1913 / 280 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 27 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

der Wissenschaft noch keine Einigkeit darüber erzielt werden, welche Beziehungen zwischen den echten Pocken des Menschen (der Variola) und den Kuhpocken (der Vaccine) bestehen. Während die überwiegende Mehrzahl der Forscher die Ansicht vertritt, daß es sich bei der Vaccine um eine Abschwächung des Variolavirus durch Passage im Rinderkörper handelt, steht die französische Schule auf dem Stand⸗ punkt, Variola und Vaccine seien zwei voneinander völlig verschiedene, höchstens verwandte Affektionen.

Außer beim Rinde gibt es Pockenerkrankungen auch beim Pferde, beim Schweine, beim Schafe, bei der Ziege, beim Huhne. Nach dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft ist anzunehmen, daß die Er⸗ reger der Pockenerkrankungen der Tiere und des Menschen in eine und dieselbe Gruppe von Krankheitserregern gehören, denen unter anderen die gemeinsame Eigenschaft zukommt, daß sie durch Berkefeldfilter Sicheres über ihre gegenseitigen Beziehungen, über Identität und Nichtidentität, ist 5 nicht bekannt. Wie bei der Menschen⸗ und Tiertuberkulose gibt es also auch bei den Menschen⸗ und Tierpocken eine Identitätsfrage.

Nicht genügend geklärt ist ferner die Frage nach den Infektions⸗ wegen bei den verschiedenen Pockenerkrankungen, auch in bezug auf die gegenseitige Immunisierung und die Immunität bei Pocken überhaupt bestehen noch Unklarheiten.

Erfahrungen, die beim Studium der Tierpocken gewonnen werden, können wertvolle Fingerzeige für die weitere Erforschung der Menschenpocken und ihre Bekämpfung geben. Die Forschungen müssen sich also auch auf die Tierpocken im allgemeinen erstrecken. Insbesondere sind systematische Untersuchungen über die Empfäng⸗ lichkeit verschiedener Versuchstiere (Rinder, Pferde, Esel, Schafe,

iegen, Schweine, Hunde, Affen, Kaninchen, Hühner) für die ver⸗ Siae. Pockenerkrankungen, über die Infektionswege und die wechsel⸗ eitige Immunisierung dringend erforderlich.

Es ist anzuerkennen, daß gerade in den letzten Jahren, besonders auch in den deutschen Lymphgewinnungsanstalten, eifrig über Pocken gearbeitet und dabei manches beachtenswerte Ergebnis erzielt worden ist; immerhin handelt es sich dabei um Einzelbeobachtungen, die sich nicht immer gut miteinander vergleichen lassen. Was fehlt und dringend notwendig ist, das sind auf breiter Basis aufgebaute und nach einem einheitlichen Plane ausgeführte experimentelle Untersuchungen. Diese durchzuführen, erscheint in erster Linie das Kaiserliche Gesundheitsamt berufen, zu dessen besonderen Aufgaben von seiner Begründung her die Ueberwachung und Fortbildung des Impfwesens gehört. Dank der seiner bak⸗ teriologischen Abteilung gegebenen Ausstattung ist es dazu auch in der Lage. Mit dem ihm für dauernde Bedürfnisse zugewiesenen Fonds wird das Kaiserliche Gesundheitsamt jedoch die möglicherweise Jahre beanspruchenden Arbeiten nicht in Anspruch nehmen können, da sie für Personal und besonders für Versuchstiere große Aufwendungen erfor⸗ dern, voraussichtlich auch zeitweilig ins Ausland in solche Gegenden werden verlegt werden müssen, wo die Pocken dauernd herrschen. Unter diesen Umständen wird der Bedarf erheblich sein, doch ist es nicht möglich, ihn im einzelnen mit Sicherheit zu veranschlagen.

(Weitere Nachrichten über Gesundheitswesen ꝛc. s. i. d. Zweiten Beilage.)

Theater und Musik.

m Königlichen Opernhause singt morgen, g, Frau Bosetti die Rolle der Frau Fluth in Nicolais komischer Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ als letzte Rolle ihrer diesjährigen Gastspielreihe. Fräulein Vilmar singt zum ersten Male die Partie der

rau Reich, Fräulein Engell die der Anna, den Falstaff: Herr schwegler, den Fluth: Herr Hoffmann, den Fenton: Herr Sommer, den Junker Spärlich: Herr Henke; die Rolle des Herrn Reich ist auf Herrn Krasa, die des Dr. Cajus auf Herrn Schulz übergegangen. Dirigent ist der Kapellmeister Laugs. . Wildenbruchs vaterländisches Schauspiel „Die Quitzows“ wird morgen im Königlichen Schauspielhause gegeben. Die Haupt⸗ rollen liegen in den Händen der Herren von Ledebur, Geisendörfer,

Sommerstorff, Vallentin, Vollmer, Kraußneck, Eichholz und Eggeling sowie der Damen Ressel, Butze, Thimig und Heisler. Die Regie führt der Oberregisseur Patry.

Als dritte Vorstellung des Shakespeare⸗Zyklus geht am Montag im Deutschen Theater „Hamlet“ in Szene. Die Vorstellung bringt eine Neueinstudierung des Werkes. Die Hauptrollen werden von den Herren Viktor Arnold, Joseph Danegger, Fritz Delius, Ernst Dumcke, Karl Ebert, Werner Krauß, Fritz Kühne, Alexander Moissi, Hans Pagay, Rudolf Schildkraut, Hans Waßmann, Eduard von Winterstein und den Damen Rosa Bertens und Else Eckers⸗ berg gespielt. Die Regie führt Max Reinhardt

Infolge Erkrankung des Fräuleins Hallama kann im Deutschen Opernhause am heutigen Donnerstag keine Wiederholung der Woikowsky⸗Biedauschen Oper „Das Nothemd“ stattfinden. An ihrer Statt wird „Der Freischütz“ mit Frau Boehm van Endert als Agathe und dem Kammersänger Goltz als Max gegeben.

