an der Sozialdemokratie ist das soziale Wirken des Staats nicht spurlos vorübergegangen. Wir wissen nicht, wie stark diese Partei heute wäre, wenn sozialpolitisch nichts getan worden waͤre. Wenn auch die Sozial⸗ demokratie bedauerlicherweise außerordentlich stark geworden ist, so hat 8 doch an revolutionärem Elan eingebüßt. Es liegt nicht nur am schwerfälligen Temperament des deutschen Volkscharakters, wenn es
r radikalen Richtung in der Partei nicht gelingen will, gefährliche Massenaktionen zustandezubringen. Unter den schwierigsten Verhaͤlt⸗
ssen hat sich die christlich⸗nationale Arbeiterbewegung achtunggebietend entfaltet. Die Sozialdemokratie verfügt gewiß über größere Legionen. Aber Zahlen allein entscherden nicht. Die chriftlich⸗nationale Arbeiterbewegung ist eine nationale Hoffnung. Allerdings, viel ist noch zu tun. Die wirtschaftliche Erstarkung der deutschen Lohnarbeiter⸗ schaft darf nicht überschätzt werden. Wir haben einige gut entlohnte Arbeiterschichten. Daneben stehen aber Millionen von anderen Berufs⸗ schichten und von Hilfsarbeitern, die kaum das unbedingt Nötige er⸗ reicht haben. Noch immer ist das Arbeiterdasein ein unsicheres. Krankheit, Arbeitslosigkeit und Invalidität sind unheimliche Begleit⸗ erscheinungen. Es wird noch viel gesunde Kraft verzehrt in vergeblichen Versuchen, sich und die Seinen über Wasser zu halten. Das Armsein ist besonders schwer erträglich in einer Zeit mit übertriebenem Luxus und rücksichtslosem Genießen. Die soziale Sorge ist uns noch nicht von der Seele genommen. Es sind noch Aufgaben da, die gelöst werden müssen. Die Arbeitslosigkeit gilt es zu bekämpfen, die Lebenshaltung zu erleichtern und dem Wohnungswucher zu steuern. Eine soziale Kulturforderung ist die der Volksbildung und Volkserziehung. Der Staat, die sozialen Vereinigungen und die religiösen Gemeinschaften haben hier große Aufgaben. Erzieherische Kleinarbeit muß geleistet werden an und in den Familien. Unser Arbeiterstand ist noch wurzellos in den Industrierevieren. Die neuzeitliche Arbeitsweise zersprengt die Familien und zerstört die Gemütskräfte. 1813 kam die Kraft von unten. Auch wir sagen, daß im Volke gute Kraft wächst, die man heraufwachsen lassen möge. Das ist eine Kulturpflicht, und darin liegt die Zukunft der Nation.
Alsdann erstattete der Reichstags⸗ und Landtagsabgeordnete Giesberts ein Referat über „die deutsche Sozialpolitik und ihre Gegner“ und stellte einen Antrag, der folgendes besagt: „Die wichtigste Aufgabe für Staat und Gesellschaft in der Gegenwart und nächsten Zukunft besteht darin, den unteren Volkskreisen einen an⸗ gemessenen Anteil an den Erfolgen unserer Wirtschaftstätigkeit und an den Fortschritten der Kultur zu ermitteln. Insbesondere liegt es ihnen ob, den geistigen und sozialen Aufstleg des Lohnarbeiterstandes zu fördern und die Eingliederung desselben in die bürgerliche Gesellschaft zu er⸗ möglichen. Die Organisationen der Arbeiter, die soziale Gesetz⸗ gebung und ein Teil der privaten Wohlfabrtspflege arbeiten erfolg⸗ reich an diesem Ziel. Die soziale Gesetzgebung sichert dem Arbeiter ein Existenzminimum für die Tage der Krankheit und Invalidität und wirkt vorbeugend und heilend für die Gesundheit der Arbeiter. Vereins⸗ und Koalitionsrecht sollen den Arbeitern die notwendige Be⸗ wegungsfreiheit für ihre Selbsthilfebestrebungen in Organisationen und Vereinen geben. Die Erkenntnis von der Notwendigkeit der sozialen Arbeit und ihrer klassenversöhnenden Wirkung hat sich in der öffent⸗ lichen Meinung durchgesetzt und ist Gemeingut der Mehrheit des deutschen Volks geworden. In Erwägung dieser Umstände protestiert der 3. Deutsche Arbeiterkongreß auf das lebhafteste gegen die Treibereien einzelner Vertreter der Wissenschaft und des scharfmacherischen Unter⸗ nehmertums, die Wirkungen und Erfolge der deutschen Sozialgesetz⸗ gebung durch willkürliche Uebertreibung und unberechtigte Verallge⸗ meinerung einzelner Mißstände herabzusetzen und selbst im Ausland in Mißkredit zu bringen. Die verantwortlichen Instanzen der Gesetzgebung wirken gemeinsam mit den Arbeitern erfolgreich an der Beseitigung solcher Mißstände, deren Umfang übrigens in keinem Verhältnis steht zu den großen Erfolgen und der segensreichen Wirkung der sozialen Gesetzgebung im allgemeinen. Der Kongreß ist einig und fühlt sich solidarisch mit den Vertretern der Sozialpolitik in den Parlamenten und in den sozialen Vereinen und vor allem mit den verantwortlichen leitenden Instanzen der Arbeiterversicherungsinstitute in der Abwehr Rüser Angriffe. Der Kongreß fordert demensprechend: 1) die weiteste Auftlärung des deutschen Volkes über die Notwendig⸗ keit, den Charakter und die Wirkungen der Versicherungsgesetzgebung und des Arbeiterschutzes. 2) Er erwartet von der Regierung und von den Parlamenten, daß sie sich in ihren Entschließungen von den scharfmacherischen Treibereien in keiner Weise beeinflussen lassen. 3) Insbesondere erwartet der Kongreß, daß die neuerdings auf⸗
