Land⸗ und Forstwirtschaft.
Der Antwerpener Getreidemarkt im Monat Januar 1913.
8 Der Antwerpener Markt für Brotfrüchte war im Berichtsmonat still bei weichenden Preisen; die Geschäfte beschränkten sich auf die notwendigsten Bedürfnisse der Verbraucher. Auch Gerste blieb zunächst still, wogegen gegen Ende des Monats Line bessere Nachfrage einsetzte. In Mais kam es bei guter Nach⸗ rage zu größeren Umsätzen bei steigenden Preisen. Die Vorräte am hiesigen Platze wurden am Monatsschluß
ie folgt geschätzt: 5 275 000 dz Weizen, 8 350 000 „ Mais, 150 000 „ Gerste, 1 60 000 „ Roggen. (Bericht des Kaiserlichen Generalkonsuls in Antwerpen
vom 5. Februar 1913.) 1
Theater und Musik.
Im Königlichen Opernhause findet morgen eine Auf⸗ führung von „Figaros Hochzeit“ unter der musikalischen Leitung des Kapellmeisters von Strauß statt. Die Damen Hafgren⸗Waag, Alfer⸗ mann, Artôt de Padilla, von Scheele⸗Müller sowie die Herren⸗Hoffmann, Knüpfer, Henke, Bachmann, Krasa, Philipp sind in den Hauptrollen beschäftigt. — Am Mittwoch findet eine Wiederholung der „Stummen . I statt. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Dr. Richard
trauß.
Im Königlichen Schauspielhause findet morgen, Dienstag, eine Wiederholung des Lustspiels „Der Austauschleutnant“, mit den Damen Arnstädt, 8. Heisler, Thimig und den Herren Vollmer, Clewing, atry, Boettcher, Vallentin und von Ledebur in den auptrollen, statt. — Schon seit Wochen gehen bei der Generalintendantur der König⸗ lichen Schauspiele Anfragen ein, welche die Erstaufführung der „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauß betreffen und die sämtlich zu beantworten leider nicht möglich ist. Es wird deshalb hiermit darauf hingewiesen, daß die beiden ersten Aufführungen vor⸗ aussichtlich in den letzten Tagen dieses Monats im Königlichen Schauspielhause stattfinden. Die General⸗ intendantur ist mit Rücksicht auf den starken Andrang ausnahmsweise bereit, von heute ab Vorbestellungen entgegenzunehmen, die nach Maßgabe der verfügbaren Plätze und der Reihenfolge des Ein⸗ gangs Berücksichtigung finden sollen; wegen der Rückantwort empfiehlt es sich, jeder Bestellung eine Freikarte mit Adresse beizufügen. Bestellungen, die für den ersten Abend und für eine bestimmte Platzgattung nicht berücksichtigt werden konnten, werden nach Möglichkeit für eine andere Platzgattung oder aber für den zweiten Abend vorgemerkt, falls sie nicht eine entgegengesetzte Weisung enthalten. Die Preise für diese beiden ersten Aufführungen sind einschließlich der Vorverkaufs⸗ gebühr. wie folgt, festgesetzt: Fremdenloge 60,50 ℳ. I. Rangloge 50,50 ℳ. I. Rangsessel und “ bezw. Parkettloge 40,50 ℳ Parkett 35,50 ℳ. Balkonsessel und Loge 25,50 ℳ. II. Balkon⸗ sessel und Loge 15,50 ℳ. Galerie 6,50 ℳ.
(Siehe auch Zweite Beilage.)
Mannigfaltiges. Berlin, 10. Februar 1913.
Freiwilige Kriegskrankenpflege. — Alljährlich findet auf Anordnung des Kaiserlichen Kommissars und Militärinspekteurs der freiwilligen Krankenpflege, Fürsten zu Solms⸗Baruth, ein Aus⸗ bildungskursus für die Vertreter der freiwilligen Kriegskranken⸗ pflege statt. Der diesjährige Lehrgang wird in den Tagen vom 10. bis 14. d. M. in der Kaiser Wilhelm⸗Akademie für das militär⸗ ärztliche Bildungswesen in Berlin abgehalten. Die Zahl der Teil⸗ nehmer ist in diesem Jahre besonders groß; über 250. Personen aus allen Berufsständen und Gesellschaftskreisen (Staatsbeamte, Militärs, Männer der Wissenschaft, Landleute, Geistliche, Kaufleute, Lehrer usw.,
Mitglieder des Johanniterordens, der Schlesischen und Rheinisch⸗ Westfälischen Malteserritter und des Roten Kreuzes) sind aus fast sämtlichen Bundesstaaten herbeigeeilt, um an dem Unterricht teil⸗ zunehmen. — Der heute beginnende Unterricht bringt folgende Vorträge: „Geschichtliche Entwickelung der deutschen freiwilligen Krankenpflege“; „Gliederung des Sanitätsdienstes im Kriege, BE“ Feld⸗ heeres“; „Einordnung der freiwilligen Krankenpflege in den staatlichen Fecgsi ee Obliegenheiten der Delegierten“; „Bekleidung und Ausrüstung in der Armee und der frewilligen 1“ Kranken⸗ unterkunft im Etappengebiet, Krankenzerstreuung, Nachschub von Sanitätsausrüstung“; „Erfahrungen im Sanitätsdienste des Etappen⸗ ebietes im Kaisermanöver 1912“; „Darstellung der Tätigkeit der ceiwilligen Krankenpflege im Etappengebiete an einem praktischen Beispiel“. Dazwischen findet eine Besichtigung der Sammlungen der Kaiser⸗Wilhelm⸗Akademie und einer fahrbaren Seö und Desinfektionsanlage im Garnisonlazarett I Berlin statt. Den Schluß bildet die Vorführung einer Verband⸗ und Erfrischungsstelle im Etappengebiet und einer Krankensammelstelle mit Uebernachtungsraum unter Benutzung eines Hilfslazarettzuges und eines Hilfslazarettschiffes.
