mehrung der jetzigen Stellen dringend notwendig ist. Dazu kommt daß die Tätigkeit eines Hilfsarbeiters für viele Sachen überhaupt aus⸗ geschlossen ist, und daß man diese vom höchsten Gericht überhaupt möglichst ausschließen soll. Die Hilfsarbeiter waren doch nur ein Notbehelf. Bedenken soll man aber auch, 8ü8 ein fest angestellter Reichsanwalt seine Achtung er dem Senate besser wahren kann als ein Hilfsarbeiter. Wünschenswert wäre es auch, wenn das Reichsjustizamt bei Gesetzesvorschlägen des Reichsamts des Innern seinen Einfluß geltend machen würde. Das Verhaltnis beider Reichs⸗ ämter ist so wie das des inneren Arztes zum Chirurgen. Dieses Handinhandarbeiten könnte zuerst in der Frage des Erbbaurechts ge⸗ schehen, die für die Entscheidung reif ist.
Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco:
Meine Herren! Den dankenswerten Ausführungen des Herrn Vorredners über die Notwendigkeit eines 6. Reichsanwalts möchte ich nur noch einige Worte hinzufügen. Seine Ausführungen über die Zahlen, die Notwendigkeit und die Verwendung der Reichsanwälte in den Strafsenaten, in den erstinstanzlichen Sachen, in den ehrengericht⸗ lichen Sachen, in den Disziplinarfachen kann ich nur bestätigen und habe dem nichts hinzuzufügen. Dem Herrn Abg. Dr. Junck war es nur, wie es schien, unbekannt, daß der Herr Abg Bell allerdings sich auf einiges — er meinte: statistisches — Material bezogen hatte. Aber der Herr Abg. Bell hat sich — das muß ich feststellen — nur auf das bezogen, was bereits in der Budgetkommission erörtert worden ist. Das Material, das dort gegeben worden ist, rechtfertigt jedoch in keiner Weise sachlich die Ablehnung des Reichsanwalts. Es sind in der Budgetkommission zunächst die Zahlen gegeben worden, die der Herr Abg. Junck hier auch vorgetragen hat. Dann hat der Herr Abg. Gröber gemeint, es könnte ja wohl eine verstärkte Ueber⸗ weisung von Strafkammersachen an die Schöffengerichte vorgenommen werden, und von der Auffassung ausgehend, daß das mit der Zeit vielleicht einmal möglich sein würde, habe ich dann ausgeführt, daß, wenn über⸗ haupt eine derartige Ueberweisung von Strafkammersachen an die Schöffengerichte stattfinden könnte, dann vielleicht 600, 800 oder 1000 Sachen bei dem Reichsgericht wegfallen und an das Schöffengericht kommen und damit berufungsfähig würden. Ich habe aber gleich hinzugefügt, daß die Notwendigkeit, eine neue Reichsanwaltsstelle zu schaffen, unter keinen Umständen dadurch wegfallen würde. Es ist unzweifelhaft so, daß, wenn wir im Laufe der nächsten Jahre durch einen Initiativantrag oder durch ein Spezial⸗ gesetz die Möglichkeit bekommen, mehr Sachen von den Straf⸗ kammern an die Schöffengerichte zu überweisen als jetzt, dann weniger Sachen an das Reichsgericht kommen. Inzwischen steigen indessen die Geschäfte, wie ich hier schon im Plenum ausgeführt habe, jedes Jahr um 2⸗ bis 300 Sachen, sodaß von der Entlassung eines Hilfs⸗ arbeiters voraussichtlich nicht mehr wird die Rede sein können. Wenn aber schließlich wirklich ein Hilfsarbeiter entlassen werden kann, dann bleiben immer noch zwei Hilfsarbeiter bei der Relchsanwaltschaft und es ist bereits mehrfach ausgeführt worden, daß bei der Reichsanwalt⸗ schaft, wenn möglich, nur etatsmäßige Beamte verwendet werden dürfen. Ich kann daher nur wiederholen, was ich ueulich bereits im Plenum gesagt habe: wer den Reichsanwalt ablehnt, verkennt die wahren Bedürfnisse des Reichsgerichts. (Bravo! bei den National⸗
liberalen.)
Abg. Dr. Arendt (Rp.): Selbstverständlich muß bei der raschen Entwicklung unserer Bevölkerung in Deutschland auch die Zahl der Beamten beim obersten Gericht eine wachsende sein, wenn nicht wieder die oft beklagte Verlangsamung unserer Rechtspflege eintreten soll. Deshalb kann ich mir nicht vorstellen, daß das Zentrum gerade in dieser Frage Verärgerungspolitik treiben will. Mich wundert es nicht, daß die Sozialdemokratie hier Demonstrationspolitik treibt. Der Abg. Junck wies darauf hin, daß heute der 30. Todestag Richard Wagners wäre. Er ist aber seinem Vorsatz, die Parsifalfrage nicht zu erörtern, nicht treu geblieben. Es würde der Bedeutung dieses Er⸗ innerungstages nicht entsprechen, hier auf die Einzelheiten der Parsifal⸗ fristverlängerung einzugeben. Ich habe schon bei dem Zustandekommen des Urhebergesetzes darauf hingewiesen, daß die Bayreuther Festspiele eine eigenartige Einrichtung wären, die in der ganzen Welt nicht vorhanden wäre. Seine Bemerkung, daß die Jünger der Muse etwas Ungekämmtes an sich hätten, hat der Abg. Junck wohl nicht ernst gemeint. Aber sie kann in der Künstlerschaft eine gewisse Mißstimmung erregen. Ebenso bedenklich ist seine Bemerkung, daß das angeregte Verbot des Streik⸗ postenstehens ein dilettantenhafter Versuch wäre. Richterliche Urteile in die Debatte zu ziehen, war früher nur in Ausnahmefällen im Reichs⸗ tage gebräuchlich. Gewiß gibt es auch in der Rechtepflege Schatten, aber mit einer Kritik läuft man Gefahr, nicht sowohl die Gerichte als den Reichstag bloßzunellen, denn es ist außerordentlich schwer, über Zivil⸗ oder Straffälle auf Grund von Zeitungsberichten oder von Berichten von Beteiligten zu urteilen. Dazu gehört Kenntnis der Akten, und diese haben wir hier nicht. Der Abg. Lands⸗ berg hat hier einen Fall zur Sprache gebracht, der sich in meinem Wahlkreise ereignet hat. Ich möchte darauf hinweisen, daß dort zwei Sozialdemokraten aus der benachbarten Stadt erschienen und ver⸗ langten, daß die Wahlurne geschüttelt würde. Dazu hatten sie kein Recht. Als ihrem Wunsche nicht gewillfahrt wurde, haben sie die Wahlurne an sich reißen wollen. Wäre ihnen das gelungen, so wäre unzweifelhaft die Wahl an diesem Wahlort ungültig gewesen. Es war also ein sehr gefährlicher Eingriff in die Wahl. Eine Ahndung durch das Gericht war also unbedingt notwendig. Unsere Rechtspflege erfreut sich gerade im Auslande der größten Achtung. Selbst die Sozial⸗ demokraten werden nicht geneigt sein, unsere Rechtspflege einzutauschen gegen die französische, amerikanische oder englische Rechtspflege.
