1913 / 101 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Nachdem das Haus den Gesetzentwurf angenommen hat, tritt es in die zweite Beratung des Entwurfs eines Eisenbahnanleihegesetzes sfür 19183) ein, mit der die Besprechung der Denkschrift uͤber die Entwicklung der neben⸗ bahnähnlichen Kleinbahnen in Preußen und der Nachweisungen über die Verwendung des Fonds zur Förderung des Baues von Kleinbahnen verbunden wird. Für die Beratung ist ein be⸗ sonderer Beratungsplan aufgestellt. Die Lokalwünsche sollen bei der allgemeinen Besprechung in der dritten Beratung vor⸗ gebracht werden.

Die Budgetkommission hat die Vorlage in allen ihren Teilen unverändert angenommen und beantragt, die Denk⸗ schrift durch für erledigt zu erklären.

Die Vorlage fordert einen Kredit von im ganzen 542 520 000 und zwar 70 387 000 zum Bau von 6 Haupt⸗ bahnstrecken, 55 924 000 zum Bau von 11 Nebeneisenbahnen, 7764 000 zur Beschaffung von Fahrzeugen infolge des Baues dieser Eisenbahnen, 109 979 000 zur Herstellung von zweiten und weiteren Gleisen auf 17 Eisenbahnstrecken, 100 966 000 zu besonderen Bauausführungen, 190 Mil⸗ lionen zur Beschaffung von Fahrzeugen für die bestehenden Staatsbahnen und 71 ½ Millionen zur weiteren Förderung des Baues von Kleinbahnen.

Abg. Hirsch⸗Essen (nl.) erstattet an Stelle des ver⸗ hinderten Abg. Macco den allgemeinen Bericht über die Vor⸗ lage und den Spezialbericht über die Beschaffung von Fahr⸗ zeugen für die bestehenden und für die neu vorgeschlagenen Bahnen.

Die Forderungen der Vorlage Positionen werden genehmigt.

Den Bericht über die Kleinbahnen und über die Denk⸗ schrift erstattet Abg. Brütt, Rendsburg (freikons.). Die Forderung von 7 ½ Millionen wird bewilligt und die Denk⸗ schrift für erledigt erklärt.

Ueber die vorgeschlagenen Eisenbahnbauten für Ost⸗ preußen, Westpreußen, Brandenburg und Pommern berichtet Abg. Dr. Busse (kons.). 1 darauf bezüglichen Positionen werden ohne Diskussion bewilligt. 1

Berichterstatter für die Bahnbauten in Posen und Schlesien ist Abg. Freiherr von Richthofen.

In Schlesien soll eine Hauptbahn von Arnsdorf Kreis Liegnitz) nach Neuhof geführt werden; für Grunderwerb sind 500 000 Mark gefordert.

Referent Abg. Freiherr von Richthofen: Gegen die projektierte Güterverkehrsumgehungsbahn Arnsdorf —Neuhof sind Bemängelungen geltend gemacht worden in zwei Petitionen der Stadtvertretung und der Handelskammer von Liegnitz. Die projektierte Bahn soll Liegnitz südlich umgehen; die Petenten wenden sich auf das entschiedenste dagegen, daß das hier gelegene neue Villenviertel direkt durch⸗ schnitten und die Villenkolonie dadurch ruiniert wird. Es wird ersucht, die geforderte Summe abzulehnen und statt dessen dafür einzutreten, daß der Staatsbahnhof Liegnitz eergletf, aus⸗ gebaut wird. Den vollen viergleisigen Ausbau hält der Minister nicht für durchführbar, weil dadurch der schon weit vorgeschrittene Umbau des Bahnhofs wieder zerstört werden würde; der Minister hat aber zugesagt, den Wünschen und Interessen der Stadt Ktegni weitgehende Berücksichtigung zuteil werden zu lassen. Die Kommission hat sich dahin geeinigt, die Summe zu bewilligen, aber gleichzeitig eine Resolution gefaßt, die Regierung zu ersuchen, die vom Minister in Aussicht gestellte, weitgehende Berücksichtigaung

der Interessen der Stadt Liegnitz zur Ausführung zu bringen; durch die Beschlußfassung sollen die Petitionen für erledigt erklärt werden. Inzwischen ist eine neue Petition der städtischen Körperschaften der Stadt Liegnitz an das Haus gekommen, worin gewünscht wird, daß der Minister nochmals Ermittelungen anstellen möge über die beste Art der Ausführung des Projekts der Umgehungsbahn und weiter die Herumführung im Norden der Stadt odec, wenn das nicht möglich sein sollte, im Süden mindestens so weit weg von der Stadt er⸗ folgen solle, wie eine Einzeichnung auf einer überreichten Karte andeutet. Die Kommission hat sich mit dieser Petition noch nicht befassen können; die Mitglieder des Hauses, die über sie sich besprochen haben, glauben nicht, daß man auf die letzterwähnte Forderung sich einlassen kann, weil der Minister nicht in dieser Weise festgelegt werden darf. Es ist aber eine Einigung über folgenden Antrag herbei⸗ geführt worden, der von den Abgg. Fischbeck, Dr. Porsch und Witz⸗ mann im Verein mit uns eingebracht ist: „die Regierung zu ersuchen, dafür Sorge zu tragen, 1) daß die geplante Umgehungsbahn möglichst im Norden der Stadt Liegnitz herumgeführt wird, 2) daß bei der Aus⸗ führung der Bahn die städtkebaulichen Interessen der Stadt Liegnitz unnd die von dieser aufgestellten Bebauungspläne weitgehendste Berück⸗ ssichtigung erfahren“. Her Minister hat in der Kommission erklärt, die Regierung beschäftige sich auch mit dem Gedanken eines Tunnels südlich von Liegnitz, um eine Schädigung des Villenviertels zu ver⸗ meiden. Vielleicht äußert sich die Regierung im Interesse weiterer Klärung dieser Frage.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach: Meine Herren! Der Beschluß Ihrer Kommission, die ge⸗ forderten 500 000 zu bewilligen und die Staatsregierung zu er⸗ suchen, die von dem Minister in Aussicht gestellte weitgehendste Be⸗ rücksichtigung der Interessen der Stadt Liegnitz zur Ausführung zu bringen, deckt eigentlich alle diejenigen Wünsche, die der Herr Bericht⸗ erstatter uns soeben vorgetragen hat. Ich bestätige hiermit aus⸗ drücklich, daß die Staatsregierung dem Beschlusse der Kommission

