1913 / 262 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 05 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht, aus Anlaß der diesjährigen Großen Kunstausstellung in Düsseldorf

die große goldene Medaille für Kunst dem Maler, Professor Eugen Kampf in Düsseldorfk, dem Maler, Professor Heinrich Hermanns in Düsseldorf; die goldene Medaille für Kunst dem Maler Max von Poosch in Wien,V—— dem Maler, Professor Adolf Münzer in Düsseldorf, dem Maler Hans Kohlschein in Düsseldork, dem Maler Wilhelm Schreuer in Düsseldorf, dem Bildhauer Friedrich Lommel in München, dem Maler, Professor Helmuth Liesegang in Düsseldorf zu verleihen. .

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Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten. Der Maler Ulrich Hübner in Lübeck ist zum Vorsteher des Meisterateliers für Landschaftsmalerei an der Königlichen Akademie der Künste in Berlin ernannt worden.

Dem Seminardirektor Löwer ist das Direktorat des Lehrerseminars in Frankenberg verliehen worden. 8

Königliche Akademie der Künste zu Berlin.

Bekanntmachung. Den für das Jahr 1913 auf dem Gebiete der Bildhauerei aus⸗ geschriebenen Schmidt⸗Michelsen⸗Preis im Betrage von 1500 zu Stipendienzwecken haben wir auf Grund des Urteils der Preisrichter dem Bildhauer Willy Kluck in Charlottenburg ver⸗ liehen. Berlin, den 5. November 1913.

Der Senat, Sektion für die bildenden Künste. Ludwig Manzel.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten. Die Oberförsterstelle Wetzlar im Regierungsbezirk Koblenz ist zum 1. Januar 1914 zu besetzen; Bewerbungen müssen bis zum 20. November eingehen. 8

Nichtamtliches.

Preußen. Berlin, 5. November 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Ministers der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach und des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini

entgegen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sitzung.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. Flußkanonen⸗ boot „Vaterland“ am 3. November in Tschingkiang und

we“ am 4. November in Tanga eingetroffen.

Bayern. 6

Das Gesetz⸗ und Verordnungsblatt vom gestrigen Tage

veröffentlicht das von der Kammer der Abgeordneten am

30. Oktober und der Kammer der Reichsräte in der gestrigen

Sitzung angenommene Gesetz über die Reg entschaft. Damit hat der Entwurf Gesetzeskraft erlangt.

Auf Grund Allerhöchster Ermächtigung ist der Geheimrat und Ministerialrat a. D. Ritter von Grashey als Kom⸗ missar zu den Landtagsberatungen über die Beendigung

der Regentschaft abgeordnet worden.

u Beginn der heutigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten überreichte der Ministerpräsident Dr. Feficherr von Hertling dem Präsidenten der Kammer ein Schriftstück mit dem Ersuchen, es sofort zur Kenntnis des Hauses zu

bringen. (Das Haus hatte sich erhoben. Es herrschte lautlose Stille.) Der Präsident Dr. von Orterer verlas, wie „W. T. B.“ meldet, dann folgendes Aller chstes Schreiben:

Seine Majestät König Otto waren schon bei Anfall der Krone durch schweres Leiden gehindert, die Regierung des Landes zu übernehmen. Während der nun 27 jährigen Regentschaft ist eine Besserung des Leidens nicht eingetreten. Es be⸗ steht auch keinerlei Aussicht, daß Seine Majestät jemals regierungsfähig werde. Gemäß Titel 2 § 21 der Verfassungs⸗ urkunde des Königreichs Bayern vom 26. Mai 1818 in der Fassung des Gesetzes vom 4. November 1913 erklären Wir hiermit die Regentschaft für beendet und den Thron als erledigt. Wir beauftragen Unser Gesamtstaatsministerium, dem gegenwärtig versammelten Landtage die Gründe, aus denen sich die dauernde Regierungsunfähigkeit Seiner Majestät des Königs ergibt, zur Zustimmung anzuzeigen.

Gegeben München, den 5. November 1913.

Ludwig, Prinz von Bayern, 6 des Königreichs Bayern Verweser. Es folgen die Gegenzeichnungen der sämtlichen Staatsminister. Der Präsident Dr. von Orterer teilte hierauf mit, daß 1 ihm noch eine weitere Kundgebung zugegangen ist, die dem Lande sofort mitgeteilt werden soll. Der Prüsident verlas hierauf die folgende Proklamation Seiner Majestät des Königs Ludwig III.: Ludwig III., von Gottes Gnaden König von Bayern, 85 bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und Schwaben usw., Beavyerns Herrscherhaus und Volk empfinden seit mehr als 27 Jahren mit tiefer Betrübnis, daß Seine Majestät König Otto durch schwere Krankheit an der Regierung verhindert ist. Die Art des Leidens, von dem Unfer vielgeliebter Herr Vetter seit vielen Jahren be⸗ fallen ist, schließt jede Möglichkeit einer Besserung aus. Die ernste Sorge um das Wohl des Landes hat Uns zu dem schweren Entschluß bestimmt, auf Grund der Verfassung die Regentschaft für

