werden. Es wird dadurch ledig⸗ ich die Gefahr von Zusammenstößen vergrößert und heraufbeschworen. In Frankreich und England hat man das eingesehen. Wenn die Unter⸗ jehmerschaft zu Fenze onen nicht bereit ist, ist der Streik die einzige und die einzige friedliche Waffe für die Arbeiterschaft zur Verbesse⸗ Lage. In den allerletzten Tagen hat der B scgf von Orx⸗ ständigen Arbeitern gesprochen und sie zum Ausharren auf⸗ 8 i d glischen Gewerkschaften für ihre Leistungen das wärmste Lob gespendet. Daß die Löhne der L “ zum Leben nicht ausreichen, darüber besteht kein Zweifel. Die „ orddeutsche Allge⸗ meine Zeitung“ dagegen las vor einigen Tagen den 1.“ Arbeitern den Text wegen ihres politischen Streiks. Dieser Streik hat seine Wirkung getan und ist auch von Liberalen, auch von Unternehmern als durchaus Kecüige anerkannt worden; er war ein Kulturwerk ersten Ranges. Auch ich spreche unseren belgischen Kameraden unseren Dank und unsere Anerkennung aus. In England sind die Lohnfestsetzungen ür die Bergarbeiter jetzt sogar einklagbar gemacht worden. Das Reich hat, wenn es will, genug Einfluß, und auch die preußische Regierung, dafür zu sorgen, daß in den Bergrevieren den nur zu gerechten Forde⸗ rungen der Arbeiter Rechnung getragen wird. Ich muß den Protest entschieden erneuern, daß es unstatthaft ist, bei Streiks Polizei in das Streikrevier zu senden.
Die Resolution Spahn wird angenommen.
Abg. Schulz⸗Erfurt (Soz.): Vor einiger Zeit hat sich selbst der Abg. Prinz zu Schönaich⸗Carolath gegen schikanöse Behandlung der proletarischen Jugendbewegung durch die Polizei ausgesprochen. Diese ist ganz besonders unstatthaft, wenn man bedenkt, welchen Schutz die staͤatliche und bürgerliche Jugendpflege erfährt. In einer Versamm⸗ lung, die vor kurzem hier in Berlin stattfand, sprachen 5 Kollegen zu jugendlichen Arbeitern. Wir gaben uns alle Mühe, unpolitisch zu bleiben, trotzdem nahm der überwachende Kommissar die erste beste Ge⸗ legenheit wahr, die Versammlung zu stören. Dieser erklärte plötzlich, daß der eine unpassende Aeußerung getan habe, sodaß er ihn zur Wache schaffen und seinen Namen feststellen lassen müsse. An der Störung solcher Versammlungen beteiligen sich selbst gebildete Bürgerliche, wie neulich in Steglitz.
Abg. Dr. Cohn (Soz.): Ich habe von der ersten Versammlung, in der auch ich sprach, einen etwas anderen Eindruck gewonnen. Die Vorkehrungen auf der Straße zeigten deutlich, daß es auf eine Störung seitens der Polizei abgesehen war. Als ich erwähnte, wie schwer es den Arbeitern ist, die Mittel für ihre Jugendheime aufzubringen, und die reichen Mittel der bürgerlichen Jugendbewegung erwähnte, wurde auf einmal die Versammlung aufgelöst, unter der Begründung, ich hätte dauernd schon einen politischen Vortrag gehalten. Auf meinen Protest wurden die Polizeimannschaften in den Saal gerufen, die ihn dann leerten. Wenn der Polizeibeamte die Versammlung für eine politische hielt, dann konnte er doch verlangen, daß die Leute unter 18 Jahren entfernt würden. Ich bin überzeugt davon, daß der Beamte in seiner Aufregung die Grenzen seiner Amtspflichten und der gesetz⸗ lichen Bestimmungen überschritten hat. Ob die Auffassung des Be⸗ amten oder die meinige richtig ist, wird in dem Beschwerdeverfahren entschieden werden. 1 1 8 ie.e.des Dove: i Angelegenheit hat doch nichts mit dem Reichsamt des Innern zu tun. 1 8 Abg. Cohn “ Wenn in dieser Weise Wind gesät wird, dann dürfen Sie sich nicht wundern, daß Sturm geerntet wird. Sie werden Verbitterung schaffen in den Kreisen der Jugend und Männer heranziehen, die von vornherein von Vorurteilen gegen die Staatsgewalt behaftet sind.
Bei den Ausgaben für das Reichsversicherungs⸗ amt bemerkt der öö“
Abg. Giebel (Soz.): YVon den Angestellten in den Berufs⸗ eecssetha bat ist über arge Mißstände in den Anstellungs⸗ und Ge⸗ Faltsverhältnissen dieser Beamten geklagt worden. Die Angestellten führen besonders Klage darüber, daß in der Besserung dieser Verhält⸗ nisse durch “ einer geeigneten Dienstordnung ein zu lang⸗ sames Tempo eingeschlagen werde. Der Reichstag hat ja selbst den Willen bewiesen, bessere Verhältnisse für die Angestellten der Berufs⸗ Pen enschaften zu schaffen, indem er entsprechende Bestimmungen über die Kompetenz des Reichsversicherungsamtes in die Reichsversiche⸗
rungsordnung aufnahm. Der veröffentlichte Musterentwurf entspricht aber nicht dem Willen des Reichstags. Ich hätte überhaupt ge⸗ wünscht, daß dieser Entwurf tatsachlich ein Muster geworden wäre. Es muß weit gekommen sein, wenn es Tatsache ist, daß die Ange⸗ stellten der Berufsgenossenschaft sich bereits zu Protestversammlungen aufraffen. 8. 1 Der Etat des Reichsamts des Innern ist damit erledigt. Zur Geschäftsordnung bemerkt der Abg. Haase⸗Königsberg (Soz.): Ich habe den Antrag gestellt, daß der Titel „Gehalt des Kriegsministers“ heute von der Tagesord⸗ nung abgesetzt wird. Wenn wir dann den Heeresetat, den Kolonial⸗ etat und den Marineetat noch erledigen, dann ist wohl eine Vertagung angebracht. Es kann keine Rede davon sein, daß wir die Geschäfte sachgemäß erledigen, wenn wir heute fertig werden wollen. Das rürde ein ganz unwürdiges Bild der Verhandlungen sein. Wir sind es uns selbst und unseren Wählern schsgi daß wir nicht unter allen Umständen, 18 um heute noch nach Hause zu kommen, den Etat in ger Hetze erledigen. Auch auf dieser Seite des Hauses besteht der Wunsch, die Geschäfte sachgemäß zu erledigen. Wir können heute, nachdem wir das Gehalt des Kriegsministers ausgeschaltet haben, die⸗ jenigen Etats erledigen, wo sich bereits Redner gemeldet haben, und wo deshalb eine umfangreiche und ergiebige Debatte zu erwarten ist. Nur so kann es geschehen, daß die Gegenstände gemäß ihrer Wichtig⸗ t zur Erörterung gelangen. G
Abg. Graf Westarp (bkons.): Ich möchte dem Antrage ent⸗ schieden widersprechen. Ich sehe durchaus keinen Grund, weshalb wir das Gehalt des Kriegsministers aus der Debatte heute ausnehmen sollen. Wir haben heute noch genügend Zeit und können uns eine Entscheidung für später vorbehalten. Damit braucht die Sache durch⸗ aus nicht übers Knie gebrochen zu werden. Auch wir haben nichts dagegen, eventl. am Montag noch zu verhandeln. Aber zu einer solchen Aenderung, wie sie vorgeschlagen ist, liegt doch wirklich kein Grund vor.
