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Kammer und sämtliche Minister erschienen.
Konferenz
Föderalisten. Sie hielten am Reichsgedanken fest, aber sie wollten keinen Einheitsstaat. Der Zweck des Preußentogs sei, den zentralistischen Bestrebungen des Reichstags entgecenzutreten. Der Abg. Freiherr von Freyberg (Zentr.) erhob gleichralls gegen die Vorkommnisse Einspruch und sagte, die Bayern seien trotzdem bereit, sich die Freude am Deutschen Reich als Bundestzat nicht verbittern zu lassen Der Abg. von Vollmar (Soz.) erklärte, daß sich die Sozialdemokraten dem Protest voll und ganz anschlössen und die Unverschämtheiten, die von Berlin ausgegongen seien, zurückwiesen. Der Abg. Pflaumer kkons. stellte fest, daß der Fraktionsvorsitzende Beckh eine Ausführungen nur für seine Person gemacht habe. Im Namen eines Teiles seiner Fraktion möchte er erklären, daß sie sich mit den Ausführungen der übrigen Redner einverstanden erklärten.
8 Sachsen. 18 Gestern erfolgte in der Ersten Kammer die feierliche Ver⸗ pflichtung Seiner Königlichen Hoheit des Kron⸗ prinzen Georg, der gemäß der Bestimmung des § 63 der Verfassung nach erreichter “ in die Erste Kammer eintritt. Wie „W. T. B.“ meldet, waren die Mitglieder der Auf den Tri⸗ bünen saßen vollzählig die Abgeordneten aller Fraktionen der Zweiten Kammer. Nachdem Seine Königliche Hoheit d Kronprinz den Sitzungssaal betreten hatte, hielt der Präsident Graf Vitzthum von Eckstädt eine Be⸗ grüßungsansprache, in der er den künftigen Träger der Königs⸗ krone willkommen hieß und ihn unter Hinweis auf die Be⸗ deutung und die Heiligkeit des Eides aufforderte, den durch die Verfassung vorgeschriebenen Eid zu leisten. Der Kronprinz trat hierauf vor den Tisch des Präsidiums und legte unter Handschlag den vorgeschriebenen Eid ab. Darauf trat das Haus in die Tagesordnung ein.
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SOesterreich⸗Ungarn. 8
Das österreichische Abgeordnetenhaus hat, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nach kurzer Debatte den Bericht der gemeinsamen Konferenz beider Kammern über die Personaleinkommensteuer zunächst ohne die Steuerskala ein⸗ timmig angenommen und sodann den Abänderungsantrag der Slovenen und der Christlich⸗Sozialen auf Beibehaltung der bisherigen Steuersätze für Einkommen von 1800 bis 10 000 Kronen mit 268 gegen 77 Stimmen abgelehnt. Darauf wurde der christlich⸗soziale Eventualantrag, die Steuererhöhung auf die Einkommen über 4800 Kronen zu beschränken, sofern der Er⸗ trag der Personaleinkommensteuer 130 Millionen Kronen er⸗ reiche, in namentlicher Abstimmung abgelehnt und die Steuer⸗ skala gemäß dem Antrage der gemeinsamen Konferenz an⸗ genommen. Weiter wurden die Beschlüsse der gemeinsamen in dritter Lesung und damit die Personal⸗ einkommensteuer übereinstimmend mit den Herrenhaus⸗ beschlüssen angenommen. Darauf wurde über Immunitäts⸗ angelegenheiten verhandelt. “ 1 Großbritannien und Irland.
Zu der Reise des griechischen Ministerpräsidenten Venizelos nach den europäischen Hauptstädten erfährt das
„Reutersche Bureau“, daß Venizelos von dem Ergebnis seiner
Reise und den Besprechungen, die er mit verschiedenen Staatsmännern hatte, befriedigt sei. In diesen Besprechungen ei die ganze Frage der Stellung Griechenlands, einschließlich derjenigen der Grenze von Epirus und der Aegäischen nseln, erschöpfend erörtert worden. Ferner sei dabei griechische Vorschlag, betreffend eine kleine Aende⸗ g der griechisch⸗ albanischen Grenze zur Sprache gekommen. Dieser Vorschlag, der jetzt erwogen werde, ziele dahin, einen kleinen Distrikt in der Nähe von Argyrokastro, der ausschließlich von Griechen bewohnt werde, Griechenland einzuverleiben. Obwohl auf griechischer Seite hinsichtlich der Lage an der Grenze von Epirus eine gewisse Besorgnis bestehe, sei Venizelos doch, wie erklärt wird, fest überzeugt, daß die Lage keine Gestalt annehmen werde, die möglicher⸗ weise zu internationalen Schwierigkeiten führen würde. Griechenland habe von der Entscheidung der Mächte hin⸗ sichtlich der Grenze offiziell noch keine Kenntnis, doch bestehe kein Zweifel, daß es bereit sei, die Wünsche der Mächte in loyaler Weise auszuführen und die Albanien zuerkannten Distrikte zu räumen. Bisher seien allerdings noch keine Schritte zur Zurückziehung der griechischen Truppen erfolgt. Gerüchten, die das Gegenteil meldeten, werde kein Glauben beigemessen. Was den 18. d. M. als Zeitpunkt der Räumung anbetreffe, so werde darauf hingewiesen, daß Griechenland von diesem Datum, das ausschließlich zwischen den Mächten ver⸗ einbart worden sei, keine Kenntnis habe.