folge eröffnet und die Krone des Königreichs Bayern Uns als dem Nächstberufenen nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatisch⸗ linearischen Erbfolge zugefallen. Wir haben daher als König die Regierung des Landes angetreten und von dem Uns von Gottes Gnaden zu⸗ kommenden Königlichen Rechte vollen Besitz ergriffen. Den in der Verfassungsurkunde bestimmten Eid werden Wir in Gegenwart der Staatsminister, der Mitglieder des Staatsrats und der Abordnung der beiden Kammern des Landtages alebald leisten. Von dem verfassungsmäßigen Rechte, die während der Reichs⸗ verwesung vollzogenen Besetzungen erledigter Aemter zu widerrufen, mache Ich keinen Gebrauch. Vielmehr verleihen Wir allen Er⸗ nennungen von Beamten während der Regentschaft hiermit Unsere Königliche Bestätigung. Wir verordnen, daß sämtliche Stellen und Behörden im Königreich die amtlichen Bescheide von nun an in Unserem Königlichen Namen ausfertigen und balten Uns gerne ver⸗ sichert, daß Unsere Beamten getreulich wie bisher ihre Aufgaben wahrnehmen werden. 2 Unserem Heere entbieten Wir Unseren Königlichen Gruß in der festen Ueberzeugung, daß es in unerschütterlicher Treue und erprobter Tapferkeit allzeit zu seinem Obersten Kriegsherrn stehen wird. Zu allen Angehörigen Unserer Erblande vertrauen Wir, daß sie Uns in unwandelbarer Treue anhängen und alle Pflichten gegen Uns als ihren rechtmäßig angestammten Landesherrn und von Gott gesetzten König erfüllen, wogegen Wir sie Unserer huldvollen Fehin aang versichern. Das bayerische Volk hat von jeher seinem Königshause, das mit ihm durch ein geheiligtes Treueverhältnis verbunden ist, hingebende Anhänglichkeit bewiesen. Wir erblicken darin eine sichere Gewähr, daß die Liebe des Volkes, die Wir als ein kostbares Kleinod von Unseren Vorfahren überkommen haben, auch fernerhin Unser Wirken geleiten werde, das auf das Wohl des geliebten Vaterlandes, auf sein Blühen und Gedeihen gerichtet ist. B In gläubigem Aufblick zu Gott, dessen gnädige Hand Bavern bisher geführt hat, erflehen Wir des Allmächtigen Segen und Beistand. b Gegeben in Unserer Haupt⸗ und Residenzstadt München, den 5. November 1913. Ludwig. Gegengezeichnet: Dr. Freiherr von Hertling. Dr. Freiherr von Soden⸗Fraunhofen. von Thelemann. von Breunig. von Seidlein. Dr. von Knilling. Freiherr von Kreß.

Auf Allerhöchsten Befehl der Ministerialrat im Königlichen Staatsministerium des Innern: Knözinger.

Sodann teilte der Präsident mit, daß an das Kammer⸗ präsidium unterm 5. November folgende Vorlage des Gesamt⸗ staatsministeriums gerichtet worden sei:

Seine Majestät der König haben geruht, das Gesamtstäaats⸗ ministerium zu beauftragen, dem Landtage die Gründe, aus denen sich die dauernde Regterungsunfähigkeit Seiner Majestät des Königs ergibt, zur Zustimmung anzuzeigen. Wir beehren uns daher, dem Landtage und zwar zunächst der Kammer der Abgeordneten drei ärztliche Gutachten vom 25. Oktober 1886 und vom 25. Oktober und 1. November 1913, und zwar in Urschrift mitzuteilen und den Antrag zu stellen, der Landtag wolle anerkennen, daß am 4. November die verfassungsmäßigen Voraussetzungen für die Beendigung der Regent⸗ schaft haben.

Der Präsident Dr. von Orterer wandte sich dann mit folgenden persönlichen Worten an die Abgeordneten:

Meine Herren! Sie haben die außerordentlich bedeutsamen Mitteilungen der Königlichen Staatsregierung und die Prokla⸗ mation Seiner Majestät unseres Allergnädigsten Königs Ludwig III. vernommen. Habemus regem! Es trifft sich gut und glücklich, daß der Versammlung der Abgeordneten des bayerischen Volkes zuerst die Gelegenheit zur Huldigung gegenüber dem Landes⸗ herrn geboten wird. Sie sei kurz in treu bayerischer Art dar⸗ gebracht, indem ich Sie bitte, meine Herren, zum Ausdruck unserer unwandelbaren Treue und der ehrerbietigsten Ergeben⸗ heit und unserer innigen Liebe und Ankhänglichkeit an unseren Allergnädigsten Herrn und König mit mir aus vollem Herzen, daß es in allen Gauen unseres geliebten bayerischen Landes laut und allseitig widerhallt, einzustimmen in den Ruf: Seine Majestät unser vielgeliebter König Ludwig III., er lebe hoch!

Laut und getragen von freudiger Begeisterung erscholl das brausende Hoch durch den Saal.

Der Präsident Dr. von Orterer fügte dann noch hinzu: Es entspricht dem denkwürdigen Moment, in dem wir stehen, daß wir die Sitzung aufheben. Ich bitte aber die Herren, noch einen Augenblick zu verweilen, um die ärztlichen Gutachten und die Unterlagen entgegenzunehmen. Die Beratungen darüber schlage ich Ihnen vor, morgen nachmittag vor⸗ zunehmen. Das Haus war damit einverstanden. Es folgte darauf eine kurze geheime Sitzung.

u“ Braunschweig. Die amtlichen „Braunschweigischen Anzeigen“ bringen folgenden Erlaß Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Ernst August zur Kenntnis:

Anläßlich der Thronbesteigung sind Mir und der Herzogin, Meiner Plich her aus allen Kreisen der Bevölkerung, von Stadt⸗ und Landgemeinden, von Vereinen und Privatpersonen, Glück. und Segenswünsche in der herzlichsten Form und in solchem Maße zu⸗ gegangen, daß es Uns unmöglich ist, jedem Einzelnen dafür zu danken, wie Wir gern möchten. Es bleibt uns daher nur dieser Weg, allen Beteiligten ebenso herzlich wie aufrichtig Unsern Dank zu sagen.

Der Uns von dem Augenblick des Betretens braunschweigischen Bodens und beim Einzuge in Unsere Haupt⸗ und Residenzstadt von allen Schichten der Bevölkerung bereitete überaus herzliche und fest⸗ liche Empfang hat Unseren Herzen außerordentlich wohlgetan. Hoch⸗ erfreut und tiefbewegt sprechen Wir hierfür der gesamten Bevölkerung Unseres lieben Herzogtums Unseren wärmsten Dank aus.

weig, den 3. November 1913, v1 1 Ernst August.

