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senats quch der Kläger Wiedereinsetzung beantragen kann; die dem
eigentlichen Prozeß nabekommende Natur des Nichtigkeitsverfahrens pecbietet es aber, die Rechte der einander gegenüberstehenden Parteien verschieden auszubauen. Im übrigen sind die Beuimmungen über Vocaussetzungen und Durchführung des Gesuchs dem Zivilprozeßrechte nachgebildet; in die zweiwöchige Frist, die für seine Anbringung läuft, wird der Tag, an dem das Hindernis, das die Versäumung der Not⸗ frist verursachte, weggefallen ist, übereinstimmend mit der Auslegung, welche die Zivilprogeßordnung gefunden hat, nicht mit eingerechnet, sodaß der kritische Tag auch in diesem Falle dem Beteiligten zugute kommt.
soll durch die vom Inhalt des Patentgesetzes abweichenden Be⸗ stimmungen die Gerichtsgewalt des Patentamts insoweit erweitern, als dies nach den gemachten Erfahrungen wünschenswert und an⸗ gemessen ist, insbesondere in der Durchführung des Zwanges gegen widerstrebende Zeugen und Sachverständige das Patentamt von den Gerichten unabhängiger machen. Daß das Gesetz dem Patentamt keine Mittel gewährt, die sogenannte Sitzungspolizei auszunben und die Verletzung der gebotenen Ordnung zu ahnden, ist eine Lücke, die auszufüllen sich empfiehlt, obwohl es der Behörde auch bisher gelungen ist, Ausschreitungen hintanzuhalten und ihr Ansehen zu wahren.
§ 46.
Die Pflicht der Gerichte, dem Patentamt Rechtshilfe zu leisten, besteht auch außerhalb des Nichtigkeitsverfahrens. Dies wird durch die veränderte Stellung der Vorschrift in der Reihenfolge der Para⸗ graphen außer Zweifel gestellt. Die Beweisaufnahme soll das Patent⸗ amt regelmäßig selbst bewirken. Die Gerichte sollen in entsprechender Anwendung des § 375 der Zivilprozeßordnung um die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen vom Patentamt nur in solchen Fällen ersucht werden dürfen, in denen im Zivilprozeß ein ersuchter Richter tätig zu werden hat; hauptsächlich wird dadurch den Gerichten die Leistung von Rechtshilfe dann erspart, wenn die zu vernehmende Person sich nicht in großer Entfernung von dem Sitze des Patent⸗ amts aufhält.
§§ 47 bis 52.
Wer ein Patent verletzt, soll unter allen Umständen von der Rechtshängigkeit an für die ihm zugeflossene Bereicherung haften, und der ÜUnterschied zwischen grober und nichtgrober Fahrlässigkeit, von dem es jetzt abhängt, ob er schadensersatzpflichtig ist oder nicht, fällt weg. Dies wird allseitig als berechtigt anerkannt und ist er⸗ forderlich, um den Patentschutz wirksamer zu machen, die Be⸗ weispflicht des Verletzten zu erleichtern und unbefriedigende Ent⸗ scheidungen zu verhüten, entspricht auch der Regel des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs, daß der Schuldner (Vorsatz und) Fahrlässigkeit schlechthin zu vertreten hat. Worauf im einzelnen der Bereicherungs⸗ anspruch geht, namentlich wie weit der Verletzer für Nutzungen ver⸗ antwortlich ist, die er nicht gezogen hat, aber bei ordnungsmäßiger Wirtschaft aus der Benutzung der Erfindung häͤtte ziehen können, bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts. Der Vorschlag, daß der Verletzer die aus der Benutzung der geschützten Erfindung schlechthin gezogenen Nutzungen heraus⸗ zugeben habe, also auch die vor der Rechtshängigkeit entstandene Bereicherung, geht zu weit. Durch solche Vorschrift würde der Patentinhaber in die Lage gesetzt werden, ruhig zuzusehen, daß der andere für ihn arbeitet, und nachträglich, wann immer der Augenblick ihm günstig scheint, den Gewinn mühelos einzustreichen. Regelmäßig wird er, sobald er die Verletzung gewahr wird, den anderen warnen können und müssen, dadurch aber erreichen, daß die weitere Benutzung sich mindestens als fahelässig kennzeichnet; insofern ist sein Interesse durch die Bestimmungen des Entwurfs genügend gewahrt.
Eine Maßregel, von der ein günstiger Erfolg für die Rechts⸗ sicherheit und für die Rechtsprechung erwartet werden darf, bringt der § 49. Je reicher die Erfahrung der einzelnen Richter und Gerichte ist, um so mehr erhöht sich die Gewähr, daß ihre Sprüche sachgemäß ausfallen und die Beteiligten befriedigen. Aus dieser Beobachtung heraus haben in den letzten Jahren verschiedene deutsche Justizver⸗ waltungen Aaorsnungen getroffen, wonach bei den einzelnen Gerichten bestimmten Kammern oder Senaten ausschließlich die Patentsachen zugewiesen sind, und die Beteiligten suchen den daraus ent⸗ springenden Vorteil insofern noch zu erweitern, als sie, wenn
der Beklagte vor anderen Gerichten seinen Gerichtsstand hat,
oielfach die Zuständigkeit eines einbaren. Im Zuge dieser Entwicklung liegt es, wenn der Entwurf einen von besonderer Vereinbarung unab⸗ hängigen Gerichtsstand schaffen will für alle das Patent⸗ und Erfinderrecht betreffenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, sofern und soweit die Landesjustizverwaltung ein bestimmtes Gericht über die Grenzen seines örtlichen Bezirkes hinaus als Gericht für erfinderrecht⸗ liche Streitigkeiten bestellt. Weit über den Inhalt dieser Vorschrift hinaus gehen die Bestrebungen derjenigen, welche die Einführung von Sondergerichten für Patentstreitigkeiten fordern. Das Ziel dieser Richtung ist der Ersatz der gegenwärtigen Gerichte durch solche, die teils aus rechtsgelehrten, teils aus technisch sachverständigen Mitgliedern zusammengesetzt sind, und soll entweder durchgehend für alle Instanz⸗ gerichte verwirklicht werden oder aber wenigstens in einem die oberste Instanz bildenden Patentgerichtshofe. Der Plan hat vor einigen Jahren in weiten Kreisen der technischen und der juristischen Welt einen lebhaften Kampf hervorgerufen, dessen Ausgang für die neue Richtung nicht ermutigend war. Die Bewegung ist denn auch mehr und mehr zur Ruhe gekommen, und es besteht gegenwärtig kein Anlaß, auf die schweren grundsätzlichen und praktischen Bedenken zurückzukommen, die den bezeichneten Forderungen enkgegen⸗ stehen. Jedenfalls ist der Standpunkt des Entwurfs der, daß an den Grundlagen der deutschen Gerichtsverfassung festgehalten und die Schaffung neuer Sondergerichte abgelehnt werden muß.
