den Gerichtsassessor Schütze in Treffurt zum Amtsrichter in Pförten, den Gerichtsassessor Reiners in Hannover zum Amts⸗ richter in Driesen, den Gerichtsassessor Hoeck in Naumburg a. S. zum Amts⸗ richter in Dahme, den Gerichtsassessor Groninger zum Amtsrichter in Greifenberg i. P., den Gerichtsassessor Hans Kaulitz in Ahlden (Aller) zum Amtsrichter in Flensburg und den Gerichtsassessor Ungewitter in Berlin zum Amts⸗ richter in Frankfurt a. M. zu ernennen. “ M
2 1
Seine Majestät der König haben All gst geruht: dem Fabrikbesitzer Max Dehne in Halle a. S., dem Kaufmann Franz Frischen, bisher in Nikolajew (Rußland), jetzt zu Jamitzow, Kreis Greifswald, dem Brauereibesitzer Paul Gürth in Weißenfels, dem Brauereidirektor Dr. phil. Alfred Mauritz in Dortmund und dem Fabrikbesitzer Moritz Ribbert in Cöln den Charakter als Kommerzienrat zu verleihen.
Zufolge der Allerhöchst genehmigten Vorschriften, welche den hier akkreditierten Botschaftern auswärtiger Mächte gegen⸗ über zu beobachten sind, haben sämtliche zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren den Botschaftern und deren Gemahlinnen, nachdem dieselben von Ihren Kaiser⸗ lichen und Königlichen Majestäten, von Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kron⸗ prinzessin und von Ihren Königlichen Hoheiten den Prinzen und den Prinzessinnen des Königlichen Hauses empfangen worden sind, sowie sämtliche zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Damen den Botschafterinnen nach allgemeinem Herkommen den ersten Besuch, und zwar in Person, zu machen. Diese Bestimmung tritt jetzt in betreff des Bot⸗ schafters der Vereinigten Staaten von Amerika und dessen Ge⸗ mahlin in Kraft.
Berlin, den 12. Januar 1914.
Der Oberzeremonienmeister: Freiherr von Reischach.
Finanzministerium.
Vielfachen an mich herangetretenen Wünschen entsprechend will ich
die Frist für die Abgabe der Vermögens⸗ erklärung zum Wehrbeitrage (§ 36 Abs. 1 des Gesetzes über einen einmaligen außerordentlichen Wehr⸗ beitrag, § 13 der Ausführungsbestimmungen des Bundesrats, Artikel 7 der preußischen Ausführungsvor⸗ schriften), “
gleichzeitig auch ausnahmsweise die Frist zur Abgabe der Steuererklärung (§ 25 des preußischen Ein⸗ 1 kommensteuergesetzes vom 19. Juni 1906)
bis zum 31. Januar 1914 verlängern.
Diese Verlängerung gilt auch für die Abgabe der Ver⸗ mögensanzeige (§ 26 des Ergänzungsneuergesetzes vom 19. Jult 1906, § 36 der Ausführungsanweisung vom 25. Juni 1 906).
Berlin, den 15. Januar 1914. “ Der Finanzminister. Lentze.
An sämtliche Herren Vorsitzenden der Einkommensteuer⸗
berufungskommissionen. 2
ferner
Justizministerium.
Der Rechtsanwalt Dr. Pansegrau in Lenzen a. E. ist zum Notar für den Bezirk des Kammergerichts mit Anweisung seines Amtssitzes in Lenzen a. E.,
der Rechtsanwalt Dr. Alfred Krause in Reichenbach i. Schl. zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts zu Breslau mit Anweisung seines Amtssitzes in Reichenbach i. Schl. und
der Rechtsanwalt Dr. Elsas in Usingen zum Notar für den Bezirk des Oberlandesgerichts zu Frankfurt a. M. mit An⸗ weisung seines Amtssitzes in Usingen ernannt worden.
Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten. 8 er Universitätsrichter, Geheime Regierungsrat Dr. Wollenberg in Berlin ist zum Vorsitzenden der Königlichen Sachverständigenkammern und des Königlichen Gewerblichen Sachverständigenvereins ernannt worden.
Der bisherige Oberlehrer am Königlichen Realgymnasium zu Goldap Dr. Franz Prylemwski ist zum Kreisschulinspektor in Braunsberg ernannt worden.
₰ D
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 16. Januar 1914.
Seine Majestät der Kaiserund König empfingen, wie „W. T. B.“ meldet, heute mittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Präsidien der beiden Häuser des Landtags und den Statt⸗ halter von Elsaß⸗Lothringen Grafen Wedel. Im Anschluß an die Audienz bei Seiner Majestät dem Kaiser und König empfingen auch Ihre Majestät die Kaiserin und Königin die Prä⸗ sidien des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses.
Aus Anlaß der Investitur des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler ist heute vormittag Seine Königliche Hoheit der Herzog zu Braunschweig und Lüneburg zum offiziellen Besuch nach seiner Thronbesteigung hier einge⸗ troffen und, wie „W. T. B.“ meldet, auf dem Bahnhofe von Seiner Maäjestät dem Kaiser und König, Seiner Kaiserlichen und Königlichen Hoheit dem Kronprinzen, den Königlichen Prinzen, dem Kommandeur des Regiments der Zietenhusaren und anderen empfangen worden. Eine Ehren⸗ kompagnie des Augusta⸗Regiments erwies auf dem Bahnhofe die militärischen Ehrenbezeugungen. Nach herzlicher Begrüßung und dem Abschreiten der Front der Ehrenkompagnie begaben sich Seine Majestät der Kaiser und Seine Königliche Hoheit der Herzog im Automobil nach dem Königlichen Schlosse.
