1913 / 30 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

——

in Merxhausen, Dr. Johannes Schmalmack in Altona, Dr. Wilhelm Schubert, Direktor der Provinzial⸗Heil⸗ und Pflegeanstalt in Kreuzburg O. S., Dr. August Schürhoff in Soest, Dr. Robert Schütz in Stettin, Dr. Adolf Schroers in Crefeld, Dr. Josef Sternberg in Cöln a. Rh., Dr. Franz Strunden in Horst⸗Emscher, Dr. Bogdan Wicherkiewicz in Posen, Dr. Otto Wigand in Fronhausen und Dr. Ernst Zabel in Halle a. S. den Chara verleihen. 8

Rechnungsrat Schablow, den Buchhaltern bei dem Staats⸗ schuldbuchbureau, Ee Madert und Schön sowie dem Oberbuchhalter bank), Rechnungsrat Arndt den Charakter als Geheimer Rechnungsrat und

Schilling im Ministerium des Innern den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.

Im Anschluß an meinen Runderlaß vom 13. Februar 1912.

und dem Senat der Freien und Hansestadt Bremen ist in Erweiterung des nach meinem Runderlasse vom 26. August v. J. U II 17 740 getroffenen Abkommens ferner vereinbart worden, daß auch die Vers etzungs⸗ und Schlußzeugnisse der städtischen Höheren Mädchenschule in Vegesack vom 1. Oktober 1912 ab sowie die Versetzungs⸗ und Schlußzeugnisse der städtischen Höheren

mit den entsprechenden Zeugnissen solcher Lyzeen in Preußen,

unterrichtet werden, und die Versetzungszeugnisse der städtischen

An die Königlichen Provinzialschulkollegien und Regierungen.

naturwissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms⸗ Universität zu Münster, Professor Dr. Aloys Bömer ist zum außerordentlichen 1 in derselben Fakultät ernannt worden. 2

Dr. phil. Paul Knuth ist das Prädikat Professor verliehen worden.

ist die Kreistierarztstelle in Rendsburg,

die Kreistierarztstelle in Gifhorn und

Nicolaus die Kreistierarztstelle in Bolkenhain verliehen worden.

Pfarrbezirks Atmagea (Rumänien) ist der Pfarrer Georg Erasmus aus Gramtschen in Westpreußen berufen worden.

u. 8 8 8

als Sanitätsrat zu

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Hauptkassierer bei der Staatsschuldentilgungskasse,

ei der Seehandlung (Preußische Staats⸗

dem Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten.

DUII 16 147 U III. Zwischen der Königlich preußischen Regierung

Mädchenschule in von Ostern 1913 ab als gleichwertig

in welchen die Klassen der Oberstufe in getrennten Jahreskursen

Studienanstalt (Oberrealschule für Mädchen) in Bremerhaven von Ostern 1913 ab sowie die Reifezeugnisse der zuletzt er⸗

egen Frankreich 1870,71 als Kriegsfreiwilliger im damaligen

Februar 1871 zum Leutnant in dem gedachten Regiment be⸗ fördert, im Februar 1872 als solcher zur Dienstleistung beim Auswärtigen Amt kommandiert und der Kaiserlichen Gesandt⸗ schaft in Peking zugeteilt. Im Mai 1874, unter Erlaß des diplomatischen Examens zum Legationssekretär ernannt, erhielt er gleichzeitig den etatsmäßigen Sekretärposten bei der gedachten Gesandtschaft. Gegen Ende desselben e er⸗ folgte seine Entsendung als interimistischer Geschä

nach Nedo (Japan) und im August 1875 seine Ernennung zum Kaiserlichen Ministerresidenten bei den La Plata⸗Staaten mit dem Wohnsitz in Buenos Aires. Im Oktober 1885 wurde er auf den Posten des Kaiserlichen Gesandten in Tokio berufen, den er im November 1891 mit dem gleichen Posten in Washington vertauschte. Hier verblieb er zunächst nur 1 ½ Jahre, da er bereits im Mai 1893 in derselben Eigenschaft nach Stuttgart versetzt wurde. Nachdem ihm im November 1895 der Charakter als Wirklicher Geheimer Rat mit dem Prädikat

seine Ernennung zum Kaiserlichen Botschafter bei den Vereinigten Staaten von Amerika. Von diesem Posten wurde er im März 1903, seinem Antrage gemäß, abberufen und gleichzeitig, unter Gewährung der gesetzlichen Pension und Verleihung der Brillanten zum Roten Adlerorden erster Klasse, in den Ruhe⸗ stand versetzt. Wenige Zeit später erfolgte aus Allerhöchstem Vertrauen seine Berufung auf Lebenszeit in das Herrenhaus. Der Heimgegangene hat sich in allen ihm übertragenen Stellungen durch gewissenhafte Pflichterfüllung und diplo⸗ matisches Geschick hervorgetan. Es war ihm beschieden, im Auswärtigen Amte an der Inaugurierung der deutschen Kolonialpolitik mitzuwirken. Unvergessen aber wird allen bleiben, was er als Gesandter in Tokio und später als Bot⸗ schafter in Washington für den Zusammenhalt der Deutschen im Auslande und für die Stärkung des Deutschtums getan hat. Auch nach seinem Ausscheiden aus dem Reichsdienste hat er in patriotischem Sinne weitergewirkt und seinem Vaterlande bis zum letzten Atemzuge gedient. Was er als geschäftsführender Vizepräsident der Deutschen Kolonialgesellschaft geleistet, ist weiten Kreisen bekannt, aber auch an der Stätte seiner früheren Wirksamkeit im Auswärtigen Amt wird ihm ein warmes An⸗

wähnten Anstalt von Ostern 1914 ab als gleichwertig mit den entsprechenden Zeugnissen von Studienanstalten mit Oberreal⸗ schulrichtung in Preußen anerkannt werden.

