1913 / 104 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 May 1913 18:00:01 GMT) scan diff

3 wie das ganze große Gebiet der Denkmalspflege gesetzlich zu regeln und zu schützen sein möchte. Es sind da außerordentlich schwierige Fragen zu lösen, namentlich von dem Gesichtspunkte aus, daß es die Regierung für ihre Pflicht hält, bei der Regelung dieser Angelegenheiten so viel wie irgend möglich sich davor zu hüten, Eingriffe in das Privateigentum zu machen. Eine Einigung über alle die wichtigen Fragen, die mit der allgemeinen Denkmalspflege zusammenhängen, hat bisher noch nicht erzielt werden können, und da hat sich die Staatsregierung ent⸗ schlossen, einen Abschnitt, einen Teil der Materie herauszugreifen und diesen zunächst der gesetzlichen Regelung entgegenzuführen.

Sie ist namentlich auch dadurch veranlaßt worden, diesen Weg zu beschreiten, daß Hilferufe aus dem Lande von den verschiedensten Seiten an sie ergangen sind. Es sind keineswegs nur die Aus⸗ grabungen in Trier gewesen, welche die Veranlassung zu diesem Vor⸗

gehen der Königlichen Staatsregierung gegeben haben; es sind wieder⸗ holte Beschlüsse des Provinziallandtages in Düsseldorf und neuerlich erst wieder ein von allen Parteien des Abgeordnetenhaufes an⸗ genommener Antrag gewesen, noch in dieser Session dem Landtage einen Gesetzentwurf dieser Art vorzulegen. Das ist schließlich der letzte Anstoß für die Staatsregierung gewesen, doch noch in dieser Tagung mit der Vorlage zu kommen. Sie hatte zunächst Bedenken getragen, diese an und für sich mit gesetzgeberischem Material so stark belastete Session auch noch mit dieser Aufgabe zu bebürden. Weil aber aus dem Hause der Abgeordneten selbst im Januar d. J. der dringende Wunsch an die Königliche Staatsregierung herangetreten ist, noch eine solche Vorlage zu machen, hat die Regierung sich zu dieser Vorlage noch entschlossen und hat geglaubt, der Arbeitsbereit⸗ willigkeit der beiden Häuser des Landtags auch noch diese Zumutung machen zu dürfen.

Nun ist im Schoße der Regierung die Vorlage auf das gründ⸗ lichste und eingehendste geprüft worden. Es waren, wie ich bereits erwähnte, schon jahrelange Vorarbeiten vorhanden, wir haben Sach⸗ verständige aus allen Teilen des Landes herangezogen, die Frage nach allen Seiten geprüft und erörtert und mit aller Entschiedenheit namentlich an dem Gesichtspunkte festgehalten, nur solche Eingriffe in das Privateigentum zuzulassen, die unbedingt erforderlich sind, um den Zweck und das Ziel dieses Gesetzentwurfs zu erreichen. Ich glaube, wer objektiv der Vorlage gegenübertritt und wer sich über⸗ haupt mit derartigen Angelegenheiten sonst etwas befaßt hat, wer insbesondere die Gesetzgebung anderer Staaten auf diesem Gebiet kennt und in Vergleich zieht, der wird mir zugeben, daß eine mildere Fassung, eine weitgehendere Rücksicht auf das Privateigentum schlechterdinas nicht genommen werden kann, wenn man das dem Gesetze vorschwebende Ziel erreichen will. Denn wenn man noch eine weitere Abschwächung der Vorschriften vornehmen wollte, dann würde das Gesetz eine völlig stumpfe Waffe werden, es würde seinen Zweck rerfehlen. Wir wollen es aber nur für den äußersten Fall haben, um Gewinnsucht und Unverstand ent⸗

gegentreten zu können. In der Regel wird bei dem Erwerb, bei der Erhaltung von Funden für unser Land von dem Gesetz kaum Gebrauch zu machen nötig sein. Wir werden auf den Weg der Verhandlungen und auf das Verständnis der Beteiligten rechnen können und so zum Ziele gelangen. Aber die Erfahrung hat doch gelehrt, daß unter

Umständen dieser Weg nicht ausreicht, und gerade dann nicht, wenn

es sich um einen wertvollen Fund handelt, und wenn, was früher ja nicht der Fall gewesen ist, was sich erst seit zwei Jahren heraus⸗ gebildet hat, eine gewisse Händlerschaft es sich zum Gewerbe macht, diese Schätze auszubeuten und sie für außerordentlich hohe Preise ins Ausland zu bringen. Für diese Fälle hat sich das dringende Be⸗ dürfnis ergeben, eine solche Waffe zu haben.

Nun ist von den beiden Herren Vorrednern namentlich an den Bestimmungen über die Gelegenheitsfunde Anstoß genommen worden, und es liegt ja auch der Antrag vor, diesen Teil des Gesetz⸗ entwurfs abzulehnen und nur die übrigen Bestimmungen Gesetz werden zu lassen. Das halte ich für undurchführbar. Wenn die Be⸗ stimmungen über den Gelegenheitsfund beseitigt werden, dann werden auch die übrigen Bestimmungen wertlos, denn dann wird es eben bei gewissen Leuten nichts anderes als Gelegenheitsfunde mehr geben. Sie werden nicht sagen: wir wollen jetzt hier eine Ausgrabung machen, sie werden nicht die Genehmigung einer Behörde einholen, um eine Ausgrabung zu machen, sondern werden irgend eine andere Arbeit beginnen, einen Graben ziehen, Geländeveränderungen vor⸗ nehmen und dergleichen, und werden hierbei dann nur noch „Gelegen⸗

heitsfunde“ machen, und der Zweck des Gesetzes ist vereitelt. Also wir nur die Bestimmung hätten,

