1913 / 45 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Die Verteilungsstelle für die Kaliindustrie hat

in ihrer Sitzung vom 23. Januar 1913 beschlossen:

Der Gewerkschaft Schwarzburg in Göllingen wird eine vorläufige Beteiligungsziffer in Höhe von 2,67 Tausendsteln vom 1. Februar 1913 ab gewährt mit der Maßgabe, daß diese etecengsciser⸗ wenn sie zu irgend einer Zeit höher sein sollte als 50 vom Hundert der jeweiligen durchschnittlichen Beteiligungsziffer aller Werke, auf das gesetz⸗ liche Höchstmaß zurückgeht. 8 ““

Berlin, den 14. Februar 1913.

(Siegel.) Der Vorsitzende der ee für die Kaliindustrie. eckel.

1 Vorstehende Entscheidung ist der Gewerkschaft Schwarz⸗ burg in Göllingen (Kyffh.) am 18. Februar d. J. zu⸗

gestellt worden. J. A.: Köhler.

Der im Jahre 1911 in Hoogezand aus Stahl erbaute, bisher unter niederländischer Flagge und unter dem Namen „Oldambt“ gefahrene dreimastige Motorschoner „Friede⸗ burg“ von 149,00 Registertons Nettoraumgehalt hat durch den Uebergang in das ausschließliche Eigentum der Reederei Bartels & Co., Kommandit⸗Gesellschaft in Nordenham das Recht zur Führung der deutschen Flagge erlangt. Dem Schiffe, für welches die Eigentümerin Nordenham als Heimats⸗ hafen angegeben hat, ist von dem Kaiserlichen Vizekonsulat in Groningen unter dem 7. Dezember 1912 ein Flaggen⸗ zeugnis erteilt worden. 1

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 11. des Reichsgesetzblatts enthält unter Nr. 4180 eine Bekanntmachung, betreffend Lohnbücher für die Kleider⸗ und Wäschekonfektion, vom 14. Februar 1913. Berlin W. 9, den 19. Februar 1913. sMsMeiserliches Postzeitungsamt. J“

Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 12 s Reichsgesetzblatts enthält unter Nr. 4181 das Gesetz, betreffend vorübergehende Zoll⸗ erleichterung bei der Fleischeinfuhr, vom 13. Februar 1913. Berlin W. 9, den 20. Februar 1913. Kaiserliches Postzeitungsamt. 11I11IZI

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Pereußen. Berlin, 20. Februar 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Kriegs⸗ ministers, Generals der Infanterie von Heeringen, des Chefs des Generalstabes der Armee, Generals der Infanterie von Moltke und des Chefs des Militärkabinetts, Generals der In⸗ fanterie Freiherrn von Lyncker entgegen.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielt der Ausschuß für Handel kehr eine Sitzung.

Der Landrat Hausleutner ist aus dem Kreise Strelno, Regierungsbezirk Bromberg, in gleicher Amtseigenschaft in den Landkreis Bromberg versetzt worden.

Der Regierungsrat Dr. Bacmeister aus Münster, z. Zt. in Essen, ist der Königlichen Regierung in Cöln, der Regie⸗ rungsrat Dr. Henneberg in Düsseldorf der Königlichen Re⸗ gierung in Königsberg, der Regierungsassessor Moll in Berlin der Königlichen Regierung in Düsseldorf und der Regierungs⸗ assessor Dr. von Caprivi in M.⸗Gladbach dem Königlichen Polizeipräsidium in Danzig zur weiteren dienstlichen Verwen⸗ dung überwiesen, der Regierungsassessor Dunkelbeck in Nauen dem Landrate des Kreises Ruppin, der Regierungsassessor von Maercker in Aachen dem Landrate des Kreises Pleß und der neuernannte Regierungsassessor Pollack aus Frank⸗ furt a. O. dem Landrate des Kreises Regenwalde in Labes zur Hilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zugeteilt worden.

Dem Regierungsassessor Barkhausen in Posen ist die kommissarische Verwaltung des Landratsamtes im Kreise Briesen, Regierungsbezirk Marienwerder, übertragen worden.

Die Regierungsreferendare Freiherr von Rheinbaben aus Merseburg, Dr. jur. Sayur aus Posen und Dr. jur. Kramer aus Stettin haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 18. d. M.

S. M. S. „Hertha“ in Vigo, S. M. S. „Seeadler in in Nimrodsund

Mozambique

—2ꝙ

Zund S. M. S. „Leipzig“ eingetroffen.

In der Dritten Beilage zur „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichseisenbahn⸗

amt aufgestellte tabellarische Uebersicht der Betriebs⸗

ergebnisse deutscher Eisenbahnen

heutigen Nummer des

(ausschließlich Bayerns) nach dem Stande am Ende des Monats

Hannover, 19. Februar. Bei der heutigen Eröffnungs⸗ ansprache im Hannoverschen Provinziallandtage gedachte der Oberpräsident Dr. von Wentzel, wie „W. T. B.“ meldet, der Verlobung Ihrer Königlichen Hoheiten der Prin⸗ zessin Viktoria Luise und des Prinzen Ernst August, Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg, mit folgenden Worten: „Noch bewegt aufs freudigste unserer aller Herzen der laute Jubel über die Kunde der Verlobung IhrerKöniglichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise, der einzigen Tochter unseres Herrscherhauses, mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Ernst August, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. Diese glückverheißende Verlobung hat in unserer Provinz freudigsten Widerhall ge⸗ funden und die sichere Hoffnung begründet auf den glücklichen Ausgleich langjähriger Gegensätze.“ Das Haus nahm diese Worte mit großem Beifall auf und beschloß die Absendung von Glückwunschtelegrammen an Seine Majestät den Kaiser

und König, Seine Königliche Hoheit den Herzog von Cumber⸗

nd an das hohe Brautpaar.