Sie scheinen es zu tun, denn Sie widersprechen nicht. Der national⸗ liberale Antrag bezüglich des Vorkaufsrechts bei Zwangsversteigerungen kann zu gefährlichen Konsequenzen führen. Allerdings gebe ich zu, daß auf diesem Gebiete wirklich beklagenswerte Mißstände bestehen, noch größere vielleicht, als die beiden Begründer des Antrags vorgeführt haben. Ich denke an den Fall, daß der Hypothekengläubiger das Grundstück ohne Ausbietung seiner Hypothek erwirbt, während der Schaldner in Kon⸗ kurs gerät, und nun mit der ausgefallenen Hypothek in die Konkurs⸗ masse geht und dort einen Anteil für sich erhält, der sonst den anderen Gläubigern zugefallen wäre, während er selbst ein Wert⸗ objekt in Händen hat, das vielleicht seine Forderung im Wert über⸗ steigt, und das er später mit Gewinn verkauft, sodaß er tatsächlich auf Kosten der anderen Gläubiger einen unrechtmäßigen Gewinn erhält. Wenn auf diesem Gebiete eine Abhilfe geschaffen werden könnte, so wäre das freudig zu begrüßen; aber den Vorschlag der Abg. Junck und Schiffer kann ich nicht für richtig halten. Ich kann mir nicht vorstellen, in welcher Form das Reich dieses Vorkaufsrecht ausüben soll. Im Reiche gibt es keine Stelle, die den Wert eines Grundstücks beurteilen könnte. Es ist keine Kleinigkeit, dies zu tun, und was soll das Reich mit solchen Grundstücken tun? Dazu kommt die etatsrechtliche Seite. Ebenso steht es mit dem Einzelstaat und dem Kommunalverband; aber auch für die Gemeinde würden sich sehr schwierige Verhältnisse ergeben. Wie soll die Gemeinde Sö erwerben, die sie nicht brauchen kann, und wie soll es bei ihr etatsrechtlich gehalten werden? Und wie will man die unbedingte Voraussetzung, daß es sich nur um ein kurzfristiges Vorkaufsr cht handeln kann, praktisch gestalten? Noch schwerer wiegt der Umstand, daß der Antrag die heutige Kreditnot des Grundbesitzes noch weiter verschärfen wird. Der Zwangskäufer würde noch weiter in seiner Pes a sis beschwert fühlen; es würde sich jeder no mehr als bisher hüten, zweite oder dritte Hypotheken zu übernehmen. Da⸗
8 Cb1I1“1““ꝝ 1““ “ 8 gegen glaube ich, daß der von dem Abgeordneten Warmuth und mir eingebrachte Antrag Abhilfe schaffen wird. Wir wollen eine Aende⸗ rung der gesetzlichen Vorschriften dahin, daß die Verfügung über die Mieten und Pachten dem Hypothekengläubiger gegenüber nur wirksam sein soll, soweit sie sich auf den Miets⸗ oder Pachtzins für das laufende Kalendervierteljahr bezieht. Nur dadurch wird es möglich sein, den Schiebungen ein Ende zu machen, die sich auf diesem Gepiete Tag für Tag vollziehen. Die Berliner Aeltesten der Kaufmannschaft S in gleichem Sinne eine sehr gut begründete Eingabe an den
eichstag gerichtet. Alle betetligten Kreise stimmen in diesem Punkte durchaus 8 Ich empfehle Ihnen die Annahme des Antrages, dessen wesentlicher Wert in der Aufforderung an den Staatssekretär liegt, diese kleine Novelle, zu der ja die Vorarbeiten schon gemacht sind, so rasch wie möglich uns vorzulegen. 1
Abg. Birkenmayer (Zentr.): Der Abg. Haegy hat sich auf eine Statistik berufen, um uns anderen Süddeutschen nachzusagen, es wären gewisse sehr anfechtbare Pfändungspraktiken aus Süddeutschland in das Elsaß zum Nachteil der dortigen Bevölkerung hinübergetragen worden. Ich muß gegen diesen Vorwurf und gegen eine solche Art der Benutzung Einspruch erheben. Ebenso verhält es sich mit den anderen von ihm erhobenen Vorwürfen, insbesondere betreffs der Kriminalität und der unehelichen Kinder. (Der Redner geht auf diese unter Vergleichung der bezüglichen Verhältnisse zwischen Baden und dem Elsaß näher ein und wird dabei wiederholt von großer Heiterkeit auf der Rechten und im Zentum unterbrochen, bleibt aber auf der Tribüne fast durchweg unverständlich.) Wenn Elsaß⸗Lothringen Baden nicht beneidet, so beneiden wir auch Elsaß⸗Lothringen nicht und beneiden auch andere Länder nicht. Beneiden Sie uns nicht um unsere Kriminalstatistik, und wir beneiden Sie nicht um Ihren Herrn Wetterlé.
Damit schließt die Debatte. Persönlich bemerkt der “
Abg. Dr. Haegy (Els.): Der Abg. Birkenmayer hat sich eine Viertelstunde lang auf meine Kosten amüsiert. Ich habe Baden nicht im geringsten herabsetzen wollen. Wenn ich mein eigenes Vaterland Baden ganz vorübergehend, höchstens eine halbe Minute, heranzog, so habe ich es gewiß nicht beleidigen wollen und ziehe alle meine Aeuße⸗ rungen, die so aufgefaßt werden könnten, zurück.
Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt.
Für die Resolution Bassermann⸗Schiffer wegen des Vor⸗ kaufsrechts stimmen die Sozialdemokraten, die Nationalliberalen und der größere Teil der fortschrittlichen Volkspartei sowie die wirtschaftliche Vereinigung. Die Abstimmung bleibt zweifel⸗ haft, es muß ausgezählt werden. Das Ergebnis ist die Ab⸗ lehnung mit 134 gegen 125 Stimmen.
Die Resolution Belzer wegen des Zwangsvergleichs außer⸗ halb des Konkurses wird angenommen.
Die Resolution Arendt⸗Warmuth auf schleunigste Aende⸗ des § 1124 B. G.⸗B. und des § 57 des Zwangs⸗
rung und Sozial⸗
versteigerungsgesetzes wird abgelehnt; Zentrum demokraten stimmen dagegen.
Die Resolution Bassermann⸗Schiffer auf Vorlegung eines Gesetzentwurfs, wonach alle von Behörden ergehenden Ent⸗ scheidungen, Bescheide, Beschlüsse, Anordnungen, Verbote und anderweite Verfügungen, deren Anfechtung an die Innehaltung einer Frist gebunden ist, am Schluß der Eröffnung enthalten müssen, innerhalb welcher Frist, in welcher Form und bei welcher Stelle die Anfechtung anzubringen ist, gelangt zur Annahme.
Die übrigen Ausgaben für das Reichsjustizamt werden ohne Debatte bewilligt.