es würde uns wenig nützen, wenn daß für Ausgrabungen eine behördliche Genehmigung eingeholt werden müsse. Die loyalen Leute würden einem solchen Gesetz ent⸗ sprechen; aber gerade diejenigen, die wir treffen wollen, die aus Gewinnsucht und Selbstsucht das Land ausbeuten, würden nicht ge⸗ troffen werden können. Deshalb muß ich auf das dringendste bitten, daß Sie davon absehen, die Bestimmungen über die Gelegenheitsfunde aus dem Gesetz zu entfernen. Was sind denn nun tatsächlich für Belästigungen zu befürchten, wenn die Bestimmungen über die Gelegenheitsfunde Gesetz werden? Ich glaube doch, daß da Befürchtungen ausgemalt worden sind, die sich ja theoretisch ausmalen lassen, die aber praktisch nicht eintreten werden. Was hat denn derjenige zu tun, auf dessen Grund und Boden ein Gelegenheitsfund gemacht wird? Er hat nichts weiter zu tun, als der Ortspolizeibehörde anzuzeigen: ich habe einen solchen Fund auf meinem Grund und Boden gemacht. Unterläßt er das so ist allerdings im Gesetz eine Strafvorschrift vorgesehen; aber die Bestrafung kann nur auf Antrag des Regierungspräsidenten ein⸗ treten. Glauben Sie denn nun, daß ein Regierungs⸗ präsident überhaupt gegen einen harmlosen Bauern, der es unterlassen hat, eine solche Anzeige zu machen, der dabei bona side war, der gar nicht daran dachte, ein Unrecht zu tun, den Antrag auf Bestrafung stellen wird? Daran ist doch wohl nicht zu denken. Es ist eine so milde Fassung auch nach dieser Richtung hin, daß da⸗ von Nachteile für unsere ländliche Bevölkerung, wie mir scheint, nicht zu befürchten sind. Wenn nun die Anzeige gemacht ist, so besteht nach dem Gesetz⸗ entwurf die Verpflichtung, die Fundstätte drei Tage lang unberührt zu lassen, aber auch nur dann, wenn dadurch nicht etwa Kosten oder sonstige Nachteile entstehen. Auch da ist der Tatbestand so eng ein⸗ gegrenzt, daß ich kaum annehmen kann, daß dadurch irgend jemand einen Schaden oder auch nur eine Belästigung erleiden kann. Darauf

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vertraute Bevölkerung durch diese Bestimmung vexiert, beunruhigt und in Schwierigkeiten gebracht würde. Nun kann unter Umständen der Gegenstand dem Finder und Eigentümer entzogen werden. Auch das, meine Herren, ist auf das engste eingeschränkt. Nur dann soll das möglich sein, wenn Tatsachen vorliegen, die die Befürchtung be⸗ gründen, daß der Betreffende den Gegenstand nicht seiner Bedeutung gemäß behandeln werde. Ich darf hier gleich einfügen, daß alle diese Bestimmungen sich ja nur auf die Zukunft beziehen, daß sie aber selbst⸗ verständlich, wenn sie Gesetz werden sollten, nicht auf solche Gegenstände Anwendung finden könnien, die vorher entdeckt worden sind. Also nur, wenn jene Voraussetzung zutrifft, soll unter Umständen dem Eigentümer der Gegenstand genommen werden können; aber auch nur dann, wenn der Antrag darauf vom Staat, von der Provinz, vom Kreis oder der Gemeinde gestellt wird. Es wird dann auf Anrufen vom Bezirksausschuß, in höherer Instanz vom Pro⸗ vinzialrat geprüft, ob die Voraussetzungen des Gesetzes vorliegen, ob eine solche Entziehung stattfinden kann. Wird das bejaht, so erhält der Eigentümer die volle Entschädigung, die einmal in dem Werte des Gegenstandes besteht und dann in den Unkosten, die er durch seine Förderung gehabt hat. Er pird also voll entschädigt. Es wird, wie ich glaube, auch gerade dadurch in der Bevölkerung der Wert dieser Sachen bekannt werden. Sie wird sich für diese Dinge interessieren, denn sie kann dafür unter Umständen hohe Preise erzielen. Wir haben es ja erlebt, daß wertvolle Dinge verschleudert worden sind, weil die Leute den Wert nicht kannten. Es sind z. B. wie Sie vielleicht aus der Denkschrift, die ich mir erlaubt habe, dem hohen Hause vorzulegen, entnommen haben wertvolle goldene Gefäße von einem Bauern jahrelang als Blumentöpfe benutzt worden, weil er garnicht wußte, was für einen Wert diese Gegenstände hatten; nur zufällig hat man sie gefunden und ihm dann einen hohen Preis dafür gezahlt. Ich glaube also, daß die volle Entschädigung dazu beitragen wird, daß in der Bevölkerung eine bessere Beurteilung dieser Dinge Platz greift, daß sie durch das Gesetz nicht geschädigt, sondern im Gegenteil in ihrem Interesse gehandelt wird. Das sind also die engbegrenzten Voraussetzungen, unter denen eine Entziehung stattfinden kann. Es gehört auf der einen Seite dazu eine unwirtschaftliche Be⸗ handlung durch die Eigentümer und auf der andern Seite der Wunsch des Staates, der Provinz, des Kreises oder der Gemeinde, diese Gegenstände zu erwerben. Das kann man, glaube ich, in der Tat doch nicht als einen bedenklichen Eingriff in das Eigentumsrecht be⸗ zeichnen. Es handelt sich hier um Gegenstände, die dem Grund⸗ besitzer durch einen Zufall in den Schoß fallen, die er gar nicht zu er⸗ werben die Absicht hatte, die ihm zufällig zuwachsen. Solche Bodenschätze sind ja gerade auch nach germanischer Rechtsauffassung stets wesentlich anders behandelt worden als die sonstigen Fragen des Eigentumsrechtes. Ich darf verweisen auf die Gesetzgebung von England, von Schweden, von Norwegen, von Dänemark, ich darf sie auch verweisen auf das jütische Low, das heute noch in der Provinz Schleswig⸗ Holstein besteht und dem Rechtsbewußtsein der dortigen Bevölkerung völlig entspricht. Nach ihnen und nach dem jütischen Low insbesondere gehören im Boden gefundene Schätze dem Könige. Das ist also eine sehr viel weitergehende Bestimmung als hier vorgesehen ist. Wir wollen unter ganz bestimmten Bedingungen und Voraussetzungen die Mög⸗ lichkeit haben, einem auf diesem Gebiete nicht zuverlässigen Eigen⸗ tümer einen für die Allgemeinheit sehr wertvollen Gegenstand von naturgeschichtlicher oder kulturgeschichtlicher Bedeutung gegen Ersatz des vollen Wertes und der gehabten Unkosten im Interesse der All⸗ gemeinheit entziehen zu können⸗ Ich glaube, meine Herren, daß man da in der Tat von einem Eingriff in das Eigentumsrecht im gewöhn⸗ lichen Sinne nicht wohl sprechen kann.