— Der Handelsminister Buxton betonte, wie „W. T. B.“ meldet, in einer Rede, die er gestern abend in Bermondsey hielt, daß die Regierung den vollständigen Schutz der englischen Küsten sicher zu stellen verpflichtet sei. Zu diesem Zwecke müsse sie ein Schlachtschiffgeschwader zur Verfügung haben, das eine Ueberlegenheit von sechzig Prozent gegenüber der nächst⸗
starken Seemacht aufweise. 1 v Frankreich.
Die Familie des Generals Picquart hat, wie „W. T. B.“ meldet, infolge der persönlichen Intervention des Minister⸗ präsidenten, der bei der Familie vorsprach, und mit Rücksicht auf die Beschlüsse des Parlaments eingewilligt, daß der Teil der Bestattungsfeier, der nach der Ueberführung der Leiche
des Generals in Paris stattfindet, auf Staatskosten vor
sich geht. Rußland.
Der Kaiser empfing gestern im Winterpalais in St. Petersburg die aus Anlaß der Fünfzigjahrfeier des Bestehens der Semstwos dort anwesenden Vertreter der Semstwos. Hierbei hielt der Präsident der Moskauer Semstwoverwaltung Baron Schlippe im Namen der Versammelten an den Kaiser eine Ansprache, in der er, wie „W. T. B.“ meldet, des er⸗ lauchten Gründers der Semstwoeinrichtung Alexanders II. so⸗ wie Alexanders III. in Dankbarkeit gedachte, dem Kaiser für das den Semstwos bewiesene Wohlwollen seinen Dank aus⸗ sprach und der Versicherung Ausdruck gab, daß sämtliche Mit⸗ glieder der Semstwos, dem Vermächtnis der Vorfahren folgend, stets alle Kräfte mit Liebe und Aufmerksamkeit der Semstwo⸗ arbeit widmen würden, um dem Throne und dem Vaterlande zu dienen. Der Kaiser unterhielt sich huldvoll mit den De⸗ putierten und richtete an sie folgende Ansprache:
Ich spreche die feste Zuversicht aus, daß jegliche Arbeit der Landschaften in enger Einigkeit mit meiner Regierung von unbegrenzter Sorge für die unzähligen örtlichen Bedürfnisse der Bevölkerung und für ihr Wohl durchdrungen und beseelt sein wird. Eine weise Be⸗
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friedigung der örtlichen Bedürfnisse erscheint als das Hauptunterpfand für die Entwicklung und den Aufschwung des Wohlstands des ge⸗ samten Staats. Meinem geistigen Auge stellt sich klar ein ruhiges, gesundes und starkes Rußland dar, das, treu seinen historischen Tra⸗ ditionen, glücklich ist in der Liebe seiner dankbaren Söhne und stolz auf ihre unbegrenzte Ergebenheit für unseren Thron.
Italien.
Gestern abend gaben der König und die Königin zu Ehren der in Rom eingetroffenen Offiziere der deutschen Mittelmeerdivision ein Mahl, an dem der deutsche Bot⸗ schafter von Flotow mit Gemahlin, die Mitglieder der Bot⸗ schaft, der Minister des Aeußern Marquis di San Giuliano, der Marineminister, Konteradmiral Millo, der Erste General⸗ adjutant des Königs Brusati und der Minister des König⸗ lichen Hauses Mattioli⸗Pasqualini teilnahmen. -1“
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Portugal.
Der Senat hat in seiner gestrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ meldet, einen Antrag angenommen, durch den das Präsidium beauftragt wird, heute beim Präsidenten der Republik Einspruch zu erheben gegen das systematische Fernbleiben der Regierung von den Sitzungen des Senats.
In der Deputiertenkammer brachte der Führer der Regierungspartei Braga einen Dringlichkeitsantrag ein, der die Einberufung des Kongresses fordert, um über eine Vertagung des Parlaments für die Dauer von zehn Tagen abzustimmen und eine Auslegung des Artikels 25 der Ver⸗ fassung herbeizuführen, der zu den Meinungsverschie den⸗ heiten zwischen der Regierung und dem Senat Anlaß gegeben hat. Die Dringlichkeit wurde obiger Quelle zufolge mit 81 gegen 46 Stimmen beschlossen.
— Einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge hat das Personal der Eisenbahnen im Nordosten die Arbeit wieder aufgenommen Die Befugnisse des Marschalls Liman von Sanders werden nach einer Meldung des „W. T. B.“ als eine imnere Angelegenheit der türkischen Armee behandelt und deshalb im einzelnen nicht bekanntgegeben. Ueber den Umfang und die Ausübung dieser Befugnisse bestehe völliges Ein⸗ vernehmen zwischen dem Marschall und dem türkischen Kriegs⸗ minister. Marschall von Liman übe unbeschränkte Inspektions⸗ rechte aus und sei von seiner gegenwärtigen Stellung, die ihm eine freie Entfaltung seiner Reformarbeit erlaube, befriedigt.
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Serbien.