Der Antrag Haase wird gegen die Stimmen der Sozial⸗
demokraten und einiger Zentrumsabgeordneten abgelehnt.
um Etat des Reichsheeres bemerkt unter großer des Hauses, sodaß der Vizepräsident Dove wiederholt um Ruhe bitten muß, da er selbst den Redner nicht der 1
Stücklen (Soz.): Das Maß ist zum Ueberlaufen voll. Der Ng Si g Lderh⸗ dem Militarismus fast alle Forderungen. Ich will zuerst richtigstellen, daß ich seinerzeit nicht ausgeführt habe, daß die Söhne der begüterten Klassen nicht mehr fähig seien, die Strapazen eines Krieges zu ertragen, sondern daß ich nur hervorhob, daß auch unter den Proletariern sehr viel Energie und Mut zu finden ist. Die Mißhandlungen sollen abgenommen haben. Aber gerade in den letzten Tagen sind wieder einige 11“ Fälle be⸗ kannt geworden. Ich erinnere an den Fall des Ulanen Bussian vom 3. Gardeulanenregiment, der sich wegen fortgesetzter Mißhandlungen das Leben genommen hat. Man fand ihn tot über dem Stuhl liegen. Allerdings war kein Offizier daran beteiligt. Aber der Rittmeister hat anscheinend nichts bemerkt. Das ist doch geradezu eine Pflicht⸗ vergessenheit. Vor allem aber muß das Militarkabinett wieder zum Gegenstande schärfster Kritik gemacht werden. Dieses hat ja früher chon von bürgerlicher Seite starke Angriffe erfahren, weil es ein unverantwortliches Oberkriegsministerium sei, von dem der Kriegs⸗ minister seine Befehle empfange. Eine Einrichtung, die in der Ver⸗ fassung keine Stütze findet, muß n werden. Diese In tanz hat einen ganz gewaltigen Einfluß auf die Besetzung der Stellen, weil alle diese Fragen in dem Militärkabinett des Kaisers behandelt wer⸗ den. Es schiebt sich hier zwischen den Kaiser und den Kriegsminister eine unverantwortliche Instanz mit fast absoluten Vollmachten ein;
der Chef ist ständig in der Nähe des Kaisers, begleitet ihn auf seinen
Reisen und hält ihm viel mehr Vorträge als der Kriegsminister.
ist immer peinlich, hier den Kriegsminister angreifen zu sollen, in der Ueberzeugung, daß er nicht der wirkliche Taͤter ist, sondern nur die Hiebe auffangen muß, die eigentlich anderen gebühren. Heute hat sich dieses ilitärkabinett schon zu einer Art militärischer Nebenregierung ausgebildet, woraus sehr leicht eine Kamarilla ent⸗ stehen kann. Pn Deutschland sind ja immer kleine Gruppen da, die die Hetze gegen Minister betreiben, und der Kriegsminister weiß, daß auch ihm eine kleine Gruppe dasselbe Schicksal bereiten will. Die Hetzartikel gegen ihn, worin ihm Mangel an Energie, Unfähigkeit usw. vorgeworfen wurde, standen in dem halbamtlichen Organ der Berliner Regierung, dem „Berliner Lokalanzeiger“, das sonst von weitem vor einem Ministerfrack in Ehrfurcht erstirbt. Wenn ein solches Blatt den Kriegsminister angreift, muß man fragen, wo derjenige sitzt, der diese Pfeile zugespitzt hat. Man muß vermuten, daß es sehr ein⸗ flußreiche Kreise sind, die hier gegen den Kriegsminister angehen, und es wird nicht mehr lange dauern, dann wird er an sich selbst die Wahrheit des Wortes erfahren: „Der Mohr hat seine Schuldig⸗ keit getan, der Mohr kann gehen“. In den Offizierskreisen, die ein⸗ mal Kriegsminister werden können, mag keine große Freude über diese Zustände bestehen, vielmehr mag da eine gewisse Angst davor bestehen, in das dornenvolle Amt eines Kriegsministers zu treten, der von anderen als Kugelfang benutzt wird. Wir greifen den Kriegsminister nicht als Person an, wir sehen in ihm den Vertreter eines Systems; es ist uns ganz gleichgültig, wer an der Stelle sitzt, ob Herr von Heeringen oder der schon angekündigte Nachfolger General Sixt von Armin. Die ungeheuerliche Grundstücksgeschichte des Militärkabinetts hat uns in der Kommission sehr lange beschäftigt. Die Wohnungen der kommandierenden Generale kommen uns schon ohnehin sehr teuer zu stehen; voriges Jahr hat der Reichstag das Verlangen eines eigenen Dienstgebäudes für den kommandierenden General in Frank⸗ furt a. M. gestrichen, und trotzdem ist der General noch heute da. Ein General bekommt an Wohnungsentschädigung 15 333 ℳ pro Jahr; aber diese ungeheure Ausgabe kommt uns immer noch billiger als ein eigenes Dienstwohnungsgebäude. Der Chef des Militär⸗ kabinetts hat eine Dienstwohnung in der Behrenstraße 66, er be⸗ wohnt die ganze erste Etage, die Unterbeamten wohnen in Keller⸗ wohnungen. Dem Chef war die Gegend in der Behrenstraße ent⸗ weder nicht mehr angenehm genug, oder die Wohnung war ihm nicht mehr komfortabel genug. Das Kriegsministerium ist leider nur allzu eifrig auf den Wunsch des Chefs des Militärkabinetts eingegangen. Allerdings würde der Reichstag die Forderung von 5 Millionen Mark für die Wohnung des Chefs des Mllitärkabinetts analag dem Frank⸗ furter Fall glatt abgelehnt haben. Ohne dem Reichstag ein Wort zu sagen, verkaufte man das Gebäude in der Behrenstraße und auch 2 Grundstücke in der Nähe des preußischen Landtages verkaufte man an Herrn von Winterfeld. Als nun das Abgeordnetenhaus die Grundstücke haben wollte, bekam man die Auskunft, dieselben hat von Winterfeld. Und nun muß Preußen die Grundstücke wieder von Herrn von Winter⸗ feld mit erheblichem Aufschlag zurückkaufest. Nun wollte die Heeresver⸗ waltung mit von Winterfeld ein großes Grundstückstauschgeschäft machen. In einer der feinsten und teuerften Gegenden von Berlin sollte eine Villa für den Chef des Militärkabinetts gekauft werden. Es wurde ein Betrag von 3 350 000 ℳ dafür eingesetzt. Außerdem wurde ein Grundstück in der Wilhelmstraße 78 für die Summe von 2 484 000 ℳ gekauft. 