Zur Verstärkung des Patentschutzes und zur Steigerung des Wertes des Patents soll es ebenfalls beitragen, daß bei vorsätzlicher Patentverletzung nicht nur entweder Gefängnis⸗ oder Geldstrafe, sondern nebeneinander sowohl die eine wie die andere Strafart zugelassen wird. Ebenso soll der Höchstbetrag der Buße von 10 000 ℳ auf 20 000 ℳ erhöht werden.
Die Strafbestimmung des § 40 des Patentgesetzes über die so⸗ genannte Patentanmaßung ist entbehrlich geworden; sie wird durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7. Juni 1909 (Reichsgesetzbl. S. 499) ersetzt und ergänzt.
§ 53.
Eine dem ersten Satze entsprechende Vorschrift ist im § 9 des alten Patentgesetzes enthalien. Die Praxis hat zwar ihre Geltung von dem dort behandelten Sonderfalle der Zahlung von Jahres⸗ gebühren auf alle anderen Fälle von Gebührenentrichtung erstreckt. Es erscheint aber geboten, diese Verallgemeinerung gesetzlich festzustellen. Das ist um so notwendiger, als der fragliche Grundsatz bisher nicht ohne Zwang auf das Warenzeichen⸗ und Gebrauchsmusterrecht über⸗ tragen werden konnte, die bei Erlaß des Patentgesetzes überhaupt noch nicht für das Patentamt Geltung und Bedeutung hatten.
Abgesehen davon entspricht es der modernen Entwicklung des Bank⸗ und Geldwesens und dem Streben, den bargeldlosen Ver⸗ mögensverkehr zu heben, wenn dem Publikum die Entrichtung von Gebühren an das Patentamt auf anderem Wege als dem im Patent⸗ gesetz allein vorgesehenen der baren Zahlung möglich gemacht wird. Das Patentamt hat zwar ein Girokonto bei der Reichsbank zur Gut⸗ schrift überwiesener Beträge, es hat Schecks und Wechsel angenommen und ist dem Ueberweisungs⸗ und Scheckverkehre der Post beigetreten; die Mannigfaltigkeit der Fälle führt aber zu Zweifeln darüber, durch welche konkreten Vorgänge im Ueberweisungsverkehre dieselbe Wirkung hergestellt ist, als wenn bar bezahlt worden wäre, und bei der großen Wichtigkeit der Zeit der Zahlung für die patentamtlichen Rechtsver⸗ hältnisse sind solche Zweifel und eine dadurch verursachte Unsicherheit des Verkehrs in hohem Maße unerwünscht. Die vom wirtschaftlichen Standpunkt nur wünschenswerte lebhaftere Entfaltung des mittelbaren Geldverkehrs wird dadurch gehemmt. Aus diesen Gründen soll dem Patentamt die gesetzliche Befugnis erteilt werden, jene Zahlungs⸗
solchen Spezialgerichts ver⸗
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arfen, durch welche die reine Varzahlung ersetzt wird, rechtsgültig zu bestimmen. Vermöge solcher Ermächtigung kann sich das Patentamt der Entwicklung des Verkehrs, der etwa neue Zahlungsformen auf⸗ bringt, anpassen und über die Rechtzeitigkeit der Gebührenzahlungen Bestimmungen treffen, die der Natur des jeweils zugelassenen Zahl⸗ wegs entsprechen. Da künftig die Entscheidung über die Rechts⸗ gültigkeit der einzelnen Zahlung auch für die Jahresgebühren lediglich dem Patentamt zusteht (§ 14), wird so in wirksamer Weise die er⸗ forderliche Rechtssicherheit gewahrt und zugleich das Vertrauen des Publikums zu den neuen Zahlwegen gestärkt werden. Daß das Patentamt seine verwaltungsmäßigen Anordnungen, die es auf Grund des § 53 trifft, zur öffentlichen Kenntnis bringen muß, braucht eben⸗ sowenig besonders bestimmt zu werden, wie z. B. für den Fall des § 28 Abs. 2. 54
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entspricht dem § 12 des alten Patentgesetzes. Statt des Ausdrucks „Inland“ ist die Bezeichnung „Reichsgebiet“ gewählt, um auch den⸗ jenigen, der in einem der Schutzgebiete seinen Wohnsitz hat, dem Vertreterzwange zu unterwerfen. 8n diesem Sinne wird zwar der § 12 schon jetzt vom Patentamt und in der Literatur ausgelegt, aber auch die entgegengesetzte Meinung hat Vertreter gefunden. Da die Vorschrift des § 12 ihren Grund in der Absicht hat, den Verkehr des Patentamts mit dem Patentberechtigten zu erleichtern und für vermögensrechtliche Klagen gegen den Patentinhaber einen bequemen Gerichtsstand zu schaffen, und da in dieser Hinsicht die weite geogra⸗ phische Entfernung und die geringere Sicherheit der Verbindungen bei den Eingesessenen der Schutzgebiete sich ebenso fühlbar macht wie bei den Ausländern, so erscheint es zweckmäßig, der herrschenden Meinung gesetzliche Geltung zu verschaffen. Durch Artikel 2 der revidierten Pariser Verbandsübereinkunft vom 2. Juni 1911 zum Schutze des gewerblichen Eigentums (Reichs⸗Gesetzbl. 1913 S. 209), welcher die Angehörigen der Verbandsländer den deutschen Staats⸗ angehörigen gleichstellt, ist das Recht, die Ausländer zur Bestellung eines Vertreters zu verpflichten, nicht berührt, wie im Schluß⸗ “ 2. Juni 1911 zu Artikel 2 in Abs. c ausdrücklich fest⸗ gestellt ist.
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§§ 56 bis 59.
enthalten die erforderlichen Bestimmungen zur Ueberleitung in den neuen Rechtszustand. Der beberrschende Grundsatz ist, daß die vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes erworbenen Rechte und begrün⸗ deten Rechtsverhältnisse unberührt bleiben. Die Rechtslage ins⸗ besondere der bereits erteilten Patente bleibt unverändert. Gegen sie greifen z. B. die neuen Ansprüche des Erfinders (§§ 4 bis 6. 10 des Entwurfs) nicht durch, sie sind der Nichtigkeitserklärung gemäß § 10.