Wie das serbische Preßbureau meldet, hat der General Holmsen seinen Schiedsspruch in der serbisch⸗bulga⸗ rischen Grenzstreitfrage dahin gefällt, daß das strittige Gebiet in zwei gleiche Teile geteilt wird, von denen je einer Serbien und Bulgarien zufallen soll. “
Amerika. ““
Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Depesche aus Mexiko gibt der Kriegsmihister bekannt, daß die Rebellen bei dem Versuche, Cuernavacs zu nehmen, von den Regierungs⸗ truppen geschlagen wurden und zweitausend Mann verloren.
Asien.
Das japanische Abgeordnetenhaus ist gestern wieder zusammengetreten. Wie „W. T. B.“ meldet, äußerte sich der Minister des Aeußern Baron Makino über die chinesisch⸗ “ Beziehungen und die kalifornische Frage, wie folgt:
Plgt a. Lösung der chinesisch⸗japanischen Krisis, die sich im Sep⸗ tember 1913 aus dem Zwischenfall in Nanking ergeben habe, sei zum großen Teil auf das englisch⸗japanische Bündnis zurückzuführen. Die Festigung und Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen Japans und Chinas sei von Bedeutung für die Förderung der japanischen Interessen in China. Bezüglich der kalifornischen Frage sagte der Minister, Amerika habe auf Japans dritten Protest nicht geantwortet. Die früheren Antworten seien unbefriedigend gewesen. Andere Pläne zur Erledigung der Frage, auf die er zurzeit nicht eingehen könne, seien in der Ausarbeitung begriffen.
Afrika.
Wie „W. T. B.“ aus Johannesburg meldet, hat ein neuer Ausschuß des Gewerkschaftsverbandes gestern nachmittag in geheimer Sitzung beschlossen, den Generalstreik von heute ab bis auf weiteres für beendet zu erklären. Aus Pretoria wird gemeldet, daß, einer amtlichen Bekanntmachung zufolge, der Betrieb in den Eisenbahnwerkstätten am 26. Januar wieder aufgenommen werden soll. 8
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— In der heutigen (9.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer bei⸗ wohnte, wurde zunächst der schleunige Antrag der Abgg. Dr. Röchling und Genossen (nl.), die Staatsregierung zu ver⸗ anlassen, das gegen den Abg. Dr. Cremer vor dem Schöffen⸗ gericht in Hagen (Westf) schwebende Privatklageverfahren für die Dauer der gegenwärtigen Session einzustellen, ohne Debatte durch Annahme erledigt.
Dann setzte das Haus die zweite Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung, und zwar die Be⸗ sprechung der dauernden Ausgaben fort.
Als Beihilfen zur Einrichtung und Unterhaltung von Wanderhaushaltungsschulen für schulentlassene Mädchen auf dem Lande und zur Ausbildung von Haus haltungsschullehrerinnen sind, wie im Vorjahre, 200 000 ℳ ausgeworfen.
Abg. Leinert (Soz) gibt einen statistischen Ueberblick über die Verbreitung der Wanderhaushaltungsschulen und über die Aus⸗ gaben, die von Gemeinden, Kreisen und Provinzen für diesen Zweck aufg wendet werden. Er folgert daraus, daß die ge⸗ nannten Verbände für diesen Zweck mehr tun als für das ländliche Fortbildungsschulwesen. Dies sei erklärclich, weil ein verhältniemäßig großer Teil der Teilnehmer sich nicht aus Arbeiterkreisen, sondern aus bäuerlichen Keeisen re⸗ krutiere, die zu den besitzenden Klassen zu rechnen seien. Mit Hilfe dieses Fonds müsse aber auch das Haushaltungsschulwesen in den Städten zugunsten der Arbeiter gefördert werden. Leider sei der Fonds auf derselben Höhe verblieben wie im Jahre 1912. Man
müsse fragen, nach welchen Grundsätzen die landwirtschaftliche Ver⸗
waltung in bezug auf das Wanderhaushaltungsschulwesen verfahre. Es frage sich überhaupt, ob die Verwaltung auf diese Schulen ein großes Gewicht lege. Entsprechend einer Resolution des Abgeordneten⸗ hauses müsse die Erwartung aus gesprochen werden, daß die landwirtschaft⸗ liche Verwaltung diesen Unterricht nachdrücklich sördere. Sie müsse die Anregung zur Errichtung neuer Schulen geben. Solche Schulen seien auch für die Städte eine unbedingte Notwendigkeit. Die Ar⸗ beiterinnen seien bei diesen Haushaltundsschulen sehr ins Hintertreffen gekommen. Auch aus Arbeiterkreisen müßten Lehrerinnen heran⸗ gezogen werden. Das erhobene Schulgeld sei viel zu hoch und könne von den Arbeitern, die auf einen geringen Verdienst angewiesen seien, nicht gezahlt werden. Es gebe nicht an, daß diese Beihilfen lediglich den Töchtern der besitzenden Klassen zugute kommen. Die in den Etat eingesetzten Mittel müßten auch voll ausgegeben werden. Ferner sei die Gründung neuer Schulen nötig. So sei zu erstreben, daß jeder Kreis eine besitzt. Den Arbeiterkindern müsse der Besuch dieser Schulen unentgeltlich gestattet werden. Hoffentlich werde bald an die Erhöhung dieses Fonds herangetreten.