für die letzteren beiden

Ich habe in der Zwischenzeit die strittigen Fragen, nachdem sie erneut von den berufenen Vertretern der Stadt Liegnitz vorgetragen worden sind, einer sorgfältigen Nachprüfung unterziehen lassen, und 1 daraus ergibt sich, daß nur zwei Linien in Frage kommen können: eine Westlinie, die westlicher liegt als die in den Plan eingezeichnete, die also das städtische Bebauungsgelände auch in höherem Maße schont, und eine nördliche Linie. Ich will heute nicht in Abrede stellen, daß eine nördliche Linie erwägenswert ist und daß bei den weiteren Vorarbeiten auf ihre Durchführung Rücksicht zu nehmen sein wird. Ich meine aber, meine Herren, daß der Antrag 1547, der ja wohl von den sämtlichen großen Parteien unterstützt ist, in seinem Absatz 1 zu weit geht. 8 Wenn in dem Absatz 1 die Staatsregierung ersucht wird, dafür Sorge zu tragen, daß die geplante Umgehungsbahn von Arnsdorf nach Neuhof möglichst im Norden der Stadt Liegnitz herumgeführt wird, o ist damit die Voraussetzung ausgesprochen, daß diese Linie unter Ulen Umständen möglich ist, was ich heute noch nicht bestimmt aus⸗ sprechen kann. Ich würde daher primo loco bitten, den Beschluß der Kommission auch hier im Plenum des Hauses anzunehmen. Die Nr. 2 des Antrags 1547 deckt sich vollkommen mit dem Inhalt des Beschlusses der Kommission. Weitgehendste Berücksichtigung der In⸗ teressen der Stadt Liegnitz ist doch selbstverständlich, die Berücksichtigung der Stadt in städtebaulicher Hinsicht, auch bezüglich des aufgestellten Bebauungsplanes. Ich glaube daher, es besteht eigentlich kaum eine 1 is rgfältige Prüfung,

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Nordlinie möglich ist; tunlichste Berücksichtigung, wenn sie möglich ist, und im übrigen weitgehendste Berücksichtigung der Interessen der Stadt Liegnitz.

Das wir das dritte und vierte Gleis durch Liegnitz nicht hindurch⸗ führen können, das steht fest, daran ist nicht zu rütteln. Ich habe die betrieblichen Gründe in der Kommission des näheren auseinander⸗ gesetzt.

Wenn der Herr Antragsteller sich entschließen könnte, die Fassung seines Antrages in der Weise zu ändern:

Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen,

u prüfen, ob die geplante Umgehungsbahn von Arnsdorf nach Neuhof möglichst im Norden der Stadt Liegnitz herumgeführt

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Abg. Fischbeck (fortschrtl. Volksp.): Wir hatten in der Kom⸗ mission die Umgehungslinie abzulehnen beantragt und dafür vor⸗ geschlagen, die Skrecke Arnsdorf Liegnitz viergleisig auszubauen. Die Stadt Liegnitz fürchtet, wie immer die Umgehung im Süden erfolgt, eine schwere Schädigung. Der Ausweg der Untertunnelung ist auch nicht unbedenklich. Eine solche Anlage ist kostspielig und die Eisen⸗ bahnverwaltung vielleicht nicht bereit, die Kosten allein zu tragen. So ist der Gedanke der Umgehung im Norden entstanden. Den Be⸗ denken des Ministers wird doch dadurch begegnet, daß die Verwaltung durch die Resolution nicht festgelegt wird, es ist ja ausdrücklich und mit Absicht das Wort „möglichst“ eingeschoben. Der zweite Passus der Resolution weicht deswegen von dem ursprünglichen Text etwas ab, weil sich die Erklärung des Ministers in der Kommission nur auf die südliche Herumführung bezog. Mit der Annahme unseres An⸗ trages werden Sie eine seit Monaten in Liegnitz bestehende Erregung zum Schwinden bringen.

Abg. Witzmann (nl.): Der Minister hat erklärt, daß die Führung dieser Baͤhnlinie nördlich von Liegnitz mit großen Schwierig⸗ keiten verbunden sei. Ich glaube aber, dieses Bedenken kann nicht ausschlaggebend sein, denn die Eisenbahnverwaltung hat noch schwierigere Aufgaben gelöst. Sollte es aber trotzdem nicht möglich sein, und sollte es dazu kommen, daß die Linienführung im Süden der Stadt erfolgt, dann muß aber diejenige Linie, die von der Eisen⸗ bahndirektion Breslau vorgeschlagen worden ist, verworfen werden. Wir können uns nur nach dem Süden ausdehnen, wenn im Süden eine Linie geführt werden muß, dann muß sie so weit ausgedehnt werden, daß die städtischen Interessen auf Jahrzehnte hinaus gesichert werden. Wenn es also irgendwie geht, so möge der Minister die Linie im Norden herumführen. Wenn das aber unmöglich ist, dann möglichst

weit nach dem Süden hinaus.

Abg. Strosser (kons.): Nachdem der Berichterstatter und die beiden Abgeordneten von Liegnitz für die Interessen der Stadt Liegnitz warm eingetreten sind, kann ich auf weitere Aufklärungen

verzichten.

Der Antrag der Abgg. Fischbeck u. Gen. wird ange⸗ nommen, und die beiden Petitionen werden für damit erledigt erklärt.

Berichterstatter Abg. von Quast k(kons.) referiert über die in Sachsen (Thüringen), Hannover und Schleswig⸗Holstein geforderten Nebenbahnen, neue Gleise und spezielle Bauausführungen.