Der Verein zur Förderung der Kunst veranstaltet morgen, Freitag, Abends 8 Uhr, im Bürgersaal des Berliner Rat⸗ hauses einen Liederabend. Der Kammersänger Gustav Fran⸗ wird unter Mitwirkung der Komponisten Lieder von Paul Ertel, Hans Hermann, Richard Kursch und Fritz Fuhrmeister vortragen.

Mannigfaltiges Berlin, 27. November 1913.

Der Berliner Zentralverband zur Bekämpfung des koholismus hält seine Generalversammlung morgen, Abends 8 Uhr, im Landeshaus, Matthäikirchstraße 20, ab. Nach Er⸗ stattung des Geschäfts⸗ und Kassenberichts wird Herr Ungnad einen Vortrag über Volksnot und Volkshilfe halten. Der Eintritt zur Versammlung steht jedermann frei. Im Zirkus Busch wird Pißt allabendlich ein neues, großzügig angelegtes Manegestück „Pompeiji“ aufgeführt, dessen Verfasser und Leiter, Georg Burkhardt⸗Foottit, dabei wiederum sein bedeutendes erfinderisches und organisatorisches Talent bewiesen hat. In fünf bewegten und farbenprächtigen Bildern spielt sich, knapp zusammen⸗ gefaßt, der Inhalt von Bulwers Roman „Die letzten Tage von Pompejt“ vor den Augen der Zuschauer ab. Im Hause des reichen Pompejaners Diomedes, wo Pracht und Wohlleben herrschen, beginnt die Handlung. Hier entspinnt sich der Liebesroman zwischen dem jungen Griechen Glaukus und Julia, der Tochter des Hausherrn, der im Wagenrennen des dritten Bildes bei dem absichtlich herbeige⸗ führten einer Brücke eine verhängnisvolle Rolle spielt. Auf die wildbewegten Kampfspiele in diesem Bild wird man durch eine Szene in der Gladiatoren⸗Schenke des zweiten Bildes gewissermaßen vorbereitet, indem man dort die Schau⸗ fechter zunächst außerhalb der Arena kennen lernt. Das dritte Bild zeigt sie dann in der vollen Ausübung ihres Berufs, und es entwickeln sich dabei sowie bei ihren prunkvollen, farbenprächtigen Auf⸗ zügen in dem dargestellten antiken Zirkus Szenen von unbeschreib⸗ lichem Reiz. Gleiches läßt sich den im vorletzten Bild vorgeführten lichtüberstrahlten Tänzen in einem pompejanischen Bade nachrühmen. All diese Herrlichkeit mit ihrem Lebensübermut endet dann jäh im Schlußbilde unter Donner und Blitz mit jenem Aus⸗ bruch des seit lange schon grollenden Vulkans, der Pompeit unter einer Aschenschicht verschüttete. Es ist bewunderungswert, wie der Leiter dieser Vorführung es verstanden hat, alle Hilfsmittel, welche die heutige Bühnen⸗ und Beleuchtungstechnik kennt, nebst der ihm verfügbaren circensischen Massenwirkung in den Dienst dieser dramatisch bewegten Handlung zu stellen. Man vermag kaum die mannigfaltigen Eindrücke in sich aufzunehmen, die an den Augen vorübereilen. er rauschende Beifall, der diesen verschwenderisch ausgestatteten, kultur⸗ geschichtlich interessanten Bildern allabendlich zuteil wird, ist daher wohlberechtigt. Des vorhergehenden ersten Teils des Programms ist bereits unlängst an dieser Stelle Erwähnung

London, 26. November. (W. T. B.) Vor dem Handels, amt wurde heute über den Brand des Dampfers „Volturno⸗ verhandelt. Der Anwalt des Amtes erklärte, das Schiff habe neun⸗ zehn Boote geführt, die noch 150 Personen mehr hätten aufnehmen können, als an Bord waren. Gegenüber der bei dem Uatergang der „Titanic“ gemachten Erfahrung sei es bemerkenswert, daß der Verlust an Menschenleben geringer gewesen wäre, wenn der „Volturno“ gar keine Boote geführt hätte, denn alle zu Wasser g⸗brachten Boote wären verunglückt, sodaß viele Leute ertrunken wären. Die Ladung des Schiffes bestand aus Fässern mit Oel und Teer, aus Torf, Lumpen und mit Stroh bewickelten Flaschen. Daher glaubten der Kapitän und wer sonst von der Ladung Kenntnis hatte, das Schiff müsse jeden Augenblick zuarunde gehen. Der Kapitän, der Chefingenieur und zwei Matrosen arbeiteten die ganze Nacht hindurch an der Her⸗ stellung von Flößen, um einen Teil der noch an Bord befindlichen drei⸗ bis vierhundert Menschen zu retten. Als die Boote der anderen Schiffe ankamen, rief der Kapitän den Auswanderern zu, sie sollten über Bord springen. Als diese sich jedoch weigerten, sprangen die Ingenieure und mehrere Matrosen voran, um ihnen den Weg zu zeigen. Lord Desart, der den Vorsitz führte, erklärte, daß nach guter seemännischer Ueberlieferung gehandelt worden sei.

London, 27. November. (W. T. B.) Das neue Panzer⸗ schiff „Emperor of India“ mit einer Wasserverdrängung von 25 000 Tonnen und einer Schnelligkeit von zweiundzwanzig Seemeilen ist auf der Barrowschen Werft vom Stapel gelaufen.

Mourmelon, 26. November. (W. T. B.) Ein Doppel⸗ decker mit zwei Insassen ist an der Grenze der Departe⸗ ments Marne und Aube abgestürzt, wobei der Benzinbehälter explodierte und die beiden Flieger verbrannten. Der Absturz ereignete sich 4 km vom nächsten bewohnten Ort enifernt. Die Ursache des Unfalls ist unbekannt. Es ist unmöglich, die voll⸗ ständig verkohlten Leichen zu erkennen. Nur ein Militärtuch und die Schuhe sind noch unversehrt geblieben. Aus ihnen schließt man, daß es sich um ein Militärflugzeug handelte.