Andererseits werden die Versetzungs⸗ und Schlußzeugnisse der Lyzeen in Preußen, ferner die Versetzungszeugnisse der Oberlyzeen in Preußen, die Zeugnisse der an den Oberlyzeen in Preußen bestandenen Reifeprüfung und Lehramtsprüfung, die in Preußen von den dafür besonders eingesetzten Prüfungs⸗ kommissionen über die bestandene Reifeprüfung des Oberlyzeums und Lehramtsprüfung ausgestellten Zeugnisse, die Zeugnisse über die in Preußen bestandene Ibb sowie die Versetzungs⸗ und Reifezeugnisse der Studienanstalten mit Oberrealschulrichtung in Preußen als gleichwertig in Bremen angesehen.

Berlin, den 23. Januar 1913.

Der Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten. J. V.: von Chappuis.

Der bisherige Privatdozent in der philosophischen und

8.

Ministe rium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Dem Vorsteher der Abteilung für Tropenhygiene am zygienischen Institut der Tierärztlichen Hochschule in Berlin Dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Paul Dausel dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Berthold Knobbe dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Waldemar

F “X“ Evangelischer Oberkirchenrat. Zum Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinden des

NRichtamiliches.

Preußzen. Berlin, 4. Februar 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Frei⸗ herrn von Lyncker und des Chefs des Admiralstabes der Marine, Admirals von Heeringen.

8

1 Seine Majestät der König von Sachsen traf, wie „W. T. B.“ meldet, gestern vormittag zum Besuch der Geweih⸗ ausstellung hier ein. Mittags fand ein Frühstück in der sächsischen Gesandtschaft statt, zu dem Seine Majestät der Kaiser erschienen war. Nachmittags trat Seine Majestät der König die Rückreise nach Dresden an

31. v. M. ist ie. Ge tr ürs der

Kaiserliche Botschafter a. D., Wirkliche Geheime Rat Dr. von im 98 Lebensjahre an Herzschwäche verschieden. Karl Ludwig Wilhelm Theodor von Holleben, am 16. Sep⸗ tember 1840 in Stettin geboren, widmete sich in den Jahren 857 bis 1862 dem Studium der Geschichte, der Volkswirt⸗ schaft und der Staatswissenschaften, worauf er im Dezember

denken allezeit gesichert bleiben.

S. M. S. „Bremen“ auf den Bermudainseln und S. M. S. „Luchs“ in Sandakan (Borneo), am 2. d. M. S. M. S. S. „Emden“ und „Tiger“ in Schanghai und S. M. S. „Jaguar“ in Wuhu (Nangtse) eingetroffen.

Großbritannien und Irland.

ardehusarenregiment teilgenommen hatte, wurde er im

tsträger

Erzellenz“ verliehen worden war, erfolgte im September 1897

C Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 1. Februar

Oesterreich⸗Ungarn. 8 Der griechische Ministerpräsident Venizelos ist gestern Wien eingetroffen.

Der König Georg hat gestern den Staatssekretär des Auswärtigen Amts Grey im Buckinghampalast in fast ein⸗ stündiger Audienz empfangen, um sich die neuesten In⸗ formationen über den Stand der Balkanangelegenheiten geben

zu lassen. Die Botschafter hatten am Nachmittag im Auswärtigen

Amt eine Zusammenkunft mit dem Staatssekretär Gre y und beschlossen, wenn nicht ein besonderer Anlaß vorliege, erst am Donnerstag wieder zusammenzukommen. 8

Das „Reutersche Bureau“ ist zu der Erklärung er⸗ mächtigt, daß Bulgarien durchaus bereit sei, den Vorschlag der Mächte anzunehmen, daß ein Vertreter des Khalifen in Adrianopel ernannt werde, der nach der Uebergabe der Stadt an die Verbündeten in Adrianopel residieren solle.

8 Frankreich. Der Ministerpräsident Briand hat gestern eine Abord⸗ nung des Komitees der republikanischen Vereinigung für die Wahlreform empfangen und ihr nach einer Meldung des „W. T. B.“ erklärt, daß er vor der Senatskommission und vor dem Senat für die Haupthestimmungen des von der Kammer angenommenen Entwurfs eintreten werde. Die Ab⸗ änderungsanträge über die weniger wesentlichen Punkte des Gesetzentwurfs werde er annehmen, vorausgesetzt, daß die Ver⸗ tretung der Minderheiten gesichert bleibe. Vor der Senats⸗ kommission gab Briand dieselbe Erklärung ab, worauf die Kommission fast einstimmig beschloß, ihre früheren Beschlüsse aufrechtzuerhalten. -

Gestern nachmittag ist in Paris die Internationale Konferenz zur Regelung des Handels mit Saccharin und ähnlichen Substanzen eröffnet worden. Auf der Konferenz sind, obiger Quelle zufolge, Deutschland, Oesterreich⸗Ungarn, Belgien, Griechenland, Italien, die Niederlande, Portugal, Rußland und die Schweiz vertreten. Nachdem der Finanz⸗ minister Klotz die Begrüßungsrede gehalten hatte, wählten die Delegierten Dr. Bordas zum Vorsitzenden der Konferenz.

Rußland.

Der Oberstleutnant Prinz Hohenlohe, der Ueberbringer eines Handschreibens des Kaisers Franz an den Kaiser Nikolaus, ist heute früh aus ien in St. Petersburg eingetroffen.

5 Der 18 nische Landtag hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, den Sozialdemokraten Tokoi mit 80 gegen 68 Stimmen zum Präsidenten, den Doktor der Theologie Ingman (Alt⸗ finne) mit 83 Stimmen und den Schweden Söderholm mit 59 Stimmen zu Vizepräsidenten gewählt.

Spanien.