8 8
In der am 15. d. M. ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde den Zoll⸗ und Salzsteuer⸗Vecwaltungskostenetats der Bundesstaaten die Zustimmung erteilt. Die Aenderung des Statuts des Kaiserlichen Archäologischen Instituts wurde ge⸗ nehmigt. Demnächst erfolgte die Beschlußfassung über den Antrag Sachsens, betreffend Heranziehung der Chefs und Angestellten der bei deutschen Bundesstaaten beglaubigten Ge⸗ sandtschaften anderer deutscher Staaten und der in Berlin wohnhaften nichtpreußischen Bundesratsbevollmächtigten zum Wehrbeitrag in ihren Heimatstaaten, über die Besetzung einer Mitgliedstelle beim Reichsversicherungsamt sowie über eine Reihe von Eingaben. “
Die vereinigten Ausschüsse des Bunde srats für Handel
und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sitzung.
8
Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika. The Honourable James W. Gerard und dessen Gemahlin werden, wie aus der bereits veröffentlichten Hof⸗ ansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren und Damen empfangen. Dieser Empfang wird am Montag, den 19. d. M., Abends von 9 Uhr ab, in der Botschaft hierselbst, Wilhelmplatz 7, statt⸗ finden. Der Anzug ist für die Damen in ausgeschnittenen
Kleidern, für die Herren vom Militär in kleiner Uniform (Ge⸗ sellschaftsanzug), für die Herren vom Zivil in Ordensband über der Weste. 8
Frack
88
mit
Der Präsident der Preußischen Zentralgenossen schaftskasse, Wirklicher Geheimer Oberfinanzrat Dr. Heiligenstadt ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt.
18 8
Die hiesige Königliche Technische Hochschule ver⸗ anstaltet zur Feier des Geburtstages Seiner Majestät des Kaisers und Königs am 26. d. M., Abends 6 Uhr, einen Festakt in der Halle ihres Hauptgebäudes. Die Festrede wird der zeitige Nektor der Hochschule, Professor Romberg über Technik und Kunst halten. 1 8 8
Die Nr. 12 der Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ versicherungsamts vom 20. Dezember 1913 enthält im Amtlichen Teile unter A (Allgemeines):
die Wahlordnung vom 1. Dezember 1913 für die Wahl der Arbeitgeberbeisitzer der Oberversicherungsämter (§ 73 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung);
eine Bekanntmachung der Namen der für die Wahl der Arbeitgeberbeisitzer bei den Oberversicherungsämtern bestimmten Vertrauensberufsgenossenschaften und Vertrauensausführungs⸗ behörden vom 8. Dezember 1913;
einen Nachtrag, vom 7. November 1913 zum Verzeichnis der von den obersten Verwaltungsbehörden der Bundesstaaten zur Durchführung der Reichsversicherungsordnung bestimmten Landesbehörden (Amtliche Nachrichten 1912 S. 1074 ff., 1913 S. 502 ff.):;
ein Rundschreiben vom 3. November 1913 an die Berufs⸗ genossenschaften und Landesversicherungsanstalten über die Aus⸗ sonderung des vertraulichen und entbehrlichen Teiles ärztlicher Gutachten bei Mitteilung an die Versicherten.
Unter B (Unfallversicherung) folgen:
eine Bekanntmachung vom 20. November 1913 über die Kapitaldeckung bei der Tiefbauberufsgenossenschaft, bei den Zweiganstalten dieser Genossenschaft und der ausschließlich dem Reichsversicherungsamt unterstellten Baugewerksberufsgenossen⸗ schaften sowie bei der Versicherungsgenossenschaft der Privat⸗ fahrzeug⸗ und Reittierbesitzer, nebst Vermögensnachweisung, Rechnungsabschluß, Anleitung zur Aufstellung des Rechnungs⸗ abschlusses und Nachweisung über Entgelt, Arbeitstage, Soll⸗ prämien, Prämieneingänge, Prämienausfälle und Prämienreste;
eine Bekanntmachung vom 10. Dezember 1913 über den Prämientarif für die Versicherungsgenossenschaft der Privat⸗ fahrzeug⸗ und MReittierbesitzer (§ 805 der Reichsversicherungs⸗ ordnung);
der Abdruck eines Erlasses der zuständigen preußischen Minister vow 28. August 1913 über die Durchführung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung. —
Hieran schließen sich Rekursentscheidungen und andere Entscheidungen der Senate in Unfallversicherungssachen über folgende Gegenstände:
eine gesetzliche Pflicht der Berufsgenossenschaften zum Er⸗ satze des Schadens, der durch die Zerstörung eines künstlichen bei der Betriebsarbeit verursacht ist, besteht nicht [2666]; *)
eine unter der Herrschaft der Reichsversicherungsordnung in Kraft getretene Bestimmung der Satzung einer Berufs⸗ genossenschaft, die eine für die Berechtigten günstigere Be⸗ rechnung des Jahresarbeitsverdienstes als gemäß §§ 936, 938 der Reichsversicherungsordnung zum Inhalt hat, ist nicht eine „Vorschrift der Reichsversicherungsordnung“ im Sinne des Artikel 60 des Einführungsgesetzes zu diesem Gesetze, hat somit keine rückwirkende Kraft [2667];
Vorliegen eines mittelbaren Arbeitsverhältnisses der Ehe⸗ frau eines Hofmanns zum Rittergutspächter bei der Besorgung der im Dienstvertrage vom Ehemann übernommenen Be⸗ speisung von Gutsknechten [2668];