Nr. 3 des alten Gesetzes ausgesetzt. Dagegen soll ausnahmsweise 1) ein schon bestehendes Patent fortan die Vergünstigungen ge⸗ nießen, die nach Maßgabe der §§ 12, 14, 53 des Entwurfs den Patentinhabern zugute kommen, auch von den bis⸗ herigen Unbequemlichkeiten in bezug auf die Zahlungs⸗ fristen im Einklang mit § 13 des Entwurfs befreit werden. Die Vorschrift des § 28 des Patentgesetzes über die fünf⸗ jährige Ausschlußfrist für die Nichtigkeitsklage soll nur dann zugunsten eines bereits erteilten Patents wirksam sein, wenn danach die Heilung der Nichtigkeit beim Inkrafttreten des neuen Gesetzes bereits eingetreten ist, sodaß einer als⸗ dann noch nicht vollendeten Frist nur die in § 38 Abs. 2 des Entwurfs bestimmte abgeschwächte Bedeutung zukommt. Die Erweiterung des Patentschutzes, die der Entwurf durch den neuen Bereicherungsansprnch gegen den Verletzer und die Beseitigung des Begriffs der groben Fahrlässigkeit
Patenten zu.
Auch die Rechte, die durch eine vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes bewirkte Anmeldung begründet sind, erleiden grundsätzlich keine Aenderung, aber es ist zweckmäßig, dafur zu sorgen, daß die Verschiedenheit des Rechtszustmdes nicht unnötig lange fortdauert. Ohnehin entspricht es allgemeiner Uebung, neue Verfahrensregeln in schwebenden Verfahren alsbald anzuwenden. Dies schreibt deshalb der Entwurf (§ 57) vor, und er unterwirft zugleich die aus den schwebenden Anmeldungen hervorgehenden Patente den neuen Be⸗ stimmungen. Es besteht kein Grund, diese beim Inkrafttreten des Gesetzes erst im Entstehen begriffenen Patente genau so zu behandeln, wie wenn sie schon vollgültigen Bestand hätten. Dagegen sind zwei Ausnahmen geboten. .
1) Es liefe der Billigkeit zuwider, wenn ein anderer als der
zur Zeit der Anmeldung bestehende Rechtszustand für das Recht an der Erfindung und die damit in Zusammenhang stehenden Ansprüche maßgebend wäre. Wer unter dem alten Gesetz anmeldet, dessen Recht auf das Patent kann nur an denjenigen Ansprüchen eine Grenze finden, die dieses Gesetz anerkennt, und der Mängel, die ihm anhaften, durch Aenderung des Gesetzes nicht ledig werden. Die neuen Vorschriften der §§ 3 bis 6, 10 des Entwurfs müssen daher materiell und formell sowohl gegenüber den schwebenden Anmeldungen als den aus diesen erwachsenden Patenten außer Betracht bleiben; den Anspruch auf das Patent hat insoweit nicht der Erfinder, sondern der Anmelder als solcher; wegen widerrechtlicher Entnahme kann weiterhin gemäß § 3 Abs. 2 des Patentgesetzes Einspruch und gemäß § 10 Nr. 3 Nichtigkeitsklage erhoben werden. Wenn der in erster Instanz abgewiesene Patentsucher die Beschwerde nach altem Rechte erhoben hat, so braucht ihm der Vorteil des neuen Rechtes, daß er in zweiter Instanz in zwei Stufen seinen Anspruch geltend machen kann, nicht zugestanden zu werden, da er eine geringere Gebühr gezahlt hat, als in § 36 des Entwurfs vorauksgesetzt ist, und da bereits die Anmeldeabteilung mit mindestens drei Mit⸗ gliedern besetzt war.
Die vor Inkrafttreten des Gesetzes erlassenen, nach § 16 des Patentgesetzes anfechtbaren Beschlüsse des Patentamts haben zu diesem Zeitpunkt eine Rechtskraft durchweg noch nicht erlangt, und mangels emer besonderen Vorschrift könnte ihre dauernde Anfechtbarkeit trotz der Absicht des § 24 des Entwurfs aus dem zurzeit ihres Erlasses geltenden Rechte hergeleitet werden. Anderseits ist es billig, daß den Beteiligten zur Anfechtung eines solchen Beschlusses noch minde⸗ stens ebensooiel Zeit zur Verfügung steht, wie wenn der Beschluß erst unter dem neuen Rechtszustand erlassen wäre. Demgemäß bestimmt § 58, daß die bereits zugestellten Beschlüsse der bezeichneten Art jeden⸗ falls mit Ablauf eines Monats nach dem Tage, an dem das neue Gesetz in Kraft tritt, unanfechtbar werden.
Der Zweckmäßigkeit entspricht es ferner, daß auch die schwebenden Nichtigkeitsverfahren von dem Inkrafttreten des Gesetzes an in prozessualer Beziehung nach dem neuen Rechte fortgeführt werden; in einem schon schwebenden Berufungsverfahren darf billigerweise die Stellung der Parteien nicht nachträglich eine ungünstigere werden, als sie es vorher war, und es greift daher, wie ausdrücklich festgesetzt wird, die neue Gerichtskostenpflicht nicht Platz.
— § 60 trifft Vorsorge, daß die Durchführung der neuen Organisation des Patentamts nicht durch erworbene Ansprüche von Beamten erschwert wird, und daß Beamten, für die die Verwaltung unter den neuen Verhältnissen keine Verwendung in der Behörde mebr hat, durch den Verlust des Amts keine unbilligen Vermögensnachteile entstehen. Die Vorschriften des § 24 des Reichsbeamtengesetzes über die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand im Falle einer Umbildung der Reichsbehörden reichen hierfür schon deshalb nicht aus, weil ihre Voraussetzung, daß das von dem Beamten verwaltete Amt auf⸗ hört, vorliegend nicht erfüllt wird; das Amt eines Mitglieds des Patentamts wird durch das neue Gesetz nicht beseitigt. Die Be⸗ stimmungen sind den Gesetzen nachgebildet, die für andere Behörden, auch richterliche Beamte, in ähnlichen Fällen im Reiche und in Preußen erlassen worden sind. Vgl. Preuß. Ausführungsgesetz zum Feriessibersofnge. vom 24. April 1878 (Gesetzsamml. 8. 349) §§ 99 ff.; preuß. Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom
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einführt, kommt naturgemäß auch den bereits vorhandenen
30. Juli 1883 (Gesetzssamml. S. 233) §§ 147 ff.; preuß. Gesetz, be⸗ treffend Regelung der Verhältnisse der bei der Umgestaltung der Eisenbahnbehörden nicht zur Verwendung gelangenden Beamten, vom 4. Juni 1894 (Gesetzsamml. S. 89); preuß. Gesetz, betreffend die Aufhebung der Hypothekenämter im Gebiete des rbeinischen Rechts, vom 18. Juli 1896 (Gesetzsamml. S. 165); Einführungsgesetz zur Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 (Reichs⸗Gesetzbl. S. 1289) §§ 26 ff. 1 n E“
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Entwurf eines Gebrauchsmustergesetzes.