tretenden Bestrebungen zur Einschränkung des Koalitionsrechts der Arbeiter bei Regierung und Parlament entschiedene Zurückweisung finden, da jede Beeinträchtigung der Rechte der Arbeiter, namentlich des Koalitions⸗ und Vereinsrechts, und die Abbröckelung unserer sozialen Gesetzgebung den heftigsten Widerstand aller Arbeiter ohne Unterschied der Partei hervorrufen müssen und geeignet sind, die Klassengegensätze zu verschärfen. — Der Kongreß empfiehlt als wirk⸗ samstes Mittel zur Abwehr der antisozialen Strömungen die Stärkung der auf christlichem und nationalem Boden stehenden Orgaanisationen der Arbeiter und Angestellten. Er fordert deshalb alle Freunde des sozialen Fortschritts sowie alle Arbeiter und Angestellten auf, an der Festigung und Stärkung dieser Organisationen zu arbeiten, damit sie ein festes Bollwerk gegen jede soziale Reaktion bilden können.“
Nachdem Giesberts seinen Antrag begründet hatte, nahm der Wirkliche Geheime Rat, Professor Dr. Adolf Wagner das Wort: Es ist gesagt worden, daß wir in der Sozialpolitik zu weit gegangen seien und daß es nun an der Zeit sei, einzuhalten. Demgegenüber sage ich: jetzt erst recht gerade vorwärts mit der Sozialpolitik! Dann ist gesagt worden, es sei deshalb an der Zeit, Maß zu halten, weil Rücksicht genommen werden müsse auf die ausländische Konkurrenz. Aber wenn wir sehen, wie groß unsere Industrie geworden ist, welche großen Gewinne die Aktiengesellschaften, namentlich im Bergbau, erzielen, dann frage ich: ist es denn wirklich wahr, daß Deutschlands Industrie im Rückgang begriffen ist? Ist sie nicht viel⸗ mehr aufgeblüht im Zeitalter der Sozialpolitik? Für mich als Theoretiker waren in erster Reihe Erwägungen von Einfluß, die ich in der englischen Literatur kennen gelernt hatte. Es war dort gesagt worden, man rühme das Zeitalter der Maschinen, aber sei es denn dadurch für den Arbeiter besser geworden? Da fagte ich mir: wenn das Zeitalter der Maschinen und der Naturerkenntnis ein wahrer Segen für die Menschheit werden soll, dann muß Sozialpolitik getrieben werden. Das ist in Deutschland erfreulicherweise auch geschehen. Der Mann, der Deutschland groß gemacht hat, der das neue Deutsche Reich geschaffen hat, Wilhelm der Große, ist, nachdem er den militärischen Lorbeer erreicht hatte, nicht müde geworden, sondern hat das Zeitalter der Sozialpolitik ins Leben gerufen. Wir Theoretiker sind mit Ihnen in dem Ziel eines maßvollen Arbeiterschutzes einig, und wir wünschen, daß dies im ganzen Reich anerkannt wird, und daß, wie Giesberts ausgeführt hat, die Gebildeten einsehen mögen, daß Ihre Be⸗ strebungen nicht sozialdemokratisch, sondern gut national sind. Denn sie halten fest an Vaterland, Thron und Kirche. Halten Sie auch daran fest, einen maßvollen Arbeiterschutz zu verlangen, und ich hoffe, daß die gebildeten Kreise Sie immer mehr auf diesem Wege begleiten möchten. Ich spreche Ihnen meine besten Wünsche für diese Bestrebungen aus.
Nach weiterer Diskussion wurden der Antrag des Abg. Giesberts und andere zur Tagung des 3. Deutschen Arbeiterkongresses ein⸗ gegangene, den Arbeiterschutz betreffende Anträge angenommen und darauf die Verhandlungen bis Dienstag vertagt.
Zur Unterstützung hilfsbedürftiger Kriegsteilnehmer und ihrer Hinterbliebenen soll der Ertrag einer Fest⸗ vorstel lung dienen, die der Preußische Frauen⸗ und Jung⸗ frauen⸗Verein aus Anlaß seines fünfzigjährigen Bestehens, unter dem Protektorat Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Eitel⸗ Friedrich am Sonnabend, den 6. Dezember, im Theatersaale der Königlichen für Musik veranstaltet. Mit Ein⸗ ladungen zu dieser Feier ist eine größere Zahl Feldzugsveteranen be⸗ dacht worden, soweit der verfügbare Raum dies irgend gestattet hat. Das Programm verspricht u. a. „Lieder in Bildern und Tönen“. Eintrittskarten sind bei den Vorstandsdamen, insbesondere bei der Vereinsvorsitzenden, Frau von Schubert (Kurfürstenstraße 134) und Frau Baronin von Schorlemer (Leipziger Platz 10) sowie in Potsdam bei der Oberhofmeisterin Frau Gräfin von Schlieffen, Villa Ingen⸗ heim, zu haben. Der Erlös wird ausschließlich zu Gunsten der Veteranen verwendet.
Im Lessing⸗Museum (Brüderstraße 13) findet am Donnerstag⸗
abend als 150. Vortragsveranstaltung ein Georg Reicke⸗Abend.
statt. Einführend spricht “ A. Merbach über den Dichter; Charlotte Lexow liest aus dem Roman „Das grüne Huhn“ und der Gedichtsammlung „Winterfrühling“ vor. Anna Reichner⸗Feiten singt
.““ 8 Reickesche Lleder, vertont von Dr. Paul Klein, der selbst am Flügel begleitet. — Am Freitagabend findet ein Vortrag von Dr. A. Traube über Farbenphotographie statt. 8
Zabern, 2. Dezember. (W. T. B.) Zu einem neuen Zwischenfall kam es heute in dem nahen Dettweiler. Als dort heute morgen 7 Uhr der Leutnant von mit einem kriegsstarken Zuge der 4. Kompagnie des 99. Infanterieregiments den Ort passierte, wurde der Leutnant von vorübergehenden Arbeitern er⸗ kannt und durch höhnende Zurufe beleidigt. von Forstner ließ s ofort Halt machen und versuchte, durch ausgeschickte Patrouillen die Beleidiger fest⸗ nehmen zu lassen, die nach allen Seiten flohen. Dem Fahnenjunker Wieß gelang es, einen der Leute zu fassen, einen gelähmten Schuh⸗ macher, der sich mit allen Kräften der Verhaftung widersetzte. Bei dem entstehenden Geraufe zog der Leutnant von Forstner den Säbel und hieb dem Schuhmacher über den Kopf. Der Leutnant von Forstner begab sich sofort zum Bürgermeisteramt und gab den Vorfall zu Protokoll. —
London, 1. Dezember. (W. T. B.) Wie „Lloyds“ aus Liverpool melden, ist dort heute der englische Dampfer „Boulama“ mit 39 Geretteten vom deutschen Viermaster „Pitlochry“ an Bord eingetroffen. Der Dampfer ist mit dem Segelschiff zusammengestoßen, wobei dieses gesunken ist.