OSODesterreich⸗Ungarn. Unter dem Vorsitz des Ministers des Innern und in Anwesen⸗ heit des Ministerpräsidenten und des Statthalters von Böhmen hat gestern in Wien eine Besprechung über die Regelung des Sprachengebrauchs der staatlichen Behörden in Böhmen stattgefunden, zu der Vertreter des verfassungstreuen Großgrundbesitzes und der Vereinigung der deutsch⸗böhmischen Reichsratsabgeordneten erschienen waren. Wie „W. T. B.“ meldet, wurden von der Regierung die allgemeinen Gesichts⸗ punkte zur Sprache gebracht, auf die im staatlichen Interesse bei einer gesetzlichen Regelung des Gegenstands Rücksicht zu nehmen wäre. Daran knüpfte sich eine informatorische Er⸗ örterung. Großbritannien und Irland. In der gestrigen Sitzung des Oberhauses befragte Lord Lamington die Regierung über die angeblichen Grau⸗ samkeiten in Mazedonien und Thrazien und ver⸗ langte zu wissen, welche Antworten auf den Balkanstaaten etwa gemachte Vorstellungen gegeben worden wären.

Nach dem Berichte des „W. T. B.“ gab Lord Lamington dem Bedauern darüber Ausdruck, daß kein politischer Führer in England irgend eine Teilnahme für die Türkei in ihrer Bedrängnis geäußert hätte, und daß kein bewunderndes Wort für den Mut und die Tapferkeit der Türken in Skutari und Adrianopel gefallen wäre. Der Lordpräsident des Geheimen Rats Mor ley erinnerte den Fragesteller daran, daß England in dem Balkankriege zur Neutralität verpflichtet sei, und fragte, wie die Mitglieder der Regierung es mit den Grundsätzen der Neutralität vereinbaren sollten, ihren Beifall oder ihr Mißfallen zu äußern. Es sei nicht leicht, darüber ein Urteil zu gewinnen, inwiefern die Gerüchte von Grausamkeiten begründet wären. Keine Regierung habe der Wahrheit dieser Gerüchte nachforschen können, da es für fremde Regierungen unmöglich wäre, in ein Gebiet, das der Schau⸗ platz eines Krieges sei, zu gelangen und Nachforschungen anzustellen. Das Aeußerste, was man habe tun können, sei gewesen, den Regierungen energische, wenn auch höfliche Vorstellungen zu machen. Solche Vorstellungen in nicht offizieller Form seien in Serbien und Bulgarien erhoben worden. Die serbische Re⸗ gierung habe geantwortet: wenn in vereinzelten Fällen Soldaten in der Hitze des Kampfes Verbrechen begangen hätten, so wären die Uebeltäter stets mit der vollen Strenge der Föegegeseze estkaft worden. Wenn Verbrechen von versprengten Mitgliedern freiwilliger Banden, die nicht durch die Militärbehörden kontrolliert werden konnten, begangen worden wären, so hätten die serbischen Behörden auch alle Versuche persönlicher Rache streng bestraft. Ferner las Morley die Antwort der bulgarischen Regierung vor, die Grey bereits bekannt gegeben hatte.

Hierauf trat das Haus in die Besprechung der Lage in Persien ein.

Der Lordpräsident des Geheimen Rats Morley wiederholte die Feststellungen Sir Edward Greys und des Parlaments⸗Untersekretärs Acland über den bereits erwähnten Vorschlag eines englisch⸗russischen Vorschusses an Persien, der die Höhe von 400 000 Pfd. Sterl. haben solle, und teilte mit, daß Großbritannien allein einen Betrag von 100 000 Pfd. für besondere Ausgaben der persischen Regierung beitragen würde. Für die Sicherstellung dieser Vorschüsse würde durch eine große Anleihe von vier, fünf oder sechs Millionen Pfund gesorgt werden. Diese Anleihe müßte in Verbindung mit den Verhandlungen über Finanzoperationen behandelt werden, die jetzt zwischen der persischen Regierung und der Stüudiengesellschaft im Gange seien und die hoffentlich zu einem er⸗ folgreichen Abschlusse führen würden.

Nach diesen Erklärungen Morleys vertagte sich das Ober⸗ haus bis zum 6. März. .

Frankreich. Gestern nachmittag hat der frühere Präsident Fallisres die Präsidien des Senats und der Deputiertenkammer in seiner Privatwohnung empfangen. Dubost, der Präsident des

Frankreichs Zukunft Ausdruck.

3 b Rußland.

einer Meldung des „W. T. B.“ einen

angenommen, nach dem die Reichsduma die übergeht.

Spanien.

gewisse Erregung herrsche.

nehmen. 1“ Türkei.

Januar 1913 veröffentlicht, 2 die am Dienstag Stelle auszüglich hingewiesen worden ist. 8

an dieser

stabschef sind vorgestern abend aus

wesir Mahmud Schewket Pascha eingetroffen

bE1“

Senats, und Deschanel, der Präsident der Kammer, hielten Ansprachen; Fallières erwiderte und gab sein Vertrauen auf

Nachdem die Reichsduma in sechs Sitzungen über die vom Minister für Volksaufklärung abgegebenen Erklärungen über Geheimversammlungen von Schülern von Mittel⸗ schulen und einem Petersburger Privatgymnasium und die Verhaftung der Teilnehmer beraten hatte, hat sie gestern nach vom Kadetten Schtschepkin eingebrachten Antrag mit 169 gegen 165 Stimmen Minister⸗ erklärung für ungenügend erachtet und zur Tagesordnung

Wie „W. T. B.“ meldet, teilte der Ministerpräsident Graf Romanones mit, daß der General Alfau gestern in Tetuan ohne Zwischenfall die spanische Flagge gehißt hat. Graf Romanones erklärte, die Besetzung von Tetuan sei einzig in dem Wunsche der Regierung begründet, die Ordnung bei den Grenzstämmen aufrechtzuerhalten, unter denen eine

Die Regierung hat beschlossen, Tetuan zum Sitze der Generalresidentschaft von Spanisch⸗Marokko zu bestimmen. Der zum Generalresidenten ausersehene Befehlshaber der Be⸗ satzung von Ceuta, General Aldava, verbleibt daselbst bis auf weiteres und wird erst später seinen Sitz in Tetuan ein⸗