Abg. Brütt (freikons.): Das Projekt der Bahn Neustadt Schwartau konnte die Befürchtung erwecken, daß es ein Vorläufer sein sollte für das jetzt viel erörterte Projekt Hamburg Fehmarn Kopenhagen. Durch die Erklärung des Ministers in der Budget⸗ kommission ist festgestellt, daß die Regierung diesem Projekt ent⸗ gegentritt. Durch das Projekt würden die preußischen Finanzen

geschädigt werden und namentlich die wirtschaftlichen Interessen Schleswig⸗Holsteins leiden, Der Nordostecke von Schleswig⸗Holstein

kann besser durch Ausgestaltung des Lokalverkehrs geholfen werden. Ganz besonders wird zunächst durch das Projekt die Liie Kiel Korsör geschädigt. Die Verbindung zwischen Kiel und Seeland geht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Es würde in Schleswig⸗Holstein nicht verstanden werden, wenn die preußische Staatsregierung dieses Projekt eingehen ließe. Die Linie Kiel⸗Korsör kann durch leistungsfähige Dampfer ausgestaltet werden. Sachverständige erklären, daß die Wasserfahrt um zwei Stunden verkürzt werden kann. Die Stadt Kiel, die sich in sehr ungünstiger finanzieller Lage befindet, kann nicht herangezogen werden; hier muß der preußische Staat mit seinen Mitteln eintreten. Kiel ist durch die Marine aus einer Kleinstadt zur Großstadt ge⸗ worden, wird aber durch jede größere Dislokation, welche im Interesse der Marine erfolgen muß, schwer getroffen. Wir müssen bitten, daß die bessere Ausgestaltung auch dem übrigen Schleswig⸗Holstein, speziell der Linie Hamburg⸗Wamdrup zugute kommt. Für die bessere Aus⸗ gestaltung der Linie Hamburg⸗Wamdrup kann viel geschehen. In der vergangenen Woche stand der ganze Verkehr auf dieser Linie still, weil die Eisenbahndrehbrücke über die Eider bei Rendsburg in Un⸗ ordnung gekommen war. Nicht bloß der Verkehr, sondern das In⸗ teresse der Landesverteidigung erfordert hier ein wirksames Eintreten der Staatseisenbahnverwaltung für Beschaffung einer möglichst sicher funktionierenden Brücke.

Abg. Dr. Schifferer inl.); Ich kann mich dem Abg. Brütt, der über die eigenartigen Verhältnisse in Schleswig⸗Holstein ge⸗ sprochen hat, nur anschließen. Die Verkehrsverbesserungen in Schles⸗ wig⸗Holstein würden am einfachsten und billigsten erzielt werden durch den Ausbau der bereits bestehenden Verbindungen. Das Projekt Hamburg Fehmarn würde die Verkehrsverhältnisse in Schleswig⸗ Holstein keineswegs verbessern, sondern nur eine wirtschaftliche Schädi⸗ gung der Provinz herbeiführen. Ich wäre dem Minister sehr dankbar, wenn er hier eine Erklärung abgeben würde, daß er dieses Projekt nicht zur Durchführung bringen werde. Damit würde er sicherlich zur Beruhigung der Interessenten beitragen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Ich bin mit den beiden Herren Vorrednern darin einverstanden, daß das Projekt einer Linie Hamburg —-Fehmarn —Kopen⸗ hagen den Interessen der Provinz Schleswig⸗Holstein nicht entspricht und schon aus diesem Grunde eine besondere Förderung von seiten der preußischen Staatsregierung nicht erfahren kann. Es entspricht den Interessen der Provinz nicht nur nicht, sondern es würde nach meiner Auffassung, der ich in der Kommission ganz bestimmten Aus⸗ druck verliehen habe, insbesondere den alteingebürgerten Verkehr über Kiel —Korsör schädigen. Ich stehe auf dem Standpunkt, meine Herren, daß der deutsch⸗dänische Verkehr ich spreche nicht

bloß von dem Hamburg⸗Kopenhagener Verkehr durch die

vorhandenen Verkehrsrouten in vollständig ausreichender Weise bedient werden kann: das ist die alte Route von Vamdrup Fredericia, die Kiel Korsör⸗Route und die mecklenburgisch⸗dänische Route über Warnemünde— Gjedser. Die Benutzung dieser Routen ist keinesfalls eine solche, daß behauptet werden kann, sie ge⸗ nügten nicht zur Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses. Es kann sich immer nur um die Frage handeln: ist die eine oder andere dieser Routen in ihren Einrichtungen ausgestaltungsbedürftig? und diese Frage bejahen wir für die Route Hamburg —Kiel —Korsör. Ich will damit nicht in Abrede stellen, daß auch auf der alten Landroute Ham⸗ burg Fredericia bei weiterer Fortentwicklung des Verkehrs noch ver⸗ besserte Betriebseinrichtungen geschaffen werden können. In erster Linie haben wir aber die Route Kiel —-Korsör im Auge; und was da geschehen kann, das liegt zum Teil in Händen der Staatseisenbahn⸗

8 rjenigen

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Reedereien, die heute betreiben, und derjenigen Reederei, die in Zu⸗ kunft betreiben wird.

Bezüglich des Fahrplans kann ich heute schon in Aussicht stellen, daß, soweit er verbesserungsbedürftig ist namentlich im Verkehr westlich von Hamburg, in dieser Richtung von seiten der Staats⸗ eisenbahnverwaltung alles, was mit Recht gefordert werden kann, auch getan werden wird. Die Hauptschwierigkeiten liegen ganz zweifellos

für die Verbindung Kiel —Korsör vor, die seit Jahrzehnten in den

Händen einer Privatreederei liegt. Was da zu geschehen hat, kann heute noch nicht gesagt werden. Ich habe mich aber mit den Inter⸗ essenten dieserhalb in Verbindung gesetzt, um eine Reihe von Vor⸗ fragen zu klären. Ich hoffe, daß im Laufe des nächsten Jahres schon über diese Frage Auskunft erteilt werden kann. Das hohe Haus kann aber sicher sein, daß wir diese Interessen, wie die Gesamt⸗ interessen der Provinz Schleswig⸗Holstein in dieser Frage berück⸗ sichtigen werden. (Bravo!)

Berichterstatter neh. Schmedding (GZentr.) referiert über die geforderten Eisenbahnanlagen in Westfalen und Hessen⸗Nassau.

Bei der Forderung einer neuen Gleisanlage auf der Strecke Lüdenscheid —-Brügge beantragen die Abgg. Haar⸗ mann und Hirsch⸗Essen (nl.) die Annahme der Reso⸗ lution: „die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, die möglichst baldige Herstellung einer direkten Eisenbahnlinie von Lüdenscheid nach Ambrock oder einem anderen Orte im unteren Volmetal in Erwägung zu ziehen“.