Paris, 2. Dezember. (W. T. B.) In Mialet (Departement Gard) stürzte eine aus dem 14. Jahrhundert stammende Kirche zusammen. Ihr wertvoller Hochaltar und mehrere alte Bilder wurden durch die Trümmer vernichtet. Seit dem Trennungsgesetz war jede Ausbesserung der Kirche unterblieben
St. Petersburg, 1. Dezember. (W. T. B.) Heftiger Seewind treibt seit gestern große Wassermengen in die Newa, deren Wasserstand heute morgen 6 ½ Fuß über das normale Maß gestiegen war. Einige niedrig gelegene Stadtteile sind überschwemmt. Kanonenschüsse von der Peter Pauls⸗Festung
kündigten der Bevölkerung die Ueberschwemmungsgefahr an. 1
Livadia, 1. Dezember. (W. T. B.) Aus Anlaß des 60. Jahrestages der Schlacht von Sinope hat im kaiser⸗ lichen Schlosse ein Frühstück stattgefunden, zu dem die in Jalta anwesenden Marineoffiziere, an ihrer Spitze der Konteradmiral Pokrowsky, eingeladen worden waren. Der Kaiser brachte einen Trinkspruch 8 Schwarze Meerflotte, auf ihren Ruhm u uf ihre Zu⸗ unft aus.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
Juarez, 2. Dezember. (W. T. B.) Nach einer De⸗ pesche des Generals Villa ist General Mercado mit zwei⸗ tausend Mann Bundestruppen auf dem Marsche nach Ojinaga an der amerikanischen Grenze. Die Generale Salazar und Orozco haben sich mit tausend Mann in die Berge zurückgezogen. Hunderte von Einwohnern, darunter zahlreiche Frauen und Kinder, haben sich, völlig ausge hungert, auf den Weg nach der Grenze gemacht. Die Zu stände in Chihuahua sind unerträglich. Die spanische Wasser⸗ leitung ist zerstört. Die Lebensmittel sind fast erschöpft. Die Aufständischen haben für eine halbe Million Dollar Lebens⸗ mittel und Kleidungsstücke mit Beschlag belegt, nachdem die Kaufleute sich geweigert hatten, Wechsel anzunehmen. Auch für 100 000 ℳ bares Geld von der Banco Minero eigneten sich die Aufständischen an. Doch sollen die Verluste durch Ver⸗ sicherung bei englischen Gesellschaften gedeckt seimrn.
(Fortsetzung des Amtlichen und Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
Theater.
Opernhaus. 242. Abonnementsvorstellung. Bernauer und Schanzer.
Bohème. Szenen aus Henry Murgers
„La Fiegds — 9 vier eies im Mai. von G. Giacosa und L. ica. eu t
von Ludwig Hartmann. Musik von Volksfeind. Giacomo Puccini. Musikalische Leitung:
Verliner Theater. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai.
Donnerstag und folgende Tage: Wie
Sonnabend, Nachmittags 3 ½ Uhr: Ein
Charlottenburg. Mittwoch, Abends
Romantische Tragödie in fünf Akten von kalische Gro
Donnerstag: Die goldene Ritterzeit. Sen e
Freitag: Die Jungfrau von Orleans.
Deutsches Opernhaus. (Char⸗ lottenburg, Bismarck⸗Straße 34 — 37.
Restdenztheater. Mittwoch, Abends Posse mit 8 Uhr: Die Jungfrau von Orleans. 3 Uhr: Hoheit — der Franz!
Donnerstag und folgende Tage: Hoheit — der Franz!
Thaliatheater. (Direktion: Kren und
Birkus Busch. Mittwoch, Abends Musi⸗ 7 ½ Uhr: Große Galavorstellung. — teske in drei Akten von Artur Auftreten sämtlicher Spezialitöten. und Willi Wolff. Musik — Zum Schluß: Die große Prunk⸗ Winterberg. pantomime: Pompeji.
Familiennachrichten.
3. Feldart. R, Prinz Leopold, Fuchs b. Stabe d. 8. Feldart.
König, Stapf, Komp. Chef im 15. Inf. R. König Friedrich August Komp. Chef im 3. Inf. R. Prin Karl von Bayern, zum 15. Inf.
diese beiden in d. bish. Eigenschaft, Theysohn, Battr. Chef im
Herr Generalmusikdirektor Blech. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Anfang 7 ½ Uhr.
Schauspielhaus. 237. Abonnementsvor⸗ stellung. Die Rabensteinerin. Schau⸗ spiel in vier Akten von Ernst von Wilden⸗ bruch. Regie: Herr Regisseur Dr. Bruck. Anfang 7 ½ Uhr.
Donnerstag: Opernhaus. Mittags 12 Uhr: Symphoniematinee. Abends 7 ½ Uhr: IV. Symphoniekonzert der König⸗ lichen Kapelle.
Schauspielhaus. 238. Abonnementsvor⸗ stellung. Die Welt, in der man sich langweilt. Lustspiel in drei Aufzügen von Edouard Pallleron, von Emerich von Bukovics. Anfang 7 ½ Uhr.
Neues Operntheater. (Kroll). Sonntag, Nachmittags 2 ½ Uhr: Auf Allerhöchsten Befehl: Zweite Vor⸗ stellung für die Berliner Arbeiter⸗
schaft: Doktor Klaus. Lustspiel in 5 Aufzügen von Adolf L'Arronge. (Die Eintrittskarten werden durch die 1“ stelle für Volkswohlfahrt nur an Arbeiter⸗ vereine, Fabriken usw. abgegeben. Ein berkzuf an einzelne Personen findet nicht
att.
