nicht nur gute Handwerker erziehen, sondern aus ihnen auch gute Staatsbürger machen. Wir wünschen nicht, daß unsere Lehrlinge, wenn sie in den Flegeljahren aus der Schule enklassen werden, auf der Straße in schlechte Gesellschaft geraten. Man sollte nicht so leichtfertig wie bisher einen großen Handwerksbetrieb zum Fabrik⸗ betrieb machen, bloß weil 20 oder mehr Gehilfen beschäftigt werden. Selbst wenn er Maschinenbetrieb hat, gehört er doch immer noch zu den Handwerkshetriehen. Wir haben alle Ursache, den Handwerksstand zu schützen. Die soziale Gesetzgebung kostet dem selbständigen Hand⸗ werksmeister sehr viel Geld; sie ist entschieden ein Segen für den Arbeiterstand. Ich freue mich, daß man heute immer mehr dazu übergeht, wirkliche Gesellen heranzubilden, bedaure aber, daß die Ge⸗ sellenprüfung nicht obligatorisch ist. Wir wollen hoffen, daß der Geist der Förderung des Handwerks anhält. Die soziale Gesetzgebung war eine große Tat, eine gleich große wäre es, wenn man in der Gesetz⸗ gebung Mittel fände, den Mittelstand und Handwerkerstand zu erhalten. Abg. Dr. Schifferer (nl.): it dem Inkrafttreten der neuen Maß⸗ und Gewichtsordnung am 1. April 1912 wurde zugleich das Eichwesen neu geregelt und die Stellung der Eichmeister geändert. Wenn auch von den Behörden dabei wohlwollend verfahren ist, so ist doch eine Anzahl älterer Eichmeister, die nicht in den Staatsdienst übernommen werden konnten, stellungslos geworden. Der Minister sagte in der Kommission, daß eine Entschädigung derselben Sache der Gememden sei; die Gemeinden sind aber durch die Aenderung des Eichwesens selbst stellenweise stark geschädigt, sie hätten die Eich⸗ meister lieber in ihren Stellungen belassen. Ich bitte den Minister, zu erwägen, ob sich nicht etwas für die stellenlosen Eichmeister tun läßt. Bei der Durchführung des Eichwesens haben sich manche Miß⸗ stände herausgestellt, namentlich wird nicht genug Rücksicht auf die ländlichen Bedürfnisse genommen. Der Fonds für das gewerbliche Fortbildungsschulwesen ist erfreulicherweise schon im vorigen Etat erhöht worden und wiederum in diesem Etat um 340 000 ℳ. Das ist eine ausgezeichnete Kapitalsanlage für unsere Volkswirtschaft im Sinne einer gesunden Mittelstandspolitik. Bei der wirtschafts⸗ politischen Bedeutung des Mittelstandes muß die helfende und rettende Hand des Staates eingreifen, wo die Selbsthilfe nicht ausreicht. Keine Selbsthilfe ist besser als die der guten Ausbildung der Jugend. Die Bedeutung des gewerblichen Genossenschaftswesens wird an⸗ erkannt durch den Etatsfonds zur finanziellen Unterstützung der Ge⸗ nossenschaftsverbände. Bei der Regelmäßigkeit dieser Etatsforderung sollte sie aber aus dem Extraordinarium in das Ordinarium hinüber⸗ gebracht werden. Von einem Antrag, die Summe zu erhöhen, haben wir wegen der Erklärung des Ministers in der Kommission, daß er den gewerblichen Genossenschaften sein besonderes Interesse zuwende und nötigenfalls den Fonds erhöhen wolle, Abstand genommen. Für den Handelsminister wi d es eine interessante und dankbare Aufgabe sein, die Ueberleitungen zu der modernen wirtschaft⸗ lichen Entwicklung im Zeitalter der intensiven Bodenbewirtschaftung und der Elektrisierung aufmerksam zu verfolgen, um rechtzeitig damit etwa verbundene Schäden auszugleichen. Ich sehe die Zeit kommen, wo die große Anzahl der großen und kleinen Ueberlandzentralen sich miteinander verbinden werden. Um den Aursgleich unter ihnen ohne Verluste zu ermöglichen, wäre es wünschenswert, gewisse Normatiwbestimmungen hinsichtlich der Spannung, der Motoren, der Dynamomaschinen, der Lampen usw. zu geben, zwar nicht durch gesetzliche Bestimmungen, sondern durch freie Vereinbarung zwischen dem Minister und den Interessenten. Die Elektrizitäts⸗ verkaufszentralen sind von 148 im Jahre 1895 auf 2520 im Jahre 1911 estiegen und die abgegebene Elektrizitätsmenge in Kilowatt ist von 89 941 im Jahre 1895 auf 2 477 769 im Jahre 1911 gestiegen. Auch das ist ein Maßstab für die gewalti e Entwicklung unseres Wtrischaftslebens. Daran hat eine ganze Reihe von Faktoren mit⸗ gewirkt, selbstverständlich nicht allein die Wirtschafts⸗ und Zollpolitik; es ist richtig, daß auch die Bevölkerungszunahme daran Anteil hat, aber mit Recht kann gesagt werden, daß einer der Hauptfaktoren eine vernünstige Schutzzollgesetzgebung gewesen ist. Die einzelnen Produk⸗ tionszweige haben auch gegenseitig Verständnis gewonnen und einsehen gelernt, daß der eine ohne den anderen nicht auskommen kann. An der Förderung unseres Wirtschaftslebens sind auch unsere Großhanken beteiligt gewesen; ich sage das ausdrücklich angesichts der Angriffe, die der Abg. Rahardt zu meinem großen Bedanern in solcher Ver⸗ allgemeinerung gegen die Berliner Großbanten gerichtet hat. Ein Teil der Berliner Großbanken hat überhaupt kein Interesse am Immobilienmarkt und legt darauf keinen Wert. Unsere Wirtschafts⸗ politik und Zollgesetzgebung stellt ein einheitliches Ganze dar, aus dem man nicht einen Stein herausnehmen kann, ohne das ganze Gebäude zu gefährden. Das ist auch die Auffassung der meisten bürgerlichen 1“ Daß die Sozialdemokraten sie nicht teilen, ist selbstver⸗ tändlich. Aber anders liegt es beim Freisinn. Wenn auch in der fortschrittlichen Volkspartei manche Ketzer auf schutzzöllnerischen Bahnen wandeln, so sind doch die autoritativen Erklärungen des Abg. Wiemer maßgebend, daß seine Partei die Schutzzölle abbauen wolle. Die Fort⸗ schrittspartei spricht vom Abbau der Schutzzölle und besonders pro⸗ nunziert von dem Abbau der Futtermittelzölle, aber sehr wenig von dem Abbau der Industriezölle und noch viel weniger von dem Abbau der Viehzölle. Ich sehe darin einen Widerspruch. Die Herren wollen einerseits die Städte mit billigem Fleisch versorgen, andererseits dem deutschen Bauern als dem Träger der Vieh⸗ produktion helfen. Der deutsche Bauer behält aber lieber die Viehzölle und nimmt dafür die Futtermittelzölle in Kauf. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß unsere Wirtschafts⸗ politik unsere Industrie und Landwirtschaft gefördert hat, und daß es auch dem Handel und Export möglich gewesen ist, bei unserer Wunrsschaftspolitik sich genügend auszubreiten. Die statistischen Zahlen über unseren Export beweisen, daß unsere Wittschaftspolitik sich hewährt hat. Aber ebenso wichtig, vielleicht noch wichtiger als der Auslandsmarkt, ist der innere Markt, an dessen Stärkung wir das größte Interesse haben. Im vorigen Jahre ist eine große Anzahl von deutschen Industriellen unter Führung von Professor Sehring nach Rußland gegangen zur Kenntnisnahme der großen russischen Agrar⸗ reform, die jetzt durchgeführt wird. Durch diese Reform wird zweifellos eine intensive Bewirtschaftung des Bodens stattfinden und auch in Rußland eine Kräftigung des inneren Marktes eintreten, wie es bei uns der Fall ist. Daraus folgt, daß sich unserer Industrie und unserem Handel in Rußland ein vorzügliches Absatzgebiet eröffnet. Es erscheint mir daher angebracht, auch von dieser Stelle einmal die deutsche Industrie auf dieses lohnende Absatzgebiet aufmerksam zu machen. Der Abg. Borchardt hat darauf hingewiesen, daß in diesem Hause bei der Beratung des Handelsetats lediglich von den Interessen der Handwerker, aber nicht von den Interessen der Arbeiter die Rede gewesen ist. Demgegenüber verweise ich auf die Arbeiten des Reichs⸗ tages auf dem Gebiet der Sozralpolitik. Aber auch wir in diesem Haus haben uns der Arbeiterinteressen genau so angenommen wie die Herren der Sozialdemokratie. Der Abg Borchardt hat den Gewinn der Unternehmer zu den Löhnen der Arbeiter in Beziehung gesetzt. Der Abg. Borchardt hätte uns aber dann auch die Löhne angeben müssen, welche die Arbeiter derselben Erwerbsgruppe beziehen. Wenn der Abg. Borchardt behauptet, daß die Arbeiter an dem wirtschaft⸗ lichen Aufschwung nicht teilgenommen hätten, so muß ich doch darauf aufmerksam machen, daß die Personen mit steuerpflichtigem Ein⸗ kommen jetzt 60 % der gesamten Bevölkerung ausmachen, während dieser Prozentsatz früher 30 % betrug. Ich will ferner darauf hin⸗
weisen, daß der Konsum an Fleüsch und ähnlichen Nahrungsmitteln
erheblich gestiegen ist, daß ebenso die Zahl der Sparkassenbücher ganz bedeutend gewachsen ist. Daraus geht doch hervor, daß alle Bevölk rungskreise an dem Aufschwung teilgenommen haben. Das ist auch zweifellos die Ansicht der Scozialdemokratie. Sie bestreiten das nur, weil die Verelendungstheorie zu den wichtigsten Grundsätzen des sozialdemokratischen Parteiprogramms gehört. Es fragt sich nur, ist die Anteilnahme des deutschen Arbeiters an dem wirischaftlichen Aüufichwung eine genügende. Ich gebe zu, daß der deutsche A beiter vielleicht mehr als bisher an dem wirtschaftlichen Aufschwung teilnehmen könnte, aber wenn Sie diese starke Verbesserungstendenz sehen, dann kann doch Ihr Bestreben nur darauf gerichtet sen⸗ die Grundlage dieser Verbesserungstendenz festzuhalten, wenn Sie lediglich
eine wirtschaftliche Besserung der Arbeiter erstreben und nicht etwa nur politische Macht erreichen wollen. Eine charakteristische Eigenschaft unseres deutschen Wirtschaftslebens ist, daß wir keine wirtschaftlichen Krisen erlebt haben, wie dies in Amerika und anderen Ländern der Fall gewesen ist. Wenn auch bei uns zuweilen eine gewisse Depression zu bemerken war, so werden Sie doch zugeben müssen, daß diese viel geringer war als in anderen Ländern. Das liegt daran, daß unsere Produzenten es verstanden haben, sich beizeiten Einrichtungen zur Regulierung des Marktes zu verschaffen. Das sind zum Teil unsere Syndikate. Die Syndikatspolitik hat sich bei uns in Deutschland zweifellos als wirk⸗ samer Faktor in unserem Wirtschaftsleben erwiesen. Die Syndikate verhindern das Verschleudern der Warre und das dadurch hervorgerufene übermäßige Sinken der Preise Sie verhindern wirtschaftliche Krisen oder schwächen solche ab und schaffen einen Damm gegen die Ver⸗ trustung. Andererseits sichern die (Syndikate unseren Arbeitern ruhige und stetige Arbeit. Allerdings müssen die Spndikate sich eine ge⸗ wisse ⸗Selbstbeschränkung und eine gewisse Mäßigung auf⸗ erlegen. Sie würden ihre Sympathie verlieren, wenn sie ihre Mäßigung nicht bewahren, sondern ihre Stellung dazu be⸗ nützen würden, um rücksichtslos ihre einseitigen Interessen zu vertreten. ich möchte den Minister bitten, daß er es an Geneigtheit nicht fehlen läßt, seinerseits ein Zustandekommen unserer Syndikate zu unterstützen. Bei der Bedeutung die unsere Syndikate in unserem Wirtschaftsleben haben, muß es wundernehmen, wenn bei uns Herren in hohen Beamtenstellungen Ansichten schrift⸗ stellerisch vertreten, die mit den von mir gekennzeichneten Grund⸗ sätzen offenbar in Widerspruch stehen. Es liegt mir hier ein Buch vor, welches von Dr. Kessel herausgegeben ist und sich betitelt „Der Organisationszwang“’. Was die Schlußfolgerungen dieses Buches anbetrifft, so bin ich sicher, daß sie den Herren von der äußersten Linken gefallen müssen. Der Ver⸗ fasser sagt: Die Syndikate sind Machtkörper, die die Staats⸗ hoheit beschränken, das Privatrecht außer Kraft setzen und Ab⸗ hängigkeitsverhältnisse schaffen, welche sich mit der allgemeinen Vor⸗ stellung der Rechtsgleichheit nicht vertragen. Aus dieser Auffassung heraus fordert er ein Einschreiten des Staates. Wie dies im Einzelfalle geschehen kann, legt er in folgendem klar. Bei der Kohle könnte man, so meint er, versuchen, durch Auflösen des Kohlen⸗ syndikats die freie Konkurrenz wieder herzustellen. Was das Roh⸗ eisen anlangt, so müßte man die Aufhebung des Roheisenzolles fordern. Es wird also wieder die Durchbrechung unseres Schutz⸗ zollsystems verlangt. Wer einen Blick in unsere ganze Volkswirt⸗ schaft hineinwirft, muß doch anerkennen, daß die Syndikate eine Notwendigkeit sind. Ich glaube, wenn der Verfasser eine bessere Kenntnis der praktischen Verhältnisse gehabt hätte, so würde er nicht zu derartigen Schlußfolgerungen gekommen sein. Der Verfasser hat sich dann auf Bismarck bezogen. Ich möchte ihm aber doch erwidern, daß ihm Bismarck vielleicht auseinand rgesetzt hätte, daß er seine Ideen nicht richtig aufgefaßt habe. Als Bismarck das Tabaksn onopol verlangte, tat er es, um unsere Reichsfinanzen zu sichern, und hat ganz bewußt dazu einen Gegenstand herausgesucht, der nicht ein allgememes Gebrauchsmittel, sondern ein Genußmittel ist. Die Träger derartiger Auffassungen sind nun Beamte, denen die Fürsorge der Interessen unseres deutschen Wirtschaftslebens anvertraut ist. Wenn man das Petroleummonopol gegen uns ins Feld führen will, so will ich doch hervorheben, daß es sich hier um Bekämpfung eines Trusts und einer ausländischen Macht handelt. Wir haben das Zutrauen zu der Regjerung, daß sie festhält an unserer bewährten Wirtschaftspolitik als Grundlage einer gesunden Weiterentwicklung unseres Volkes.