Die Regierung hat, wie „W. T. B.“ meldet, Vertreter ernannt, die mit den Vertretern Frankreichs das Eis enbahn⸗ projekt Fes Tanger studieren und außerdem die Grund⸗ lage für die Abgrenzung und Ausbeutung der Bergwerke in Marokko feststellen sollen. Nach einer der „Agence Havas“ zugegangenen Meldung

aus Huelva ist eine anarchistische Verschwörung gegen die spanische Regierung entdeckt worden. Drei Anarchisten sind verhaftet worden, und zwar der Lehrer an der von Ferrer in Barcelona errichteten modernen Schule, Fahag Sanchez,

8 8 8 8

Der Großmesir hatte gestern vormittag eine lange

Unterredung mit dem französischen Botschafter.

Der Scheich ül Islam hat, wie „W. T. B.“ meldet,

an die geistlichen Behörden ein Rundschreiben gerichtet, in

dem er sie auffordert, auf die Bevölkerung einzuwirken, zur

Verteidigung des Vaterlandes durch Spenden beizutragen. Das Komitee zur Verteidigung des Landes, das sich in Smyrna ge⸗

bildet hat, wird fünf Bataillone stellen. Unausgesetzt schreiben sich Freiwillige für den Kriegsdienst ein. Frauen der türkischen Gesellschaft bieten Spenden für die Truppen an und melden sich als Krankenpflegerinnen.

Die „Neue Freie Presse“ meldet, daß gestern abend um 8 Uhr 7 Minuten die Beschießung von Adrianopel wieder begonnen hat. Von seiten der bulgarischen Regierung wird diese Mitteilung bestätigt.

Serbien. 8

Die serbise en Bevollmächtigten zur Friedens⸗ konferenz in London sind gestern nach Belgrad zurückgekehrt. Wie „Trgovinski Glasnik“ erfährt, ist zwischen Serbien und Bulgarien ein neues Einvernehmen ge⸗ troffen worden, wonach Bulgarien für die großen, von der serbischen Armee im bulgarischen Interesse in Thrazien und vor Adrianopel gebrachten Opfer territoriale Kompensationen in Mazedonien an Serbien erteilt hbbe.

Amerika.

Beide Häuser der Legislatur des Staates Delaware haben gestern eine gemeinsame Resolution angenommen, durch die der Abänderungsantrag zur Bundesverfassung, betreffend die Einkommensteuer, ratifiziert wird. Delaware ist der 36. Staat der Union, der diesen Abänderungsantrag ratifiziert und damit für die notwendige Zweidrittel⸗ mehrheit die entscheidende Stimme abgegeben hat. Wie „W. T. B.“ meldet, muid der Bundeskongreß nun ein Gesetz erlassen, das die Einkommensteuer einführt. Das neue Gesetz wird Steuern für alle Einkommen über 5000 Doll. vorsehen. Allerdings gibt es im Kongreß auch Stimmen, die für eine Herabsetzung der Steuergrenze auf 4000 Doll. sind. Nach Schätzungen wird die Einkommensteuer der Regierung 100 000 000 Doll. im Jahre einbringen. Bemerkenswert dabei ist, daß die beabsichtigten Steuer⸗ maßnahmen eine weitere Herabsetzung der Zolltarifsätze er⸗ möglichen, ohne daß dadurch die Bundeseinkünfte verringert werden.

Asien.

Die Sechsmächteanleihe ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Peking nunmehr zum Abschluß gekommen. Die Anleihe führt den Namen „H' ½ prozentige Reorganisations⸗ goldanleihe der chinesischen Regierung von 1913“. Der An⸗ leihebetrag ist 25 Millionen Pfund Sterling. Die Banken werden 51 2èprozentige Goldbondsausgeben. Miteinigen unwesentlichen Vor⸗ behalten soll der Anleihebetrag ausschließlich für folgende Zwecke verwandt werden: Erfüllung der Verbindlichkeiten der Zentral⸗ regierung, Rückkauf der ausstehenden Provinzialanleihen, Be⸗ zahlung von Entschädigungen für die Verluste, die infolge der Revolution entstanden sind, Entlassung der Truppen, Rückkauf eines bestimmten Betrages von Noten der Zentralregierung und der Provinzen, Zahlung der laufenden Verwaltungs⸗ ausgaben und Reorganisation der Verwaltung der Salzzölle Die Bankengruppe verpflichtet sich, zwei Millionen Pfund Sterling sofort vorzustrecken, worauf sie Schatzscheine in Kürze ausgeber wird. Die Anleihe läuft auf fünfzig Jahre, jedoch hat China das Recht, sie nach sechsmonatiger Kündigung al pari zu konver tieren oder zurückzukaufen. Der Rückkauf der Anleihe beginnt nach fünfzehn Jahren. Der Uebernahmepreis der Anleihe is 6 Proz. unter dem Nominalwert der Bonds, die in Londor nicht unter 961 ½ Proz. und in Paris nicht unter 97 ½ Proz ausgegeben werden sollen. Die chinesische Regierung er pflichtet sich, innerhalb der nächsten sechs Monate keine weitere Regierungsanleihe aufzunehmen und auch keine An leihe abzuschließen, für die die Salzzölle haften, ohne der Sechsmächte⸗Bankengruppe ein Optionsrecht zu gewähren. Ein Teil des russischen Anteils an der Anleihe soll in Belgien emittiert werden, während der japanische Anteil, wie erwartet wird, zum großen Teil in London emittiert werden wird. Die Ernennung des Dänen Ois en, früheren Zollkommissars in Tientsin, zum zweiten Generalinspektor der Salzsteuer und die Ernennung des Deutschen Komp zum Superrevisor der chine⸗ sischen Rechnungskammer ist bestätigt worden. Für das Anleihedepartement, das China einrichten will, wünscht es die Ernennung eines italienischen Finanzmannes von euro⸗ päischem Ruf. 8

Afrika.