Deutsches Theater. (Direktton: Marx
Reinhardt.) Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Ein Sommernachtstraum. (Shake⸗
speare⸗Zyklus.) 1 (Shakespeare⸗
Straße. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Die Kronbraut. sechs Bildera von August Strindberg. Musik von August Enna.
Donnerstag: Die fünf Frankfurter. Freitag und Sonnabend: Die Kron⸗
braut.
vier Akten von Henri Nathansen.
Mauern.
Deutsches Künstlertheater (So⸗ ” (Nürnbergerstr. 70/71, gegenüber em Zoologischen Garten.) kittwoch, Abends 8 Uhr: John Gabriel Vorkman.
Donnerstag: Rose Bernd.
Freitag: Der Biberpelz.
Sonnabend: Der zerbrochene Krug. Vorher: Hanneles Himmelfahrt.
Lessingtheater. Mittwoch, Abends 8 Uhr: Pygmalion. Lustspiel in fünf Akten von Bernard Shaw.
Donnerstag: Peer Gynt.
Freitag und Sonnabend: Pygmalion.
Dentsches Schanspielhaus. Direk⸗
tion: Adolf Lantz. NW. 7, Friedrich⸗ straße 104 — 104 a.) Mittwoch, Abends
Donnerstag: Hamlet. Zyklus.)
11 ve onnabend, Nachmittags * r: Zu heit 8 ermäßtgten Preisen: Der blaue Vogel. heitere Residenz
— Abends: Viel Lärm um Nichts. Kammerspiele.
Mittwoch, Abends 8 Uhr: Frühlings
Erwachen.
Donnerstag und Sonnabend: An⸗
droklus und der Löwe. Freitag: Der verlorene Sohn.
8 Uhr: Die heitere Residenz. Lust⸗ spiel in drei Akten von Georg Engel. Donnerstag und folgende Tage: Die
Schillertheater. o. (Wallner⸗ theater.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Wenn der neue Wein blüht. Lust⸗ piel in drei Akten von Björnstjerne
jörnson.
Theater in der Käniggrützer Direktion: Georg Hartmann.) Mittwoch, h garüth Abends 8 Uhr: Der Waffenschmied. G Donnerstag und Sonnabend: Manon 8 IA“ Posse mit Ge⸗
ang un
Ein Märchenspiel in Leseaut. Kren und Curt Kraatz.
Reues Theater.) 111“ 8 r: Komüdienhaus. Mittwoch, Abends Julius Spielmann: Die ideale Gattin.
n 8 8 Operette in drei Akten von J. Bramer 8 Uhr: Hinter Mauern. Schauspiel in vnd A. Grünrald
Donnerstag und folgende Tage: Hinter Lehär. ideale Gattin.
Freitag: Der Mikado. 8
Montis Operettentheater. (Fräher: r
Gastspiel Massary,
Donnerstag und folgende Tage: D
Theater des Westens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstraße 12.) Mittwoch, Nachmittags 4 Uhr: Das tapfere Schneiderlein. — Abends 8 Uhc: Polenblut. Operette in drei Akten von Oskar Nedbal. “ und folgende Tage: Polen⸗
ut.
Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Das tapfere Schneiderlein.
Sonntag, Nachmittags 3 ½¼ Uhr: Der liebe Augustin.
Theater am Nollendorfplatz. Mittwoch, Nachmittags 4 Uhr: Bei kleinen Preisen: Frau Holle. Weihnachts⸗ komödie von Robert Sachs. — Abends 8 Uhr: Der Mikado. Burleske Operette in zwei Akten von Arthur Sullivan.
Donnerstag und folgende Tage: Der Mikado.
kleinen Preisen: Frau Holle.
Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) Mittwoch, Abends 8 Uhr: Die spanische Fliege. Schwank in drei Akten von Franz und Ernst Bach.
Schönfeld.)
Tangoprinzessin. Abends vorstellung: Aschenbrödel.
Musik von Franz Bahnhof Friedrichstr.) Mittwoch, Abends
(Geliebte.
Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Bei
Mittwoch, Abends 8. Uhr: anz in drei Akten von Jean Donnerstag und folgende Tage: Die Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Kinder⸗
Trianonthenter. (Georgenstr., nahe
8 Uhr: Seine Geliebte. Donnerstag und folgende Tage: Seine
Konzerte.
Königl. Hochschule für Musthk. Mittwoch, Abends 8 Uhr: 1. Konzert des Symphonievereins. Dirigent: Leo Schrattenholz. “
Bechstein-Saal. Mittwoch, Abends 7 ½ Uhr: Lieder⸗ und Balladenabend von Rudolf Gmeiner. Am Klavier: Prof. Röbert Kahn und E. Mattiesen.
Beethoven-Saal. Mittwoch, Abends 8 Uhr: 2. Konzert von Sascha Culbertson (Violine). Am Klavier: Otto Nikel.
Birkus Schumann. Mittwoch,Abende 7 ½ Uhr: Große Galavorstellung. — Vorzügliches Programm. — Zum Schluß: Tango vor Gericht. Fine mit Gesang und
Donnerstag, und folgende Tage: Die
Donnerstag: Heimg’funden. Freitag: Pascae0 Töchter. 1
ispanische Fliege.
Pte anz in drei Akten.
Verlobt: Frl. Charlotte Wreschner Hrn. Bergassessor Hans Loebner (Berlin⸗ Lichterfelde —-Breslau). — Frl. Edith Bohlmann mit Hrn. Oberlehrer Dr. Theodor Schönborn (Liegnitz). — Frl. Margarete von Martin mit Hrn. Leutnant Hans Hugo von Kirchbach (Schloß Rothenburg O. L. — Berlin).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Ober⸗ leutnant Hans⸗Gebhard Edlem Herrn und Frhrn. von Plotho (Wandsbek). —
rn. Kammerherrn Carl von Butler Heldritt, Post Rodach, Coburg). — Hrn. Amtsrichter Horn (Halbau i. Schles.) II“
Gestorben: Hr. Major a. D. Heinrich von Natzmer (Breslau). — Fr. Oberst⸗ leutnant von Bülow, geb. Freiin von Maltzan, (Ribnitz). — Fr. Anna von Heße⸗Heßenburg, geb. Zinnow (Berlin). — Anny Gräfin von Einsiedel (Dresden). — Frl. Elsbeth Nehrhoff von Holder⸗ berg (Pleß).
Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.
Verlag der Expedition (Heidrich in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.
Zehn Beilagen
(einschließlich Börsenbeilage und Waren⸗ zeichenbeilage Nr. 95 A u. 95 B), sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 5 des öffentlichen Anzeigers (einschließ⸗ lich der unter Nr. 2 veröffentlichten Bekanntmachungen), betreffend Kom⸗ manditgesellschaften auf Aktien und Aktiengesellschaften, für die Woche vom 24. bis 29. November 1913.
Personalveränderungen.
Primkenau, 28. November. v. Kirchbach, Gen. d. Art., von d. Stellung als kom. Gen. d. XIX. (2 K. S.) A. K. enth., v. Laffert, Gen. d. Kav, bisher Kom. d. 4. (K. S.) Div. Nr. 40, zum kom. Gen. d. XIX. (2. K. S.) A. K. ernannt, — de Wunsche Seiner Majestät des Königs von Sachsen entsprecherdd.
Königlich Bayerische Armee.
München, 27. November. Seine Majestät der König haben Sich Allerhöchst bewogen gefunden, nachstehende Personal⸗ veränderungen Allergnädigst zu verfügen 1
a. bei den Offizieren und Fähnrichen:
am 7. d. M. den K. p. Lt. a. D. Rösinger vom 30. Oktober d. J. an im 2. Pion. B. mit Patent vom 26. Oktober d. J. anzust.; am 26. d. M. mit der gesetzlichen Pension z. Disp. zu stellen: den Maj. Schubert, Bats. Kom. im 10. Inf. R. König, den Rittm. v. Wrede, Esk. Chef im Ulan. R. König, beide m. 8 n. z. Forttr. d. bish. Unif. m. d. bestimmungsmäß. Ab⸗ zeichen; den Abschied zu bewilligen: dem Lt. Stark d. 3. Trainbats.; zu entheben:; von d. Stellung als Kom. d. Landw. Bez. Aschaffen⸗ burg den Oberstlt. z. D. Wörner m. d. Erlaubn. z. Tr. d. Unif. d. 15. Inf. Regts. König Friedrich August von Sachsen, v. d. Verwen⸗ dung im Kr. Min den Oberstlt. z. D. Sämmer m. d. Erlaubn. z. Forttr. d. bish. Unif., beide m. d. bestimmungsmäß. Abzeichen; zur Reserve zu beurlauben: die Fähnriche Eckstein d. 23. Inf. Regts., v. 1“ 3. Pion. Bats.; a zu ernennen: zum Kom. d. Landw. Bez. chaffenburg den Obersten z. D. Botz, zum Bats. Kom. im 10. Inf. R. König den Maj. Vogt b. Stabe d. 13. Inf. Regts. Franz Joseph I., Kaiser von Oesterreich und Apostolischer König von Ungarn, zum Abt. Kom. im 5. Feldart. R. König Alfons XIII. von Spanten den Hauptm. Dichtel b. Stabe d. 8 Feldart. Regts. Prinz Heinrich von Preußen unter Beförderung zum Maj. ohne Patent, zum Komp. Chef im 1. Inf. R. König den Hauptm. Holmberg, Stabshauptm. in diesem Regt., zum Stabshauptm. im 13 Inf. R Franz Joseph I., Kaiser von Oesterreich und Apostolischer König von Ungarn, den Hauptm. Beichhold dieses Regts. unter Belassung im Komdo. z. Kr. Akad., zum Esk. Chef im 2. Ulan. R. König den Rittm. Frhrn. v. Leoprechting b. Stabe dieses Regts., zu Batteriechefs die Hauptleute Meverhofer, Arj. bei d. 2. Feldart. Brig., im
Regts. Prinz Heinrich von Preußen in diesem Regt., zum Adj. bei d. 2. Feldart. Brig. den Oberstlt. Deßloch d. 11. Feldart Regts.; 8 zu berufen: z. Dienstl. im Kr. Min. den Maj. z. D. Heiders⸗
erger; zu versetzen: die Majore Orff, Komp. Chef im 1. Inf. R.
von Sachsen, zum Stabe dieser Tr. Teile, die Hauptleute Dresch,
R. König Friedrich August von Sachsen, Nepf, Stabshauptm. i Inf. K. König Wilhelm von Waritengaf, zum 22. vm. R.,
8. Feldart. R. Prinz Heinrich von Preußen, Leib d. 10. Feldart gts., dann den Rittm. Klein d. 3. Chev. Regts. Karl heodor, diese zum Stabe ihrer Tr. Teile, den Oblt. Botz d.
1. Inf. Regts. von der Tann zum 13. Inf. R. Franz Joseph I., aiser von Oesterreich und Apostolischer König von Ungarn; au befördern: zum Hauptm. den Oblt Schmetzer d. 14. Jnf.
Regts. Hartmann, zum Fähnr. den Fahnenjunker, Unteroff. Schön⸗
heit d. 18. Inf. Regts. Prinz Ludwig Ferdinand;
zu charakterisieren: als Oberstlt. den Maj. z. D. Völk, Pferde⸗ vormust. Komm. in Regensburg; 8
b. bei den Veterinäroffizieren:
„am 26. d. M. den Unt. Veter. Schwertschlag d. 6. Feldart. Regts. Prinz Ferdinand von Bourbon, Herzog von Calabrien zum Veter. zu befördern. 8.
Königlich Sächsische Armee. 1
Den 28. November. v. Kirchbach, Gen. d. Art., nach erfolgter Enthebung von d. Stellung als kom. Gen. d. XIX. (2. dce esoloter in Genehmigung seines Abschiedsgesuches m. Pens. und d. Erlaubnis z. Tr. d. Gen. Unif. z. Disp. gest., unter Belassung à 1. s. d. 3. Feld⸗ art. Regts. Nr. 32. Götz v. Olenhusen, Gen. Lt. von d. Armee, zum Kom. d. 4. Div. Nr. 40 ernannt.