Ein Antrag auf Schließung der Besprechung wird ange⸗ nommen.
Abg Wenke (fortschr. Volksp.) bedauert als Handwerker, durch den Schluß verhindert zu sein, Handwerkerfragen vom liberalen Standpunkt zu besprechen.
Abg. Dr. Pachnicke (fortschr. Volksp.) bemerkt dem Abg. Dr. Schifferer, daß die Stellung seiner Partei zu den Fleischzöllen ihm längst bekannt sein müßte.
Abg. Rahardt (kons.) bemerkt, daß er selbstverständlich nicht g. Berliner Großbanken, sondern nur die Hypothekenbanken gemeint habe.
Das Kapitel des Ministeriums wird bewilligt.
Schluß 4 ½ Uhr. Nächste Sitzung Freitag, 11 Uhr (Wasser⸗ gesetz; Rawa⸗Gesetz; Oder⸗Gesetz; Antrag von Wenden wegen des Kinderelends; Petitionen).
Deutscher Handelstag.
In seiner gestrigen Vormittagssitzung beriet der Deutsche Han⸗ delstag zunächst über die Arbeitszeit der Arbeiterinnen und nahm folgende Entschließung einstimmig an: „Der Deutsche Handels⸗ tag hält Erleichterungen für die Beschäftigung von Arbeiterinnen für nötig und erhebt in bezug auf § 138 a und 139 a der Gewerbe⸗ ordnung folgende Forderungen: Dem Arbeitgeber soll gestattet sein, in besonders dringenden Fällen für die Dauer von drei Tagen sofort Ueberarbeit leisten zu lassen, unter der Be⸗ dingung, daß er gleich am ersten Tage der zuständigen Ver⸗ waltungsbehörde davon Kenntnis gibt und die Erlaubnis nachträglich einholt. Es soll unzulässig sein, daß die Be⸗ hö de die Erlaubnis von Ueberarbeit von der Zahlung eines höheren Lohnes abhängig macht. Für Gewerbezweige, in denen an einzelnen Tagen ein vermehrtes Arbeitsbedürfnis auftritt, insbesondere für die in der Kaiserlichen Verordnung vom 31. März 1897/17. Fe⸗ bruar 1904 bezeichneten Werkstätten der Kleider⸗ und Wäschekonfektion, sollen auf höchstens fünfzig Tage im Kalenderjahre Ausnahmen von den Bestimmungen des § 137 Absatz 1, 2, 4 mit der Maßgabe zu⸗ gelassen werden können, daß die tägliche Arbeitszeit zwölf Stunden. an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen acht Stunden nicht überschreitet und die zu gewährende ununterbrochene Ruhezeit nicht weniger als zehn Stunden beträgt. In der ununterbrochenen Ruhezeit müssen die Stunden zwischen zehn Uhr Abends und fünf Uhr Morgens liegen. Die Wahl der Ausnahmetage soll dem Arbeitgeber freistehen. Gewerbetreibende, die Arbeiterinnen über sechzehn Jahre auf Grund solcher Bestimmungen über die gesetzlich festgesetzte Zeit hinaus be⸗ schäftigen, sollen dies nicht vorher anzuzeigen brauchen; sie sollen ver⸗ pflichtet sein, an einer in die Augen fallenden Stelle der Werkstätte eine Tafel auszuhängen, auf der jeder Tag, an dem Ueberarbeit statt⸗ findet, vor Beginn der Ueberarbeit einzutragen ist. Eine solche Regelung ist durch den Bundesrat oder, falls dieser nicht dazu befugt ist, durch Gesetz vorzunehmen.“
„ Zum zweiten Punkt der Tagesordnung: „Schutz der Arbeits⸗ willigen“ wurde mit überwältigender Mehrheit folgender Antrag angenommen: „Der Deutsche Handelstag hat auf Grund der von ihm bei seinen Mitgliedern veranstalteten Umfrage die Ueberzeugung gewonnen, daß, um den Uebelständen bei Streiks im wesentlichen zu begegnen und die Arbeitswilligen nicht ferner dem Terrorismus der Streikenden in bisheriger Weise auszusetzen, ein ausgiebigerer und schnellerer, Schutz der Arbeitswilligen auf gesetzlichem Wege zu haffen sei.“
In der Nachmittagssitzung berichtete der Generalsekretär Dr. Soetbeer über den 1912 m Boston abgehaltenen internationalen Handelskammerkongreß; alsdann wurden Ergänzungswahlen für den Ausschuß vorgenommen, worauf die 38. Vollversammlung von dem Herrn Robin h Pena urg geschlossen wurde. .
Statistik und Volkswirtschaft. Ein⸗ und Ausfuhr einiger wichtiger Waren im Spezialhandel in der Zeit vom 1. bis 10. F bru
dder beiden letzten Jahre. “ dz = 100 kg.
————
Ausfuhr
1918 12 875 33 7288 y15 776
8 019 3 262 47 541 1 081 49 796 1 444
21 893 15 897 1 729
3 441 077 2 626 991 436 778 2 763 501 2 144 608110 857 978 2 159 406 1 998 853 18 722 1 380 14 619 285 209 322 223 214 643
Einfuhr 174 258 29 475
12 891 41 905 41 417
Warengattung
1912
Baumwolle.. 219 209 Flachs, gebrochen, ge⸗ schwungen usw.. . Hanf, roh, gebrochen, ge⸗ wungen usw. . . Jute und Jutewerg. Merinowo eim Echweiß Kreuzzuchtwolle im 111“3“ 14*“ Steinkohlen... Braunkohlen . . .. G gereinigt (Leucht⸗
“ Chilesalpeter... . Roheisen ... 21171 Rohluppen, Rohschienen,
Rohblöcke usw. . 3 910 Träger, eiserne ... 93 Eisenbahn⸗, “
bahnschienen ... Eisenbahnschwellen aus 4““ 8E““ Feingold, legiertes Gold,
Barren aus Bruch⸗
EEu““ Deutsche Goldmünzen. 1,02 1,16 4 04 9,g Fremde Goldmünzen. 1,15 0,29 0,90 0,27.