Der Generalissimus Izzet Pascha und sein General⸗ dem Hauptquartier

Hademköj in Konstantinopel zu einer Konferenz mit dem Groß⸗

Enver Bey ist nach einer Meldung des „W. T. M.⸗ zum Generalstabschef des auf Gallipoli operierenden jehnt ee. und der frühere Marineminister Hurschid Pascgn zum Kommandanten von Gallipoli ernannt worden. cha Aus amtlicher montenegrinischer Quelle wird gemeldet d

die Beschießung von Skutari gestern mit Erfolg fortgesett wird. Gegen den linken Flügel der Kolonne Martinowitsch die das Dorf Zuos besetzt hält, eröffnete der Feind von Brditza aus ein heftiges Artilleriefeuer; die Montenegriner erwiderten energisch und brachten die türkischen Geschütze zum Schweigen. Das Feuer der türkischen Artillerie blieb wirkungs los. Auf den übrigen Punkten herrscht bis auf einige un⸗ bedeutende Scharmützel Ruhe. v“

Amerika. Die Regierung der Vereinigten Staaten wird die

neue mexikanische Regierung nicht eher förmlich anerkennen,

als bis diese tatsächlich erwiesen hat, daß sie fähig ist, aus dem augenblicklichen Chaos den Frieden herzustellen. Wie „W. T. B.“ meldet, wird die Regierung der Vereinigten Staaten ungefähr dieselbe Haltung beobachten, wie sie es in China getan hat, wo das Staatsdepartement mit seiner Anerkennung zurückgehalten hat, bis die voorläufige Regierung durch eine bleibende, konstitutionelle Regierung er setzt war. Inzwischen wird in der Politik Amerikas, für alle Fälle in Mexiko bereit zu sein, keine Aenderung eintreten. und Marinetruppen werden nach wie vor in Guan⸗ tanamo zusammengezogen werden.

Das amerikanische Repräsentantenhaus hat mit knapper Mehrheit auf Tafts Veto hin die Bill abgelehnt, durch die Analphabeten von der Einwanderung in die Vereinigten Staaten ausgeschlossen werden sollen.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Merxitko sind der ehemalige Präsident Madero und sein Bruder Gustavo gestern in früher Morgenstunde unter starker Bedeckung aus dem Nationalpalast in das Arsenal übergeführt worden. Gustavo Madero wurde kurz nach 9 Uhr Morgens aus dem Arsenal geholt und erschossen. Er wurde allgemein für mächtiger gehalten als der ehemalige Präsident selbst, und sein willkürliches Verhalten scheint der eigentliche Anstoß zu der revolutionären Bewegung gewesen zu sein. Während er durch die Straße geführt wurde, bemächtigte sich der Menge eine wilde Erregung, sodaß die Wache Mühe hatte, ihn zu schützen. Während der Unruhen in der vorgestrigen Nacht ißt Marco Hernandez, ein Bruder des Ministers des Innern, auf der Straße durch Rurales getötet worden, weil er sich weigerte: Hoch Huerta! zu rufen.

Die Truppen der Revolutionäre sollen nicht vor Ablauf von zwei bis drei Tagen aus ihren Stellungen zurückgezogen

werden, da man neuerliche Ruhestörungen befürchtet.

v“ G Asien. 6“ Die japanische Kabinettskrisis ist beendet. Wie „W. T. B.“ meldet, hat der Admiral Namamoto mit der Seiyukwaipartei eine Verständigung erzielt, auf Grund deren alle Minister mit Ausnahme des Ministerpräsidenten, des Ministers des Auswärtigen, des Kriegs⸗ und des Marineo⸗ ministers der Seiyukwai angehören oder sich dieser Partei an⸗ schließen müssen. Das neue Kabinett setzt sich folgender⸗ maßen zusammen: Premierminister: Admiral Namamoto, Auswärtiges: Baron Nobuki Makino, Krieg: Generalleutnant Kikoshi, Marine: Vizeadmiral Baron Saito, Finanzen: Baron Korekiyo Takahashi, Handel: Tatsuo Nama⸗ moto, Justiz: Masahisa Matsuda, Inneres: Vicomte Kei Hara, Unterricht: Sajima Motoda, Verkehr: Okuda.

In Söoul hat am 17. Februar eine Versammlung von Vertretern der japanischen Behörden und der fremden Konsuln stattgefunden, in der über die Abschaffung der exterritorialen Gerichtsbarkeit beraten wurde. Au⸗ wesend waren die Vertreter von Deutschland, England, Italien, Rußland, Belgien, Frankreich und den Vereinigten Staaten.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (117.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke und der Staatssekretär des Reichsschatzamts Kühn beiwohnten, stand zunächst zur dritten Beratung die am 2. Juni 1911 in Washington unterzeichnete revidierte Uebereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums und der Gesetz⸗ entwurf zu deren Ausführung.

In der Generaldiekussion referierte der Abg. Dr. Junck (nl) über eine noch nachträglich von Remscheider Fabrikanten eingegangene Petition, betreffend die Verbandszeichen. Die Einzelausführungen des Redners gingen bei der im dichtbesetzten Hause andauernd herrschenden großen Unruhe, die der Präsident mehrmals zu beschwichtigen suchte, für die Berichterstattertribüne verloren. 8

Direktor im Reichsamt des Innern von Jonquidres legte unter großer Unruhe des Hauses dar, welche Gründe die Kommission zu ihrem Beschluß wegen der Verbandszeichen veranlaßt haben, un bat, an diesem Beschluß festzuhalien. .“ za

Abg. Dove (fr. Volksp.) führte aus, daß die Besorgnisse 6 Fabrikantenverbände wegen der Gewährung der Verbandezeichen . die Händlerverbände unbegründet seien. Eine Garantie für deohe Qualität wäre durch solche Verbandszeichen nicht gegeben. Es lieg keinerlei Grund vor, die Händlerverbände auszuschließen.

Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr.) bat ebenfalls, an den Standpu der Kommission festzuhalten. 8 8

Das revidierte Uebereinkommen und der Ausführunge, gesetzentwurf wurden darauf in dritter Lesung endgültig unv- ändert genehmigt.

(üSchluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigte 137.) Sitzung, welcher der Minister für Handel und je der r. Sydow beiwohnte, die zweite Beratung des Eta lichst Handels⸗ und Gewerbeverwaltung, und zwar fnge. die bei dem ersten Titel der dauernden Ausga Fa „Gehalt des Ministers“, übliche allgemeine Besprechugg iner Abg. Rahardt (freikons.): Als Vorsitzender e Handwerkskammer halte ich es für meine Pflicht, hier vher z cher führlicher auf die Wünsche der Handwerker einzugehen. Abesonderen Freude begrüße ich es, daß der Etat die Anstellung eines becgadurch Direktors für Handwerks⸗ und Gewerbesachen vorsieht

wird wieder die Bismarcksche Praxis hergestellt,

ählung zwischen Ministerium und Praxis. Dieser Direktor wird bih gewissermaßen auf die Fortbildungsschulen einen günstigen Einfluß anzüben. Es muß besonders Wert darauf gelegt werden, für die Zu⸗ kunft über praktische Fachlehrer verfügen zu können. Die Meister in den Betrieben haben zu ihrer Fortbildung meist keine Zeit, da ihnen von der Betriebsleitung bei der Erteilung von Urlaub zu diesem Zwecke wierigkeiten gemacht werden. Notwendig ist auch die Erhöhung des uschusses zu den Handwerkskammern, deren Aufgaben ständig wachsen. 39 Erhöhung der Summe zur Unterstützung des Genossenschafts⸗ wesens ist anerkennenswert. Doch würde es sich empfehlen, auch für diesen Zweck später mehr auszuwerfen. Das Verhältnis zwischen Fortbildungsschullehrern und Vertretern des Handwerks ist be⸗ sonders in den größeren Städten ein besseres geworden. Großer Dank in dieser Beziehung gebührt dem jetzigen Leiter des Berliner Fortbildungsschulwesens. Zu erwägen wäre auch, ob die Abgangsprüfung der Fortbildungsschulen als Ersatz für die theoretische Gesellenprüfung anzusehen ist. Der Minister möge sich hierüber äußern, ob wir in diesem Sinne vorgehen können. Ein Wunsch der Handwerker ist es, daß der Unterricht nach Möglichkeit in sie späten Abendstunden gelegt wird. Die Schullehrer haben nun aber das Bestreben, den Unterricht meist schon um 7 Uhr zu beenden. Man nimmt dabei zu wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse der praktischen Aus⸗ bildung der Lehrlinge. Das Baugewerbe hat mich beauftragt, dem Minister für die Errichtung der Baugewerkschule in Neukölln zu danken. In diesen Kreisen wünscht man auch, daß die Gewerbeaufsicht nicht zu streng in der Handhabung der Bäͤckereiverordnung vorgeht, soweit es sich um Bäckereien in alten Häusern handelt. Nötig ist es, daß die Vorarbeiten für die Einbringung einer neuen Novelle zum Handwerksgesetz beschleunigt werden. Seit sechzehn Jahren haben sich viele Mißstände herausgestellt, die dringend abgestellt werden müssen. Im Erteilen von Hausierscheinen und von Erlaubnisscheinen für das Abhalten von Jahrmärkten und für die Einrichtung von Wander⸗ lagern sollte man nicht so freigebig sein. Gerade die ortsansässige Be⸗ völkerung erleidet durch den scharfen Wettbewerb schwere Schädigungen. Bezüglich des zweiten Teils des Gesetzes, betreffend Sicherung der Bauforderungen, hat der Minister in Aussicht gestellt, daß nach Beendigung der Enquete geprüft werden soll, ob die Notwendigkeit der Inkraftsetzung des zweiten Teils gegeben ist. Für die bisherige fleißige Arbeit bei dieser Enquete spreche ich meine Anerkennung aus; ich hatte Gelegenheit, dabei mitzuwirken und die großen Schwierigkeiten kennen zu lernen, die zu über⸗ winden sind, bis ein Ergebnis sichtbar wird. Aber ich kann nicht unerwähnt lassen, daß die Praxis die völlige Wertlosigkeit des ersten Teils erwiesen hat. Es nützt uns gar nichts, einem Bauunternehmer die Erlaubnis zur Ausführung eines Baues zu entztehen, nachdem festgestellt ist, daß er die Bauhandwerker betrogen hat; denn im nächsten Augenblick wird ein anderer Stroh⸗ mann an seine Stelle gesetzt, der vielleicht noch nicht betrogen hat, aber ebenfalls den Bauhandwerkern keine Sicherheit bietet. Auch stehen die Fälle, wo es gelungen ist, die Entziehung der Bauerlaubnis zu erwirken, in keinem Verhälinis zum Auf⸗ wand von Mühe, Arbeit, Aerger und Schererei, die sie hervor⸗ rufen. Bauschwindler, denen man in Hamburg das Handwerk gelegt hatte, können sofort in Altona weiterarbeiten“, dort muß der Antrag von neuem gestellt werden. Zieht der Minister das Jahr 1912, wenn auch nur schätzungsweise, in die Erhebung ein, so wird er zu ganz erschreckenden Ergebnissen kommen. ÄAllein in Groß Berlin sind 1912 nicht weniger als 2700 Grundstücke zwangs⸗ weise verkauft worden mit einem schätzungsweisen Verlust für Bauhandwerker und Darlehnsgeber in Höhe von 45 Millionen Mark. Unseren Großbanken muß ich den schweren Vorwurf machen, daß sie ducch unfaire Handlungsweise zu diesem Schwindel beigetragen, ja ihn direkt unterstützt haben; nicht eine einzige Bank kann ich aus⸗ nehmen. Vielleicht wäre es Sache der Aufsichtsräte, ihren Direktoren etras mehr auf die Finger zu sehen, daß sie nicht in ihrer Proftgier, in dem Bestreben, ihr schon so hohes Ein⸗ kommen noch mehr zu vergrößern, in vollem Bewußtsein der Folgen einen Strohmann vorschieben, dem nichts zu nehmen ist, und den von den Handwerkern fertiggestellten Bau wieder an sich bringen; indem sie so handeln, verfehlen sie sich gegen jede gute Sitte. Es ist tieftraurig, daß in unseren Großbanken so wenig vornehmer Geist herrscht. Der Dispositionsfonds des Ministers für die Enquete sollte etwas höher sein; denn es ist doch nicht richtig, daß die Handwerkskammern außer ihrer Arbeit auch noch Zuschüsse leisten müssen, um eine Staatsenquete in die Wege zu leiten. Es müßte erwogen werden, ob nicht bei Neubauten in Zukunft, namentlich in Bezirken, wo der Bauschwindel herrscht, in jedem Falle eine Konzession erteilt werden müßte; dadurch würden eine ganze Menge faule Elemente ausgemerzt werden. Die Notlage des Grundbesitzes ist notorisch; zweite Hypotheken sind nicht mehr zu haben, und die Profitgier veranlaßt die Groß⸗ banken, auch sämtliche ersten Hypotheken zu kündigen und die Er⸗ veuerung gegen Zahlung eines großen Damnos und unter erschwerten Umständen zu genehmigen. Auch damit werden viele bürger⸗ liche nationale Existenzen in schwere Gefahr gebracht. Geht es so weiter, dann werden ich sehe nicht zu schwarz diese Teile des Mittelstandes in den nächsten Jahren verschwinden. Die Hoch⸗ finanz gibt deutsches Geld in liberalster Weise ins Ausland, aber den deutschen Steuerzahler läßt sie sitzen. Die Ernte wird die Sozial⸗ demokratie haben. ö