Abg. Hirsch⸗Essen (nl.): Die Stadt Lüdenscheid wünscht nicht allein eine bessere Verkehrsverbindung mit Cöln, sondern auch in erster Linie mit Hagen. Diese Verbindung würde am besten durch eine direkte Eisenbahnlinie von Lüdenscheid nach Ambrock hergestellt werden. Die Kosten dieser Linie sind nicht so hoch, wie die Eisen⸗ bahnverwaltung angenommen hat. Wahrscheinlich hat die Eisenbahn⸗ verwaltung eine zweigleisige Bahn als Grundlage ihrer Berechnung angenommen, während die Lüdenscheider sich mit einer eingleisigen Bahn begnügen würden. Die von der Eisenbahnverwaltung geforderte Verkehrsverbesserung würde nur ungenügend sein. Daher bitte ich den Minister, zu erwägen, ob es sich nicht empfehlen wird, die von uns beantragte Eisenbahnlinie herzustellen, um so mehr da die Kosten sich nicht höher, sondern geringer stellen würden. Damit würde er den wirtschaftlichen Interessen der Stadt Lüdenscheid gerecht werden. Ich bitte deshalb, die Resolution anzunehmen.

Abg. Haarmann (nl.): Die von der Eisenbahnverwaltung vorgeschlagene Verkehrsverbesserung auf der Strecke Lüdenscheid Brügge wird von einem großen Teil der Interessenten abgelehnt. Die Leute wollen lieber gar keine Bahn, als diese Bahn. Bei der hohen Bedeutung der Stadt Lüdenscheid, die bis in die äußersten Winkel der Erde ihre Waren ausführt, ist es nötig, die wirtschaft⸗ lichen Interessen der Stadt nach Möglichkeit zu berücksichtigen. Die Stadt, Lüdenscheid ist von der Eisenbahnverwaltung bisher immer stiefmütterlich behandelt worden. Es passiert dort oft, infolge der großen Steigung, daß die Lokomotive den Atem verliert. Es ist sogar vorgekommen, daß eines Tages während des Manövers, als ein Bataillon Militar nach Lüdenscheid fortgeschafft werden sollte, die Eisenbahn nicht dazu in der Lage war, sodaß ein Teil der Truppen zu Fuß nach marschieren mußte. Wenn die Stadt Lüden⸗ scheid seither bessere Verkehrsverbindungen gehabt hätte, dann würde sie wahrscheinlich viel mehr aufgeblüht sein, als dies heute schon der Fall ist. Durch eine Verbindung von Lüdenscheid nach Hagen, am besten über Ambrock, würde sicherlich den Verkehrsinteressen der Stadt Lüdenscheid in großem Maße gedient sein. Wenn aber die Regierung auf dem Projekt Lüdenscheid Brügge besteht, dann bitte ich dringend, als Endpunkt dieser Linie nicht Brügge, sondern Oberbrügge zu wählen. 11 . 88

Abg. Dr. Schroeder⸗Cassel (nl.) unterstützt die Ausführungen der beiden Vorredner, wünscht aber auch die Herstellung einer besseren Verbindung zwischen Cöln und Cassel über Lüdenscheid.

Abg. Dr. Schepp (fortschr. Volksp.) stimmt gleichfalls dem Antrag zu; die Bewohner der Stadt Lüdenscheid, die seit Jahren eine bessere Verbindung mit Hagen wünschten, seien gegen das Projekt der Regierung. Lüdenscheid habe sich zwar trotz be gacsten Verkehrs⸗ verhältnisse entwickelt, aber die Entwicklung hätte viel besser sein können, wenn die Eisenbahnverbindungen besser wären. Das Projekt der Regierung verlängere die Verbindung zwischen Lüdenscheid und Hagen um 3 Kilometer, die gewünschte direkte Verbindung zwischen Lüdenscheid und Ambrock verkürze sie um 7 Kilometer.

Abg. Strosser k(kons.): In der Kommission ist über dieses Projekt sehr eingehend verhandelt worden. Gegenüber dem Wunsche nach einer Linie Lüdenscheid —Oberbrügge erkläre ich namens meiner Freunde, daß wir auf dem Standpunkt der Kommission stehen, welche den weiteren Ausbau der Strecke Lüdenscheid Brügge empfohlen hat.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach

Meine Herren! Das Interesse der Herren Abgeordneten für die Wünsche der Stadt Lüdenscheid kann nicht größer und nicht kleiner sein als dasjenige der Staatsregierung. Das ergibt sich auch ohne weiteres daraus, daß volles Einverständnis darüber besteht, daß das zweite Gleis, das wir von Brügge nach Lüdenscheid bauen wollen, gebaut werden soll, daß die Mittel bewilligt werden. Es ist mir freilich nahegelegt worden, nochmals zu prüfen, ob es nicht zweck⸗ mäßiger wäre, statt des zweiten Gleises Brügge Lüdenscheid eine Gleisverbindung von Oberbrügge nach Lüdenscheid zu führen. Nach der Auffassung meines Ressorts würde dadurch die Absicht, eine erheb⸗ liche beträchtliche Verbesserung herbeizuführen, nicht in dem Maße erfüllt werden können, wie nach dem Vorschlage der Regierung.

Ich hätte angesichts dieser Sachlage schweigen können und schweigen müssen, wenn nicht der Antrag Nr. 1379 hier vorläge, der die Staatsregierung ersucht, möglichst bald die Herstellung einer direkten Eisenbahnlinie von Lüdenscheid nach Hambrock oder einem anderen Orte des Volmetales in Aussicht zu nehmen. Wenn ich geschwiegen hätte, so hätte die Auffassung Geltung gewinnen können, als wenn dieser Wunsch leicht erfüllbar ist. Ich will ihn nicht ablehnen, aber ich muß aussprechen, daß er nicht leicht erfüllbar ist. Es liegen aus dem ganzen Lande eine so große Anzahl von dringenden Anträgen auf Herstellung von Meliorationsbahnen vor, daß angesichts der bestehen den Verbindung zwischen Lüdenscheid und der Volmetalbahn nicht zugegeben werden kann, daß Lüdenscheid sich in einer besonders ungünstigen Situation befindet. Ich verstehe vollkommen, daß die Lüdenscheider ihre Situa⸗ tion verbessern wollen, und glaube in Aussicht stellen zu können, daß wir das Projekt prüfen werden, aber ich möchte keine Hoffnungen für eine nahe Zukunft erwecken. Wenn darauf hingewiesen wurde, daß die Verbindung mit Ambrock viel weniger kostet als 11 ½ Millionen, die eisenbahnseitig schätzungsweise auf Grund von Vermittlungen fest⸗ gestellt sind, und wenn gemeint wurde, die bescheidenen Lüdenscheider wollten gar nicht eine zweigleisige Bahn, so will ich mich über die Charakteristik der Lüdenscheider mit den Herren nicht auseinander⸗ setzen. Der Herr Abg. Haarmann nannte sie Geschäftsleute mit start realistischem Einschlag. Auch das will ich nicht ohne weiteres unter⸗ schreiben; ich will nur feststellen, daß die Lüdenscheider ihre Wünsche ü lich zu vertreten wissen.