1 ¹) einschließlich der Eisenbahnlaschen und vunterlagsplatten aus
en.
Berlin, den 20. Februar 1913.
Kaiserliches Statistisches Amt. Delbrück.
1 060 397 5 381 329
466 854 219 925
380 333 272 356
9 647
1 868 513
) 290 à19 234 140 42 520
76 763 1 914
4,84 4,63 053
Der deutsche auswärtige Handel im Januar 1913.
Wie dem „W. T. B.“ mitgeteilt wird, haben im Handels⸗ verkehr des deutschen Zollgebiets mit dem Auslande im Monat Januar 1913 betragen: die Einfuhr 5418 071 t, außerdem 12 208 Pferde und 24 Wasserfahrzeuge (gegen 5 071 961 t, 9346 Pferde und 15 Wasserfahrzeuge im Januar 1912), die Aus⸗ fuhr 5 541 919 t, außerdem 537 Pferde und 44 Wasserfahrzeuge 4 849 997 t, 984 Pferde und 47 Wasserfahrzeuge im Januar 1919).
Die Werte erreichten im deutschen Außenhandel des Monats Januar Millionen Mark: in der Einfuhr 921,4 an Waren und 28,1 an Edelmetallen (gegen 819,7 und 14,6 im Januar 1912), in der Ausfuhr 752,1 an Waren und 20,4 an Edelmetallen (gegen 614,2 und 12,8 im Januar 1912).
Zur Arbeiterbewegung.
Die Mannschaft der der italienischen Schiffahrts⸗ gesellschaft Puglia gehörigen Schiffe ist, „W. T. B.“ zufolge, seit gestern morgen in eine Ausstandsbewegung eingetreten, weil die Ge⸗ sellschaft die verlangte Lohnerhöhung verweigest hat. In den Häfen von Bari, Brindisi, Catania und
zehn Schiffe fest.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
27. Winterversammlung der Deutschen Landwirtschafts⸗ gesellschaft.
Gestern nachmittag trat der Gesamtausschuß der Landwirt⸗ schaftsgesellschaft zu einer Sitzung zusammen. In dieser erstattete zunechst der Vorstand den Geschäftsbericht für die Zeit vom 1. Oktober 1912 bis 31. Januar 1913, der namentlich die Tätigkeit der einzelnen Abteilungen und Sonderausschüsse behandelte; die Mitgliederzabl der Landwirtschaftsgesellschaft hetrug am 1. Januar 1913 18 152 (gegen 17 900 am 1. Januar 1912). Nachdem dann über die im laufenden Jahre in Straßburg stattfindende landwirt⸗ schaftliche Wanderausstellung und über die Preisausschreiben für Felderzeugnisse und Geräte, die bei der nächstjährigen in
annover ausgestellt werden, Beschlüsse gefaßt worden waren, nahm Amtsrat Koch (Poppenburg bei Burgstemmen, K „Betrachtungen und Vorschlägen zur Förderung des Gemüsebaues und des Absatzes seiner Erzeugnisse“ das Wort und führte aus: 1907 wurde bereits festgestellt, daß der feldmäßige Gemüsebau in Deutschland sich auf eine Fläche von 165 000 ha ausgedehnt hatte. Er fand jedoch von seiten der landwirtschaftlichen Vertretungen und des Staates nicht die Beachtung, die seiner volkswirtschaftlichen Bedeutung entspricht. Diese ergibt sich jedoch 1) aus der nach Einführung des Gemüsebaues eintretenden höheren Einträglichkeit vieler landwirtschaft⸗ lichen Betriebe, vieler Baumschulen und Obstpflanzungen, 2) aus der Erfolg versprechenden Verwendung bei der Nutzbarmachung von Moor⸗ und Heideflächen, 3) daraus, daß der Gemüsebau als Mittel gegen die Landflucht und zur Aufbesserung der Lage vieler Arbeiter dienen kann, 4) aus dem jährlich steigenden Bedarf an Ge⸗ müse als wichtigem Nahrungsmittel, 5) aus der sich jährlich er⸗ höhenden Einfuhr von Gemüse aus dem Auslande. Es wird lange noch nicht genug Gemüse gegessen, und im In⸗ teresse auch der Volksgesundheit sollte mehr auf seine Gesundheit fördernde Wirkung hingewiesen werden. Doch schon aus vielen Gründen steigt der Bedarf an Gemüse ganz naturgemäß, ohne daß er bisher durch den Anbau gedeckt wird, was die steigende Einfuhr aus dem Ausland genügend beweist. Trotzdem sind die Meise, die die Gemüsezüchter erhalten, nicht hoch, wofür als Hauptgrund anzugeben ist, daß die Ware leicht verderblich ist und schnell losgeschlagen werden muß. Für Aufbewahrungsgelegenheiten, bessere Sortenwahl und Sortie⸗ rung und, wenn möglich, einen Ausgleich im Anbau und Absatz wäre zu sorgen. Anbau⸗ und Absatzverhältnisse sind noch wenig geregelt. Es hat dies seine Schwierigkeiten, denn man hat es mit vielen verschiedenen Pflanzenarten, mit früh⸗ und spätreifenden, mit Moden und Ge⸗ schmacksrichtungen zu tun. Selbsthilfe und Staatshilfe müssen ei treten. Man soll sich aber hüten, nun einen maßlosen Anbau von Gemüsen zu empfehlen, das wäre ein sehr gefährliches Experiment und könnte das Gegenteil hervorrufen. Man soll ihn nur fördern, wo er sich bereits bewährt hat, durch folgende Mittel: 1) Einrichtung
von Musteranstalten für Gemüsebau in den Gemüsebaumfttelpunkten,
Veranstaltung von Versuchen bezüglich der Düngung, Bearbeitung, Pflanzenzüchtung, Sortenwahl, der Ernte und des Versandes, 2) San fh. kung aller gewonnenen Erfahrungen und Verbreltung derselben durch Wor und Schrift, 3) Aufnahme des Gemüsebaues in den Lehrplan der segp⸗ wirtschaftlichen Lehranstalten, denen auch die Forschung über Schäd linge und Bekämpfung derselben aufzugeben wäre, wie auch Abhaltung von Kursen für Landwirtschaftslehrer und Gemüsezüchter, 4) Förn. rung des Verbrauchs und der Verwertung, 5) Veranstaltung 74 Studienreisen, 6) Vervollkommnung der Vorrichtung für S Entwässerung, 7) Bildung von Ausschüssen bei allen Lan
Venedig liegen bereits
Hannover) zu;
Igen A mung des