inwieweit der Unfall eines Arbeiters, der bei dem Versuch, einen eben erst anfahrenden Wagen der elektrischen Straßen⸗ bahn zu besteigen, verunglückt ist, noch dem Betriebe zuzu⸗ rechnen ist [2669];
zum Unterschied zwischen einem gewöhnlichen Leistenbruch und der „Hernie en W“ [2670; unrichtige Belehrung des Berufungsklägers durch das Oberversicherungsamt stellt einen wesentlichen Mangel des Verfahrens dar [2671]; mit der Uebergabe der Rekursschrift an den Führer eines Aktenwagens des Reichsversicherungsamts ist der Schriftsatz nicht beim Reichsversicherungsamt eingegangen. Der 10. März 1913 (Jubiläumstag der Freiheitskriege) war kein allgemeiner Feiertag [2672];
*) Die neben den einzelnen Entscheidungen stehenden einge⸗ klammerten Zahlen geben die Ziffer an, unter welcher diese in den
1 1“ n“* veröffentlicht ist
unter dem Vorsitz des Staats⸗
zur Versicherungspflichtigkeit einer Fahrzeughaltung [2673:
zur Versicherungspflichtigkeit der von Mitgliedern einer Kirchengemeinde zum Vergrößerungsbau der Kirche ohne recht⸗ lichen Zwang verrichteten Bauarbeiten [2674];
polizeiliche Maßnahmen von Beamten der Baupolizei behörden auf Bauten sind keine Bauarbeiten im Sinne der Reichsversicherungsordnung [2675]: 8
zur Versicherungspflichtigkeit des Haltens eines Kraftfahr⸗ zeugs durch einen Oberpostdirektor, das ein Arbeiter einer Elektromobilfabrik reinigt und schmiert [2676];
ob ein hauptsächlich zur Ausführung von Dienstreisen ö “ eines Zollinspektors versicherungspflichtig ist? [2677];
zur Versicherungspflichtigkeit der Fahrzeughaltung von Aerzten 2678];
zur Versicherungspflichtigkeit der Betriebe der Vieh kommissionäre, Viehverwertungsgenossenschaften und ähnlicher Betriebe [2679];
wenn die im Auftrage der Berufsgenossenschaften zwangs⸗ weise eingezogenen Beträge vom Vollstreckungsbeamten unter⸗ schlagen werden, ist der Schuldner, soweit er gezahlt hatte, von der nochmaligen Nachzahlung befreit [2680];
zur Frage des Ersatzes von Gebühren und Auslagen der deutschen Konsularbehörden im Rechtshilfeverfahren [2681]:
ist durch die Satzung die Vertretung der Berufsgenossen⸗ schaft vor dem Versicherungsamt und dem Oberversicherungs⸗
fahren der Berufsgenossenschaft auferlegten außergerichtlichen Kosten zu tragen [2682;
zur Frage der Verlängerung der Amtsdauer der Vertreter der Versicherten für die Unfallverhütung [2683]:
zu § 28 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung [2684].
Der Abschnitt C (Kranken⸗, Invaliden⸗ und Hinter⸗ bliebenenversicherung) enthält die Bekanntmachungen des Reichskanzlers vom 17. November 1913, betreffend die Be⸗ freiung vorübergehender Dienstleistungen von der Kranken⸗ versicherungspflicht, vom 23. Oktober 1913, betreffend den Begriff „vorübergehender Dienstleistungen“ im Sinne des § 434 der Reichsversicherungsordnung, vom 21. November 1913, betreffend Uebergangsbestimmungen für die Kranken versicherung nach der Reichsversicherungsordnung (Art. 100 des Einführungsgesetzes), ferner betreffend Uebergangsbestimmungen zur Reichsversicherungsordnung “ Art. 100 des Einführungsgesetzes) und betreffend die von der Kranken⸗ kasse zu erteilende Bescheinigung für Wandergewerbtreibende, den Erlaß des preußischen Handelsministers vom 27. November 1913 über die Durchführung der Krankenversicherung im Wandergewerbe, die Bekanntmachungen des Reichskanzlers vom 5. Dezember 1913 über Durchführung der hausgewerblichen Krankenversicherung, vom 20. Dezember 1913, betreffend Ueber⸗ gangsbestimmungen für die hausgewerbliche Krankenversicherung nach der Reichsversicherungsordnung, vom 5. Dezember 19153, betreffend die Ausführung des § 519 Absatz 2 der Reichsver⸗ sicherungsordnung, den Erlaß des preußischen Handelsministers vom 1. Dezember 1913 nebst Erlaß des Reichskanzlers vom 26. November 1913, betreffend Angestellte bestehender Kranken⸗ kassen, ein Rundschreiben des Reichsversicherungsamts vom 5. Dezember 1913 an die Vorstände sämtlicher ehemaliger Hilfskassen, die den Antrag auf Zulassung als Ersatzkasse gestellt haben, über den Zeitpunkt ihrer Zulassung, einen Erlaß des preußischen Handelsministers vom 6. Dezember 1913, betreffend Hilfskassen, und zwei Bekanntmachungen über die Befreiung 2g der Versicherungspflicht nach § 1242 der Reichsversicherungs ordnung.
Es folgen 8 grundsätzliche Revisionsentscheidungen
Nach Artikel 71 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zur Reichsversicherungsordnung haben die Hinterbliebenen des Ver⸗ sicherten lediglich dann keinen Anspruch auf Fürsorge, wenn der Versicherte vom 1. Januar 1912 ab bis zu seinem Tode dauernd invalide gewesen ist. Unerheblich ist es, wenn er diese Zeit hindurch zu Unrecht eine Rente für dauernde Invalidität bezogen hat [1776]*).