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(Gentr.) empfehlen, neben dem

von dem Plateau bei steigen sollte. Die Verbindung für eine Hauptbahn von Ringen nach

Nun ist von dem Abg. Schroeder (Cassel) dem Ee⸗ danken Ausdruck gegeben worden, daß man dem Wunsch auf Herstellung einer neuen Verbindung zwischen Lüdenscheid und der Volmetalbahn verwerten könnte zur Unterstützung der schon lange erstrebten Verbindung Cöln—Cassel über Lüdenscheid. Wer die Gestaltung des Landes prüft, wird anerkennen müssen, daß eine solche Linienführung auf die größten Schwierigkeiten stoßen müßte; sie würde über Berg und Tal, über Stock und Stein geführt werden müssen. Ich kann auch unter diesem Gesichtspunkt die Forderung einer Verbindung ven Lüdenscheid mit dem unteren Volmetal nicht als besonders zukunftsreich ansehen. Ich stelle aber in Aussicht, daß die Sache geprüft werden wird, und ich meine, das sollte den Herren Antragstellern zunächst genügen.

Abg. Dr. Rewoldt F(frreikons.) unterstützt den Antrag Haar⸗ mann⸗Hirsch.

Die Forderung der Regierung wird bewilligt, der Antrag Haarmann⸗Hirsch wird angenommen.

Zu der Forderung für eine neue Hauptbahnlinie von Liblar nach dem Ahrtal (Dernau) in Höhe von 32,3 Millionen Mark liegt eine große Reihe von Petitionen vor, die andere Linien⸗ führungen für dieses Projekt befürworten. Die Budgetkom⸗ mission (Berichterstatter Abg. Wallenbor n, Zentr.) hat

die Forderung bewilligt und beantragt, die Petitionen sämtlich für erledigt zu erklären.

Die Abgg. Kuhn⸗Ahrweiler (Zentr.) und Dr. Hauptmann

. rojekt der Vorlage auch die Fort⸗ setzung der Bahn Euskirchen —Münstereifel bis zum oberen Ahrtal

durchzuführen.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Die Vorbereitung der Linie von Liblar in das Ahrtal hat sehr erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Darüber konnte aber von Anbeginn kein Zweifel bestehen, daß es unmöglich sein würde, eine Tunnellinie zu bauen, wie sie von den Herren Vorrednern angeregt wurde, etwa von Rheinbach nach Kreuzberg im Ahrtal, oder von Münstereifel in das obere Ahrtal. Ich habe mir erlaubt, in der Kommission des näheren auseinanderzusetzen, welche ungeheuren Kosten diese Tunnellinien erfordern würden. Es handelt sich um Tunnels von 12 bis 14 km Länge; die sehr großen Kosten dieser Anlagen

würden erheblich gesteigert, wenn man gleichzeitig die dringlich ge⸗

wünschte Meliorationsbahn von Rheinbach in das Ahrtal über Ringen herunterbringen wollte und müßte. Es ist auch angesichts der un⸗ gemein langen Bauzeit, die wir für die Tunnellinie brauchen, und ngesichts der großen Dringlichkeit dieser Bauausführung für uns icht zweifelhaft gewesen, daß die beiden Tunnelbahnen nicht in Frage ommen konnten. Es konnte sich daher nur darum handeln, wie man Ringen in das Ahrtal herunter⸗

Neuenahr war uns versagt mit Rücksicht auf die Lage und die Ge⸗ fährdung des Apollinarisbrunnens und die ungeheuren Konsequenzen,

ie eine solche Gefährdung zur Folge hätte haben können. Aus diesem Grunde mußten wir erwägen, die Bahn auf eine andere Weise in das Ahrtal zu führen, und das konnte nur geschehen, indem wir den Ab⸗

e stieg etwa in der Richtung nach Dernau suchten.

Meine Herren, wir waren uns von Anfang darüber klar, daß die Schönheit des Ahrtals nach Möglichkeit geschont werden sollte. Das ist nach unserer Auffassung auch erreicht. Wir liegen mit der Abstiegs⸗ linie überwiegend im Tunnel und durchqueren einige schluchtartige Täler. Diese werden mit Brückenbauten übersetzt, die das Auge nur erfreuen können. Im Ahrtal angekommen, liegt die Linie hart an der Bergseite, sodaß von einer Verunstaltung des Ahrtales durch diese Linie tatsächlich kaum die Rede sein kann. Wir kommen zwar das ist richtig auf einem Gebiet in das Ahrtal, welches von der hochliegenden, aber bereits vorhandenen zweigleisigen Ahrtal⸗ bahn durchzogen wird. Daran ist nichts zu ändern.

Die beiden Vorredner, Herr Abg. Wallenborn und Herr Abg. Kuhn haben der Meinung Ausdruck gegeben, daß man eine Ver⸗ unstaltung, die nach ihrer Auffassung nicht sowohl durch die neue Bahn, wie durch die alte Strecke herbeigeführt worden ist (Abg. Kuhn (Ahrweiler): Sehr richtig!) vermeiden könne, wenn man sowohl mit der alten wie mit der neuen Bahn auf die rechte Seite, die Schatten⸗ seite hinüberginge. Nun, meine Herren, das ist ein sehr kostspieliger Wunsch; es ist aber auch ein Verlangen, das nach meiner Auffassung und nach Auffassung der mich beratenden Techniker zu einer ganz ungewöhnlichen Ver⸗ unstaltung des Ahrtals führen würde; denn bei einer solchen Linien⸗ führung würde das Ahrtal auf einem hohen Damm oder auf einem gewaltigen Viadukt fast rechtwinklig übersetzt werden; die Linie würde, einer Talsperre gleich, das Ahrtal durchqueren.

Ich meine daher, daß mit den zahlreichen Petitionen nichts anderes geschehen kann, als was der Herr Referent empfahl, und zwar mit der Begründung, daß die gewählte Abstiegslinie den berechtigten Anforderungen Rechnung trägt, daß vermieden werden solle, im Tale selbst bei Dernau Betriebsanlagen zu schaffen, und daß der Rauch⸗ entwicklung durch die Einrichtungen, die wir an unseren Lokomotiven führen, tunlichst vorgebeugt werden möge. Ich empfehle daher, ent⸗ sprechend den Beschlüssen der Kommission zu beschließen.