Die Landesgruppe Brandenburg des Bundes „Heimatschutz“ (Geschäftsstelle: Robert Mielke, Halensee, Karls⸗ ruherstraße 27), veranstaltet in der Handels hochschule (Spandauer Straße, in der Nähe der Börse) eine öffentliche Vortragsreihe über einige Fragen des Heimatschutzes, die für den Kauf⸗ mann von besonderem Interesse sind. Es werden sprechen: nächsten Freitag, Nachmittags 5 bis 6 Uhr Herr, Klinger, künstlerischer Leiter der höheren Fachichul für Dekorationskunst: „Das Schaufenster im Straßenbilde“; Freitag, 21. d. M. (5 bis 6 Uhr), Herr Dr. Fricke: „Ausnutzung der Wasserkräfte und Heimatschutz“; Montag, den 24. d. M. (5 bis 6 Uhr), Herr Robert Mielke: „Fremdenverkehr, Fremden⸗ industrie und Heimatschutz“; Freitag, den 28. d. M. (5—6 Uhr), Herr Dr. Keller: „Heimatschutz und Volkswirtschaft“. — Die Vorträge, die mit Lichtbildern ausgestattet werden, finden im Hörsaal 203 statt. Der Eintritt ist unentgeltlich.
Bremen, 10. Februar. (W. T. B.) Die Rettungsstation Horumersiel der „Deutschen Gesellschaft zur 8289 Schiff⸗ brüchiger“ telegraphiert: Am 8. Februar von einem Schlepp⸗ dam pfer, Kapitän Manssen, gestrandet auf Mellum⸗ plate, mit zwei Pontons von Helgoland nach Wilhelms⸗ haven bestimmt, vier Personen gerettet durch das Rettungsboot „Meta Hartmann“ der Station. Wind WNW. Stärke 5 bis 7, hohe See, Bootsfahrt 6 Stunden. — Die Rettungsstation Stolpmünde der „Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ telegraphiert: Am 9. Februar von dem schwedischen Dampfer „Tor“, Kapitän Ifraelson, gestrandet östlich der Molen von Stolpmünde, mit Getreide von hier nach Kopen⸗ hagen bestimmt, neun Personen gerettet durch das Rettungs⸗ boot „Generalpostmeister“ der Oststation.
London, 8. Februar. (W. T. B.) Ein furchtbarer Orkan wütete vergangene Nacht in Nordengland, Irland und Wales. In Renton bei Dumbarton trat der Leven über seine Ufer und setzte eine Anzahl von Fabriken unter Wasser. Mehrere hundert Arbeiter sind infolgedessen gezwungen, zu feiern. Die große Werft von Armstrong, Whikworth u. Co. bei Newcastle ist beschädigt worden. Auch in North und South Shields wurde großer Schaden angerichtet. Auf dem Tyne haben Schiffs⸗ zusammenstöße stattgefunden. Der telegraphische Verkehr ist in einem großen Teile des Landes gestört.
Mansfield (Grafschaft Nottingham), 8. Februar. (W. T. B.) In der Kohlengrube Rufford bei Mansfield st ürzte vergangene Nacht infolge Bruchs einer Kette ein mit 800 Gallonen Wasser ge⸗ füllter Behälter aus einer Höhe von 150 m in einen Schacht herab und tötete dreizehn Mann der dort arbeitenden Bergleute.
Paris, 8. Februar. (W. T. B.) Der Flieger Guggen⸗ heim stieg heute auf dem Flugplatz von Etampes mit vier Fluggästen auf einem Zweidecker 740 m hoch und stellte damit eine neue Höchstleistung auf.
Parls, 10. Februar. (W. T. B.), Eine Anzahl bretoni.
scher Fischer hat dem Kolonialminister den Plan vorgelegt an der Küste von Mauretanien die Sardinenfischerei im großen zu betreiben. Der Minister hat den Fischern mitteilen lassen daß er ihnen für diesen Zweck alle erforderlichen Erleichterungen ge⸗ währen und insbesondere die nötigen Baulichkeiten zur Verfügung stellen werde.
Nancy, 8. Februar. (W. T. B.) In den Militärflug⸗ park von Nancy wurde auch heute wieder ein Ein bruch verübt. Die Einbrecher versuchten, die Schuppen, in denen sich Zweidecker befanden, zu erbrechen und in Brand zu stecken. Als sie entdeckt wurden, ergriffen sie die Flucht und entkamen.
Bern, 8. Februar. (W. T. B.) Der Verband der deutschen Kolonie beging heute unter großer Beteiligung alz Doppelfeier den Geburtstag des Kaisers und die Er⸗ innerung an die Befreiungskriege. Den Vorsitz führte Dr. Mayne, Professor der Literatur an der Universität. Der deutsche Gesandte Freiherr von Romberg und der bayerische Ministerresident Staatsrat von Boehm, die beiden Ehren⸗ vorsitzenden des Verbandes, brachten ein Hoch auf den Kaiser und auf die Schweiz aus. Der Universitätsdozent Lessing hielt eine An⸗ sprache zur Erinnerung an das Jahr 1813. Musikalische und deklamatorische Vorträge verschönten die von patriotischer Begeisterung
getragene Festlichkeit. ee1“
Rostow (Don), 9. Februar. (W. T. B.) Seit 24 Stunden brennen die Depots der Russischen Gesellschaft für Dampfschiffahrt und Handel; außerordentlich starke Explo⸗ loneich vergrößern die Gefahr. Der angerichtete Schaden ist sehr erheblich.
Grosniji, 9. Februar. (W. T. B.) Auf der Steigung zwischen den Bahnstationen Szljeizowskaja und Karabulag riß ein Güterzug in zwei Teile. Vierzig mit Rohöl gefüllte Kesselwagen rollten zurück, sausten mit furchtbarer Geschwindigkeit an der “ Station vorbei und rannten auf einen Güterzug auf, an desten Lokomotive die Rohölmengen
anderen enfeuer kamen zwei Zugbeamte
sich entzündeten. In dem Rie ums Leben.
