1913 / 279 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 26 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Deutsches Reich.

Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht: den Postrat Bergener in Hannover zum Oberpostdirektor zu ernennen.

Dem Oberpostdirektor Bergener ist die Oberpostdirektor⸗ stelle in Cassel übertragen worden.

Das Kaiserliche Vizekonsulat auf den Seilly⸗ inseln ist zur Einziehung gelangt. Für diese Inseln ist jetzt der Kaiserliche Vizekonsul in Falmouth zuständig. 8

Das im Jahre 1906 in Tönning aus Stahl erbaute, uletzt unter norwegischer Flagge und unter dem Namen ‚Regnator“ gefahrene Dampfschiff „Frieda Fahrenheim“ on 1285,84 Registertons Nettoraumgehalt hat durch den Uebergang in das ausschließliche Eigentum des Reeders Alexander Fahrenheim in Rostock in Mecklenburg das Recht zur ührung der deutschen Flagge erlangt. Dem Schiffe, für welches er Eigentümer Rostock als Heimatshafen angegeben hat, ise

von dem Kaiserlichen Konsulat in Rotterdam unter dem 13. No⸗ ember 1913 ein Flaggenzeugnis erteilt worden.

Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Regierungspräsidenten, Wirklichen Geheimen Ober⸗ egierungsrat von Jarotzky in Münster i. W. zum Ministerial⸗

direktor im Ministerium des Innern und

den Landrat Grafen von Merveldt in Recklinghausen um Präsidenten der Regierung in Münster zu ernennen sowie

dem Geheimen Oberregierungsrat und vortragenden Rat m Ministerium des Innern Dr. von Herrmann den harakter als Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat mit dem ange eines Rats erster Klasse zu verleihen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den bisherigen Professor an der Handelshochschule in öln Dr. Adolf Weber zum ordentlichen Professor in der rechts⸗ und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität in reslau zu ernennen sowie 1 dem Zivilingenieur Dr.⸗Ing. Wilhelm Schmidt in Cassel en Charakter als Baurat zu verleihen.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen

und Forsten.

Zur Ausführung von Pflanzen⸗ und Obstuntersuchungen eim Hauptzollamt Königsberg (Holländerbaum) ist der Kon⸗ ervator des Zoologischen Museums Franz Krichelsdorff

ebendaselbst zum Sachverständigen ernannt worden. ͥm Der Regierungshauptkassenoberbuchhalter Fraatz aus Cöln st zum Landrentmeister und Rendanten der Regierungshaupt⸗

asse in Posen ernannt worden.

Die Katasterämter Falkenberg O. S., Kiel III und Duisburg sind zu besetzen.

Bekanntmachung.

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G.⸗S. S. 152) wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der im laufenden Steuerjahre zu den Kommunal⸗ abgaben einschätzbare Reinertrag aus dem Betriebsjahre 1912 bei der Halberstadt⸗Blankenburger Eisenbahn be⸗ züglich ihrer preußischen Strecken auf

94 925 64 festgestellt worden ist. Magdeburg, den 22. November 1913. Der Königliche Eisenbahnkommissar. . Scpommer.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 26. November 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im Neuen Palais bei Potsdam den Vortrag des Generalstabsarztes der Armee, Professors Dr. von Schjerning entgegen. 8

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die ver⸗ einigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

Graf Ernst von Wedel, Obertruchseß Seiner Majestät des Kaisers und Königs, ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute morgen in Weimar an akuter Lungenentzündung gestorben.

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Oesterreich⸗Ungarn. m Ausschuß für Aeußeres der Oesterreichischen Hetohbedns Fuß gestern nachmittag eine Sitzung hdheln leitete der Berichterstatter Marquis Bacquehem die Ver⸗ handlung mit einer Darstellung der ; auf dem

Balkan seit Schluß der letzten Delegationssession ein.

8”