“ Erster Abschnitt. “
Gebrauchsmusterrecht § 1.
Modelle von Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenständen oder von Teilen davon werden, soweit sie dem Arbeits⸗ oder Gebrauchs⸗ zweck durch eine neue Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung bienen sollen, als Gearauchsmuster nach Maßgabe dieses Gesetzes geschützt. 1
Ausgenommen sind Modelle, deren Verwertung den Gesetzen oder guten Sitten zuwiderlaufen würde, sowie schlechthin Modelle von Gegenständen, die bei Menschen die Empfängnis verhüten oder die Schwangerschaft beseitigen sollen.
Nahrungs⸗, Genuß⸗ und Arzneimittel werden nicht als Gebrauchs⸗ muster geschützt. 85
8.
Modelle gelten nicht als neu, soweit sie zur Zeit der auf Grund dieses Gesetzes bewirkten Anmeldung in öffentlichen Druckschriften aus den letzten hundert Jahren bereits derart beschrieben oder im Inland bereits so offenkundig benutzt sind, daß danach die Benutzung durch andere Sachverständige möglich erscheint.
Auf den Gebrauchsmusterschutz finden die Abs. 1, 4 bis 6, 10 des Patentgesetzes entsprechende Anwendung.
Wird ein Gebrauchsmuster im Sinne der §§ 1, 2 in die bei dem Patentamt geführte Gebrauchsmusterrolle eingetragen, so steht das Recht, gewerbsmäßig das Muster nachzubilden und die durch Nach⸗ bildung hervorgebrachten Gerätschaften und Gegenstände in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen, ausschließlich dem einge⸗ tragenen Inhaber zu.
Der Gebrauchsmusterschutz wird durch die Eintragung nicht be⸗ gründet, soweit das Muster bereits auf Grund einer früheren An⸗ meldung eingetragen ist.
Der Gebrauchsmusterschutz unterliegt den Einschränkungen, die nach § 8 des Patentgesetzes für Patente gelten.
§ 6.
Soweit ein nach § 4 begründetes Recht in ein Patent eingreift, welches vor dem Modell angemeldet ist, darf der Eingetragene das Recht ohne Erlaubnis des Patentinhabers nicht ausüben.
Soweit in ein nach § 4 begründetes Recht durch ein später an⸗ gemeldetes Patent eingegriffen wird, darf das Recht aus diesem Patent ohne Erlaubnis des Eingetragenen nicht ausgeübt werden.
7.
Das Recht aus der Anmeldung und das Recht aus der Ein⸗ tragung des Gebrauchsmusters sind übertragbar und gehen auf die Erben über. Das Gleiche gilt von den Ansprüchen des Erfinders (§ 3), soweit sie nicht die Nennung seines Namens betreffen; diese sind unübertragbar und unvererblich.
§ 8.
Der Schutz des Gebrauchsmusters dauert drei Jahre von der Anmeldung an. Die Schutzdauer verlängert sich, wenn vor Ablauf der Zeit eine Gebühr von sechzig Mark gezahlt wird, um drei Jahre und, wenn vor Ablauf des sechsten Jahres eine weitere Gebühr von hundertfünfzig Mark gezahlt wird, um weitere vier Jahre. Ueber die Rechtzeitigkeit der Zahlung entscheidet das Patentamt. Die Vor⸗ schriften in § 53 des Patentgesetzes finden Anwendung.
Das Gebrauchsmuster erlischt, wenn der Eingetragene dem Patentamt gegenüber darauf verzichtet. 8
Liegen die Erfordernisse der §§ 1, 2 nicht vor, so kann jedermann von dem Eingetragenen verlangen, daß er die Löschung des Gebrauchs⸗ musters bewilligt. Dasselbe gilt, soweit das Gebrauchsmuster bereits auf Grund einer früheren Anmeldung eingetragen ist (§ 4 Abs. 2).
Zweiter Abschnitt.
Verfahren. § 10.
Modelle, die als Gebrauchsmuster eingetragen werden sollen, sind bei dem Patentamt schriftlich anzumelden. Jedes Modell ist besonders anzumelden.
Die Anmeldung muß angeben, unter welcher Bezeichnung das Modell eingetragen werden und welche neue Gestaltung, Anordnung oder Vorrichtung dem Arbeits⸗ oder Gebrauchszweck dienen soll. Jeder Anmeldung ist eine Nachbildung oder eine Abbildung des Modells beizufügen. Bei der Anmeldung ist eine Gehühr von zwanzig Mark für die Kosten des Verfahrens zu zahlen (§ 53 des Patentgesetzes).
Das Patentamt erläßt Bestimmungen über die sonstigen Er⸗ fordernisse der Anmeldung.
Wenn der Anmelder für das Modell ein Patent nachgesucht hat oder nachsuchen will, so kann er beantragen, daß das Modell in die Gebrauchsmusterrolle nicht eingetragen wird, bevor die Patentan⸗ meldung erledigt ist (Nebenanmeldung). Die Gebühr (§ 10 Abs. 2) braucht im Falle der Nebenanmeldung nicht vor d endgültigen Antrag auf Eintragung gezahlt zu werden. 111“
Entspricht die Anmeldung den vorgeschriebenen Anforderungen (§§ 10, 11), so verfügt das Patentamt (Gebrauchsmusterstelle) die Eintragung in die Gebrauchzmusterrolle, es sei denn, daß der Gegen⸗ stand an sich kein Modell ist, oder daß er zu den in § 1 Abs. 2, 3 bezeichneten Modellen oder Mitteln gehört. Andernfalls weist das Patentamt die Anmeldung zurück; dem Anmelder ist vorher Ge⸗ legenheit zur Aeußerung zu geben.
Wird die Anmeldung zuruckgewiesen, so kann der Anmelder innerhalb eines Monats nach der Zustellung schriftlich Beschwerde einlegen. Wird ein Antrag abgelehnt, der eine Eintragung oder eine Löschung in der Gebrauchsmusterrolle betrifft, so gilt für den Antrag⸗ steller das Gleiche. 8
Das Verfahren zur Erledigung der Beschwerde richtet sich nach den Vorschriften des Patentgesetzes. Der Beschwerdesenat entscheidet in der Besetzung mit drei Mitgliedern. t
§ 14.