Ein Streit über die Rechtsgültigkeit der Uebertragung von. Rentenansprüchen im Falle des § 119 Abs. 2 der Reichs⸗ versicherungsordnung ist nicht in dem durch die Reichsversiche⸗ rungsordnung geordneten Verfahren, sondern von den ordent⸗ lichen Gerichten zu entscheiden [1777.
Die niedrigere Rente ruht nach § 1318 der Reichsversiche⸗ rungsordnung auch dann, wenn eine Doppelwaise einen doppelten Anspruch auf Waisenrente hat [1778.
Ein Verfahren über einen Anspruch auf Witwengeld kann einem Verfahren über einen Anspruch auf Invaliden⸗, Alters⸗, Witwen⸗ oder Witwerrente im Sinne des § 1444 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung nicht gleichgestellt werden. Bei⸗ träge, die das Versicherungsamt noch Ablauf der Verjährungs⸗ frist des § 29 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung beige trieben, und welche die Versicherungsanstalt angenommen und verwendet hat, obwohl sie den Fristablauf kannte oder kennen mußte, sind als rechtswirksam entrichtet anzusehen (1779).
In der Einziehung von Beiträgen durch eine — wenn auch nicht von der Versicherungsanstalt selbst eingerichtete —
Einzugsstelle ist ein die Versicherungsanstalt bindendes An⸗
erkenntnis im Sinne des § 1445 Abs. 2 Satz 2 der Reichs⸗ versicherungsordnung zu erblicken [1780).
Der Verzicht des Vertreters der Versicherungsanstalt im Termine zur mündlichen Verhandlung vor dem Versicherungsamt auf die Abgabe eines Gutachtens (§ 1623 der Reichs⸗ versicherungsordnung) ist bedeutungslos [1781].
Wenn das Revisionsgericht im Gegensatze zu der Auf⸗ fassung der Spruchkammer des Oberversicherungsamts, daß eine Sache gemäß § 1693 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung an das Reichsversicherungsamt abgegeben hat, annimmt, daß für die Streitfrage die Revision zulässig ist, so ist der Abgabe⸗ beschluß durch einen mit Gründen versehenen Beschluß des Senats aufzuheben und die Sache an das Oberversicherungs⸗ amt zurückzugeben. — Der Abgabebeschluß der Spruchkammer des Oberversicherungsamts ist mit der Begründung den Parteien zuzustellen (zu vergleichen Revisionsentscheidung 1654 und Ent⸗ scheidung 1721, Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A. 1912 S. 1185 und 1913 S. 520) [1782].
Die Entscheidung des nach § 1713 Abs. 1 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung angerufenen Senats des Reichs⸗ versicherungsamts über die Rechtmäßigkeit der Verwerfung des Rechtsmittels durch Verfügung des Vorsitzenden ergeht nach öffentlicher und mündlicher Verhandlung [1783.
Die Revisionsentscheidung 1784 beschäftigt sich mit dem Begriff des wesentlichen Mangels des Verfahrens im Sinne des § 1690 der Rteichsversicherungsordnung, während die Re⸗ visionsentscheidung 1785 ausspricht, daß die Vorschrift des
§ 1727 Abs. 2 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung auch
amt der Sektion überwiesen, so hat diese die im Streitver⸗ 8
für den Fall gilt, daß nur ein in der Revisionsinstanz erlassenes Urteil angefochten wird. Ist kein Anfechtungsgrund vorhanden, so gilt die Regel des § 1727 Abs. 1 a. a. O.
Als Entscheidungen der Beschlußsenate werden zum ersten Male Beschwerdeentscheidungen veröffentlicht, die Krankenkassensatzungen betreffen. (§§ 324, 1793 der Reichs⸗ versicherungsordnung.) Es handelt sich um zwölf grundsätzliche Entscheidungen:
Das Reichsversicherungsamt ist auch für die Entscheidung über die Beschwerde einer Ortskrankenkasse zuständig, die sich gegen eine von dem Vorsitzenden des Oberversicherungsamts verfügte Aenderung des in der Satzung bestimmten Namens der Kasse richtet. Dieser Name kann nicht lediglich durch Ver⸗ fügung des Vorsitzenden des Oberversicherungsamts geändert werden [1786].
Die Lohnstufen des § 180 Abs. 2 der Reichsversicherungs⸗ ordnung sind in der Weise zu berechnen, daß der für einen Zeitraum gewährte Gesamtlohn durch die Zahl der wirklichen Arbeitstage geteilt wird; der Umstand, daß die Kasse das Krankengeld auf Grund des § 191 Abs. 1 der Reichsversicherungs⸗ ordnung allgemein auch für Sonn⸗ und Feiertage zubilligt, rechtfertigt es nicht, bei der Ermittlung des Grundlohns für die nur an Wochentagen beschäftigten Versicherten die Sonn⸗ und Feiertage den Arbeitstagen gleichzustellen [17871.
Wenn in einer Krankenkassensatzung das Krankengeld all⸗ gemein für Sonn⸗ und Feiertage (zu vergleichen § 191 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung) zugebilligt wird, so dürfen die zu gewärtigenden Mehrausgaben nicht dadurch gedeckt werden, daß auch für die Sonn⸗ und Feiertage Beiträge er⸗ hoben werden [1788].
Nach § 191 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnnng kann die Satzung einer Krankenkasse die Wartezeit für den Kranken⸗ geldbezug mit Zustimmung des Oberversicherungsamts allgemetn für alle Krankheiten, nicht nur für einzelne bestimmte Krank⸗ heiten verkürzen oder wegfallen lassen.