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte Marquis Bacquehem aus, 8* sics as Grundsatz: der Balkan den Balkanvölkern als selbstverständlich die Forderung ergeben habe, daß Albanien in einen selbständigen Staat umzuformen sei. Zu diesem Ergebnis der öster⸗ reichisch⸗ungarischen Politik habe die Haltung des Deutschen Reiches wieder in hervorragender Weise beigetragen. Der Frieden von Bukarest gebe Zeugnis von der Machtentwicklung und staatsmännischen Einsicht Rumäniens. In Bukarest müsse die Ueberzeugung stets gekräftigt werden, daß Oesterreich⸗Ungarn für seine Freunde einstehe. Die diplomatischen Ergebnisse seien die Frucht beharrlicher Geduld und der friedliebenden Grundsätze der Monarchie gewesen. Auf territoriale Erwerbungen habe die Monarchie verzichtet, aber sie müsse den Balkan nunmehr wirtschaftlich durchdringen. Der Delegierte Wolff bezeichnete die Politik des Grafen Berchtold während des Balkankrieges als ziellos und unbestimmt. Der Freiherr von Gautsch besprach die Erlasse des Statthalters von Triest, wies auf die unerfreulichen Folgen in Italien hin und bat die Regierung um Aufklärung. Der Ministerpräsident Graf Stürgkh erwiderte auf die Anfrage des Freiherrn von Gautsch in vollem Einverständnis mit dem Minister des Aeußern: der einzige Zweck der Erlasse wäre, der seit Jahren bestehenden Anomalie ein Ende zu machen, die in Triest hinsichtlich der Verwendung von Ausländern im Kommunaldienst im Widerspruch mit den Staatsgrundgesetzen bestände. Die Regierung müsse prinzipiell daran festhalten, daß auch die Angestellten an den Anstalten der Gemeinden die oͤsterreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Die Regierung werde den bereits angestellten, von den Erlassen be⸗ troffenen Bediensteten in Triest das größte Entgegenkommen be⸗ weisen und ihnen auch auf Ansuchen die österreichische Staats⸗ bürgerschaft verleihen. Der dargelegte alleinige Zweck der Erlasse und das erwähnte besondere Entgegenkommen der Regierung bei ihrer Durchführung widerlegten die leider vielfach verbreitete Deutung, daß es sich um eine willkürliche Maßregel egen Staatsbürger des uns befreundeten Königreichs Italien die sich in Oesterreich⸗Ungarn niedergelassen haben. Das italienische Volkswesen und dessen altehrwürdige hohe Kultur genteßen auch in Oesterreich große Sympathien und sind wiederholt Gegenstand uneingeschränkter Anerkennung seitens der österreichischen Regierung gewesen. Sowohl das Bundesverhältnis wie vollends die zunehmende Intimität, die sich in der letzten Zeit zwischen Oesterreich und Italien enrwickelt hätten, schlössen jede feind⸗ liche Tendenz gegen dessen Staatsangehörige aus, die vielmehr, insoweit sie sich in den Grenzen der Legalität und Loyalität hielten, in der Monarchie stets aufeine billige und entgegenkommende Behandlung zählen könnten. Aus den dargelegten Gründen ergebe sich, daß die ge⸗ troffenen Maßnahmen jeder Spur eines nationalen Gegensatzes entbehrten. Der Delegierte Kramarcs unterzog die auswärtige Politik des Ministers einer abfälligen Kritik, wobei er insbesondere auf die wirtschaftlichen Nachteile verwies, die dadurch verursacht worden seien. In der Schaffung Albaniens erblicke er keinen Erfolg. Dieses Land bekomme jetzt einen Fürsten, der sich vor allem gegen die österreichisch⸗ungarische und die italitenische Vormundschaft wenden müsse, sich also an den Dritten im Bunde, an Deutschland, halten werde, das zudem in Serbien beliebt sei. Die Ausführungen von Kramares gipfekten in der Erklärung: Graf Berchtold hätte einen Weg des aufrichtigen Wohlwollens für alle aufstrebenden Balkanstaaten finden müssen. Er hätte die bisherige magyarische und auch für die Magyaren selbst verhängnisvolle Politik überwinden müssen. Diese Riesenkraft habe er nicht gehabt, wenn es ihm vielleicht auch nicht an gutem Willen und richtiger Erkenntnis gemangelt hätte. Graf Berchtold erklärte, er werde auf die verschiedenen Anfragen am Schluß der Debatte antworten, nur auf zwei von Kramares gestellte Fragen wolle er sofort erwidern. Kramarcs habe gefragt, wie es sich mit der Reise Danews nach St. Petersburg verhalte, und ob nicht der österreichisch⸗ungarische Gesandte in Sofia auf die⸗ selbe Einfluß gehabt habe. Er, der Minister, könne dies bestimmt verneinen. Weder Graf Tarnowskt noch irgend ein anderes Mitglied der Diplomatie habe irgend welchen Ein⸗ fluß auf die Reise Danews nach St. Petersburg gehabt. Or. Kramares habe ferner gesagt, die Regierung hätte die Angelegen⸗ heit des Konsuls Prochaska zum Anlaß genommen, um im Wege der Presse zugunsten der geplanten Mobilisierungsmaßnahmen Stim⸗ mung zu machen. Demgegenüber müsse er, der Minister, betonen, daß die Regierung zu den verschiedenartigen Ausstreuungen, die zu einer Zeit stattgefunden hätten, in der die Regierung eine authentische Information über den ganzen Tatbestand weder gehabt habe noch hätte haben können, in keinerlei Beziehungen gestanden habe. Er sei daher gezwungen, eine bestimmt verneinende Antwort zu geben, näm⸗ lich die, daß die Regierung absolut nichts gemein gehabt habe mit der damaligen, etwas phantastischen Sprache mancher Preßorgane.

Die Verhandlung des Ausschusses wurde sodann auf heute nachmittag vertagt.

Die auf Verlangen der oppositionellen ungarischen Delegierten zur Besprechung der Frage der Verwendung der Parlamentswache in den Delegationen und der Aus⸗ schließung des Delegierten Stefan Rakovszky einberufene außerordentliche Plenarsitzung der ungarischen Dele⸗ gation ist nach einer Minute Dauer wegen Beschlußunfähig⸗ keit geschlossen worden, da die Regierungspartei fernblieb. Der Präsident ordnete die nächste Plenarsitzung für Montag an, um der Opposition Gelegenheit zu geben, ihre Beschwerden vorzubringen.

Die Verhandlungen der Regierung mit den Polen und Ruthenen haben vorläufig noch nicht zum Ab⸗ schlusse geführt. Die Ruthenen haben beschlossen, ihre obstruktive Haltung bis auf weiteres beizubehalten und neue Vorschläge der Regierung abzuwarten.

Das Subkomitee des Budgetausschusses hat gestern seine Beratungen in der Angelegenheit des aus⸗ ländischen Schiffahrtsdienstes beendet. Wie „W. T. B.“ meldet, erhielt der ursprüngliche Beschluß des Subkomitees eine wesentliche Erweiterung durch die Annahme einer Reihe von Anträgen, die sich vorzugsweise gegen den Mißbrauch im Auswanderungsgeschäft seitens der 15 Gesell⸗ schaften richten, außerdem von der Regierung die Förde⸗ rung der österreichischen Schiffahrtspolitik fordern. Auch wird die Regierung aufgefordert, durch das Ministerium des Aeußern bei der preußischen Regierung die Reorganisation der Auswanderungskontrollstation zu beantragen, um der einseitigen Beeinflussung der Kontrolle seitens der Privatgesellschaften Einhalt zu tun. Bezüglich der schwebenden Untersuchung wird die Verfolgung aller Schuldigen mit größter Schärfe verlangt.