(Schluß des Blattes.)

Das Mitglied des Herrenhauses Freiherr von Senden, Königlicher Kammerherr und Rittergutsbesitzer, ist am 18. d. M. in Natzlaff, Regierungsbezirk Köslin, gestorben. .

Deutscher Handelstag. Unter zahlreicher Beteiligung wurde gestern im hiesigen Langenbeck⸗

hause unter dem Vorsitz seines Präsidenten Dr. Kaempf die 38. Voll⸗

versammlung des Deutschen Handelstages eröffnet. Nach einer Begrüßungsansprache des Präsidenten wurde an Seine Majestät den Kaiser und König ein Huldigungstelegramm abgesandt. Hierauf hielt der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow eine Be⸗ grußungsansprache, die nach „W. T. B.“ folgenden Wortlaut hatte: Meine Herren! Im Auftrage des Herrn Reichskanzlers und namens der Königlich preußischen Staatsregierung habe ich die Ehre, die diesjährige Vollversammlung des Deutschen Handelstages herzlich willkommen zu heißen. Lassen Sie mich ebenso, wie es Ihr Herr beflizender getan hat, an die Verhandlungen anknüpfen, die Sie vor zwei Jahren mit festlichem Gepränge in der alten Neckarstadt, der wiege des Deutschen Handelstages, zur Feier seines fünfzigjährigen estehens pflogen. Damals konnten Sie mit voller Befriedigung zurückblicken auf das, was der Handelstag, was Handel und Industrie in den zurückliegenden 50 Jahren geleistet und Freicht haben und damit einen vertrauensvollen Ausblick 6 Zukunft verbinden Bei der jetzigen Tagung sind Sie zurück⸗ gekehrt zu der alten Stätte Ihrer Wirksamkeit und Sie dürfen sich sagen, daß die Erwartungen, die Sie für Handel und Gewerbe vor et Jahren hegten, sich in vollstem Maße erfüllt haben. Wir sind almahlich zu einer Hochkonjunktur gelangt, die sich kennzeichnet durch dichliche Arbeits⸗ und Verdienstgelegenheit und durch ein Steigen ns Wohlstands. Dieser Steigerung würde ich geringen Wert bei⸗ Pesen, wenn sie sich darin erschöpfte, den einzelnen eine große thaglichkeit der Lebensführung zu ermöglichen. Ihre ungeheure Vageutung liegt darin, daß sie der Allgemeinheit, dem ganzen san elande zugute gekommen ist. Die Steigerung des Wohl⸗ n es trägt dazu bei, daß Deutschland in der Lage 88 die schwere mistung zu tragen, zu der es seine geographische Lage nötigt, will es 1 ers seine politische Selbständigkeit wahren, seine nationale Kultur egen, und den Einfluß in der Welt ausüben, der der gei 8

deutung des deutschen Volkes entspricht. Und noch eines: durch die geg⸗ er

rung des Wohlstandes ist Deutschland von Jahr zu Jahr in geldli Hinsicht immer unabhängiger vom Auslande geworden; man darf wohl sagen, es ist jetzt besser gerüstet als jemals früher, um auf eigenen Füßen stehend schweren wirtschaftlichen und, wenn es sein muß, auch ernsten politischen Krisen mit Ruhe entgegensehen und sie aus eigener wirtschaftlicher Kraft durchhalten zu können. Dazu beigetragen zu haben, muß die im Handelstage vereinigten Vertreter von Handel, Industrie und Schiffahrt mit hoher Se erfüllen. Sie wollen jetzt in Ihre Beratungen eintreten. Ich wünsche, daß dieselben von Erfolg gekrönt sein mögen, und daß Handel und Gewerbe weiter blühen und gedeihen mögen zur Ehre und zum Wohle unseres ge⸗ liebten Vaterlandes.“

Als erster Beratungsgegenstand stand die Frage des „Verkehrs mit Leuchtöl“ auf der Tagesordnung; mit 320 gegen 79 Stimmen nahm der Handelstag zu ihr folgende Entschließung an: „Der Deutsche Handelstag ist grundsätzlich der Schaffung von Staats⸗ monopolen, sofern nicht zwingende Gründe im öffentlichen Interesse dafür vorliegen, abgeneigt. Er erblickt indessen in der Entwicklung, die der Leuchtölvertrieb unter der Herrschaft der „Standard Oil Com⸗ pany“ genommen hat, eine Gefahr, der das Reich entgegentreten sollte. Der vom Bundesrat beschlossene und dem Reichstage am 18. No⸗ vember 1912 vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Leuchtöl kann nur dann als Grundlage dafür dienen, wenn für die Vertriebsgesellschaft die Beschaffung einer ausreichenden Menge von Leuchtöl zu mäßigen Preisen gewährleistet ist. Außerdem ist für eine angemessene Entschädigung des Zwischenhandels und der An⸗ hIen für eine hinreichende Berücksichtigung des Kleinhandels und da⸗ ür zu sorgen, daß das Bestreben der chemischen Industrie nach Ent⸗ wicklung eines einheimischen Raffinationsgewerbes gefördert wird.“