In der gestrigen Sitzung des Landtags wurde zunächst die Vereidigung der Mitglieder auf Seine König⸗ liche Hoheit den Herzog Ernst August und seine Thronerben vorgenommen. Zu der Anfrage, ob eine Antwort auf die Thronrede erteilt werden soll, stellte der Präsident namens der Staatsrechtlichen Kommission eine Resolution zur Ab⸗ stimmung, die nach einer Meldung des „W. T. B.“ besagt:

Die Landesversammlung nehme mit innerster Befriedigung von dem Inhalte des landesfürstlichen Patents vom 1. d. M. Kenntnis und gedenke dankbar der hochherzigen Entschlüsse Seiner Majestät des Kaisers, Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs von Cumberland sowie der selbstlosen Bemühungen Seiner Hoheit des Herzogs zu Mecklenburg, durch deren gemeinsames Zusammenwirken die das Land hoch beglückende Megenung seiner Geschicke erreicht worden ist. Mit nicht geringerer Befriedigung begrüße die Landesversammlung die Thronrede und die darin zum Rusbruch gelangende Auffassung von der hohen Bedeutung des Herrscherberufes und spreche ihre Bereit⸗ willigkeit aus, in treuer Mitarbeit mit dem angestammten Landes⸗ fürsten das Wohl des Landes zu fördern.

Nach der Annahme dieser Resolution verlas der Präsident ein höchstes Dekret, durch das der au ßerordentliche Land⸗ tag geschlossen wird. In das Hoch auf Seine Königliche Hoheit den Herzog, das der Präsident ausbrachte, stimmten die

Sache der Staatsregierung sei.

Oldenburg.

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sich ein Zwischenfall, der große Erregung hervorrief. Wie „W. T. B.“ berichtet, wurden die Sozialdemokraten, als sie bei dem Hoch auf den Landesfürsten sitzen blieben, von den Führern der Agrarier und der Zentrumspartei aufs schärfste angegriffen. Der agrarische Abgeordnete Müller nannte das Sitzenbleiben eine des Großherzogs und einen Bruch des Eidschwures der Abg

der Regierung dagegen an. aber jedes Einschreiten ab mit dem Bemerken, daß dies nicht

eordneten und rief die Hilfe Der Minister Ruhstrat lehnte

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ODesterreich⸗ungarng. 8 In der gestrigen Sitzung des ungarischen Abge⸗

ordnetenhauses verlas Graf Apponyi eine Erklärung sämtlicher Fraktionen der Opposition, in der nach einer Meldung des „W. T. B.“ gesagt wird:

Die Opposition könne in diesem Parlament, in dem eine mit

militärischer Gewalt ausgerüstete Parlamentswache die Redefreibeit verletze, an den Verhandlungen zwar grundsätzlich nicht teilnehmen. Ethne icht darauf jedoch, daß hier ein förmlicher Feldzug gegen ämtliche f

Zerfassungsgarantien eröffnet werde und die auf der Tages⸗ ordnung stehende Vorlage über eine Reform des Schwurgerichts, die

die Geschworeneninstitution in verhüllter Form aufhebe, eine hervor⸗ ragende Verfassungsgarantie vernichten wolle, wolle die Oppositio

unter Se ihres grundsätzlichen Standpunktes ihre Stimme bei der Beratung dieser Vorlage erheben. Der Präsident erklärte, daß der Protest gegen die durch die Hausordnung eingeführte Parlamentswache keine Bedeutung

Benedek eine Rede, in der er gegen die Vorlage über eine Reform des Schwurgerichtsverfahrens eingehend polemi⸗ sierte. Gegen Schluß der Sitzung erhob sich großer Lärm, weil bei der Festsetzung der Tagesordnung der oppsitionelle Abg. Lovaszy die Bestechungsangelegenheit zur Sprache brachte, trotz wiederholter Mahnungen des Präsidenten auf diese Abschweifung vom Gegenstande nicht verzichtete und sich in Schmähungen gegen die Mehrheit erging. Nach wieder⸗ holten Mahnungen des Präsidenten wurde die Sitzung auf⸗ ehoben. Die Parlamentswache erschien im Saal, um die hanptsächlichsten Ruhestörer, die Abgeordneten Lovaszy, Abraham und Johann Justh, zu entfernen. Jedoch ver⸗ ließen sämtliche Mitglieder der Opposition den Beratungssaal. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen. 16

Großbritannien und Irland.

lung von über 6000 Geschäftsleuten, die ein Kapita von fast 100 Millionen Pfund Sterling vertraten, wurde, wie „W. T. B.“ meldet, einstimmig eine Resolution angenommen, in der die Zahlung sämtlicher Steuern verweigert wird, sobald irgendein Versuch zur Anwendung der Homerulebill gemach werde, und in der die Sympathie mit der Organisation von Freiwilligen für Ulster ausgedrückt wird.

Frankreich. 1““ In der gestrigen Sitzung des Ministerrats verlas, wie gründung des Haushaltsplans für 1914, den er der Kammer am Nachmittag vorlegte. Der Ministerrat billigte den Gesetz entwurf, betreffend die Erbschaftssteuer auf Kapitalvermögen, und sprach sich im Prinzip für eine Anleihe aus, deren Einzel⸗ heiten später beraten werden sollen. Der Kriegsminister machte von einem Zusatzgesetzentwurf zu dem Gesetze über die drei

betreffend Vervollkommnung von Heereseinrichtungen, einbringen. Der Marineminister wird der Kammer einen Gesetzentwurf, betreffend die Zusammensetzung der Kadres und die Alters⸗ grenze für Marineoffiziere, vorlegen. Das Parlament hat gestern seine Sitzung wieder auf⸗ genommen. In der Deputiertenkammer legte der Finanz⸗ minister den Etatentwurf für 1914 vor. Trotzdem der Ministerpräsident Barthou obiger Quelle zufolge erklärte, es sei unmöglich, die Wahlreform in beiden Kammern vor dem Ende der Legislaturperiode zum Abschluß zu bringen, beschloß die Kammer mit 291 gegen 273 Stimmen, an erster Stelle die Wahlreform zu erörtern. Barthou trat für die Erörterun der Entwürfe zur Verteidigung der Laienschule ein. Die Kammer beschloß mit 441 gegen 123 Stimmen, die Beratung der Schulgesetze an die zweite Stelle der Tagesordnung zu setzen. Darauf wurde die Sitzung aufgehoben. 1 Die Gesamtsumme der im Staatshaushalt für 1914 geforderten Kredite beläuft sich auf rund 5 373 300 000 Fr., di Vermehrung der Ausgaben beträgt ungefähr 681 Millionen, die durch die Einnahmen nicht gedeckte Summe wird auf 794 Millionen geschätzt. Wie „W. T. B.“ meldet, werden die hauptsächlichen Vermehrungen der Ausgaben hervorgerufer