Der Senat der südafrikanischen Union hat, wie „W. T. B.“ meldet, der Ernennung eines besonderen Komitees zugestimmt, das die Zweckmäßigkeit der Schaffung einer Diamantenschleifereiindustrie in Erwägung ziehen soll. Der Minister für Bergwesen, Malan, wandte sich zwar nicht gegen das Projekt, betonte aber die Schwierigkeiten, die seiner Ausführung entgegenstehen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Preußischen Herrenhauses und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Das Herrenhaus setzte in der heutigen (24.) Sitzung, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydom und der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer beiwohnten, die Spezial⸗ beratung des Entwurfs eines Wassergesetzes bei dem

Titel, §§ 184 —215, umfaßt die „allgemeinen Vorschriften“. § 184 zählt die Unternehmungen auf, für die Wassergenossen⸗ schaften gebildet werden können. § 185 besagt u. a., daß die Bildung der Genossenschaft erfolgt 1) durch Genehmigung 88 Satzung auf Grund eines einstimmigen Beschlusses der 8 teiligten, 2) durch Genehmigung der Satzung auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit unter zwangsweiser Heranziehung der Minderheit, 3) durch Erlaß der Satzung ohne Zustimmung der

dann ein gewisser Emiliano Barral und der Portugiese Antonio

1867 zum Dr. jur. promovierte. Nachdem er am Feldzuge

Oliviera.

Mehrheit.

(Schluß des Blattes)

der Regierungsämter kommt es in erster Linie immer darau

dritten Abschnitt„Wassergenossenschaften“ fort. Der erste

Herr Dr. von Hagens: Der Weg, der zwischen der Beschluß⸗

fa ung über die Bildung der Genossenschaften und ihrer Ge⸗

nehmigung liegt, ist sehr lang, und es können daher Jahre ver⸗ gehen, bis ein endgültiger Zustand herbeigeführt ist. I1M“”“ empfehle deshalb, die Genossenschaft vom Tage der Beschlußfassung an zu rechnen. Dadurch werden manche Unklarheiten vermieden, ins⸗ besondere ist die Verteilung der später entstehenden Kosten dann sehr einfach, während sonst Zweifel darüber entstehen könnten.

Herr Dr. von Dziemhowski: Der Antrag erscheint mir zweck⸗ mäßig, da die erwähnten Schwierigkeiten tatsä lich leicht entstehen können.

In der heutigen (125.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister des Innern Dr. von Dallwitz beiwohnte, wurde die zweite Beratung des Etats des Ministeriums des Innern bei dem Kapitel der Landratsämter fortgesetzt. Die Debatte erstreckt sich zugleich auf die Titel der Gehälter der Landräte, der Oberamtmänner, der landrätlichen Hilfsbeamten, der Kreissekretäre, der Dienst⸗ aufwandsentschädigungen und der Kosten des Verfahrens bei den Versicherungsämtern, für welchen letzteren Zweck 600 000 ausgeworfen sind.

Abg. Wenke (Fortschr. Volksp.): Im Anschluß an die Ausführungen des Ministers vom Sonnabend muß ich erklären, daß sie mich nicht be⸗ friedigt haben. Tatsächlich haben die Landräte bei früheren Wahlen sich Uebergriffe im Interesse der konservativen Partei erlaubt. So haben auch die Landräte u. a. die Drucksachen der konservativen Partei versandt und auch sonst in jeder Weise die konservative Wahlbewegung begünstigt. Auf meine Frage an den Minister, ob er gewillt sei, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln dahin zu wirken, daß bei kommenden Wahlen die Landräte sich der größten Unparteilichkeit befleißigen, hat der Minister erwidert, es handle sich vielleicht zum Teil um die bekannten Fälle, die 1 ½ Jahr zurück⸗ liegen, und zum Teil seien die Fälle frei erfunden. Da ich diese Fälle zum Teil selbst erlebt habe, muß ich diese Bemerkung des Ministers als ganz unerhört bezeichnen und entschieden zurückweisen. (Präsident Dr. Graf von Schwerin rügt diesen Ausdruck). Der Minister hat erklärt, es sei selbstverständlich, daß die Regierung solche Uebergriffe der Beamten nicht dulde; wenn es auch der Minister für selbstverständlich hält, so ist damit aber noch nicht gesagt, daß die fraglichen Beamten, insbesondere die Landräte und Amts⸗ vorsteher, dies für selbstverständlich halten. Wir halten es deshalb für erforderlich, daß der Minister diesen Beamten entsprechende Weisungen gibt. Die nichtssagenden Aeußerungen des Ministers können mich nur in der Annahme bestärken, daß auch in Zukunft alles beim alten bleibt. Wir wissen also, woran wir sind, und werden uns danach einrichten. Jedenfalls will ich feststellen, daß wir alle Fälle von Uebergriffen bei den kommenden Wahlen sorgfältig buchen und hier in zeingehender Weise zur Sprache bringen werden.

Abg. Ströbel (Soz.): Die Handelskammern und kaufmännischen Korporationen sind durchaus plutokratisch und reaktionär. Die Land⸗ wirtschaftskammern dienen überwiegend den Interessen des Großgrund⸗ besitzes. Der Landrat ist allmächtig, er ist der wichtigste Beamfe und der Vertrauensmann der Großgrundbesitzer. Die Kreisblätter sind von ihm abhängig, sie enthalten seine politische Anschauung und bilden so den einzig belehrenden Stoff für Millionen. Die Kriegervereine

werden zur Bekämpfung der Sozialdemokratie verwendet. Obwohl

sie unpolitische Vereine sein sollten, werden sie zur Soztalisten⸗ öterei benutzt. Ueberall betätigt sich der Landrat politisch, indem ch zum Vorsitzenden aller dieser Vereine wählen läßt. Der Landrat ist der Repräsentant der kreiseingesessenen Junker; ebenso st der Kreistag eine Vertretung des Besitzes. Der Regierungspräsident vollkommen freie Hand darin, welche Regierungsreferendare annehmen will oder nicht; es spielen dabei alle anderen Dinge eine Rolle, nur nicht die Tüchtigkeit. Bei der an,

ein Anwärter adlig oder nicht adlig ist, ob er Korpsstudent wesen ist oder nicht. Die politische Gesinnung des Landrats stockkonservativ, es gibt in ganz Preußen keinen Landrat,