Konstantinopel, 9. Februar. (W. T. B.) Gestern abend gegen 8 Uhr brach im Stadtteil Beschiktasch⸗Tophane bei Pera ein Brand aus. Das italienische Hospital war vom Feuer bedroht, doch gelang es, dank dem tätigen Eingreifen der Mannschaften der fremden Kriegsschiffe, die Gefahr zu beseitigen. Der Brand wurde heute morgen um 2 Uhr gelöscht. Die Zahl der niedergebrannten Häuser überschreitet nicht 150; sie waren alle von Mohammedanern bewohnt. Die Matrosen der österreichisch⸗ungarischen Stationszjacht „Taurus“ und die Besatzungen der fremden Kriegsschiffe beteiligten sich an den Rettungsarbeiten. Menschen sind nicht zu Schaden ge⸗
kommen.
Teheran, 8. Februar. (W. T. B.) Wie die Postverwaltung bekannt gibt, ist der Postdienst durch den starken Schneefall vollständig gestört. Der Schnee liegt vier Meter tief. Die Pferde des Postwagens, der den Dienst von Rescht nach Enzeli besorgt, sind in der Nähe von Rescht vor Kälte tot umgefallen. Teheran ist für wenigstens vierzehn Tage von der Post⸗ verbindung mit Europa abgeschnitten, ein Zustand, der seit zwölf Jahren nicht vorgekommen ist.
ebruar. (W. T. B.) In der Stadt Jang⸗ oreanischen Grenze, ist eine Meuterei unter der Garnison ausgebrochen. Der Oberst Wan wurde getötet, die Stadt geplündert. Die Behörden haben im russischen und japanischen Konsulat Schutz gesucht.
Charbin, 8. tsigan nahe der
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Theater.
Künigliche Schauspiele. Diens⸗ 8 tag: Opernhaus. Die fünf Frankfurter. stellung. Figaros Hochzeit. Komische Oper in vier Akten von Wolfgang Amadeus Mozart. Text nach Beau⸗ marchais, von Lorenzo Daponte. Deutsche Uebersetzung revidiert von H. Levi. Musi⸗ kalische 255 Herr Kapellmeister von Strauß. Regie: Herr Oberregisseur Droescher. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 42. Abonnementsvor⸗ stellung. Der Austauschleutnant. Militärschwank in drei Aufzügen von Richard Wilde und C. G. von Negelein. In Szene gesetzt von Herrn Regisseur Patry. Anfang 7 ½ Uhr.
Mittwoch: Opernhaus. 42. Abonne⸗
Mittwoch: Brand.
Musik von Auber. Text von Scribe. Anfang 7 ½ Uhr. 3 Schauspielhaus. 70. Kartenreservesatz. Ru Das Abonnement, die ständigen Reservate 8 sowie die Dienst⸗ und Freiplätze sind auf⸗ gehoben. Ein Eintrittskartenverkauf hierzu findet nicht statt. Sondervorstellung für die Gewerkschaft der Heimarbeiterinnen:
von Otto von der Pfordten. Anfang
7 drei Akten von Richard Skowronnek. lot 8 “ Mittwoch und folgende Tage: Die Studentengräfin.
8 Generalsecke. Deutsches Theater. Dienstag,Abends
7 ½ Uhr: Der lebende Leichnam. Mittwoch: Der blaue Vogel. Donnerstag: Der lebende Leichnam. Freitag:
(2. Teil.) Sonnabend: Der blaue Vogel.
Kammerspiele.
Dienstag, Abends 8 Uhr: Schöne Frauen.
Mittwoch, Donnerstag und Sonnabend: Schöne Frauen.
Freitag: Mein Freund Teddy.
theater.)
Charlottenburg.
von H. Salingré. hardt.
Berliner Theater. Dienstag, Abends in 80 Stunden. 3 Uhr: Filmzauber. Große Posse mit Gesang und Tanz in 4 Akten von Rudolf v 752 8
reitag: Filmzauber.
Sonnabend, 5
lottenburg,
Philotas. Hierauf: Der zerbrochene Abends 8 Uhr: Eugen Onegin. (Xenia
Dorliac als Gast.)
Theater in der Königgrätzer Straße. Dienstag, Abends 8 Uhr:
41. Abonnementsvor⸗ drei Akten von Karl Rößler.
Donnerstag: Die fünf Frankfurter.
Freitag und Sonnabend: Brand Neues Theater.)
Lessingtheater. Dienstag, 8 Uhr: Die große Liebe. in drei Akten von Heinrich Mann. Q˖˖- s¶˖Q[ und Mittwoch: Rose Bernd.
Donnerstag: Die große Liebe.
Deutsches Schauspielhaus. (Direk⸗ tion: Adolf Lantz. NW. 7, Friedrich⸗ Portici. Große Oper in fünf Aufzügen. grhr. Der gutr⸗ nahenetg, Abe in beiden Husaren. vier Akten von Hermann Sudermann.
Mittwoch und Donnerstag: Der gute
f Freitag: Der Kampf ums Rosenrote. Dienstag, Abends 8 Uhr: Die Studenten⸗ 1 Sonnabend: Der gute Ruf.
Peume . Komödienhaus. Dienstag, Abends gräfin. 1812. Schauspiel in fünf Aufzügen 8 Uhr: Die Geueralsecke.
Schillertheater. o. (Wallner⸗ 89. Dienstag, Abends 8 Uhr: König Heinrich IV. Uriel Acosta. Trauerspiel in fünf Auf⸗ zügen von Karl Gutzkow. kittwoch: Die Haubenlerche. Donnerstag: Uriel Acosta.
Dienstag, Abends Hahn: 8 Uhr: Die Reise durch Berlin in .
80 Stunden. Gesangsposse in 7 Bildern 8 Musik von G. Lehn⸗ Abends: Majolika.
Mittwoch: Uriel Acosta. Donnerstag: Die Reise durch Berlin
Deutsches Opernhans. (Char⸗ P. Bismarck⸗Straße 34 — 37.
achmittags 3 ½ Uhr: Direktion: Georg Hartmann.) Dienstag, Frau Präsidentin. 8 -. 8 Sonntag, den 16. Februar, Nachmittags Gestorben:
Erich Wollmar
Mittwoch: Oberon. Donnerstag: Eugen Onegin. Freitag: Tiefland. .