Nun hat Herr von Thielmann auch daran Anstoß genommen, daß, wie er glaubte, durch diese Bestimmungen die Lage der Pro⸗ vinzialverwaltungen gegenüber der Denkmalpflege beeinträchtigt würde. Ich möchte doch glauben, daß das nicht zutrifft. Ich bin ja übrigens gerade von einer Provinzialverwaltung besonders gebeten worden, doch dasür einzutteten, daß derartige gesetzgeberischen Maßnahmen getroffen werden möchten, und zwar von einer Provinzialverwaltung, welche gerade auf diesem Gebiet besonders kompetent ist, weil in ihren Grenzen viele solche Funde in Betracht kommen, nämlich der Provinzialverwaltung der Rheinprovinz. Ich weiß nicht, wie eigentlich der Vorwurf begründet werden kann, daß die Previnzialverwaltungen beeinträchtigt werden. Es wird ihnen gegenüber ja gar nichts geändert; sie würden nach wie vor in der Lage sein, ihrerseits Ausgrabungen zu machen; sie würden aber auf Grund dieses Gesetzes auch wertvolle Gelegenheitsfunde, an die sie bisher nicht herankonnten, wenn die vorhin von mir gekenn⸗ zeichneten Voraussetzungen vorliegen, erwerben können. Nun ist gerade auf die Dezentralisation dieser Dinge in dem Gesetz der allergrößte Wert gelegt. Nicht etwa der Staat, wie in anderen Ländern, nimmt das Recht für sich allein in Anspruch, sondern er konkurriert dabei mit der Provinz, dem Kreise und der Gemeinde, und die Entscheidung, wer von diesen in dem einzelnen Fall der Berechtigte sein soll, wird nicht von Staatsorganen getroffen, sondern von Organen, die zusammen⸗ gesetzt werden aus den Gewählten der Provinzialverwaltung. Ich muß gestehen, daß ich mich dazu im Interesse unserer staatlichen Museen nicht leicht entschlossen habe; denn, meine Herren, wer im Provinzialrat gesessen hat oder sein Vorsitzender gewesen ist, weiß doch, daß, wenn da ent⸗ schieden werden soll, ob ein Gegenstand der heimatlichen Provinz oder dem Staate, dem Berliner Museum, zugewiesen werden soll, da doch in den meisten Fällen die heimatliche Provinz wohl den Vorzug be⸗ kommt. Gerade nach der Richtung ist in dem Entwurf die größte Vorsorge getroffen worden, daß nicht etwa das Land ausgeraubt wird und alle Schätze in Berlin zusammengebracht werden. Wir wollen die Provinzialverwaltungen, die Kreise, die Städte, in die Lage ver⸗ setzen, von diesem Gesetz Vorteile zu ziehen. Es hat sich auf diesem Gebiet in der letzten Zeit allenthalben eine außerordentlich erfreuliche Tätigkeit entwickelt. Schöne Erfolge sind erzielt worden. Wir wollen sie unterstützen und sind weit davon entfernt, da irgendwie zu hemmen, sondern wir wollen fördern und helfen, und gerade von diesem Ge⸗ sichtspunkt hat sich auch der Verfasser dieses Entwurfs leiten lassen. Ich glaube in der Tat, daß auch nach dieser Richtung hin die Be⸗ fürchtungen nicht mit Recht erhoben worden sind.

Nun hat Extellenz Freiherr von Thielmann Anstoß daran ge⸗

nommen, daß in dem Entwurf nicht nur kulturgeschichtliche, sondern auch naturgeschichtliche Gegenstände in Betracht gezogen worden sind.

Gegenstände in Betracht kommen können, nicht verzichten. Er selbst erwähnte schon die wichtigen Funde, die an einzelnen Stellen auch in. Deutschland gemacht worden sind, die Saurier bei Halberstadt, und gerade auf diesem Gebiet haben wir die traurigsten Erfahrungen ge⸗ macht, indem aus Unkenntnis der Beteiligten wichtige Funde nicht in richtige Hand gelangt sind. Daß das im Interesse der Wissenschaft in hohem Grade wünschenswert ist, wird wohl niemand bestreiten. Ich möchte glauben, daß man auch jene Worte in dem Gesetz steheu lassen kann, und vermag mir eigentlich nicht zu denken, daß, wenn sie stehen bleiben, die Folgen eintreten, die von dem Herrn Vor⸗ redner befürchtet worden sind. Es handelt sich um Gegen⸗ stäude von erheblicher naturgeschichtlicher oder kunst⸗ geschichtlicher Bedeutung. Daß nicht irgend ein versteinerter Seeigel darunter fällt, ist wohl ohne weiteres klar. Deswegen glaube ich, daß man nicht zu befürchten hat, daß nun daraus schikanöse Be⸗ handlungen entstehen könnten. Wer soll denn diese ausüben? Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist das ausgeschlossen. Ich habe schon hervorgehoben, daß nur auf Antrag des Regierungspräsidenten eine Bestrafung stattfinden kann. Wie soll eigentlich eine Schikane möglich sein? Es kann in der Tat von einer schweren Belastung der Bevölkerung nicht die Rede sein. Die Anzeigepflicht ist schließlich in der Regel die einzige Belastung. Ich möchte deshalb doch noch einmal

dringend bitten, diese Bestimmungen so aufzufassen, wie es ihrer Be⸗

deutung entspricht, und nicht aus künstlich konstruierten Fällen Nach⸗ teile und Belastungen der Bevölkerung herzuleiten, wie sie sich aber aus dem Gesetze selbst nicht ergeben.

Und nun, meine Herren, bitte ich doch zu bedenken, wie außer⸗ ordentlich wertvoll für unsere heimische Wissenschaft und Kunstpflege es ist, ein derartiges Gesetz zu erhalten. Das ist ja auch auf allen Seiten anerkannt worden. Im Abgeordnetenhause hat das Gesetz mit einer großen Majorität aus allen Parteien Annahme gefunden, und gerade auch die Führer und Vertreter konservativer Anschauung sind warm für das Gesetz eingetreten, weil sie in ihm eine Not⸗ wendigkeit erkannten und anerkannten, daß auf der anderen Seite die ingriffe in das Privateigentum so gering seien, daß in dieser Be⸗ ziehung so schonend und zurückhaltend vorgegangen sei, daß dem⸗ gegenüber die Vorteile des Gesetzes bei weitem überwiegen. Das

sind die Gründe gewesen, die die Annahme dort herbeigeführt haben. Ich hoffe, daß auch dieses hohe Haus sich diesen Gründen nicht ver⸗ schließen und sein Votum für das Gesetz abgeben wird.