Nach § 198 der Reichsversicherungsordnung kann die Satzung Hebammendienste und ärztliche Geburtshilfe nur den versicherungspflichtigen Ehefrauen oder allen weiblichen Ver⸗ sicherungspflichtigen, nicht auch Versicherungsberechtigten zu⸗ billigen:
die Vorschrift des § 383 der Reichsversicherungsordnung darf durch die Satzung nicht dahin eingeengt werden, daß bei Arbeitsunfähigkeit für die Dauer der Krankenhilfe, nur soweit sie volle Kalenderwochen umfaßt, keine Beiträge zu entrichten seien [1789].
Wenn eine Bestimmung einer Krankenkassensatzung gegen die auten Sitten verstößt (§ 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), so muß ihr die Genehmigung nach § 324 Abs. 2 der Reichs⸗ versicherungsordnung versagt werden. In einer Satzungs⸗ bestimmung, die nach § 208 der Reichsversicherungsordnung für den Anspruch auf Mehrleistungen der Kasse eine Wartezeit von mehreren Monaten einführt, ist aber ein Verstoß gegen die guten Sitten niemals zu erblicken;
wenn das Oberversicherungsamt der Festsetzung eines Pauschbetrags für Zeitverlust in der Satzung einer Kranken⸗ kasse wegen der Höhe des Betrags nach § 21 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung die Zustimmung versagt, so ist die Beschwerde hiergegen unzulässig (§ 324 Abs. 3 der Reichs⸗ versicherungsordnung) [1790].
Die in § 215 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung vor gesehene Beschränkung der Kassenleistungen gilt nicht für sämt⸗ liche freiwilliae Kassenmitglieder [1791].
Der Vorsitzende des Vorstandes einer Ortskrankenkasse kann nicht gleichzeitig Vorsitzender des Ausschusses dieser Kasse sein. Auch kann ihm nicht durch die Kassensatzung die Leitung der Verhandlungen des Ausschusses übertragen werden [17921.
Das Wahlrecht zu den Organen der Krankenkassen kann nur in Person ausgeübt werden [1793..
Eine Beschränkung der Wählbarkeit zu den Organen der Krankentassen durch die Satzung ist unzulässig 17944.
Erachtet das Oberversicherungsamt nur eine Nebenbestim⸗ mung der Satzung einer vom 1. Januar 1914 ins Leben tretenden Ortskrankenkasse für unzulässig, so kann es die Satzung mit der Maßnahme genehmigen, daß die Bestimmung wegzu⸗ fallen habe. Eine Kasse, die Familienhilfe gegen Erhebung von Zusatzbeiträgen gewährt, kann für den Fall der Nichtzahlung oder nicht rechtzeitigen Zahlung der Zusatzbeiträge den Wegfall des Anspruchs auf Familienhilfe bestimmen [1795]. 8
Steht die Unzulänglichkeit der Beiträge bereits fest, so ist die im § 385 Abs. 3 der Reichsversicherungsordnung geforderte sachverständige Nachprüfung nicht erforderlich 179657.
Es ist unzulässig, die einer Krankenkasse freiwillig Bei⸗ tretenden in der Satzung allgemein ohne Rücksicht auf ihre ver⸗ schiedene Lohnhöhe einer Lohnstufe zuzuteilen. — Die Bei⸗ träge der freiwillig Beitretenden müssen, falls ihnen nach der Satzung nur beschränkte Kassenleistungen gewährt werden sollen, entsprechend ermäßigt werden. Die Beiträge der un⸗ ständig Beschäftigten sind stets nach dem Ortslohn be⸗ sonders festzusetzen. Den Vertretern der Versicherten muß, falls ihnen kein Pauschbetraga für Zeitverlust ge⸗ währt wird, neben Erstattung ihrer baren Auslagen Ersatz für entgangenen Arbeitsverbienst gewährt werden, und die letzterwähnte Ersatzleistung kann nicht durch eine ent⸗ sprechend höhere Festsetzung des Betrags der zu erstattenden baren Auslagen ersetzt werden. — Eine Satzungsbestimmung, daß das Versicherungsamt zu entscheiden habe, falls überein⸗ stimmende Beschlüsse der Vertreter der Versicherten und der Vertreter der Arbeitgeber im Ausschuß erforderlich, aber nicht zu erzielen sind, ist ungesetzlich 11797-]7.
Die grundsätzliche Entscheidung 1798 bejaht die Ver⸗ sicherungspflicht von Zeitungsausträgern und nimmt ein mittel⸗ bares Arbeitsverhältnis der von ihnen angenommenen Hilfs⸗ kräfte zu dem Zeitungsverlage an.
Die grundsätzliche Entscheidung 1799 erklärt das Ver⸗ sicherungsamt nach § 1617 der Reichsversicherungsordnung für befugt, im vorbereitenden Verfahren behufs Erneuerung einer Quittungskarte Ermittlungen anzustellen; die dadurch entstehenden Baranslagen fallen unter § 59 Abs. 2 a. a. O. 18
Die Entscheidung 1800 bejaht die Versicherungspflicht eines Leichenbestellers in Thüringen.
„Der Bescheid 1801 führt aus, daß Darlehen an Landes⸗ kreditkassen keine Anleihen im Sinne des § 718 Abs. 1, § 1356 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung sind, während der Be⸗ scheid 1802 die örtliche Zuständigkeit der Quittungskartenaus⸗ gabestellen behandelt. 1
Zum Schlusse folgen die Uebersichten über Zahlungen aus Invaliden⸗, Kranken⸗, Alters⸗ und Zusatzrenten der 31 Ver⸗ sicherungsanstalten und über ihre Versicherungsleistungen an Hinterbliebene im Monat Oktober 1913 sowie über den Erlös aus Beitragsmarken im Monat November 1913.