Lustspiel in Sonnabend: Der Waffenschmied.
Montis Operettentheater. (Früher: Dienstag, Abends 8 Uhr: Der liebe Augustin. Operette 1 in drei Akten von Leo Fall.
Abends Mittwoch und folgende Tage: Der liebe Schauspiel Augustin.
Nancey.
Theater des Westens. (Station:
Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Puppchen. Posse mit Gesang und Tanz Ansorge und Willy Heß. in drei Akten von Curt Kraatz und Jean Kren. Gesangstexte von Alfred Schönfeld. Musik von Jean Gilbert.
Mittwoch und folgende Tage: Puppchen.
Trianontheater. (Georgenstr., nahe
Bahnhof Friedrichstr.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Wenn Frauen reisen. spiel in vier Akten von Mouezy⸗Eon 8 Uhr:
Mittwoch und folgende Tage: Wenn Orchester. Frauen reisen.
Saal Bechstein. Dienstag, Abends 7 ½ Uhr: Sonatenabend von Counrad
Beethoven-Saal. Dienstag, Abends 8 Uhr: Klavierabend von Carl Fried⸗ erg.
Blüthner-Saal. Dienstag, Abends Konzert von Annie Luxen⸗ burg (Violine) mit dem Blüthner⸗ Mitw.: Gustav Frauz
Lust⸗
(Bariton).
oologischer Garten. Kantstraße 12.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Die beiden Husaren. Operette in drei Akten von Léon Jessel.
Die
Abends „Mittwoch und folgende Tage:
Konzerte.
Singakademie. Dienstag, Abends Dienstag, Abends 7 ½ Uhr: Liederabend 8 Uhr: 2. Konzert von Palma und von Annie Gehrig. Gisela von Päözsthory.
Klindworth -Scharwenka-Saal. Am Klavier: Dr.
F. Horchler.
Theater am Mollendorfplatz.
räfin. Operette in drei Aufzügen.
Kusik von Leo Fall. Mittwoch bis Freitag: Die Studenten⸗
Nachmittags 3 ½ Uhr:
Sonnabend, — Abends: Die
Lustspiel in Emilia Galotti.
Karten
AEEEEE Donnerstag, 20. Februar 1913, Abends 8 Uh
[101763]
Willi Kewitsch
à “ “ 4,—
Harmoniumsaal, Steglitzerstr. 35. ——
Lieder⸗ und Duett⸗Abend
von 2 8
und Maria Krüger (Sopran) (Ait)
— 8 nur im Harmoniumhaus, Steglitzerstr. 35.
—
7 ½ Uhr: Dienstag, Abends 8 ¼ Uhr: Majolika. — Zum
Stein und Ludwig Heller. Mittwoch bis Freitag: Majolika. Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Erste 7½ Uhr: Schüleraufführung der Neuen Opernschule 9*
Der Barbier von Sevilla
Birkus Schumann. Dienstag Abends
8 Große uß: Schwank in drei Akten von Leo Walther Mensch! Vier
Birkus Busch. Dienstag, Abends Große Galavorstellung.
es — Zum Schluß: Die große Prunk⸗ von Maximilian Morris und Mary S . große P heij Roma von Sydow (Friedrichshagen
Generalmajor z. D. Ado von Seebeach (Erfurt). — her Geheimer Regierungs⸗ rat Dr. Gustav von Brüning (Et. Moritz⸗Höchst a. Main). — Hr. Ee⸗ heimer Regierungsrat Haas (Darm⸗ stadt). — Hr. Major g. D. Paul von Bonin (Charlottenburg). — Hr. Ge⸗ heimer Regterungsrat, Professor Ernst Walther (Potsdam). — Klosterdame Elsbeth von Hobe (Charlottenburg). —
Galavorstellung.
Der unsichtbare ilder aus Indien.
2
ei Berlin).
(1. Akt). Carmen (2. Akt). —
erlobt: Residenztheater. Dienstag, Abends 8 8 Uhr: Die Frau Präsidentin. (Madame la Présidente.) Schwank in Metz). drei Akten von M. Hennequin und Geboren: Veber. Die
Mittwoch und folgende Tage:
3 Uhr: Der Schlafwagenkontrolleur
Familiennachrichten.
Verantwortlicher Redakteur:
Hrn. FäittFefsen -Cee nd hengsmemmi Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg⸗
burg (Bredenfelde bei Stavenhagen —
Verlag der Expedition (Heidrich), in Berlin. (298¹)
Ein- Sohn: Hrn. Re⸗ Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und
gierungsrat Dr. Olsbausen (Berlin). — 8 32. Eine Tochter: Hrn. Justizrat Dr. Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße Ernst Riemann (Breslau).
Zehn Beilagen
Hr. Generalleutnant z. D. 2 1b. (einschließlich Börsen⸗Beilage).
(Berlin). —
ʒErste Beilage
chen Reichsanzeiger und Königlich
Deutscher Reichstag. — 107. Sitzung vom 8. Februar 1913, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphischem Bureau“.)
Auf der Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1913, und zwar „Etat für die Reichs⸗ justizverwaltung“.