Die Fähnriche: Noetzold im 13. Inf. R. Nr. 178, mit einem Patent vom 20. August 1911, Franke im 3. Feldart. R. Nr. 88 Schröder im 2. Train⸗B. Nr. 19, — mit einem Patent vom 19. November 1911, Sarfert im 7. Feldart. R. Nr. 77, Franke im 2. Pion. B. Nr. 22, — mit einem Patent vom 20. November 1911, Schomburg im 11. Inf. R. Nr. 139, mit einem Patent vom 8 “ 85 9 “ Nr. 19, mit einem Patent vom 11. November 1913, Graf Schaffgotsch im 1. Hus. R. Kö 1 18 ffan de tasnert fIgeelch b
² charakterisierten Fähnriche: Hefelmann im 16. Inf. R. Nr. 182, v. Plate im 2. Ulan. R. Nr. 18, Schraps im 3. Waf. R. Nr. 21 Kaiser Wilhelm II., König von Preußen; die Unteroffiziere: Böttger im 3. Inf. R. Nr. 102 König Ludwig III. von Bayern, Zenker im 6. Inf. R. Nr. 105 König Wilhelm II. von Württem⸗ berg, Krähmer im 7. Inf. R. König Georg Nr. 106, Fraustadt im Schützen⸗ (Füs.) N Prinz Georg Nr. 108, Bluhm, Wewetzeer, Granz im 9 Inf. R. Nr. 133, Stenz im 11. Inf. Nr. 139, Spengler, Giesing im 12. Inf. R. Nr. 177, Lorenz, Weigand im 13. Inf. R. Nr. 178, Lochmann, Lehmann, Erler im 15. Inf. R. Nr. 181, Frhr. v. Hammerstein⸗Loxten im 1. Ulan. R. Nr. 17 Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, König von Ungarn, Bünsch im 1. Train⸗B. Nr. 12, Haag im 2. Train⸗B. Nr. 19, — zu Fähnrichen ernannt.
Deutscher Reichstag. 179. Sitzung vom 1. Dezember 1913, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Der Präsident Dr. Kaempf läßt zu Beginn der Si zung, welcher der Reichskanzler Dr. von 1“ Hoklwen⸗ und der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück beiwohnen, die schon in der Presse mitgeteilte Depesche des Bürgermeisters von Zabern an den Reichstag in bezug auf die bekannten Vor⸗ gänge der letzten Tage verlesen und teilt mit, daß er dem Reichskanzler von dem Inhalt dieser Depesche Kenntnis gegeben habe und eine Abschrift dieser Depesche jedem Mitgliede des
Au
Hanuses zugehen werde.
der Tagesordnung steht zunächst die folgende Inter⸗
pellation der Abgg. Delsor und Gen. (Els.):
„Was gedenkt der Herr Reichskanzler zu tun, um die elsaß⸗ lothringischen Soldaten und die Bevölkerung Elsaß⸗Lothringens
iger und Königlich Preußischen Staats
Berlin, Dienstag, den 2. Dezember
fanterieregiments Nr. 99 in Zabern ihnen gegenüber hat zu schulden
kommen lassen?
Hält der Herr Reichskanzler die Strafe, die über diesen Offi⸗
verhängt worden ist, für eine Sühne, die geeignet ist, der iederholung solcher Fälle vorzubeugen?
88 die Frage des Präsidenten, ob und wann die
Interpellation beantwortet werden wird, erklärt
Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:
Ich bin bereit, die Interpellation zu beantworten. Sie betrifft denselben Gegenstand wie die Interpellation der Fortschrittlichen Volkspartei, von der bisher zu erwarten war, daß sie nach Beendigung der ersten Etatslesung verhandelt werden würde. (Zuruf bei den Soz.: Wir haben auch interpelliert!) — Die Herren haben auch interpelliert! Gewiß! Ich glaube, es sind zwei oder drei Interpellationen. In⸗ zwischen haben sich in Zabern Vorgänge ereignet von so bedauerlicher Art, daß ich selbst den größten Wert darauf lege, baldmöglichst dem Reichstage und dem Lande darüber Auskunft zu geben (bravo!) und jeden Zweifel zu beseitigen, daß die Autorität der Gesetze ebenso ge⸗ schützt wird wie die öffentliche Ordnung und die Autorität der öffent⸗ lichen Gewalten.
Ich werde deshalb, sobald mir das Ergebnis der sofort eingeleiteten Untersuchung vorliegt, Ihren Herrn Präsidenten bitten, die eventuell bereits begonnene erste Etatslesung zu unterbrechen und die Interpellationen sofort auf die Tagesordnung zu setzen. Ich hoff daß dies Mittwoch möglich sein wird. (Beifall.)
Darauf wird dieser Gegenstand für heute verlassen. 8 cbie etreffen die Handelsbeziehungen’ zum britischen Rei⸗ che, wodurch das bestehende mit Ende 1913 ablaufende Provisorium bis Ende 1915 verlängert werden soll.