Bei den Ausgaben für das Reichsgericht ist die Stelle eines sechsten Reichsanwalts neu ausgeworfen. Die Kommission, Referent Abg. Liesching, hat die Stelle bewilligt. Es liegt der Antrag Albrecht (Soz.) auf Streichung vor. Für den sechsten Reichsanwalt stimmen die fortschrittliche Volkspartei, die Nationalliberalen und die gesamte Rechte; bei der Gegenprobe erheben sich Sozial⸗ demokraten, Zentrum und Polen. Es erfolgt wiederum Aus⸗ zählung. Die Forderung wird mit 143 gegen 116 Stimmen abgelehnt. Der Rest des Justizetats wird ohne Debatte erledigt.
Das Haus geht über zur Spezialberatung des Etats für die Reichspost⸗- und Telegraphenverwaltung. Die Diskussion beginnt mit dem ersten Titel der fortdauernden Ausgaben der Zentralverwaltung „Staatssekretär 44 000 ℳ.“ Hierzu ist eingebracht die Resolution Windeck (Lothringer)⸗ Hubrich (fortschr. Volksp.):
„den Reichskanzler erneut zu ersuchen, die Gleichstellung der in Elsaß⸗Lothringen beschäftigten Post⸗ und Telegraphenbeamten mit den Beamten der Betriebsverwaltung der Reichseisenbahnen in bezug auf die Gewährung nichtpensionsfähiger Zuschüsse herbei⸗ zuführen.“
Abg. Ebert (Soz.): Bei den Einnahmen erwartet man dies⸗ mal eine Steigerung um rund 51 Millionen oder 6,4 %, bei den Aus⸗ gaben dagegen um 32 Millionen oder 4,7 %. Früher war das anders, 1906 hatte man noch eine Steigerung der Ausgaben von 7,4 % und 1907 sogar 9 %. Dann setzte mit Hochdruck die sattsam bekannte Sparpolitik ein, und die Ausgaben sind im Verhältnis zu den Ein⸗ nahmen mehr und mehr zurückgedrängt worden. Trotz der Be⸗ soldungsaufbesserung von 1909 und der Beihilfen, die in den Vor⸗ jahren geleistet werden mußten, hat seit 1909 der Ueber⸗ schuß um 52 %, die Einnahme dagegen nur um 49 % zugenommen. In diesem Jahre sollen 140 Millionen Mark dem Reichssäckel zufließen. So günstig auch der finanzielle Abschluß des Postetats erscheinen mag, zu Lobeshymnen auf die Verwaltung liegt kein Anlaß vor. Im Gegenteil, der Ueberschuß wird zum großen Teil unter Mißachtung der Beschlüsse des Reichstags und in schroffstem Gegen⸗ satze zu einer vernünftigen Sozialpolitik geradezu auf Kosten des Personals und ganz besonders des Unterpersonals herausgewirtschaftet. Wenn einmal behauptet worden ist, man müßte dem Staatssekretär des Reichspostamts in seinem Widerstande gegenüber dem Reichssiskus das Rückgrat stärken, so ist das meiner Meinung nach ein untauglicher Versuch am untauglichen Objekt; denn die Kommissionsverhandlungen haben von neuem wieder gezeigt, daß die Staatssekretäre Kraetke und Kühn ein Herz und eine Seele sind. Auch in der Förderung der Verkehrsfragen hat die Postverwaltung versagt, so konnte man bisher noch keine Klar⸗ heit bekommen, wie sich unsere Regierung auf dem nächsten Welt⸗ postkongreß verhalten wird. Gerade Deutschlands Stellung ist hier ausschlaggebend. Aber auch unsere Verkehrswünsche für das Inland bleiben ohne genügende Berücksichtigung. Man braucht bloß zu sehen, wie die Verwaltung die Wünsche des Vorjahres gewürdigt hat. Wir stehen da vor einem Nichtz. Kürzlich ist mitgeteilt worden, daß dem alten Verlangen, wonach Postpakete bis zu 5 Kildo im Verkehr zwischen Soldaten und ihren Angehörigen portofrei sein sollen, tiefgründige Erwägung zuteil geworden sein soll. Besonders der Einwand des Staatssekretärs soll großes Kopfzerbrechen gemacht haben, daß dann vielleicht in Zukunft die Braut eines Soldaten ihren Hut zum Aufbessern portofrei in die Stadt senden könne. Charakteristisch ist auch das Verhalten im Postscheckentwurf. Hier hat man allerdings die Zuschlaggebühr für die Zahlungen ab⸗ geschafft, dagegen die Einzahlungsgebühren verdoppelt und dem Ein⸗ zahler aufgehalst. Das wurde in der Kommission als der schlimmste Schlag gegen den bargeldlosen Verkehr bez ichnet. Aber die Postver⸗ waltung will lieber den ganzen Entwurf scheitern lassen, als daß sie vielleicht eine kleine Einbuße erleiden könnte. Zu Beschwerden gibt
auch das Verhalten der Postverwaltung gegenüber den Geschäfts⸗
8 “ n. F 3 * 11e papieren der Gewerkschaften und Krankenkassen Anlaß.
Während
man den Versicherungsgesellschaften es ohne weiteres gestattet, die
Dienstpapiere zwischen Zentrale und Agenturen als Geschäftspapiere
zu versenden, legt man den Gewerkschaften Schwierigkeiten in den
Weg. So ist auch eine Beschwerde des Malerverbandes in dieser
Angelegenheit vom Reichspostamte abgelehnt worden. Auch in der
Kommission fand diese Frage keine genügende Klärung. Den
heftigsten Widerspruch fordert jedoch die Personalpolitik heraus. Die
Denkschrift hat auf allen Seiten des Hauses Widerspruch gefunden.
Trotzdem bleibt die Postverwaltung entgegen dem Wortlaut der
Kaiserlichen Botschaft bei ihrem Grundsatz der Plusmacherei. Auch
die Resolutionen zwecks Aufbesserung der Beamtengehälter sind
unbeachtet geblieben. Die Zahl der etatsmäßigen Stellen ist
ganz besonders bei den Unterbeamten zu gering. Auch ist kein
einziger der Wünsche der gehobenen Unterbeamten erfüllt worden.
Unter den neuen Stellen für Unterbeamte sind 4000 Schaffnerstellen.