Zum Dispositionsfonds zu wissenschaftlichen Lehrzwecken — 1 100 000 ℳ, gegen das Vorjahr 50 000 ℳ mehr — beantragt die Budgetkommission, mehrere Petitionen, betreffend Erhaltung der Landwirtschaftsschule in Eldena und Ausgestaltung der landwirtschaftlichen Winter⸗ schulen, der Regierung zur Erwägung zu überweisen.
Abg. Brors (Zentr.): Die landwirtschaftlichen Winterschulen haben sich ols nützliche Einrichtung erwiesen. Die landwirtschaftlichen Vereine haben aber eine ganze Reihe von Wünschen bezüglich des weiteren Ausbaues dieser Schulen. Um diese Schulen auf volle Höhe zu bringen, ist es nötig, daß das Landesökonomiekollegium sich der Wünsche der Lehrer an diesen Schulen annimmt.
Abg. Dr. Rewoldt (freikons.): Die Petitionen betreffs Er⸗ haltung der landwirtschaftlichen Schule in Eldena zeugen von dem Interesse, das man in Pommern diesem Institute entgegenbringt. Seine Einziehung würde einen großen Schaden für die ganze Provinz bedeuten. Denn es ist unzweifelhaft, daß jede landwirtschaftliche Schule von Segen für die ganze Gegend ist, da von ihr der Aareiz intensiverer wissenschaftlicher landwirtschaftlicher Arbeit ausgeht.
Ueber die Petitionen beschließt hierauf das Haus nach dem Kommissionsantrage. 1 3
Die Ausgaben für die Tierärztlichen Hoch⸗ schulen und das Veterinärwesen, insgesamt 6 609 825 ℳ, beantragt die Budgetkommission unverändert zu bewilligen.
Abg. Dr. Varenhorst (freikons.): Die Frage des in der Schweiz erworbenen Titels eines Dr. med. vet. ist in der Kommission sehr ausführlich behandelt worden. Es handelt sich hier hauptsächlich um Herren, die in den Jabren 1902 bis 1910 in Zürich oder Bern promoviert haben. Jetzt haben ja unsere Teer⸗ ärztlichen Hochschulen das Promotionsrecht erhalten. Nach einer Verordnung von 1897 ist bei Führung eines ausländischen Doktor⸗ titels die Genehmigung des Kultusministers einzuholen. Bei Herren der philosophischen Fakultät ist sie auch meist gestattet worden. Nur den Tierärzten hat man es verweigert. Diese Weigerung ist jetzt nicht mehr am Platze, da es sich ja einerseits nur um eine kleine Anzahl von Herren handelt und andrerseits eine Anzahl dieser Dissertationen von großem wissenschaftlichen Werte ist. Der Landwirtschaftsminister möge in dieser Beziehung auf den Kultusminister seinen Einfluß geltend machen. .
Abg. Dr. Arning (nl.): Diesem letzten Wunsche kann ich mich nur anschließen. Notwendig ist für Hannover die Schaffung einer Professur für Tierarzneikunde. Dann muß aber auch möglichst bald mit dem Bau des Instituts für Tierzucht be⸗ gonnen werden, für den ja die Mittel schon bewilligt sind.
(Schluß des Blattes.) .“
Bei der durch den Tod des Reichstagsabgeordneten Zürn (Reichspartei) im Wahlkreise Marienwerder 2 notwendig gewordenen Reichstagsersatzwahl erhielt, wie „W. T. B.“ meldet, nach den vorläufigen amtlichen Ermittlungen bei⸗ 21 552 Wahlberechtigten der Landrat von Brünneck⸗Rosenberg (Reichspartei) 11 334, der Gutsbesitzer Raszkowski⸗Krzeniniewo (Pole) 8146 Stimmen. Zersplittert waren 28 Stimmen. von Brünneck ist somit gewählt. “
Statistik und Volkswirtschaft.
Ueber die Tarifverträge im Deutschen Reiche am E des Jahres 1912
hat das Kaiserliche Statistische Amt, Abteilung für Arbeiterstatistik, in einem umfangreichen Sonderhefte zum Meichsarbeitsblatt⸗ (350 Seiten, Preis 8,80 ℳ, Karl Heymanns Verlag, Berlin) eine ausführliche Statistik veröffentlicht, die ein vollständiges Bild der tarif ich geregelten Arbeitsbedingungen in Deutschland gibt. Die wachsende Bedeutung der Tarifoerträge für unser wirtschaftliches Leben vird aus der Fest tellung ersichtlich, daß sich in den letzten sechs Jahren die Zahl der Tarifverträge und der von ihnen er⸗ faßten Personen mehr als verdoppelt hat, mit dem Ergebrisse, daß Ende 1912 10 739 Tarifgemeinschaften in 151 930 Be⸗ trieben für 1 774 285 beschätigte Persoen galten. Die Tarif⸗ gemeinschaften sind in Betriebe jeder Größe eingedrungen, in kleine und handwerksmäßige, in mittlere und große. In den einzelnen Gewerbegruppen aber ist die Verbreitung der Tarif⸗ verträge sehr verschieden. Während das polygraphische Gewerbe (Buchdruck Ksta sehr stark von Tarisverträgen erfaßt ist, so daß etwa zwei Drittel aller Arbeiter dort von Tarisverträgen erfaßt werden und auch im Bekleidungs⸗ und im Baugewerbe die Arbeitsverhält⸗ nisse zum großen Teil durch Tarifverträge geregelt werden, sind letz⸗ tere in der Textelindustrte und der chemischen Industrie nur wenig verb eitet. Der Bergbau in Deutschland hat übe haupt keine Tarif⸗ verträge, während in Großbritannten — wie aus einer internationalen Vergleichstabelle der Statistik hervorgeht — gerade im Bergbau kie Tarifverträge außerordentlich stark verbreitet sind. b
Bei dem Abschiuß der Tarisverträge in Deutschland sind die Arbeitnehmerverbände auf seiten der Arbeitnehmer fast ausnahmslos beteiligt. Mehr als die Hälfte aller tariflich gebundenen Personen sind in ihnen organisiert. Auf der Arbeitgeberseite dagegen schließen in der Mehrzahl der Fälle nicht die Arbeitgeberverbände, sondern einzelne Ftrmen die Verträge ab. Auch eine nicht geringe Zahl von Innungen ist an den Verträgen beteiligt. In einem Anhang des amtlichen Werkes sind die von Innungen abgeschlossenen wie über⸗ , die für das Handwerk gültigen Tarifverträge besonders be⸗ arbeitet.