Abg. Hoesch (dkons.) schildert unter roßer Unruhe des erregten Hauses eingehend die Schäden, die Deutschlacd aus der E Verlängerung des Handelsprovisoriums mit England erwachsen. Die britischen Kolonien bevorzugen das britische Mutterland zum Schaden Deutschlands durch ihre Zolltarife. Infolgedessen hat sich unsere ge⸗ samte Handelsbilan mit England immer ungünstiger gestaltet. Als wir Kanada die Meistbegünstigung gewährten, haben wir uns nicht nur einen erhöhten kanadischen Follaref sondern auch noch einen Extra⸗ strafzuschlag von 33 % c% gefallen lassen müssen. Am meisten leiden unter diesen Verhältnissen die Erzeugnisse unserer Landwirtschaft; aber nicht allein deswegen, sondern auch wegen der Schädigungen für Han⸗ del und Industrie müssen wir eine Beendigung des rovisoriums wünschen. Wir müssen verlangen, daß die Meistbegünstigung unser⸗ seits nicht mehr gewährt werden darf ohne entsprechende Gegenleistun⸗ gen. Wir sind hilflos gegen die kanadische Konkurrenz. Auch das „Berliner Tageblatt“, dem man doch keine agrarischen Tendenzen nach⸗ sagen kann, hat als besonders schädlich für den deutschen Handel den Umstand angeführt, daß Kanada die Einführung von Mustern aus den anderen Staaten zollfrei läßt, aber nicht aus Deutschland, und daß dies für wertvolle Muster, z. B. Pelzwaren, ein großer Schaden sei. Zu schen Kolonien sind neuer⸗
den das Mutterland bevorzugenden britis dings auch gewisse westindische Kolonien, wie Trinidad, Britisch Guyana, Barbados, St. Lucia usw., infolge eines Handelsabkommens mit Kanada vom 9. April 1912 getreten, das hauptsächlich den Zweck hat, den Austausch der Waren zwischen den vertragschließenden Län⸗ dern durch Zolltarifermäßigungen zu begünstigen. Es hat also den Anschein, als ob ganz Westindien gegen Deutschland Front gemacht habe. Seit 1907 ist allerdings die deutsche Einfuhr nach Kanada um 94 % gestiegen, aber die Einfuhr kanadischer Waren nach Deutsch⸗ land ist in der gleichen Zeit um 493 % gestiegen. Wir haben also Kanada gegenüber nicht mehr eine aktive Handelsbilanz, sondern sind in die Passivität geraten. Wir stehen diesen Zuständen ohnmächtig
und wehrlos gegenüber, wenn wir keine zollpolitischen Waffen dagegen anwenden. Die Waffen, die wir haben, sind von Jahr zu Jahr stumpfer geworden. Für unsern Verkehr mit den britischen Kolonien hat sich die Wirkung des Handelsprovisoriums von Jahr zu Jahr un⸗ günstiger geltend gemacht. In Britisch Südafrika ist unser Handel auf Kosten unserer eigenen Kolonien zurückgegangen. Aus diesen Gründen glauben wir, während früher wenigstens ein Teil meiner Freunde der wiederholten Verlängerung des Handelsprovisoriums zu⸗
gestimmt hat, daß nunmehr unbedingt eine Aenderung geboten ist. Stellvertreter des Reichskanzlers, 6 retä
Innern Dr. Delbrück: v1I11“ Meine Herren! Ich hatte nicht erwartet, daß die Vorlage, mit der wir uns augenblicklich beschäftigen, auf der rechten Seite den Wider⸗ stand finden würde, wie er eben in den Worten des Herrn Vorredners zum Ausdruck gekommen ist. Ich hatte das nicht erwartet mit Rück⸗ sicht auf die geschichtliche Entwicklung der Frage, und ich hatte es auch eigentlich nicht erwartet mit Rücksicht auf die Entwicklung unserer Handelsbeziehungen zum britischen Reich, seinen Kolonien und aus⸗ wärtigen Besitzungen. Wenn mich die Rede des Herrn Vorredners in diesem Punkte enttäuscht hat, so hat sie mich noch in einem weiteren Punkte enttäuscht, insofern, als der Herr Vorredner nicht gesagt hat, was denn nun eigentlich werden soll, wenn am 1. Januar nächsten Jahres das Provisorium mit England abläuft. Ich bin davon überzeugt, daß der Herr Vorredner dies nicht aus Mangel an Gründen, sondern aus politischer Vorsicht unterlassen hat, weil er es für unzweckmäßig er⸗ achtet hat, diese etwas diffizile Frage hier vor der ganzen Welt zu erörtern. (Sehr gut! links.) Ich werde ihm in dieser Vorsicht folgen und mich auch meinerseits auf das Notwendigste beschränken, was zur Sache etwa zu sagen sein könnte.
Meine Herren, in historischer Beziehung kann ich den Aus⸗ führungen des Herrn Vorredners beitreten. Als zum ersten Male die Ermächtigung des Bundesrats zum Abschluß eines Provisoriums mit England erbeten wurde, standen auch die verbündeten Regierungen auf dem Standpunkt, daß es eventuell geboten und zweckmäßig sein könnte, die Meistbegünstigung denjenigen Teilen des britischen Weltreichs vor⸗ zuenthalten, die uns selbst nicht die volle Meistbegünstigung gewährten. Inzwischen nahmen die Dinge den Lauf, daß das englische Mutterland in seinen Beziehungen zu uns keine Aenderung eintreten ließ, daß aber die Kolonien zum Mutterlande entsprechend der wachsenden imperia⸗ listischen Tendenz im britischen Reiche insofern ihre Beziehungen änderten, als sie das Mutterland günstiger behandelten als das Aus⸗ land. Diese Tendenz lag ja schon im Jahre 1897 der Kündigung des britischen Handelsvertrages zugrunde, durch die der Kolonie Kanada
vor Beleidigungen zu schützen, wie sie sich ein Offizier des I
erste Lesung des Gesetzentwurfs,
Ich will zunächst auf die Entwicklung unserer Beziehungen zu Kanada nicht eingehen, sondern möchte nur im allgemeinen daran erinnern, daß diese Entwicklung dahin geführt hat, daß die verbündeten Regierungen die eben von mir skizzierte Auffassung, daß es unter Umständen zweck⸗ mäßig sein könnte, einzelne Teile des britischen Weltreichs der Meist⸗ begünstigung nicht weiter teilhaftig werden zu lassen, revidiert haben. Es war im Jahre 1903 seitens des Herrn Grafen von Reventlow der Antrag gestellt worden, dem Gesetzentwurf folgenden Zusatz zu machen:
Diese Ermächtigung bezieht sich nicht auf die britischen Kolonien und auswärtigen Besitzungen, in denen deutsche Reichsangehörige und Erzeugnisse ungünstiger behandelt werden als solche des Ver⸗ einigten Königreichs Großbritannien und Irland.