Die Forderung der Regierung wird bewilligt, die Petitio⸗ nen um andere Linienführung werden für erledigt erklärt. Eine Petition um die Fortführung der Bahn Euskirchen Münstereifel bis zum Bahnhof Mühlheim der im Bau be⸗ griffenen Nebenbahn Ahrdorf— Blankenheimerdorf (Eifel) wird der Regierung als Material überwiesen.

Der Rest der Vorlage wird ohne Debatte bewilligt.

Es folgen mündliche Berichte der Budgetkommission über Petitionen um Erbauung neuer Eisen⸗ bahnlinien. Die Kommission beantragt, diese Pe⸗ titionen der Regierung als Material zu überweisen; nur die Petition um Bewilligung einer Staats⸗ beihilfe von 150 000 zu den Grunderwerbskosten für den Ausbau der Nebeneisenbahnen Kruglanken —Marggrabowa und Marggrabowa-— Czychen soll zur Erwägung überwiesen werden.

Die Abgg. Graf von Finckenstein und Graf von Kanitz Fonf. verwenden sich für die Petition, welche den Bau einer Bahn

Vormditt Pr. Holland —Miswalde fordert, die insbesondere der Stadt und dem Kreise Pr. zugute kommen werde.

Abg. Dr. Krüger⸗Marienburg (kons.) befürwortet dieselbe

Petition auch mit Rücksicht auf die Interessen der Stadt Elbing.

„Gegen den Antrag auf Ueberweisung der Petition, betr. die Ge⸗ währung einer Staatsbeihilfe, zur Erwägung wendet sich Unterstaats⸗ sekretär Stieger:; der Kreis Oletzko habe sich seinerzeit verpflichtet, die Grunderwerbskosten zu tragen. 8

Abg. Braemer kkons.) bittet, den Kommissionsbeschluß anzu⸗

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Die Kommissionsanträge gelangen zur Annahme.

Zu einer Petition, betreffend die Erbauung einer Bahn eilsberg Guttstadt- Osterode bemerkt 8 1

„Abg. Dr. Dittrich (Zentr.): Durch den Bau der in der Petition gewünschten Eisenbahn wurden 23 Gemeinden mit zusammen 8323 Einwohnern dem Verkehr angeschlossen; welches großes Interesse der Kreis an dem Bau der Bahn hat, geht daraus hervor, daß der Kreis beschlossen hat, die Grunderwerbskosten zu tragen und einen Beitrag zu den Herstellungskosten zu leisten.

Zu den Petitionen, betreffend die Erbauung einer Eisenbahn Riesenburg kieswalde und die Weiterführung der Eisenbahn Marienwerder Riesenbura unter Einführuna derselben in die Eisen⸗ bahnstrecke Marienburg-—Allenstein und Christburg, bemerkt

Abg. von Flottwell (freikons.): Die Stadt Christburg bedarf dringend eines Bahnanschlusses, sonst wird sie in zwanzig Jahren noch auf demselben wirtschaftlichen Tiefstand stehen. Gerade die Deutschen in politisch gefährdeten Gegenden bedürfen besonderer Berücksichtigung. Serh.

Abg. Dr. Schaube (freikons.) befürwortet eine Petition, be⸗ treffend die Erbauung einer Eisenbahn Oels Minken Ohlau.

Eine Petition, betreffend die Erbauung einer Eisenbahn Nikolaus⸗ dorf-— Küpper beantragt die Kommission der Regierung als Material zu überweisen. Der Abg. Fritsch (nl.) beantragt, die Petition der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen.

Fritsc g. Dr. von Schenckendorff (nl.) befürwortet den Antrag

Abg. Reimer (kons.) schließt sich diesem Antrag an und spricht den Wunsch aus, daß die Regierung auch die Petition bald berück⸗ sichtigen möge.

1 er Antrag Fritsch wird abgelehnt und die Petition als Material überwiesen. 3

Eine Petition um Erbauung einer Bahn Worbis —Großbodungen beantragt die Budgetkommission der Regierung als Material zu überweisen. b

Abg. von Strombeck (Zentr.) beantragt die Ueberweisung zur Berücksichtigung, Abg. Tourneau (Zentr.) beantragt für den Fall der Ablehnung dieses Antrages die Ueberweisung zur Erwägung.

„Nachdem die beiden Antragsteller als Vertreter des Wahlkreises Heiligenstadt⸗Worbis dieses Bahnprojekt, das seit 18 Jahren ge⸗ wünscht werde, im Interesse der lokalen Verhältnisse lebhaft befür⸗ wortet haben, bittet Unterstaatssekretär Stieger, es bei dem Kommissionsantrag zu belassen, während Abg. Heine (nl.) aus seiner persönlichen Kenntnis der Verhältnisse für den Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung, bezw. Erwägung eintritt.

Das Haus beschließt nach dem Antrage des Abg. von Strombeck.

„Die Petition um Fortführung der Eisenbahn Rothenbura Bremer⸗ vörde in der bisherigen Richtung über Bederkesa nach Altenwalde⸗ Cuxhavpen unter Berührung der Ortschaft Neuenwalde beantragt die Kommission der Regierung als Material zu überweisen.

Die Abgg. Dr. Dumrath (nl.) und Klußmann (nl.) ver⸗ treten einen von ihnen gestellten Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung, namentlich im strategischen Interesse sowie im Interesse der lokalen Bedürfnisse.

Das Haus beschließt die Ueberweisung als Material.

Petitionen um Aufhebung des Spezialfrachttarifs 3 für Melasse⸗ mischfutter und betreffs Ausgaben für die zur Sicherheit der fahrenden Eisenbahnzüge zu errichtenden vereinigten Signal⸗ und Weichenstellwerke werden durch Uebergang zur Tagesordnung erledigt. „Eine Petition um Ausbau der Taunusquerbahn von der Wetterau über Usingen—Idstein —Langenschwalbach- Lorch mit Führung zoischen Idstein und über Ehrenbach, Oberlibbach, Nieder⸗ Ubbach, Strinz⸗Margarethä und Breithardt wird nach einer Be⸗ fürwortung derselben durch den Abg. Bartling (nl.) gemäß dem Kommissionsantrag der Regierung als Material überwiesen. Abg. Veltin (SZentr.) wünscht einen direkten Anschluß der Strecke Berncastel Cues an die neue Mosel Hunsrück⸗Bahn sowie Erschließung der Eifel durch eine Linie Wittlich —Himmerod-— Erdorf einerseits und Himmerod Gerolstein andererseits und Erschließung des Dhronbachtales.