Im Verlaufe einer Rede, die der ungarische Minister⸗ präsident Graf Tisza gestern in Budapest gelegentlich eines Banketts hielt, sagte er, obiger Quelle zufolge, u. a.:

Unsere Feinde suchten namentlich in französischen Finanzkreisen den Glauben zu erwecken, daß es gelingen würde, gewisse mit den Lebensinteressen unseres Landes in Widerspruch stehende politische Ziele zu erreichen, falls Frankreich seine Kapitalien unserer Volks⸗ wirtschaft entzöge. Man suchte in Frankreich einerseits den Glauben an unsere Kreditwürdigkeit zu erschüttern, andererseits die Hoffnung zu erwecken, daß wir genötigt sein würden, den Dreibund zu ver⸗ lassen, da wir sonst infolge der ablehnenden Haltung des französischen Ge dmarktes der größten finanziellen Bedrängnis ausgesetzt sein würden. Ich kann nur mein Bedauern darüber ausdrücken, daß ein Führer der oppositionellen Partei wie Graf Michael Karolyi sich diese Meinung gewisser Zeitungsorgane zu eigen gemacht hat und solche Unkenntnis unserer wirtschaftlichen Verhältnisse verrät, daß er sich zu gewissen gegen öffentlichen Kredit gerichteten Aeußerungen hat hinreißen lassen. 1

Großbritannien und Irland.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, findet zwischen dem Indischen Amt und dem Kolonialamt ein Meinungsaustausch über die Lage der Inder in Südafrika statt. Die Lage wird als sehr schwierig bezeichnet, doch glaubt man nicht, daß

sie die Einmischung des Reiches in die Angelegenheiten der

autonomen Kolonie verlangt.

In einer von etwa 700 Personen besuchten Versammlung in Dublin wurde gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Gründung eines nationalen Freiwilligenkorps be⸗ schlossen, um die gemeinsamen Rechte des gesamten irischen Volkes zu sichern. Es handelt sich dabei um eine nationalistische Bewegung im Gegensatz zu den Vorgängen in Ulster. Eine große Anzahl der Anwesenden trug sich in die ausgelegten Listen ein. Die Mitglieder des Larkinschen Transportarbeiter⸗ verbandes opponierten lebhaft.

8

Frankreich.

Im gestrigen Ministerrat, unter dem Vorsitz des Prä⸗ sidenten Poincaré, wurde nach einer Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, in der Kammer zu beantragen, den Anleiheent⸗ wurf heute in einer Sondersitzung zu erörtern, und die Ver⸗ tagung der Beratung über die Erbschaftssteuer bis nach Annahme des Anleiheentwurfs zu verlangen. Das Kabinett wird hierbei die Vertrauensfrage stellen.

In der Deputiertenkammer stellte gestern der Finanzminister Dumont den Antrag, daß an die Spitze der morgigen Tagesordnung die Behandlung des Berichts der Budgetkommission über das Anleiheprojekt gestellt würde. Die Regierung habe, so fügte der hinzu, angesichts der außerordentlichen Dringlichkeit der Debatte beabsichtigt, für heute eine außerordentliche Sitzung zu verlangen, habe aber davon abgesehen, da die Berichte noch nicht verteilt worden wären. Die Kammer setzte obiger Quelle zufolge die Be⸗ ratung des Anleiheentwurfs ohne Debatte im Ein⸗ vernehmen mit der Regierung auf morgen fest.

In der morgigen Sitzung der Kammer wird Jaurès 8 Namen der geeinigten Sozialisten folgenden Antrag ein⸗

ringen:

Die Kammer fordert die Regierung auf, das Gebiet der mili⸗ tärischen Unternehmungen in Marokko einzuschränken, durch die Organi⸗ sierung des Volkes in Waffen die Dauer des Militärdienstes und die mit der Berufsarmee verbundenen finanziellen und wirtschaftlichen Lasten zu verringern und allen Regierungen ein Schiedsgericht für alle Zwistigkeiten vorzuschlagen und so einen sür die Völker weniger drückenden internationalen Stand der Dinge vorzubereiten.

Türkei.

ultan hat gestern den neuen armenischen Patriarchen

Saven in Audienz empfangen.

Amerika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus El Paso haben die mexikanischen Nefecent bei strömendem Regen biwakiert, nachdem ein verzweifelter Kampf acht Stunden lang gewütet hatte, in dem die Bundestruppen zurückgeschlagen worden sein sollen. Als die Lage ein bedenkliches Aussehen annahm, veranlaßte man alle Ausländer, Juarez zu ver⸗ lassen, und führte sie bis zu der auf amerikanisches Gebiet führenden Brücke. Gestern früh haben die Bundestruppen das Gefecht wieder aufgenommen. Augenscheinlich zählen sie darauf, mit ihren schweren Geschützen die Linien der Auf⸗ ständischen sprengen zu können. Der Kampf wurde durch eine schwere Kanonade eröffnet.

Die Aufständischen haben auf der National Railway of Mexico zwischen San Luis Potosi und Saltillo einen Militärzug in die Luft gesprengt, wobei 50 Mann Bundestruppen den Tod fanden.

Der erste dem neuen Kongreß unterbreitete Gesetzentwurf betrifft die Ratifizierung einer Konzession an ein belgisches Syndikat für den Bau von 4000 Meilen schmalspurige Eisenbahn. Die Angelegenheit ist einer Kommission über⸗ wiesen worden.

Parlamentarische Nachrichten

Der heutigen (175.) Sitzung des Reichstags wohnten der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz, der Kriegsminister, Generalleutnant von Falken⸗ hayn und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco bei.

Das Andenken an den heute verstorbenen Abg. Zürn ehrte das Haus in der üblichen Weise.

Von den Sozialdemokraten sind zwei Interpellationen ein⸗ gebracht; die erste betrifft die Vorgänge in Zabern, die zweite die Nichtberufung des von der sozialdemokratischen

Fraktion präsentierten Abg. Dr. Liebknecht in die Rüstungs⸗ lieferungskommission.