Der Staatssekretär hat damals erklärt:
Wer die handelspolitische Entwicklung in den letzten Jahren 8 außerhalb der Grenzen Deutschlands verfolgt hat und namentlich auf dem Gebiete, das der erste Herr Vorredner besonders berührte, wird zu der Ueberzeugung kommen müssen, daß diese Frage mit unendlich mehr Vorsicht und mit unendlich mehr Ruhe behandelt werden muß, als es der Herr Vorredner getan hat, wenn wir eine wirklich deutsch⸗ nationale Politik treiben wollen. So unerfahren, solche Waisen⸗ knaben, wie der Herr Vorredner beliebt, uns hier darzustellen, sind wir nicht. Wir kennen die Dinge besser als der Herr Vorredner und handeln nur im Interesse unseres Landes, wenn wir so handeln, wie wir Ihnen hier vorschlagen. Die Lage ist jetzt nicht eine der⸗ artige, um mehr zu sagen, und es wäre deshalb ein schwerer poli⸗ tischer Fehler von mir, mich jetzt auf alle die Angriffe des ersten Redners gegen die Regierungspolitik hier zu äußern. Ich lehne das im gegenwärtigen Stadium der Verhandlungen und der Sachlage mit der größten Bestimmtheit ab.
Diese Ausführungen des damaligen Staatssekretärs des Innern hatten zur Folge, daß der Entwurf, durch den die Vollmacht des Bundesrats wieder bis auf weiteres nachgesucht wurde, unter Ab⸗ lehnung des Antrags Reventlow mit der Abänderung angenommen wurde, daß die Vollmacht nur bis zum 31. Dezember 1905 erteilt wurde. Durch die Ablehnung des Antrags Reventlow hat also schon damals die Mehrheit des Reichstags die Haltung gebilligt, die die verbündeten Regierungen einzunehmen für gut gehalten hatten, und von da an bis heute weiterhin eingenommen haben. Auch die politi⸗ schen Freunde des Herrn Vorredners haben sich dieser Auffassung an⸗ geschlossen, insofern sie, soweit ich mich erinnere, bei den beiden letzten Malen, in denen eine Verlängerung des Provisoriums nachgesucht wurde, diese debattelos mitbewilligt haben oder doch von der Mehrheit des Hauses ohne Widerspruch haben bewilligen lassen. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)
Nun, meine Herren, hat sich seit der Verlängerung des Pro⸗ visoriums im Jahre 1911 in unseren Beziehungen zu Großbritannien und seinen Kolonien und auswärtigen Besitzungen verhältnismäßig
wenig geändert, und ich habe es auch aus diesem Grunde nicht für notwendig erachtet, die Vorlage, wie das sonst wohl bei einer so wich⸗ tigen Vorlage üblich ist, mit einer längeren Rede einzuleiten.
Was unsere Beziehungen zu den einzelnen Kolonien des britischen Weltreichs betrifft, so möchte ich zunächst kurz auf Kanada eingehen. Der Herr Vorredner hat die Dinge historisch richtig vorgetragen. Ich möchte nur bemerken, daß dem provisorischen Abkommen mit Kanada vom Jahre 1910 eingehende Erörterungen mit Vertretern von Handel und Industrie, namentlich eingehende Erörterungen mit den Vertretern der unmittelbar interessierten Erwerbsstände, insbesondere unserer Seidenindustrie, vorausgegangen sind, und daß diese Erörterungen dahin führten, daß unter allen Umständen eine Beseitigung des damaligen Zu⸗ standes anzustreben sei, daß die Beseitigung des 33 5 proz. Zuschlages eine wesentliche Verbesserung unserer Handelsbeziehungen zu Kanada zur Folge haben würde, und daß deshalb keine Bedenken bestünden, Kanada diejenigen Konzessionen zu machen, die wir seinerzeit gemacht haben. Durch das Abkommen, was wir am 15. Februar 1910 mit Kanada ge⸗ troffen haben, ist die Regelung unserer Handelsbeziehungen folgender⸗ maßen erfolgt:
1) Kanada werden die deutschen Vertragssätze für 25 Positionen des deutschen Zolltarifs eingeräumt.
2) Kanada hebt die Zuschlagszölle von 33 ¼ % auf deutsche Waren auf.
3) Die Frage eines die Handelsbeziehungen zwischen Kanada und Deutschland regelnden Vertrags wird bis zu einem beiden Teilen ge⸗ nehmen Zeitpunkt verschoben.
4) Wenn in angemessener Zeit ein Handelsvertrag nicht zustande kommt, kann das Abkommen mit einer Frist von zwei Monaten g kündigt werden.
Ich möchte auf den letzten Punkt um deswillen besonders hin⸗ weisen, weil er ergibt, daß unsere Handelsbeziehungen zu Kanada, selbst wenn sie wirklich so unbefriedigend sein sollten, wie sie von dem Herrn Vorredner und seinen politischen Freunden offenbar gehalter
werden, keinen Anlaß bieten könnten, uns die Vollmacht des Provi
soriums zu versagen, weil wir jederzeit in der Lage sind, durch zwei
monatliche Kündigung unser derzeitiges Verhältnis zu Kanada, wie es auf Grund des Uebereinkommens vom 15. Februar 1910 begründet ist, zu ändern. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.) Nun hat sich aber die Auffassung derer, die von der Voraussetzung ausgingen. daß die im Jahre 1910 für die Beseitigung des Zuschlags von 33 ½ gebrachten Opfer nicht nutzlos sein würden, als richtig erwiesen. Wenn Sie sich die Entwicklung der Handelsbeziehungen zu Kanada ansehen, so werden Sie finden, daß nach der deutschen Statistik einer Ein
fuhr aus Kanada nach Deutschland, deren Wert von 2 Millionen Mar
im Jahre 1894 und von 10,6 Millionen Mark im Jahre 1910 auf 58,1 Millionen Mark im Jahre 1912 gestiegen ist, in derselben Zeit
ein Anwachsen unserer Ausfuhr nach Kanada von 16,8 Millionen
Mark auf 36,6 Millionen Mark im Jahre 1910 und auf 54,3 Mil⸗ lionen Mark im Jahre 1912 gegenübersteht. (Hört, hört! bei den Nationalliberalen.) Das bedeutet im Jahre 1912 zu ungunsten
„ʒMutterlandes eröffnet werden sollte.
Oeutschlands allerdings ein Minus von 3,8 Millionen Mark.