Für eine Petition um Erbauung einer Eisenbahn Koblenz Billay

tritt Abg. Engelsmann (nl.) lebhaft ein, da für den Fall eines Krieges es dringend notwendig sei, daß auf beiden Seiten der Mosel eine Staatsbahn vorhanden sei. Der Redner befürwortet ferner eine Petition um Erbauung einer Bahn von Kreuznach über Weinsheim Bockenau Winterburg bis zur Mosel. „Eiine Petition der Stadt Rüdesheim, betreffend die Erbauung einer Eisenbahnbrücke über den Rhein, will die Kommission der Regierung als Material überweisen. Der Abg. Bartling (nl.) empfiehlt einen von ihm und dem n. Cahensly (Zentr.) ge⸗ stellten Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung und tritt für eine Verbesserung der Bahnhofsverhältnisse in Rüdesheim ein.

Nachdem Abg. Cahensly dafür eingetreten ist, bemerkt

Ministerialdirektor Offenberg, daß eine Prüfung der Bahn⸗ hofsverhältnisse in Rüdesheim vorgenommen werden solle, bemerkt aber bezüglich des Brückenbaues, daß nach langer Mühe ein geeigneter Ort für die Brücke gefunden und daran nichts mehr zu ändern sei.

Der Antrag auf Berücksichtigung wird angenommen.

Abg. Kesternich (Zentr.) befürwortet die Petition um baldige Inangriffnahme des Baues der Eisenbahnstrecke Call— Hellental Losheim— St. Vith, die der Regierung als Material überwiesen wird.

Petitionen betreffs Frachtermäßigung für Erzeugnisse der deutschen Hartsteinindustrie, Verbesserung der Holzschwellen und Eisenschwellen und Belassung der Fischfutterkuchen in dem Eisenbahntarif III werden für erledigt erklärt.

Petition um Einführung von zugfreien Eisenbahnabteilen und

um schleunige Aufhebung des Notstandstarifs für seewärts eingehendes Futtergetreide werden der Regierung als Material überwiesen. Ueber eine Petition um Ablehnung der Einschränkung des Personenverkehrs zugunsten des Güterverkehrs im westlichen Industriegebiet geht das Haus zur Tagesordnung über. „Eiine Petition um Weiterführung der Bahnlinie von Wohlau über Riemberg nach Oels wird, nachdem sie von den Abgg. von Goßler und von Kessel (kons.) befürwortet ist, der Re⸗ gierung als Material überwiesen.

Dann folgt die dritte Beratung des Entwu rfs eines Eisenbahnanleihegesetzes.

In der allgemeinen Besprechung bemerkt

Abg. von der Groeben kkons.): Ich freue mich, daß der Minister die Wünsche wegen einer direkten Verbindung von Lüdenscheid nach nochmals prüfen will, und daß er für die Erhaltung der Schön⸗

eit des Ahrtals eingetreten ist. Sodann bitte ich, daß auf der Strecke

Stralsund Rostock die Schnellzüge auch in Velgast und Ribnitz halten und daß nach dem Darß hin die Eisenbahnverbindungen noch verbessert werden. Die Provinz Pommern ist bisher bei der Entwicklung des Eisenbahnnetzes immer vernachlässigt worden. Abg. Heckenroth k(kons.) befürwortet verschiedene neue Bahn⸗ linien zur besseren Aufschließung des Westerwaldes zugunsten der Industrie, namentlich der Basaltindustrie und der Verhinderung der Abwanderung der Arbeiter.

Gegen 5 Uhr vertagt das Haus die weitere Beratung des Eisenbahnanleihegesetzes auf Dienstag, 10 Uhr (außerdem Gesetz über die Umlegung von Grundstücken in Griesheim a. M.).

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Gewährung von Beihilfen an Kriegs⸗

teilnehmer, nebst Begründung zugegangen:

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8 642 1 § 8 5 I

Die Beihilfen für unterstützungsbedürftige Kriegsteilnehmer aus dem Feldzug von 1870/71 und aus den von deutschen Staaten vor 1870 geführten Kriegen Gesetz wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Gründung und Verwaltung des Reichsinvalidenfonds, vom 22. Mai 1895, Reichegesetzbl. S. 237, Artikel 13, III und 1V, und Gesetz, betreffend die Entlastung des Reichs⸗Invalidenfonds, vom 9. Juni 1906, § 2 werden auf den Betrag von 150 jährlich erhöht.

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§ 2.

Den Witwen der Beihilfeempfänger werden die Bezüge der Ver⸗

storbenen für die auf den Sterbemonat folgenden drei Monate be⸗ lassen. Die Zahlung erfolgt im voraus in einer Summe.

Die Beihilfen werden bei vorliegender, nicht nur auf vorüber⸗ gehender Ursache beruhender Unterstützungsbedürftigkeit unabhängig von dem Nachweis der Erwerbsunfähigkeit gewährt. Bei der Prüfung der wirtschaftlichen Lage sind Zuwendungen Dritter nur insoweit zu berücksichtigen, als sie auf rechtlicher Verpflichtung beruhen.

Bei Feststellung der Fürsorgewürdigkeit hat das politische Ver⸗ halten der Kriegsteilnehmer außer Betracht zu bleiben.

§ 4. Anwartschaft auf Bewilligung der Beihilfen haben unter sonst gleichen Voraussetzungen auch diejenigen Reichsangehörigen, die infolge ihrer früheren Staatsangehörigkeit in französischen Diensten in oder vor den Jahren 1870/71 an kriegerischen Unternehmungen teil⸗ genommen oder in dänischen Diensten die Kriege von 1848 bis 1850 oder 1864 mitgemacht haben. Gleichartige Zuwendungen Staaten kommen auf die gesetzlichen Bezüge in Anrechnung. § 5.

Dieses Gesetz 3tritt mit dem .. . . .. . in Kraft.