Auf der Tagesordnung stand zunächst die Interpellation der Sozialdemokraten, betreffend die Arbeitslosenversiche⸗ rung und die Arbeitslosigkeit. Auf die Anfrage des Präsidenten Dr. Kaempf, ob und wann der Vertreter der verbündeten Regierungen die Interpellation zu beantworten gedenke, erklärte der

Unterstaatssekretär Richter: Der Herr Reichskanzler ist bereit, in der letzten Hälfte der nächsten Woche die Interpellation zu be⸗ antworten, und wird sich wegen der Festsetzung des Tages mit dem Herrn Präsidenten in Verbindung setzen.

Auf der Tagesordnung stand sodann die Interpellation der fortschrittlichen Volkspartei, betreffend die Vorgänge in Zabern. Auf die Anfrage des Präsidenten, ob und wann der Vertreter der verbündeten Regierungen die Interpellation zu beantworten gedenke, erklärte der

stellvertrerende Bundesratsbevollmächtigte Generalmajor Wild von Hohenborn: Der Herr Reichskanzler ist bereit, die Inter⸗ pellatson von Mitte der nächsten Woche an beantworten zu lassen und wird sich mit dem Herrn Präsidenten wegen der genauen Fest⸗ setzung des Tages in Verbindung setzen.

Es folgte dann die erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes gegen den Verrat militärischer Geheim⸗ nisse, über die morgen berichtet werden wird.

Dem Reichstage ist der folgende Entwurf eines

Gesetzes, betreffkend Aenderung der §§ 56, 56c der Gewerbeordnung zugegangen: 3 Artikel 1. I. Der § 56 Abs. 2 Nr. 3 der Gewerbeordnung erhält folgende

assung: 5 sug Gold⸗ und Silberwaren, Bruchgold und Bruchsilber, Roh⸗ bernstein sowie Taschenuhren; II. Im § 56 Abs. 2 Nr. 5 der Gewerbeordnung wird am Schlusse angefügt: sowie Pfandscheine“. sean Der § 56 Abs. 2 Nr. 9 der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung:

E“ die zur Verhütung der Empfängnis oder zur 8 Besettigung der Schwangerschaft bestimmt sind, sowie Bruch⸗ änder;“

IV. Im § 56 Abs. 2 Nr. 10 der Gewerbeordnung werden die

Worte: „mit Ausnahme von Gemüse⸗ und Blumensamen“ gestrichen. Artikel 2.

der § 56 c der Gewerbeordnung erhält folgenden Zusatz als

„Die Landeszentralbehörden sind befugt, für ihr Gebiet oder für Teile ihres Gebiets zu bestimmen, daß der Betrieb eines Wanderlagers der Erlaubnis der zuständigen Behörde bedarf. Sie können auch bestimmen, daß eine solche Erlaubnis für diejenigen Ortschaften erforderlich ist, für welche dies durch statutarische Bestimmungen 142) festgesetzt wird. Die Er⸗ laubnis darf nur versagt werden, wenn ein Bedürfnis zur Ver⸗ anstaltung nicht vorliegt.“

Dem Re ichstage sind ferner die von dem Bundesrat auf Grund des § 36 Absatz 1 des Gesetzes über das Aus⸗ wanderungswesen vom 9. Juni 1897 (Reichsgesetzblatt Seite 463) erlassenen, in Nr. 49 des Reichsgesetzblatts von 1913 veröffent⸗ lichten Vorschriften über Auswandererschiffe gemäß § 36 Absatz 2 daselbst zugegangen.

Abs

Im Krankenhause in Riesenburg ist einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge in der vergangenen Nacht der der Reichs⸗ partei angehörige Reichstagsabgeordnete für Rosenberg⸗Löbau Johannes Zürn (Bellschwitz) im 48. Lebensjahre ge⸗ torben.

Zur Arbeiterbewegung. sischen Bergarbeiter haben, wie „W. T. B.“ meldet, gestern früh die Arbeit, außer in Courridres, wo die Nacht unruhig verlief, und in Bourges, wo einige Zwischenfälle stattfanden, in vollem Umfange wieder aufgenommen. (Vgl. Nr. 278 d. Bl.)

Die Arbeiten in den Provodnik⸗Werken in Riga sind „W. T. B.“ zufolge in vollem Umfange wieder aufgenommen worden. (Vgl. Nr. 274 d. Bl.)

In Schenectady (New York) sind, wie „W. T. B.“ erfährt, fünftausfend Angestellte der General Electric Company in den Ausstand getreten. Die Ursache bildet die Entlassung eines dem Arbeiterverbande angehörenden Angestellten. Zehntausend Mann sind bei der Arbeit verblieben. Es wird eine baldige Beilegung des Ausstands erwartet. 3

Zur Ausstandsbewegung in Natal (vgl. Nr. 277 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Durban gemeldet, daß bei einem Zusammenstoß mit der Polizei in Esperanza drei Hindus getötet und zwanzig verwundet worden sind. 1 Aus Johannesburg wird dem „W. T. B.“ telegraphiert: Wegen verschiedener Vergehen im Zusammenhange mit dem Aus⸗ stand im Randgebiet vom letzten Juli wurden zehn Personen zu Gefängnisstrafen in Höhe von vier Jahren bis herab zu neun Monaten verurteilt.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)

Wohlfahrtspflegge.