Die Gebrauchsmusterrolle enthält die Bezeichnung des Modells, den Tag des Eingangs der Anmeldung, Namen und Wohnort des Anmelders und des gemäß § 22 bestellten Vertreters sowie Namen und Wohnort des Erfinders (§ 6⸗des Patentgesetzes). Wenn die Schutzdauer abläuft oder der Eingetragene auf den Schutz verzichtet oder die Löschung bewilligt, so wird das Muster in der Rolle gelöscht.
Aenderungen in der Person des Inhabers werden, wenn sie in beweisender Form zur Kenntnis des Patentamts gebracht sind, auf Antrag in der Rolle vermerkt; solange dies nicht geschehen ist, bleibt der Eingetragene nach Maßgabe dieses Gesetzes berechtigt und ver⸗ pflichtet. Soll an Stelle des als Erfinder Genannten ein anderer als Erfinder eingetragen werden, so ist dies in beweisender Form zur Kenntnis des Patentamts zu bringen.
(Fortsetzung in der Dritten Beilage.)
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußi
162.
(Fortsetzung aus der Zweiten Beilage.)
Die Eintragungen und Löschungen werden in regelmäßigen Fristen im „Reichsanzeiger“ bekannt gemacht; ausgenommen sind die Vermerke über den Ablauf der Schutzdauer.
Die Einsicht der Rolle sowie der Anmeldungen, auf Grund deren die Gebrauchsmuster eingetragen sind, steht jedermann frei.
§ 15.
Das Patentamt ist verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte oder der Staatsanwaltschaft über Fragen, welche Gebrauchsmuster betreffen, Gutachten abzugeben, sofern in dem gerichtlichen Verfahren von⸗ einander abweichende Gutachten mehrerer Sachverständigen vorliegen.
Dritter Abschnitt.
Rechtsverletzungen. § 16.
Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften des § 4 zuwider ein Gebrauchsmuster benutzt, hat dem Verletzten den daraus ent⸗ stehenden Schaden zu ersetzen.
Die Ansprüche wegen Verletzung des Gebrauchsmusterrechts verjähren in drei Jahren von der Begehung jeder einzelnen sie be⸗ gründenden Handlung an. Die Verjährung des Anspruchs auf Schadensersatz beginnt nicht, bevor ein Schaden entstanden ist.
§ 17.
Klagen, durch die ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, können nach Maßgabe des § 49 des Patentgesetzes bei dem Gerichte für erfinderrechtliche Streitigkeiten erhoben werden.
§ 18.
In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinn des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen.
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§ 19. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mar? oder mitt einer dieser Strafen wird bestraft, wer vorsätzlich den Vorschriften des § 4 zuwider ein Gebrauchsmuster
benutzt.
Die Strasverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurück⸗ nahme des Antrags ist zulässig.
Wird auf Strafe erkannt, so wird dem Verletzten die Befugnis zugesprochen, die Verurteilung innerhalb bestimmter Frist auf Kosten des Verurteilten öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekannt⸗ machung wird im Utteil bestimmt.
Auf Verlangen des Verletzten kann neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum Betrage von fünfzehntausend Mark erkannt werden. Für die Buße haften die dazu Verurteilten als Ge⸗ samtschuldner.
Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren
Anspruchs wegen der Verletzung des Gebrauchsmusterrechts aus.
Vierter Abschnitt. Schlußbestimmungen.
Wer weder Reichsangehöriger ist noch im Reichsgebiet oder in einem deutschen Schutzgebiet einen Wohnsitz oder eine Niederlassung besitzt, hat auf den Schutz dieses Gesetzes nur Anspruch, wenn in dem Lande, wo sich sein Wohnsitz oder seine Niederlassung befindet, nach einer im Reichs⸗Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Ge⸗ brauchsmuster einen Schutz genießen.
§ 22.
Wer im Reichsgebiet einen Wohnsitz oder eine Niederlassung nicht hat, kann einen Anspruch auf Grund dieses Gesetzes nur geltend machen, wenn er im Reichsgebiet einen Vertreter bestellt hat. Der Vertreter ist befugt, ihn in dem Verfahren vor dem Patentamt sowie in den das Gebrauchsmuster betreffenden bürgerlichen Rechtsstreitig⸗ keiten zu vertreten und Strafantrage zu stellen. Der Ort, wo der Vertreter seinen Wohnsitz hat, und mangels eines solchen der Ort, wo das Patentamt seinen Sisz hat, gilt im Sinne des § 23 der Zivilprozeßordnung als der Ort, wo sich der Vermögensgegenstand befindet.
Dieses Gesetz tritt am in Kraft.
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§ 24.
Die zur Ausführung dieses Gesetzes erforderlichen Bestimmungen über die Einrichtung und den Geschaftsgang des Patentamts werden durch Kaiserliche Verordnung unter Zustimmung des Bundesrats getroffen. “
. Erläuterungen.
Neben das Patentgesetz ist seit dem 1. Oktober 1891 das Gesetz, betreffend den Schutz von Gebrauchsmustern, vom 1. Juni 1891 ge⸗ treten. Gewerblichen Erzeugnissen, die nicht, wie die Geschmacks⸗ muster, auf ästhetische Wirkung, sondern auf praktische Nützichkeit abzielen, sollte ein gesetzlicher Schutz auch dann gesichert werden, wenn der Erfindungs hutz des Patents für sie nicht in Betracht kam. Von vornherein zur Ergänzung des Patentwesens und zur Entlastung des Patentamts bestimmt, ist der Gebrauchemusterschutz praktisch und wissen chaftlich in enger Anlehnung an das Patentrecht ausgelegt und ausgestaltet worden, und die Verwandtschaft der beiden Gebiete mit⸗ einander ist so nahe, daß die Umgestaltung des Patentgesetzes auch eine solche des Gesetzes vom 1. Juni 1891 unmittelbar notwendig macht.