440 000 ℳ sind von der Heeresverwaltung bar gezahlt worden. Das war nur ein Vorhang, hinter dem alles andere verdeckt werden sollte. Als nun Preußen die beiden Grundstücke am Landtag haben wollte, forderte von Winterfeld für die Grund⸗ stücke, die ihm 3 400 000 ℳ gekostet haben, 6 000 000 ℳ, denn 2 600 000 ℳ hätte er Unkosten gehabt. Man hat ausgerechnet, daß er allein 70 000 ℳ für ein Bureau gebraucht hat, um den Grund⸗ stückswechsel vollziehen zu können. Wenn die Vorlage zurückgezogen wurde, so ist damit noch keineswegs die Frage geklärt, wer nun die Kosten der Unvorsichtigkeit der Heeresverwaltung zu tragen hat. Als die Villa gekauft war, sollte schleunigst neben der Villa ein großes schönes Dienstgebäude gebaut werden. Dasselbe ist inzwischen bereits bis zum Dach gediehen. In dem Gebäude sollten 19 Geschäftszimmer und 28 Wohnzimmer eingerichtet werden. Ein solches Gebäude ist aber doch kein Dienstgebäude mehr, sondern einfach ein Wohngebäude. Es wurde erklärt, daß 8 Unterbeamte und 2 mittlere Beamte in dem Gebäude untergebracht werden sollen. Es grenzt doch an Wahnsinn, eine solche Dienstwohnung in der teuersten Gegend von Berlin zu errichten. (Vizepräsident Dove: Wegen dieses Ausdruckes rufe ich Sie zur Ordnung.) Für die Militärverwaltung wird nun die Frage entstehen, was soll nun geschehen, damit der Reichstag nicht wieder vor eine so unangenehme vollendete Tatsache gestellt wird? Das Militärkabinett ist an eine bestimmte Gegend überhaupt nicht gebunden. Wenn dem Chef des Militärkabinetts ein Raum gegeben werden soll, in dem er den größten Teil des Jahres sich aufhalten soll, dann muß man ihm eben einen Eisenbahnwohnwagen geben, da er ja den größten Teil des Jahres 621 Reisen ist. Das Richtigste wäre gewesen, man hätte ihm ein solches Dienstgebäude auf dem Tempel⸗ hofer Feld errichtet. Wo der Chef des Militärkabinetts seine Woh⸗ nung aufgeschlagen hätte, Hntstesers uns gar nicht. In einer Zeit, wo wir so ungeheure Summen für die Vermehrung des Heeres aus⸗ geben müssen, bringt es die Heeresverwaltung fertig, für die Wohnung eines Generals 120 000 ℳ im Jahr zu fordern. Damit wäre es aber noch nicht genug gewesen. Wahrscheinlich wären 140 000 ℳ erforderlich gewesen, allein für die Wohnung des Chefs des Militär⸗ kabinetts. Daß man außerdem ein Grundstück neben dem Palais des Reichskanzlers kaufen wollte, setzt dem Ganzen die Krone auf. Es wurde erklärt, weil dort eine Möbelfabrik errichtet werden sollte, will die Heeresverwaltung das Grundstück kaufen. Was geht denn die Heeresverwaltung an, was dem eichskanzler unangenehm ist? Abgesehen davon, daß kein Mensch auf den Gedanken gekommen wäre, in einer so teuren Gegend eine Möbelfabrik zu errichten, ist doch das Kriegsministerium keine Zentrale für Grundstücksspekulationen. Durch diese Angelegenheit ist das Budgetrecht des Reichstages in der gröbsten Weise verletzt worden. Es hat sich herausgestellt, daß auch der Bau in der Viktoriastraße die Billigung der Militärverwaltung gefunden hatte, und daß sogar ein Be⸗ amter der Militärbauverwaltung den Bau geleitet hat. Für all das ist nicht das Reich, sondern die Beamten und eventuell auch der Reichskanzler haftbar, dessen Gut Hohenfinow doch min⸗ destens die 2 ¼ Millionen Mark wert ist. Auch beim Truppenübungs⸗ platz bei Zossen hätte man 5 Millionen ersparen können, wenn das Ministerium nicht gerissenen Grundstücksspekulanten in die Hände ge⸗ fallen wäre. Wenn das System nicht so fehlerhaft wäre, dann hätte es auch der Bürgermeister von Zossen nicht erfahren können, daß die Anlage des Schießplatzes beabsichtigt war. Da das Kriegsministerium mit den gerissenen Berliner Grundstücksschiebern nicht fertig wird, so übertragt man in Zukunft derartige Ankäufe Zivilverwaltungen. Am besten ist es, wenn man das Entei nungsverfahren einleitet. Auch diese Frage muß die parlamentarische Untersuchungskommission nach⸗ prüfen. Auch die Inspektionen werden nicht geheim gehalten. Nur so ist es vorgekommen, daß der Generalleutnant Staabs in der Kon⸗ servenfabrik Haselhorst alles in Ordnung fand.
Abg. Gunsser ffortschr Volksp.) trilt für Schaffung kleiner Garnisonen ein, er bittet, die ausgesprochenen Wünsche möglichst zu berücksichtigen.
Abg. Liesching (fortschr. Volksp.) (mat großer Unruhe empfan⸗ gen): Die Mißhandlungen durch Monnschaften finden sich meist bei der Kavallerie. Das hängt sicher mit der dreijährigen Dienstzeit dort zusammen. Diesen Mißhandlungen kann man entgegentreten, wenn man nicht nur Unteroffiziere und Offiziere, sondern auch die Trup⸗ venchefs bestraft. Es ist mir unklar, wie die Heeresverwaltung einen S Vertrag mit Herrn v. Winterfeld abschließen konnte. Hätte man die Klausel hinzugesetzt, daß der Vertrag ohne Cenehmigung des Reichstags abgeschlossen ist, dann könnte kein Entschädigungs⸗ anspruch erhoben werden. So ist aber gegen die gewöhnlichsten staatsrechtlichen Grundsätze verstoßen worden. Was wir in der Kom⸗ mission über die Rechtsfrage von den Vertretern der Verwaltung haben hören müssen, war derartig, daß ich nicht raten würde, mit sol⸗ chen Rechtskenntnissen ins Referendarexamen zu treten. Wie konate
1 E111“
11u“ 5 8— * 8 8— 1 bei so großen Beträgen mit so geringen Kenntnissen des Staats⸗ und
Privatrechts operiert werden? Da m uß Schaden eintreten. (Zuruf des Abg. Ledebour). Gewiß, wir kennen nicht einmal die Akten; um so weniger waren wir berufen, unsererseits einen Rat zu geben, wie man aus der Sackgasse herauskommen könnte. Hier muß einmal gemacht und der Regierung allein die Verantwortung überlassen werden.