die Anwendung des Gesetzes über die dreijährige Dienstzeit mit 170 Millionen und durch andere Kapitel für die nationale Verteidigung mit 157 Millionen. Der Finanzminister schlägt vor, vorläufig 404 Millionen Ausgaben für Marokko anzusetzen, für deren Aufbringung ein Anleihe⸗ entwurf vorgelegt werden wird. Ein Ueberschuß von 100 Millionen aus den Einnahmen des Jahres 1912 wird au

das Budget für 1914 übertragen werden. Der noch aufzu

bringende Rest von ungefähr 288 Millionen soll durch Tax⸗ berichtigungen und neue Steuern beschafft werden. Unter diesen sind hervorzuheben: eine Zusatzsteuer für den Verkauf von

Steinkohlen, Verdoppelung der Steuer auf Börsenoperationen

eine einprozentige Herabsetzung des Passiergewichts in de

Zollerklärungen und Ausdehnung der Stempelsteuer auf fremde an der Börse nicht gehandelte Wertpapiere.

Italien.

Der russische Ministerpräsident „W. T. B.“ meldet, gestern vormittag von Rom nach Paris abgereist. Am Bahnhof hatten sich zur Verabschiedung u. a. der italienische Minister des Auswärtigen Marquis di San Giuliano, der russische Botschafter Krupenski und der französische Botschafter Barrêre eingefunden.

Türkei. Vom „W. T. B.“ verbreiteten Mitteilungen aus türkischer Quelle zufolge bestehen bei den griechisch⸗türkischen Ver⸗

beendigt und den Thron als erledigt zu erklären. Hiermit ist die Thron⸗

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Anwesenden begeistert ein.

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handlungen außer den bereits bekannten Punkten auch

Bei der gestrigen Eröffnung des Landtages ereignete

und keinerlei Wirksamkeit besitze. Hierauf hielt der Oppositionelle

b 1 In einer gestern in Belfast abgehaltenen Versamm⸗

„W. T. B.“ meldet, der Finanzminister ein Exposé zur Be⸗

jährige Dienstzeit Mitteilung, den er am Nachmittag im Senat 8 vorlegte, und wird auch in der Kammer einen Gesetzentwurf,

durch die Mehrkosten für Marokko mit 202 Millionen, durch

Kokowtzow ist, wie

Meinungsverschiedenheiten über die Amnestie für ottomanische Soldaten griechischer Nationalität, die die Pforte nicht auch auf Deserteure ausdehnen will. Ferner will die Pforte die aus Neu Griechenland gebürtigen Bewohner der Türkei, die sich für die Annahme der griechischen Nationalität erklären, als ihre Untertanen betrachten, bis sie die Türkei verlassen haben. Griechenland verlangt, daß Vakufs, deren Einkünfte nach der Türkei fließen, von muselmanischen Gemeinden Griechenlands verwaltet werden, während die Pforte die Verwaltung einem durch den türkischen Vakufminister zu ernennenden Griechen übertragen will. Die Pforte stimmt der Ablösung der Vakuf⸗ güter zu und besteht auf der Erhebung des Zehnten von den

Vakufs. . Griechenland.

Die griechische Regierung hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ der Türkei für die Antwort auf die Be⸗ schlüsse der Friedensdelegierten eine neue kurze Frist bewilligt.

Vom Berge Athos wird obiger Quelle zufolge mit⸗ geteilt, daß Rußland beschlossen habe, den Plan eines Kon⸗ dominiums aufzugeben und direkt mit Griechenland über die Einverleibung der Halbinsel zu verhandeln, der die russischen Mönche unter der Bedingung zustimmen, daß Griechen⸗ land ihre erworbenen Rechte garantiert.

Serbien.

Bei der gestrigen Spezialdebatte über das Mora⸗ toriumsgesetz ist in der Skupschtina, wie „W. T. B.“ meldet, mit Zustimmung der Regierung das Moratorium für Wechselverpflichtungen bis zum 30. Januar nächsten Jahres verlängert worden. 8

Amerika.

Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge wird amtlich mitgeteilt, die amerikanische Regierung sei benachrichtigt worden, daß beinahe alle in Meriko diplomatisch vertretenen Mächte geneigt seien, den Vereinigten Staaten die Wiederher⸗ stellung einer verfassungsmäßigen Regierung in Mexiko zu überlassen.

In wohlunterrichteten Washingtoner Kreisen wird erklärt, daß im Einklang mit des Präsidenten Wilson Entschlossenheit, den Ausschluß Huertas herbeizuführen, Verhandlungen im Gange seien und im Zusammenhange damit eine Mitteilung in der mexikanischen Hauptstadt übergeben worden sei, die aber nicht den Charakter eines Ultimatums habe.

““ oloniales.

Nach einer Meldung von „W. T. B.“ aus Daressalam (Deutsch Ostafrika) trafen am 1. d. M. Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Leopold und Konrad von Bayern dort ein. Unter starker Beteiligung der Bürgerschaft fand ein festlicher Empfang statt. Die Prinzen, die im Hause des Gouverneurs wohnten, begaben sich nach zweitägigem Aufent⸗ halt in Daressalam nach dem Norden des Schutzgebietes, um dort etwa zwei Monate zu jagen.