Die zahlreichen Wohlfahrtseinrichtungen, mit denen Staat, Kirche und Gesellschaft den wirtschaftlich Schwachen und Notleidenden zu helfen bestrebt sind, arbeiteten bisher jede für sich ohne den wünschenswerten Föscünmenccse auch pflegten ihre Unterstützungen einem nicht kleinen

reis von Hilfsbedürftigen nicht zu gute zukommen, einem Kreis, der dem Mitgefühl aller Menschenfreunde besonders nahe stehen sollte. Er besteht aus jenen Familien oder vereinsamten Personen, die bessere Tage gesehen oder doch einst ein bescheidenes Auskommen hatten, die aber, durch die Ungunst der Verhältnisse in Not geraten, vor dem Zusammenbruch stehen. Staat und Gemeinde können nach Lage der Gesetzgebung gerade diesen Be⸗ dürftigen oft gar nicht oder nur vorübergehend helfen, und die private Wohltätigkeit kommt an sie vielfach nicht heran, denn sie suchen ihr Elend zu verbergen; die Scham schließt ihnen den Mund oder von Sorge und Not verschüchtert, wagen sie nicht, die Hilfe ihrer Mitmenschen in An⸗ pruch zu nehmen. Der Herzenswunssch, auch diesen Notleidenden Hilfe zu bringen und ihnen den Weg zur Erhaltung und Wiedergewinnung einer angemessenen Lebensste llung zu ebnen, hat Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Frau Kronprinzessin veranlaßt, für das gesamte Gebiet des preußischen Staats unter dem Namen „Cecilienhilfe“ einen Verband aller Vereinigungen und Kräfte zu begründen, die auf dem bezeichneten Gebiet bereits tätig sind oder künftig tätig sein wollen. Es handelt sich bei der „Cecilienhilfe“ also nicht um eine neue Vereins⸗ gründung, sondern um den Zusammenschluß zu planmäßiger, ein⸗ heitlicher Wirksamkeit. Der menschenfreundlichen Anregung der Frau Kronprinzessin sind bereits die großen Wohlfahrtsvereinigungen (Rotes Kreuz, Vaterländischer Frauenverein, die Charitas⸗Vereine, der Deutsche Beamtenverein u. a.) gefolgt, um durch gemeinsames Vor⸗ hesen der auf dem bezeichneten Gebiete der Hilfstätigkeit vielfach errschenden Zersplitterung zum Besten der wirklich Bedürftigen zu be⸗ gegnen. Mit dem Sitz in Berlin ist ein Hauptverband der „Cecilien⸗ hilfe“ begründet worben, dessen Hauptvorstand die oberste Leitung aller An⸗ gelegenheiten der „Cecilienhilfe“ obliegt. In jeder Provinz sind Provinzialverbände errichtet, deren Vorstände mit dem⸗Haupt⸗ vorstand dauernd Hand in Hand arbeiten sollen. Die Planmäßigkeit der Arbeit sollen auch jährliche ordentliche Generalversammlungen des Hauptverbandes sowie Generalversammlungen der Provinzialverbände sicherstellen. Ihre Aufgaben wird die „Cecilienhilfe“ insbesondere in der Fürsorge für Kranke und Genesende, in der Beschaffung und Vermittlung passender Stellung und Beschäftigung, in der Ermög⸗ lichung einer angemessenen Erziehung und beruflichen Ausbildung von Kindern und jugendlichen Personen, endlich in der Ver⸗ mittlung einer angemessenen Unterbringung altersschwacher, siecher oder aus sonstigen Gründen hilfsbedürftiger Personen sehen. Die Gewährung von Barunterstützungen soll in der Regel nur stattfinden, wenn es sich um die Beseitigung eines vorübergehenden dringenden Notstands handelt oder wenn nach der besonderen Lage des Falles in anderer Weise nicht geholfen werden kann. Eine große Anzahl her⸗ vorragender und in der Wohlfahrtsarbeit erfahrener Persönlichkeiten hat sich in den Dienst der guten Sache gestellt, sodaß eine sachgemäße Organisation gewährleistet ist. Es ist gewiß zu hoffen, daß dieses großherzige, segensreiche Liebeswerk der „Cecilienhilfe“ in den wirt⸗ schaftlich günstiger gestellten Kreisen der Bevölkerung volles Verständnis finden und tatkräftiger Hilfe begegnen wird. Das Geschäftszimmer des Hauptverbandes in Berlin befindet sich W. 35, Am Karlebad 23. Spenden und Zuwendungen werden

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„Gifte und gifthaltige Waren, Arznei⸗ und Geheimmittel, 1

von der Königlichen Seehandlung (Preußische Staatsbank) in Berlin; Der 2. Teil enthält u. a. die Personalnachweise der Verwaltungs⸗

W. 56, Markgrafenstraße 46a, entgegengenommen und können ihr auf das „Konto Cecilienbilfe“ zugesandt werden. Auch weniger Be⸗ mittelte, die für die gute Sache ihr Scherflein beisteuern wollen, werden dazu Gelegenheit finden. So sind zum Besten der „Cecilien⸗ hilfe“ Wohlfahrtsmarken zum Preise von 5 für das Stück und eine geschmackvolle Wohlfahrtskarte zum Preise von 10 für das Stück hergestellt und dem „Globus⸗Verlag“ in Berlin W. 66, Kaiserhofstraße 1, in Vertrieb gegeben worden. 1““

Kunst und Wissenschaft.

Die erweiterten Sammlungen des Museums für Meeres⸗ kunde werden am Sonnabend, den 6. Dezember, eröffnet. Für die letzten vorbereitenden Arbeiten muß das Museum vom Dienstag, den 2. Dezember, ab geschlossen gehalten werden. Am 6. Dezember ist das Museum von 1—3 Uhr geöffnet, weiterhin gelten wieder die alten Besuchszeiten: Sonntag 12 4 Uhr, Montag, Mittwoch, Sonnabend 10—3 Uhr. Dienstag sind die Sammlungen von 10—3 Uhr für Schulen und Vereine offen.