1. der Sonderschutz der Gebrauchsmuster nicht beseitigt werden kann, darf als sicher gelten. Er hat sich beim Publikum und in den schaffenden Gewerben fest eingebürgert und erfreut sich einer dauernd außerordentlich starken Inanspruchnahme. Die Gesamtzahl der An⸗ meldungen hat im Jabre 1912 die 600 000 überschritten, eingetragen sind nabezu 540 000 Gebrauchsmuster. Diese hoben Zahlen sind zu⸗ gleich ein Beweis, daß das Gesetz und die Handhabung des Gesetzes im allgemeinen den Interessen der Beteiligten gerecht geworden sind. Die Erfahrung hat ergeben, daß die Grundlagen des Gesetzes und seine hauptsächlichen Bestimmungen einer grundsätzlichen Aenderung nicht bedürfen. Insbesondere muß daran festgehalten werden, daß die Gebrauchsmuster ohne Neuheitsprüfung eingetragen werden; der mit⸗ unter laut gewerdene Gedanke, das Anmeldesystem ahzuschaffen und eine Vorprüfung der Gebrauchsmuster einzuführen, geht fehl und ist unbedingt abzulehnen. Die Erfüllung dieses Wunsches würde die gute Wirkung des Gesetzes, daß der Schutz ohne Umstände und so schnell als möglich erwirkbar ist, in ihr Gegenteil verkehren und den großen Vorteit preisgeben, der darin liegt, daß eine Fülle nützlicher Gegenstände ihre Schutzberechtigung prattisch ohne weiteres durchsetzen können, ohne überhaupt einer behördlichen Prüfung jemals unterbreitet zu werden. Mit den inneren Eigenschaften der großen Masse der dem schnellebigen Kleinverkehr angehörigen Gebrauchsmuster und den Bedürfnissen ihrer praktischen Einführung und ihrer Verwertung auf dem Markte stände eine vorgängige Pruͤfung in scharfem Widerspruch. Die mit einer solchen Prüfung verbundene Mehrbelastung des hatentamts würde überdies eine so un⸗
Berlin, Freitag, den 11. Juli
geheuere sein, daß schon aus diesem Grunde an die Verwirklichung jenes Gedankens nicht gedacht werden kann. Man muß sich deshalb damit abfinden, daß den bezeichneten Vorteilen des bestehenden Systems auch Nachteile gegenüberstehen, und daß namentlich zu Zwecken der Reklame der Schutz des Gesetzes vielfach mißbräuchlich in Anspruch genommen wird. In die Rolle sind eine Unmenge von Dingen eingetragen, über deren Nichtschutzfähigkeit nicht der leiseste Zweifel obwaltet, die aber durch den auf das Publikum wirkenden Vermerk „D. R. G M.“ absatz⸗ und verkehrsfähiger werden. Zur Belästigung der Technik und der Industeie scheinen diese Nichtigkeiten indessen praktisch nicht zu führen, da die Inhaber es gar nicht unter⸗ nehmen, Ausschließungsansprüche gegen andere geltend zu machen. Ebensowenig verspricht der Vorschlag, nach einer gewissen Probezeit die Umwandlung des Schutzes für Gebrauchsmuster in Patentschutz zuzulassen und umgekehrt eine patentierte Erfindung in ein Gebrauchs⸗ muster umzuwandeln, Vorteile, die nicht durch die damit verknüpften Nachteile weit überwogen werden; hierauf ist schon in den Er⸗ läuterungen zu dem Entwurf eines neuen Patentgesetzes in den ein⸗ leitenden Bemerkungen hingewiesen. Es kann sich somft nur darum handeln, das Gesetz mit den neuen Bestimmungen des Patentgesetzes in die erforderliche Uebereinstimmung zu bringen und Wünsche zu berücksichtigen, welche die Grundlagen des Gebrauchzmusterrechts unverändert lassen, sowie einzelne Vorschriften, die sich als ver⸗ besserungsfähig herausgestellt haben, abzuändern. Dabei ist der Stoff ähnlich wie im Patentgesetz angeordnet und gegliedert Der Entwurf ist in vier Abschnitte zerlegt, von denen der erste das materielle Ge⸗ brauchsmusterrecht, der zweite das Verfahren, der dritte de Rechts⸗ verletzungen behandelt und der vierte Schlußbestimmungen enthält. Zu den einzelnen Vorschriften wird folgendes bemerkt.
Abs. 1 ist unverändert geblieben. Dem vereinzelt gemachten Vorschlag, auch für die Verfahren einen gebrauchsmusterartigen Schutz einzuführen, wird nicht zu entsprechen sein, da ein Bedürfnis nicht nachgewiesen ist, im Gegenteil zu befürchten steht, daß die Rolle auf diesem Wege mit minderwertigen Anweisungen, Rezepten und der⸗ gleichen belastet werden würde. Von dem Versuch einer ander⸗ weitigen Abgrenzung gegenüber den patentfaͤhigen Erfindungen und den Geschmacksmustern ist Abstand genommen, weil die Grenze flüssig ist und der Rechtsprechung auch ferner Spielraum gelassen werden muß. Ein Teil der früheren Streitfragen hat auch inzwischen durch die Rechtsprechung eine sachgemäße Erledigung gefunden.
Abs. 2 entspricht dem § 1 Abs. 2 Nr. 1 des Patentgesetzentwurfs. Daß der Gebrauchsmusterschutz nicht mit den allgemeinen Gesepzen oder den guten Sitten in Widerspruch stehen darf, nimmt die Praxis schon jetzt an und bedarf keiner besonderen Begründung. Wegen der die Empfängnis verhütenden Mittel usw. wird auf die Bemerkungen zum § 1 des Patentgesetzentwurfs Bezug genommen.
Nahrungs⸗, Genuß⸗ und Arzneimittel sind als solche nach § 1 des Patentgesetzes vom Patentschutz ausgeschlossen, und die dafür maßgebenden Gründe sprechen auch dagegen, daß sie des Gebrauchs⸗ musterschutzes teilhaftig werden. Obwohl das Gesetz vom 1. Juni 1891 dies nicht ausdrücklich ausspricht, geht schon jetzt die überwiegende Meinung in der Literatur dahin, daß der Grundsatz des Patentgesetzes auch für das Gebrauchsmusterrecht gelte, und auch das Reichsgericht versagt den bezeichneten Mitteln den Gebrauchsmusterschutz, weil es dem Sinne des Gesetzes nicht entspreche, den Schutz der sogenannten kleinen Er⸗ findungen auf solche Gegenstände zu erstrecken, für die nach dem Patentgesetz im Hinblick auf die allgemeine Wohlfahrt der Bevölkerung ein Ausschließungsrecht nicht begründet werden dürfe. Wird jetzt die auf ungesetzliche und unsittliche Erfindungen bezügliche Vorschrift des Patentgesetzes in das Gebrauchsmustergesetz herübergenommen, so er⸗ scheint es zweckmäßig und geboten, auch die Nahrungs⸗, Genuß⸗ und Arzneimittel ausdrücklich vom Gebrauchsmusterschutz auszunehmen. Dadurch wird zugleich die erwünschte sichere Grundtage geschaffen für das Recht und die Pflicht des Patentamts, derartigen Dingen von vornherein den Zugang zur Rolle zu verschließen. Das Patentamt hält zwar schon jetzt die Eintragung dieser Mittel für unzulässig, findet aber bei der praktischen Durchführung keine völlige zuverlässige Handhabe in dem geltenden Gesetze, soweit es sich um Fälle handelt, in denen dem Mittel eine besondere Gestaltung gegeben ist, die zwar in Wahrheit den Gebrauchszweck nicht fördert, aber als Vorwand dient, um für das Mittel selbst einen Reklameschutz zu gewinnen. Die Frage, ob zu den vom Schutze ausgeschlossenen Arzneimitteln auch die Tierarzneimittel gehören, braucht im Entwurfe nicht besonders ent⸗ schieden zu werden. Das Patentgesetz wird in der Praxis des Patentamts so ausgelegt, daß Arzneimittel für Tiere ebenso wie die⸗ jenigen für Menschen von der Patentierung ausgeschlossen sind. Für Gebrauchsmuster wird nicht anders zu entscheiden sein.
