11“““
und Namenstag König Ludwigs I. der Welt erblickt Errichtung dieses zusammengefaßt in
ss was den
durch, daß es der Geburts⸗ ist, der heute vor 127 Jahren das Licht bhbat. Seine Gedanken und Absichten bei Denkmals hat der Königliche Erbauer die Worte: „Möchten die Teutschen nie vergessen,
Befreiungskampf notwendig gemacht und wodurch sie gesiegt.“ Diese Mahnung glänzt uns als Inschrift aus den Marmorfliesen der Halle entgegen und mit diesen Worten hat König Ludwig auch am 50. Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig die Mitkämpfer der Be⸗ freiungskriege begrüßt, die er zur Einweihung des Baues noch um sich versammeln konnte. Deutschlands Uneinigkelt und Zerrissenheit als Ursache seines tiefen Falles, der Deutschen Vereinigung und festes Zusammenhalten als Voraussetzung ihrer Wiedererhebung, als uner⸗ käßliche Bedingung für das Blühen und Gedeihen des großen deutschen Vaterlandes, das ist es, was die heutige Feier uns vor Augen führen soll. In den letzten Jahrhunderten des römischen Kaisertums deutscher Nation war der Glanz und die Herrlichkeit dieses alten Reichs immer mehr verblichen. Die gemeinsamen Institutionen waren verkümmert und erstarrt. Staatsgefühl und polttischer Sinv, soweit sie überhaupt vorhanden waren, wandten sich der Festigung und Vergrößerung der Territorialstaaten zu. Was in diesen, namentlich in der Habsburgischen Hausmacht, in dem neuen Königtum Preußen, aber auch in anderen deutschen Territorial⸗ staaten geleistet wurde, war vielfach bewunderungswürdig und von bleibendem Wert; aber diese Entwicklung vollzog sich doch im wesentlichen nicht für, sondern gegen das Reich als Ganzes. Die mittleren und kleineren Territorien des Reiches sahen mit Mißtrauen auf die Absichten der größeren Nachbarn. Wenn an den Rathäusern der Reichsstäbdte unter dem Bilde des Reichsadlers noch der Spruch prangte: „sub umbra alarum tuarum protege nos“, so war der Glaube an den Schutz seiner Fittiche schon längst geschwunden. Als nun der Sturm vom Westen losbrach, da, versagte nicht nur die ohnmächtige Wehrverfassung des Reiches, auch die beiden deutschen Großmächte, Oesterreich und Preußen, vermochten nicht angesichts der drohenden Gefahr die ge⸗ schichtlich gewordene Gegnerschaft zu überwinden und sich zu kräftigem, gemeinsamem Handeln gegen den gemeinsamen Feind aufzuraffen. Jedes auf sich selbst angewiesen, unterlagen beide vereinzelt dem Feld⸗ herrngenie des fränkischen Eroberers und mußten die schonungslose Härte des Siegers fühlen. Der größte Teil der übrigen Fürsten Deutschlands schloß sich, um die Existenz ihrer Staaten aus dem all⸗ gemeinen Schiffbruch zu retten, unter dem Protektorat des Franzosen⸗ kaisers zum Rheinbund zusammen und wurde so der französischen Politik dienstbar. Das alte Reich löste sich auf, ruhmlos und kaum beklagt. In diesen Zeiten tiefer Erniedrigung Deutschlands war es ein Sproß aus dem Kreise der Rheinbundfürsten, der bayerische Kronprinz Ludwig, der das heilige Feuer des Deutschtums in begeisterten Herzen pflegte und aus seinem Zorn und seiner Trauer um Deutschlands Fall, aus seinen Hoffnungen auf eine bessere nationale Zukunft kein Hehl machte. Bekannt sind seine Worte, die im Jahre 1805 die Begehung einer Siegesfeier am Hofe der Kaiserin Josephine in Straßburg ihm inmitten französischer Umgebung entlockte: „Das sollte mir die teuerste Siegesfeier sein, wenn diese Stadt, in welcher ich geboren bin, wieder eine deutsche Stadt sein wird.“ Von einem Aufenthalt in dem von den Franzosen besetzten Berlin im Jahre 1807 stammen seine Verse: „Auf ihr Teutschen! Auf und sprengt die Ketten, die ein Korse euch hat angelegt!“ SEbendort, im gleichen Jahre, hat Kronprinz Ludwig die ersten Schritte getan zu einem Ehrentempel deutscher Größe, den er dann später in der Wal⸗ halla bei Regensburg errichtete und der nach seiner Ansicht vor allem zur Erstarkung deutschen Sinnes beitragen sollte. Es konnte nicht fehlen, daß derartige Worte und Gesinnungen dem da⸗ maligen Zwingherrn Deutschlands zu Ohren kamen und von diesem mit Feindseligkeit vergolten wurden, einer Feindseligkeit, die sich bis zu der Drohung verstieg: „Wer hindert mich, diesen Prinzen erschießen zu lassen?“ Die Sinnesrichtung des Wittelsbacher Thronerben war — so sehr er zeitlebens der Formenschönheit des griechischen und römischen Altertums zugetan war — vor allem begründet in echter Liebe zum deutschen Volkstum, in Begeisterung für die Glanzzeiten der deutschen Geschichte und in der Freude an dem reichen Schatze deutschen Gemüts, deutscher Kunst und Kultur. Voll Empfänglichkeit und Bewunderung für die zeitgenössischen deutschen Dichter⸗ heroen, einen Schiller und Goethe, teilte er doch nicht die weltbürger⸗ liche Richtung ihrer Literaturperiode; er berührte sich vielmehr gerade in seiner Betonung des Deutschtums innerlich vielfach mit jener jüngeren Strömung, die eben damals ein tieferes Verständnis für ge⸗ schichtliches Werden und