Die Landessperre in den deutschostafrikanischen Bezirken Tanga und Wilhelmstal ist durch Verfügung des Gouver⸗ neurs aufgehoben worden. Die vorhandenen Eingeborenen⸗ reservate sind beibehalten, einige neue Reservate werden gebildet,

das sonst verfügbare Land wird an Europäer abgegeben. 11“ 8 1— 1

Flächeninhalt des Schutzgebiets Kamerun.

Eine genaue Ausmessung der von dem Schutzgebiet Kamerun ein⸗ genommenen Fläche auf der Karte 1:300 000 soll erfolgen, sobald die das neukameruner Gebiet betreffenden Blätter nach den Er⸗

gebnissen der Grenzexpeditionen umgearbeitet worden sind. Da hierzu noch längere Zeit erforderlich sein wird, wurde im geodätischen Bureau des Reichskolonialamts eine vorläufige Messung auf der Karte 1:2 000 000 ausgeführt. Letztere Karte ist erst in jüngster Zeit unter Berücksichtigung aller bereits vorliegenden Ergebnisse der Grenzexpeditionen bearbeitet worden. Die Ausmessung ergab für Kamerun, wie wir den „Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebieten“ (26. Band, 3. Heft) entnehmen, einen Flächenwert von 790 222 qkm. Die Unsicherheit der Messung auf der genannten Karte beträgt ungefähr +† 500 qkm, sodaß als Fläche von Kamerun ein abgerundeter Wert von 790 000 qkm an⸗ zunehmen ist. (Altkamerun hatte eine Fläche von 495 600 qkm; zum Vergleiche sei ferner angeführt, daß der Flächeninhalt des Deutschen Reiches 540 778 qkm ohne den Bodenseeanteil und die Küsten⸗ gewässer beträgt.) Das Areal der Gewässer, insbesondere der deutsche Anteil am Tschadsee, ist in dem Flächenwert enthalten. An der Kamerun⸗ mündung wurde die ideelle Küstenlinie geradlinig von Suelabaspitze nach Kap Kamerun gezogen. Das Areal der Kamerun⸗Bucht und der Krieks bis zum Bimbia⸗Fluß ist also ebenfalls eingemessen worden. Im Kriek⸗Gebiet von Rio del Rey wurde der Verlauf der ideellen Küstenlinie folgendermaßen angenommen: King Pt., Bakassi⸗Spitze (West), Umrisse der Bakassi⸗Halbinsel, Bakassi⸗Spitze (Ost), Erong⸗ Spitze, Südspitze der Fiari⸗Insel, Pelikan⸗Spitze

Sb

8. 1“ 8 ööe“ ““

i Auftrage des Reichskolonialamts herausgegeben, erschien im Verlage von Dietrich Reimer (Ernst Vohsen), Berlin, die von Max Moisel neubearbeitete Karte von Kamerun mit Nebenkarte von Togo im Maßstabe von 1: 2 000 000 (Größe 62 *% 82 cm, gefalzt in Umschlaa 5 ℳ, auf Leinwand aufgezogen in Taschenformat 7 ℳ, auf Leinwand mit Stäben zum Aufrollen 7,50 ℳ). Sie entspricht dem in amtlichen, kaufmännischen und wissenschaftlichen Kreisen schon wange empfundenen Bedürfnis nach einer einbläͤttrigen, handlichen, aber doch noch genügend Einzelheiten enthaltenden Uebersichtskarte von Alt⸗ und Neukamerun. Auf Grund der großen Karte von Kamerun 1: 300 000 unter Berücksichtigung aller neu eingegangenen Aufnahmen bearbeitet, stellt sie den neuesten Stand der ve Erforschung und Kennt⸗ nis des Schutzgebietes in hervorragend schöner Ausführung dar. Durch sauberen Stich, feine Abtönung des Flächenkolorits, Eintragnng der Gewässer in Blau ist eine Darstellung erzielt worden, die trotz der zahllosen Eintragungen eine vorzügliche Lesbarkeit gestattet. Dasselbe gilt von der Nebenkarte des Schutzgebiets Togo. Es sind auf beiden Karten alle wichtigen Ortschaften, Flüsse und Bäche, ferner die Eisenbahnen, Haupt⸗ verkehrswege, Kabel, Telegraphenlinien, Telegraphenanstalten, Funken⸗ telegraphenstationen, Postanstalten, Zollämter, Dampfschiffverbindungen, 8 administrative Einteilung, die Gerichtsbezirke, die Grenzen der Binnenschiffahrt und die Grenze des Urwaldes verzeichnet und zur Sefranschaulichung der allgemeinen Höhenlage sehr viele Höhenzahlen beigefügt. Die Lage Togos zu Kamerun, der Niger⸗Benue⸗Weg bis nr Golf von Gutnea und der Congoverkehr bis zum Atlantischen sind durch drei Nebenkärtchen in den Maßstäben von

125 000 000 und 1: 6 000 000 dargestellt.

starker Fruchtbarkeit.

Die Bevölkerung des russischen Reiches

betrug am 1. Januar 1912 (a. St.), wie die „Veröffentlichungen des Kalserlichen Gesundheitsamts“ einer vom Obermedizinalinspektorate in St. Petersburg veröffentlichten Drucksache entnehmen, 167 520 069 Seelen. Von diesen kamen 134 860 417 auf den europäischen und 32 659 652 = 19, %. auf den asiatischen Teil des Reiches. Die Zahl der Geburten während des Jahres 1911 wird auf 7 031 130 angegeben, d. s. bei Zugrundelegung der obigen Einwohnerzahl vom Ende des Jabhres 1911 auf je 1000 Einwohner 42,% (agegen 42,3 im Jahre 1910). Von der Gesamtzahl der Geburten entfielen 5 749 078 auf das europäische und 1 282 052 = 18,2 % auf das asiatische Rußland. Gestorben sind insgesamt 4 243 896 Personen = 25,3 (im Vorjahr 28,9) % der Einwohner, wovon 765 539 = 18,0 % auf das asiatische Gebiet kamen. Der Ueberschuß der Ge⸗ burten über die Todesfälle betrug somit 2 787 234, d. s. 16,6 ( Jahre 1910* 13,4) % der Bevölkerung.