Abg. Dr. Cohn (Soz.) in seiner Rede, deren erster Teil in der vorgestrigen Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ist, fortfahrend: Im Verlauf der Streikprozesse im Ruhrrevier sprach ein Staats⸗ anwalt das merkwürdige Wort aus, die Justiz habe hier „höhere“ Aufgaben zu erfüllen gehabt. Welche „höheren“ Aufgaben kann die Rechtspflege haben, als möglichst schnell und möglichst vollständig das Recht zu finden? Die Justiz gegen Streikende ist systematisch seit einer Reihe von Jahren durch die skiupellose Anwendung des Erpressungsparagraphen verschärft worden. In Nordhausen sind mit Hilfe der Auslegungskunst des Reichsgerichts 2 Maurer zu je 2 Monaten Gefängnis verurteilt worden, weil sie einen Arbeitskollegen zum Beitritt zum Maurerverband veranlaßt hatten; das Gericht kam wirklich dazu, die Sache so anzusehen, daß es sich dabei um die Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils handelte. Angesichts solcher Erzesse der Judikatur verlieren immer weitere Kreise des Volkes das Ver⸗ trauen in den guten Glauben der Gerichte, sie verlieren den Glauben daran, daß die Gerichte unbewußt dieses verschiedene Strafmaß für Arbeitswillige und für Streikende in Anwendung bringen. Wir er⸗ leben es ja alle Tage, welche verschiedenen Strafen erkannt werden für dasselbe Delikt, je nachdem es sich um „Ausschreitungen“ von Arbeitern oder um „übermütige Streiche junger Leute von Bildung“ handelt. 2 Studenten kamen mit 40 und 50 ℳ Geldstrafe davon, obwohl sie einen Arbeiter derart verprügelt hatten, daß er 8 Tage in einer Klinik zubringen mußte! Ein Arbeiter dagegen, der einem Studenten einige Stockprügel hatte zuteil werden lassen, erhielt von demselben Gerichte als Angehöriger der grohen und niederen Volksschichten“ 3 Monate Gesängnis! Nach einer Entscheidung des Reichsgerichts soll der Presse der Schutz des § 193 nicht zur Seite stehen. Gegenüber der sozialdemokratischen Presse wird dies auch zur Geltung gebracht, wenn es sich um eine Kritik der Beamten handelt. Nicht so gegenüber der „Rheinisch⸗ Westfälischen Zeitung“, die das Verhalten des Statthalters kritisiert hatte. Dem Redakteur wurde der Schutz des § 193 zugebilligt. Ich selbst habe einen Schankwirt zu verteidigen gehabt, wo der Richter den Angeklagten wegen unverschämten frechen Leugnens verurteilte. Es stellte sich dann heraus, daß der Angeklagte doch die Wahrheit gesagt hatte, er wurde freigesprochen. Ich machte mir nun den Spaß, gegen den Richter Strafantrag zu stellen; mein Antrag wurde zurückgewiesen. Der Stand des Klägers und des Angeklagten spielt auch in anderen Prozessen eine erschwerende Rolle. Ich brauche bloß auf den noch immer schwebenden Fall des Fürsten Eulenburg hinzuweisen. Gegen den Fürsten Eulenburg wird seit 5 Jahren nicht weiter verhandelt, weil er den Aufregungen einer Schwurgerichtsverhandlung nicht gewachsen sei. Sein Krankheits⸗ zustand hindert ihn aber nicht, Amtsvorsteher zu sein. Ich möchte inmal wissen, ob man auf den Zustand eines gewöhnlichen Arbeiters die gleiche Rücksicht nehmen würde. Die Form der Ladung der Zeugen richtet sich durchaus nach dem Range, wie es sich in einem Teltower Prozesse gezeigt hatte; die Ladung steigert sich von der schroffsten Form der Strafandrohung im Falle des Nichterscheinens bis zu dem hoflichsten Anheimstellen, den hochgestellten Zeugen in seiner Wohnung zu vernehmen zu einer Stunde, die ihm genehm sei. In Oberschlesien war eine Frau angeklagt wegen Beamtenbeleidigung. Es war eine hysterische Frau, die sich dem Gerichtshof zu Füßen warf. Sie wurde bestraft, ich nehme an, mit Recht. Ob es aber am Platze war, eine hysterische Frau mit der exorbitant hohen Strafe von zwei Jahren Gefängnis zu bestrafen, möchte ich doch sehr bezweifeln. Die Beleidigung war nur zu erklären aus dem Milieu einer zweisprachigen Bevölkerung. Die Richter handeln in solchen Fällen lediglich im Unternehmerinteresse, so in Hamburg gegenüber Unternehmern und Arbeitern in Sachen einer Boykotterklärung im Tischlergewerbe. In Ostpreußen hat ein konservativer Rektor einen Wähler Du dummes Kalb“ geschimpft; er wurde freigesprochen, weil er aus „nicht unehrenhaften Motiven“ gehandelt habe. Die Klassenjustiz tritt auch beim Strafvollzug hervor. Die Strafvollstreckung hat namentlich im Ruhrrevier aus Anlaß der Exzesse wahre Orgien gefeiert. Die Untersuchungshaft wurde ohne weiteres verhängt, um dem Angeklagten den „Ernst der Lage“ schon durch die Untersuchungshaft zum Bewußtsein zu bringen. Daß die Behandlung der Untersuchungsgefangenen an die russische Unrechts⸗ pflege erinnerte, ist bekannt. Die Gefangenen wurden zusammen⸗ gepfercht. Auch hier war die Staatsraison maßgebend. Die Massen⸗ untersuchungshaft wurde wie im Moabiter Falle unter mißbräuchlicher Unterordnung unter die Polizei verhängt. Der Moabiter Prozeß bietet in dieser Beziehung ein trauriges Bild. So konnte es kommen, aß der fungierende Staatsanwalt das ausführende Organ des Kriminalkommissars genannt wurde. Die Untersuchungshaft kann in er gegenwärtigen Gestalt nicht aufrecht erhalten werden, das ist die allgemeine Meinung aller juristischen Praktiker, auch in der Strafrechtskommission ist sie zum Ausdruck gekommen. Da eine Reform des Strafgesetzes in die ferne Zukunft gerückt ist,
8
muß man sich doch überlegen, ob nicht schon vorher Maßregeln zu kiner Milderung der Untersuchungshaft getroffen werden können. Andere Staaten sind darin längst vorangegangen. So hat England ein Gesetz über schnelle Aburteilung der auf frischer Tat Ertappten. Bei politischen Prozessen hält man nicht einmal die Errungenschaft zufrecht, die man sonst gegenüber den Jugendlichen eingeführt at. So hat man in den Massenprozessen im Ruhrrevier und in Moabit nicht einmal die Strafsachen der Erwachsenen von denen der Jugendlichen getrennt. Die Untersuchungs⸗ haft wird häufig so rigoros gehandhabt, daß sie oft mit der Strafe in gar keinem Verhältnis steht. Klassisch 1 dafür der Fall der „Moabiter Petroleuse“, der Frau Reinhardt, einer schwer hosterischen Frau, die einen Polizeileutnant und sieben “ in die Flucht schlug. Diese sitzt noch jetzt in Unter⸗ 8 ungshaft. (Vizepräsident Paasche: Ich bitte den Redner, nicht 1 el Spezialfälle hier anzuführen.) Ich werde mich fügen, muß Ledoch zur Klarstellung noch einzelne markante Fälle anführen. Die ugendlichen kommen in der Untersuchungshaft häufig erst mit den Kstementen in Berührung, die sie sittlich ganz verderben. Bedenklich anuch die Polize im Dienste des Gerichts Als Hilfsorgan der Staats⸗ afü 1 fühlt sie sich auf dem Gebiete des Spitzeltums zuhause. 88 87 jefert gerade die Berliner Polizei viele Beweise. Ich erinnere Kohlenstd als Kutscher verkleideten Kriminalbeamten im Moabiter neces reik. Die Polizei scheut dabei sogar vor Diebstählen nicht stehlen ließ ein Polizeiassessor in Westfalen Abonnentenlisten Verfü diese Liste der Obersteiger dem Arbeit eberverbande zur b dagg stellen. Dieser Beamte ist noch immer im Dienst. Ich 8 ht, ob es der preußische Minister des Innern für seine Pflicht derartige Beamte auf ihrem Platze zu belassen. Mein Partei⸗
Berlin, Maͤntag, den 10. Febrnar
genosse Wendel hat ja neulich schon ein solches Verhalten der Polizei als Enbloespitzelet bezeschnet. Das Spitzeltum hat gerade in po⸗ litischen Dingen bei uns eine große Rolle gespielt. Ich erinnere nur an den Namen Stieber. Sogaxr ein preußischer König, Friedrich Wilhelm IV., bediente sich der Lockspitzel. Das Lockspitzeltum ist also geradezu zu einer preußischen Institution geworden.