Von den in Tarifverträgen festgelegten Arbeitsbedingungen sind der Arbeitslohn und die Arbeitszeit am wichtigsten. Aus der Statitk geht hervor, daß für die Mehrzahl der Arbeiter eine tägliche Arbeits⸗ zeit von mehr als neun bis zehn Stunden, bezw. eine wöchent⸗ liche Arbeitszeit im Sommer von mehr als 58 bis 60 Stunden die Regel bildet. Was den Arbeitslohn angeht, so gelten die Tarifgemeinschaften, die einen niedrigsten Stundenlohn füt gelernte männliche Arbeiter in Höhe von mehr als 45 ₰ angeben, für die Mehrzahl der Arbeiter. Anderseits fiande sich ein niedrigster Stundenlohn für ungelernte männliche Arbeiter in Höhe von 45 ₰ nnd darunter in den Tarifgemeinschaften, die die überwiegende Mehrzahl aller Arbeiter umfassen. Die Tarifverträge mit der Mehrzahl aller Arbeiter enthalten einen niedrigsten Wochen⸗ lohn männlicher gelernter A’ beiter in Höhe von mehr als 25 bis⸗ 30 ℳ, während sie ande seits für ungelernte männliche Arbeite einen niedrigsten Wochenlohn von 25 ℳ und darunter enthalten.
Außer diesen allgemeinen Feststellungen über den Arbeitslohn enthält die Tarifstatistik eine besonders eingehende tabellarische Dar⸗ stellung der Lohnsätze in den Linzelnen Berufsarten in den verschiedenen Orten und Bezirken des Reichs, die eine geeignet⸗ Unterlage für ver⸗ gleichende Lohnbetrachtungen bildet. So sind denn anuch in einer be⸗ sonderen Tabelle der am lichen Veröffentlichung die Lohnsätze für eine Reihe der wichtigeren Berufsarten und die ortsüblichen Tagelöhne in ausgewählten Bezirken mit den in Berlin herrschenden Lohnsätzen
verglichen. 1 8
Zur Arbeiterbewegung.
In 60 Städten kündigten, wie die „Frkf. Ztg.“ aus München berichtet, die Arbeiterverbände die Tarifverträge im Herren⸗ maßschneidergewerbe. Die örtlichen Verhand'’ungen verliefen bis jetzt ergebrislos. Infolgedessen wird die Schlich urg der Lohn⸗ streitigkeiten wie in den beiden Vorjahren einem Kollegium von drei unparteiischen Schiedsrichtern übertragen, als welche die Herren Königlicher Gewer begerichtsdirektor Dr. Prenner (München), Magistrats⸗ rat von Schulz (Berlin) und Magistratssyndikus Dr. Hiller (Frankfurt a. M.) gewählt wurden. Als Tagungsort ist NKürnberg und als Beginn der Verhandlungen der 2. Februar vorgssehen.
In London sind „W. T B.“ zufolge die Kohlenträger und Fuhrleute in der Zahl von sieben⸗ bis zehntausend gestern in den Ausstand getreten, um einen höheren Lohn zu erzwingen; etwa zweihundert Kohlenhandlungen werden davon betroffen. Der Ausstand umfaßt sämtliche Gruppen von Arbeitern im Kohlentraneport. Die Arbeiter hatten Lohnerböhungen gefordert und als sich die Verhand⸗ lurgen zerschlugen, legten die Leute einer großen Kohlenfirma die Arbeit nieder. Von da aus dehnte sich der Ausstand nach anderen Stadtvierteln aus. Der Ausstand wurde obne Genehmigung der Gewerkschaft beschlossen, von dieser aber nachträglich gutgeheißen.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ sind in der Umgebung von St Petersburg drei Männer ver⸗ haftet worden, die damit beschäftigt waren, einen Aufruf des Vor⸗ standslder sozial⸗revolutionären Arbeiterpartei zu drucken, in welchem zum Ausstand für den 22. Januar aufgefordert wird. Gleichzeitig wurde in St. Petersburg ein sozial⸗revolutionärer Arbeiter, der hektographische Abzüge eines solchen Aufrufs berstellte, sowie vier Studenten und zwei Kursteilnehmerinnen verhaftet, bei denen eben⸗ solche Aufrufe und revolutionäre Abzeschen gefunden wurden. Trotz dieser Maßnahmen ist, wie dem „W. T. B.“ telegraphiert wird, beute morgen aus Anlaß des Jahrestages der Kundgebungen von 1905 in allen Fabrikvierteln der Residenz ein Massenausstand aus⸗ gebrochen. Auch in Riga sind die Arbeiter vieler Fabriken aus diesem Anlaß in den Ausstand getreten.