Berichtigung.

In dem Artikel über „die Bewegung der Bevölkerung Bayerns in den Jahren 1911 und 1912 im Vergleich mit jener in früheren Jahren“, der in Nr. 261 d. Bl. (Erste Beilage) veröffent⸗ licht worden, ist im 4. Absatz versehentlich ein Satz weggeblieben; in⸗ folgedessen ergibt sich aus der veröffentlichten Mitteilung ein falscher Schluß. Richtigerweise muß es folgendermaßen heißen:

Indessen kommt es in der Bevölkerungspolitik nicht allein auf eine hohe Frus ben eächicis an, der entscheidende Faktor ist vielmehr der Aufwuchs, d. h. die Zahl der Kinder, die ins erwerbsfähige Alter hin⸗ übergebracht werden. Bekanntlich fällt ein großer Teil der Kinder schon in den ersten Lebenstagen und monaten wieder dem Tode anheim. Ihre Zahl ist nicht nur absolut, sondern auch verhältnismäßig am größten gerade in jenen Bezirken, wo auch die Fruchtbarkeit besonders hoch steht. Die Säuglingssterblichkeit, die in manchen Gegenden Bayerns noch heute eine sonst nirgends im Deutschen Reich beobachtete Höhe erreicht (bis zu einem Drittel der lebendgeborenen Kinder stirbt im ersten Lebensjahr), dezimiert die Schar der neugeborenen Kinder oft derart, daß Bezirke mit weit geringerer Fruchtbarkeit durch ratio⸗ nellere Pflege der Aufzucht (z. B. durch Stillen der Kinder an der Mutterbrust) einen größeren Aufwuchs erzielen, als Bezirke mit

* Zur Arbeiterbewegung.

Die Lohnbewegung der Angestellten der Großen Casseler Straßenbahn Akt.⸗Ges., die Ende September kurz vor der Tausendjahrfeier der Stadt Cassel fast zu einem Ausstand geführt hätte, dürfte, wie die „Frkf. Zta.“ erfährt, nunmehr beendet sein. Nachdem wiederholt Verhandlungen eines Ausschusses der Straßenbahner unter Mitwirkung des Gauleiters Knöler (Erfurt) mit der Direktion der Straßen⸗ bahn vorausgegangen waren, verhandelte am 2. d. M. der Aufsichtsrat der Straßenbahngesellschaft in dieser Angelegenheit. Er genehmigte auf Antrag der Direktion eine Gehaltsaufbesserung sowie die Errichtung einer Pensionskasse für die Angestellten, der aus dem Betriebsüberschuß des verflossenen Jahres eine Zuwendung von 30 000 zugeführt wird.

Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.) Kunst und Wissenschaft.

Die Ausgrabungen in Samarra, die von dem Professor

Friedrich Sarre und dem Privatdozenten Dr. Ernst Herzfeld mit 11“ der Generalverwaltung der Berliner Museen und der Kaiser Wilhelm⸗Gesellschaft unternommen wurden, haben in der mesopotamischen Wüste fast mehr als ein islamisches Pompeji auf⸗ gedeckt, nämlich keine unbedeutende Provinzstadt, sondern die kurz aber um so reicher blühende Hauptstadt eines Weltreiches. Samarra ist eine Schöpfung des Sohnes Harun al Raschids, der sich hier am Tigris, etwa 130 km nördlich von Bagdad, von 836 n. Chr. ab eine neue Residenz erbauen ließ. Der Name bedeutet: „Es freut sich, wer es sieht’. In zwei Jahren fertiggestellt, hat Samarra bis 883 die Kalifen beherbergt, dann kehrten sie nach Bagdad zurück. Heute hat der Ort nur noch 2000 Einwohner und eine gewisse Bedeutung als Wallfahrtsort für persische Pilger. Die Ruinen der Weltstadt be⸗ decken lnoch heute eine Fläche von 33 km Länge und 2 km Breite. Das Hauptziel der Grabung war, wie E. Brandenburg in der „Ortentalistischen Literaturzeitung“ berichtet, endgültig die Stellung zu bestimmen, die die große Moschee des Kalifen Mutawakkil in der Architekturgeschichte einnimmt. Sie wurde mit 15 Millionen Dirhem 12 Millionen Mark Kosten erbaut. Die Moschee bedeckt ein Gesamtareal von etwa ¼ qkm und bot mehr als 100 000 Betern Raum. Sie bestand aus vier um den Hof angeordneten Hallen. Die Haupthalle, der Haram, im Südende des Hofes, hatte 25 Schiffe von je 9 Jochen und ein Fenster an der Umfassungsmauer, dessen Lage aber an der Außenseite der Mauer nicht mit den Architekturformen dieser in Einklang gebracht worden ist. Das flache, nicht gewölbte Dach ruhte, wie die Herzfeld⸗ schen Ausgrabungen ergaben, auf Stützpfeilern. Damit reiht sich das Bauwerk in die Gruppe der Säulenmoscheen ein, zu der auch die in Medina und die des Mansur in Bagdad gehören. Auch Form, Lage und Schmuck des Mihrab konnten festgestellt werden. Die Hof⸗ fronten der Hallen sind leider nicht mehr sicher festzustellen. Im Hofe selber stand, wohl unter einer Kuppel, ein mächtiges Becken für die rituellen Waschungen, die „Tasse des Pharao“ benannt. Das Minaret, der Malwiyyah, ist ein gut erhaltener, mäßiger Spiralturm, ohne Gliederung mit äußerer Wandelrampe. Er 9” genau 50 m. hoch, und war durch einen Gang mit der Nordmauer der Moschee verbunden. Er liegt auf dem höchsten Punkt des Geländes und ist eine Tagereise weit sichtbar. Die Privathäuser in Samarra sind einstöckig, die verschiedenen Räume stets um einen Hof gebaut. Ihre Ruinen lassen eine genaue Nachbildung zu und geben ein anschauliches Bild einer hohen Zivilisation. Das Haupt⸗ interesse bietet ihr reicher Stuckschmuck, mit dem die Sockel der Wände und der Innenräume verziert sind. Drei beziehungsweise vier Stile sind zu unterscheiden. Der Stuck des ersten Stiles ist mit Formen hergestellt und hat deshalb ein stets sich wiederholendes Muster, das stilisierte Pflanzenmotive und altertümliche Arabesken zeigt. Der zweite und dritte Stil ist im Gegensatz zum ersten nicht im Flach⸗ schnitt, sondern in tief ausgestochenem Grund ausgeführt, und zwar nicht mit Formen, sondern mit der Hand modelliert. Arabesken kommen hier nicht mehr vor, mehr Quadrate, Ovale, Sterne u. a. m. Der dritte Stil entspricht technisch dem zweiten, nur ist er sehr viel verwickelter und reicher und die Weinranke tritt als ornamentales Element hinzu. Es lassen sich auch gewisse Muster zu einem vierten Stil zusammenfassen, der eine Wiederholung von Bordürenmustern bildet und sich im Vergleich zu den anderen primitiv ausnimmt. Alle⸗ Stile gehören derselben Zeit an. Ihre Abweichungen untereinander sind dadurch zu erklären, daß die auf dem Wege der Leüunzien zusammen⸗ fbrachten Arbeiter die Häuser im Stil ihrer Herkunftsorte schmückten. Man kann noch deutlich im ersten Stil koptische, im zweiten irakenische, im dritten mesopotamische Einflüsse erkennen. Trotz aller Verschiedenheiten haben aber doch alle Stile soviel Gemeinsames, daß man sie sämtlich unter dem Gesichtspunkt voll entwickelter abbasidischer Kunst hetrachten kann. Die Malerei ist besonders wegen der figürlichen Darstellungen interessant. Der nachweislich letzte große Bau Samarras wurde am Westufer des Tigris ausgegraben: Die Burg al Ashig und das Mausoleum Qubbat al Sulai⸗ bivyyah. Der Hauptbau der Burg ist ein Viereck von 93 und 140 Metern Seitenlänge. Er enthält Thronsäle, Ehrenhöfe und nghltse ssge das Mausoleum bestand aus einem quadratischen, kuppelüberwölbten Innenraum und einem achteckigen Umgang. Der