Herr Dr. Hillebrandt: Von der Notwendigkeit eines solchen Gesetzes sind wir überzeugt. Die Hilferufe, welche vom Rhein ausgegangen sind, werden auch von anderen Provinzen aus⸗ gestoßen, so auch von Schlesien. Dort verlangt man auch ein solches Gesetz. Aber wir können uns nicht ganz verhehlen, daß das ganze Ge⸗ setz seine Fehler hat. Mir scheint die Gruppierung: Ortspolizei⸗ behörde, Regierungspräsident und Provinziallandtag, nicht glücklich zu sein. Man hätte an erste Stelle die Provinzialmuseen setzen und ihnen die Initiative überlassen können. So muß erst die Erlaubnis des Regierungspräsidenten erbeten werden. Ich zweifle ja nicht, daß diese Erlaubnis in den meisten Fällen gegeben wird, aber es können doch einmal Fälle vorkommen, wo sie versagt wird. Diese Bedenken kann man aber fallen lassen im Interesse der Sache, obgleich wir hier eine andere Konstruktion lieber gesehen hätten. Ganz fallen lassen

kann ich dagegen nicht die Bedenken gegenüber dem Eingriff in das Privateigentum. Wo es sich gewissermaßen um Raubbau und um Ver⸗ schleppung dieser Gegenstände ins Ausland handelt, da kann man ja mit der Fassung einverstanden sein. Hier muß die einheimische Forschung selbstverständlich geschützt werden. Das gilt aber nicht in den Fällen, wo irgend jemand zufällig Funde auf seinem Grund und Boden macht. Ein solcher Mann soll binnen drei Tagen den Fund anzeigen, wenn er Gegenstände, von verhältnismäßigem Wert gefunden hat. Nun ist es vielleicht ein gebildeter Mann und stellt die Gegen⸗ stände in seinem Vorzimmer auf, dann wird man ihn, wenn er die Frist nicht innegehalten hat, beschuldigen, kinen Gegenstand hinter⸗ zogen zu haben. Er wird wohl oder übel unter den Paragraphen des Gesetzes fallen, der Geldstrafe bis zu 20 000 oder Haft oder im Nichtbeitreibungsfalle noch höhere Strafe vorsieht, wenn jemand vor⸗ sätzlich einen Gegenstand zerstört, beschädigt oder beiseite schafft. Das ist doch für einen Eigentümer, der auf seinem Grund und Boden z. B. eine Streitaxt findet und sie nicht abliefert, besonders hart. Zudem wird ein gebildeter Mann gar keine Entschuldigung haben köoönnen, weil er ja den Wert kennen muß. Das geht doch weit über das Maß dessen hinaus, was erstrebt werden soll. Das Gesetz wird wohl nicht überall so streng durchgeführt werden sollen. Man kann jedoch nie wissen, zu welchem Urteil ein Gericht kommt. Wir wollen deshalb das Gesetz in zwei Teile spalten, indem wir der deutschen Wissenschaft Schutz gegen systematischen Raubbau gewähren. Wir bitten deshalb, die Gelegenhertsfunde für eine weitere Gesetzgebung aufzuheben und im nächsten Jahre uns eine Vorlage darüber zu machen. Die naturgeschichtlichen und kunstgeschichtlichen Gegenstände kann man⸗ nicht voneinander trennen, da beide gleich wichtig sind.

Graf von Hutten⸗Czapski: Die Staatsregierung hat mit Recht der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, daß das Gesetz, wenn man die Gelegenheitsfunde herausnimmt, von seinem Wert erheblich verlieren würde. Ich meine, daß das Gesetz noch nicht weit genug geht und nicht all die Gegenstände umfaßt, deren Erhaltung im Inter⸗ esse der Allgemeinheit liegt. Die beiden letzten Amtsvorgänger des jetzigen Herrn Ministers haben ein weitgehendes allgemeines Gesetz darüber in Aussicht gestellt. Ich weiß auch ganz genau, daß die beiden Herren sich bemüht haben, ein solches Gesetz zu stande zu bringen. Ich glaube auch, daß dies von Haus aus die Absicht des jetzigen Herrn Ministers war. Ich glaube, daß die unberechtigten Schwierigkeiten bei einem einigermaßen guten Willen beseitigt werden können. Jeden⸗ falls hat ein großer Prozeß, der vor zwei. Jahren im Westen stattge⸗ funden hat, gezeigt, wie notwendig hier Wandel ist. Der Herr Minister hat mit Recht hervorgehoben, wie sehr vielfach Unverstand und auch Gewinnsucht dazu beitragen, wertvolle Gegenstände aus dem Besitz öffentlicher Korporationen in den Besitz gewinnsüchtiger Agi⸗ tatoren zu bringen. Man sollte deshalb ein Gesetz schaffen, welches vorsieht, daß alle derartigen Kunstgegenstände nur mit Genehmigung der Staatsregierung in das Ausland gebracht werden können. Man müßte dabei den eigentümlichen Verhältnissen des Deutschen Reiches Rechnung tragen und dabei das ganze Deutsche Reich als Inland gelten lassen. Immer wieder hört man, daß ein wertvoller Gegen⸗ stand so in den Privatbesitz und dann ins Ausland gegangen ist. Es muß darüber gewacht werden, daß solche Gegenstände nicht veräußert werden. Es geschieht oft bei armen Gemeinden und bei Kirchenvor⸗ ständen, daß sie wertvolle alte Gegenstände, die für das tägliche Be⸗ dürfnis ihnen zu schade dünken, verkaufen und sich dafür neue anschaffen. So wurde aus einer Kirche ein prachtvoller alter Kronleuchter heraus⸗ genommen und durch einen entsetzlichen modernen gotischen ersetzt. Hier sollte man eingreifen. Das kann aber nur durch ein Gesetz ge⸗ schehen, welches in ausreichender Weise alle die Gegenstände umfaßt, die der Erhaltung würdig sind. Und das muß bald geschehen.

Herr Veltman⸗Aachen: Ich billige die Absicht des Gesetzes, habe aber gewisse Bedenken in bezug auf die Form desselben. Der Entwurf ist etwas plötzlich in die Erscheinung ge⸗ treten. Wenn es möglich gewesen wäre, eingehend die Meinungen auszutauschen über das Für und Wider, dann wären wir wohl zu einer Fassung gekommen, der wir alle gern und freudig zugestimmt hätten. Zu meiner Freude hat der Minister erklärt, daß nicht alle Kunstschätze, die ausgegraben werden, in die Landeshauptstadt gebracht werden sollen, sondern daß den Provinzen die Kunstschätze und Funde erhalten

aber basieren doch wohl die Bedenken, daß die mit den Dingen nicht

Ich glaube, wir können auf den Zusatz, daß auch naturgeschichtliche

bleiben sollen. Ich fürchte aber, daß die Gemeinden in dieser Hinsicht

11 EE1“ E111.“ 5. 8 * 8 E 1 zu kurz kommen. Nach dem Entwurf hat zwar auch ünd das Recht, zu beantragen, daß ihr Kunstschätze überantwortet werden Die fraglichen Bestimmungen genügen aber nicht. In erster Linie soll der Regierungspräsident die Genehmigung zur Ausgrabung geben. So wird es vorkommen, daß unter Umständen auf Betreiben des Pro⸗