Der Nichtamtliche Deil bringt: den Abdruck der unter dem 11. August 1913 von den zuständigen preußischen Ministern erlassenen Abänderungen der Vorschriften über An⸗ lage, Bau und Einrichtung von Krankenanstalten usw., den Abdruck eines Erlasses des preußischen Ministers des Innern vom 20. November 1913, betreffend Vermeidung einer unnötigen Verteuerung von Kranken⸗ hausbauten (Ministerialblatt für Medizinalangelegenheiten 1913 S. 370), — eine Anzeige der Vorlesungen der Ver⸗ einigung für staatswissenschaftliche Fortbildung zu Berlin, — eine Anzeige des im zuständigen preußischen Ministerium auf gestellten Verzeichnisses der in Preußen bestehenden Kranken⸗ kassen: Orts⸗, Land⸗, Betriebs⸗ und Innungskrankenkassen (erschienenen in Carl Heymanns Verlag, Berlin), — eine Anzeige der im Verlage von Richard Schötz in Berlin erschienenen Festschrift: „Deutsches Rettungs⸗ wesen. Dem II. Internationalen Kongreß für Rettungs⸗ wesen und Unfallverhütung — Wien 1913 — gewidmet vom Deutschen Zentralverbande für Rettungswesen“, — eine An⸗ zeige der im Verlage von J. Guttentag in Berlin er scheinenden Textausgabe der Reichsversicherungsordnung mit Anmerkungen, bearbeitet von dem Wirklichen Geheimen Rat, Direktor im Reichsamt des Innern Dr. F. Caspar, dem Geheimen Oberregierungsrat und vortragenden Rat im Reichsamt des Innern W. Spielhagen, dem Geheimen Ober⸗ regierungsrat Jaup, den Geheimen Regierungsräten H. Siefart und Professor Dr. Laß, dem Senatspräsidenten A. Radtke, dem Geheimen Regierungsrat H. Follmann, dem Regierungsrat Dr. Lippmann und dem Regierungsassessor Dr. F. Sitzler, — eine Anzeige des im Verlage des Versicherungs⸗ boten in Oldenburg erschienenen Schriftchens des Landes⸗ rats F. Appelius: „Wie erlangt man die Leistungen der Krankenversicherung nach der Reichsversicherungsordnung?“, eine Anzeige der im Verlage des Rechnungskommissars Georg Hotz in Ansbach, Lessingstraße 8, erschienenen „Hilfsliste für die Berechnung der Teilbeträge ganzer Monate als Teile einer Vierteljahrsrente“, — eine Anzeige des im Verlage von W. Moeser, Berlin, erschienenen Werkes von Marimilian Marcus: „Umlage und Kapitaldeckung. Unter⸗ suchungen zur Frage der Rücklagen der gewerblichen Berufs⸗ genossenschaften“, den Abdruck von Leitsätzen eines vom Ge⸗ heimen Medizinalrat Professor Dr. Bumm in Berlin am 30. Januar 1913 im Reichsversicherungsamt gehaltenen Vortrags über Unfälle Lageveränderungen der weiblichen Geschlechts⸗ organe.
Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. „Condor“ am 13. Januar in Colombo (Ceylon), S. M. „Bremen“ am 14. Januar in Vera Cruz, S „Goeben“ mit dem Chef der Mittelmeerdivision an selben Tage in Messina und S. M. S. „Emden“ gleichfalls am 14. Januar in Swatau eingetroffen.
In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist eine Genehmigungsurkunde, be⸗ treffend eine Anleihe der Stadt Düsseldorf, ve öffentlicht. 1 “
In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kam des Landtags äußerte sich der Finanzminister Dr. Rhe inboldt zu den neuen Reichssteuern laut Meldung des „W. T. B.“, wie folgt:
Auch er stehe auf dem Standpunkt, daß der Reichshaushaltsetat mit der richtigen Berechnung des Wehrbeitrags stehe und falle. Bei⸗ den Matrikularbeiträgen könne er kein Gewohnbeitsrecht gelten lassen, trotzdem seit dem Jahre 1909 der Beitrag 80 Pfennige auf den Kopf betrage. Ein Fiasko des Wehrbeitrags könnte dieses Gewohnbheitsrecht leicht ins Wanken bringen. Auch er werde mit allen Mitteln gegen eine weitere Inanspruchnahme der direkten Steuern durch das Reich kämpfen.
Der Minister des Innern Freiherr von und zu Bodman sagte zur Teuerungsfrage, daß nach seiner Ansicht die Zoll⸗ und Handelspolitik des Reiches nicht Schuld trage an der Teuerung, die auch in anderen Ländern bestehe. Die Regierung werde an der bisherigen Zoll⸗ und Handelspolitik festhalten.
Elsaß⸗Lothringen.