Auf meine Frage, ob diese Zahl für eine Besserung der Anstellungs⸗
verhältnisse genüge, habe ich keine Antwort erhalten; ich wiederhole die Frage. Das traurigste Kapitel in der Personalpolitik der Reichs⸗
postverwaltung bilden die nicht etatsmäßig angestellten Unterbeamten
die Postboten. Der Normaltagegeldsatz für sie beträgt im Durch⸗ schnitt des Reichs 2,50 ℳ. Die erste Zulage erfolgt erst nach 3 Jahren und beträgt gerade 10 ₰ und steigert sich nach 8 Jahren auf durchschnittlich 3,30 ℳ. Der höchste Satz ist überhaupt 3,80 ℳ
Das sind wirklich Hungerlöhne; jede anständige Stadt bezahlt ihre Straßenfeger besser. Ganz besonders schlimm liegen die Verhältnisse, wenn der Postbote verheiratet ist. Wir ersehen aus der uns vor⸗ gelegten Statistik über die Familienverhältnisse der Beamten, daß schon von den Postboten zwischen 20 und 25 Jahren 11 % einern
eigenen Haushalt haben; von den 34 000 Postboten sind 56.4 %
verheiratet. Mit diesen Löhnen haben also mehr als die Hälfte der Postboten eine Familie zu ernähren. Ginge es nach dem Willen der Verwaltung, dann würde sie die Postboten zum Zolibat zwingen. Schon heute läuft der Unterbeamte Gefahr, nicht 8
mäßig angestellt zu werden, wenn er durch die Ve
in Schulden gerät. Daß in agrarischen Bezirken die jungen Leute der miserablen Behandlung und Bezahlung Junker den Postbotendienst vorziehen, kann ich begreifen. Damit ist aber nicht dargetan, daß die Post in den großen Judustrie⸗ zentren namentlich des Westens nach denselben Rezepten verfahren darf wie auf dem Lande. Tatsächlich hat sich denn auch dort ein Mangel an Anwärtern herausgestellt, sodaß man den Erholungs⸗ urlaub beschneiden und die Dienstzeit verlängern mußte. Auch in Berlin klagt man über Mangel an Personal und über die daraus resultierende Ueberlastung. Ein Berliner Postamtsaushelfer ist zu 6 Monaten Gefängnis wegen im Amte begangener Unterschlagung von 6 ℳ verurteilt worden; es handelte sich um einen jungen Mann, der in Lichtenberg eingestellt worden war, und dem die Arbeit alsbald über den Kopf wuchs, sodaß die Klagen über schlechte Briefbestellung sich mehrten und schließlich bei einer Haussuchung 250 nicht bestellte Briefe vorgefunden wurden. Unser Antrag, die Sätze um 10 % zu erhöhen, ist von der Kommission angenommen worden; hoffentlich wird das Plenum diesem Beispiel folgen. Die Postunterbeamten erhalten jetzt 1100 bis 1700 ℳ, nach der Resolution von 1909 sollten sie 1200 bis 1800 ℳ erhalten. In⸗ zwischen hat eine weitere ungeheure Preissteigerung aller Lebens⸗ mittel und Bedarfsgegenstände stattgefunden. Nur um eine ein⸗ mütige Entscheidung des Reichstags herbeizuführen, stehen wir von Anträgen auf weitere Erhöhungen ab. Auch bei diesen Beamten
herrscht eine wahre Notlage, wie die Haushaltsrechnungen einzelner läßt sich
unwiderleglich ergeben. Von 123 ℳ Monatseinkommen für eine fünfköpfige Familie auch der allernotwendigste Unterhalt, auch ein Unterhalt ohne jede Fleischnahrung, nicht decken. Auch die Regelung des Wohnungsgeldzuschusses für die Unterbeamten schlägt allen sozialen Forderungen ins Gesicht. Dabei sind die Miets⸗ ausgaben bei kleinen Einkommen verhältnismäßig am größten. Die Kommission schlägt eine Resolution vor auf Gewährung von Kinder⸗ zulagen. Dies könnte am besten in Verbindung mit dem Wohnungs⸗ geldzuschuß geschehen. Die Deklassierung einer großen Zahl von
Orten bei der Klasseneinteilung hat am meisten die Unterbeamten
getroffen, namentlich in Elberfeld⸗Barmen. Gewiß gibt es Tausende von Arbeitern, denen es noch schlechter geht als den Pestunterbeamten, aber das entschuldigt die Regierung nicht. Der Landwrrtschaftsminister in Preußen hat kalten Blutes gesagt, daß das Publikum sich eben daran gewöhnen müsse, auch für Lebensmittel mehr auszugeben als bisher. Eine Regierung, die eine solche Politik treibt, müßte sich daran gewöhnen, ihre Arbeiter so zu bezahlen, daß sie sich mit ihren Familien anständig durchs Leben schlagen können. Der Verbandstag der unteren Post⸗ und Telegraphenbeamten hat im vorigen September eine Erhöhung ihrer Bezüge gefordert. Dies Verlangen ist durchaus begründet. Die Postboten und Unterbeamten verdienen an erster Stelle Zulagen. Etatsrechtlich läßt sich gegen solche Zulagen nichts eimwenden. Sollte das Plenum die von der Kommission vorgeschlagenen Stellenzulagen ablehnen, so würden die Beamten mit ihren Forderungen auf den Sankt Nimmerleinstag vertröstet. Es handelt sich nicht um neue Forderungen, sondern um die Erfüllung alter Zusagen nach der Richtung, daß Härten in der Besoldungsordnung später gemildert werden sollten. Man hat eingewendet, daß eine Aenderung der Be⸗ soldungsordnung mit Rücksicht auf die Bundesstaaten nicht angängig sei. Preußen ist seinerzeit selbständig vorgegangen. Außerdem haben andere Bundesstaaten die Unterbeamten besser gestellt als Preußen und das Reich. Für die jetzige Notlage der Unterbeamten tragen alle bürgerlichen Parteien mit der Regierung die Verantwortung. Sie haben für eine Besserstellung der Beamten zu sorgen. Der Reichsschatzsekretär hat in der Kommission gesagt, die Regierung wolle „erwägen“, ob, wann und wie eine Besserstellung durchgeführt werden kann und wie weit es die Finanzen des Reiches ertragen. Selten ist wohl eine nichts⸗ sagendere Erklärung abgegeben worden als diese: sie hat niemand befriedigt, und ich hoffe, auch der Reichstag wird sich damit nicht abspeisen lassen Wie ablehnend die Regierung den Forderungen der Unterbeamten gegenübersteht, zeigt die Behandlung der Teuerungs⸗ versammlung der Unterbeamten und die Preßäußerungen der kon⸗ servativen Partei über diese Versammlung, die als eine ungehörige Demonstration bezeichnet wurde. Die Reichsregierung hat die Eingabe des Verbands der Unterbeamten auf Gewahrung von Teuerungszulagen dadurch beantwortet, daß sie eine hochnot⸗ veinliche Untersuchung über die Urheber der Eingabe einleitete. Im übrigen wurde die Eingahe überhaupt nicht beantwortet. Das tut dieselbe Regierung, die bei den Wahlen verlangt, daß die Beamten für sie stimmen. Die Nichtbeantwortung ist bezeichnend für, die Anschauung einer hochnäsigen Regierungsbureaukratie. (Präsident Dr. Kaempf: Dieser Ausdruck ist nicht parlamentarisch!) Wenn die Mittel fehlen, warum setzt die Regierung dann nicht die Besitzsteuer durch? Dafür hat sie aber die Ostmarkenzulage in den Etat eingestellt. Wir werden auch diesmal für die Ablehnung stimmen, da die Zulage einen politischen Charakter trägt. Gewiß liegt in der Ablehnung eine gewisse Härte, es liegt aber eine Resolution vor auf Besserstellung der mittleren und unteren Beamten; sollte das Aequivalent nicht genügen, so braucht der Staatssekretär nur mehr zu fordern, der Reichstag wird Mehrforderungen gern bewilligen. Für die Errichtung einer Pensionskasse für Telegraphenarbeiter ist uns eine Denkschrift in Aussicht gestellt. Hoffentlich bedeutet das nicht eine motivierte Ablehnung. Vor allem verlangen wir die Sicherstellung des Koalitionsrechts der Post⸗ und Telegraphenbeamten und -arbeiter, welche die Regierung zu erdrosseln sucht. Das Ver⸗ langen nach Beamtenausschüssen wird abgelehnt usw. Die Beamten werden zu Heloten herabgewürdigt. Das ist Terrorismus. Nirgends steht die Menschenwürde der Beamten und Arbeiter mehr in Gefahr als in der Postverwaltung. Sie sind die Staatsbürger zweiter Klasse. Alle diese Akte sind nichts weiter als rechtswidrige Willkürakte. (Präsident Dr. Kaempf: Dieser Vorwurf gegen die Regierung ist parlamentarisch unzulässig, ich rufe Sie zur Ordnung!) Mit einer solchen Politik schädigt man die Soztaldemokratie nicht, die Regierung ist die beste Propagandistin 8 uns, sie ist ein Teil von