Die Vertreter der ausständigen Bergarbeiter von Rio Tinto, die sich nach Madrid begeben hatten, um mit den Mitgliedern des Verwaltungsrats von Rio Tinto zu unter⸗ handeln, haben, wie „W. T. B.“ meldet, sich entschlossen, morgen nach Rio Tinto zurückzukehren, da die Verwaltung es ablehnte, ihnen eine Antwort auf ihre Forderungen zu erteilen.
In Lissabon haben „W. T. B“ zufolge die Metall⸗ arbeiter und einige andere Gewerkschaften gestern die Arbeit niedergelegt.
Handel und Gewerbe.
In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank gab der Vorsitzende. Präsident des Reichsbank⸗ direktoriums Havenstein eine Uebersicht über die Lage der Reichsbank und führte im Anschluß daran folgendes aus:
„Die Geldflüssigkeit am deutschen Markt hat weiter zu⸗ genommen, der Privatdiskontsatz ist auf 3 Proz. gesunken. Die Ansprüche, die der Verkehr von Mitte bis Ultimo Dezember v. J. an die Reichsbank stellte, waren allerdings außerordentlich groß und beträchtlich größer als in irgend einem der Vorjahre, insbesondere gilt dies auch von den Ziffern auf Wechsel⸗ und Lombardkonto abzüglich der Privatguthaben. Aber die Rückflüsse seit Beginn des Jahres sind durchaus normal, Wechsel⸗ und Lombardanlage stellen sich nur noch wenig höher als in den Jahren 1909 und 1910 und erheblich niedriger als in den Jahren 1911 und 1912. Auch die Privatguthaben haben zugenommen und standen am 15. Januar um etwa 50, am 19. Januar um etwa 90 Millionen Mark höher als im Vorjahre. Ebenso hat der Betrag der ungedeckten Noten, der Ende Dezember um 366 Millionen niedriger war als im Vorjahre, seinen günstigen Stand be⸗ wahrt. Auf den internationalen Märkten hat sich auch über⸗ wiegend eine Abspannung angebahnt; wenngleich der Privat⸗ satz dort noch überall höher, zum Teil erheblich höher steht als bei uns, so hat er doch auf den Märkten unserer großen Nachbarländer ebenfalls eine weichende Richtung eingeschlagen. Die Devisenkurse sind nicht bedrohlich. Bei dieser Sachlage erachtet das Reichsbankdirektorium eine weitere Ermäßigung des Bankdiskonts um ½ Proz. für angängig.“
Der Zentralausschuß erklärte sich mit diesen Ausführungen einstimmig einverstanden. Schließlich wurden noch mehrere Stadtanleihen zur Beleihung im Lombardverkehr zugelassen.
(Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Zweiten Beilage.)
Kunst und Wissenschaft.
Die Strahlensterne auf dem Mond. Die genauere Unter⸗ suchung der Mondoberfläche namentlich auch mit Hilfe der Photographie hat zur Entde kung einer Erscheinung geführt, die den Astronomen
viel Kopezerbrechens verursacht hat. Eine ganze Reihe von Theorien
ist aufgest llt worden, um die eigentümlichen Strahlungssysteme zu erklären, die sich an manchen Stellen der Mondoberfläche kennzeschnen. Die meiste Wahrscheinlichkeit hat unter ihnen wohl die Vermutung gehabt, daß die Lichtstrahlen durch Spiegelung des Sonnenlichts auf Feldern von vulkanischem Glas entstehen. Eine genauere Untersuchung hat jetzt der Astronom Plant ausgeführt und wieder eine neue Erklärung darauf gegründet, die er in der Wochenschrift „Nature“ mitteilt. Die vulkanische Tätigkeit des Mondes ist im Vergleich zu der Kleinheit dieses Weltkörpers außerordentlich stark gewesen. Wenn man bedenkt, welche Lavamassen chon durch kleine Krater unserer irdischen Vulkane ausgeschieden werden, so kann man sich einen Begriff davon machen, welch un⸗ geheure Massen aus den Riesenkratern des Mondes, wie dem Koper⸗ nifus oder Ptolemäus, ausgequollen sein müssen. Nun war die Mondoberfläche wahrscheinlich stets sehr gebirgig und die Lava aus den Kratern füllte zunächst die Täler oder die Schluchten zwischen den Bergen aus. Plant glaubt nun, daß die Strahlen auf der Mondoberfläche solchen Lavaströmen entsprechen. Ihre Breite ist zu 8—16, gelegentlich auch bis 30 km gemessen worden, ihre Länge zuweilen bis 3000 km. Diese letzte Angabe ist jedoch vermutlich eine Augentäuschung, indem vielleicht mehrere Strahlen scheinbar zusammenfließen. Bedeutsam für die Richtigkeit dieser neuen Erklärung ist die Tatsache, daß die Strahlen meist wie die Speichen eines Rades um einen Krater gruppiert sind. Am stärksten entwickelt sind sie um die Vulkane Kopernikus, Tycho und Kepler, die auch zu den größten des Mendes gehören. Plant meint, Lavaströme den ältesten Ausbrüchen auf der Mondoberfläche ren.