Bau ist genau zur großen Moschee gerichtet, im Boden fanden sich drei Beisetzungen. Endlich konnte noch der Palast von Balkuwara, durch eine Inschrift als von dem Prinzen Abu Abdallah Talhah zwischen 854 und 859 erbaut, bestimmt werden. Acht Millionen Mark hat er gekostet und umfaßte ein ungeheueres Mauerquadrat von 1250 Metern Seitenlänge, mit Türmen besetzt. An der Südwestseite lag in ihm ein zweites Mauerwerk. Er enthielt drei Höfe und 9 große Säle in Kreuzform; an der Uferseite standen reich geschmückte Pavillons. i e dadurch interessant, daß er das beste Beispiel alastes ist, wie er sich aus dem Legi 1nnastenf hean sich dem römischen e ionsla er Land⸗ und Forstwirtschttt. in Preußen zu Anfang November 1 913. uf Grund von 3354 rechtzeitig bei dem Königlichen Statistischen Landesamt eingegangenen Berichten der landwirtschaftlicen Ver⸗ trauensmänner über den Stand der Saaten in Preußen am Anfang daehe November wird in der „Stat. Korr.“ folgendes mit⸗ Nachdem der Herbst sich mit unfreundlicher, rauher Witterun und Nachtfrösten eingeführt hatte, kam im Irnraun doch auch 1 Reihe schöner Tage. Zunächst trat zwar im ganzen Staatsgebiete Trübung mit Regenschauern ein, die in der zweiten Hälfte des Be⸗ richtsmonats wieder nachließen; dann aber stieg die Temperatur und blieb sogar während der Nächte recht gelinde. Die Niederschlags⸗ mengen waren in manchen Gegenden nicht ergiebig genug, um den Boden hinreichend zu durchfeuchten. So wird in den Berichten gb den 1 und Schlesien sowie den Legierungsbezirken Stettin, Magdeburg und 2 rg vi ü 1“ g g und Merseburg vielfach über Obgleich die regnerische Witterung vielerorten eher nötig als unwillkommen war, trug sie doch mehr oder weniger zur Verzögerung der Hackfruchternte und der Bestellung der Felder zur Wintereinsaat bei. Mit der Kartoffelernte war man fast überall, wenn man von vereinzelten Ausnahmen in den nordöstlichen Landes⸗ teilen absieht, fertig geworden, während von den Zucker⸗ und Futter⸗ rüben, die seit Anfang Oktober etwas gewonnen haben sollen, allent⸗ halben noch Felder zu räumen sind. Die im vormonatigen Bericht erwähnte Schädigung der Zuckerrüben durch Verlust der Spitze beim Ausnehmen aus festem Boden hat sich, soweit darüber Bemerkungen vorliegen, infolge der Niederschläge sehr vermindert. Die Einsaat des G war so gut wie beendet, die des Weizens dagegen noch weit ück. Ueber das Auftreten von Schädlingen wird in den Berichte ziemlich allgemein geklagt. Zumeist sind es Mäuse und Schnecken, von denen erstere sich fast in allen Landesteilen stark, mitunter sogar in erschreckender Weise vermehrt haben sollen, während letztere in de Berichten aus der östlichen Staatshälfte selten, in denen aus de westlichen dagegen desto häufiger erwähnt werden, wo auch sie, wi die Mäuse, ungeheuren Schaden anrichten. Ferner werden Hamster und Krähen öfter als sonst und eine Anzahl von Insektenarten nu beile beensn Jas den Stand der jungen Saaten anlangt, so ist von der erst spät zur Einsaat gelangenden in de nordöstlichen Staatsgebieten, wo er am meisten rückständig war, vor⸗ läufig nur ein kleiner Teil aufgegangen. Da aus diesem Grunde viel Vertrauensmänner eine Begutachtungsziffer nicht abgeben konnten dürfte den für diese Fruchtart ermittelten Noten diesmal noch kein große Wert beizumessen sein. Dagegen ist für den Winterroggen woh kaum eine Note ausgeblieben. Infolge der Nachtfröste zu Ende September und Anfang Oktober brauchten die gerade in die Erde gebrachten Roggen saaten mitunter vier Wochen zum Keimen. Durch Schneckenfraß schwe geschädigte oder auch sehr lückige Saaten wurden in manchen Bezirken neubestellt. Zum weitaus überwiegenden Teil lauten aber die richten über die Roggensaaten günstig; sie sind zumeist gegrünt und mitunter auch schon kräftig bestockt. Jahre hier zum ersten Male berücksichtigte Wintergerste, die schon im August eingesät wird, und ebenso die Oelfrüchte, Winterrap und „rübsen, sind mitunter schon sehr stark entwickelt, sodaß mar für ihre Durchwinterung fürchtet. Ueber den Winterspelz (Dinkel sind Bemerkungen nicht vorhanden; er wird in Preußen wenig, und zwan nur in den Regierungsbezirken Erfurt, Koblenz, Trier, Aachen und Sigmaringen, gebaut. Die Begutachtungsziffern ergaben wenn 1 „sehr gut“*, 2 „gut“, 3 „mittel (durchschnittlich)“, 4 „gering“ und 5 „sehr gering“ bedeutet im Staatsdurchschnitte bet dem Winterweizen 2,, (im gleichen Monate des Vorjahres 3,0), bei dem Winterspelze (auch mit Beimischung von Weizen oder Roggen) 2,4 (2,9) bei dem Winterroggen 2,6 (3,0), bei der Wintergerste 2,4 (—), be dem Winterraps und rübsen 2,4 (2,9). 8 8 Der junge Klee hat sich zumeist gut entwickelt, hier und da aber stark unter der Mäuseplage sowie unter dem Drucke der lange auf ihm gelagerten Mandeln der Deckfrucht gelitten, sodaß auch von ihm mancher Schlag umgepflügt werden mußte. Verschiedentlich hat er schon einen Schnitt zur Grünfütterung ergeben. Bei dem Klee (auch mit Beimischung von Gräsern) berechneten sich die Ziffern im Staatsdurchschnitte, wie im Vorjahre, auf 2,4.