Abg. Dr. Belzer (Zentr.): Die Angriffe des Vorredners gegen den deutschen Richterstand gehen doch uns allen zu weit. Er will ihn zwar nicht direkt der Klassenjustiz bezichtigen, aber er sprach von Parteijustiz und stellte es so dar, als ob wir eine Verbrecher⸗ gesellschaft von Richtern und Staatsanwälten hätten. Ich lege gegen diese Angriffe ganz formelle Verwahrung ein. Beim Reichsgericht ist eine Erleichterung des Geschäftsganges eingetreten, und das ist erfreulich, denn eine gute Rechtspflege muß immer auch eine schnelle Rechtspflege sein. Die Strafrechtsreformkommission wird, wie wir hören, in diesem Sommer mit ihren Arbeiten fertig werden. Wir bedauern aufrichtig, daß das Reichsjustizamt auf die Anfrage, ob nicht noch vor der allgemeinen Strafrechtsreform ge⸗ setzliche Bestimmungen behufs größeren Schutzes gegen ver⸗ brecherische Irre, die frei herumlaufen, getroffen werden könnten, verneinend geantwortet hat. Es sind zahlreiche Fälle zu verzeichnen, in denen solche Personen großen Schaden angerichtet haben; vielleicht überlegt sich die Reichsverwaltung, ob sie ihre Stellung zu dieser Frage nicht modifizieren soll. Von den für eine Reform spruchreifen Materien ist uns bisher nur die Vorlage wegen der Jugendgerichte zugegangen; mit Befriedigung hören wir, daß demnächst auch ein Gesetzentwurf zum Schutz der Jugend gegen Schmutz⸗ und Schundliteratur an uns kommen soll. Wir wünschen, daß diese Vorlage auch Schutz gegen unzüchtige Grammophonplatten bieten wird. Einen Fortschrikt bedeutet es auch, daß namhafte Presse⸗ organisationen übereingekommen sind, bei der Berichterstattung über Prozesse alles Sexuelle auszuscheiden; leider aber gibt es da sehr viele Qutsider, sodaß durchgreifende Abhilfe nicht erwartet werden darf. Eine Reihe von Forderungen läßt noch immer die Erfüllung ver⸗ missen. Da ist zunächst die Forderung der neuen Gebührenordnung für Rechtsanwälte. Die Zeiten haben sich sehr geändert, die Lebens⸗ haltung ist allgemein teurer geworden. Natürlich dürfen die Kosten der Prozesse des kleinen Mannes nicht verteuert werden; das hat sowohl das Reichsjustizamt wie auch der deutsche Anwaltsverein eingesehen. Die Rechtsanwaltschaft muß aber noch weiteres Material für die Dringlichkeit dieser Reform beibringen. Man weist auch auf die steigende Konkurrenz hin, die von pensionierten Richtern, ins⸗ besondere in Bayern, den Rechtsanwalten gemacht wird. Eine Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige sollte ebenfalls für das ganze Reich erlassen werden; wie steht es mit dieser berechtigten Forderung? Die Sachverständigengebühren müssen erhöht werden und zwar ohne Ausschub; die gegenwärtigen Sätze sind für die Betreffenden viel zu gering. Ohne zuverlässige Sachverständige ist eine gute Justizpflege nicht durchzuführen. Andererseits wird nach⸗ gerade zuviel mit Sachverständigensprüchen operiert in gewissen Un⸗ sittlichkeitsprozessen, wo es sich um die Frage handelt, ob man es mit einem Kunstwerk oder mit einem unsiktlichen Machwerk zu tun hat. Mit dieser Auffassung befinde ich mich in Uebereinstimmung mit dem rheinischen nationalliberalen Führer, dem früheren Oberlandes⸗ gerichtspräsidenten Dr. Hamm. Eine Münchener Strafkammer hat über das Buch „Kraftbayerisches aus dem bayerischen Volksmunde“ 6 oder 8 Sachverständige vernommen, darunter auch unseren Kollegen Kerschensteiner, der es als ein Machwerk bezeichnet hat, und ist zu einer Freisprechung gekommen auf Grund der Gutachten von Thoma und Ganghofer, daß das Buch immerhin Wissen⸗ schaftlichkeit anstrebe, wenn es auch nicht wissenschartlich sei. Die Auffassung des Gerichts ist eine geradezu unglaubliche. Das unflätigste Buch unter dem Mantel der Wissenschaftlichkeit könnte danach straflos bleiben und Unheil anrichten. Die Münchener Richter müssen doch das altbayerische Volk kennen und wissen, ob solche Redensarten berechtigt sind oder nicht. Wir müssen das Urteil im höchsten Grade bedauern, und