Das Element Europium. Merkwürdige Aenderungen in dem Spektrum eines Sterns im Sternbild der Jagdhunde, die der Astronom Belopolski an der Sternwarte in Pulkowa verzeichnet hatte, haben jetzt durch den englischen Astronomen Baxandall eine über⸗ raschende Aufklärung gefunden. Die Veränderung bestand im Auf⸗ treten mehrerer auffälliger Linien rätselhaften Ursprungs. Diese sind jetzt als solche des erst vor kurzem entdeckten Elements Europium nachgewiesen worden, und damit ist die Chemte der Weltkörper um eine neue Tatsache bereichert worden. Freilich ist schon vor einiger Zeit die Gegenwart von Europium auf dem großen Fixstern Arkturus und auch im Spektrum der Chromosphäre der Sonne als wahrschein⸗ lich bezeichnet worden.

In Stramare an der inneren Bucht von Muggia wurden, wie „W. T. B.“ aus Triest meldet, durch eine Springflut in der vorvergangenen Woche Reste einer anscheinend in vier Terrassen auf der Anhöhe angelegten römischen Ansiedlung freigespült. Eine fünfte Terasse scheint unter dem Meeresspiegel zu liegen. An der freigelegten Stelle wurden zerstreut umherliegende altrömische Chamotte und rohgebrannte Ziegel sowie Scherben von Amphoren und Tongefäßen gefunden. Der Landeskonservator von Istrien, Pro⸗ fessor Dr. Gnirs erklärt, daß man es tatsächlich mit römischen Bau⸗ werken aus dem vierten Jahrhundert nach Christi zu tun habe. Eine völlige Aufdeckung der Ueberreste stößt auf finanzielle Schwierigkeiten, da die Abräumung der darüber liegenden mächtigen Erdschicht große Kosten verursachen würde. 1

In Dachau ist der Maler und Radierer Professor Ignatius Taschner und in London der Astronom Sir Robert Stawell Ball gestorben. .

Literatur.

Karl August während des Krieges von 1813 von Hermann Freiherrn von Egloffstein. (Berlin, Verlag von Ge⸗ brüder Paetel; 3 ℳ.) Der Verfasser, der schon mehrere wertvolle Schriften aus der Geschichte des weimarischen Staats und seines Fürsten⸗ hauses veröffentlicht hat, bietet, z. T. auf Grund von bisher unzugäng⸗ lichen Archivquellen, ein anschauliches Bild von der Politik des Herzogs Karl August in der Zeit vom Aufbruch der mit Napoleon verbündeten Heere nach Rußland bis nach der Völkerschlacht bei Leipzig. Karl August war vielleicht der gefährdetste aller Rheinbundfürsten. Die Kleinheit seiner Macht schloß jedes selbständige Vorgehen aus. Sieben Jahre lang hatte das Ländchen alle Unbilden der Fremdherrschaft zu ertragen gehabt. Der Herzog selbst war als Parteigänger Preußens im Jahre 1806 Napoleon besonders verdächtig und alle seine Schritte wurden von Spionen belauert. Das nahe Verwandtschaftsverhältnis zum russischen Hofe bewahrte ihn wiederholt vor dem Aeußersten; doch zeschah dies mehr infolge der real gegebenen und von Napoleon in Rechnung gestellten Verhältnisse, als weil der Herzog seine Position diplomatisch geschickt auszunutzen verstanden hätte. Mit „dem unruhigsten der deutschen Fürsten“, wie der Korse ihn genannt hatte, ging das Temperament öfter durch. Die Schilderungen des Freiherrn von Egloffstein lassen uns einen tiefen Blick in das Elend der deutschen Rheinbundstaaten tun, in das Hangen und Bangen, das sich an jede Maßnahme Napoleons knüpfte, an das Unfreie der Politik, die Ziele verfolgen mußte, deren Er⸗ reichung im besten Falle das Weiterfristen einer unerwünschten Existenz in Aussicht stellte. Für Karl August war dieser Zustand zwischen zwei Feuern noch besonders qualvoll, da er im Herzen durchaus deutsch empfand und sein offenes, warmes Temperament ihn zum Handeln und Bekennen drängte. Mit der Mehrzahl der Weimarer war es für den Herzog daher ein lang⸗ ersehnter Segenstag, als die Kunde von der Befreiungsschlacht bei Leipzig nach Thüringen drang. Karl August war einer der Ersten, der dem Dreimonarchenbund beitrat, und ihm wurde die Genugtuung, sich an die Spitze des dritten deutschen Armeekorps gestellt zu sehen. Die kleine, aber inhaltsreiche Schrift, die früher in Aufsatzform in der „Deutschen Rundschau“ erschitenen ist, bietet auch dem Fachmann manches Neue.

Wanderbuch. Handschriftliche Aufzeichnungen aus dem Reisetagebuch des Generalfeldmarschalls Helmuth Grafen von Moltke. (Berlin, Verlag von Gebrüder Paetel,; 6 ℳ.) Der große Stratege war zuͤgleich einer der größten deutschen Stilisten. Zeigen seine militärischen Werke den überragenden Feldherrn, so verraten die Reisebriefe und Wanderbücher den scharfblickenden Beobachter der gesamten Umwelt und den Mann von tiefer, vielseitiger Geistes⸗ und Herzensbildung. Allen Moltkeschen Schriften ist aber jene außer⸗ gewöhnliche Kürze und Klarheit, jene Durchsichtigkeit der Satzgefüge und die Treffsicherheit des Ausdrucks eigen, die den Leser auch noch in jenen philosophisch⸗religiösen Aufzeichnungen in Staunen versetzt, die der Greis als „Letzte Gedanken“ im Herbst 1890 in Creisau nieder⸗ schrieb. Das vorliegende „Wandertagebuch“ kann nunmehr in 7. ver⸗ mehrter Auflage erscheinen. Es umfaßt Auszüge aus den handschrift⸗ lichen Aufzeichnungen Moltkes aus dem Jahre 1845 aus Rom, das er zwecks topographischer Aufnahmen aufsuchte; diese enthalten u. a. Studien über die Entstehung des Bodens der Campagna, über das älteste Aussehen der Gegend von Rom und über das Klima der Stadt und der Campagna; ferner Aufzeichnungen Moltkes aus Spanien, wohin der Major i. J. 1846 im Auftrage des Königs reiste, um die Leiche des in Madrid verstorbenen Prinzen Heinrich von Preußen nach Berlin zu geleiten, ferner Briefe aus Paris aus dem Jahre 1856. Moltke hatte in diesem Jahre den Prinzen Friedrich Wilhelm, den späteren Kaiser Friedrich, als Adjutant nach London begleitet, die Rückreise wurde dann über Frankreich gemacht und dabei dem Kaiserlichen Hofe in Paris einen Besuch abgestattet. Am Schluß wird noch ein Bericht Moltkes über seine erste Reise nach Italien im Jahre 1840 mitgeteilt, der anonym in einer Münchener Zeitung erschienen war und den jüngst ein römischer Gelehrter, Professor Zaniboni entdeckt und als von Moltke herrührend erkannt hat. 1