afft. — b
jener Kraft, die Böses will und Gutes schaff
durch die
* 8
Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn: “ Meine Herren! Auf die zahlreichen Vorwürfe, Wünsche und An⸗ egungen, die der Herr Vorredner in bezug auf die Postverwaltung vorgebracht hat, einzugehen, ist nicht meine Aufgabe. Der Herr Vor⸗ tedner hat aber auch einige Fragen gestreift, welche das Etatsrecht und die Beamtengesetzgebung betreffen, und in dieser Be⸗ iehung kann ich eine Erwiderung nicht unterlassen. Er hat gemeint, daß die Zulagen, wie sie von der Kommission besclossen seien, ohne weiteres durch den Etat eingeführt werden köniten. Ich stehe in dieser Hinsicht nicht auf seinem Standpunkt. Es hoidelt sich hier nicht um Zulagen in dem üblichen Sinn des Wanz, sondern um eine Gehaltsaufbesserung sehr umfassender Art, vjh würde eine solche Maßnahme nur im Wege einer Aenderung Besoldungsgesetzes getroffen werden können. Das erscheint zu⸗ üist rein formaler Natur, ist aber für die Sache doch auch von gier Bedeutung. Allgemein habe ich gegenüber den Beschlüssen, die die zudgetkommission in der Sitzung vom 24. Januar 1913 zi der Beratung des Postetats gefaßt hat, in staatsrecht⸗ iiher Beztehung zu bemerken, daß die verbündeten Re⸗ jirungen bisher stets an dem Grundsatz festgehalten haben, daß der Reichsjag nicht einseitig neue Positionen in den Ftat einstellen oder Etatspositionen erhöhen kann. Es ist darüber in dieseem Haus schon oft gesprochen worden. Ich möchte insbesondere auf die Verhandlung in der Reichstagssitzung vom 14. Februar 1902 terweisen, in der der damalige Herr Staatssekretär des Reichsschatz⸗ umts die Stellung der Regierung des näheren dargelegt hat. Der Reichstag hat bisher stets diesem Grundsatz dadurch Rechnung sttragen, daß er derartige Anregungen im Wege der Resolution ein⸗ gbracht hat, so daß auf dieser Grundlage dann zwischen der zweiten Ind dritten Lesung eine Einigung zwischen dem Reichstag und den erbündeten Regierungen erfolgen konnte. Diese staatsrechtliche Seite der Sache muß hier entschieden betont werden; von einer weiteren Erörterung glaube ich für den Augenblick absehen zu können. och habe den Herren bereits in der Kommission die Mitteilung gemacht, daß innerhalb der Ressorts in eine sachliche Prüfung der bier in Rede stehenden Fragen eingetreten ist. Auf diese Mitteilung ich mich hier lediglich beziehen. Näheres läßt sich auch heute nicht sagen; es muß dies vorbehalten bleiben, bis die verbündeten erungen dazu Stellung genommen haben, was bis heute nicht
der Fall ist. Abg. Dr. Hegenscheidt (Rp.): Die Schwierigkeiten, mit mwir hier zu kämpfen haben, ind tatsächlicher Natur. Sie darin, daß der höhere und mittlere Postbeamtenstand überfüllt ind daß darunter die Besoldungsverhältnisse leiden. Es ist des⸗ notwendig, Maßnahmen durchzuführen, die eine Besserung in den Beförderungsverhältnissen herbeiführen. Das kann nur ge⸗ sceben, daß oben der Zufluß gesperrt und nach unten ein besserer [Lbfluß geschaffen wird. Man muß die höhere Beamtenkarriere über⸗ haupt sperren und die mittlere nach Möglichkeit einengen. Dadurch werden die jetzigen Beamten nicht geschädigt. Dieser Weg ist schon enthalten in der Resolution der Budgetkommission. Diese will den Beamten der Assistentenklasse bessere Aufrückungsmöglich⸗ gestatten. Diesen Weg will auch ich empfehlen. Er tdie Personalreform, die wir verlangen können, und von der
vorschlägt, zur Tagesordnung überzugehen, sondern sie der Regierung
zur Berucksichtigung zu überweisen.
Abg. Dr. Werner⸗Gießen (wirtsch. Vgg.): der Postbeamten zur Sozialdemokratie steht fest; die Beamten sind auch durch ihten Eid gebunden. Die erheblichen Post⸗ überschüsse müssen auf die bestehende Wirtschaftspolitik mit zurück⸗ geführt werden. Die Postbeamten haben also ein großes Interesse an dem Festhalten an dieser Wirtschaftspolitik. Die Feller, die früher in bezug auf die höhere Beamtenkarriere gemacht worden sind, müßten ausgeglichen werden, um die überschüssigen Kräfte in den unteren Stellen zweckmäßig unterzubringen. Ferner müßten mehr Postämter zweiter Klasse geschaffen werden, um den Sekretären und Obersekretären eine größere Anstellungsmäöglichkeit zu geben. Das Fallen der Ostmarkenzulage bedauern auch
wir Aus nationalen und sozialen Gründen. Damit werden 6000 Beamten Bezüge entzogen, auf die sie sich eingerichtet haben, und die in ihrem Haushalt eine große Rolle spielen. Im vorigen Jahre wurde die Zulage bis zum 1. Januar denen gelassen, die sie schon hatten. Es ist eine neue grausame Härte, die Zulage ganz zu streichen. Die vermehrte Einstellung von Frauen in den Postdienst ist höchst bedauerlich. Es ist ein weiteres Zeichen auch des Fiskalis⸗ Ps „Deutschland ist nun einmal ein Militärstaat. Die neue Milttärvorlage wird eine größere Zahl von Unteroffizier⸗ stellen schaffen, und den Unteroffizteren muß die Möglichke t offen stehen, in mittlere Postbeamtenstellen einzurücken. Es gibt Micht genug Beförderungsstellen für die Assistenten. Das Verlangen nach der Zulassung der Wiederholung der Post⸗ und Telegraphensekretärprüfung ise durchaus begründet. Der Redner verwendet sich dann u. a. für die Postverwalter, Telegraphen⸗ mechaniker, Postagenten und für eine Besserstellung der Landbrief⸗ träger und Postboten, befürwortet eine Vereinheitlichung der Post⸗ dienststunden auf dem Lande und beschwert sich schließlich darüber, daß am 2. September auf einem Dampfer des von der Postverwaltung unter⸗ stützten Norddeutschen Lloyd das Spielen der Nationalhymne von demselben Kapitän den Deutschen verweigert wurde, der das Spielen der amerikanischen Nationalhymne aus Anlaß der amerikanischen Unabhängigkeitsfeier den Amerikanern gestattet hatte.