wir müssen es zurückweisen, daß wir eine Sprache, wie sie in dem Buche geführt wird, irgendwie billigen. Das Gesetz gegen den Schmutz in Wort und Bild muß möglichst bald vorgelegt werden. Vielleicht teilt uns der Staatssekretär mit, ob und wann das Spionagegesetz kommen wird. Ueber die Anfechtbarkeit von Polizeiverfügungen liegt im preußischen Abgeordnetenhause ein Antrag vor, der der kommissarischen Beratung unterliegt. Ich will nur bemerken, daß das Uebermaß von Polizeiverordnungen ausgerottet werden muß. Viele Polizeiverordnungen durchbrechen die Reichsgesetze, z. B. die Reichsgewerbeordnung. Dies gilt insbesondere in bezug auf § 33 über die Konzessionspflicht der Hotels und Pen⸗ sionen. Ich empfehle dringend, den von dem Abg. Schiffer gewiesenen Weg zu betreten. Das würde das Vertrauen zu unsern Behörden stärken. Die nationalliberale Partei hat eine Resolution ein ebracht,
die den Gemeinden, dem Staate und dem Reiche bei allen; wangs⸗ versteigerungen von Grundstücken ein kurzfristiges Vorkaufsrecht ein⸗ räumen will. Ich kann mich für diesen Vorschlag nicht er⸗ wärmen. Am meisten bedenklich ist uns, daß Staat und Gemeinde mißliebige Käufer ausschließen können; ich denke nicht bloß an die Polen, sondern auch an andere Parteien. Ich will aber gern die Begründung des Abg. Schiffer hören; pielleicht ist diese so durchschlagend, daß sie uns überzeugt. Unsere Resolution fordert die Vorlage eines Gesetzentwurfs über den Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses. Frühere ähnliche Versuche waren gescheitert. Fast der ganze Mittelstand und der Rechtsanwalts⸗ stand steht hinter unserer Forderung. Der Staatssekretär hat im vorigen Jahre eine entgegenkommende Erklärung abgegeben und eine wohlwollende Prüfung zugesagt. Allerdings bestehen starke Bedenken gegen unseren Vorschlag. Wir müssen jedenfalls Vorbengungsmaß⸗ regeln ergreifen, um unfaire Manipulationen der Gläubiger hintanzu⸗ halten. Wir müssen dem ohnehin schon bedrängten Mittelstand zu Hilfe kommen. Ich bitte Sie, moglichst einhellig dem Antrag meiner poli⸗ tischen Freunde zuzustimmen. Dr. Paasche hat bei der ersten Etats⸗ beratung die Streikurteile bedauert. Ich kann seine Worte nur unterschreiben. Dr. Cohn hat heute neue Beispiele angeführt. Nicht weniger als 900 Verurteilungen sind im Streikrevier erfolgt. Der preußische Justizminister hat sich die Akten kommen lassen. Ein Streikender wurde verurteilt, weil er gerufen hat: ui! ui! wau! wau! bauz! bauz! Ich will nicht sagen, daß eine Klassenjustiz im Ruhr⸗ revier geübt worden ist, aber der Richter kann sich von den An⸗ schauungen der Gesellschaft, der er angehört, nicht ganz freimachen. Es könnte jedenfalls manches vermieden werden, was das Volk anwidert. ch gebe dem Vorredner zu, daß es böses Blut macht, wenn man bei der Erbebung der öffentlichen Anklage zu sehr Rücksicht auf den Stand des Angeklagten nimmt. In meiner Heimat ist es vorgekommen, daß ein hoherer Beamter ein Zentrumsblatt nach dem Namen des Verfasse’s eines Artikels gefragt hat. Er sollte doch wissen, daß es ein Redaktionsgeheimnis gibt. Ich wollte auf den Fall Eulenburg nicht zurüͤckkommen. Ich muß aber nach dem Stande des Prozesses fragen, weil ich erfahren habe, daß der eine Hauptbelastungszeuge gestorben ist. Was soll daraus werden, was würde für ein Skandal entstehen, wenn der Fürst wieder gesund werden sollte und der andere Belastungszeuge dann auch tot wäre? Unsere Justiz ist ja in vieler Beziehung vorbildlich. Wir haben deshalb alle Ursache, dieses Urteil aufrecht zu erhalten und alles zu vermeiden, was in einzelnen Kreisen die Ansicht von einer Klassen⸗ justiz erwecken kann.
Scteaatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco:
Meine Herren! Ich gehe zunächst auf die Anfrage ein, die Hert Dr. Belzer über das Verfahren gegen den Fürsten Eulenburg an mich gerichtet hat, sowie auf das, was in Uebereinstimmung hiermit Herr Abg. Dr. Cohn vorher mitgeteilt hat.