Wachsen, die Wiederbelebung religiösen Sinnes und eine höhere Anschauung von den Pflichten gegen das Vaterland anbahnte. Aus ähnlichen geistigen Quellen schöpfte auch der nationale Aufschwung, der unter dem härtesten Druck der Fremdherrschaft im Norden Deutschlands, in Preußen, einsetzte. Hervorragende Männer, aus verschiedenen deut⸗ schen Ländern stammend, ausgezeichnet durch seltene Geistes⸗ und Willensstärke, arbeiteten zusammen an dem Wiederaufbau Preußens und seiner Wehrkraft; alle Volkskräfte wurden zu dieser Aufgabe aufgeboten. Früher, als viele gehofft und gedacht, brach die Zeit der Entscheidung an. Noch beim Auszug Napoleons gegen Rußland hatte fast ganz Europa dem Franzosenkaiser Heeres⸗ folge leisten müssen. Der Untergang der großen Armee auf den russischen Schneefeldern brachte dem Bau der Napoleonischen Weltherrschaft die erste schwere Erschüͤtterung, ließ den unterdrückten Völkern die schließ⸗ liche Zertrümmerung dieses Baues nicht mehr unmöglich erscheinen. Von Preußen leuchtete das Feuerzeichen zur Erhebung auf. Herrlich, viel und doch nie genug gepriesen, waren der Opfermut und die Opfer⸗ willigkeit, die das ganze Volk, jung und alt, arm und reich, Mann und Weib, dem Aufrufe des Könins entgegenbrachte. Man war sich bewußt, daß es sich nicht nur um Preußen, sondern um ganz Deutsch⸗ land und seine Errettung handelte. Noch schwankte in den ersten harten Kämpfen, da Preußen mit dem verbündeten Rußland allein die Last des Krieges zu tragen hatte, die Wage des Sieges. Es schlug die Stunde, da Oesterreich sein Schwergewicht auf die Seite des Befreiungswerkes stellte und nun ein umfassender, nachhaltiger Angriff auf Napoleons Heermacht möglich wurde. Jetzt, durch Oesterreichs entgegengestreckte Hand vermittelt, erfolgte auch die Abwendung Bayerns und weiterhin der übrigen süddeutschen Staaten von Napoleon, die Vereinigung ganz Deutschlands zur Ab⸗ schüttelung des fremden Joches. Freudigst begrüßt wurde der im Vertrage zu Ried am 8. Oktober 1813 vollzogene bavyerisch⸗ österreichische Zusammenschluß vor allem von Bayerns Thronfolger, der nicht müude geworden war, zu diesem Ziele zu mahnen und seine Erreichung, soviel nur in seinen Kräften lag, vorzubereiten und zu beschleunigen. An der großen Völkerschlacht freilich, die nun in den Tagen vom 16. bis 19. Oktober bei Leipzig geschlagen wurde, konnten die bayerischen Truppen noch nicht teilnehmen. Aber der kühne und zähe Flankenstoß gegen die Rückzugslinie Napoleons bei Hanau zeigte, wie ernst es der bayerischen Armee war, die Waffenbrüderschaft mit den Freiheitskämpfern von Leipzig zu bewähren, und in den weiteren Kämpfen, die zur völligen Niederringung des Feindes not⸗ wendig waren, auf den Gefilden der Aube und Champagne, haben auch die Süddeutschen noch manches kostbare Blutopfer beigetragen. Von den Erzschildern der Siegesgöttinnen, die uns hier umgeben, grüßen die Namen und Daten der im Befreiungskampf gewonnenen Schlachten und Treffen, von den Marmortafeln über den Nischen die Namen der hervorragendsten Feldherren der verbündeten deutschen Heere. Unvergessen sind aber die Tausende und Abertausende, die auf dem Felde der Ehre geblieben sind, die Leben und Gesundheit, Gut und Blut für des Vaterlandes Befreiung dahingegeben haben. Erreicht ist worden mit allen diesen Opfern das nächste und größte Ziel, des Kampfes, die Niederwerfung der Fremdherrschaft, die Wiederherstellung der Unabhängigkeit und Freiheit Deutschlands nach außen — nicht erreicht aber wurde eine politische Gesamtorganisation Deutschlands, wie sie zur wirksamen Geltendmachung der deutschen Interessen im Wettbewerb der Nationen erforderlich gewesen wäre. Der Wiener Kongreß und sein Verfassungs⸗
8
Dichters zu:
8 88 “
Deutsche Bund, sind viel gescholten worden; h Beurteilung wird aber zugeben müssen, daß eine wirklich befriedigende Lösung der deutschen. Frage nach den damaligen tatsächlichen Verhältnissen ein Ding der Unmöglichkeit war. Verhältnismäßig rasch gelang ein wesentlicher Fortschritt auf wirtschaftlichem Gebiete, und es war König Ludwig dem Ersten, der inzwischen seinem Vater in der Regierung des Landes gefolgt war, beschieden, zunächst im Jahre 1827 einen bayerisch⸗württembergischen Zollvertrag herbeizuführen und dann im Zollvereinsvertrag vom Jahre 1833 mit Preußen⸗Hessen entscheidend zu einer wirtschaftlichen Einigung auf breiter Basis mitzuwirken. Eine politische Einigung stand noch in weitem Felde; mehrfache Anläufe blieben erfolglos. Die Mei⸗ nungen über das „wie?