Darauf wird um 7 Uhr die weitere Beratung auf
— .
Freitag 1 Uhr vertagt.
Die Stellung
8
Preußischer Landtag.
9
Haus der Abgeordneten. 31. Sitzung vom 13. Februar 1913, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphischem Bureau“.)
8 Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen” d. Bl. berichtet “ oEö Das Haus setzt zunächst die zweite Beratung des Etats der Bauverwaltung, und zwar die Besprechung der ein⸗ maligen und außerordentlichen Ausgaben fort. Für die Erneuerung von Schleusentoren am Main werden 76 400 ℳ, für die Erneuerung von Böschungs⸗ befestigungen an den Schleusen in Frankfurt und Flörs⸗ heim a. Main 118 000 ℳ, für die Fortführung der Main⸗ kanalisierung oberhalb von Offenbach als erste Rate 1 00 000 ℳ (Gesamtkosten 5 107 000 ℳ) verlangt. Die Budgetkommission hat die Forderungen genehmigt und beantragt außerdem, die Regierung zu ersuchen, in den nächsten Etat Mittel für den Neubau der Kostheimer Schleuse einzustellen. Nach dem Abg. von Pappenheim (kons.) erhält das Wort
Besserung zu erwarten ist. Dadurch werden neue Beförderungs⸗ len für die mittleren Beamten geschaffen. Diese Möglichkeit ist ch dadurch geschaffen, worauf schon Freiherr von Gamp hingewiesen daß die Postämter dritter Klasse mit gehobenen mittleren seamten b setzt werden. Dieses System der gehohenen mittleren Ramten muß auch auf die Afsistenten ausgedehnt werden. Aller⸗ ungs darf da nicht allein das Dienstalter entscheiden, sondern auch d Lüchtigkeit muß in Betracht gezogen werden. Ebenso kann man se Stellen für gehobene Unterbeamten vermehren. Dies gilt ganz wonders im Telegraphen⸗ und Telephondienst für die den Unter⸗ sistenten vorbehaltenen Stellen. In großen Städten werden n. jetzt schon häufig Funktionen von Postschafnern aus⸗ flbt, die in kleineren Städten der Assistent verrichtet. L spricht doch für unsere Ansicht. Deshalb soll man 9 Wünschen der Budgetkommission entgegenkommen. Eine Ueerfüllung im Postbeamtenstande im eigentlichen Sinne gibt icht. Kein Beamter ist überflüssig, alle haben vollauf zu tun. wenn jedoch in irgendeiner Kategorie eine Ueberfüllung vorhanden dann muß ein Organisationsfehler vorliegen. Das alte Stephansche eGtiongstsäeri äußert noch heute seine Nachwirkung. Ich erinnere, 1 ürch eine große Anzahl von Anwärtern für die höhere dinbeaamtenlaufbahn geschaffen worden ist, die dann in. den n gen Beamtenstellen hängen blieben. Dies wirkte nach unten at. die Beförderung natürlich hemmend. Diesen Uebel⸗ ind hoffte die Reichsregierung durch die Reform von 1900 f6 bben. 8 Aber die daran geknüpften Erwartungen haben ag auf Umfange erfüllt. Die Regierung hat den Grund⸗ g ngeste t, der auch in der Denkschrift zum Ausdruck kommt, daß eit van einem höb. ren Beamten zu verrichten ist, die ein g zusführen kann. Das ist ein guter wirtschaftlicher Grundsatz, maen. Beamten und ihren Interessen nützt, indem er ihnen einen essenen Wirkungskreis verschafft, für den sie nach ihrer Vor⸗ ggeeignet sind. Deshalb ist es nicht zu verstehen, daß man dle ¹ Beamtenlaufbahn wieder geöffnet hat. Es ist die Frage auf⸗ 6 — zweckmäßig war, für die höheren Beamten eine be⸗ an. Marriere einzurichten. Ich will nichts gegen die Fachausbildung Uatzild ich zweifle nicht, daß eine gründliche wissenschaftliche b dung, der dann die Fachausbildung folgt, besser ist. bolten nur diejenigen Stellen mit oberen Beamten besetzt werden, nbedingt mit solchen besetzt werden müssen. So würde der Weg ner vernünftigen Personalreform geschaffen, der Weg von unten seshen geebnet. Der Reichstag darf das Vertrauen haben, daß zmeerung ihm in diesem Bestreben behilflich ist. Diesem Ge⸗ Skelendersyricht das Verlangen, nicht eine Menge neuer höherer nitlen un schaffen, weil ein „großer Teil dieser Stellen später den anke Beamten zufallen würde. Davon, würden auch die Unter⸗ ecofin irekt einen Vorteil haben. Die Reform würde ja erheb⸗ Feeanifen verursachen, aber auf der anderen Seite könnten sie durch 8 nich wieder eingebracht werden Diese Ersparnisse dürfen in. durch. eine Streichung der Ostmarkenzulage gemacht dsonden r würden dies aufs tiefste beklagen, nicht aus politi⸗ aas ewern aus menschlichen Gründen. Die Postbeamten würden ens eine unbillige Härte empfinden. Der Resolution der Kommission amen 8 Stellenzulagen und der Aenderung des Besoldungsgesetzes 8 gensekrani zu, ebenso der Resolution wegen Zulassung der Tele⸗ aö drketärprüfung und wegen der Kinderzulagen. Die bürger ie P 3 88 n des Hauses sind gewillt, für die begründeten Ansprüche südng mieemten einzutreten, weil sie überzeugt sind, daß eine Ein⸗ Uien “ die Postverwaltung sich nur bis zur höchsten Blüte ent⸗ aigt. Cn wenn die Verwaltung billigen Ansprüchen der Beamten atsrechtlich können wir nur die Bitte aussprechen, daß
s0 solge übn weitergehenden Beschlüssen auf Erhöhung der Etatsansätze
Kibri 88 Windeck (Lothr.): Ich möchte die Petition der in Elsaß⸗
en Post⸗ und Telegraphenbeamten um er gleichen nicht pensionsfähigen Zuschüsse, wie
ugen beschöftt
4 6 erihrung schäftigten en Ne J 5.5: . 4 Ih nüchte Eichseisenbahnbeamten zusteht, dringend befürworten.