2 S 2 11“ gibt den Inhalt des Abs. 2 des § 1 des geltenden Gesetzes wieder, bringt aber den Wortlaut in volle Uebereinstimmung mit der Vor⸗ schrift des Patentgesetzes über die Neuheit der Erfindung; die Praxis der Gerichte hat hier keine Unterschiede gemacht, und ein Bedürfnis, die Voraussetzungen der Nichtneuheit für Patente und Gebrauchs⸗ muster verschieden zu regeln, besteht nicht. g 9
Objektiv und subjektiv gehören die Gebrauchsmuster gattungs⸗ mäßig zu den Erfindungen, und wenn im Patentgesetz das Recht des Erfinders auf Schutz anerkannt und geregelt wird, so müssen die gleichen Grundsätze auch für die Gebrauchsmuster gelten. Ebenso ist die entsprechende Anwendung der Vorschriften über die dienstlichen Erfindungen der Angestellten geboten.
Der im § 4 Abs. 1 des Gesetzes vom 1. Juni 1891 enthaltene Grundsatz, daß der Schutz durch die Eintragung begründet wird, sofern die Erfordernisse des § 1 vorliegen, bleibt sachlich unverändert. So wenig eine Erfindung zweimal patentiert werden darf (§§ 3 Abs. 3, 15 Nr. 2 des Patentgesetzentwurfs), ebenso darf der Gebrauchs⸗ musterschutz vicht eintreten, wenn das Muster schon früber angemeldet und ein denn worden ist. Das geltende Gesetz (§ 4 Abs. 2) erkennt das nu. S vbeschränktem Maße an, es gibt nur dem Erstberechtigten em Untersagungsrecht gegen den Inhaber des jüngeren Musters, Dritlen gegenüber ist dieses voll wirksam, und einen Anspruch auf Löschung des Musters, weil es ganz oder teilweise in den Bereich des früher angemeldeten eingreift, hat weder der Erstberechtigte noch ein Dritter. Dies erscheint nicht befriedigend und wird von den Be⸗ teiligten als ungenügend empfunden. Der Entwurf macht daher die Entstehung des Schutzrechts davon abhängig, daß das Muster noch nicht auf Grund einer früheren Anmeldung eingetragen ist. Durch die neue Vorschrift wird der Erstberechtigte auch dagegen gesichert, daß ihn nach Ablauf der Schutzfrist der Inhaber eines jüngeren noch emgetragenen Gebrauchsmusters in der Ausführung seines erloschenen Musters hindert. Das bessere Recht des Aelteren gegenüber einem Muster, welches nicht identisch mit dem seinigen, aber von ihm ab⸗ hängig ist, bleibt unberührt; aus § 4 Abs. 1 folgt, daß, wenn das jüngere Muster nicht benutzt werden kann, ohne auch das ältere auszuüben, die Einwilligung des Erstberechtigten zur Benutzung not⸗ wendig ist. 3
Die besonderen Vorschriften ia § 4 Abs. 3 und § 6 Abs. 2 des alten Gesetzes über die Folgen widerrechtlicher Entnahme müssen, wie in dem neuen Patentgesetze, zufolge der allgemeinen Regeln über das Erfinderrecht fortfallen.
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Das in dem Gesetze vom 1. Juni 1891 nicht erwähnte Vor⸗ benutzungsrecht im Sinne des § 5 des alten Patentgesetzes muß aus denselben Gründen, die es für das Patentrecht rechtfertigen, auch gegenüber dem Gebrauchsmusterrecht du chgreifen; es liegt im Wesen des Erfindungsschutzes begründet und ist schon jetzt durch die Recht⸗ sprechung anerkannt. Allgemein wird gewünscht, dies nunmehr aus⸗ drücklich im Gesetze klarzustellen. Auch im übrigen entspricht es der Sachlage und der Gleichheit der Verhältnisse, daß der Gebrauchs⸗ musterinhaber sich den Schranken unterwerfen muß, die im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt und des freien Verkehrs nach § 8 des Entwurfs eines neuen Patentgesetzes dem Rechte aus dem Patente gezogen sind. stimmt sachlich mit §5 des geltenden Gesetzes überein. Die auf den⸗ selben Gegenstand erteilten Patente und Gebrauchsmuster sollen als solte nebenemander bestehen bleiben, und es soll der ältere Schutz⸗ berechtigte nur ein Ausschließungsrecht gegen den jüngeren Rechts⸗ inhaber haben. Es ist richlig, daß bei diesem Rechtszustand der Inhaber des jüngeren Schutzrechts nach dem Erlöschen des älteren Rechts auch gegen dessen Jahaber sein Ausschließungsrecht geltend machen kann. Indessen scheinen hieraus in der Praris Wetterungen nicht entstanden zu sein. Auch wird in etwaigen Konfliktsfällen das nunmehr ausdrücklich anerkannte Vorbenutzungsrecht (§ 5) ausreichen, um den Erstberechtigten vor Schaden zu bewahren. Es wird des halb grundsätzlich daran festgehalten, das die Eintragung eines Gebrauchs⸗ musters als solches nicht die Nichtigkeit eines zeitlich nachstehenden identischen Patents zur Folge haben darf, da von dem Erfinder aus beachtenswerten Gründen vielfach Patente und Gebrauchsmuster auf denselben Gegenstand nebeneinander genommen werden. Dasselbe muß für den Fall der Uebereinstimmung des Gebrauchsmusters mit einem älteren Patente gelten. 8
§ 4*— deckt sich mit dem geltenden Recht und ist gemäß d § 9 des Patentgesetzentwurfs ergänzt worden.