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Wegen meiner jüngsten Angriffe in diesem Hause sind gegen mich draußen von gewissen Leuten die wüstesten Beleidigungen und Beschimpfungen gerichtet worden. Diese Beschimpfungen sind mir ungemein gleichgültig, sie zeigen nur, daß die Hiebe gesessen haben. Ich soll ein Agent des Auslandes sein; es ist nur nötig, diesen Ausdruck niedriger zu hängen. Auch die Firma Krupp hat sich der Mühe unterzogen, sich zu verteidigen. Das war nötig. Was Dr. Hugenberg veröffentlicht hat, ist ebenso wortreich wie nichtssagend. Die angeblichen Bestechungssummen seien lächerlich gering, heißt es. Ich weise nur auf die Praktiken unserer Geheim⸗ polizei hin; unsere Spitzel werden auch nicht glänzend bezahlt, und doch steht im Etat ein recht erheblicher Geheimfonds dafür. Hugenberg meint, wenn man schon seiner Ehrlichkeit nicht traue, dann solle man doch seiner Klugheit trauen. Das sind Bemerkungen, die man oft von Angeklagten hört, und die schon beinahe an den „großen Unbekannten“ erinnern. Die Aufgabe ist jetzt, sich nicht er⸗ wischen zu lassen; und in dieser Richtung wird sich wohl die Abwehr⸗ aktion bewegen; die militärische Spionage wird ja auch so eingerichtet, daß man die Spitzel nicht finden kann. Aber es wird in diesem Falle doch wohl möglich sein, diesen Schlichen nachzugehen. Die betreffenden Angestellten, wenn ihnen ein Betriebsunfall bei der Spionage und Bestechungsarbeit passiert, wissen, daß, wenn sie dann alles auf sich nehmen und die weiteren Verbindungen nicht verraten, dann schließlich ein gutes Schweigegeld für die Zukunft ihnen sicher ist. Es soll in Peutschlond gar mancher sitzen, der von Schweige⸗ geld lebt. Dr. Hugenberg muß ein sehr böses Gewissen haben, denn er hat bereits prophezeit, daß noch eine Stinkbombe fliegen werde; er muß also wissen, daß noch manches stinkt. Wenn die Bombe, die ich neulich geschleudert haben soll, üblen Duft ver⸗ brettet, so rührt der von dem Unrat her, in den sie hineinfiel. Die Firma Krupp versteht es beinahe so gut, wie unsere Diplomatie, die Worte so zu wählen, daß sie die Gedanken verbergen. Man wendet mit Vorliebe Fremdwörter an, man spricht von „Repräsentationsgeldern“, von „Indiskretionen“, die zum täglichen Brot der Firma Krupp gehören. Im ubrigen wird noch einmal ein Fremdwort angewandt in einem gewissermaßen aufreizenden Zusammenhang. Hugenberg findet, daß die ganze Angelegenheit eine Lappalie sei. Tatsache ist, daß das, was selbst von der Firma Krupp zugegeben wird, mindestens eine Bestechung ist. Hier von einer Lappalie zu sprechen, ist geradezu frivol. Dann kommt eine schöne Bemerkung, darauf muß die Firma Krupp sich ein Patent geben lassen. Es wird von einer strafbaren Mitteilsamkeit gesprochen. Alles dies beweist, daß die Firma Krupp bisher noch nicht recht den Ernft der Situation eingesehen hat, und es beweist in höherem Grade, als ich es beweisen konnte, daß die öffentliche Moral in außerordentlich bedenklichem Maße zu wünschen übrig läßt. Hat man sich doch sogar nicht gescheut, mir politische Heuchelei vorzuwerfen, Hugenberg sagte, im Grunde genommen gebe es keinen Fall Krupp, sondern einen Fall Liebknecht. Das ist ein solches Maß von Selbsttäuschung, daß es nicht mehr ernst genommen werden kann. Die Firma Krupp hätte alle Veranlassung, nicht weiter durch derartige Auslassungen die Oeffentlichkeit aufzuregen. Alles, was ich gesagt habe, halte ich auf⸗ recht. Es ist auch alles im wesentlichen bereits bestätigt worden. Durch ihre Erklärungen hat mich die Firma Krupp der Mühe ent⸗ hoben, noch weitere Dinge hier vorzubringen, die ich sonst für nötig gehalten hätte. Ich will mich nicht weiter mit der Firma befassen. Ich will nicht darauf eingehen, daß Friedrich Krupp Ritter der französischen Ehrenlegion war, und will nicht davon sprechen, daß es nicht das Verdienst Krupps, sondern Napoleons war, daß im Jahre 1870 die Knochen der deutschen Soldaten nicht von Kruppschen Kanonen zerschmettert worden sind. Ich will mich nur auf eine Bemerkung beziehen, die von einem Fachmann in einem Briefe an Herrn v. Perbandt gemacht worden ist in bezug auf die Firma Krupp, daß unter allen Firmen keine so umfangreich und systematisch mit anderen als technischen Mitteln arbeitet, als die Firma Krupp. Das ist auch diplomatisch ausgedrückt, aber wir verstehen es. Der Kriegsminister würde sich einen ausge⸗ zeichneten Rückhalt sichern können in der gesamten Oeffentlichkeit, wenn er die von dem „Lokal⸗Anzeiger“, dem offiziösen Organ der Offiziers⸗ Camarilla, angekündigte Enquête mit aller Strenge rücksichtslos durchführen würde. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß es Aufgabe dieser Kommission und auch Aufgabe des Reichstags ist, sich nicht nur auf die Ausübung des Kontrollrechtes zu beschränken, sondern daß wir auch mit Rücksicht auf das Budgetrecht des Reichs⸗ tags das Recht haben, über den gesamten Umfang der Amtsführung der betreffenden Minister Klarheit zu verlangen. Der Kriegsminister wird in dieser Hinsicht allerdings großen Schwierigkeiten begegnen, denn die Widerstände seitens der Rüstungsinteressenten gegenüber der Aufdeckung dieser Machenschaften werden groß sein. Es sind gewaltige Kapitalien, welche die Rüstungen überdies in der Hand haben. Durch die Kartellierung des Kapitals werden enge Verbindungen zwischen den deutschen und ausländischen kapitalistischen Unternehmungen hergestellt. Der Kriegsminister wird bei dieser Enquete⸗Kommizsion schwereren Versuchungen unterliegen, als der Heilige Antonius. Er wird zwischen der Sympathie des Kapitals oder der großen Menge des Volkes sich entscheiden müssen. Besondere Posten der Militärverwaltung dienen systematisch zu Durchgangsposten für gute Pfründe in der Privat⸗ industrie. Viele solcher Herren gehen jetzt noch in den Militaͤrwerk⸗ stätten ein und aus. Ich wollte die Machenschaflten des internationalen Rüstungskapitals treffen. Jetzt hat es sich herausgestellt, daß auch der Tranevaal⸗Krieg durch englisches Kapital entstanden ist. Das französische hat in fast verbrecherischer Weise Serbien und Bulgarien Kriegsmaterial aufgedrängt und so am Balkankriege mit schuld. Die Solinger Waffenindustrie freut sich geradezu, daß sie so viel Aufträge aus dem Auslande erhält. Sie liefert an Rußland, mit dem allein ein Krieg möglich ist. Der Kriegsminister hat Dillingen abgeschüttel aber sein Kollege in der Marineverwaltung bezieht von dort Panzerplatten Dieser wie der Reichskanzler haben sich dazu nicht geäußert. De Kriegsminister hat den Brief der Waffen⸗ und Munitionsfabrike nicht so aufgefaßt wie andere. andere Stelle getan gestanden. Ein Jahr später wurde ihr Leiter, v. Gontard, dur besonderes Königliches Vertrauen berufen. Ein Bruder von ihm ist à la suite. (Zurufe: Nein, nein) Also nicht. spruch zeigt mir, daß alle meine anderen sind. Dieser Herr ist auch Mitglied des und außerdem Kommerzienrat. Ihr Gelächter ist nur ein Ver deckungs⸗ und Vertuschungsmanöver. (Der Präsident Ausdruck.) Es Angelegenheit auf diese Weise verdecken wollen. ist mir, daß v. Gontard nach Veröffentlichung in das Herrenhaus berufen ist.