In der Begründung wird ausgeführt: 8

Mit dem vorrückenden Lebensalter der Krie steilnehmer aus dem Feldzug von 1870,71 und den von deutschen Staaten vor 1870 ge⸗ führten Kriegen wächst die Zahl der Hilfsbedürftigen aus ihren Reihen. Dementsprechend sind die durch die Gewährung von Beihilfen nach Maßgabe des Gesetzes, wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Gründung und Verwaltung des Reichsinvaliden⸗ fonds, vom 22. Mai 1895 bedingten Ausgaben, die zufolge des Ge⸗ setzes, betreffend die Entlastung des Reichsinvalidenfonds vom 9. Juni 1906, vom 1. April 1906 ab auf den Reichshaushalts⸗ etat zu übernehmen waren, im Laufe der Zeit außerordentlich gestiegen. Gegenüber dem in dem angeführten Gesetze von 1895 für das Rechnungsjahr 1895/96 beim Reichsinvalidenfonds festgesetzten Ausgabebedarf von 1,8 Millionen Mark betrug der Etatsansatz bei Kapitel 68 Titel 8 des Reichshaushaltsetats für 1910 23,6 Millionen Mark. Der Etat für 1911 verstärkte den Fonds um den erheblichen Betrag von 5 Millionen Mark auf 28,6 Millionen Mark, um eine Erweiterung der Fürsorge für die Kriegsteilnehmer zu ermöglichen. Den im Verfolge dieser Absicht ergangenen Ausführungsbestimmungen des Bundesrats vom 24. März 1911, die die Bedingungen der Beihilfe⸗ gewährung gegenüber denjenigen der Ausführungsbestimmungen vom 24. April 1905 wesentlich milderten, ist der Erfolg nicht versagt ge⸗ blieben; denn vom 1. März 1911 bis ebendahin 1912 hat sich die Zahl der zum Empfange der Beihilfe anerkannten Kriegsteilnehmer um 37 867 gegen 11 987 im gleichen Zeitraum 1910/11 vermehrt. Mit Einschluß der durch Heimfälle ermöglichtn Weiterbewilligungen sind vom 1. März 1911 bis 1. März 1912 über 50 000 Neuanerkennungen erfolgt. Vom 1. März 1912 bis zum gleichen Tage 1913 ist die Zahl der Beihilfenempfänger um 12 133 auf 245 070 gestiegen. Die Gesamtzahl der anderweitig nicht versorgten Kriegsteilnehmer, die am 1. April 1913 mutmaßlich noch lebten, wird nach Berechnungen, die, ausgehend von den in der Reichstagsdrucksache Nr. 325 XII. Leg.⸗ Per., 1. Session 1907 mitgeteilten Zahlen, unter Zugrundelegung normaler Sterblichkeitsverhältnisse angestellt worden sind, auf ban 368 000 geschätzt; davon waren rund 67 % zum Bezuge der Beihilfe anerkannt. Der Etatsentwurf für 1913 sieht in Erwartung weiterer Zugänge im Laufe des Rechnungsjahrs bei Kapitel 68. Titel 8 einen Bedarf von 31 Millionen Mark, also eine Steigerung der Ausgaben gegen das Vorjahr um 2 Millionen Mark vor. Beim Zutreffen der dieser Veranschlagung zu grunde liegenden An nahmen werden am 1. April 1914 von rund 346 000 Kriegsteil⸗ nehmern, die in Anbetracht der Abgänge noch in Frage kommen, 261 000 oder etwa 75 % die Beihilfe beziehen.

Der Entwurf will die Bereitstellung erhöhter Mittel für eine vermehrte Gewährung der Beihilfen durch Verbesserungen der gesetz⸗ lichen Fürsorge, insbesondere eine Erhöhung des Beihilfebetrages ergänzen. Er geht davon aus, daß die die Bewilligung von Bei⸗ hilfen an Kriegsteilnehmer betreffenden Vorschriften des Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Gründung und Verwaltung des Reichsinvalidenfonds, vom 22. Mai 1895 und des Gesetzes, betreffend die Entlastung des Reichsinvaliden⸗ fonds, vom 9. Juni 1906 maßgebend bleiben, soweit nicht etwas anderes bestimmt wird.

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Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrichten für Handel, Industrie und Land⸗ wirtschaft“.)

„Carl Heymanns Verlag in Berlin W. 8, Mauerstraße 43/44, gibt einen Abdruck des neuen Zolltarifentwurfs der Ver⸗ einigten Staaten von Amerika in englischer Sprache nach der Drucksache des Repräsentantenhauses heraus. Der Preis beträgt 3 ℳ. Die Ausgabe soll am 28. April 1913 beginnen. Anfragen und Bestellungen sind unmittelbar an den genannten Verlag zu

8

richten.

Spanien. 1

Geplante Revision der Zollordnu g. In dem Be wen Oficigl de la Direcciön General de Aduanas (Amtsblatt der Generaldirektion der Zölle) vom 10. April 1913 ist eine Königliche Verordnung vom 26. März 1913 veröffentlicht, wodurch im Hinblick auf die geplante Revision der geltenden Zollordnung (Ordenanzas de Aduanas) vom 15. Oktober 1894 die Beteiligten aufgefordert werden, ihre etwaigen Wünsche, Beobachtungen und Anträge der Generalzolldirektion in Madrid innerhalb einer Frist von einem Monat einzureichen.

„Für die Revision der Zollordnung sind eine Anzahl von Grund⸗ sätzen (bases) aufgestellt worden, deren wesentlicher Inhalt folgender ist: 1) Vereinfachung des Verfahrens bei der Errichtung von Zoll⸗ stellen und der Regelung ihrer Befugnisse; 2) Aenderung der Be⸗ stimmungen über die Schiffs⸗ und Warenagenten, die Kommissionäre und Zollagenten; 3) Aenderung der Bestimmungen über Ladungsmanifeste. Die Behandlung der Schiffsvorräte; 4) Ver⸗ einfachung des Verfahrens hinsichtlich der Zollerklärungen; 5) Festsetzung der Abfertigungszeiten für Schiffe und Waren; 6) Behandlung der Handelswarensendungen (mensajerias), insbe⸗ sondere der Postpakete; 7) Aenderungen der Förmlichkeiten für Aus⸗ fuhrwaren; 8) Vereinfachung der Förmlichkeiten im Warendurchfuhr⸗ verkehr zur See; 9) Förmlichkeiten bei der Ueberladung (transbordos) von Waren; 10) Vorschriften über die Zollniederlagen für Waren; 11) Vereinfachung der Förmlichkeiten bei Ausübung der Küstenschiff⸗ fahrt; 12) Aenderung der Vorschriften über den Warenverkehr zu Lande. Errichtung von Fabriken im Grenzbezirk; 13) Revision der Bestimmungen über Geldstrafen. (Nach einem Berichte des Kaiser⸗

lichen Konsulats in Madrid.)