vinzialkonservators nicht die Gemeinde die Erlaubnis zum Ausgraben

bekommt, sondern nur die Provinz. Es ist beantragt worden, daß bei einer Konkurrenz von Antragstellern vorher der Gemeinde das Recht zur Ausgrabung eingeräumt werden soll. In dem Gesetz ist eine Be⸗ stimmung vorgesehen, wonach der Provinzialrat entscheiden soll, wem bei einer Konkurrenz von Antragstellern der Vorrang gebühren soll. Dabei sollen auch die Interessen der Wissenschaft berücksichtigt werden. Diese Bestimmung scheint mir aber nicht zu genügen. Ich kann die Befürchtung nicht unterdrücken, daß das Recht der Gemeinden nicht genügend gewahrt sein wird, wenn dem Provinzialkonservator ein ent⸗ scheidender Einfluß eingeräumt wird. Ein kulturhistorisches Denkmal hat nur dort die rechte Bedeutung, wo es bodenständig wo es ge⸗ mwachsen ist. Es müßten deshalb in dem Entwurf Kautelen geschaffen werden, welche darauf gebührend Rücksicht nehmen und insbesondere das Recht der Gemeinden sichern. Ich hoffe, daß der Entwurf uns in einer abgeänderten Form unter Berücksichtigung der geäußerten Be⸗ denken wieder zugeht, und daß wir dann im allgemeinen ihm zu⸗ stimmen können. 2 Herr Dr. Rive⸗Halle: Ich bin mit dem Gesetzentwurf einverstanden. Ich teile aber die Bedenken hinsichtlich der Provinzialverwaltung. Die Provinzialverwaltungen haben große Aufwendungen gemacht, um die Denkmäler zu erforschen und syste⸗ matisch zu pflegen. Die Provinzialmuseen sind seither im Forschen und besonders in den Ausgrabungen völlig selbständig gewesen, sie konnten graben, wo sie wollten. In dem Gesetzentwurf ist nun bei Ausgrabungen die Genehmigung des Regierungspräsidenten not⸗ wendig. Der Regierungspräsident wird aber in der Regel kein Sach⸗ verständiger sein. Er wird sich also wohl an den Provinzial⸗ konservator oder an den Direktor des betreffenden Provinzial⸗ museums wenden. „Der Mann, der nachher ein entscheidendes Gut⸗ achten abgibt, wird gewissermaßen für seine eigene Nachgrabung die Genehmigung erbitten. Das ist eine Komplikation Lan die man bei dem Gesetzentwurf nicht gedacht hat. Es wäre wünschenswert gewesen, die Provinzialverrwaltung vorher anzuhören; dann wäre manches Bedenken ferngehalten worden. Es wäre doch zweck⸗ mäßig gewesen, wenn der Entwurf eine Bestimmung vorgesehen hätte wonach die dem Regierungspräsidenten angezeigten Funde auch einem Provinzialmuseum zu melden seien. Dann würde der wissenschaft⸗ liche Leiter des Museums am schnellsten in die Lage versetzt, an Ort und Stelle Untersuchungen anzustellen und die erforderlichen Schritte einzuleiten. Schließlich hätte es sich empfohlen, der Ortspolizeiverwaltung die Verpflichtung aufzuerlegen, das Pro⸗ vinzialmuseum über die ihr angezeigten Funde schleunigst zu benachrichtigen. Die übrigen Bedenken gegen den Entwurf, be⸗ sonders gegen den Eingriff in das Privateigentum, teile ich nicht. Wenn die im § 7 vorgesehene Bestimmung in sachgemäßer Weise praktisch angewandt wird, dann wird das Prirateigentum einen unzulässigen Eingriff nicht zu fürchten haben. Daß ein schnelles und sachgemäßes Handeln notwendig ist, beweist ein Fall, der kürzlich in Halle vorgekommen ist. Im Jabre 1899 verkaufte die Stadt Halle ein Grundstück an den Justäzfiskus zur Errichtung eines Dienn⸗ gebäudes. Die Abbrucharbeiten wurden einem Privatunternehmer übertragen, unter der ausdrücklichen Bedingung, daß etwaige Funde der Stadt zu verbleiben hätten. Während der Abbruchsarbeiten fanden nun die Arbeiter eine Blechkapsel mit einer wertvollen, mit Perlen und Edelsteinen besetzten Brautkrone aus dem 16. Jahrhundert Derartige Brautkronen existieren heute nur noch sehr wenige, die im Besitze von Fürstlichkeiten sind. Die Krone war völlig unverletzt. Die Arbeiter zerrissen aber das ganze Kunst⸗ verk und verteilten die Perlen und Edelsteine unter sich. Sie wurden schließlich verkauft und in alle Welt zerstreut. Die Stadt erfuhr erst nach einigen Wochen davon. Nach jabrelangen Bemühungen gelang es schließlich, den größten Teil der Bruchstucke zusammenzubringen. ie wurde nun rekonstruiert, und die Krone, die von Geheimrat Lessing in Berlin als ein außerordentlich wertvolles Kunstwerk be⸗ zeichnet worden ist, ist heute im Museum in Halle ausgestellt. Belchen Wert würde das Werk gehabt haben, wenn es erhalten ge⸗ blieben wäre! Ein solcher Fall beweist, daß etwas geschehen muß daß ein Eingriff auf dem Wege des Gesetzes erfolgen muß. Wenn 6s möglich sein sollte, die von mir erwähnten Bedenken durch die Ausführungsbestimmungen zum Gesetz zu beseitigen— vielleicht kann mir der Minister eine solche Bestimmung in Aussicht stellen —, dann tönnte ich Bedenken gegen den Entwurf nicht haben.

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten Dr. von Trott zu Solz:

Meine Herren! Die beiden Herren Vorredner haben an dem Gesetzentwurfe gerügt, daß die Provinzen und die Städte nicht ge⸗ nügend zu ihrem Rechte kämen. Bei der Redaktion des Gesetzes hat man sich auf die notwendigsten Bestimmungen beschränkt und dabei die Absicht gehabt, die sonst nötigen Bestimmungen in der Aus⸗ führungsverordnung zu geben. Dahin gehört namentlich auch de Punkt, der von dem letzten Herrn Redner erwähnt wurde, daß die Ortspolizeibehörde, wenn bei ihr von einem Fund Anzeige gemacht wird, verpflichtet sein soll, dem nächsten Museum von diesem Funde Kenntnis zu geben, damit dieses die etwa geeigneten Schritte in die Wege leiten könnte. Es ist durchaus die Absicht, derartige Bestim⸗ mungen in die Ausführungsverordnung aufzunehmen. Dadurch be⸗ kommen diese Bestimmungen erst, wie ich anerkennen muß, einen wirklichen Inhalt. Selbstverständlich ist es damit nicht getan, daß die Ortspolizeibehörde von einem solchen Funde Kenntnis bekommt; es müssen auch diejenigen Stellen sie erhalten, die in der Lage sind, den Fund zu beurteilen und dafür zu sorgen, daß er gegebenenfalls in der gehörigen Weise bewahrt wird. 8g Ferner ist von dem letzten Herrn Vorredner ausgeführt worden, das die Provinzen zurzeit in der Lage seien, nach freiem Entschlusse Ausgrabungen vorzunehmen, während sie in Zukunft erst die Ge⸗ nehmigung des Regierungspräsidenten einholen müßten. Nun, meine Herren, bei dem § 1 des Entwurfs ist an solche Unternehmungen vornehmlich nicht gedacht; man hat an die Unternehmungen Einzelner Privater gedacht, die sich dieser Aufgabe widmen, die ausgraben wollen. Wenn eine Korporation, eine Provinz, eine Stadt ein derartiges Unter⸗ nehmen aufgreift, dann ist ja von vornherein die Gewähr dafür gegeben, daß das in sachverständiger Weise geschieht, und deshalb ist der § 3 in den Entwurf aufgenommen worden, wonach der Minister von den Bestiumungen des § 1 dispensieren kann. Es scheint mir keinem Fesssal zu unterliegen, daß, wenn eine Provinzialverwaltung den Entschluß faßt, Ausgrabungen innerhalb ihres Gebietes vorzunehmen, 8 nur eines Antrages bei dem Minister bedarf, und sie wird von der Verpflichtung, die Genehmigung des Regierungspräsidenten einzuholen dispensiert werden. Wenn man sich den Zweck der ganzen Be⸗ stimmungen vor Augen hält, so ist das, glaube ich, ohne weiteres ersichtlich.

Endlich ist von Herrn Oberbürgermeister Veltman bedauert worden, daß die Städte bei der Verteilung der Funde nicht mehr bevorzugt werden, daß insbesondere nicht diejenigen Funde, die auf ihrem Grund und Boden entdeckt werden, ihnen in erster Linie zu⸗ gestellt werden. Wir sind in der gewiß glücklichen Lage, daß die ver⸗

ie Gemeinde

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habe, von der Regierung gefördert. Wenn dies aber der Fall ist, dann muß eben schließlich eine gewisse Auswahl zwischen den Beteiligten stattfinden, und da ist der Staat doch sicher außerordentlich bescheiden bedacht, wenn die Regierung Ihnen die Bestimmungen vorschlägt, die in diesem Entwurf enthalten sind. Darüber kann wohl kein Zweifel sein, daß der Staat dabei den kürzesten ziehen whid, nicht so aber die Stadt. Ich bin überzeugt daß auch im Provinzialrat durchaus Verständnis dafür sein 89 einer Stadt einen Fund, der auf ihrem Gebiete gemacht ist, zuzuweisen. Es gibt doch auch städtische Vertreter im Provinzialrat, und der Pro⸗ vinzialrat ist doch nicht eine Behörde der Provinzialverwaltung, er ist eine selbständige Behörde, nur seine Mitglieder werden bekanntlich vom Provinzialausschuß gewählt. Ich glaube, daß, wie die Dinge einmal liegen, man eine auch für die örtlichen Verhältnisse geeignetere Stelle als der Provinzialrat ist, wohl nicht finden könnte, und daß Herr Oberbürgermeister Veltman diesen Ausführungen gegenüber auch seine Bedenken fallen lassen könnte. 8

Herr Geheimrat, Professor Dr. Hillebrandt ist vorher in seinen Ausführungen auf die Strafbestimmungen besonders eingegangen. Aber er hat doch nicht genügend betont und unterstrichen, daß die vorsätzliche Verletzung der Bestimmungen vorliegen muß, um eine Strafe herbeizuziehen. Nur für den Fall, daß vorsäͤtzliche Uebertretung des Gesetzes vorliegt, ist die Strafe vorgesehen, und wenn die Straffumme hoch gegriffen ist, so ist der Grund blerfür von einem der Herren Vorredner bereits genannt: weil es sich unter Um⸗ ständen um außerordentlich wertvolle Gegenstände handelt. Sind die Gegenstände von einem niederen Wert und handelt es sich nur darum, daß eine Anzeige oder dergleichen unterlassen ist, so wird der Richter auf eine niedrige Strafe innerhalb der gegebenen Grenzsätze erkennen. Aber vor allen Dingen möchte ich immer wieder betonen: nur auf Antrag des Regierungspräsidenten kann überhaupt eine Be⸗ strafung eintreten. Damit ist eine so milde Bestimmung gegebeu, wie sie kaum in einem anderen Strafgesetz vorhanden ist. 6

Herr Dr. von Studt: Die Befürchtung des Grafen Hutten⸗ Czapski, daß Gegenstände von geschichtlichem oder wissenschaft⸗ lichem historischen Wert verschwinden oder eine unliebsame Verände⸗ rung erfahren könnten, teile ich nicht. Es ist in solchen Fällen nach den gesetzlichen Bestimmungen die Genehmigung des Regierungs⸗ präsidenten erforderlich. Ich glaube kaum, daß der Regierungs⸗ präsident hier einen Mißgriff begehen. wird. Nun ist richtig, daß ich feinerzeit einen umfassenderen Gesetzentwurf habe ausarbeiten lassen. Es gehörte. dazu die Zustimmung von nicht weniger als vier anderen Ressortministern, die Sache war sehr weitschichtig, und es hat eine Verzögerung stattgefunden. Jedenfalls ist es zweifellos, daß hier Gefahr im Verzuge ist. Es besteht die Gefahr, daß wertvolle Gegenstände in das Ausland gehen. Der Minister hat selbst hervor⸗ gehoben, daß von einer Zurücksetzung der Provinzial⸗ oder Gemeinde⸗ verwaltung nicht die Rede sem kann. Auf demselben Standpunkt stand unsere Kommission; sie hat fast einstimmig den Entwurf der Regierung, wie er aus den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses mit unerheblichen Veränderungen hervorgegangen ist, akzeptiert. Ich glaube, wir können uns ohne weiteres auf denselben Standpunkt tellen. Gegenüber der drohenden Gefahr ist ein frischer fröhlicher Entschluß erforderlich. Wir finden in den Blättern die Beobachtung daß es beinahe so aussieht, als ob das deutsche Volk gegenuüber wichtigen Aufgaben nicht mehr die entscheidenden Entschlüsse findet. Das vorliegende Gesetz ist insofern von großer Tragweite, als es die dgse er füllen will, unsere Kunstschätze zu wahren und nicht ins