“ gingen noch zu unversöhnlich auseinander. Es war noch ein schmerzlicher Bruderkampf notwendig, um zunächst die Frage der Vorherrschaft in Deutschland zwischen Oesterreich und Preußen auszutragen, und erst ein neuer Angriff des westlichen Nachbarn und die unter der unvergleichlichen Führung König Wilhelms I. und seiner Paladine erfochtenen glorreichen Siege der vereinigten deutschen Waffen führten zum Abschluß der Verträge, durch die aus Nord und Süd das neue Deutsche Reich, das neue Deutsche Kaisertum entstand. Da erwies sich der nationale Gedanke, zu dessen Weckung und Erstarkung König Ludwig I. so viel beigetragen hatte, als eine Macht, die auch die letzten Hindernisse überwinden half. Die großen nationalen Aufgaben, vor allem nach außen, aber auch im Innern wurden dem Ganzen übertragen, zugleich wurde jedoch bei dem Aufbau der Verfassung die Bedeutung der Einzelstaaten und die Erhaltung ihres Wirkungskreises mit weisem Bedacht berücksichtigt. Für Bayern war es der Enkel Ludwigs I., der hochgesinnte König Ludwig II., der den Anschluß an den neuen Bund wne en. Der Stifter ieser Halle selbst war nur kurze Frist vorher in ohen Jahren zu feinen Vätern heimgegangen. Er sollte das Erstehen des neuen Deutschen Kaisertums nicht mehr erleben, nicht mehr seinen Wunsch erfüllt sehen, daß Straßburg wieder eine deutsche Stadt wurde. Nicht mehr war es ihm auch vergönnt, zu erleben, daß das neue Deutsche Reich und die österreichisch⸗ungarische Monarchie, die Genossen des Freiheitskampfes von 1813/14, wieder zu enger Freundschaft und zu einem völkerrechtlichen Bündnis zusammengetreten sind, das seinen Bestand und seine Wirksamkeit durch alle Stürme bewährt hat und, wie wir vertrauen, „auch in alle Zukunft bewähren wird. Groß und mächtig steht das Deutsche Reich im Rate der Völker da, stets erprobt als ein Faktor der Mäßigung und des Friedens, stets aber auch bereit, für die Ehre und Interessen des Deutschtums einzutreten, wo immer sie bedroht würden. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit aller Teile des Reichs in Freud und Leid ist immer mehr erstarkt, und wer gleich⸗ wohl im Auslande je mit der Uneiniakeit, der Eifersucht der Reichs⸗ glieder rechnen würde, wie dies wohl früher geschehen, würde diese Rechnung grausam enttäuscht sehen. So möchte es denn manchem scheinen, daß der Mahnspruch König Ludwigs in dieser Halle für das heutige Geschlecht nicht mehr die gleiche ernste Bedeutung hätte, wie ehedem. Allein im Leben der Völker kann und darf es für eine Nation, die sich behaupten will, kein Ausrasten auf errungenen Erfolgen geben. Hier teifft noch mehr wie für den einzelnen das Wort des
werk, der billige
„Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, Der täglich sie erobern müß.“
In immer erneuten Anstrengungen gilt es für Deutschland, sich gewappnet zu halten gegen alle Gefahren, die seinen Bestand bedrohen können, die Kräfte zu stählen für alle Aufgaben, die die Entwicklung der Zeiten uns stellt. Erst die letzten Monate haben wieder er⸗ wiesen, daß das deutsche Volk in seiner Gesamtheit auch vor großen Opfern nicht zurückscheut, wenn die Weltlage es erheischt. Hohe Pflicht und Notwendigkeit ist es aber auch heute, vor allem darüber zu wachen, daß Keime der Zwie⸗ tracht und Verdrossenheit nicht überwuchern, daß unter dem Hader der Klassengegensätze, unter der Ueberspannung der Interessen⸗ kämpfe das Einigende, die Freude am Ganzen nicht leide. Ein⸗ mütiges Arbeiten in diesem Sinne, Einsetzen des besten Könnens für das Blühen und Gedeihen der engeren und weiteren Heimat, festes Zusammenstehen zu Kaiser und Reich, das sei das Gelöbnis dieser feierlichen Stunde. Mit diesem Gelöbnis ist es zugleich ein Be⸗ kennen zu den Gedanken und Mahnungen dieser Halle und ihres Stifters, wenn wir uns nun pereinigen zu dem freudigen Rufe: „Unser großes deutsches Vaterland, das Deutsche Reich, es lebe Hoch! Hoch! und abermals Hoch!“
Das Hoch auf das Deutsche Reich wurde von allen An⸗ wesenden aufgenommen und hallte brausend von der Kuppel wider. Posaunen, Trompeten und Hörner setzten mit Fanfaren ein. Der Kaiser reichte dem Prinz⸗Regenten die Hand. Nach einem Gesangvortrag von Frau Krauß⸗Osborne verließen die Bundesfürsten unter Glockengeläut paarweise, der Kaiser mit dem Prinz⸗Regenten an der Spitze, die Halle. Die ernste Feier in ihrer würdevollen Einfachheit hinterließ bei allen Teilnehmern die weihevollste Stimmung. Die Fürsten traten vor die Rampe der großen Freitreppe. Die Fahnen⸗ abordnungen bildeten hinter ihnen eicken Halbkreis. Kinder streuten Blumen, und ein Massenchor von 180 Mitgliedern des bayerischen Sängerbundes, begleitet von den Musikkapellen des 11. und 13. Infanterieregiments, trug Beethovens Hymne „Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre“ vor. Während des Gesanges begannen wieder die Glocken zu läuten, Kanonenschläge fielen, und Geschützfeuer aus zwei Batterien dröhnte von hüben und drüben der Donau. In dieses Meer von Tönen klangen wie eine unaufhaltsam anschwellende Flut die Hochrufe der Menge. Als der Zug der Fürsten unter Vorantritt der Edelknaben sich zur Banketthalle in Bewegung setzte und die Sänger, von den Militärkapellen sekundiert, nunmehr „Die Wacht am Rhein“ anstimmten, sangen alsbald alle mit. In der Banketthalle lag das geschichtliche Fremden⸗ buch der Befreiungshalle, in das sich die Bundesfürsten ein⸗ trugen.