St. Petersburg, 26. November. (W. T. B.) Der Flieger Wassiljew, der von St. Petersburg nach Moskau geflogea war und, ohne eine Landung vorzunehmen, den Rückflug angetreten hatte, ist um 1 Uhr 5 Minuten glücklich in St. Petersburg gelandet.

San Sebastian, 26. November. (W. T. B.) Bei dem Tunnel von Cazurza erfolgte während der Wegräumungsarbeiten ein neuer Erdrutsch. Verluste an Menschenleben sind nicht zu beklagen. Zurzeit hat die Einsturzstelle eine Länge von 800 m. (Vgl. Nr. 277 d. Bl.)

Konstantinopel, 27. November. (W. T. B.) Der Flieger Daucourt ist bei seinem Fluge über das Taurusgebirge von einem Sturm überrascht worden und abgestürzt. Das Flug⸗ zeug, wurde zertrümmert. Daucourt und sein Begleiter blieben un⸗ verletzt.

Port Huron (Michigan), 26. November. (W. T. B.) Die hiesigen Werkstätten der Grand Trunk Railway find niedergebrannt; der Schaden wird auf fast eine Million Dollar geschätzt; tausend Arbeiter sind arbeitslos.

Hongkong, 26. November. (W. T. B.) Der japanische Dampfer „Soshu Maru“ überrannte auf der Reede ein chinesisches Boot; von seinen Insassen sind zwanzig Chinesen ge⸗ rettet, dreißig Mann sollen ertrunken sein.

(Fortsetzung des Amtlichen und Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Berliner Theater. Freitag, Abends

8 Uhr: Wie einst im Mai. Gesang und Tanz in vier Bildern von

Theater

Schillertheater. o. (Wallner⸗ Theater theater.) Freitag, Abends 8 Uhr: Rosenmontag. Offizierstragödie in fünf

Akten von Otto Erich Hartleben.

Posse mit

Freitag, Abends 8 Uhr: Der Mikado. Burleske Operette in zwei Arthur Sullivan.

Beethoven⸗Saal. Freitag, Abends 7 ½ Uhr: 5. Klavierabend von Er

Nollendorfplatz. 8 Risler.

am Akten von

Königliche Schauspiele. Freitag: Overnhaus. 237. Abonnementsvorstellung. Die lustigen Weiber von Windsor. Komisch⸗phantastische Oper in vier Akten nach Shakespeares gleichnamigem Lustspiel von H. S. Mosenthal. Musik von Otto Nicolai. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Laugs. Regie: Herr Ober⸗ regisseur Droescher. Ballett: Herr Ballett⸗ meister Graeb. Chöre: Herr Professor Rüdel. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 232. Abonnementsvor⸗ stellung. Die Quitzows. Vaterländisches Drama in vier Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Regie: Herr Oberregisseur Patry. Anfang 7 ½ Uhr.

Sonnabend: Opernhaus. 238. Abonne⸗ mentsvorstellung. (Gewöhnliche Preise.) Mignon. Oper in drei Akten von Ambroise Thomas. Text mit Benutzung des Goethe⸗ schen Romans „Wilhelm Meisters Lehr⸗ jahre“ von Michel Carré und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 233. Abonnementsvor⸗ stellung. Don Carlos, Infant von Spanien. Ein dramatisches Gedicht in fünf 8 von Friedrich von Schiller. Anfang 7 Uhr.

Neues Operntheater. (Kroll). Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Auf Allerhöchsten Befehl: Erste Vor⸗ stellung für die Berliner Arbeiter⸗ schaft: Prinz Friedrich von Hom⸗ burg. Schauspiel in 5 Aufzügen von Heinrich von Kleist. (Die Eintriltskarten werden durch die Zentralstelle für Volks⸗ wohlfahrt nur an Arbeitervereine, Fabriken usw. abgegeben. Ein Verkauf an einzelne Personen findet nicht statt.)

Deutsches Theater. (Direltlon: Marx Reinhardt.) Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Ein Sommernachtstraum.

Sonnabend: Viel Lärm um Nichts.

Sonntag: Der lebende Leichnam.

Montag: Hamlet.

Kammerspiele.

Freitag, Abends 8 Uhr: Zum 25. Male: Maria Magdalene.

Bernauer und Schanzer.

Sonnabend, Nachmittags 3 ½ Uhr: Ein Abends: Wie einst im Mai.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Bummel⸗ e Abends: Wie einst im

gi.

Montag und folgende Wie einst im Mai.

Tage:

Theater in der Königgrützer Straße. Freitag, Abends 8 Uhr: Die Kronbraut. Ein Märchenspiel in sechs Bildern von August Strindberg. Musik von August Enna.

Sonnabend und Sonntag: Die Kron⸗ braut.

Montag: Brand. 8

v

Komödienhaus. Freitag, Abends 8 Uhr: Hinter Mauern. Schauspiel in vier Akten von Henri Nathansen.

Sonnabend und folgende Tage: Hinter Mauern.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Film⸗ zauber.

Deutsches Künstlertheater (Eo⸗ zietät). (Nürnbergerstr. 70/71, gegenüber dem Zoologischen Garten.) Freitag, Abends 8 Uhr: Zum 200. Male: Der Biberpelz.

Sonnabend: Der zerbrochene Krug. Vorher: Hanneles Himmelfahrt.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das Prinzip. Abends: Die Affäre.

Lessingtheater. Freitag, Abends 8 Uhr: Pygmalion. Lustspiel in fünf Akten von Bernard Shaw.