usland gelangen zu lassen. Da gilt es denn auch einmal, einen Entschluß zu fassen und über verschiedene Bedenken hinwegzukommen Ich teile diese Bedenken nicht. Sollten die Gelegenheitsfunde aus⸗ ö das zu einer dauernden Umg ehung des vhelase Se Thrsa: 3. itte also, den Gesetzentwurf möglichst ein⸗ 8 Freiherr von Richthofen: Ich möchte ein Wort für den Antrag des Grafen Behr einlegen. Wir haben gehört, daß die Regierung ursprünglich einen umfassenden Entwurf über die Dentmals⸗ pflege usw. vorlegen wollte. Der Antragsteller will nun einstweilen nur einen Teil des Gesetzes zur Verabschiedung bringen, um bei dem gegenwärtigen Notstand wenigstens die Möglichkeit zu schaffen, den schlimmsten Uebelständen abzuhelfen. Diese Tendenz in eine durchaus richtige. Wir möchten, daß dasjenige, was man den Ausführungs⸗ bestimmungen überlassen will, in das Gesetz felbst kommt, daß man also entweder diesen Gegenstand in einem besonderen Gesetz behandelt oder auf den weitergehenden Entwurf zurückgreift. Herr Dr. Brunner: Ein Bestand unseres alten urgerma⸗ nischen Rechts war auch das Schatzregal; dem Koönig gehörte jeder Schatz, der tiefer in der Erde lag, als die Pflugschar ging. Beseitigt hat diesen Satz erst das römische Recht, welches den Schatz zwischen dem Entdecker und dem Grundeigentümer teilt und so steht es jetzt auch im § 984 des B. G. B Es ist eine kleine Abschlags⸗ zahlung an alte einheimische Rechtsgedanken, wenn hier wentgstens eine, wenn auch nur sehr bedingte Möglichkeit eines Ablieferungs⸗ zwanges gegeben wird. Diesen Eingriff in das Eigentumsrech können wir unbedenklich machen. Gegen die Ausscheidung der Gelegenheits⸗ funde möchte ich mich gleichfalls aussprechen, weil die Grenze zu schwer zu ziehen sein würde. Damit schließt die Generaldiskussion. Der Referent empfiehlt noch besonders die Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution. In der Spezialberatung ruft § 4 wiederum gedehnte Erörterung hervor. „Referent Herr Dr. Busz: Ich würde es für sehr bedenklich halten, die Geltung des § 4 auf Gegenstände von erheblicher kultur⸗ geschichtlicher Bedeutung zu beschränken. Die Funde von kultur⸗ geschichtlicher Bedeutung sind weséntlich Gelegenhestsfunde. Auch der Verzicht auf die Waffen und Werkzeuge des Steinzestalters und auf die Münzen kann nicht gebilliat werden, denn diese Gegenstände sind auch von außerordentlicher Bedeutung für die Erforschung kultur⸗ historischer Beziehungen zwischen den einzelnen Völkern. Das Material hesek Gesteine ist oft von außerordentlicher Charakteristik und von ““ Beschaffenheit; ich deute nur auf die Nephrit⸗

Mi 4 er der .; Erlisr ntlapr; 8 3 8 8 4 2 1 Unterrichtsangelegenheiten

Meine Herren! Ich möchte mich ebenfalls gegen den Antrag des Herrn Freiherrn von Thielmann wenden. Ich habe vorhin schon ausgeführt, daß es von großer Bedeutung ist, wenn durch das Gesetz nicht etwa nur kulturgeschichtliche, sondern auch naturgeschichtliche Gegenstände geschützt werden. Ich darf mich darauf beziehen sowie auf das, was soeben von dem Herrn Referenten in dieser Beziehung zutreffend ausgeführt worden ist. Wenn Herr von Thielmann in dem zweiten Teil seines Antrags zu § 4 wünscht, daß die Bestimmungen dieses Paragraphen auf Funde von Waffen und Werkzeugen des Steinzeitalters und von Münzen keine Anwendung finden sollen sc möchte ich mich auch dagegen mit aller Entschiedenheit aussprechen weil das eben auch wertvolle Dinge sind und kein Grund einzusehen ist, warum auf sie verzichtet werden sollte, wenn man im übrigen

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CA“ v11““ ist hoch erfreulich und wird, wie ich vorhin schon ausgeführt

einmal eine wesentliche Erleich erung für den davou Betroffenen bedeuten; denn wie soll der Bauer da draußen entscheiden können, ob der Gegenstand unter diese Kategorie oder eine andere fällt? Das wird ihm sehr viel schwerer sein als überhaupt die Erkenntnis, ob es sich um einen wertvollen Gegenstand handelt oder nicht. Ich möchte also dringend bitten, auch von dieser Veränderung der Regierungs⸗ vorlage abzusehen.

Was den weitergehenden Antrag des Herrn Grafen von Behr anlangt, so habe ich dazu ja schon vorhin in meinen Ausführungen eingehend Stellung genommen. Ich habe nur noch einmal“dringend zu bitten, daß Sie diesem Antrage nicht folgen mögen; denn damit zerstören Sie die Bestimmungen des ganzen Gesetzes. Sie geben nichts Halbes, sondern Sie geben, wenn Sie diese Bestimmungen herausnehmen, überhaupt der Regierung eine Waffe nicht mehr in die Hand, wie ich mir erlaubte, das vorhin auszuführen. Denn die Um⸗ gehungen des Paragraphen 1 werden dann schlechterdings nicht zu ver⸗ hindern sein.

„Dr. Freiherr von Thielmann: Ich muß bei meinen An⸗ trägen bleiben. Der Zweck des Gesetzes kann doch nur sein daß möglichst viele Gegenstände der gedachten Art abgeliefert werden. Wir können unmöglich bei dem Ackerknecht und dem Bauern eine guch nur annähernde Kenntnis von diesen Gegenständen voraussetzen. Was meinen zweiten Antrag betrifft, so werden Funde von stein zeitlichen Waffen und Geräten jeden Tag gemacht; die Museen sind voll davon, und es geht zu weit, wenn wir, um einige wenige Stücke zu erwerben, jeden Bauern, der hinter dem Pfluge geht, zwingen der Sache seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die Museen ab n1 vordo 6 ZI 9 . bebe. EE.“ jeden Tag davon noch mehr erwerben,