81 der Nachmittagssitzung beschäftigte sich der Handelstag zunächst mit der Konkurrenzklausel im Handelsgewerbe. Folgende Entschließung wurde mit großer Mehrheit angenommen: „Obwohl von Konkurrenzklauseln in kaufmännischen Betrieben nur wenig Gebrauch gemacht wird, muß zum Schutze gegen unlauteren Wettbewerb und im Sinne der Wahrung von Geschäfts⸗ und Betriebsgeheimnissen Wert darauf gelegt werden, daß nicht durch Verschärsung der geltenden Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs die Vereinbarung von Konkurrenzklauseln unmöglich gemacht wird. Dies würde gerade für diejenigen kaufmännischen Kreise, die besonders darauf angewiesen sind, solche Ver⸗ einbarungen zu treffen, geschehen, wenn der Grundsatz der bezahlten Karenz gesetzlich eingeführt würde. Der Deutsche Handelstag spricht sich sowohl gegen diese Maßregel, als auch dagegen aus, daß die Verbindlichkeit der Konkurrenzklausel von einer Mindestgrenze des Gehalts abhängig gemacht wird. Die gegenwärtigen gesetzlichen Bestimmungen über die Konkurrenzklausel im Handels⸗ gewerbe reichen nicht allein aus, sondern tragen auch den Interessen aller Beteiligten am besten Rechnung. Die Verschiedenartigkeit der geschäftlichen Verhältnisse in den einzelnen Zweigen und Betrieben von 1 und Industrie läßt es unmöglich erscheinen, Normen auf⸗ zustellen, die erhebliche berechtigte Interessen nicht verletzen. Daher sollte es nach wie vor lediglich dem richterlichen Urteil überlassen bleiben, Konkurrenzklauseln insoweit für unverbindlich zu erklären, als sie nach Zeit, Ort und Gegenstand eine unbillige Erschwerung des Fortkommens des Handlungsgehilfen enthalten.“

Darauf befaßte sich der Handelstag mit dem Verkehr mit

Nahrungs⸗ und Genußmitteln nnd nahm hierzu folgende Ent⸗ schließung an: . DDer Deutsche Handelstag ist mit dem Erlaß von Verordnungen über die Beurteilung und Untersuchung von Nahrungs⸗ und Genuß⸗ mitteln grundsätzlich einverstanden, wenn 1) zur Vorbereitung der Verordnungen und zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung die Vernehmung von Sachverständigen aus den Kreisen der beteiligten Fabrikanten und Händler zur Pflicht gemacht wird, die in an⸗ gemessener Zahl von den zur Vertretung von Industrie und Handel be⸗ rufenen Körperschaften vorgeschlagen werden, 2) die Verordnungen im Entwurf auch dem Deutschen Handelstag vorgelegt werden, 3) bei dem Erlaß der Verordnungen auf die ständig fortschreitende Entwicklung der Industrie gebührend Rücksicht genommen und ins⸗ besondere auch dafür Gewähr geschafft wird, daß der beamtete Chemiker in Ausnahmefällen ein anderes als das amtlich vorge⸗ schriebene Untersuchungeverfahren anwenden darf, wenn es nach seiner wissenschaftlichen Ueherzeugung dem amtlichen Verfahren gleichwertig ist und mit dem Untersuchungsergebnis mitgeteilt wird. Weiter spricht sich der Deutsche Handelstag dafür aus, daß bei Verfolgung von Uebertretungen der Bestimmungen über den Verkehr mit Nahrungs⸗ und Genußmitteln die Polizei verpflichtet sein soll, vor Abgabe der Akten an die Staatsanwaltschaft gewerbliche Sachver⸗ ständige oder die zur Vertretung von Industrie und Handel berufene Körperschaft anzuhören, und daß in Fällen fahrlässiger derartiger Uebertretungen es zulässig sein soll, daß die Polizei sich auf eine Ver⸗ warnung beschränkt.“

Abends versammelte ein Festmahl die Teilnehmer am Handels⸗ tage und zahlreiche geladene Gäste im Marmorsaale des Zoologischen Gartens. Unter den Erschienenen befanden sich der Reichskanzler, Präsident des Staatsministerium Dr. von Bethmann Hollweg, der Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow sowie die Staats⸗ sekretäre Dr. Lisco, Dr. Solf und von Jagow. Während des Mahles hielt der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg eine Rede, die nach „W. T. B.“ folgenden Wortlaut hatte:

„Meine Herren! Ihrer liebenswürdigen Einladung bin ich mit aufrichtiger Freude gefolgt. Ihren amtlichen Arbeiten, die Sie heute begonnen haben, beizuwohnen, ist mir leider nicht möglich, aber es ist mir ein Bedürfnis, Ihnen zugleich mit dem Dank der Gäste aus⸗ zusprechen, mit welcher Teilnahme ich Ihren Beratungen folge. Karl Lamprecht, der Geschichtsschreiber, hat wiederholt die Politisierung des deutschen Volkes als Forderung der Gegenwart hingestellt. Nun, meine Herren! Wer das Glück hat, in diesen Berliner Wintermonaten aus Neigung oder aus Beruf nähere Beziehungen zum Reichstag, zum Landtag, zum Deutschen Landwirtschaftsrat, zum Deutschen Handelstag zu unterhalten, der wird geneigt sein, diese Forderung als erfüllt anzusehen, zumal wenn er neben seiner sonstigen Beschäftigung als Mensch und Staatsbürger noch ein Verhältnis zum Hansabund oder dem Bund der Landwirte hat. Ein hervorragender liberaler Politiker hat sogar letzthin den vielleicht etwas ketzerischen Ausspruch getan, daß es an der Zeit sei, daß Deutschland sich etwas entpoli⸗ tisiere, vielleicht im Hinblick darauf, daß man heutzutage so leicht Politik mit dem Krieg Aller gegen Alle verwechselt. Da betrachte ich es als ein wirkliches Glück, daß im Deutschen Handelstag und im Deutschen Landwirtschaftsrat ich nenne in diesem Augenblick nur diese beiden, weil sie in diesen Tagen be⸗ sonders hervorgetreten sind daß wir in diesen Körperschaften berufsständische Vertretungen haben, die kein politisches Agitations⸗ bedürfnis kennen, sondern Politik treiben, indem sie praktisch für das Wohl der von ihnen vertretenen Berufszweige arbeiten. So haben sie sich ihren Platz neben den Parlamenten erobert und behauptet, und Sie können gewiß sein, daß wir Ihrer Arbeit vollste Aufmerksamkeit schenken. Sie dienen so dem All⸗ gemeinen und dem Besonderen. Sie haben die Anwaltschaft über⸗ nommen für die Sonderinteressen der von Ihnen vertretenen Berufszweige, aber indem Sie sich über das ganze Deutsche Reich erstrecken, weisen Sie die partikulare Engbherzigkeit von sich, blicken weit hinaus über den Kirchturmshorizont. Wir alle wissen, welche verhängnisvolle Bedeutung gerade im wirtschaftlichen Leben die Weichbildspolitik haben kann, nicht nur aus dem mittel⸗ alterlichen Zollkampf von Stadt zu Stadt, sondern bis weit hinein in das neunzehnte Jahrhundert, in die ersten Jahr⸗ zehnte des deutschen Zollvereins. Vor zwei Jahren in Heidel⸗ berg konnte der Deutsche Handelstag mit Stolz darauf hinweisen, daß seine Gründung zum ersten Male den deutschen Einheits⸗ gedanken in den großen Berufen der wirtschaftlichen Arbeit verwirk⸗ lichte. Im Rückblick auf die Zeit vor hundert Jahren hat Ihr ver⸗ ehrter Herr Präsident, und ihm folgend, Herr Geheimrat Vogel in

en Worte is dafür abgelegt Opfermut und Hingabde

an das Vaterland heute die gleichen sein sollen wie damals. Als unsere Väter in den Freiheitskampf zogen, da glichen im preußischen Staat Handel und Industrie einer Treibhauzpflange, die künstlich gestützt und gehalten werden mußte. Waren doch die Hauptzentren des Gewerbefleißes, die größeren Städte, für ihre Ein⸗ wohnerschaft sogar von der Waffenpflicht, der Kantonpflicht befreit. Heute breitet deutscher Handel und deutsche Industrie als mächtiger Baum seine Zweige weit hinaus, und der deutsche Kaufmann, mag er in Erfüllung der Wehrpflicht Degen und Flinte tragen, oder mag er in Kontor, Werft, Fabrik kalkulieren und disponieren, immer steht er im Dienst des Vaterlandes. Seine Arbeit in und mit dem Aus⸗ jande festigt nicht nur die eigene Größe Deutschlands, sondern fördert zugleich das gegenseitige Verständnis und die gegenseitige Achtung der Völker, überbrückt Gegensätze, schafft gemeinsame Interessen und damit zugleich eine Bürgschaft fuͤr den Frieden der Welt. So dürfen wir hoffen, daß neben unserer starken Wehr diese völkerverbindende Arbeit des deutschen Kaufmanns uns helfen wird, den Frieden, für den wir unsererseits immer eingetreten sind, auch fernerhin zu erhalten. Freilich dessen müssen wir uns bewußt bleiben: Gute und schlechte Jahre, ruhige und unruhige Zeiten wechseln notwendig miteinander ab. Des⸗ halb sind gerade in kaufmännischen Betrieben Erfolge nicht dem unbedachten Drauflosstürmen, sondern dem umsichtigen Vorwärts⸗ schreiten, dem Festhalten an den alten Vorzügen deutscher Art und Arbeit, an der Treue ich möchte sagen, an der soldatischen Treue im großen und kleinen, an der Gründlichkeit und Zu⸗ verlässigkeit in der Vorbereitung und Ausführung, an dem Zusammen⸗ wirken von Wissenschaft und Praxis beschieden. Möge in solcher Art, meine Herren, deutscher Handel und deutsche Industrie unter der Führung des Deutschen Handelstages fortschreiten von Erfolg zu Erfolg, mit⸗ bauend an der Größe und miterhaltend die beste Friedensbürgschaft, die Stärke unseres Vaterlandes! Darauf erhebe ich mein Glas mit dem Rufe: Deutschlands Handel, Deutschlands Industrie, Deutschlands Schiffahrt hoch, hoch, hoch!“

Statistik und Volkswirtschaf

1 Zur Arbeiterbewegung. 1.“

In Solingen haben, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die Schuh⸗ macher den Tarif gekündigt. Sie verlangen Lohnerhöhungen, Ver⸗ kürzung der Arbeitszeit und außerdem, daß nur Mitglieder des Zentralverbandes deutscher Schuhmacher beschäftigt werden dürfen. Die Arbeitgeber stehen diesen Forderungen ablehnend gegenüber.

Die Bewegung unter den im christlichen Weinbergarbeiter⸗ verbande zusammengeschlossenen Winzern von Rüdesheim und den benachbarten Gemarkungen (vgl. Nr. 34 d. Bl.) hat, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, in einer Versammlung zu einer scharfen Entschließung der Arbeiter geführt, wonach den Arbeitgebern mit dem Ausstand ge⸗ droht wird, die bis zum 20. d. M. (heute) auf die Forderungen des Verbandes keine befriedigende Antwort erteilt haben.