lassen und Sie durften mir nicht in dieser Weise entgegentreten
Diese selbe Waffen⸗ und Munitionsfabrik kann ich Ihnen noch in Wir haben den Beweis dafür, daß das Rüstungskapital versippt und konzerntert ist, noch nicht buchstäblich
einer neuen Rolle vorführen.
führen können; jetzt kann ich diesen Beweis liefern. Es sind kartelliert seit 1905, ergänzt 1907, die Deutschen Waffen⸗ und Munitionsfabriken in Berlin, die Waffenfabrik Mauser⸗Oberndorf, die österreichische Waffenfabrik in Wien und die „Fabrique nationale“ in Belgien, die wesentlich mit frantösischem Kavital arbeitet. Der erste Vertrag bezieht sich nur auf Rußland, Javan, China und Abessinien; der zweite aber auf alle übrigen Länder, mit Ausnahmen, wodurch einzelne Länder den einzelnen Firmen reserviert werden. Ja, es ist Oesterreich der österreichischen Fabrik, der deutschen Waffen⸗ und Munitionsfabrik reserviert
“
(Große
Das hat vielleicht nur noch eine Im Dezember 1910 hat der Brief im „Vorwärts“
in das preußische Herrenhaus
Flügeladjutant und General Ihr jetziger Wider⸗ Behauptungen wahr Johanniterordens
rügt diesen kann keinen guten Eindruck machen, wenn Sie die Das Wesentlichste des Briefes Das mußte Sie verstummen
Deutschland
Heiterkeit rechts, Rufe: Na also!) Sie scheinen die Trag⸗ weite der Sache nicht zu erfassen, oder wollen Sie sich durch dieses Gelächter und dieses Verhalten mit schuldig machen an diesen Manipulationen? Es wird in dem Vertrag den Kontrahenten ein Profit garantiert, und die Firmen garantieren sich gegenseitig das Monopol in den einzelnen Ländern. Der österreichischen Fabrik wird die Lieferung nach Serbien und Bulgarien überlassen. Ich halte für erforderlich, darauf hinzuweisen, daß zu einem guten Teile Oesterreich die Waffen für Serbien und Bulgarien liefert. Dieses Dokument bewetst die außerordentliche Gefährlichkeit des Rüstungskapitals für den Völkerfrieden und die Internationalität dieses Kapitals. Das sind die großen Patrioten, die es wagen, uns vorzuwerfen, wir seien Agenten des Auslandes! Dieselbe Munitions⸗ und Waffenfabrik, deren Leiter im Preußischen Herrenhause sitt, ist beteiligt an einem internationalen Konzern, der auch Rußland mit Waffen versorgt. Wir unterschätzen ganz gewiß nicht die Kriegsgefahr, die durch die Bonapartistischen Schürer der Kriegshetze vom Schlage der „Post“ droht, auch nicht die Bedeutung der Kamarilla, für die auch der deutsche Kronprinz hier im Hause gegen den Kriegsminister demonstriert hat. (Präsident Dr. Kaempf ruft den Redner zur Ordnung). Gerade nach den Verhandlungen im Reichstage war es ja die „Post“, die sich in heftigen, unerhört rohen Ausfällen gegen Frankreich nicht genug tun konnte, sodaß sogar de Reichskanzler einzuschreiten für nötig hielt. Solche Ausschweifungen leistet sich auri sacra lumes, der verfluchte Hunger nach Gold beim Rüstungskapital. Es handelt sich gegenwärtig um jenes sagenhafte Prestige der Großmächte, besonders Oesterreichs, das gefährdet sein will; das ist aber nur ein Prestige der österreichischen Diplomatie. Das Prestige der öͤsterreichischen Diplomatie hat aber nicht die Be⸗ deutung, um einen Anlaß zu bieten für eine internationale Ausein⸗ andersetzung. Die Völker haben keine Veranlassung, für die Sünden der Diplomatie sich in den Krieg hineinhetzen zu lassen. Im Interesse der Aufrechterhaltung des Friedens ist es erforderlich, vor aller Welt auf die kapitalistische Clique hinzuweisen, deren Interesse und deren Nahrung der Krieg ist. Da ist es erforderlich, den Völkern zuzurufen: Das Vaterland ist in Gefahr, aber nicht wegen äußerer Feinde, sondern wegen gefährlicher innerer Feinde, wozu insbesondere die Rüstungs⸗ interessenten gehören!
Preußischer Kriegsminister, von Heeringen: 8
Meine Herren! Ich gehe auf die Ausführungen der einzelnen Redner zu meinem Gehaltstitel nach und nach ein. Hier und da ist es mir allerdings zweifelhaft geblieben, wie weit einzelne Aus⸗ führungen mit dem Gehalt des preußischen Kriegsministers in Zu⸗ sammenhang stehen. (Sehr gutV! rechts.)
Der Herr Abg. Gunßer hat ein warmes Wort für seinen Heimatsort eingelegt. Gewiß, kleine Garnisonen haben was für sich und was gegen sich. (Große Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Ich kann nur erneut versichern, daß die Heeresverwaltung den Vor⸗ teil kleiner Garnisonen, namentlich für die Erziehung unserer Sol⸗ daten, völlig einsieht. Sie werden auch, meine Herren, wenn die Heeresvorlage Gesetz wird, erkennen, daß dieser Gesichtspunkt in die Praxis übertragen wird. (Bravo! rechts.)
Auf die Ausschlachtung des Falles Krupp und auf das, was der Herr Abg. Liebknecht heute noch dazu bemerkt hat, gehe ich heute nicht mehr ein. Was ich zu sagen gehabt habe, habe ich be⸗ reits gesagt. Die Angelegenheit liegt in der Hand der preußischen Gerichte, und damit ist für jedermann die Sicherheit und die Gewiß⸗ heit gegeben, daß der Fall untersucht, klargestellt und ohne Ansehen der Person beurteilt wird. (Bravo! rechts.)