Der bewährte und weitverbreitete, von dem Geheimen Re⸗ ierungsrat, Professor Dr. Petersilie und dem Mitglied des

tatistischen Landesamts Dr. E. Petersilie herausgegebene Taschenkalender für Verwaltungsbeamte liegt in seinem 31. Jahrgang für 1914 vor. (Verlag von Karl Heymann in Berlin.) Der Kalender enthält in übersichtlicher, knapper Form eine Fülle von Angaben, Gesetzen, Bestimmungen, Personalien u. a., deren Kenntnis für den Verwaltungsbeamten von praktischem Nutzen und Interesse ist. So findet der Leser im 1. Allgemeinen Teil die wichtigsten An⸗ gaben über Rangverhaͤltnisse, die allgemeinen Beamtenverhältnisse, ihre politischen Pflichten und Rechte, ihre militärischen Verhältnisse, Anstellungsbedingungen, Disziplinarverhältnisse, über das Besoldungs⸗ und Pensionswesen, über Reise⸗ und Umzugskosten u. a. m.

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behörden des Deutschen Reichs, der höchsten Militär⸗ und Marine⸗ behörden, der höchsten katholischen Kirchenbehörden, der Verwaltungs⸗ behörden der Bundesstaaten außer Preußen; sodann der Bebörden und Beamten der allgemeinen Staatsverwaltung, der Provinzial⸗ und Bezirksverwaltung in Preußen; eine Uebersicht über die Land⸗ und Stadtkreise (mit Angabe der Einwohner), der Landräte und ihrer Hilfsbeamten und der Kreissekretäre, der Vorsitzenden der Einkommen⸗ und Ergänzungssteuer⸗Veranlagungskommissionen, der Rentmeister, Kreisärzte, Kreistierärzte 2c., der Königlichen Polizeibehörden, der Gewerbeaufsichtsbeamten, der Provinzialverbände und der ladscheftüchen Behörden. Es folgen eine Rangliste der höheren Beamten von der 4. Rangklasse aufwärts, und der Regierungsassessoren, ein alphabetisches Verzeichnis der bei den Behörden aufgeführten Personennamen, ein Verzeichnis der Städte des Reichs und der größeren preußischen Landgemeinden mit der Einwohnerzahl, der Ortsklasse, Gerichtsbehörden, höheren Schulen und der höheren Gemeindebeamten u. a. m. Die Heraus⸗ geber lassen sich fortgesetzt eine Bereicherung und Ergänzung des verarbeiteten reichen Stoffes angelegen sein; die ständigen Abteilungen werden für jeden Jahrgang natürlich auf das sorgfältigste nachgeprüft und die inzwischen eingetretenen Personalveränderungen berücksichtigt. Der Kalender ist für weite Beamtenkreise ein unentbehrliches Nach⸗ schlagebuch geworden und verdient wegen seiner Reichhaltigkeit und öW“ 1 6 uch „— Alte Spitzen (Nadel⸗ und Klöppelspitzen). in Handbu für Sammler und Liebhaber. Von Marie Schuette. Richard Carl Schmidt u. Co., Berlin (geb. 8,— ℳ). Dieses als Band 6 der „Bibliothek für Kunst, und Antiquitätensammler“ erschienene Handbuch gibt einen Ueberblick über die verschiedenen Arten der Spitze oder vielmehr über das, was man unter den verschiedenen Benennungen versteht. Die Technik spielt für die Bestimmung einer Spitze eme ebenso wesentliche Rolle wie die Zeichnung, und das Wichtigste, was darüber in einem Handbuch zu sagen wäre, das sich nicht die praktische Erlernung, sondern die Charakterisierung der verschiedenen Spitzenarten zum Ziele gesetzt hat, ist kurz im ersten Teil (Technik der Spltze) mitgeteilt. Der zweite, umfangreichere Teil des Buches gibt einen Ueberblick über die Geschichte der Spitzenkunst in Ilalien, Frankreich, Niederlanden, Spanien, Deutschland und England vom 16. Jahrhundert bis in die neuere Zeit. Jede Spitzenart ist durch eine oder mehrere meist originalgroße Abbildungen veranschaulicht, so daß sich selbst die feinsten Einzelheiten der Spitzenmuster genau erkennen lassen Ein Literaturnachweis, ein umfangreiches Verzeichnis von Fachausdrücken und ein Register erhöhen noch den Wert des jedem Sammler, Kenner und Liebhaber alter Spitzen sicher will kommenen Buches. 1 Von dem im Deutschen Verlagshaus Bong u. Co. in Berlin und Leipzig erscheinenden, reich illustrierten Lieferungswerk „Die Wunder der Natur“ liegen die Lieferungen 38 43 vor. Sie enthalten u. a. Aufsätze über Mooswunder von L. Lonske, über das Schopf⸗ oder Zigeunerhuhn (den Vogel mit Händen) von C. Neu⸗ mann, den Maulwurf von Dr. Th. Zell, die Wasserspinne von Dr. E. Abt, über Schwämme von Dr. H. Simroth, Magnetische Kraft⸗ linien von Dr. A. Neuburger, Korallenfische von Dr. R. Hesse, das Dinotherium von D. W. Schoenichen, Wassermilben von Dr. R. Rosen, die Sternbilder von L. Bürgel, die Kragenechse von Professor Lydekker, merkwürdige Vogelschnähel von Dr. Heinroth, den Elch von Dr. Abt, die Edel⸗ und Halbedelsteine von Dr. Carthaus und über Seeanemonen von Dr. C. Cori. Das ganze Werk ist auf 65 Lieferungen berechnet, deren jede 60 kostet. Von der Zeitschrift „Zoologischer Beobachter Der Zoologische Garten Verlag von Mahlau u. Waldschmidt in Frankfurt a. M., erschien soeben Nr. 11 des laufenden Jahrgang mit folgendem Inhalt: Ornithologische Kollektaneen aus Oesterreich⸗ Ungarn. Von Viktor Ritter von Tschusi zu Schmidhoffen in Hallein. (Forts.) Das Ringexperiment im Dienste der Vogelzugforschung. Von Dr. Friedrich Knauer. (Forts.) Aus Zoologischen Gärten Aus der Chronik der zoologischen Gärten. Von Julius R Haar⸗ haus, Leipzig. Zur Erhaltung des Etsvogels, Alcedo ispida, und der Wasseramsel, Cinclus aquaticus. Von M. Merk⸗Buchberg Diessen. Kleinere Mitteilungen. Literatur. Das eben erschienene Heft 4 des 7. Jahrgangs der illustrierten Zeitschrift „Schlesien“ bringt als Kunstbeilage ein Kinderbildnis nach einem Gemälde von Richard Nitsch. Die „Schlefische Chronik“ erzählt von den neuesten Tagesereignissen der Provinz. Der Text ist mit 9 Bildern versehen. Der Teil „Unterhaltung“ bringt die Fort⸗ 8 setzung des Bauernromans „Der Fluch der Materne⸗Gertrud von August Friedrich Krause. Die hieran anschließende Abteilung „Schlesien“ enthält zunächst einen interessanten Beitrag zur heimat⸗ lichen Kulturgeschichte, einen Aufsatz von R. Nitschke „Schlesiens niederes Schulwesen vor Einführung der Städteordnung“. Fedor Sommers Aufsatz „Sasterhausen“ mit zahlreichen Bildern zeigt ein herrliches Stückchen der schönen Provinz. Alexander Kirchner ist mit der Ballade „Michaͤel Wilden“ vertreten und zum Schluß Bruno König mit der Skizze „Der ale Neiziger Schworzer“. Eine besondere Abteilung ist dem „Schlesierbund“ gewidmet. Probehefte versendet der Verlag der Zeitschrift „Schlesien“ in Breslau II und Kattowitz