Die Zweite Kammer des Landtages setzte gestern vor⸗ mittag die Verhandlungen über die Vorgänge in Zabern ort.
b Nach dem Bericht des „W. T. B.“ sagte der Abg. Wolf (liberal), es sei eine völlig unhaltbare Rechtsauffassung mit Erfolg vertreten worden. Der Freispruch des Kriegsgerichts stehe auch in Widerspruch mit den Anschauungen des Reichskanzlers, die dieser im Reichstag vertreten habe. Es müsse durch eine reichsgesetzliche Be⸗ stimmung sichergestellt werden, welche Rechte das Militär in unserem bürgerlichen Rechtsstaat besitze. Werde gegen die Kriegsgerichtsurteile keine Berufung eingelegt, so würde dies einen Bruch des Paktes von Donau⸗ eschingen bedeuten, wie er damals in der Verlautbarung des amtlichen Straßburger Korrespondenten zum Ausdruck gekommen sei. Die elsaß⸗ lothringische Regierung hätte nach dem Fall von Forstner im Inter⸗ esse der Beruhigung unserer Bevölkerung größere Ebergie an den Tag legen sollen. Der Kriegsminister habe keinen Grund gehabt, den Leutnant von Forstner zu verteidigen, der sich nicht gescheut habe, die Fahne einer großen Nation zu beschimpfen. Der Redner trat für die Erweiterung der Befugnisse des Statthalters ein und nahm des weiteren den Grafen von Wedel gegen gewisse Angriffe in Schutz. Er sagte, mit dem Grafen von Wedel habe man erst begonnen, in Elsaß⸗Lothringen eine weise Staatskunst zu pflegen; ob er dabei die richtigen Mitarbeiter gefunden habe, sei eine andere Frage. „Wir wünschen nicht, daß Graf von Wedel dem General von Deimling schließlich weichen muß. Im Kampf um unsere Selbständigkeit wird uns die Mehrheit des Reichs⸗ tags als treue Bundesgenossin zur Seite stehen.“ Der Abg. Müller⸗ Thann (Ztr.) vermißt in der Note der Regierung den Ton der Entschiedenheit, den man im Hinblick auf den Schneid der anderen Seite habe erwarten dürfen. Die Presse habe im Falle Zabern voll und ganz ihre Pflicht gekan. Die Wackesgeschichte des Leutnants von Forstner sei durchaus nicht als Einzelfall zu betrachten. Der Oberst von Reuter scheine ihm der Typus militärischer Reinkultur zu sein. Er gehöre zu jenen Leuten, die es niemals verstanden hätten, außerhalb ihrer Kaste Verständnis zu suchen, die die Armee als etwas völlig vom Volke Los⸗ getrenntes betrachteten. Diese Anschauung stehe im Widerspruch mit der Aufgabe des Heeres. In Zabern sei es der Militärgewalt um eine Kraftprobe zu tun gewesen. Diese sei wohl und gut vorbereitet gewesen. Die Regierung hätte sich unter solchen Umständen mit ihrer ganzen moralischen Autorität für die Bevölkerung einsetzen müssen. An die höchste Stelle ergehe der Ruf, es möge gegen das Kriegs⸗ gerichtsurteil Berufung eingelegt werden. „Den deutschen Reichstag aber bitten wir“, schloß der Redner, „fest und unerschütterlich im Kampfe für unsere Sache zu bleiben. In Preußen könnte die Reglerung
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nicht zu einer solchen Ohnmacht verurteilt werden, wie die unsrige. Wir müssen deshalb den Ausbau unserer Verfassung ver⸗ langen. Wir wollen mit Recht ein lebendiges Drgan im Deutschen Reiche werden.“’ Der Abg. Schlumberger (lothr. Block) gah der Ueberzeugung Ausdruck, daß es mit der Ehre der Regierung unvereinbar sei, wenn sie ihren Plaß nicht räume. Der Abg. Donnevert (Fort⸗ schrittler) führte aus, es komme in diesem Augenblick darauf an, daß die Ge⸗ schloss nheit der Volksvertretung mit Ernst und Würde in Erscheinung trete. In der Nachmittagssitzung stellte der Abg. Peirotes (Sor.) als Auffassung aller Volksvertreter fest, daß der dem elsaß⸗lorhringischen Volk angetane Schimpf gebrandmarkt werden müsse. Was vor vier Wochen Rechtens gewesen, gelte heute nicht mehr. Zabern sei das Programm des absolutistischen Militar'smus. Die Regierungs⸗ erklärung sei eine Demütigung vor dem Milttarismus. Der Vorstoß im preußischen Herrenhaus und Abgeordnetenhaus lasse auf das Be⸗ streben schließen, Elsaß Lothringen dem Königreich Preußen einzu⸗ verleiben. Die chauvinistischen Treibereien, die zu einem Kriege mit Frankreich führen sollten, weise er mit aller Entschiedenbeit zurück. Die Forderung der Abschaffung der Militärgerichte müffe mit allem Nachdruck erboben und die Kommandogewalt des Kaisers eingeschränkt werden. Der Redner schloß, indem er die Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich als eine Kulturaufgabe des elsaß⸗ lothringischen Volkes bezeichnete. Der Abg. Drumm (fortschr. Volksp.) richtete heftige Angriffe gegen die Regterung und meinte, ein Mann wie der General von Deimling passe nicht ins Elsaß. Die bereits gestern mitgeteilte Resolution wurde unter leb⸗
haftem Beifall einstimmig angenommen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Minister des Aeußern Graf Berchtold hat aus Anlaß des Neujahrsfestes dem König von Rumänien ein Glückwunschtelegramm geschickt, das der König mit einer in den gnädigsten und herzlichsten Ausdrücken abgefaßten Dankdepesche erwiderte. 3
— Da das österreichische Abgeordnetenhaus sich gestern über die geschäftliche Behandlung von Einwendungen der Christlich⸗Sozialen gegen die in gemeinsamer Konferenz mit dem Herrenhause vereinbarte Personale inkommensteuer⸗ skala nicht einigen konnte, trat, wie „W. T. B.“ meldet, der Seniorenkonvent zusammen, verhandelte aber auch erfolglos, sodaß der Präsident die um 184 Uhr wieder eröffnete Sitzung wieder schloß und die nächste Sitzung auf heute vormittag mit der gleichen Tagesordnung anberaumte. Als nun der Budget⸗ ausschuß zusammentrat, strömten zahlreiche tschechische Agrarier und Radikale in seinen Sitzungssaal, störten die beginnende Sitzung durch Zwischenrufe und verlangten die Aufhebung der Sitzung, sodaß der Ausschußvorsitzende Germannsie schließen mußte.