der freisinnig oder auch nur linksnationaliberal ist; auf hundert

Landräte kommt höchstens ein rechtsnationalliberaler. Das Streben der Nationalliberalen nach einer Anteilnahme an der Regierungs⸗ gewalt ist ein Emgberzige⸗ politischer Standpunkt, und ganz merkwürdig ist doch die Stellungnahme des Zentrums, der gestern der Abg. Gronowski hier Ausdruck gab, daß die Aemter nach der Konfession vertellt werden sollen. Für uns ist es ganz gleichgültig, ob ein Beamter evangelisch oder katholisch oder Jude ist, wir wollen die Staatsgewalt überhaupt demokratisieren. Wir werden einfach als Reichsfeinde hingestellt; es ist die unsinnigste Politik, wenn man den rößten Teil des deutschen Volkes als Reichsfeind ansieht. Die Sozialdemokratie will das Volk nicht wehrlos, sondern wehrhaft machen. Von der rechten Seite wird uns immer vorgeworfen, wir trieben eine Umsturzpolitik. Aber gerade die Tätigkeit der Land⸗ räte kann man als eine solche Umsturzpolitik bezeichnen. (Präsident Dr. Graf von Schwerin: Ich kann nicht allgemeine politische Er⸗ örterungen hier zulassen.) Die Landräte betrachten das arbeitende Volk als Htiloten. Sie benutzen ihre amtliche Stellung zur Unterstützung der konservativen politischen Propaganda. Es ist bewiesen worden, daß auch Landräte für die Verbreitung der „Deutschen Tageszeitung“ gewirkt haben. In ihrer Tätigkeit scheuen sich die Landräte nicht, die Gefühle des Volkes zu verletzen. So hat auch der Landrat von Trotha sich zu unerhörten Beschimpfungen der Arbeiter hinreißen lassen. (Präsident Dr. Graf von Schwerin: Sie dürfen einem Königlichen Landrat nicht unerhörte Beschimpfungen vorwerfen. Ich rufe Sie wegen dieser Aeußerung zur Ordnung!) Die Landräte spielen sich hier als die großen Herren auf. Das hat auch der Abg. von Kardorff hier bewiesen. Die Reichsminister sollen die jungen Leute des Herrn von Dallwitz sein. Die Minister sind die Büttel der Junker und Großindustriellen. Die Verschandelung der Volksrechte wird sich schwer rächen. 816

Schluß des Bla

Zur Arbeiterbewegung. .

drei Versammlungen von Arbeitern der Abteilung Düssel⸗ („Patronenfabrik“) der Rheinischen Maschinen⸗ und Metallwarenfabrik wurde, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg“ berichtet, über die genannte Abteilung die Sperre verhängt, weil die Betriebs⸗ leitung eine Verkürzung der Arbeitszeit abgelehnt habe, allerdings sei eine Besserbezahlung der Ueberstunden in Aussicht gestellt worden. Es seien jedoch hierüber nähere Angaben nicht gemacht worden. In der Abteilung sind uüber 3000 Arbeiter beschäftigt, von denen 80 % organisiert sind.

Die über 6000 Mitglieder zählende Vereinigung der Schlacht⸗ und Brotmesserreider in Solingen hat heute, wie „W. T. B.“ erfährt, über 130 Betriebe des Industriebezirks 8 5 Michtanerkennung des neuen Preisverzeichnisses den Ausstand

erhängt.

Wie dem „W. T. B.“ aus Epernay gemeldet wird, ist unter den Arbeitern der dortigen Winzer wegen verweigerter Lohn⸗ erhöhung ein Ausstand ausgebrochen. Die Ausständigen, etwa 1000 an Zahl, die dem Allgemeinen Arbeiterverbande beigetreten sind, be⸗ schlossen, den Winzern eine 24 stündige Frist ur Bewilligung ihre

88 28

Forderungen zu gewähren. Falls diese abgelehnt werden, soll ein Ausstand aller Winzerarbeiter vorbereitet werden.

In Amsterdam beschlossen, „W. T. B.“ zufolge, in einer gestern abgehaltenen Versammlung die ausständigen Buch⸗ drucker, am 5. Februar die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie nahmen die Bedingungen der Arbeitgeber an, die der geforderten Er⸗ höhung der Löhne teilweise zustimmten. 8 88

Kunst und Wissenschaft.

Im Ausstellungsraume der Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbemuseums sind im Monat Februar als Beispiele neuzeitiger Gestaltung der praktischen Aufgaben des Buchgewerbes, Drucksachen und Geschäftsbücher von J. C. König & Ebhardt in Hannover ausgestellt. Die Ausstellung ist wochentäglich von 10 Uhr Vormittags bis 10 Uhr Abends unentgeltlich geöffnet.

.F. Die ordentliche Januarsitzung der Berliner Gesell⸗

schaft für Anthropologie wurde mit der Wahl des aus 9 Per⸗

sonen bestehenden Vereinsausschusses eröffnet. Sie fiel auf dieselben Personen, welche dem Ausschuß im Vorjahr angehört hatten. Der Vorsitzende, Geheimrat Professor Dr. Virchow teilte mit, daß die vorgeschichtliche Forschung in der Person von Dr. Schoetensack einen ausgezeichneten Mann durch den Tod verloren habe. An seinen Namen knüpft sich das wichtige Ereignis der am 24. Oktober 1907 in der Nähe von Mauer bei Heidelberg erfolgten Auffindung der bisher ältesten Reste eines Diluvialmenschen aus der frühesten Periode des Diluviums, d. i. etwa 1 ½ Millionen Jahre vor der Gegenwart. Den ersten Vortrag des Abends hielt Dr. K. Th. reuß, der es übernommen hatte, die Eskimosammlung des in Baffinsland leider verstorbenen Forschungsreisenden Hantzch vorzulegen. Seit 1893/94 der amerikanische Forscher Boas Baffinsland besuchte, war dies ziemlich schwer erreichbare und noch wenig bekannte Gebiet im wissenschaftlichen Interesse nicht mehr betreten worden. Die dünn gesäte Eskimobevölkerung des Landes zeigt recht kleine Menschen, die seltsamerweise zum Bau ihrer Wohnungen aus⸗ schließlich Schnee benutzen, aber aus diesem Stoffe erstaunlich Poße, bequem eingerichtete und im Innern durch geschickte egrenzung der Feuerstelle auch mäßig warme Wohnungen herzustellen verstehen. Aus Zeichnungen und kleinen Modellen der Sammlung geht hervor, daß solche Schneehäuser für acht erwachsene Personen in vier getrennten Räumen Platz gewähren, Kinder und Ziehhunde als Mitbewohner ungerechnet. Unter den Geräten und Waffen sind verschiedenartig gestaltete Harpunen, Lanzenspitzen, allerlei Hausrat, Pelzmasken und ‚kragen, Taschen ꝛc. recht bemerkenswert.