atschaftckammern, in deren Bezirk Gemüse angebaut wird, Veranstaltung von Ausstellungen, 9) Heranbildung von Sach⸗ sändigen. — Wie setzt man sein Gemüse ab? Aus dem mehr tnerischen Betrieb entweder direkt an die Haushaltungen oder Feilbieten auf dem öffentlichen Marktplatz. Hierbei viel verlust, mühevolle Nachtarbeit und dennoch nicht immer Möglichkeit, alles abzusetzen. Auch mocht sich hier die ländische Konkurrenz am meisten fühlbar,. Man muß daher über⸗ en, ob nicht durch Organisation zu gemeinsamem Verkauf manches hessern wäre. Ferner nimmt der Großhandel bedeutende Mengen Versorgung der Großstädte und Industriegebiete auf. Jedoch erlangt er große Mengen gleichmäßiger Ware, die ihm bei uns nicht rall so geboten werden, wie er es wünscht. Er greift dabei gern mmentlich auf Holland zurück, wo er jederzeit erhält, was gebraucht. Gutgehende Dauerwarenfabriken in möglichster Nähe die besten Abnehmerinnen für die Landwirtschaft. Wir haben i in Deutschland etwa 300, die die Ernte von etwa 80 000 bis 000 ha berarbeiten. Sie nehmen große Mengen schnell ab und en auskoͤmmliche und gleichbleibende Preise. Viele Landwirte auch mit Kapital an dieser Industrie beteiligt. Im meinen sind diese Fabriken jedoch nicht auf t, da hei guter Ernte immer gleich mit der Ware ge⸗ udert wird und eine große Schwierigkeit darin liegt, daß den Ausfall der Ernte nicht im voraus bestimmen kann doher mit den Vorverkäufen sozusagen im Dunkeln tappt. Je⸗ auch im Verkehr mit diesem Abnehmer gibt es noch manches zu sern und es ist auch hier ein Zusammenarbeiten von Züchtern und Fabriken sehr zu wünschen bezüglich der Sortenfragen, der Lieferungs⸗ bodinaungen, der Erziehung der Lieferanten usw. Der Absatz sollte erlichtert werden durch 1).schnelle und reichliche Berichterstattung über Ernteaus sichten, Preisbewegung usw., 2) Verbesserung der Trans⸗ vortgelegenheiten und richtige Tarifierung auf den Eisenbahnen, 3) Ver⸗ suche und Preisausschreiben zur Gewinnung geeigneter Aufbewahrungs⸗ methoden und Errichtung von Kohlscheunen, 4) genaue Statistik über An⸗ bau vnd Verbrauch, 5) Unterstützung von Bestrebungen zur Hebung des Verbrauches und der Verwertung namentlich in den Großstädten. Alle diese Forderungen, die für eine Förderung des Gemüsebaues zu stellen sind, können aber nur erfüllt werden, wenn 1) die Züchter durch fisten Zusammenschluß sich zur Selbsthilfe vereinigen und 2) der Staat und die landwirtschaftlichen Vereinigungen sie nach allen Richtungen hin kräftig üunterstützen. Der Deutschen Landwirt⸗ schaftsgesellschaft ist der Dank dafür auszusprechen, daß sie schon vor Jahren Mittel zur Förderung des Gemüsebaues bereitgestellt hat; aber auch einige Landwirtschaftskammern und landwirtschaftliche Vereine haben neben den Gemüsebauvereinen schon einiges geleistet. Hoffentlich gelingt es dem neuen Verband der deutschen Gemüse⸗ sichter, das Interesse und das tatkräftige Eintreten für diesen Zweig des Ackerbaues in Zukunft noch mehr zu heben. In den Aus⸗ führungen des Vortragenden konnte nur flüchtig auf die dielen Möglichkeiten der Förderung des Gemüsebaues ein⸗ gegangen werden, und es ließ sich nur feststellen, 1) welche Bedeutung ihm zukommt in bezug auf seinen Nutzen in der Landwirtschaft, seine Notwendigkeit für richtige Volksernährung und gegenüber der überhandnehmenden Einfuhr aus dem Auslande, 2) daß Anbau und Absatz nach vielen Richtungen hin sowohl durch Selhsthilfe wie auch durch solche von seiten der berufenen Ver⸗ 5 der Landwirtschaft der Unterstützung mehr als bisher beürfen. „ Dann folgten zwei Vorträge, die als eine Ausbeute gemeinsamen Beluchs der vorjährigen russischen Schafausstellung in Moskau und nüssscher Wirtschaftsbetriebe anzusehen sind: Schäfereidirektor Akarraß (Wald Sieversdorf) besprach die Schafzucht Rußlands, ihan gegenwättigen Stand und ihre Ziele und leitete daraus die nägliten Schlußfolgerungen für deutsche Zuchtverhältnisse ab; Vosfor Dr Aubhagen (Berlin) erörterte unter Benutzung von hern die Aussichten der Ausfuhr deutschen Zuchtviehs nach „Heute vormittag schloß die Tagung der Deutschen Landwirtschafts⸗ eesellchaft mit der Hauptversammlung, die im Kaisersaal des (Retaurants Rheingold“ stattfand. Nach geschäftlichen Mitteilungen till Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. von Rümter Pealin) einen Vortrag über die Steigerung der inländi⸗ schen Futtererzeugung, in dem er u. a. folgendes ausführte: sicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern wird se Frage der Selbständigkeit der Volksernährung mit Brot und fleisch aus eigener Produktion jetzt eingehend erörtert. Es ist satistisch nachgewiesen, daß Deutschland seinen Bedarf an Roggen, Kartoffeln und Hafer nicht nur augenblicklich, sondern bei gleicher Volk⸗vermehrung wie bisher mit Sicherheit auch für die Zukunft aus eigener Erzeugung decken kann. An Weizen und Gerste feblt es allerdings, aber die wichtigen Rücksichten auf den Hackfruchtbau brechen trotzdem dagegen, sie zollpolitisch anders zu behandeln. Ünser Fleischhedarf wird auch von Jahr zu Jahr in höherem Maße 8 eigener Erzeugung gedeckt, und die uns fehlende Menge ist bereits auf 4 5 % herabgesunken. Da unser Fleischverzehr sich überwiegend auf Schweinefleisch erstreckt und die Schweine sich überaus schnell ver⸗ nehren lassen, ist die Beseitigung dieses kleinen Fehlbetrages nur dch eine Frage kurzer Zeit, wenn wir an unserer bewährten Wirt⸗ baftspolitik festhalten und weder unseren Vieh, noch den Seuchenschutz bischwächen. Mit unserer Futtererzeugung haben wir vorwiegend zu terücksichtigen den Bedarf an Schweinen und Rindern, da sie zu⸗ sammen 90 % unseres Fleischverzehrs ausmachen, und das ist insofern fünstig, als die Futterbedürfnisse beider Viebgattungen in Zusammen⸗ neng mit einander zu bringen sind, indem bei Steigerung der Rind⸗ Uhbaltung und Milcherzeugung die Magermilch pasteurisiert die cweinehaltung in größerem Umfange den landwirtschaftlichen Groß⸗ b Fben ermöglicht, wodurch die Schwankungen auf dem Schweine⸗ Uar te ausgeglichen werden können. Wir zahlen bisher etwa 860 Mil⸗ nonen Mark im Jahre für zugekaufte Futtermittel, eine Summe, 6 mit weiterer Vermehrung unserer Viehbestände noch anwachsen duc wenn wir nicht gleichzeitig mit der Vermehrung des Viehs 9 an eine planmäßige Vermehrung der Futtererzeugung heran⸗ elen um uns durch Unabhängigkeit vom Auslande auch auf sesem Gebiete die Deckung unseres Fleischbedarfs zu sichern. ü festzustellen, an welchen Nährstoffen es uns bei dieser 4 ereinfuhr fehlt, berechnete der Referent aus den im Jahre 1912 heführten Futtermengen (die die bis dahin erreichten Höchstzahlen ) unter Zuhilfenahme des Nährstoffgehaltes dieser Futtermittel b den Tabellen des Mentzelschen Landwirtschaftlichen Kalenders eschläglich in großen Zügen, daß wir mit den vom Auslande ein⸗ ührten Futtermitteln zukaufen: ttwa 30 — 40 Mill. D.