Im Dezember vorigen Jahres hat erneut eine Untersuchung des Fürsten Eulenburg auf seine Verhandlungsfähigkeit und Haftfähigkeit stattgefunden, und die ärztliche Untersuchung hat ergeben, daß Fürst Eulenburg weder verhandlungsfähig noch haftfähig ist. (Zuruf im Zentrum: Natürlich!) Sein Gesundheitszustand wird dauernd kontrolliert, und selbstverständlich wird, wenn eine Aenderung zum Besseren eintritt, in eine erneute Hauptverhandlung des Prozesses eingetreten werden. Ich habe bereits vor zwei Jahren — ich glaube, im vorigen Jahr ist die Sache nicht zur Sprache gekommen — hier mitgeteilt, daß in Gegenwart der Geschworenen und sämtlicher Richter der Fürst Eulen⸗ burg in der letzten Verhandlung zusammengebrochen ist und daß gerade bei den Geschworenen es für höchst eigentümlich erachtet worden ist, daß ein so kranker Mann vor das Gericht hat gebracht werden können. Trotzdem, meine Herren, ist es damals geschehen, und es wird auch weiter verhandelt werden, sobald eine Aussicht vorhanden ist, daß der Fürst Eulenburg verhandlungsfähig ist. Wenn vorher hier gesagt worden ist, daß der Fürst Eulenburg Amtsvorsteher in Liebenberg ist, so ist das nach einer von mir soeben eingezogenen Er⸗ kundigung nicht richtig. Meine Herren, Sie sehen also, welche Mit⸗ teilungen so durch die Zeitungen gehen und wie glaubhaft derartige Mitteilungen sind. (Zuruf: Beweissicherung! Die Zeugen können sterben!) Die Tatsache, daß der eine Zeuge inzwischen verstorben ist, ist mir bisher nicht bekannt gewesen. Die Angelegenheit ist eine preußische, sie wird dem preußischen Herrn Justizminister wohl bekannt sein und es wird seitens des Herrn Justizministers bezw. der Staats⸗ anwaltschaft gewiß alles geschehen, was zur Fortführung des Prozesses nötig ist. Ich habe darauf natürlicherweise keinen Einfluß zu üben.
Meine Herren, ich verlasse den Fall des Fürsten Eulenburg und kann auf die übrigen Fälle, die der Herr Abg. Cohn hier vor⸗ getragen hat, selbstverständlich nicht eingehen. Sie sind mir sämtlich unbekannt. Sie sollten ja auch nur die Behauptung des Herrn Abg. Cohn erweisen, daß Klassenjustiz herrsche und daß in weiten Kreisen des Volkes die Meinung herrsche, daß der Richter nur das ausübende Organ der Verwaltungsbehörde sei. Der Herr Abg. Cohn hat sich zu der Behauptung verstiegen, daß der Richter oft nur blindlings ohne Prüfung das unterschreibe, was seitens der Verwaltungsorgane ihm vorgelegt werde. Meine Herren, ich kann das nur mit tiefer Entrüstung zurückweisen. Das Vertrauen in unseren Richterstand ist in unserem ganzen Volk, vielleicht abgesehen von einigen Kreisen, so hoch, daß es durch derartige Angriffe (sehr richtig! rechts — nal na! bei den Sozialdemokraten) nicht erschüttert werden kann. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Das Volk!) — Das Volk sind nicht bloß die Kreise, die Sie, meine Herren, vertreten, sondern das Volk wird auch noch durch andere Herren vertreten, auch wir gehören zum Volk. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Bestreiten wir garnicht! — Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.)
Meine Herren, darüber, daß der Herr Abg. Dr. Cohn eine aus einem vertraulichen Briefwechsel heraus gegriffene Stelle dazu benutzt hat, um gegen einen früheren Träger der preußischen Krone Ausdrücke zu gebrauchen, wie wir sie vorhin mit anhören mußten, kann ich nur mein tiefes Bedauern ausdrücken.
Ich gehe auf das über, was der Herr Abg. Belzer am Schluß seiner Rede auch in Uebereinstimmung mit dem Herrn Abg. Cohn erwähnt hat: den gerichtlichen Zwangsvergleich außerhalb des Konkurses. Hier ist dem Herrn Abg. Belzer ein chrono⸗ logischer Irrtum unterlaufen. Der Herr Abg. Belzer hat gemeint, es wäre im Jahre 1905 erst der Beschluß des Reichstags gefaßt und dann die Denkschrift vorgelegt worden. Nein, meine Herren, es ist wichtig, festzustellen, daß mein verstorbener Herr Amtsvorgänger auf Anregung des Reichstags eine Denkschrift hatte ausarbeiten lassen, und aus dieser Denkschrift ergab sich, daß die Bedenken gegen die Ein⸗ führung eines gerichtlichen Zwangsvergleichs außerhalb des Konkurses doch sehr erhebliche waren, und auf Grund der durch die Denkschrift angeregten Bedenken wurde dann die Resolution auf Einführung eines gericht lichen Zwangsvergleichs im Reichstag abgelehnt. Die Reichsjustiz⸗ verwaltung hat also bisher der Meinung sein müssen, daß der hohe Reichstag nicht gewillt sei, einer derartigen Gesetzesvorlage zu⸗ zustimmen. Gleichwohl habe ich bereits im vorigen Jahre meine Bereitwilligkeit erklärt, in eine erneute Prüfung dieser Angelegenheit einzutreten; und es wird die von den Herren Abgg. Belzer und Ge⸗ nossen beantragte Resolution Veranlassung geben, diese Prüfung noch zu vertiefen. Die Bedenken, die gegen die Einfü rung eines gericht⸗ lichen Zwangsvergleiches außerhalb des Konkurses bestehen, sind im vorigen Jahre von mir dargelegt worden; sie sind nicht gering. Die Eingabe des Herrn Generalsekretärs Jörissen und den Entwurf des Herrn Justizrats Wagner kenne ich genau; wir werden also fehen, in wie weit es möglich sein wird, den Wünschen gerecht zu werden. (Bravo!)
Der Herr Abg. Dr. Belzer ist dann auf die Frage des internationalen Weltwechselrechts eingegangen. Ich kann in dieser Beziehung nur das bestätigen, was der Herr Abgeordnete aus⸗ geführt hat. Im vorigen Jahre sind die Verhandlungen im Haag zum Abschluß gelangt; und es wird, wie ich bestimmt hoffe, den Herren das dort vereinbarte Abkommen noch in dieser Session vor⸗ gelegt werden. Es ist auch richtig, daß England und die Vereinigten Staaten von Amerika der Konvention nicht beigetreten sind; aber das Abkommen ist im übrigen bereits von 23 Staaten unterzeichnet worden.
Ebenso ist es richtig, daß, wie Herr Dr. Belzer angeführt hat, Erörterungen mit dem Vorstand des Deutschen Anwaltvereins über eine Reform der Gebührenordnung für Rechtsanwälte statt⸗ gefunden haben. Ich habe bereits im vorigen Jahre angedeutet, daß derartige Verabredungen in Aussicht ständen. Nach dem Ergebnisse der Erörterungen scheint mir die begründete Hoffnung zu