Sonnabend: Pygmalion.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Pro⸗ fessor Bernhardi. Abends: Pyg⸗ malion. 8

Montag: Peer Gyunt.

——

Deutsches Schauspielhaus. (Direk. tion: Adolf Lantz. NW. 7, Friedrich⸗ straße 104 104a.) Freitag, Abends 8 Uhr: Die heitere Residenz. Lust⸗ spiel in drei Akten von Georg Engel.

Sonnabend und folgende Tage: Die

Sonnabend: Der verlorene Sohn, heitere Residenz.

Sonntag: Androklus und der Löwe. Montag: Schöne Frauen.

Sonntag, Nachmittags 3 ¼ Uhr: Hedda Gabler.

Sonnabend: Heimg'funden. 1

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Frei⸗ wild. Abends: Die goldene Ritter⸗ zeit.

Charlottenburg. Freitag, 8 Uhr: Hasemanns Töchter. Volks⸗ stück in vier Akten von Adolf L'Arronge.

Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr: Zopf und Schwert. Abends: Hedda Gabler.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Pfarrer von Kirchfeld. Abends: Die Jungfrau von Orleaus.

Deutsches Opernhaus. (Char⸗ lottenburg, Bismarck⸗Straße 34—37. Direktion: Georg Hartmann.) Freitag, Abends 8 Uhr: Undine. Romantisch⸗ komische Oper in vier Akten von Albert Lortzing.

onnabend: Die Jüdin.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Freischütz. Abends: Undine.

Montag: Zum ersten Male: Manon Lescaut.

Montis Operettentheater. (Früher: Neues Theater.) Freitag, Abends 8 Uhr: Gastspiel Fritzi Massary, Julius Spielmann: Die ideale Gattin. Operette in drei Akten von J. Bramer und A. Grünwald. Musik von Franz Lehär. .

Sonnabend und folgende Tage: Die ideale Gattin.

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstraße 12.) Freitag, Abends 8 Uhr: Polenblut. Operette in drei Akten von Oskar Nedbal. 1 Sonnabend und folgende Tage: Polen⸗

lut.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Zum 1 Male: Das tapfere Schneider⸗ ein.

Sonntag, Nachmittags 3 ¼ Uhr: Der liebe Augustin.

Lustspielhaug. (Friedrichstraße 236.) Freitag, Abends 8 Uhr: Die spanische sliege. Schwank in drei Akten von Franz und Ernst Bach.

Sonnabend und folgende Tage: Die spanische Fliege. 3

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: 777:10

Abends S

Sonnabend und folgende Tage: Der Mikado.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Frau Holle. Weihnachtskomödie von Robert

achs. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die schöne Helena.

Residenztheater. Freitag, Abends 8 Uhr: Hoheit der Franz! Musi⸗ kalische Groteske in drei Akten von Artur Landsberger und Willi Wolff. Musik von Robert Winterberg.

Sonnabend und folgende Tage: Hoheit der Frauz!

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die Frau Präsidentin.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Freitag, Abends 8 Uhr: Die Tangoprinzessin. Posse mit Ge⸗ sang und Tanz in drei Akten von Jean Kren und Curt

Sonnabend und folgende Tage: Die Tangoprinzessin.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Kinder⸗ vorstellung: Aschenbrödel.

Trianontheater. (Georgenstr., nahe Bahnhof Friedrichstr.) Freitag, Abends 8 Uhr: Seine Geliebte.

Sonnabend und folgende Tage: Seine Geliebte.

Konzerte.

Philharmonie. Freitag, Abende 8 Uhr: Konzert von Mattia Battistini mit dem Philharmonischen Orchester.

Singakademie. Freitag, Abends 8 Uhr: Moderner Liederabend von Elsa Dankewitz. Am Klavier: James Simon.

Bechstein-⸗Snal. Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Liederabend von Helene Günter. Am Klavier: Fritz Linde⸗ mann.

Abend

unte

Blüthner⸗-Saal. Freitag, 8 Uhr: Orchesteraufführung

Leitung von Robert Robitschek.

Klindworth⸗Scharwenka⸗Saal.

Freitag, Abends 8 Uhr: Schottischer, irischer, englischer Volksliederabend von Jane Tetzel⸗Highgate.

Birhus Schumann. Freitag, Abends

7 ½ Uhr: Große Galavorstellung. Vorzügliches Programm. Zum Schluß: Tango vor Gericht. Eine Pantomimenburleske mit Gesang und Tanz in drei Akten.

Birkus Busch. Freitag, Abends 7 ½ Uhr: Große Galavorßellung. Auftreten sämtlicher Spezialitäten. Zum Schluß: Die große Prunk⸗ pantomime: Pompeji.

Familiennachrichten.

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Ober⸗ leutnant Ernst Himburg (Burg, Bez. Magdeburg). Eine Tochter: Hrn. Woldemar von Rochow (Düsseldorf).

Gestorben: Der frühere Fürstlich rudol⸗ städt. Staatsminister Wirkliche Geheime Rat Wilhelm von Starck (Laar bei Zierenbera). Hr. Generalleutnant z. D. Richard von Kehler (Berlin) Hr. Obertruchseß, Großherzogl. sächsischer Kammerherr Ernst August Graf von Wedel (Weimar). be Arthur von Huhn (Berlin). Hr. Amtsrat August von Zimmermann Salzmünde (Salz⸗ münde).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Verlag der b (Heidrich) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Sieben Beilagen (einschließlich Börsenbeilage). 8

No. 280.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee. Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen usw. Neues Palais, 25. November. Graf v. Wengersky, Oberstlt.

und Kom. d. Ulan. Regts. Prinz August von Württemberg (Pos.)