Jagd. Freitag, den 28. d. M., findet Königli jagd statt. Stelldichein: Mittags 12 Uhr 30 alten Dorf Döberiz. ““

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Kammerspiele des Deutschen Theaters.

Die aus jeder Schulfibel bekannte Geschichte von dem griechischen Sklaven Androklus, der einem Löwen einen Dorn aus der Tatze zog und dafür die Dankbarkeit des Tieres erweckte, das ihm fortan mit hündischer Treue anhing, diente Bernard Shaw als Unterlage für ein Märchenspiel „Androklus und der Löwe’“, das gestern im Kammerspielhause in der Uebersetzung von Siegfried Trebitsch seine erfolgreiche deutsche Uraufführung erlebte. Selbstverständlich benutzt Shaw diese Fabel nur dazu, um seinen Spott zu treiben, der belustigend und schonungslos wie immer nach allen Seiten hin ausschlägt. Die seines Stückes, die in das Kaiserliche Rom zur Zeit der Chri tenverfolgungen verlegt ist, beginnt mit einer Art Vorspiel im Walde, wo der demütige, herzensgute, dem Christenglauben mit voller Ueberzeugungstreue er⸗ gebene Androklus von seinem Weibe, dem „Megärchen“, arges aus⸗ zustehen hat. Als Retter in der Not erscheint der fürchterlich brüllende Löwe auf dem Plan,, Megärchen“ nimmt Reißaus und Androklus erwartet in Ergebenheit seinen Tod. Statt ihn zu zerreißen, zeigt ihm nun der Löwe mit jammervollem Brüllen die verletzte Tatze, und es erfolgt nun die berühmte Dornausziehung. Die nächstfolgenden Akte spielen teils vor, teils im römischen Kolosseum, wohin Androklus mit einigen anderen Glaubensgenossen geführt wird, um in der Arena den wilden Bestien vorgeworfen zu werden. Die verschiedensten Typen von Be⸗ kennern des Christentums führt nun Shaw hier vor; selbstverständlich sind es keine alten Römer oder Griechen, sondern ganz moderne Menschen, die er hier mit dem Stift des Karikaturisten flott hingezeichnet hat: Da ist der Gesinnungslump, der gewissermaßen mit falscher Legitimation in das verheißene Himmel⸗ reich Eingang finden möchte, da ist der Gewaltmensch von hertulischer Gestalt und unbändigem Temperament, der sich dazu zwingen will, seine Feinde zu lieben, sie aber stets, wenn er drauf und dran ist, mit seinen Körperkräften überwindet und zuletzt, statt in den Tod zu gehen, sich für die Prätorianergarde anwerben läßt, da ist die schöne Lavinia, die von dem hübschen wachthabenden Hauptmann den Hof machen läßt u. a. m. Der einzig wirklich fromme Mensch unter diesen allen ist Androklus mit seiner rührenden Einfalt. Er wird auch der anderen Retter; denn der Löwe, der ihn zerreißen soll, ist sein alter Freund aus dem Walde, der ihm wie ein Hund aus der Arena folgt und ihn vor allen seinen Widerz

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