Abg. Dr. Flesch (fortschr. Volksp.): In bezug auf die Notwendig⸗ keit eines Reichsgesetzes über die Flußreinigung bin ich mit dem Vor⸗ redner vollständig einverstanden. In der Budgetkommission hat der Unterstaatssekretär erklärt, daß diese Frage zum Ressort des Handels⸗ ministers gehöre, daß aber die Verunreinigung des Mains nicht nur in Bayern und Hessen geschehe, sondern auch Preußen daran, und zwar vielleicht noch mehr, beteiligt sei. Diese Bemerkung erscheint mir nicht zutreffend, denn sie widerspricht dem, was bisher von allen Seiten, auch von der preußischen Regierung angenommen wurde. Bisher wurde angenommen, daß die Verunreinigung auf preußischer Seite relativ unerheblich sei und jedenfalls nicht so schädlich sei, wie das, was in Bavyern geschehe, nament⸗ lich durch den großen Fischereibetrieb. Die Bemerkung des Unterstaatssekretärs kann sedenfalls die Erledigung der Sache nicht erleichtern. Die Regierung meint, wir müßten dem Wunsche Bayerns entgegenkommen und die Mainkanalisierung sogleich fortsetzen. Mir ist fraglich, ob wir, wenn wir jetzt die Mainkanalisierung durchführen, Schiffahrtsabgaben erheben können; sie können nach dem Gesetz nur mit Zustimmung der Strombaubeträte erhoben werden. Diese würden sich aber nicht damit einverstanden erklären, solange nicht ein vollständiger Neubau der Schleusen erfolgt ist. Im Gesetz steht, daß die Schiffahrtsabgaben erst erhoben werden können, wenn die Kanali⸗ sierung des Mains von Aschaffenburg bis zum Rhein fertiggestellt sef. Die Schleuse bei Kostheim, die jetzt repariert werden soll, reicht aber nicht aus, um den nötigen Tiefgang für die Schiffahrt herstellen zu können, sie müßte dazu vollkommen neu gebaut werden. Wir verlangen, daß die Schiffahrt vollkommen möglich ist, und das ist sie bei dem gegenwärtigen Zustand der Schleuse nicht. In der Budgetkommission ist der Antrag auf einen sofortigen Neubau der Schleuse einstimmig angenommen worden; das Wort „möglichst“ ist nur auf Wunsch des Finanzministers in den Antrag eingefügt worden. Wir haben in Frankfurt 50 bis 70 Millionen für einen großen Hafen im Osten der Stadt aufgebracht in der Hoffnung, daß die Regierung das ihrige tun wird, daß bei der Kanalisierung des Mains der Hafen auch wirklich benutzt werden kann, aber auch das ist nicht möglich, solange nicht die Schleuse neu gebaut ist. Auch andere Schleusenreparaturen hätten nach Ansicht der Frankfurter Handels⸗ kammer mindestens im vorigen Jahre gemacht werden können. Ich möchte dringend bitten, Schleusenreparaturen so vorzunehmen, daß sie nicht in jedem Jahre gemacht werden müssen. Ich stelle keinen weiteren Antrag; wenn der Finanzminister seinen Widerstand aufgibt, so genügt der von der Kommission einstimmig angenommene Antrag.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach: Meine Herren! Wenn man den Ausführungen des Herrn Abg. Flesch folgte, könnte man annehmen, daß der Zustand der Kostheimer Schleuse eine geradezu verderbliche Einwirkung auf den Verkehr aus⸗ geübt hätte. Ich darf aber doch feststellen, daß das Jahr 1911, ein Jahr der größten Wasserklemme, dem Main und auch Frankfurt den größten Verkehr zugeführt hat, der jemals auf dem Main gefahren worden ist. Ich erkenne aber ohne weiteres an, meine Herren — das hat sich ja auch aus den Verhandlungen in der Kommission ergeben, und ist nicht allein die Auffassung des Ressorts der öffentlichen Ar⸗ beiten, sondern auch des Herrn Finanzministers —, daß der Zustand der Kostheimer Schleuse dringend der Besserung bedarf. Aus den Verhandlungen der Kommission hat sich weiter ergeben, daß die Ver⸗ besserung des Zustandes nicht in unabsehbaren Zeiten, sondern tun⸗ lichst bald erfolgen wird.
Wenn sich der Herr Finanzminister nicht darauf festlegen lassen wollte, daß diese Arbeiten unter allen Umständen schon im nächsten Jahre erfolgten, so scheint mir dieser Vorbehalt doch innerhalb des guten Rechts des Herrn Finanzministers zu liegen; des Rechts, sich
die ein folgender Etat zu bringen hat. Aber ich meine, der Herr Abg.
Flesch und alle diejenigen, die sich für die Aenderung der Kostheimer Schleuse und für den Umbau oder vielmehr Neubau der Schleuse interessieren, können aus den Aeußerungen der Vertreter der Staats⸗ regierung die Beruhigung entnehmen, daß sie zlsbald eingeleitet werden wird.
Der Herr Abg. Flesch befand sich im Jertum, wenn er aus⸗ führte, daß die Erhebung der Schiffahrtsabgaben von der Zustimmung der Strombeiräte abhängig sei. Nein, die Strombeiräte haben ihre Zustimmung nur dann zu erteilen, wenn es sich um Erhöhung der Schiffahrtsabgaben, wie sie in den Moximalsätzen des Schiffahrts⸗ abgabengesetzes vorgesehen sind, handelt. Der Strombeirat wäre daher gar nicht in der Lage, die Einführung von Schiffahrtsabgaben zu verhindern, auch dann nicht, wenn er sie in Verbindung bringen wollte mit der Verunreinigung der Ströme. Die Schiffahrtsabgaben werden automatisch eingeführt auf den gemeinschaftlichen Strömen in dem Augenblick, wo gewisse Ziele des Ausvaues erreicht sind. Dieses ist durch das Gesetz festgelegt. Im übrigen bin ich mit Herrn von Pappenheim und auch mit Herrn Abg. Flesch dahin einverstanden, daß die Verunreinlgung des Mains mit allen Mitteln hintanzuhalten ist. Und ich meine, es kann den Zielen, denen die Staatsregierung zustrebt, nicht schädlich sein, wenn von meinem Herrn Unterstaatssekretär ausgesprochen worden ist, daß die Verunreinigung des Mains auf der preußischen Seite nicht geringer sei als etwa auf der bayerischen und hessischen Seite. Der Main wird eben innerhalb der verschiedenen Bundesstaaten so stark verunreinigt, daß hier eine Aenderung erforder⸗ lich ist, zu der die Staatsregierung, soweit es an ihr liegt, die Hand bieten wird. 1 . 8
Abg. Dr. Röchling (nl.): Ich halte es nicht für richtig, einen Druck auf Holland auszuüben in der Richtung, wie es der Abg. von Pappenheim verlangt. Mit derartigen Drohungen werden wir den Gedanken der Schiffahrtsabgaben nur unpopulär machen. Im übrigen würden wir uns damit ins eigene Fleisch schneiden. Wir dürfen das Fahrwasser des Rheins keineswegs versanden lassen. Ich bitte deshalb den Minister, auf den Vorschlag des Abg. von Pappenheim nicht einzugehen.