Nr. 10, unter Verleihung des Charakters als Oberst d. Absch. m. d. gesct. Pens. und d. Erlaubn. z. Tr. d. Regts. Unif. bew. Graf v. Bredow, Maj. b. Stabe d. Kür. Königin (Pomm.) Nr. 2, unter Vers. zum Ulan. R. Prinz August von Württemberg (Pos) Nr. 10 m. d. Führ. dieses Regts. beauftr. v. Kameke, Maj. und Adj. d. Gen. Komdos. d. V. A. K., zum Stabe d. Kür. Regts. Königin (Pomm.) Nr. 2 vers. v. Gagern, Rittm. und Esk. Chef im Kür. R. Graf Geßler (Rhein.) Nr. 8, zum Adj. d. Gen. Komdos. d. V. A. K. ernannt. Pistor, Rittm. b. Stabe d. Schlesw. Holst. enh Pes Nr. 13, als Esk. Chef in d. Kür. R. Graf Geßler (Rhein) Nr. 8 vers. Lahusen, Oblt. im Schlesw. Holst. Drag. R. Nr. 13, zum Rittm., vorläufig ohne Patent, befördert und zum Stabe d. Regts. übergetreten. Seyd, Maj. b. Stabe des 1. Gardeulan. Regts., d. Absch. m. d. gesetzl. Pens. und d. Erlaubn. z. Tr. d. Unif. d. 2. Hannov. Ulan. Reqgts. Nr. 14 bew. Godeffroy⸗ be erber, Maj. b. Stabe d. Hus. Regts. Kaiser Franz Joseph von

esterreich, König von Ungarn (Schlesw. Holst.) Nr. 16, zum Stabe d. 1. Gardeulan. Regts., v. Raszewski, Maj. und Esk. Chef im Hus. R. von Schill (1. Schles.) Nr. 4, zum Stabe d. Hus. Regts. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn (Schlesw. Holst) Nr. 16, vers. v. Aulock, Rittm. b Stabe d. Hus Regts. von Schill (1. Schles.) Nr. 4, zum Esk. Chef ernannt. v. Lieben, Oblt. im Magdeb. Hus. R. Nr. 10, unter Beförderung zum Rittm., vorläufig ohne Patent, zum Stabe d. Hus. Regts. von Schill (1 Schles.) Nr. 4 versf. Wuthmann, Oberstlt. und Kom. d. 3. Lothr. Feldart. Regts. Nr. 69, unter Verleihung des Charakters als Oberst d. Absch. m d. Psed- Pens. und d. Erlaubn. z. Tr. d. Regts. Unif. bew. v. Krenski,

berstlt. b. Stabe d. Mindenschen Feldart. Regts. Nr. 58, unter Vers. zum 3. Lothr. Feldart. R. Nr. 69 m. d. Führ. dieses Regts. beauftr. v. der Lühe, Maj und Abt. Kom. im Holst. Feldart. R. Nr. 24, zum Stabe des Mindenschen Feldartillerieregiments Nr. 58, v. Kranold, Major beim Stabe des Feldartillerieregiments von Scharnhorst (1. Hannoverschen) Nr. 10, als Abteilungskommandeur in d. Holst. Feldart. R. Nr. 24, Niederstein, Hauptm. und Battr. Chef im 4. Lothr. Feldart. R. Nr. 70, zum Stabe d. Feldart. Regts. von Scharnhorst (1. ; Nr. 10, Pfab, Hauptm. b. Stabe d. Feldart. Regts. Großherzog (1. Bad.) Nr. 14, als Battr. Chef in d. 4. Lothr. Feldart. R. Nr. 70, v. Kronhelm, Hauptm. im 1. Pos. Feldart. R. Nr. 20, zum Stabe d. Feldart. Regts. Großherzog (1. Bad.) Nr. 14, vers. v. Rudno⸗Rudzinski, Lt. d. Res. d. Drag. Regts. König Friedrich III. (2. Schles.) Nr. 8, von d. Komdo. z. Dienstl. bei diesem Regt. enth. Frhr. v. Paleske, Fähnr. im 1. Leibhus. R. Nr. 1, in d. Gren. R. z. Pf. Freiherr von Derfflinger (Neumärk.) Nr. 3 vers. 1 Marineinfanterie.

Den 22. November. Kommandiert: zum III. Seebataillon: Lancelle, Sodan, Hauptleute und Komp. Chefs, Vetter, Rotenberg, Oblts., v. Schönberg, Reymann, Bier, Frhr. v. Hertling, Lts., sämtlich vom III. Stammseeb.; zum ost⸗ asiatischen Marinedekachement: Graf v. Hertzberg, Hauptm. und Komp. Chef vom III. Stammseeb.; er hat wäͤhrend dieses Komdos. d. Unif. d. III Seebats. zu tragen; zum III. Stammseebatatllon: Witt, Retzlaff, Hauptleute und Komp. Chefs, Laub, Huguenin, Hell, Jaeschke, Hauptleute, Pflugradt, Lindner, Weise, Oblts, sämtlich vom III. Seeb, Billmann, Hauptm. und Komp. Chef, Meinardus, Oblt., vom ostasiat. Mar. Det., Schütte, Hauptm. von d. Fortif. Tsingtau.

18 Deutscher Reichstag. 175. Sitzung vom 26. November 1913, 1 Uhr Nachmittags. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Zur ersten Beratung steht der Entwurf eines Gesetzes gegen

den Verrat militärischer Geheimnisse. Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco: Meine Herren! Die zur Beratung stehende Vorlage betrifft einen Gegenstand, der von großer Bedeutung für das Wohl des Reiches ist. Der bestehende strafrechtliche Schutz der militärischen Geheim⸗ nisse gegen Verrat hat sich als unzureichend erwiesen und bedarf, wie

auch in diesem Hause schon wiederholt anerkannt worden ist, dringend

der Verstärkung.