— Der Ministerpräsioent Graf Tisza beantwortete gestern im ungarischen Abgeordnetenhause die Interpellation des Grafen Apponyi über die Verhandlungen mit den Führern der ungarischen Rumänen. 8
Nach dem Bericht des „W T. B.“ erklärte Graf Tisza, daß die Hoffnung auf eine Verständigung keineswegs aussichtslos sei, da die Gegensätze zwischen Magyaren und Rumänen größtenteils auf Miß⸗ verständnissen beruhten. Das Gefühl für die Interessengemeinschaft zwischen Magyaren und Rumänen werde diese Gegensätze allmäblich überwinden. Daß dies keine Utopie und kein theoretisches Hirngespinst sei, werde erwiesen durch das Beispiel der in Ungarn lebenden Deutschen, namentlich der Siebenbürger Sachsen, die vor 40 Jahren sich in starkem Gegensatze zu den An⸗ forderungen der nationalen ungarischen Politik befunden und sich anfangs sehr schwer in ihren Rahmen bhineinzufinden vermocht hätten, aber Gott sei Dank jetzt in vollkommenem Maße verstanden hätten, daß sie ihrem Deutschtum dann den größten Dienst erwiesen, wenn sie sich in den Dienst der ungarischen Sache stellten. Die ungarische Politik kräftigten gerade die Siebenbürger Sachsen. Sie seien ein glänzendes Beispiel dafür, daß in den fremdsprachlichen Bürgern Ungarns ein sehr starkes Stammesgefühl bestehen fönne und daß eine sehr starke geistige Verbindung mit dem großem National⸗ staat außerhalb der Grenze behauptet werden könne, ohne daß dadurch ihre Trei zum ungarischen Vaterland Einbuße erlitt
Großbritannien und Irland Wie das „Reutersche Bureau“, erfährt, ist die
stimmung des Dreibundes zu den britischen Vor⸗ schlägen, betreffend die ägäischen Inseln, unter zwei⸗ Bedingungen gegeben worden: 1) Räumung Albaniens durch die Griechen bis zum 18. Januar, und 2) Uebernahme der Verpflichtung von seiten Griechenlands, die Aufrechterhaltung der Ordnung in Albanien zu erleichtern. Ein früherer Ent⸗ wurf der Note sah vor, daß Griechenland für die Ordnung ver⸗ antwortlich sein sollte, doch wurde dies später geändert.
Frankreich.
In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer legte der Finanzminister Caillaux ausführlich sein Finanz⸗ programm dar. Laut Bericht des „W. T. B.“ füh te er aus:
Has Defizit des Budgets von 1914 sei ansänglich auf 794 Millionen veranschlagt worden. Trotzdem er von der Ein⸗ bringung des Entwurfs für eine untilghare Anleihe a ges hen habe, sei es ihm gelungen, das Defizit auf 744 Millionen he abzusetzen, und er hoffe, durch verschiedene Finanzmaßnahmen es noch auf 700 Millionen zu vermindern. Dank eines U kerschusses von 112 Millionen aus dem Jahre 1912 habe sichs m Budget für Marokko, für welches Land ein besonderes Konto g füh t werde, das Defizit auf 168 Millionen verringert, das man du ch kurzfristige Schatzscheine decken werde. Er veranschlage die Kosten des Militär⸗ programms auf 1410 Millionen. Es werde not endig sein, zu einer Anleihe zu greifen, die jedoch auf mehrere Rechnungs⸗ jahre verteilt werden solle. Aus der Anleihe würden 420 Millionen für das Marineprogramm entnommen werden. Der Finanzminister schlug weiter vor, die außerordentlichen Ausgeben für Heer und Marine in Höhe von 1830 Millionen durch drei, vier oder fünf Anleihen, die in den Jahren 1914 und 1915 emittiert und schnell amortistert würden, zu decken. Die Anlethen müßten staffelweise erfolgen, um dem Markte nicht zuviel Geld auf einmal zu entziehen. Caillaux rechtfertigte sodann die Kapitalsteuer mit der Notwendigkeit, die zu⸗ künftigen Budgets ins Gleichäewicht zu bringen. Die Einkommen⸗ steuer werde mindestens 250 Millionen bringen und eine Aenderung einzelner Steuern, u. a. auf Petroleum, würde 50 bis 100 Millionen ergeben.
Die Regierung wird heute dem Kammerausschuß für auswärtige Angelegenheiten einen Entwurf vorlegen, in dem, wie „W. T. B.“ meldet, Rabat lediglich als vorläufiger Sitz der Generalresidentschaft von Marokko anerkannt und ein Kredit von 3 Millionen Francs für die erforderlichen Baulichkeiten verlangt wird. Außerdem sollen 4 Millionen Francs für die Herstellung von Verwaltungs⸗ und Gerichts⸗ gebäuden in den anderen Städten Marokkos verlangt werden. Diese Summen werden der geplanten marokkanischen Anleihe entnommen werden, die um 1612 Millionen Francs vermehrt werden soll, da insbesondere die für Straßenbauten in Aussicht genommenen Kredite als unzureichend angesehen werden.
Zum Präsidenten der Vereinigung der Linken ist ein⸗
stimmig Aristide Briand, zu Vizepräsidenten sind Louis