Um 11 ½% Uhr begann die Hoftafel in der Banketthalle, welche mit kostbaren Gobelins geschmückt war. Die berühmten Aufsätze aus dem bayerischen Kronschatz zierten die Tafel. Die Jahreszahl 1813/1913 leuchtete von den Wänden. Während des Mahles erhob sich Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent und hielt nachstehenden Trinkspruch:
„Unter dem Eiadruck einer ernsten Gedächtnisstunde haben wir die Befreiungshalle verlassen, umgeben von einer freudig gehobenen, vaterländisch bewegten Menge. Wie am Tage der Grundsteinlegung und zwanzig Jahre später am Tage der Einweihung tapfere Mit⸗ streiter der Befreiungskämpfe, so haben heute stattliche Reihen der Helden, die die blutigen Werdetage des neuen Deutschen Reichs mit⸗ erlebt und miterkämpft haben, einen Ehrenplatz auf diesem Hügel eingenommen. Was sich um sie geschart hat, war ein Bild aus allen Lebenskreisen des deutschen Volkes. Es waren Vertreter all der Stände, die in Fleiß und Bürgersinn für das kulturelle und wirtschaftliche Blühen Deutschlands wirken. Mit dem reifen Alter haben sich die Knaben und Jünglinge vereint, aus deren abgehärteter Jugend die Wehrkraft des Deutschen Reiches erblüht. Daß sich solch freudige Anteilnahme weiter Volkskreise an dieser Feier bekundet hat, erfüllt mich mit aufrichtiger Genugtuung. Die deutschen Bundesfürsten sind mit allem, was die mit ihnen durch geheiligte Ueberlieferungen verbundenen Stämme und Völker bewegt, auf das innigste verkettet. Sie reichen gerne und mit Freuden dem wackeren deutschen Manne die Hand, der mit ihnen sich zum Schutz der heiligen Güter unseres Volkes, der von Gott gesetzten Autorität und der Liebe zum Vater⸗ land zusammenschließt. Mit dem erbabenen Oberhaupte des Reichs,
11“ “ 85 1 * ZI“ B“ “ 8 Hohen Bundesfürsten, vereint mit den präsidierenden Herren Bürger⸗ meistern der Freien und Hansestädte, meiner Einladung Folge leistend, sich zu dieser vaterländischen Gedächtnisfeier eingefuaden. Sie legen durch ihre Anwesenheit, für die ich nochmals meien tiefgefühlten Dank ausspreche, Zeugnis ab von dem Gefühl starben Zusammengehörigkeit, das sie unter sich und mit dem Deutschen Reiche verbindet, mit dem Reich, dessen Ehre ihre Ehre, dessen Wohlfahrt ihre Sorge, dessen Aufschwung und Ansehen unter den Völkern das Ziel ihres vereinten und treuen Strebens ist. Wie sie mit dem deutschen Volk gemeinsam das Gedächtnis einer großen Ver⸗ gangenheit feiern, so tragen sie mit ihm in Treue die Sorgen der Gegenwart und teilen mit ihm die Zuversicht auf eine glückliche und gesegnete Zukunft unseres geliebten deutschen Vaterlandes. Den deulschen Bundesfürsten und den Senaten der Freien und Hanse. städte, den Trägern alter und heiliger Rechte, den Bürgern einer starken und stetigen Entwicklung deutscher Größe und Wohlfahrt gilt mein Segenswunsch in dem Rufe: Seine Mazjestät Kaiser Wilhelm, die Hohen Bundesfürsten, die präsidierenden Herren Bürger⸗ meister der Freien und Hansestädte leben hoch, hoch, hoch!“ Seine Majestät der Kaiser und König erwiderte mit einer Rede, die nach „W. T. B.“ folgenden Wortlaut hatte: „Eurer Königlichen Hobeit bitte Ich im Namen der Deutschen Bundesfürsten und präsidierenden Bürgermeister den warmster Dank darbringen zu dürfen für die weihevolle Stunde, die wir soeben in der hehren, von Eurer Königlichen Hoheit unvergeßlichen Herrn Großvater gestifteten Gedächtnishalle mit einander durchlet haben. Es war, als rauschte der eherne Flügelschlag deutscher Geschichte über uns, als Eure Königliche Hoheit inmitten dieser feierlichen Stätte das Bild jener gewaltigen Zeiten vor unse Auge stellten, deren unvergänglicher Ruhm deutsche Herzen stets auf neue ergreifen wird. Wo könnten wir das Wesen und de fortwirkende Bedeutung der Befreiungskriege tiefer erfassen als hier, wo der deutschesten Fürsten Einer in Erz und Marma das Gedächtnis der Heldentaten unserer Väter aufgerichtet hat, das Gedächtnis zugleich seiner eigenen glübenden Vaterlandse⸗ liebe! Eure Königliche Hoheit haben in ergreifenden Wortern betont, worin der Sinn der Erinnerungsfeiern liegt, die überall, wo Deutsche wohnen, in diesem Jahre begange werden. Dem lebenden Geschlechte sollen sie die Lehren ein⸗ prägen, die im Laufe unserer Geschichte mit so viel kostbaren Blute erkauft worden sind, daß unsere Stärke auf unserer Eintracht und Einigkeit beruht, daß es für unser Volk kein Nachlassen geben darf, wenn es seinen hohen Platz behaupten will. Die begeistene Teilnahme aller Kreise unseres Volkes an den Feiern dieses Jahres, die sich auch heute wieder so kraftvoll und warmherzig hier an der Donau bekundet, legt Zeugnis davon ab, wie tiefe Wurzein das vaterländische Empfinden geschlagen hat, wie innig sich das deutsche Volk mit seinen Fürsten verbunden fühlt. Eure König⸗ liche Hoheit haben durch die Anregung der Zusammenkunft der deutschen Bundesfürsten und der Vertreter der Freien um Hansestädte in der Befreiungsballe die heutige Feier zu einem er⸗ hebenden Feste ganz Deutschlands gestaltet, so wie es dem Sinne dessen entspricht, der dies Denkmal dem deutschen Volke, den Bayernlande und dem Hause Wittelsbach zum Ruhme erbaut hat. Mit herzlicher Dankbarkeit für Eure Königliche Hoheit werden wir alle dieses erhebenden Tages stets gedenken. Wir bitten zu Gott. Er möge Eurer Königlichen Hoheit noch viele segensreiche Tag⸗ schenken zum Wohle Bayerns und des deutschen Vaterlandes Diesem Gedanken bitte Ich Ausdruck zu geben in dem Rufe: Seirne⸗ Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Ludwig, das Erlauchte Hau Wittelsbach und das schöne Bayernland hoch, hoch, hoch!“ Nach der Tafel hielten der Kaiser und der Regent Cerch Um 3 ³¼ Uhr fuhren Seine Majestät der Kaiser und Köni und Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Ludwig zu Bahnhof und traten die Reise nach Posen an.
Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph richtete an Seine Königliche Hoheit den Prinz⸗Regenten zu dessen gestrigem Namenstage folgendes Glückwunsch⸗ telegramm:
In treuer Freundschaft bringe ich Dir meinen herzlichsten Glück⸗ und Segenswunsch zu Deinem heutigen Namenstage dar. 8 Franz Joseph. “ Dieses erreichte den Prinz⸗Regenten in Kelheim, Antworttelegramn sandte:
Versammelt in Kelheim, gedenken wir in Treue des Anteil! Oesterreichs an den Befreiungskriegen und der innigen erprobten Freundschaft, die Oesterreich⸗Ungarn mit Deutschland verbindet.
Ludwig.
Darauf ging vom Kaiser Franz Joseph neuerdings folgendes Telegramm in Kelheim ein:
Herzlich danke ich Dir für Dein freundliches Telegramm. Meint Gedanken sind den dort Versammelten geweiht, und ich gedenke gein und mit Genugtuung der Teilnahme Oesterreichs an den Befreiunge⸗
kriegen sowie der zwischen Deutschland und Oesterreich⸗Ungarn be bbhh.
Telegramm erre der von hier folgendes
stehenden erprobten Freundschaft.
Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 26. August 1913.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Geier“ 23. August in Castelnuovo, S. M. S. „Vineta“, am 24. August in Teneriffa, S. M. S. „Bremen“ am 24. Augnt in Freetown (Sierra Leone), S. M. S. „Scharnhorst mit dem Chef des Kreuzergeschwaders am 24. August Nanking eingetroffen. 8
In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs
und Staatsanzeigers“ wird eine tabellarische Uebersicht über den Anbau der hauptsächlichsten Fruchtarten Anfang Juni 1913, zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt, veröffentlicht.
v““
In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungs⸗ urkunde, betreffend eine Anleihe der Sü dwes afrikanischen Bodenkredit⸗Gesellschaft, veröffentlicht.
Posen, 26. August.
Nachdem Ihre Majestät di Kaiserin und Königin gestern nachmittag, von Bad Hon
burg kommend, hier eingetroffen war und im Residenzschlost
Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser an der Spitze, haben die
111“ 8 “
trafen heute früh Seine
Wohnung genommen hatte,
1“
des Aeußern zu i
1“
Majestät der Kaiser und König un liche Hoheit der Prinz⸗Regent Ludwig von Bayern aus Kelheim auf dem hiesigen Bahnhofe ein. Beim Einlaufen des Zuges feuerten die Westforts einen Salut von 33 Schuß. Am Kaiserpavillon hatten sich, wie „W. T. B“ meldet, zum Empfange eingefunden: Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz, Seine Königliche Hoheit der Prinz Eitel⸗Friedrich sowie die anderen hier anwesenden Prinzen des Königlichen Hauses, der Fürst zu Fürstenberg, der kommandierende General des V. Armeekorps, General der Infanterie von Strantz, der Kommandant der Festung Posen, Generalleutnant von Koch, der Oberpräsident D. Dr. Schwartz⸗ kopff sowie der zum Ehrendienst beim Prinz⸗Regenten befohlene Inspekteur der 1. Kavallerieinspektion, Generalleutnant Brecht. Seine Majestät der Kaiser und Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent begaben sich in das Königliche Residenzschloß, auf der Fahrt dorthin in den reich geschmückten Straßen von einer ungeheuren Menschenmenge stürmisch begrüßt. Um 9 Uhr Vormittags begaben sich die Kaiserlichen und Königlichen Majestäten, Seine Königliche Hoheit der Prinz⸗Regent Ludwig von Bayern und die übrigen hier anwesenden Fürstlichkeiten nach dem Paradefeld bei Lawica, wo die Parade über das L. Armeekorps stattfand. Nach Schluß der Parade hielt Seine Maäajestät der Kaiser eine Besprechung ab, nahm militärische Meldungen entgegen und ritt die Fronten von weiteren Kriegervereinen ab, um dann an der Spitze der
Feldzeichen nach dem Residenzschlosse zurückzukehren.
2 Oesterreich⸗Ungarn.
Die in Wien weilende Abordnung der Bulgaren Mazedoniens wurde gestern mittag im Ministerium des Aeußern vom ersten Sektionschef Freiherrn von Macchio empfangen. Sie überreichte eine Denkschrift, in der die Wünsche und Beschwerden der Mazedonier niedergelegt sind. Freiherr von 18* banfefo⸗ die Denkschrift dem Minister rgeben. 8
Spanien. Wie die Madrider Blätter aus Ceuta meld
Regiment von Ceuta, als es nach seinem Standort zurück⸗ kehrte, bei der Stadt plötzlich angegriffen. Auf seiten der Spanier wurden ein Korporal und zwei Mann getötet, ein Sergeant und drei Mann verwundet. Auch eine Eskadron aus Villarrobledo wurde bei einem Streifritt auf der Straße von Tetuan bei Kudiacondesa angegriffen und erlitt Verluste.
Niederlande.
Cort van der Linden ist am Sonnabend nach einer Audienz bei der Königin mit der Bildung eines neuen Kabinetts betraut worden. Er hat, wie „W. T. B.“ aus dem Haag meldet, bereits die Zusammensetzung des Ministeriums vollzogen, doch wird die Ernennung der Mitglieder des neuen Kabinetts erst nach den Feierlichkeiten aus Anlaß der Ein⸗ weihung des Friedenspalastes stattfinden. v“““
Gestern sind in Bukarest im Ministerium des Aeußern die Ratifikationenu des Friedensvertrages ausgetauscht worden. 1 Wie die offiziöse „Politica“ meldet, bereitet die Regierung ein Grünbuch über die Ereignisse auf dem Balkan vor, die den Abschluß des Friedensvertrages zeitigten. — Die bulgarisch⸗rumänische Grenzabsteckungskommission wird am Mittwoch in Sinaja zusammentreten.
Bulgarien. v Der König hat der Königin für ihren unermüdlichen Eifer und ihre bei jeder Gelegenheit bewiesene Hingebung in der Fürsorge für die Verwundeten während des ganzen Krieges die 4. Klasse des Ordens für Tapferkeit verliehen.
Nr. 41 des „Zentralblatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichsamt des Innern, vom 22. August 1913, hat folgenden Inhalt: Konsulatwesen: Ernennung. Ermächtigungen zur Vornahme von Zivilstandshandlungen. — Finanzwesen: Uebersicht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren für die Zeit vom 1. April 1913 bis zum Schlusse des Monats Juli 1913. Nach⸗ weisung von Einnahmen der Reichspost⸗ und Telegraphen⸗ sowie der Reichseisenbahnverwaltung für die Zeit vom 1. April 1913 bis zum Schlusse des Monats Juli 1913. — Marine und Schiff⸗ fahrt: Erscheinen des zweiten Nachtrags zur „Amtlichen Liste der deutschen Seeschiffe mit Unterscheidungssignalen für 1913“. — Versicherungswesen: Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 1242 der Reichsversicherungsordnung. Desgl. Befreiung von der Angestelltenversicherung. — Zoll⸗ und Steuerwesen: Veränderung bei den Stationskontrolleuren. Veränderungen in dem Stande und den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. Aenderung im Verzeichnis der zur Zusammensetzung des allgemeinen Vergällungsmittels er⸗ mächtigten Gewerbeanstalten. — Polizeiwesen: Ausweisung von Aus⸗ ländern aus dem Reichsgebiete. X““
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand bei der„Rhenania“, Vereinigte Emaillier⸗ werke A.⸗G. in Düsseldorf, ist, wie die „Köln. Ztg“ erfährt, beendet. Der Firma ist es gelungen, während des 18 Wochen dauernden Ausstandes die notwendige Anzahl von Arbeitswilligen zu beschaffen, um die laufenden Aufträge auszuführen, sodaß sie auf die etwa noch 50 bis 60 Außenstehenden verzichten kann.