Die Dauer des Gebrauchsmusterschutzes kann gegenwärtig die Zeit von sechs Jahren nicht übersteigen. Wenn dies auch für die meisten in Betracht kommenden Erzeugnisse durchaus richtig ist, so hat sich doch das Bedürfnis geltend gemacht, Muster, deren Be⸗ deutung für die Technik sich im Laufe der Zeit als nachhaltig heraus⸗ stellt, und deren wirtschaftliche Verwertbarkeit noch im Wachsen ist, noch länger aufrechthalten zu können. Dem allgemeinen Wunsche nach längerer Erstreckung der Schutzfrist glaubt der Entwurf sich um so weniger entziehen zu sollen, als die Verstärkung des Gebrauchs⸗ musterschutzes dazu beitragen muß, daß mancher sich mit ihm begnügt und davon absieht, den Patentschutz nachzusuchen, und als daher von diesem Zugeständnis eine gewisse Erleichterung des Patentamts für das Patentprüfungsgeschäft erhofft werden kann. Anderseits darf natürlich die Spannung im Verhältnis zur Dauer des Patentschutzes nicht zu gering werden, und die Abgabe für die erneute Verlängerung des Schutzes muß ziemlich hoch bemessen werden, damit die Ver⸗ günstigung nicht zum Nachteil des Verkehrs mißbraucht wird; sie soll nur solchen Mustern zugute kommen, die sich tatsächlich als wertvoll erwiesen haben und eine hohe Gebühr zu tragen imstande sind. Diesen Erwägungen trägt der Entwurf Rechnung, indem er die Ver⸗ längerung der Schutzdauer von drei auf sechs Jahre gegen Zahlung von 60 ℳ beibehält und eine zweite Verlängerung um vier, also auf insgesamt zehn Jahre für 150 ℳ gewährt. Ueber die Rechtzeitigkeit der Zahlungen soll, nach dem Vorgang der über die Jahresgebühren in § 14 des Patentgesetzentwurfs aufgenommenen Vorschrift, das Patentamt mit Ausschluß der Gerichte entscheiden; hiergegen bestebt, wenn auch für Gebrauchsmustersachen die Rechtsbeschwerde eingeführt wird (vgl. § 13), kein begründetes Bedenken. Die Zahlung selbst ist in den Formen zu bewirken, die nach § 53 des Patentgesetzentwurfs zulässig und rechtswirksam sind.
Daß der Verzicht des Berechtigten dem Schutze ein Ende macht, ist gegenwärtig nicht mit der wünschenswerten Klarheit im Gesetze zum Ausdruck gebracht; der Entwurf schließt einen Zweifel daran aus, daß nicht die Löschung in der Rolle den Zeitpunkt bestimmt, in dem das Muster erlischt, sondern daß das Recht untergeht, sobald die Verzichtserklärung dem Patentamt zugegangen ist. Wird der Inhaber durch gerichtliches Urteil zum Verzichte genötigt, wie z. B. wenn er ohne Erfinder zu sein, angemeldet hat und gemäß § 4 des neuen Patentgesetzes von dem Erfinder auf Verzicht verklagt worden ist, so wird nach Zivilprozeßrecht die Verzichtserklärung durch das rechts⸗ kräftige Urteil ersetzt. 8
Die Vorschrift, daß ein mit Unrecht eingetragenes Gebrauchs⸗ muster durch Klage zur Löschung gebracht werden kann, ist entsprechend der Natur dieses Anspruchs so gefaßt, daß die Pflicht des Inhabers, in die Löschung zu willtgen, zum Ausdruck kommt. Satz 2 entspricht der Absicht, die zur Einstellung des Abs. 2 im § 4 geführt hat.
Es muß dabei verbleiben, daß über die Löschung die Gerichte entscheiden. denen die nämlichen Fragen, um die es sich hier handelt, in jedem Verletzungsprozeß unterbreitet werden. Der Vorschlag, ein patentamtliches Löschungsverfahren einzuführen, ist schon wegen der dadurch dem Patentamt entstehenden großen Arbeitslast unannehmbar.
§ 10.
Die Erfordernisse der Anmeldung sind in wesentlicher Ueber⸗ einstimmung mit dem geltenden Rechte bestimmt und äußerlich den patentgesetzlichen Vorschriften möglichst angepaßt. Daß für jedes Modell eine besondere Anmeldung erforderlich ist, bildet keine neue Erschwerung, ist vielmehr im § 1 der Ausführungsbestimmungen des Patentamts vom 22. November 1898 bereits vorgeschrieben, und wird jetzt als innerlich gerechtfertigt nach dem Vorgang des Patent⸗ und des Warerzeichengesetzes in das Gesetz übernommen. Ebensowenig läßt es sich als Verschärfung des alten Gesetzes bezeichnen, wenn die Anmeldegebühr statt 15 ℳ künftig 20 ℳ betragen soll. Der geringe Unterschied entspricht lediglich dem in den letzten zwanzig Jahren ein⸗ getretenen Niedergange des allgemeinen Geldwerts. Die Gebühr dient nicht sowohl als Abgabe für den vorläufig dreijährigen Schutz, von dessen Begründung durch Eintragung in die Rolle sie ebenso unabhängig ist wie von der materiellen Rechtsgültigkeit, sondern zur Deckung der allgemeinen und besonderen Kosten des Verfahrens. Sie wird also, wie die Anmeldegebühr in Patentsachen, schon durch die Eingabe der Anmeldung fällig und kann, was auch das Schicksal der Anmeldung sei, nicht zurückgezahlt werden.
§ 11.
Obschon nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen bedingte Anmeldungen unstatthaft und unwürksam sind, und obwohl die Verschiedenheit der Voraussetzung, Erlangung und Wirkung eines Patent⸗ und eines Gebrauchsmusterrechts der Vereinigung der auf beide Schutzarten ge⸗ richteten Gesuche in Form von Eventualanträgen entgegensteht, so besteht ein praktisches Bedürfnis nach Zulassung eines Weges, der es ermöglicht, dieselbe Ersindung zugleich zum Patent und als Gebrauchsmuster anzumelden und die Entschließung über die Ein⸗ tragung in die Musterrolle vorzubehalten, bis der Ausgang des Patentgesuchs feststeht. Das Patentamt hat daher seit langen Iahren eine Art von Gebrauchsmustergesuchen zugelassen, die sich unter dem Namen der Eventualanmeldungen eingebürgert haben und ungefähr den vierten Teil aller Musteranmeldungen
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