8 Technik.

A. F. In der 324. Sitzung des Berliner Vereins für Luft⸗ schiffahrt Vorsitzender Geheimrat, Professor Dr. Miethe galt es an erster Stelle, einen Toten im Nachruf zu feiern, der sich die höchsten Verdienste um die Luftschiffahrt durch seine wissenschaftlichen Forschungen auf dem Gebiet der Meteorologie und durch die Organisation jener gleichzeitig in fast allen Ländern des Kon⸗ tinents erfolgenden Ballonausstiege erworben hat, die so viel zu unserer Kenntnis des Luftmeeres beigetragen haben. Professor Berson hatte es übernommen, von der Lebensarbeit dieses in den besten Mannesjahren hinübergegangenen Forschers, Teisserene de Bort, in warmen, anerkennenden Worten zu reden. Die Versammlung ehrte in der gewohnten Weise das Andenken des Verstorbenen, welcher 1902 der damals in Berlin tagenden internationalen Versammlung bei⸗ gewohnt hatte. Vom Vorsitzenden wurde hierauf ein Schreiben des Deutschen Luftschifferverbandes verlesen, das eindringlich vor dem Ueber⸗ fliegen der russischen Grenze warnt und die Bestimmungen wiederholt, daß gegebenen Falles die Landung sofort zu vollziehen ist. Zuwiderhandlungen werden vom Verbande mit dem Verlust der Führerzeugnisses bedroht.

Es folgte der Vortrag des Abends, den Direktor Dr. Hugo Eckener, Friedrichshafen, übernommen hatte. Sein Thema lautete: „Ueber den gegenwärtigen Stand der Motor⸗ luftschiffahrt, mit besonderer Berücksichtigung der Z⸗Fahrten des Jahres 1912“. Die Luftschiffahrt, so leitete der Redner seinen Vortrag ein, gestattet zurzeit noch kein abschließendes Gesamtbild ihrer Entwicklung. Diese ist in beständigem Fluß, und blickt man auch nur zwei Jahre zurück, so ist das heutige Bild von dem damaligen sehr abweichend. Der Meinungsstreit über die Vorzüge von starr, halbstarr, unstarr ist verstummt. Alle Systeme sind an sich gut, so verschiedenartig auch ihre Leistungsfähigkeit und damit ihr militärischer Wert ist. ie Hauptforderungen sind: Unbe⸗ dingte Sicherheit, große Schnelligkeit, die Fähigkeit, auch schlechtes Wetter zu überwinden, und große Nutztragkraft, um Höhen von mindestens 2000 m zu erreichen. In allen diesen Punkten hat das Zeppelin⸗Motorluftschiff gerade in den letzten 2 Jahren er⸗

hebliche Fortschritte gemacht. Gewisse Erfahrungen über die geeignetste

Bauart und Länge, über die besten Motorkonstruktionen, die richtigen Propeller, die beste Vertikalsteuerung sind, unbeschadet der auf weitere Vervollkommungen gerichteten Aufmerksamkeit, zu einer Art Abschluß gelangt, die Schwierigkeiten einer erheblichen Beschleunigung der Schnell⸗ fahrt von mindestens 20 Sekundenmetern dürfen als überwunden er⸗ achtet werden. Es liegt kein übertriebener Stolz in den Worten: Die Eroberung der Luft darf bald als vollendete Tatsache gelten. Fragt man nun, wie groß die Nutztragkraft eines Luftschiffes, d. b. seine Tragkraft für Besatzung, Betriebsmittel und Ballast sein müßte, so wird man ein Drittel der Gesamttragkraft hierfür fordern müssen. So liegt ungefähr das Verhältnis bei dem Marineluftschiff und dem Ersatz 21. Man könnte nun glauben, daß ein hesonders starker Auftrieb des Luftschiffes dem Streben in die Höhe besonders förderlich sein müsse, doch ist es viel besser, Maß zu halten. Eine noch nicht völlig zur Zufriedenheit gelöste Frage betrifft die Luftschiffhallen, wo die Luftschiffe Schutz im Ruhestand und sichere An⸗ und Abfahrt finden sollen. Das Ideal solcher Hallen wäre ihre Drehbarkeit. Dergleichen Hallen sind in einzelnen Ausführungen ja vorhanden, in einer Weite von 35 40 m; aber der hohe Kosten⸗ punkt erschwert ihre Anschaffuna. Die nicht drehbare Luft⸗ schiffhalle in Baden⸗Baden hat 180 000 gekostet, in drebkarer Gestalt bei 35 m Breite war sie auf 800 000 veranschlagt. Eine drehbare Doppelhalle von 60 m Breite sollte 2 Millionen Mark kosten. Man wird sich also vorderhand bescheiden müssen. Die Breite von 60 65 m hätte immerhin den Vorteil der Zuflucht für zwei Luftschiffe. Ein großes Fragezeichen erhebt sich über die Mögl der Verwendung von Motorluftschiffen für den Verkehr. Kleine Fahrten sind zu umständlich und kostspielig. Vielleicht aber kann einmal ein Verkehr über sehr große Strecken, z. B. Lene Hehrwlttlt burg, rentabel und wertvoll erscheinen. Daß die Motorluftschiffe solchen Aufgaben gewachsen sind, haben sie mehrfach erwiesen, z. B. auf der Fahrt Düsseldorf, Amsterdam. Hamburng. wenn auch ein fester Fahrplan sich nicht aufstellen läßt, sondern der Verkehr mehr gelegentlich bleiben wird. Aber es besteht außer⸗ dem die Wahrschemlichkeit, daß sich ein von Jahr zu Jahr wachsendes Reisepublikum bei Einrichtung regelmäßiger Fahrten zu den Luft⸗ schiffen drängen wird, namentlich im Verkehr zwischen großen Städten, sehr großen Verkehrszentren sowie über sehr schöne Strecken, die an sich Reize bieten. Wenn man von Berlin nach Frank umt a. M. mit dem Luftschiff in 3 Stunden fährt, statt in 5 mit dem S Düsseldorf von Frankfurt in 4, Kopenhagen von Hamburg in 7 Stunden durch Luftschiff erreicht, werden auch immer Leute da V ihren Vorteil bei Benutzung dieser Verkehrsgelegenheit . B. in Geschäften von großer Wichtigkeit. Es besteht also keine br.