8 —.. 22 4 8 8 g d. e Gresa Weor vnaruhrten Heltde fieht urötseoenn

M 8 ( 9 9 39 2 dehe eeeche ge⸗ angeführten Gründe nicht überzeugend 8 Herr v on Br uchhausen ⸗Trier sieht seinerseits die Streichung der 88 4 und 5 für sehr bedenklich an. Es sei nicht richtig, daß gerade die wertvollsten Funde aus Grabungen stammten; soweit Trier und speziell die Stadt Trier in Betracht komme seien gerade die wertvollsten Funde gelegentlich gemacht worden. 8 8 Herr von, Gwinner: Auch ich halte dafür, daß die Streichung der Gelegenheitsfunde das Gesetz ziemlich gegenstandslos machen würde. Die richtige Auffassung von der Art, wie solche Funde gemacht werden, scheint doch nicht an allen Stellen des Hauses vorhanden zu sein. Durch die Erwähnung der Nephritfrage seitens ist ein ganz charakteristischer Fall berührt worden. Diese Frage besteht darin, ob in uralter Zeit Handelsbeziehungen bestanden haben zwischen Innerasien und unserem Vaterlande. Es wurden zahlreiche Steinwerkzeuge aus Nephrit in Innerasien gefunden während man bei uns und in unserer Nachbarschaft das Vorkommen von Nephrit nicht kannte. Später hat sich dann Nephrit auch bei uns ge⸗ funden, und zwar wurde ein großer Block in Schlesien zufällig ge⸗ funden, der dann ins Ausland verkauft worden ist. Hätte damals eine Anzeigepflicht bestanden, so wäre er in Deutschland geblieben. Daß⸗ wie Freiherr von Thielmann meinte, Gelegenheitsfunde beim Pflüͤgen gemacht werden, ist auch schon beim Vorredner auf Wider⸗ spruch gestoßen. Vor längerer Zeit wurde in der Gegend von Baypreuth ein Reptil, ein Nothosaurus, entdeckt; es ist gelungen, dieses Stück, welches schließlich auf den Markt kam, für Senkenbergsehe 8 lch ließlich auf den Markt kam, für das Senkenbergsche Museum in Frankfurt a. Main zu retten. Zweifellos aber wäre es nach Amerika gegangen, wenn zufällig Herr Pierpont Morgan oder Herr Carnegie es gesehen hätte. Wir würden also mit dem Ein⸗ auf die Anträge des Freiherrn von Thielmann einen Fehler haben, ganz abgesehen von ihrem wissenschaft⸗ lichen oder kulturhistorischen Wert, oft einen sehr hohen finanziellen Wert; anderseits sehen wir doch, wie viele Hunderte von Millionen all⸗ jährlich ins Ausland, zumal nach Italien, aus Deutschland getragen werden. Wir haben ein großes Interesse daran, derartige wissenschaftliche und künstlerische Anziehungspunkte auch in Deutschland zu fördern. ist es daher nur zu danken, daß sie ein solches Sig 1”c das dringendste Bedürfnis deckendes Gesetz vor⸗ „Dr. Freiherr von Thielmann: Herr von Gwinner hat mich mißverstanden. Ich habe nur gesagt, daß die Gegenstände aus der Steinzeit beim Pflügen gefunden werden. Der von dem Gesetz ge⸗ öö für mich die Belästigung nicht auf, welche 11“ soll. Auch ich stimme zunächst für den An⸗ Graf von Ballestrem: §4 des Gesetzentwurfs hat nicht ohne weiteres auf die Bergwerke Bezug. Der Begriff „Grundstück“ deckt sich nicht mit dem Begriff „Bergwerk“; das Gesetz unterscheidet stren zwischen Grundstücks⸗ und Bergwerkseigentum. 3 1 3 Ein Regierungskommissar entgegnet, daß Bergwerke auch Grundstuͤcke seien, daß, wenn in einem Bergwerk ein Gegenstand Fetotsen Wird, er auch in einem Grundstück gefunden ist. e 8 stände geschützt werden sollen, streitig ist nur, wie der Schutz gestaltet sein soll. Hier besteht zwischen den meisten meiner Freunde und der Regierung eine Differenz. Da die Zurückverweisung der Vorlage an die Kommission angesichts der Geschaftslage ein Be wäre, so wollen wir, um den amerikanischen Schatzgräbern das Handwerk zu legen, um den Export unmöglich zu machen, für Ausgrabungen den verlangten Schutz gewähren. Die Regierung kann dann bis zum nächsten Jahre eine bessere Vorlage über Gelegenheits⸗ funde ausarbeiten. Im Anschluß an die Worte des Herrn von Gwinner empfehle ich auch, ein Gesetz zu erwägen, welches verhindert daß wertvolle Gemälde über den Ozean oder sonst ins Ausland wandern und für uns unwiderbringlich verloren gehen. Bei der Reichs⸗ regierung sollte angeregt werden, ob ein Ausfuhrverbot oder ein hoher Ausfuhrzoll tunlich wäre. 8 Freiherr von Richthofen: Ich schließe mich den letzten Worten an, die Regelung der Angelegenheit ist sofort notwendig. Die Einwendungen des Ministers sind schwerwiegender Natur die Frage der Gelegenheitsfunde muß dann durch eine besondere Novelle geregelt werden. Ich bitte fur den Antrag Behr zu stimmen, da sonst alles in Frage gestellt ist. 1 Graf von Oppersdorff: Die Interpretation des Re⸗ gierungsvertreters zeigt, welch strittige Punkte das Gesetz enthält. Graf Ballestrem hat zutreffend die Schwierigkeiten geschildert die Hegich e Bergwerke entnehen können. Herr von Gwinner wies hin. Aber was diesem recht ist, ist doch dem Heerr Dr. Weidtman: Die Ansicht des Grafen Ballestrem ist nicht richtig. Was hier über die Bergwerke ausgeführt ist kollidiert in keiner Weise mit dem bestehenden Gefetz. . 8 die Geast 8 8 ar lest 8 m: Ich hatte nur die Gegenstände im Auge, vesc hilthe haen. ergwerken findet und die großen natur⸗ Herr Remy: Wenn auf einem Grundstück Gegenstände vo kulturgeschichtlicher oder 111“ werden, so ändert doch daran nichts die Tatsache, daß lauf diesem Grundstück zufällig ein Bergwerk getrieben wird. G 8 Herr von Bruchhausen⸗Trier: Die Einbeziehung der Ge⸗ legenheitsfunde in das Gesetz ist absolut notwendig. Wenn irgendwo ein Baugrundstück eröffnet oder abgerissen wird, dann findet sich als⸗ bald der Privatsammler an und kauft alles, selbst das Geringste. 8 Bei der Abstimmung werden die Anträge von Thielmann abgelehnt und § 4 nach dem Antrage des Grafen Behr mi schwacher Mehrheit gestrichen. Ebenso fällt § 5 GG““ Zu § 6 bemerkt Dr. Freiherr von Thielmann: Hierbei ist mindestens der

solche Bestimmungen rläßt. 82 würde schließlich auch gar nicht

9 4 p à MPpopnoR p z f Abs. 4 etwas ganz Neues. Dadurch, daß bei Bemessung des Wertes