⸗Ztr verdauliche stickstofffreie Extraktstoffe, I11 8 verdauliches Rohprotein, 1 8 2 17 II 8 Rohfett, der 1 ½ 2 Fr „ verdauliche Rohfaser. ens ergibt sich, daß wir zu sorgen haben in erster Linie für 8 gesteigerte Erzeugung von Kohlehydraten, in zweiter Linie für ee gesteigerte Erzeugung von Protein: das fehlende Fett würde Nü ann von selbst ergeben. Zur Vermehrung der kohlehydrat⸗ fn Futtermittel ist in erster Linie gecignet der Hackfrucht⸗ *8 enn er liefert die größten Mengen an Erntegewicht, an Kohle⸗ aten und Geldwert von der Flächeneinheit. Er ist nicht nur für 8 rnährung unseres Volkes mit Brot und Fleisch, sondern auch 8* Futtererzeugung die wichtigste Grundlage und hat seinerzeit b 8 zur Vermehrung der Viehbestände durch seine Futtermassen b0 assung gegeben. DerReferent befürwortete daher die Ausdehnung ber ackfꝛucht aues (soweit es die A beiterverhältnsisse erlauben) auch hnse Grenzen der technischen Verwertung der Hackfrüchte hinaus. tan ging der Vortragende zur Besprechung der Melioration, sngnng und Pflege der Wiesen und Weiden über und innte, durch welche Mittel die Menge und Güte ihrer Erträge valgern sei. Als dritten Punkt betrachtete er den Körnerfutterbau cker und befürwortete hier die Ausdehnung und Inten⸗ Hafer⸗ und Futtergerstenbaues, berührte
die
Rosen ge⸗
fruchthaues, dessen zu große Ausdehnung die Ausnutzung von Preiskonjunkturen für reinen Hafer oder Gerste be⸗ schränkten, und ging dann zu einer kurzen Beleuchtung des Leguminosenbaues zur Körnergewinnung auf schwerem und leichtem Boden über. Als vierte Möglichkeit betrachtete der Referent den Rauhfutterbau auf dem Acker und die Maßnahmen zur Steige⸗ rung seiner Erträge nach Menge und Güte, wobei er darauf hinwies, daß hier die jetzt erst beginnende Pflanzenzüchtung noch große Auf⸗ gaben und eine Zukunft habe, unter Andeutung einiger Gesichtspunkte, die dabei zu verfolgen wären. Die wirtschaftliche Möglichkeit einer vollen Ausnutzung dieser Hauptgrundlagen heimischer Kuttererzeugung hänge aber von einer westeren Erhaltung des Zoll⸗ und Seuchenschutzes ab, denn nur auf dem Wege eines gesteigerten Aufwandes von Kapital und Arbeit im Landwirtschaftsbetriebe sei es möglich, die Selbständigkeit der Ernährung unseres Volkes mit Brot und Fleisch und der dazu erforderlichen Viehstände zu sichern, und dies sei nur so lange möglich, als es sich bezahlt macht. Die Landwirtschaft dürfe aber andererseits die Rücksichtnahme auf die Rentabelerhaltung ihrer Arbeit um so mehr beanspruchen, als die physische Möglichkeit zur Unabhängigkeit vom Auslande in genannter Beziehung unbezweifelbar vorliege, seeger als das platte Land der einzige Boden sei, der den Nachschub für alle Berufsklassen in den Städten, für unser Heer und unsere Beamten⸗ schaft liefert, und endlich als sie den Inlandsmarkt für unsere Industrieerzeugnisse darstelle, den wir nicht schwächen könnten, ohne zugleich auch mit dem Absatz unserer Industrieerzeugnisse in die ver⸗ hängnispollste Abhängigkeit vom Auslande zu geraten. — Im An⸗ schluß Lan die Ausführungen Dr. von Rümkers behandelte noch 11“ Piufssor 111 1 Entwicklung der verschiedenen Betriebsformen der Nutzviehhaltung, also der Zucht⸗, Mast⸗ und Milchwirtschaft. 1E
Buenos Aires, 21. Februar. (W. T. B.) Nach der vor⸗ läufigen amtlichen Statistik wird trotz der anhaltenden Trockenheit ein Ernteergebnis von fünf Millionen Tonnen Mais erwartet. Die Qualität ist im allgemeinen ebenso gut wie die der vorjährigen
Ernte. Wohlfahrtspflege.
Der Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts Heimatpflege,
der, wie in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet wurde, am 19. Fe⸗ bruar zu seiner 17. Hauptversammlung im Architektenhause zu Berlin zusammengetreten ist, setzte gestern seine Beratungen fort. Ueber die Wilmowski⸗Stiftung zur Förderung kultureller Be⸗ strebungen auf dem Lande sprach der Geschäftsführer Henseling. Eine umfangreiche Ausstellung dieser Stiftung war in einem be⸗ sonderen Saale eingerichtet. „Frreiin Lita zu Putlitz sprach über „Zahnpflege in der Westprignitz“ und fühnte kurz aus, wie sich nach den fortgesetzten Untersuchungen namhafter Aerzte und Zahnärzte die Notwendigkeit einer Schulzahnpflege auf dem Lande herausgestellt habe. Sie zeigte dann, wie sie selbst in ihrem Heimatdorfe Retzin die Zahnpflege eingerichter habe und wie aus diesem kleinen Anfang heraus nun im Kreise Westprignitz die Schulzahnpflege anfange, sich weiter zu gestalten, da der Kreis selbst die Angelegenheit ins Auge gefaßt habe. Freiin zu Putlitz gab ihrer Erfahrung entsprechende Winke, wie sowohl praktisch als auch pekuntär die Schwierigkeiten einer derartigen Einrichtung verhältnismäßig leicht zu überwinden seien. „Sie betonte, daß ja alle Wohlfahrtseinrichtungen den lokalen Verhältnissen angepaßt werden müßten, und daß auch ihre vorgetragenen Erfahrungen nicht als vorbildlich, sondern als an⸗ regend aufgefaßt werden möchten.