Der Herr Abg. Liebknecht hat darauf Bezug
General der Infanterie
genommen, daß
[frühere Offiziere jetzt in Privatbetrieben angestellt seien und
bei uns aus⸗ und eingingen; er hat daraus die Folgerung gezogen, daß sie in irgendeiner unlauteren Weise auf die Entschlüsse der Heeresverwaltung Einfluß übten. Dagegen muß ich entschiedene Ver⸗ wahrung einlegen. Die betreffenden Offiziere und Beamten bei uns sind sich bei ihren Entscheidungen ihrer Verantwortlichkeit voll und ganz bewußt, und wenn ein Offizier, der früher mit ihnen in dienst⸗ licher Beziehung gestanden hat, nun, weil er inzwischen in einem Privat⸗ betrieb eingetreten ist, an sie herantritt, dann wird die Angelegen⸗ heit genau so beurteilt, wie es geschieht, wenn ein Herr, der nicht früher mit ihnen in Beziehung stand, dabei beteiligt ist.
Ich muß mich vor allen Dingen aber dagegen wehren, daß Herr Abg. Dr. Liebknecht heute schon wieder von Verdunkelungs⸗ und Ver⸗ tuschungsversuchen spricht. Ich weiß nicht, wo solche stattfinden; die Heeresverwaltung hat jedenfalls unbedingt nichts damit zu tun. Ich glaube: jedermann weiß, daß der Kriegsminister vom ersten Moment an, wo er die Anzeige bekommen hat, sich an die Stellen gewandt hat, die in Betracht kommen: an die Polizei, an die Gerichte. Von dem Moment ab hat der Kriegsminister mit der Angelegenheit nichts mehr zu tun. Er hat abzuwarten, was das Gericht darüber für ein Urteil gewinnt,
Herr Abg. Dr. Liebknecht hat schwere Entscheidung an mich herantreten, nauck gebraucht — ob mit Absicht, lasse ich dahingestellt —, der Kriegsminister werde den Versuchungungen gunterliegen, de an ihn herantreten. (Lebhafte Zurufe bei den Sozialdemokraten: Hat er gar nicht gesagt!) Meine Herren, dagegen muß ich mich doch mit Entschtedenheit verwahren. Den Versuchungen unterliege ich ganz gewiß nicht. Ich führe mein Amt so, wie ich es für gerecht halte 8— — — (Lebhafter Beifall rechts. — Zurufe bei den Sozial⸗ demokraten: Mißverstanden!)
Der Mißhandlungsfall beim 3. Gardeulanenregiment, der neulich seine Ahndung durch das Oberkriegsgericht des Gardekorps gefunden hat, ist im höchsten Grade bedauerlich. Es ist bedauerlich, daß sich die alten Mannschaften derartige Ausschreitungen gegen ihre jüngeren Kameraden zuschulden haben kommen lassen. Ich habe aber auüch darauf hingewiesen, daß ich bereits im März v. J. diesen Mißstand zum Gegenstand einer Verfügung an die General⸗ kommandos gemacht habe, daß ich ihre Aufmerksamkeit darauf hin⸗ gelenkt habe und daß nun hoffentlich Remedur eintritt. Die Kriegs⸗ gerichte sind jetzt auch bestrebt, scharf einzugreifen. Damit wird die Angelegenheit auch ihre Erledigung finden. (Zuruf bei den Sozial⸗ demokraten.) — Bei jeder derartigen Sache wird auch beurteilt, wie⸗ weit sich der Vorgesetzte dabei eine Unterlassungssünde hat zuschulden kommen lassen. Das ist auch hier geschehen. Der betreffende Offizier
wird, wenn etwas derartiges in seinem Befehlsbereich vorkommt, das a nicht gesehen hat, sich schon selbst darüber Vorwürfe machen. Der Vorwurf liegt nicht darin, daß er das nicht gesehen hat, sondern
arin, daß es an Vertrauen seiner Untergebenen zu ihm mangelt. Das wird jeder von den Herren fühlen. Sie können sich darauf ver⸗ lüssen, daß nach dieser Richtung alles Nötige veranlaßt wird und die
Vorgesetzten scharf beurteilt werden. er Herr Abg. Stücklen ist dann des längeren und breiteren auf
gesagt, es werde eine und hat den Aus⸗
S„ den Gruntstücksaustausch eingegangen, den die verbündeten Regierungen
getan hat.
würfe gegen Herrn Kommerzienrat Richter sind hinfällig.
Ich rufe auch den Ab
aus dem Etat zurückgezogen baben. Ich kann nur darauf hinweisen daß hier ein Wunsch vom Chef des Militärkabinetts überhaupt nicht in Frage kam, sondern lediglich die schlechte Einrichtung seiner Bureaus. Das Kriegsministerium hielt dieses Geschäft für nützlich. Es hat damals alles getan, was es für seine Pflicht hielt, um dieses Geschäft nicht scheitern zu lassen. (Hört, hört! rechts.) Wenn das jetzt von einem andern Gesichtspunkt hetrachtet wird, so bedaure ich das; aber jedenfalls hat in keiner Welse die Absicht vorgelegen, das Budgetrecht des Reichstags anzugreifen. Das zeigt sich dadurch, daß wir doch dem Reichstage diese Etatsvorlage in gutem Glauben unterbreitet haben; sonst würden wir auch das unterschlagen haben. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Auch? — Große Heiterkeit links.) — Meine Herren, dieses „auch“ gebe ich Ihnen preis. Ich habe damit nur sagen wollen: in dem Moment, wo wir dem Reichstag diese Etatsvorlage unterbreiteten, mußten Sie anerkennen, daß wir des guten Glaubens gewesen sind, das Budgetrecht des Reichstags nicht verletzt zu haben. Ich habe im übrigen keine Veranlassung, auf diese An⸗ gelegenheit einzugehen, die nicht mehr Gegenstand der Etatsberatung ist.