Ueber den zweiten Vortragsgegenstand des Abends sprachen die drei Herren: Direktor Professor Dr. Schuchhardt, der Landesgeologe Dr. F iegers und der Biologe Dr. M. Hilzheimer, welche nach einer gemeinsamen Studienreise zu den alt⸗steinzeit⸗ lichen Fundstellen der Dordogne sich in den über diese Reise ausführlich zu erstattenden Bericht geteilt hatten. Vor dieser von den genannten drei Forschern vom 1. Sep⸗ tember bis 1. November 1912 gemeinschaftlich ausgeführten Arbeitsexpedition hatte Direktor Schuchhardt auf Einladung und in

Gesellschaft von Professor Dr. Darmstaedter in der Zeit vom 14. April

bis 1. uni 1912 eine Automobilreise durch ganz Frankreich unter⸗ nommen, die unter anderem auch an die Küsten der Bretagne zu den keltischen Altertümern geführt und als wichtigstes Reiseziel einen längeren Besuch der berühmten Fundstätten im Tal der Vézdre, De⸗ partement Dordogne, eingeschlossen hatte. Bei dieser Frühlingsreise war der Plan entstanden, der wenige Monate später durch die genannten drei Herren in der Weise zur Ausführung gebracht wurde, daß man in Les Eyzies im Vezoͤretale für einige Wochen Wohnung nahm und an den von Hauser gepachteten Fundplätzen sorgfältige Grabungen vornahm. Ueber die Forschungs⸗ ergebnisse verbreitete sich zunächst Dr. Wiegers: Zweifellos ist das Vézöretal für die älteste Vorgeschichte der enschheit eine Fundstätte ersten Ranges mit ihren unumstößlichen Beweisen für das Vorhanden⸗ sein des Menschen in der Diluvialzeit und in einer Vergangenheit, die sich von 20 000 bis 200 000 Jahre vor der Gegenwart erstrecken mag. Bekanntlich ist die Diluvialzeit durch große Klimaänderungen von Norden her und durch ausgedehnte Vereisung des Nordens unseres Erdteils ausgezeichnet. Vierzigjährige Untersuchungen haben es indessen hochwahrscheinlich gemacht, daß es nicht einen, sondern mehrere solcher Klimarückschläge mit ihren Folgen der Vereisung in langen Zeiträumen egeben hat, mit dazwischen liegenden milderen Epochen von gleich⸗ alls beträchtlicher Dauer. Im Alpengebiet vermag man vier Eis⸗ zeiten und drei Zwischeneiszeiten deutlich zu unterscheiden. Frankreich ist mit Ausnahme der Pyrenäen (die nach Obermaiers Untersuchungen gleich den Alpen 4 Eiszeiten gesehen haben) und eines geringen Teiles des Gebirges zwischen Rhone und Loire (mit den Spuren zweier Gletschervereisungen) von der Vereisung ausgeschlossen geblieben, aber natürlich nicht von der beträchtlichen Abkühlung des Klimas, die für lange Zeiträume die Bewohnbarkeit des Landes beeinträchtigt, vielleicht die Bewohner zur Auswanderung gezwungen haben mag. So erklärt es sich, daß wir an Stellen, die gewisse Vorzüge für die Wohnung und Nahrung suchenden Menschen boten, in von Menschenhänden geformten und benutzten Dingen sichere Zeichen dafür finden, daß hier einst Menschen gewohnt, später diese ohnplätze aufgegeben haben, daß wieder lange Zeiten der Unbewohntheit ver ingen, kenntlich z. B. an der Ansammlung von Steinschutt und Geröll über den unteren Schichten, daß dann vermutlich in milder gewordenen klimatischen Verhältnissen der Boden aufs neue von Menschen be⸗ siedelt wurde, um nach mehr oder weniger langer Bewohntheit wiederum aufgegeben zu werden u. s. f. Es kann nicht wundernehmen, daß Vorgänge, wie die im vorstehenden geschilderten, sich mehrere Male wiederholt haben; denn es ist daran zu erinnern, daß es sich hierbei um Tausende von Jahren handelt. Jede solcher allerlei Zeichen von Menschen und auch von der Tierwelt, die der Mensch jagte und benutzte, führenden Schichten ist ziemlich charakteristisch von der anderen unterschieden. In der untersten werden die Stein⸗ geräte und Waffen, wie Faustkeile aus Feuerstein, gefunden; in den höheren fortschreitend verbesserte und mannigfaltiger gewordene Dinge des menschlichen Gebrauchs; in den jüngsten Schichten sogar Zeugnisse menschlichen Kunstfleißes in Form von Geweihen und Knochen mit darin eingekratzten Bildern. Emsige Forscherarbeit hat nun dahin geführt, sechs solcher von Menschen erzählender Schichten durch die in ihnen sich vorfindenden Artefakte, die nur vom Menschen herrühren können, genau zu charakterisieren. Sie haben gewöhnlich nach ihren ersten oder bedeutendsten Fundorten die Namen erhalten: Chelléen, Acheuléen, Moustérien, Aurignacien, Solutréen, Magdalénien, von denen somit das Magdalénien die jüngste, etwa mit dem Aufhören der letzten Eiszeit und mit der Nacheiszeit zusammenfallende ist. Welches geologische Alter die anderen Schichten besitzen, ist noch Gegenstand der Beweisführung und Erörterung unter den Geologen. Wahrscheinlich ist das Moustérien (vielleicht auch das Acheulsen) gleichaltrig mit der letzten Zwischeneiszeit und stand am Fuße der letzten Eiszeit, sodaß das ausgehende Moustérien, sowie Aurignacien, Solutréen und Magdalsnien der letzten Eiszeit angehören würden. Nun ist das Vézoretal, von dessen malerischen Reizen eine Anzahl schöner Lichthilder zeugte, offenbar einer jener Wohn⸗ plätze des Diluvialmenschen gewesen, die sich stets ganz be⸗ sonders zu diesem Zwecke empfohlen haben. Tief einge⸗ schnitten in ein Kreide⸗ und Kalkgebirge, das ein geologisches Alter von 4—5 Millionen Jahren haben kann, wird der Fluß durch felsige Ufer von etwa 400 m Fnh. überragt, die zumeist ziemlich steil gegen den Fluß abfallen, aber die deutlichen Spuren zeigen, daß sie im Laufe der Jahrtausende vom Wasser aus dem Gestein heraus⸗ genagt worden sind, daß Hochwässer zu verschiedenen Zeiten die gleiche Wirkung landeinwärts getragen haben und daß bei zunehmender Tiefe des Tales mürbes Gestein der unteren Ufershichten abgestürzt ist. Gerade dieser letztere Vorgang hat nun die besondere Folge gehabt,