Der Entwurf soll an die Stelle des Gesetzs vom 3. Juli 1893

treten. So wertvolle Dienste dieses Gesetz auch geleistet hat, so haben sich doch die Spibnagefälle gerade in den letzten Jahren ganz außer⸗ ordentlich vermehrt, und diese Vermehrung betrifft leider in über⸗ wiegendem Maße Fälle, in denen die Spionage unmittelbar nicht durch Ausländer, sondern durch Deutsche verübt worden ist, die sich dem Auslande aus Gewinnsucht zu diesem schmählichen Gewerbe verkauft haben. Dabei hat sich ergeben, daß die geltenden Bestimmungen oft nicht ausreichen, um strafwürdige Fälle zur Bestrafung zu ziehen, und daß da, wo an sich eine Ahndung möglich ist, doch eine der Tat ent⸗ sprechend hohe Bestrafung nicht erfolgen konnte.

Nach diesen beiden Richtungen hin will der Entwurf Abhilfe schaffen, indem er einmal die Tatbestände des geltenden Gesetzes er⸗ gänzt und ausbaut, und indem er zweitens da, wo es dringend nötig erscheint, Strafschärfungen eintreten läßt.

Einzelne Vorschläge dieses Entwurfes sind in der Tagespresse auf zum Teil lebhaften Widerstand gestoßen. Das ist meines Erachtens bei den mannigfachen Interessen, die von diesem Entwurfe berührt werden, auch ganz erklärlich. Ich glaube aber doch, daß Sie bei den weiteren Verhandlungen und Beratungen sich davon überzeugen werden, daß die geltend gemachten Bedenken und Befürchtungen zu einem großen Teile der Begründung entbehren. 8 1“

Ueber die einzelnen Bestimmungen der Vorlage möchte ich mich zurzeit nicht verbreiten, vielmehr nur zu zwei Punkten kurz einige Ausführungen machen, weil gerade diese Punkte in der Tagespresse besonders hervorgehoben worden sind.

Die Vorlage erweitert gegenüber dem geltenden Gesetze den Strafschutz auf geheime Nachrichten. Diese Erweiterung hat sich in der Praxis als unbedingt notwendig erwiesen. (Glocke des Präsidenten.)

Die Herren, die dem Hause schon länger angehören, werden sich entsinnen, daß der Entwurf des Jahres 1893 den Verrat geheimer 11

Erste Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußi

Berlin, Donnerstag, den 27. November

Nachrichten ebenfalls unter Strafe stellen wollte. Bei Beratung des Gesetzes hat sich damals der Reichstag der Hoffnung hingegeben, daß es genügen werde, die geheimen Gegenstände zu schützen. Diese Hoff⸗ nung hat sich aber nicht erfüllt. In einer Reihe schwerwiegender Fälle ich werde mir erlauben, in der Kommission diese Fälle mit⸗ zuteilen hat das Gesetz infolge der Nichteinbeziehung der Nach⸗ richten in den Strafschutz vollständig versagt. Obwohl die verübten Verrätereien die Interessen der Landesverteidigung auf das empfind⸗ lichste schädigten, mußten die betreffenden Täter freigesprochen werden, weil es sich nicht um greifbare Gegenstände, sondern lediglich um ge⸗ heime Nachrichten handelte. Ein solcher Zustand ist auf die Dauer unhaltbar.

Die in der Tagespresse ausgesprochene Befürchtung, daß die Aus⸗ dehnung auf Nachrichten benutzt werden könnte und dazu mißbraucht werden könnte, die Erörterung gewisser unliebsamer militärischer Vor⸗ kommnisse, wie etwaiger Soldatenmißhandlungen und ähnlicher Dinge, zu unterdrücken, ist durchaus unbegründet. Aus dem ganzen Zweck des Gesetzes und aus dem Zusammenhang der Vorschriften ergibt sich unzweideutig, daß solche Fälle nicht getroffen werden.

Ein zweiter Punkt, den ich erwähnen will, ist § 9 des jetzigen Entwurfs. Dieser stellt die fahrlässige Veröffentlichung militärischer Geheimnisse unter Strafe. Den verbündeten Regierungen hat es vollständig fern gelegen, die öffentliche Erörterung und Besprechung militärischer Angelegenheiten in irgendeiner Weise unterbinden zu wollen. Was verhindert werden soll, ist lediglich die fahrlässige Ge⸗ fährdung der Sicherheit des Reiches durch öffentliche Mitteilung von Dingen, deren Geheimhaltung im Interesse der Landesverteidigung unbedingt erforderlich ist. Welches diese geheimzuhaltenden Dinge sind, das kann der Täter bei Anwendung einiger Aufmerksamkeit unschwer erkennen. Meine Herren, wer da weiß, welche Nachteile und Schwierigkeiten der Landesverteidigung durch Veröffentlichungen dieser Art bereits erwachsen sind, der wird anerkennen, daß in dieser Be⸗ ziehung eine Lücke in dem Gesetz von 1893 sich befindet, eine Lücke, die wir uns angelegen sein lassen müssen zu schließen. Meine Herren, ich hoffe zuversichtlich, daß die Erörterungen, die in dieser Beziehung hier noch gepflogen werden, dazu führen werden, daß ein Ausgleich gefunden wird und eine allgemein befriedigende Lösung der, wie ich gar nicht verkenne, sehr schwierigen Frage sich finden wird.

Meine Herren, der Entwurf liegt Ihnen bereits seit längerer Zeit vor. Die verbündeten Regierungen legen großen Wert darauf, daß der Entwurf bald verabschiedet wird. Die Geschäftslage des Hauses hat es leider nicht ermöglicht, daß der Entwurf noch vor der Vertagung beraten wurde. Um so mehr begrüße ich es, daß jetzt diese Vorlage einen der ersten Gegenstände bildet, die Sie nach Ihrem Wiederzusammentritt erörtern, und ich gebe dem lebhaften Wunsch Ausdruck, daß Ihre Beratungen einen schnellen und guten Fortgang nehmen.