Der Ausstand auf den Vereinigten Walz⸗ und Röhren⸗ werken in Hohenlimburg ist, wie die „Köln. Ztg.“” mitteilt, bei⸗ gelegt (vgl. Nr. 198 d. Bl.). Zwischen dem Bezirksleiter des Deutschen Metallarbeiterverbandes für Rheinland und Westfalen, Reichstagsabgeordneten Spiegel, und Vertretern des Werks ist unter
ermittlung des Bürgermeisters von Hohenlimburg Mentzel in der ohnfrage eine Einigung auf der mittleren Linie zustande gekommen. Außerdem werden auf dem Werke Arbeiterausschüsse gebildet und die aus Berlin herangezogenen Arbeitswilligen entlassen. Die Arbeit 1cg8 am heutigen Dienstag in vollem Umfange wieder aufgenommen verden.
In Hamburg haben der „Köln. Ztg.“ zufolge die ausständigen Holzarbeiter beschlossen, sich wie die Werftarbeiter durch den Nachweis der Eisenindustriellen wieder einstellen zu lassen. Wie dem „W. T. B.“ von berufener Seite mitgeteilt wird, konnten die
1ö“ 8 84 Seine König⸗
Arbeitsnachweise der Werften bheute noch nicht geöffnet werden, da die Beschlüsse der Holzarbeiter Bremens und Bremer⸗ havens bis jetzt noch nicht vorliegen. In Bremen sollte gestern, in Bremerhaven heute die entscheidende Versammlung der Holzarbeiter stattfinden (vgl. Nr. 200 d. Bl.).
Der Ausstand der Fabrikarbeiter in Lodz „W. T. B.“ meldet, beendigt. (Vgl. Nr. 196 d. Bl.)
„In London ist gestern, wie dem „W. T B.“ telegraph'ert wird, ein ernster Ausstand, der das dortige Baugeschäft in Mitleiden⸗ schaft zieht, ausgebrochen, da 5000 Malergebilfen, die dem ver⸗ einigten Malerverband angehören, zugleich mit 5000 nicht organisierten Arbeitern die Arbeit niedergelegt haben. Der Verband verlangt eine Lohnerhöhung von 1½ Penny für die Stunde Im Zusammenhang mit diesem Ausstand steht ein Ausstand der Elektrizitätsarbeiter. Wegen der Beschäftigung von Malern, die nicht dem vereinigten Malerverbande angehören, bei der Admiralität beschlossen nämlich 700 beim Hauptpostamt beschäftigte Elektrizitätsarbeiter, die Arbeit nicht eher wieder aufzunehmen, als bis alle nicht dem Verbande ange⸗ hörenden Arbeiter entlassen wären.
Aus Barcelona wird dem „W. T. B.“ gemeldet, daß in 11 Webereien gestern früh die Arbeit von 610 Arheitern, 1927 Frauen und 245 Kindern wieder aufgenommen wurde (vgl. Nr. 200 d. Bl.).
An dem von einer französischen Gesellschaft gebauten Münster⸗ Grenchen⸗Tunnel sind, wie der „Köln. Ztg.“ aus Zürich tele⸗ graphiert wird, die Arbeiter neuerdings in den Ausstand getreten. Die Unternehmung beabsichtigt, sämtliche Arbeiten bis auf weiteres einzustellen.
ist, wie
Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage
Kunst und Wissenschaft.
„Die reichste Sternwarte ist gegenwärtig ohne Zweifel die⸗ jenige auf dem Mount Wilson in Kalifornien, die von der Carnegieinstitution in Washington, die sie gegründet hat, während des letzten Jahres allein für ihre laufenden Ausgaben mehr als eine Million Mark empfangen hat. Der größte Erwerb, den die Stern⸗ warte durch diese Zuwendungen erhalten hat, ist die Vollendung des Turmfernrohrs von 45 m Länge. Der Turm, von dem dieser Riesenbau den Namen trägt, ist ein eisernes Gerüst, das sich um das eigentliche Fernrohr herum legt. Jeder Metallstab dieses Gerüstes enthält auf der Innenseite einen zweiten, der ganz unabhängig von ihm ist und ihn nicht berührt. Es sind also eigentlich zwei Türme, deren innerer durch den äußeren vor den Wirkungen des Windes geschützt wird. Auf der Spitze des Turms ruht auf einer Plattform der Spiegel, der einen Durchmesser von 180 em besitzt. Die Sternwarte sieht aber der Vollendung eines noch größeren Spiegels entgegen, dessen Herstellung allerdings den größten Hindernissen begegnet. Der berühmte Opliker Ritch y hat die schwere Aufgabe übernommen, den neuen Spiegel zu liefern, der mit einem Durchmesser von 254 em alle früheren Apparate dieser Art weit hinter sich zurücklassen wird. Die Kosten will der amerikanische Multimillionär Hooker tragen. Die Schwierigkeit besteht weniger darin, einen Spiegel von solcher Größe zu einer genau parabolischen Form zu verarbeiten und zu polieren, als in der Verfertigung der geeigneten Grundmasse, die in einem Glasblock von 270 cm Durchmesser und 70 cm Dicke bestehen und vollkommen einheitlich, also frei von Schlieren und Blasen sein muß. Die einzige Werkstatt, die einer solchen Anfo⸗derung ge⸗ wachsen wäre, ist die Glasfabrik von St. Gobain in Frankreich, die auch das erste Riesenteleskop des Mount Wilson mit der Glasmasse für den Spiegel versehen hat. Immer muß eine große Zahl von Probegüssen gemacht werden, ehe man darauf rechnen kann, einen von hinreichender Güte zu erbalten. Für die Crownglaslinse des großen Fernrohrs der Licksternwarte, die nur 90 cm Durchmesser besitzt, waren 19 Probegüsse notwendig. Die französische Werkstatt hat mittlerweile bereits einen Glasblock nach Kalifornien geschickt, der ihr vollkommen genug erschten. Ritchey wollte ihn zwar noch besser haben, aber die Prüfungen ergaben, daß er wohl den höchsten Grad der Vollkommenheit be⸗ saß, der von einer so großen Masse überhaupt erwariet werden kann. Und so ist man daran gegangen, in den großen Ateliers dieses Op⸗ tikers in Pasadena den Riesenspiegel zu schneiden. Die Räume, in denen diese Arbeit ausgeführt wird, müssen stets auf genau derselben Temperatur gehalten werden. Die Nachrichten, die