*

daß es Uferstrecken gibt, über welche in verschiedener Höhe, einem schützenden Dach gleich, die höheren, niemals in langen Zelträumen vom Wasser bespült gewesenen Teile des Felsens in der Richtung nach dem Fluß zu hinausragen. An diesen von den Franzosen „abriss senanmten, „geschützten“ Stellen haben sich die heutigen Landes⸗ bewohner mit Vorliebe ihre schmucken Häuser gebaut. Auch die Diluvialmenschen werden deren Vorzüge gewürdigt haben; denn n hier findet sich die oben gekennzeichnete Schichtensolge vom Magdalénien bis zum Moustérien in größter Deutlichkeit. Doch nicht hier allein; denn offenbar haben die Diluvialmenschen auch gern und häufig Gebrauch gemacht von zahlreichen und geräumigen Höhlen, die vom Wasser in das Gestein genagt und ausgewaschen waren, ebenso von anderen geschützten Stellen zwischen den Felsen; denn auch hier bekundet die Schichtenfolge die einstmalige Bewohnt 8 heit durch den Menschen, in einer dieser Grotten sind 1908 durch O. Hauser die der Neandertalrasse angehörender Reste jenes als ein Jüngling von 16 Jahren bestimmten Homo Mousteriensis gefunden worden, den das Museum für Völkerkunde birgt. Es war ein Grund mehr, die Arbeitsexpedition nach der Dordogne zu unternehmen, daß man volle Gewißheit zu erlangen wünschte über das geologische Alter dieser und anderer Reste, und es darf gesagt werden, daß die mühsamen Ausgrabungen in jeder Rich⸗ tung gute Früchte getragen haben. Es geht aus allem hervor, daß sich die beiden ältesten Schichten der Diluvialzeit im Véz8retale nich vorfinden; der in sorgfältigster Arbeit, Schicht für Schicht dur forschte Boden erzͤhlt aber deutlich von vier durch Stein⸗ und Geröll⸗ schichten voneinander geschiedenen Schichten bewohnt gewesenen Bodens. Wie man bei den Ausgrabungen vorgegangen, wie die Schichten vor⸗ sichtig abgetragen, jede für sich in Körben geborgen und Ver⸗ wechslungen zuverlässig vermieden wurden, das erläuterten einige Lichtbilder, die auch einen größeren Teil der Funde zeigten: neben den einfachen Feuersteinwaffen und ⸗werkzeugen der untersten Schicht die Schnitzwerke aus Knochen und recht naturgetreue Bilder, z. B. von ischen und Gemsen, in Geweihstücke eingekratzt, aus den oberen chichten. Zur Kennzeichnung der Kulturhöhe des Diluvialmenschen des Vézéretales nach Maßgabe seiner uns vorliegenden technischen Leistungen brauchte Dr. Wiegers den Vergleich, diese Fülle von Geräten und Waffen der altsteinzeitlichen Bewohner der Dordogne seien den gleichaltrigen, anderweit gefundenen ungefähr so überlegen, wie einige jahrhundertelang in unserer Zeit französische Industrieprodukte anderen überlegen erachtet wurden. Drei Fragen find es schließlich die sich an diese Expedition knüpfen und ihrer Beantwortung auf Grund genauerer Feststellungen und Nachprüfungen harren: 1) Lassen sich die Kulturschichten anstandslos deuten? 2) Stimmt die exakte Gliederung mit der von den gefundenen überein? 3) Läßt sich in Frankreich ein Moustérien nachweisen? Direktor Dr. Schuchhardt war es vorbehalten, diejenige Erwerbung aus der gleichen Fundstätte vorzuzeigen und deren Ges ichte zu erzählen, welche in letzter Zeit in deutschen und französischen Zeitungen viel von sich reden gemacht hat, die sogenannte „Venus“, das stark verwitterte Reliefbild (auch „La Madelaine“) einer nackten weiblichen Figur, das immerhin als das Werk eines Künstlers des Moust6rien, somit etwa vor 30 000 Jahren, aus dem Kalkstein mit den unvollkommensten Mitteln herausgehauen, vom höchsten Rebeefe ist. Die Figur zeigt, ganz ähnlich der „Venus von Willendorf“, von der eine Nachbildung zum Vergleich vorlag, Fn. Formen und Wulste, die man für unnatürlich oder für eine Ent⸗ gleisung des Künstlers der Diluvialzeit zu halten geneigt sein könnte, wenn nicht die Gleichartigkeit der Willendorfer Skulptur, die kaum weniger alt ist, auf die Vermutung einer Rasseneigentümlichkeit des diluvtkalen Weibes führte oder, wie Direktor Schuchhardt meint, die Erklärung darin gegeben sein könnte, daß die Frauen der mit Jagd beschäftigten Männer, auf den Aufenthalt in Höhlen angewiesen und wahrscheinlich ziemlich untätig, zur starken Entwicklung ihrer Körper⸗ formen geneigt hätten. Dergleichen Abnormitäten sollen aus ähn⸗ licher Ursache heute noch zuweilen vorkommen. Den Zunamen „Venus“ verdient die Figur um so weniger, als sie auch hierin der Venus von Willendorf gleichend wohl einen Kopf, aber keine Gesichtszüge zeigt. Ob diese durch Verwitterung verschwunden oder vom Künsiler auszuarbeiten unterlassen worden sind, ist schwer zu entscheiden. Bei der in Vergleich gezogenen Willendorfer Venus liegt letzteres zweifellos vor.