Theater und Musik. Theater in der Königgrätzer Straße.

Eine interessante Uraufführung fand gestern im Theater in der Königgrätzer Straße statt, wo August Strindbergs Märchenspiel „Die Kronbraut“, ein Werk, das ungefähr zu derselben Zeit wie „Schwanenweiß“ entstanden ist, zum ersten Male gegeben wurde. Wie „Schwanenweiß“ ist auch die „Kronbraut“ aus jener andern Seele des Dichters geboren, die dem Lichte zustrebte und in seltsamem Gegensatz zu derjenigen stebt, die nur haßerfüllte Nachtgestalten hervor⸗ bringen konnte. Die Sehnsucht nach Glaube, Liebe und Erlösung tritt in der „Kronbraut’ stark in die Erscheinung, und in manchen Szenen ist der kindlich schlichte Ton des Märchens vorzüglich getroffen, andere wieder sind durch grüblerische Gedanken zu sehr beschwert. Das Ganze schildert ein Weiberschicksal, eine Gretchentragödie, die sich in sechs fast gespensterhaft vorüberziehenden Bildern vor den Augen der Zu⸗ schauer vollzieht. Kersti hat sich mit dem Müllerssohn Mats einge⸗ lassen; ein Kind, das heimlich zur Welt gebracht wurde, ist die Folge dieses Liebesverhältnisses. Da erfährt Kersti, Mats solle die Mühle be⸗ kommen und sich verheiraten, aber nur eine „Kronbraut“, d. h. ein unberührtes Mädchen, dürfe er freien. Ein hexenhaft dämonisches Wesen, „die Hebamme“ erbietet sich, Kersti die Brautkrone zu bringen, wenn sie dafür ihr Kind als Preis geben wolle. Die Ver⸗ suchung ist stark, und trotz der warnenden Stimme des Wassermanns, die Kersti aus dem Rauschen des Wasserfalls vernimmt, Mermea sie der Hebamme das Kind. In der Mühlenkammer wird nun Hochzeit gefeiert, aber aus dem Klappern des Mühlenrades und aus dem Strome unter dem Fußboden vernimmt die nun mit der Krone geschmückte Braut die Stimme ihres Kindes, sie glaubt es zu sehen, und während sie sch danach bückt, fällt ihre Krone ins Wasser. Entsetzt fahren die ss hzeitsgäste auseinander, man sucht im Wasser die Krone und sindet tatt ihrer die kleine Leiche. Schweigsam und traurig legt nun der Amtmann, die Verkörperung der irdischen Gerechtigkeit, der Kinds⸗ mörderin Fesseln an. Er ist aber am Fuße des Blutgerüstes auch der Ueberbringer der Königlichen Gnade. Dem Tode durch das Beil ist Kersti entronnen, aber sie richtet sich selbst, nachdem sie kirchliche Buße getan, durch einen Sprung in das von Eisschollen bedeckte Wasser. Ueber ihrer Leiche sieht man zum Schluß die verfeindeten Familien der unglücklichen Brautleute sich die Hand zum Frieden reichen. Das ist in knappen Zügen der Inhalt des Märchenstücks, das, wie schon erwähnt, da, wo es schlicht, klar und anschaulich bleibt, auch unmittelbar zum Gemüt spricht. Aus dem richtigen Empfinden heraus, daß das Märchen auch der Musik nicht entraten könne, hatte die Direktion des Theaters in der Königgrätzer Straße den bekannten nordischen Komponisten August Enna auf⸗

gefordert, eine Bühnenmusik dazu zu e Diese Musik, deren Ausführung übrigens der Komponist gestern persönlich leitete, ist etwas