über den Fort⸗ gang dieses Unternehmens verbreitet wurden, lauteten dennoch un⸗ günstig. Nunmehr aber hat die astronomische Gesellschaft des Pacific aus der Werkstatt von Dr. Ritchey die Nachricht erhalten, daß zwar die ersten Prüfungen unbefriedigend ausgefallen sind, daß aber der Fehler nicht an der Glasmasse ge⸗ legen hat, sondern an dem zum Schneiden benutzten Werk⸗ zeug. Diesem Mangel konnte noch rechtzeitig abgeholfen werden, und danach ist die Vollendung des Spiegels glatt von statten ge⸗ gangen. Infolgedessen ist auch der Glasblock endgültig abgenommen und bereits bezahlt worden. Die sogenannte Stundenachse, die dem Spiegel als Unterlage dienen soll, wird eine Länge von 12 m erhalten. Die feinsten Vorsichtsmaßregeln werden den ungeheuren Bau dieses Instruments vor Temperaturschwankungen schützen. Bei dem großen Spiegelfernrohr von 180 cm ist es gelungen, diese Schwankungen herab zu mindern, sodaß sie Abänderungen in der Brennweite von höchstens 1—2 Zehntel Millimeter veranlassen. Uebrigens sind die Spiegelfernrohre immerhin noch billiger als die Refraktoren, zumal für jene keine so große Kuppel notwendig ist. Die amerikanischen Astronomen wenigstens sind auch davon überzeugt, daß die Spiegel fernrohre bessere Leistungen versprechen, da der Spiegel auch nach Bedarf immer wieder neu versilbert werden kann. Vor allem kann ein leichter aufgestellt werden, ohne daß eine Durchbiegung erfolgt.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Stand der landwirtschaftlichen Kulturen in Frankreich zu Anfang des Monats August d. J.
„Das Wetter war im Monat Juli in Frankreich sehr unregel⸗ mäßig; es schwankte zwischen Dürre im äußersten Süden und starken Niederschlägen im Norden. Im allgemeinen war es trübe und kalt, und die Ernte soll hierbei etwas gelitten haben; jedenfalls ist sie im Hinblick darauf, daß in den mittleren Distrikten das Korn durch starke Regengüsse niedergelegt worden ist, schwierig und auch kostspielig. Die Weizenernte ist in den meisten Departements unter günstigen Witterungsverhältnissen vorgegangen; der Ausfell ist aber zweifelhaft, und der Körnerertrag soll, sowohl was die Menge wie auch die Be⸗ schaffenheit anbelangt, sehr unregelmäßig sein. Hafer und Gerste stellen sich dem Ertrage nach zufriedenstellend; insbesondere scheint fic S. Stand der Frühlingsfrüchte gegen den Vormonat gebessert zu haben.
Nach dem „Temps“ ist das Schätzungsergebnis für Weizen 68,4 am 1. August d. J. gegen 75 am 1. Juli und für Hafer 68,1 am 1. August gegen 77 Winterhafer und 69 Frühjahrshafer am 1. Iuli b. J.
Die Berichte über die diesjährige Kartoffelernte lauten recht mangelhaft. Die feuchte Witterung zur Zeit, als sie gesetzt wurden, war ihnen nicht zuträglich, und es wird über das Auftreten von Krank⸗ heiten, wie peronospora und phytophtora, Klage geführt. Die Heuernte war nach Menge im Durchschnitt recht gut; doch soll in manchen Gegenden die Qualität unter der feuchten Witterung ge litten haben. Die Aussichten für die Ernte in Ctderäpfeln lauten sehr günstig, namentlich für die besseren Sorten, die im September und Oktober reifen, während die späteren, im November und De⸗ zember zu erntenden Früchte nicht so gut angesetzt haben.
Die Preise auf den hauptsächlichsten Märkten in Frankreich
standen zu Beginn der Monate Juli und August für Weizen und Hafer folgendermaßen: v11“X“
Hafer
100 kg
Kurs Kurs Anfang Anfang Auaust 1913 Juli 1913
Weizen 100 kg Kurs Kurs Anfang Anfang Auaust 1913 Juli 1913 29 25 2882 26 50 2828.50 28,00 28,00
28 62 29.06 29,06 28 25
28 75 28,00 28,00 . 28,00 28 50 Bergues 26,97 27,37 Toulouse 8 26,91 1 Z1““ 27,50 27,12 Nevers. 27,50 28,00 Hennebont.. 1 Besançgon. Poitiers Angers. Rennes. 1 Chateaudun.
Bericht des Kaiserlichen Konsuls in Hapre vom 16. d. Mts.)
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln. Oesterreich.
Die österreichischen Minister des Innern, des Handels und der Finanzen haben unterm 14. d. M. folgende Verordnung erlassen:
Auf Grund des Artikels VII des Zolltarifgesetzes vom 13. Fe⸗ bruar 1906, R.⸗G.⸗Bl. Nr. 20, wird zur Verhütung der Ein⸗ schleppung der Cholera die Ein⸗ und Durchfuhr folgender Waren und Gegenstände aus Rumänien verboten, beziehungsweise beschränkt: 1) Gebrauchte Leibwäsche, alte und getragene Kleidungs⸗ tücke (Gebrauchseffekten), gebrauchtes Bettzeug (gebrauchte Bett⸗ federn). Werden diese Gegenstände als Reisegepäck oder in⸗ folge Wohnungswechsels befördert, so unterliegen sie den fall⸗ weise geltenden besonderen Bestimmungen über sanitätspolizei⸗ liche Revision und Behandlung beim Grenzübertritte. 2) Hadern Öund Lumpen. Von diesem Verbote sind ausgenommen: a. Hadern und Lumpen, welche zusammengepreßt und in mit Reifen zusammengebundenen Ballen als Großhandelswaren befördert werden; b. frische Abfälle aus Svinnereien, Webereien, Konfektionsanstalten oder Bleichereien, Kunstwoll⸗“, Shoddy und Abfälle neuen Papiers. Die Durchfuhr der unter 1 und 2 bszeichneten Waren und Gegen⸗ stände ist jedoch gestattet, wenn diese so verpackt sind, daß eine Manipulation mit denselben unterwegs nicht möglich ist. Eine Des⸗ infektion darf nur bei Waren und Gegenständen, welche die örtliche Sanitätsbehörde als verseucht ansieht, Anwendung finden. Diese Ver⸗ ordnung tritt mit dem Tage der Kundmachung in Kraft.