Preußischer Falkenhayn:

Meine Herren! Die Möglichkeit, die sich mir bietet, heute einige Worte an das Hohe Haus zu richten, benutze ich um so lieber, als mir dadurch gleichzeitig Gelegenheit wird, mich, nachdem ich durch Seine Majestät den Kaiser und König auf meinen gegenwärtigen Posten berufen bin, schon jetzt hier einzuführen. Ich kann das tun, ohne befürchten zu müssen, daß ich die Arbeiten des Hohen Hauses dadurch wesentlich verzögern werde; denn lange Programmentwicklungen habe ich nicht zu geben. Das Programm, nach dem der Kriegsminister des Königs von Preußen auch als Bevollmächtigter zum Bundesrat zu handeln hat, ist vollständig enthalten in seiner Aufgabe, die mächtige Waffe, die die Armee in der Hand des obersten Kriegsherrn bildet, scharf, blank und schlagbereit gegen jeden Feind zu erhalten. (Bravo! rechts. Zurufe von den Soz.) Soweit sich mit dieser Aufgabe die innerhalb oder außerhalb dieses Hauses an mich herantretenden An⸗ regungen und Vorschläge, Forderungen oder Wünsche vertragen und je moderner sie sein sollten, um so willkommener werden sie mir sein (Lachen bei den Soz.), werden Sie, meine Herren, und jeder, den es angeht, mich stets bereit finden, dankbar darauf einzugehen. (Bravo! links.) Dagegen muß ich allen Bestrebungen, die sich mit den Forderungen meiner Aufgabe und ebenso mit den Lebensbedingungen der Armee wie des Reichs nicht vertragen, nicht nur meine Mit⸗ wirkung versagen, sondern sie auch nach Kräften unschädlich zu machen versuchen. (Lebhaftes Bravo! rechts. Lachen bei den Soz.) Meine Herren, das liegt so klar (große Heiterkeit bei den Soz.) in der Natur der Dinge begründet, daß ich mir weitere Ausführungen darüber er⸗ sparen darf. (Sehr richtig! rechts. Heiterkeit und Zurufe bei den Soz.)

Wenn ich mich nunmehr dem Gegenstand zuwende, der Ihnen heute hier vorliegt, meine Herren, so leite ich die Berechtigung dazu, das Wort zu ergreifen, aus dem Umstand ab, daß er in den engsten Beziehungen zur Wahrung der Schlagbereitschaft der deutschen Wehr⸗ macht steht. Was es bedeutet, gegen Gegner kämpfen zu müssen, denen es gelungen ist, unsere Blößen vorzeitig zu erspähen und die Ab⸗ wehr der Schläge, die wir planen, sorgsam und rechtzeitig vorzubereiten, weiß jedermann schon aus dem gewöhnlichen Leben. Wer sich hier⸗ gegen nicht, soweit es in seiner Möglichkeit liegt, sichert, begeht in meinen Augen einen schweren Fehler und einen unverzeihlichen da, wo es sich um so ernste Dinge handelt, wie die Sicherheit des Vater⸗ landes (sehr richtig! rechts); denn er gibt einen wichtigen Faktor des Erfolges freiwillig aus der Hand, und das tun, heißt von vornherein

Kriegsminister Generalleutnant von

auf den Erfolg überhaupt, wenn nicht verzichten, so doch ihn auf das

äußerste gefährden. Sicherlich wird in dem großen Ringen auf Leben und Tod, wenn es einst kommen sollte, nur derjenige Hoffnung haben, die Oberhand zu gewinnen, der bei der Vorbereitung jede Chance zu seinen Gunsten ausgenutzt hat. (Sehr richtig! rechts.) Gegen die Gefahren, denen uns in dieser Beziehung die Lücken des Gesetzes von 1893 aussetzen, müssen wir uns meiner Meinung nach schützen. Es ist hier nicht der Ort, näher darauf einzugehen. Aber sie sind, wie

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schon der Herr Staatssekretär des Reichsjustizamts andeutete, und wie jeder zugeben muß, der unbefangen und mit einiger Aufmerksam⸗ keit die Gestaltung der Verhältnisse in den letzten Jahren verfolgt hat, und wie ich Ihnen aus eigener mehrjähriger Beobachtung be⸗ stimmt versichern kann, sehr groß; sie sind so groß, daß auch ihre Herbeiführung unter Außerachtlassung der gebotenen Vorsicht, d. h. aus Fahrlässigkeit über den Rahmen des jetzt bestehenden Gesetzes hinaus verhindert werden sollte. Wenn jeder, der sich einer Körper⸗ verletzung aus Fahrlässigkeit schuldig macht, im Gesetz mit empfind⸗ licher Strafe bedroht wird, so ist es kaum zu verstehen, warum der⸗ jenige, der unter denselben Voraussetzungen die Sichherheit des Reiches gefahrdet, ohne Strafandrohung bleiben soll. (Sehr richtig! rechts sehr unrichtig! im Zentrum.) Es ist dabei von meinem Standpunkt aus ohne wesentlichen Belang, wer sich einer solchen Haltung schuldig macht. Im besonderen vermag ich der Publizistik im großen eine Aus⸗ nahmestellung dabei nicht einzuräumen. Man mag ihre Bedeutung so hoch einschätzen, wie man will und niemand kann sie höher schätzen als ich persönlich, wofür ich noch Beweise zu liefern hoffe ein Vo recht zugunsten der unbedingten freien Meinungsäußerung in de vorliegenden Frage wird man daraus nicht ableiten könne In ihr gibt es überhaupt nicht verschiedene Rechte, sondern nur ei Recht mit souveräner Gültigkeit, nämlich das Recht des deutsch Volkes darauf, daß seine Wehrhaftigkeit und Schlagbereitschaft intak und seine Rüstung lückenlos erhalten wird.