Der Herr Abg. Stücklen hat aber die Gelegenheit benutzt, die Stellung des Militärkabinetts zum Kriegsministerium im allgemeinen und speziell zu erörtern. Der König von Preußen führt den Oberbefehl über das Heer auf Grund des Art. 46 der preußischen Verfassung, und zur Ausführung dieser Kommandogewalt bedarf er selbstverständlich einer ganzen Anzahl von Immediatstellen. Außer dem Kriegeminister und dem Chef des Militärkabinetts sind das der Chef des Generalstabes der Armee und eine ganze Anzahl von Generalinspekteuren. Wenn die alle unter dem Kriegsminister stehen sollten, dann würde der Kriegsminister diejenige Stelle sein, die außerdem noch das Kommando über das preußische Heer zu führen hätte. Das ist aber nicht der Fall. Solange die preußische Ver⸗ fassung zu Recht besteht und der König von Preußen den Oberbefehl über sein Heer führt, solange hat er auch das Recht, diese Immediat⸗ stellen direkt unter sich zu stellen, nicht unter den Kriegs⸗ minister. Es bestehen aber auch immer noch falsche Vorstellungen über diese Verhältnisse. Natürlich können unter diesen Immediat⸗ stellen Meinungsverschiedenheiten vorkommen, und das ist auch recht gut, wenn wir nicht immer alle einer Meinung sind. Denn nur durch den Ausgleich der Meinungen wird die Sache selbst gefördert. Ich als Kriegsminister habe voll und ganz Gelegenheit, meine Ansichten meinem Allerhöchsten Herrn vorzutragen, und nie und nimmer ist der Fall vorgekommen, daß ich einen Befehl von einer unverant⸗ wortlichen Stelle einfach so glatt ins Haus geschickt bekommen hätte. Es ist auch ein absolut falscher Gesichtspunkt, wenn man annimmt, daß das Militärkabinett die Kontrollinstanz des Kriegs⸗ ministeriums wäre. Ich will nicht sagen, es ist umgekehrt, sondern wir stehen nebeneinander und tragen Seiner Majestät vor, was wir beide für richtig halten. An die Entscheidung des Kaisers ist der Kriegs⸗ minister gebunden, und wenn er diese Entscheidung nicht vertreten kann, gibt es nur einen Ausweg, das Ausscheiden.
Der Herr Abgeordnete hat dann darauf hingewiesen, daß so eine kleine Gruppe da wäre, die jetzt Angriffe gegen den Kriegs⸗ minister unternimmt, und er hat direkt gesagt, daß die aus Armee⸗ kreisen kämen. Ich will das erstere nicht leugnen, das letztere aber entschieden bestreiten. Die Armee ist nicht derartig degeneriert, möchte ich beinahe sagen, daß sie Front gegen den Kriegsminister macht. Das widerspricht dem Wesen der preußischen Armee, und deshalb ist es durchaus nicht der Fall, daß hinter diesen Angriffen, die in der Presse erfolgt sind, die preußische Armee steht. Auch von einer Militärkamarilla ist mir absolut nichts bekannt.
Aber ganz besonders muß ich Peotest erheben, daß der Herr Ab⸗ geordnete hinter diese kleine Gruppe sogar den Chef des Militär⸗ kabinetts gestellt hat. Er hat dafür nicht den geringsten Beweis erbracht, und da diese Behauptung eine schwere Beschuldigung dieses Herrn ist, so möchte ich das, solange er keinen Beweis erbracht hat, als unzutreffend hier bezeichnen. Aber auch, wenn der Herr Abgeordnete glaubt, durch seine Ausführungen die Stellung des Kriegsministers gegenüber dieser Kamarilla stärken zu müssen, so bin ich für die gute Absicht ihm sehr dankbar, aber ich glaube, das nicht annehmen zu können. Ich glaube, jeder Angriff seitens der Herren Sozialdemokraten ehrt den preußischen Kriegsminister (große Unruhe und Zurufe von den Sozialdemokraten), und jeder derartige Angriff zeigt, daß der preußische Kriegsminister nur einfach seine Pflicht und Schuldigkeit (Lebhaftes Brav! rechts — Zurufe von den Sozial⸗ demokcaten: Waffen⸗ und Munitionsfabrik, der Fall Gontard!)
Generalleutnant Staabs: Bei Grundstückskäufen verfährt die Verwaltung mit peinlichster Genauigkeit. Das Enteignungsrecht wird auch angewendet. Wenn bei den Ankäufen für den Truppenübungs⸗ platz Zossen Spekulationsgewinne gemacht worden sind, so trägt die Verwaltung nicht die Schuld. Das Gelände mußte aus kleinen Parzellen zusammengekauft werden, und diese sind vor den Toren Berlins natürlich teurer als anderswo. Der Erwerb dieser Parzellen geschah in den Jahren 1905 bis 1907. Erst im Juli des Jahres 1907 sind seitens der Verwaltung die ersten Aufträge zum Erwerbe gegeben worden. Es ist heute so hingestellt worden, als ob der Bürgermeister von Zossen großen Gewinn dabei gehabt hat. Er hat sein Gebiet zuerst gar nicht verkaufen wollen, und es bedurfte erst längerer Unterhandlungen. Von dem Enteignungs⸗ recht machen wir aber erst dann Gebrauch, wenn es uns nicht gelingt, den Grund und Boden innerhalb des Taxwertes zu erlangen. Das ist uns bei Zossen gelungen. Ob vorher Unternehmergewinne gezahlt worden sind, das entzieht sich unserer Kenntnis. Die Vor⸗
Er hat nur den angemessenen Prozentsatz bekommen. Erwähnen will ich auch, daß er uns ein Gelände von 300 Morgen, das er vorher ge⸗ kauft hatte, zum Ercerbspreise abgegeben hat. Er hat also das fiskalische Interesse, nachdem er den Auftrag erhalten hat, in jeder Weise gewahrt.
Abg. Liesching (fortschr. Volksp.): Dr. Liebknecht hat den deutschen Waffenfahriken einen Vorwurf gemacht, daß sie an das Ausland liefern. Wenn diese Fabriken uns aber erhalten bleiben sollen, müssen sie solche Aufträge haben. Das liegt doch im Inter⸗ esse der verheirateten Arbeiter, die es selbst außerordentlich bedauern, wenn solche Aufträge ausbleiben.
Abg. Haase⸗Königsberg (Soz.): Der Kriegsminister hat es unterlassen, auf das Tatsächliche einzugehen. Er nahm sich heraus, seine Rede zu schließen mit den Worten, der Angriff der Sozial⸗ demokratie ehre das Kriegsministerium. Gegen diese Ueberhebung des Kriegsministers . . .
Dr. Kaempf: Es ist unparlamentarisch, dem Kriegs⸗ minister Ueberhebung vorzuwerfen. (Zuruf des Abg. Simon: Das war eine Unverschämtheit vom Kriegsminister!) Ich rufe Sie wegen dieses Ausdrucks zur Ordnung. Soeben wird mit mitgetetlt, daß der Abg. Simon den Ausdruck „Unverschämtheit“ gebraucht hat. Simon zur Ord
Abg. Haase⸗Königsberg (Soz) (fortfahrend): Der Kriegs⸗ minister überschritt den Rahmen seiner verfassungsmäßigen Befugnisse, wenn er die Kritik von einer Seite dieses Hauses in dieser verächt⸗ lichen, beleidigenden Weise abtut. Es ist seine Aufgabe, sich die Kontrolle des ganzen Hauses gefallen zu lassen. Er hat kein Recht, mit einer verächtlichen Geberde diejenigen zu verletzen, die so oft zum Segen seiner Verwaltung die Kritik ausgeübt haben, ob diese Kritik ihm paßt oder nicht.