Fräulein Elsa Hielscher (Panten) führte in einem Vortrage über
„die Mitarbeit der Frau in der Landgemeinde aus: Diese erweiterte Mitarbeit ist heute nicht nur wünschenswert, sondern dringend notwendig, und zwar aus folgenden Gründen: Soll die Ausgestaltung der Wohlfahrtspflege auf alle, auch auf die kleinsten Landgemeinden ausgedehnt werden — und nur in diesem Falle ist eine Hebung der Volkskultur auf dem Lande möglich —, so erfordert das eine große Zahl von besoldeten und ehrenamtlichen Hilfskräften. Abgesehen da⸗ von, daß vielfach männliche ehrenamtliche Hilfskräfte bei dem kleinen Kreise der überhaupt in Landgemeinden in Betracht kommenden Per⸗ sönlichkeiten nicht ausreichend vorhanden sein dürften, sind weite Gebiete sozialer und kommunaler Arbeit auf dem Lande eigentliche Arbeitsgebiete der Frau oder lassen doch deren Mithilfe sehr wünschenswert erscheinen, so z B. Kranken⸗ und Wochenpflege, Säuglings⸗ und Kinderfürsorge, die hauswirtschaft⸗ liche und landwirtschaftliche Forthildung unserer Frauen und Mädchen, Jugend⸗ und Waisenpflege, Vormundschaft, Wohnungs⸗ fürsorge, Bekämpfung des Alkoholmißbrauchs, Volksunterhaltung und Bildung. An zahlreichen Beispielen aus der eigenen Praxis zeigte die Referentin in anschaulicher Weise, wie umfangreich heute das Arbeitsfeld der gebildeten Frau auf dem Lande geworden ist, und wie lohnend die Arbeit gerade auf dem Lande sein kann. Man ist in der Regel nicht nur gewillt, in den Land⸗ gemeinden auf den genannten oder ähnlichen Gebieten die Frau zur Mitarbeit heranzuziehen, sondern auch oft bereit, sie an leitender Stelle mitarbeiten zu lassen. Sehr häufig hat sie hier nicht mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich der Stadtfrau in solchen Fällen bisweilen in den Weg stellen. Abgesehen von einzelnen weiblichen Persönlichkeiten, fehlt es jedoch auf dem Lande zurzeit vielfach noch — weit mehr als in der Stadt, eine Folge wohl der mangelhaften Organisation der Landbewohnerinnen — an Frauen, die geneigt und dazu genügend vorgebildet sind, sich auf den genannten Arbeitsgebieten zu betätigen. Darum muß es jetzt eine Hauptaufgabe aller an der Durchführung zeitgemäßer Reformen und Wohlfahrts⸗ bestrebungen interessierten Männer und Frauen in unserem deutschen Vaterlande sein, in jedem Landkreise Frauen in größerer Zahl heran⸗ zuziehen und sie für eine erweiterte soziale und kommunale Mitarbeit zu schulen. Pastor Konrad Schliemann aus Lanken in Mecklenburg sprach über „Gesangpflege auf dem Lande“: Die Pflege des Gesanges ist ein wichtiges Stück der ländlichen Behr dhlege und Heimatpflege. Durch den Gesang wird der Frohsinn ge⸗ hoben und die Liebe zur Heimat gestaͤrkt. Das Sangesleben der ländlichen Bepölkerung bedarf aber dringend der Pflege; denn es liegt zurzeit sehr danieder. Unser Volk s
und
8. singt viel zu wenig, und wenn es singt, so greift es oft zu minderwertigen Liedern. Es gilt, die schönen deutschen Volkslieder wieder heimisch zu machen in den Herzen und Häusern. Zu solcher Gesangpflege ist vor allem die Schule berufen; sie miß dafür sorgen, daß das Kind beim Ab⸗ gang von der Schule über einen reichen Schatz von Liedern und Melodien verfügt. Noch mehr aber kann das Haus tun. In jedem Hause sollte so viel wie möglich gesungen werden; auch Gesellig⸗ keiten, die tägliche Andacht u. a. können in den Dienst der Sache gestellt werden. Endlich kann auch die Kirche mit ihren Gottes⸗ diensten viel zur Hebung des Gesanges beitragen. Die Hauptsache aber ist, daß jeder einzelne es sich angelegen sein läßt, nicht nur selbst zu singen, sondern auch andere zum Singen zu veranlassen. Je mehr unser Volk wleder ein singendes Volk wird, um so fröhlicher wird sein Sinn und um so größer seine Liebe zur Heimat werden. Der Vortrag wurde durch Volkslieder und Singtänze der „Spandauer Wandervögel“ ergänzt.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. (Nach den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ Nr. 8 vom 19. Februar 1913.) 8
Pest. - Vom 25. bis 31. Januar erkrankten 3 (und 1 (3) in Zagazig, 1 (1) in Aschmun,
Aegypten. starben 5) Personen, davon
ie Bedeutung und zweckmäßige Ausdehnung des Misch⸗
1 (—) in Gizeh, — (1) in Fayum.
Britisch Ostindien. Vom 12. bis
auf die Stadt Bombayp), 155 auf den
wara, 56 auf Moulmein 15 und 1), 23 Bengalen (davon 6 auf Kalkutta), 4 auf den Landbezirk Delhi
Niederländisch Indien.
Soerabaja 11 Erkrankungen. Für die 14. Januar sind nachträglich aus Paree 2 geteilt worden. Brasilien. 2. Januar 2 Erkrankungen und 1 Todesfall.
Cholera. Rußland.
Fall mehr bis zum 28. Januar. Türkei. Nach dem amtlichen
1 Erkrankung, und zwar am 28. Januar, festgestellt worden; die Ge samtzahl der Erkrankungen (und Todesfälle) seit dem⸗
v. J. betrug daselbst 2515 (1245). “ Pocken.
Durlach, Baden).
in Triest. Schweiz.
im Kanton Graubünden. Zanzibar.
Stadt Zanzibar 1
Personen, meist Inder, an den Po
Fleckfieber. 8 in Galizien. Preußen.
Genickstarre.
[und Kreisen] gemeldet worden:
Fene Stadt 1, Kattowitz Land 1 (1)) Schleswig 1 (Kiel]. Schweiz. Vom 26. Januar bis 1. Februar in des Kant. Graubünden 4 Erkrankungen.
Spinale Kinderlähmung.
angezeigt worden: Düsseldorf 1
[und Kreisen d1) [Recklinghausen Land].
Münster 1
teiermark. Verschiedene Krankbeiten. Pocken: Konstantinopel (26. Januar bis 8. Februar) 16, St
Paris 1,
St. Petersburg 4, Erkrankungen;
Februar) 6, Varizellen: Nürnberg
5. bis 11.