Abg. Dr. Dahlem (Zentr.): Ich bin mit dem Vorschlage des Abg. von Pappenheim einverstanden. Wenn Holland nicht in irgend einer Weise gezwungen wird, dann wird es sich niemals mit den Schiffahrts⸗ abgaben einverstanden erklären. Zur Verunreinigung des Mains tragen sehr wesentlich die Höchster Farbwerke bei. Es wäre vielleicht empfehlenswert, in dieser Hinsicht einzuschreiten. Die Erhebung der Schiffahrtsabgaben ist von der Zustimmung der Strombeiräte keines⸗ wegs abhängig. Bei den Arbeiten der Mainkanalisierung bitte ich auch die Interessen der Fischerei zu berücksichtigen. 1 Abg. Dr. Flesch (fortschr. Volksp.) widerspricht den Aus⸗ führungen des Vorredners. b 84 Der Antrag der Budgetkommission bezüglich der Kost⸗ heimer Schleuse wird angenommen. Abg. Brütt „(freikons.) befürwortet treffend den Bau einer Eiderstraßenbrücke bei Schleswig⸗Holstein, da diese Bruücke sehr wesentlich zur Ver⸗ besserung der Verkehrsverhältnisse der Provinz beitragen würde.
Abg. Dö nnies (nl): Es kann nicht bestritten werden, daß ein dringendes Bedürfnis zum Bau der Eiderstraßenbrücke bei Friedrich⸗ stadt vorliegt; da sowohl die Stadt Friedrichstadt als auch der Kreis und die Provinz sich bereit erklärt haben, einen Teil der Kosten zu übernehmen, hoffe ich, daß die Regierung dem Projekt Wohlwollen entgegenbringt, zumal bereits früher von militärischer Seite hervor⸗ gehoben worden ist, daß die Militärverwaltung ein großes Interesse am Bau dieser Brücke habe. 8
Abg. von Böhlendorff⸗Kölpin (kons.): Ich begrüße es mit
eine Petition, be⸗ Friedrichstadt in
Freuden, daß die Beschaffung eines Spülapparates für Stettin vor⸗ gesehen ist. Im Verhälinis zu dem großen Nutzen einer solchen An⸗ lage sind die Anschaffungs⸗ und Betriebskosten verhältniemäßig gering zu nennen. Die Aufstellung eines solchen Spülapparates ist auch im Interesse der Großschif ahrt. Ich glaube aber, daß ein Apparat wahrscheinlich nicht ausreichen wird, und bitte deshalb, falls sich dies herausstellt, auch für die Beschaffung eines zweiten Apparates Sorge zu tragen. .Abg. Klußmann (nl.) dankt dem Minister und dem Hause dafür, daß die Interessen von Geestemünde durch die Erweiterung des Fischereihafens wahrgenommen worden sind, was der Entwicklung der preußischen Fischerei sehr dienlich sein werde. . Bei den Forderungen für die Verlängerung des Dünen⸗ schutzwerkes am Nordstrand der Insel Norderney und für Strandschutzbauten auf der Insel Juist bemerkt Abg. Fürbringer (nl.): Die Beschädigungen der Insel Norderney durch die Sturmflut vom Jahre 1911 sind ganz außer⸗ ordentlich. Es entspricht der Gerechtigkeit, daß die Gemeinde Norderney sich an den Kosten des Duünenschutzwerkes beteiligt; sie ist ja nicht gerade leistungsfähig, aber sie hat doch anerkennenswerter⸗ weise einen Bei rag von 70 000 ℳ dazu aufgebracht. Durch die Fort⸗ führung des Schutzwerkes auf der Ostseite würde eine schöne Promenade im Interesse der Badegäste hergenellt werden können. Die Regierung muß alle Mittel anwenden, um ohne Störung für die Schiffahrtsstraße den schönen, durch die Sturmflut beschädigten Strand wiederherzu⸗ stellen. Ich stelle der Regierung anheim, zu erwägen, ob das geplante System zur Wiederherstellung des Strandes richtig ist. Ebenso notwendig sind die Strandschutzbauten auf der Insel Juist, da die Dünen auch dort durch die Sturmflut abgerissen sind. Es ist in hochherziger Weise die Herstellung eines Schutzwerkes für 2 180000 ℳ geplant. Die Insel Juist ist sonst in Gefahr, weggespült zu werden. Die Gemeinde hat bei ihrer beschränkten Leistungsfähigkeit den ver⸗ hältnismäßig hohen Beitrag von 300 000 ℳ übernommen. Die Gemeinde wird davon großen Nutzen haben, aber auch der Staat ist dadurch interessiert, daß er Besitzer der Dünen ist. Er wird einen Moßen Vorteil davon haben, daß er die Dünenterrains hinter der Strandschutzmauer vorteilhaft verkaufen kann. Die Insel ersährt durch die Regierung eine solche Fürsorge für ihre Sicherheit, wie ni etwas Aehnliches gewesen ist. . Zu weiteren Vorarbeiten für den Neubau des König lichen Opernhauses in Berlin werden 100 000 ℳ gefordert. Berichterstatter Abg. Brütt beantragt namens der Budget⸗ kommission: Das Haus spricht bei Bewilligung dieser Forderung folgende Erwartung aus: a. Bei der Aufstellung des ausführlichen Entwurfs sind die Ergebnisse aus sämtlichen neuerlichen Ideen⸗ Fettteeerben für ein Königliches Opernhaus, insbesondere diejenigen I deenskizzen zu berücksichtigen, welche in dem Gutachten der Akademie des Bauwesens vom 26. November 1912 durch namentliche Hervor hebung der Baukünstler als bemerkenswerte gekennzeichnet sind. Das Haus empfiehlt der Königlichen Staatsregierung, bei der Aufstellung Sb Bauentvurss einen freien Künstler zur Mitarbeit heranzuziehen. 8. Die Königliche Staatsregierung wolle darauf Bedacht nehmnen, daß für die städtebauliche Gestaltung des Königsvplatzes ein allgemeiner Wettbewerb der Künstlerschaft ausgeschrieben werde. betr. s e müssion beantragt ferner, verschiedene Petitionen, ffend den Neubau des Opernhauses, für erledigt zu erklären. Vorarbeiten ein einmütiger B Bkön in der Kommission nach längeren — vein einmütiger Beschluß der Fraktionen zustande gekommen ist, könnte es sich erübrigen, zu dieser Frage hier nochmals Stellung
ie bitten, über diese Petition nicht, wie die Kommission
nicht ein Jahr vorher bezüglich derjenigen Ansätze binden zu lassen
zu nehmen. „Es sind aber in den letzten Tagen verschiedene Miß⸗ udnisse in der Presse über diese Frage laut geworden, und daher