Persönlich bemerkt der
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Soeben teilt mir General leutnant Staabs mit, daß ich mit der Behauptung über den Brude des Herrn von Gontard doch recht gehabt habe. Die Herren auf der Rechten haben sich also selbst ausgelacht. Der Kriegsminister hat mir vorgeworfen, ich hätte behauptet, er würde der Versuchung er liegen. Ich habe im Gegenteil nur auf diese Versuchung hingewiesen und anerkannt, daß er bisher seine volle Schuldigkeit getan hat. Ich habe mir erlaubt, den getreuen Eckard des Kriegsministers zu spielen Dem Abg. Liesching will ich erwidern, daß er meine Ausführungen über die großen Aufträge der Gewehr⸗ und Waffenfabriken vollkommen mißverstanden hat. Ich wollte nur feststellen, daß diese vier Fabriken in denen deutsches, österreichisches, französisches und belgisches Kapital Fexmfein em arbeitet, sich die ganze Welt bei Lieferungen aufgeteil haben.
Bei den Ausgaben für die Kommandanten beantragt
Abg. Fehrenbach (FZentr.): Die Stellen der abgelehnten Kommandanten von Karlsruhe und Darmstadt mit pensionierten Stabsoffizieren mit Regimentskommandeurrang und die von Dresden
und Stuttgart mit vpensionierten Generalen mit Brigadekommandeur⸗ rang zu besetzen. Der Effekt sei nur 10 000 ℳ, ein Auf⸗
Gouverneure und
wand, der viel geringer ist, der von der Kommission gestrichene und doch bewilligte zweite Die or.
Abg. Dr. Haas (fortschr. Volksp.): Die Ablehnung hat in Baden große Mißstimmung hervergerufen, da die Stelle 40 Jahre bestanden hat. In Baden sieht man dies direkt als eine Unfreund- lichkeit des Reichstages an.
Abg. Graf Westarp (dkons.): Die Ablehnung des Komman⸗ danten von Königstein beseitigt dort den einzigen Offizier. Dieser ist aber doch nötig, weil viel Kriegsmaterial lagert und wegen Spionage Verurteilte, die dort ihre Strafe abbüßen, vorhanden sind.
Preußischer Kriegsminister, General der Infanterie von Heeringen:
Meine Herren! Ich kann die Annahme der Anträge von meinem Standpunkt aus selbstverständlich nur sehr warm befürworten. Wir haben Ihnen die Gründe in der Kommission eingehend auseinander⸗ gesetzt, warum eine Streichung der Kommandantenposten nach unserer Auffassung nicht angängig ist.
Es ist hervorgehoben worden, daß der Kommandant von Karlsruhe durch die Konvention nicht gedeckt werde. Ich betone noch einmal: wenn man Zweifel an dem Inhalt eines Vertrages hat, muß man doch auf den Vertragswillen der beiden Kontrahenten zurück⸗ gehen. In dem vorliegenden Falle hat zwischen Preußen und Baden niemals ein Zweifel darüber bestanden, daß der Kom⸗ mandant unter die Konvention siele. Nun hören Sie die Stimmen, die aus Baden herüberkommen. Das Verhältnis, in das Sie Preußen bringen wollen, ist gelinde gesagt, recht unangenehm, denn wir sind nicht mehr in der Lage, die Pflichten zu erfüllen, die Baden eigentlich von Preußen voraussetzt. Eine ganze Anzahl von Mobilmachungsgeschäften lasten auf dieser Stelle, und es ist ganz naturgemäß, daß, wenn im Mobilmachungsfalle alle anderen Stellen die Stadt verlassen, nur ein schon vorhandener Kommandant sie sachgemäß erledigen kann.
Der Kommandant von Königstein ist entweder in der bisherigen Form oder in einer anderen eine unbedingte Notwendigkeit; denn eine Spitze muß oben auf der Festung zur Wahrnehmung der verschiedenen Friedensverwaltungen, namentlich auch zur Beaufsichtigung der Festungsstubengefangenen, in irgend einer Form vorhanden sein. (Sehr richtig! rechts) Es geht nicht an, wenn dort das Kommando alle 14 Tage wechselt. Es können dann unmöglich die dieser Stelle obliegenden Arbeiten ordnungsmäßig erledigt werden. Wenn die Kommandantenstelle einfach gestrichen wird, muß das sächsische Kontingent einen Offizier dahin kommandieren, der mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet wird, wodurch die ganze Sache noch teurer werden würde.
Ich kann also nur bitten, daß die verschiedenen Anträge Ihre Zustimmung finden. (Beifall rechts.)
Der Antrag Fehrenbach wird abgelehnt; dagegen stimmt mit den Sozialdemokraten, der fortschrittlichen Volkspartei und den Polen auch etwa die Hälfte des Zentrums. Auch der Antrag des Grafen Westarp wird abgelehnt.
Zu den Ausgaben für Adjutanten usw. erklärt
Preußischer Kriegsminister, General der Infanterie
von Heeringen:
Das hohe Haus hat zur zweiten Lesung des Militäretats bei
diesem Titel folgende Resolution angenommen: „Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bis zur dritten Lesung des Reichshaushaltsetats 1913 alle Vorbereitungen zu einer ent⸗ sprechenden Verminderung der Zahl der persönlichen Adjutanten zu treffen“. Um diesem Wunsche zu entsprechen, wird vorgeschlagen, bei dem Tit. 3 den Betrag für 10 Adjutantenstellen — 5 Hauptleute und 5 Ober⸗ leutnants — als erspart in Abrechnung zu bringen. Die endgültige Regelung des Etatsansatzes würde für 1914 vorbehalten bleiben, da es in den wenigen Tagen, die zwischen der 2. und 3. Lesung gelegen haben, nicht möglich gewesen ist, diese zum Abschluß zu bringen.
Es wird daher gebeten, diesen und die sonst noch dadurch be⸗ rührten Titel vorbehaltlich der rechnerischen Richtigstellung durch das Bureau im Sinne der vorstehenden Erklärung zu bewilligen. Die Rückrechnung würde für das halbe Jahr vom 1. Oktober 1913 ab erfolgen. G“
Bei den Ausgaben für die Geldverpflegung Truppen geht unter großer andauernder Unruhe des Hauses der
Abg. Zubeil (Soz.) ausführlich auf die Erörterungen in zweite Lesung über die Musikkapellen und ihre Konkurrenz für die Zivil berufsmusiker ein und tritt den bezüglichen Ausführungen des General⸗ Wandel in jedem „einzelnen Punkt entgegen. Vor allem dürfe di Uniform des Militärmusikers nicht mehr zu privaten Erwerbszwecke gemißbraucht werden.
Zu den Ausgaben für das Bekleidun gswesen be merkt der
Abg. Diez⸗Konstanz (Zentr): Die Vorwürfe von sozial demokratischer Seite, als ob eine katholische Jungfrauenorganisation in Straßburg den Heimarbeiterinnen dadurch scharfe Konkurrenz mache, indem sie die Unterkleider für die Solraten zu billigeren Preisen her⸗ stelle, muß ich als unberechtigt zurückweisen. Der fragliche Verein