Aufdeckung gotischer Wandmalereien in Sachsen. Bei den Instandsetzungsarbeiten der Sylvesterkirche in QOuakenbrück, die unter Leitung des Architekten, Pro essors Emil Högg⸗Dresden aus⸗ geführt wurden, fanden sich unter dem Putz der Wände und Gewölbe spätgotische Malereien in so ausgezeichnetem Zustande, daß es keine Mühe macht, das ursprünaliche Bild, das die Ausmalung bot, wieder herzustellen. Die aufgedeckten Malereien stammen, wie eine zutage⸗ getretene Inschrift besagt, aus dem Jahre 1470 und sind den Malereien in der Marienkirche in Osnabrück so ähnlich, daß derselbe Meister auch hier gearbeitet haben muß. Die Instandsetzung der Malerei erfolgt, wie die „Denkmalpflege“ berichtet, durch den Maler Gunkel, L⸗hrer an dem Kunst⸗ und Gewerbemuseum in Bremen. Die Gewölbemalereien zeigen das übliche spätgotische Rankenwerk, in den Zwickeln hochsteigend, die Rippen begleitend und die Schluß⸗ steine einfassend, in Braunrot, Schwarz und Grün gehalten und mit hohem künstlerischen Feingefühl in Zeichnung und Verteilung. An der Seitenwand des Seitenschiffes wurde eine Oelbergdarstellung mit überlebensgroßen Figuren freigelegt. Die ganze Zeichnung ist noch deutlich zu verfolgen, die Köpfe sind von starkem Ausdruck. Diese Darstellungen sind mit dem Putz in einzelnen Stücken von der Wand abgenommen und sollen nach Fertigstellung wieder an geeigneter Stelle angebracht werden. 8
Technik.
Ein großes Wasserkraftwerk in Indien.
Die Ausnutzung des Wassers ist für Indien eine Lebensfrage ersten Ranges, und keins der Werke, die von den Enaländern zugunsten dieses Edelsteins ihrer Krone geschaffen worden sind, kann sich an B deutung mit den künstlichen Bewässerungsanlagen messen. Diese sind nun vorläufig ausnahmslos der Landwirtschäaft zugute gekommen, indem sie den Zweck verfolgen und erfüllen, den Ackerbau von den unzuverlässigen Regenfällen unabhängig zu machen. An Wasserkraft⸗ werke hat man früher nicht gedacht, weil die Industrie in Indien eine verhältnismäßig geringe Rolle spielte Durch ihren Aufschwung sieht man sich jetzt veranlaßt, die Ausnutzung des Wassers nach dieser Richtung zu erweitern. Der erste Schritt wird eine Anlage sein, die der Großstadt Bombay zugute kommen soll. Man will in ihrem Hinterland eine elektrische Wasserkraftstation für 80 000 Pferdestärken errichten, um die bisher mit Dampfmaschinen betriebenen Baumwollmühlen zu ver⸗ sorgen. Der Strom wird für 60 große Mühlen ausreichen. Ein Teil der Anlage ist bereits fertig und in Betrieb genommen worden, und schon sind 26 dieser Mühlen und außerdem noch zwei zur Ver⸗ mahlung von Getreide an der Stromlieferung beteil'gt. Die Werke sind nach einem Inder Tata benannt worden, der bis zu seinem Tode den Plan am meisten gefördert hat, und befinden sich auch jetzt hauptsächlich im Besitz und unter Aufsicht von Eingeborenen. Die Kraft wird an dem Fuß der steilansteigenden Ghats gewonnen. Der Monsun, der sich an diesen Gehängen bricht, liefert dort jährlich etwa 5000 mm Regen. Da dieser aber auf das Jahr sehr ungleich verteilt ist, so ist die Schaffung von drei großen künstlichen Seen erforderlich gewesen, die durch Talsperren aufgestaut worden sind. Nach einer Beschreibung in der Wochenschrift „English Mechanic“ führt von dem untersten See eine Rohrleitung von etwa 4 km Länge mit 500 m Gefälle nach dem Kraftwerk, von wo der Strom in einer Spannung von 100 000 Volt durch Oberleitung 70 km weit bis Bombay geführt wird. Die Stromkosten sind nicht besonders gering, aber für die Mühlen von Bombay sehr vorteilhaft, da der bisherige Betrieb unter hohen Kohlenpreisen und einem Mangel an geeigneten Arbeitern zu leiden gehabt hat. —
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Ernteergebnisse in Norwegen im Jahre 1913.