Krankenhäuser) 1 75 Erkrankungen; Reg.⸗Bez. Oppeln 1, Odessa 4, St. F 1 (Krankenhäuser) 2 Erkrankungen; Rückfallfieber: 3 Erkrankungen; dorf je 1 Erkrankung; Tollwut: Moskau 1 fall;, Influenza: Berlin 2, Braunschweig, Amsterdam 3, Antwerpen 3, Edinburg 1,
holm 32 Erkrankungen; Genickstarre: London 1, Rom 1 Todesfälle;
Graudenz
38, Amsterdam (5. bis
30, Hamburg Kopenhagen 45, London
in Nürnberg Budapest 61,
bruar) 42,
Rotterdam (5. bis 11. Februar) 24, Warschau (Krankenhäuser) 43,
hagen 41, London (Krankenhäuser) 28, New York 45, Wien 68
im Reg.⸗Bez. Posen 356, in Nürnberg 65, Hamburg 64, Budapest 90, 47, London (Krankenhäuser) 169, essa 27,
Hamburg 91, Budapest 31, London (Krankenhäuser) 126, New York 318, aris 69, St. Petersburg, Prag je 33, Stockholm 30. Wien 78;
Typhus in New York 52, Paris 31, St. Petersburg 51, Warschau (Krankenhäuser) 21.
Nr. 8. „Veröffentlichungen des
Gesundheitsamts“ vom 19. Februar 1913 folgenden Inhalt: Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. — Desgl. gegen Cholera. — Sanitätsbericht über die preußische Armee ec., 1909/10. — Gesetzgebung usw. (Deutsches Reich.) leischeinlaß⸗ stellen. — Stempelzeichen. — (Bayern.) Feuerbestattung. — (Württemberg.) Schafherden. (Sachsen⸗Weimar.) Infettisses Material. — (Mecklenburg⸗Strelitz.) Epidemische Krankheiten. — (Sesterreich.) Chlorkalziumlauge. — Azetan. — (Luxem⸗ burg.) Schlachtvieheinfuhr. — (Vereinigte Staaten von Amerifa.) — Nahrungsmitttel ꝛc. Tierseuchen im Auslande. Desgl. in Luxemburg, 4. Vierteljahr 1912. Desgl. in Ruß⸗ land, 3. Vierteljahr 1912. — Zeitweilige Maßregeln gegen Tierseuchen. (Deutsch Südwestafrika, Schweden.) — Vermischtes. (Norwegen). Infektionskrankheiten in Bergen, 1911. — (Türkei.) Sterblichkeit in Konstantinopel, 1910 und 1911. — Geschenkliste.
Wochentabelle über die Sterbefälle in deutschen Orten mit 40000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Aus⸗ landes. — Erkrankungen in Krankenhäusern deutscher Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Witterung. — Beilage: Gerichtliche Entscheidungen, betr. den Verkehr mit Nahrungs⸗ mitteln (Bier). 1
Wien 106; an Keuchhusten gestorben in Fürth, Offenbach — Er⸗ krankungen wurden angezeigt in Nürnberg 29, Budapest 28, Kopen⸗
New PYork 412, G „Paris 168, St. Petersburg 99, Prag 79, Wien 278; Diphtherie und Krupp im Landespolizeibezirk Berlin 186 (Stadt Berlin 110), in den Reg.⸗Bezirken Arnsberg 132, Düsseldorf 127, in
18. Januar erkrankten 3814 und starben 3121 Personen an der Pest. Von den Todesfällen kamen 1616 auf die Vereinigten Provinzen, 438 auf Bihar und Orissa, 364 auf die Heisheent ast Bombay (davon 4
taat Mysore, 149 auf das Punjabgebiet, 130 auf die Präsidentschaft Madras, 103 auf den Staat Hyderabad, 72 auf Rajputana und Ajmer Mer⸗ Burma (davon auf die Städte Rangun und auf die Zentralprovinzen, 8 auf
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2 auf Zentralindien und 1 auf die Nordwestgrenzprovinz. 2 Vom 15. bis 28. Januar wurden auf Java gemeldet: Aus dem Bezirke Malang 133 Erkrankungen (und 130 Todesfälle), aus Kediri 29 (26), aus Toeloengagoeng 2 Todesfälle, ferner aus Paree 35, aus Madioen 14 und aus Zeit vom 1. bis Erkrankungen mit⸗
In Rio de Janeiro vom 8. Dezember bis
g In Odessa sind vom 8. bis 21. Januar 5 Cholera⸗ erkrankungen mit 2 Todesfällen festgestellt worden, dagegen kein neuer
Ausweis Nr. 12 ist in Konstantinopel in der Zeit vom 28. Januar bis 1. Februar
November
Deutsches Reich. In der Woche vom 9. bis 15. Februar wurden 2 Erkrankungen festgestellt, und zwar je 1 in Gronau i. W. (Kreis Ahaus, Reg.⸗Bez. Münster) und in Grötzingen (Bez.⸗Amt
Oesterreich. Vom 26. Januar bis 1. Februar 1 Erkrankung Vom 26. Januar bis 1. Februar 1 neue Erkrankung
Zufolge Mitteilung vom 9. Januar sind in der cken erkrankt.
Oesterreich. Vom 26. Januar bis 1. Februar 86 Erkrankungen
In der Woche vom 2. bis 8. Februar sind 8 Er⸗ krankungen (und 5 Todesfälle) in folgenden Regierungsbezirken r Arnsberg 2 (2) [Hamm Stadt 1 (1), Hörde Lard 1 (1)]), Düsseldorf 1 (Essen Stadt]’, Magde⸗ burg 1 (1) [Magdeburg], Oppeln 3 (2) [Beuthen Land 1 1 (1),
1 Ortschaft
Preußen. In der Woche vom 2. bis 8. Februar sind 2 Er⸗ krankungen (und 1 Todesfall) in folgenden Regthrang . armen],
Oesterreich. Vom 19. bis 25. Januar 1 Erkrankung in
Petersburg 1, Warschau 2 Todesfälle; Losser in den Niederlanden Warschau 20, Budapest 44, New York 185, St. Petersburg 23, Prag 24, Wien Fleckfieber: Reg.⸗Bez. Oppeln 1 Todesfall; Warschau ( Odessa Milzbrand: Reg.⸗Bezirke Breslau, Düssel⸗ Todes⸗ Nürnberg je 1, Kopenhagen 4, London 24, Moskau 8, New York 6, Odessa 1, Paris 9, St. Petersburg 8, Prag 1 Todesfälle; Nürnberg 71, Kopenhagen 105, Odessa 57, Stock⸗ Geni New VPork 4, hristiania 2, New York 9 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen ist an Scharlach (Durch⸗ schnitt aller deutschen Berichtsorte 1895/1904: 1,04 %) gestorben in 1 — Erkrankungen wurden gemeldet im Landespolizeibezirke Berlin 176 (Stadt Berlin 103), im Reg.⸗Bez. Arnsberg 22 11. Fe⸗ r — (Kranken⸗ häuser) 209, New York 259, Paris 76, St. Petersburg 97, Prag 29,
Ferner wurden Erkrankungen gemeldet an: Masern und Röteln
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