Indem ich dies feststelle, möchte ich gleichzeitig betonen, daß di Heeresverwaltung jede Absicht, mit dem vorliegenden Gesetz ei Sonderrecht für die Armee, vor allem ein Sonderrecht gegenüber de Rechten der freien Meinungsäußerung überhaupt anzustreben, ent schieden ablehnen muß. Es handelt sich eben gar nicht um Sonder interessen der Armee oder sonst irgend jemandes, sondern allein wi gesagt um die großen, uns allen gemeinsamen Interessen des Reiches (Sehr gut! rechts.) Den Interessen des Reiches wird sicherlich am besten und um so besser gedient sein, je mehr, je enger, je vertrauens voller in Zukunft die Organe der Heeresverwaltung und die Organ der öffentlichen Meinung zusammenarbeiten. Ich erkläre mich bereit in den Kommissionsverhandlungen an dem Suchen nach einem Weg zu diesem Ende die Heeresverwaltung eifrig zu beteiligen. Wenn da vorliegende Gesetz eine solche Verbindung zwischen den Organen de Heeresverwaltung und der öffentlichen Meinung befördern würde, sse wäre das mit Freuden zu begrüßen; sie würde auf beiden Seiten das Verständnis für die Bedürfnisse der anderen Seite vertiefen. So ent schieden die Armee jeden Versuch abwehren muß, die Vorgänge bei ih zum Schaden des Reichs und zu Nebenzwecken, sei es aus Partei interesse, sei es aus Sensationsbedürfnis, rücksichtslos öffentlich aus zubeuten, so entschieden muß sie doch fordern, daß das Volk über si fortlaufend und eingehend unterrichtet wird, und daß sie nicht eine freien Kritik entzogen wird, die ehrlich bessern will. Ueber die Be deutung der verantwortungsvollen Aufgabe, die jederzeit den Organen der öffentlichen Meinung zufällt, besteht bei der Heeresverwaltung nicht der geringste Zweifel. Ein Volksheer wie das unsrige kann auf die Dauer nur dann gedeihen und in ernsten Zeiten seiner Pflicht nur dann voll gerecht werden, wenn die gesunden, die vaterländisch gesinnten Teile des Volks in herzlichem Einvernehmen mit ihm und zu ihm stehen. (Lebhafter Beifall rechts.)

Staatssekretär des Reichsmarineamts, von Tirpitz: G Mieeine Herren! Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Den In⸗ halt der Vorlage, die juristischen Mängel der bisherigen Gesetzgebung über die Spionage und die allgemeinen militärischen Bedürfnisse haben ja die beiden Herren Vorredner dem Hohen Hause eingehend dargelegt. Ich kann vom Standpunkt der Reichsmarineverwaltung nur bestätigen, daß ein dringendes Bedürfnis zur Verbesserung dieser Gesetzgebung vorliegt. Wie dem Hohen Hause ja im allgemeinen bekannt sein wird, ist gerade auch die Marine in den letzten Jahren einer ganz ausgiebigen Spionagetätigkeit ausgesetzt gewesen; sie hat sich ganz besonders auf unsere Küstenbefestigungen und auf unsere Kon⸗ struktionen und die uns eigentümlichen Schiffstypen ausgedehnt. Es wird sich ja gelegentlich der Kommissionsberatungen ermöglichen lassen, diese Situation an einzelnen Fällen noch näher zu beleuchten. Ich kann vom Standpunkt der Marineverwaltung aus nur bestätigen, daß es im Interesse der Landesverteidigung ein dringendes Bedürfnis ist, in Zukunft dieser ausgiebigen Spionagetätigkeit nach Möglichkeit vor⸗ zubeugen. (Bravol rechts.)

Abg. Stadthagen (Soz.): Es ist hier so hingestellt worden, als ob sich das Gesetz gegen die Spionage richtet. Wenn man aber die Spionage beseitigen will, dann muß man die Grundlage be⸗ kämpfen, auf der diese Spionage erwachsen ist, nämlich das jetzt S Militärsystem. Spione werden unterhalten von allen großen Mächten und auch von Deutschland. Es werden sogar öffentliche Mittel bewilligt für die Spionage. Dann seg man, ja, wenn der Nachbar aber dasselbe tut, dann muß es bekämpft werden. Wir Sozialdemokraten sind immer die einzigen gewesen, die gegen dieses ganze System protestiert haben. ie Entwickelung der letzten 20 Jahre, seitdem das Gesetz von 1893 in Kraft ist, zeigt, wie recht wir damit gehabt haben, daß der § 93 des Strafgesetbuches voll⸗ kommen genügt, und daß dieses neue Gesetz überhaupt unnotig ist. Es ist nicht richtig, zu sagen, man will die Spionage ausrotten, wenn man selbst den Boden der Spionage bereitet. Das ist ein Widersinn. Das Spionagesystem ist ein internationales. Es gefährdet die Sicherheit des Deutschen Reiches und aller Reiche, weil es die Gefahr internationaler Verwickelungen mit sich bringt. Man muß doch sagen, hältst Du die Spionage für ein verächtliches Gewerbe. so mußt du selbst damit anfangen, deine eigenen Spione zu beseitigen. Die neue Vorlage besagt, daß, wer aus Gewinnsucht Spionage treibt. gleichgültig ob Inländer oder Ausländer, verächtlicher ist als Zu⸗ bälter und Polizeispitzel. Gleichwohl ist das Svystem der Fele. seiber bei uns durchaus im Schwange, und ohne ein Heer von Polizei⸗ pitzeln, das heißt von Spionen gegen die Arbeiterklasse, kommt unsere Polizei ja gar nicht aus. Die Vertreter dieses Svostems wollen etzt ploͤtzlich den Moralischen spielen in den Fällen, wo gegen uns bonlert wird. Da soll nun gleich Zuchthaus verhängt werden. Man soll sich nicht auf den hohen moralischen Kothurn begeben, wenn wir selbst so viele Polizeispitzel und Polizeispione haben, daß wir damit die ganze Welt versorgen könnten. Aer das ist bloß Konkurrenzneid.

Großadmiral