Ueber die Erwerbung der Skulptur berichtete Direktor Dr. Schuchhardt folgendes: Peyrille, Gasthofsbesitzer in Les Eyzies, hatte von 1905 1908 die Fundstätte von Lausset für sich gepachtet gehabt und sich auch nachher stets als ihren Pächter gebärdet. Noch im Oktober 1912 behauptete er ständig, daß er über den abri ver⸗ füge, daß Dr. Lalanne in Bordeaux zu den Grabungskosten nur bei⸗ trage, um sich das Publikationsrecht zu verschaffen, daß aber die Funde, die ihm dazu übersandt seien, später an Peyrille zurückkommen würden. Er hat auch immerfort von den Funden von Lausset verkauft, sowohl an Gelehrte in Paris, als nach England und nach Deutschland, und jedermann glaubte, daß er das Recht dazu habe. So hat er auch Anfang 1912 den Stein mit dem Frauenrelief dem Professor Verworn in Bonn, den er seit lange kannte, zum Kauf angeboten und geschickt, nachdem Dr. Lalanne mehrere ähnliche bereits erhalten hatte. Professor Verworn hat alsbald (März 1912) einen öffentlichen Vor⸗ trag über das merkwürdige Fundstück gehalten und einen Aufruf um Geldbeiträge zum Ankauf für Bonn erlassen. Das ist damals durch alle gegangen. Als die Aussicht auf Zusammenbringung des Geldes in Bonn aber schwand, bot Professor Verworn im Juni 1912 den Stein dem Berliner Museum an. Das Museum fragte zurück, woher der Stein stamme und wer ihn anbiete. Als es darauf die auf Professor Verworns persönlicher Erfahrung beruhende Auskunft erhalten hatte, es sei Peyrille, der seit langen Jahren in dem abri von Lausset grabe, erwarb das Museum den Stein. Professor Verworn sprach dann auch in Weimar (August 1912) wieder über ihn und führte ihn mit den bei Dr. Lalanne befindlichen, ähnlichen im Lichtbilde vor. Dadurch wurde bekannt, daß das Stück vom Berliner Museum erworben sei, und nun erst ¾ Jahre nach dem Versand des Steines aus Frank⸗ reich begannen die französischen Zeitungen zu protestieren. Es ergab sich dann, 8 Peyrille seit 1908 nicht mehr der Pächter des abri von Lausset war, sondern nur im Auftrage des Dr. Lalanne darin grub und daß er die Funde bei sich aufbewahrte, bis Dr. Lalanne sich das, was er für seine Sammlung haben wollte, holte oder schicke ließ. Es handelt sich somit allerdings um eine Veruntreuung, aber nicht um Diebstahl oder Raub, den ein deutscher Professor durch Be⸗ stechung veranlaßt haben sollte. Und der Uebeltäter ist demgemäß nicht zu 5 oder 6 Jahren Gefängnis, wie man prophezeit hatte, sondern nur zu einigen Monaten wegen „Vertrauensbruch“ ver⸗ urteilt worden. In solchen Fällen nach französischem wie nach deutschem Recht (B. G.⸗B. § 932) das Stück dem gutgläubigen Käufer; denn das Gesetz will verhindern, daß der Käufer in gutem Glauben ein großes Opfer umsonst gebracht haben soll für eine Sache, um die der wirkliche Eigentümer sich selbst nicht genügend gekümmert hat. Auf diesem einfachen Sachverhalt beruht die Hoffnung, daß man in Frankreich auf die bisher erhobenen Ansprüche von selbst verzichten wird. Direktor Dr. Schuchhardt gab im weiteren noch Mitteilungen über den vergleichsweisen Reichtum der Fundstätten im Tal der Vézoère, das wahrscheinlich in der Diluvialzeit ziemlich dicht bevölkert gewesen sein müsse; denn die Kulturschichten, welche auf viermaliges Bewohnt⸗ sein des Landes in langen Zeiträumen schließen lassen, finden sich in der Umgebung einer Reihe von Ortschaften des Vézöre⸗ tales, von denen näͤchst Lausset und Les Eyzies noch La Micoque, Les Fosses, Les Trappes und Laugent haute genannt seien. Es dünkt dem Vortragenden nicht unmöglich, nach gewissen Anzeichen zu schließen Gruben von übereinstimmender Größe und Form —, daß dem Diluvialmenschen auch die Bearbeitung des Leders geläufig war.

Dem dritten Redner, Dr. M. Hilzheimer, war die Aufgabe zugefallen, über die Tierreste, denen er sein Studium zugewandt, zu berichten und auf Grund seiner Forschungen ein Bild der . der Diluvialzeit im südlichen Frankreich zu geben. Der Redner begann mit einer Schilderung der Landschaft, wie sie nach dem geologischen Befunde zur Diluvialzeit ausgesehen haben