Türkei.
Der internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat folgende Quarantäneverfügungen erlassen:
Segelschiffe, welche Auswanderer von einem zum anderen Hafen des Marmarameeres befoöͤrdern, unterliegen der ärztlichen Unter⸗ suchung sowohl bei der Abfahrt, wie bei der Ankunft. Diese ärztlichen Untersuchungen haben durch den Santtätsarzt oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, durch den Munizipalitätsarzt des Orts zu erfolgen.
Die vom Mittelmeer und vom Schwarzen Meer kom⸗ menden und für die zwischen Tripoli in Syrien und Jaffa — diese beiden Häfen eingeschlossen — gelegenen Häfen bestimmten Schiffe, oder welche diese Häfen als Zwischenhafen anlaufen, können während der gegenwärtigen Pilgerfahrt bis 15 Deckspassagiere auf je 100 Tonnen Nettoraumgehalt an Bord nehmen, ohne daß sie dadurch die Eigen⸗ schaft als Pilgerschiffe erhalten. Falls derartige Schiffe einen Arzt, einen Desinfektionsapparat und eine Apotheke an Bord haben und sie nicht Vieh befördern, können sie 25 Deckspassagiere auf je 100 Tonnen Nettoraumgehalt an Bord nehmen.
Sarajewo, 25. August. (W. T. B.) In Gornij Domal⸗ jewac ist ein Cholerafall mit tödlichem Ausgang vorgekommen, in Breka ein neuer Fall und zwei Todesfälle, in Dolnja Skakawa ein neuer Fall mit tödlichem Ausgang, in Gornja Skakawa ein Fall, in Bijela drei und in Vidovice zwei Fälle. Im Kreise Tuzla sind sämtliche Schulen geschlossen worden.
Technik.
Ueber den ersten Eisbrechdampfer in Preußen werden im letzten Heft des „Zentralblatts der Bauverwaltung“ folgende Mitteilungen gemacht: Man nimmt bisher irrtümlich an, der erste Eisbrecherdampfer sei 1864 von Britneff erbaut worden, und 1856 habe man der preußischen Regierung einen hölzernen Eisbrecher vor⸗ geschlagen. Aus einer Reihe erhaltengebliebener Schriftstücke des Jahres 1854, aus Briefen aus Baltimore und Philadelphia sowie Berichten und Zeichnungen von 1851 bis 1854 geht jedoch hervor, daß bereits damals ein eiserner Eisbrecherdampfer in Bredow erbaut wurde. Die Schriftstücke besitzt die Bücherei der Technischen Hochschule in Berlin. In Baltimore hatte man einen Eisbrecherdampfer „Relief“ gebaut. Das Schiff faßte etwa 280 Tonnen und besaß zwei Hochdruckmaschinen von je 75 PS. Der Tiefgang betrug 7 Fuß. Das Schiff konnte 8 bis 10 Knoten in der Stunde laufen. Es durchschnitt als Eis⸗ brecher eine Eisdecke von 3 bis 5 Zoll mit Leichtigkeit und schleppte zugleich 4 bis 5 Schiffe bis zu 500 t in der gebrochenen Rinne hinter sich her. Bei wiederholtem Anlauf zerstörte es Eis⸗ decken „von 6 Fuß und darüber“. Von diesem Eisbrecher wurde für die preußische Regierung ein Modell angefertigt. Ersichtlich war es außerordentlich schwierig gewesen, die genauen Angaben aus Amerika zu dem Modell zu erlangen, „weil weder Schiffszimmer⸗ leute noch Ingenieure eine Auskunft geben wollen, ohne Gewißheit, einen festen Auftrag zu erhalten“. Das amerikanische Boot war aus Holz gebaut und an dem besonders gestalteten Bug mit Eisen⸗ blech beschlagen. Die chaufelräder zur Fortbewegung des Schiffes waren aus Eisen angefertigt. Es wird ausdrücklich hervor⸗ gehoben, daß das Eis „durch die Last des Bootes, welches sich mit dem Bug hinaufschiebt, gebrochen“ werde. — Im Laufe des Jahres 1851 muß auf der Werft von Früchtenicht u. Brock in Bredow der Eis⸗ brecher „Communication“ für den Rigaer Hafen erbaut worden sein. Das Schiff war ein Raddampfer von 77 Fuß Länge. Da dieser Dampfer sich bewährt hatte, wünschte man ein solches Schiff auch für den Stettiner Hafen und für das Haff zu haben, weil viele Schiffe nur bis Swinemünde kommen konnten, da die Oder und die Swine schnell ver eisten und auch im Frühjahr nach dem Tauwetter lange vereif blieben. Man wollte deshalb täglich sämtliche abgehenden Schiff von dem Eisbrecher ausschleppen lassen und dadurch auch die Kosten auf die einzelnen geschleppten Schiffe verteilen. Als Einwand wurde erwähnt, daß die Fischer im Winter nicht über die Fahrri des Eisbrechers hinüberkommen könnten. In einem Bericht wird gesagt, daß „dergleichen Schiffe in amerikanischen Häfen sich seit vielen Jahren durchaus bewährt haben’. Für Stettin wollte man schließlich ein eisernes Fahrzeug vorn 135 Fuß Länge und mit Maschine von 100 PS bauen. Die vorderen Eisenplatten des Schiffes sollten ¾ Zoll stark sein. Die gesamten Baukosten wurden auf 50 000 Taler veranschlagt. Ob die Aus führungen zu diesen Vorverhandlungen zustande kamen, läßt sich a diesen Schriftstücken nicht ersehen. Bemerkt sei noch, daß das erst⸗ mit einem Eisbrecher ausgerüstete Dampfschiff im Jahre 1802 von William Symington erbaut wurde. Für die Elbe war schon 1841
21,37 Rouen. 1 Meaux. 21,00 Chartres 3 Sancere Lyon Nancy. Dijon
ein Eisbrecherdampfer vorgeschlagen, jedoch nicht ausgeführt worde