„Der Winter 1912/13 verlief, abgesehen von einigen nördlichen Bezirken, überall mild; nur im Januar trat eine Kälteperiode ein. Die Schneemenge war in der Ebene gering, aber groß im Gebirge. Das Frübjahr kam zeitiger als gewöhnlich, und die Frühjahrsarbeiten gingen unter günstigen Bedingungen vor sich. Von Mitte April ab war warmes Wetter; bis Juli fanden zahlreiche Niederschläge statt. Dann aber begann eine Trockenperiode, die namentlich im Westen länger andauerte. Unter ihrem Einfluß litten die Saaten nicht un⸗ erheblich. Fast überall gingen die Erntearbeiten bei günstiger Witte⸗ rung vor sich.
„— Heuernte. Der Ertrag an Heu stand in diesem Jahse ziemlich⸗ über dem gewöhnlichen Maß. Im Durchschnitt für das ganze Land betrug der Ueberschuß 193 385 t oder 7 %. Der gesamte Heuertrag ist auf 3 071 782 t (gegen 2 878 397 t in einem Mitteljahr) berechnet. Am ungünstigsten war die Ausbeute in den Aemtern Tromsö und Finmarken mit einem Unterschuß von 16 bezw. 14 %. In den meisten Aemtern war ein Ueberschuß vorhanden. Am größten war der Ertrag in Buskerud und Jarlsberg und Larvik, wo man einen Ueberschuß von 20 % erzielte. Die Qualität des Heus war durchweg sehr gut. Stroh. Die Ausbeute an Stroh war im großen ganzen wie in einem guten Mitteljahr. Das Stroh der Wintersaat gab einen Ertrag, welcher unter demjenigen eines Mitteljahres stand, nämlich im Durchschnitt für das ganze Land 8 % Unterschuß, indem 47 372 t (gegen 51 515 t in einem Mitteljahr) geerntet wurden. Der Unterschuß beträgt mithin 4143 t. Nur in einigen Aemtern von Miitelnorwegen wurde ein geringer Ueberschuß erzielt. Meist war die Ausbeute geringer als gewöhnlich. Am schlechtesten war sie in Smaalenene und Akershus mit einem Unterschuß von 18 %. Das Weizenstroh ergab einen Ueberschuß von 142 t oder 1 %, indem die Ausbeute des Jahres 13 551 t (gegen 13 409 t in einem Mitteljahr) ausmacht. In 6 Aemtern von Mittelnorwegen war einiger Ueberschuß vorhanden, in den meisten Aemtern, wo der Weizen⸗ anbau eine Rolle spielt, ein geringer Unterschuß.
Gerstenstroh hat in 10 Aemtern einen Ueberschuß geliefert, von denen Kristiansamt und Söndre Trondhjem mit einem Ueberschuß von 13 bezw. 10 % am besten stehen. In Finmarkens Amt und Smaalenene wurde der Ertrag eines Mitteljahres erzielt. In 6 Aemtern ist ein Unterschuß zu verzeichnen; am größten war derselbe in Tromsö und Nordre Bergenhus, nämlich 13 bezw. 8 %. Im Durchschnitt für das ganze Land erzielte man einen U berschuß von 6464 Tonnen oder ca. 6 %, indem der Ertrag des Jahres auf 117 747 Tonnen ist, während die Ausbeute eines Mitteljahres 111 301 Tonnen eträgt.
Haferstroh ergab einen Ertrag von 384 584 t (gegen 367 177 t in einem Mitteljahr). Der Ueberschuß 17 207 t entspricht ca. 5 %. Ueberschuß ist in 11 Aemtern vorhanden. In Finmarkens Amt wurde der Ertrag eines Mitteljahres erzielt. In den übrigen 6 Aemtern war ein Unterschuß vorhanden, welcher zwischen 11 und 2 % schwankt. Tromsö Amt steht auch hier am schlechtesten.
Stroh von Mengkorn ergab einen Ueberschuß von 1796 t oder ca. 9 %. Der Ertrag des Jahres beträgt nämlich 21 876 t (gegen 20 080 t in einem Mitteljahr). Nur 3 Aemter hatten einen Unterschuß von 2 —9 %.
Erbsenstroh lieferte den Ertrag eines Mitteljahres, indem der Durchschnitt für das ganze Land auf einen Ueberschuß von 5 % be⸗ rechnet ist. Es wurden 12 376 t produziert, während die Produktion eines Mitteljahres 11 766 t beträgt. Der Ueberschuß belief sich mit⸗ hin auf 610 t. Die Gesamtausbeute an Stroh beträgt 597 506 t (gegen 575 248 t in einem Mitteljahr). Im ganzen ist also ein Ueberschuß an Stroh von 22 258; t vorhanden, was ca. 4 % ent⸗ spricht. Die Qualität des Strohs ist durchweg sehr gut.
Getreideernte. Sämtliche Getreidearten außer Roggen haben einen mittleren Ertrag geliefert. Die Qualität wird durchweg als sehr gut bezeichnet.
Die Wintersaat (Roggen) hat im Durchschnitt für das ganze Land 8 % oder 31 414 hl Unterschuß gegeben, indem 343 014 hl. (gegen 374 428 hl in einem Mitteljahr) produziert wurden. In fünf Aemtern ist Ueberschuß vorhanden. Den Ertrag eines Mitteljahres erzielte man in den beiden Drontheimämtern, im übrigen Lande war ein Unterschuß vorhanden. Am schlechtesten stehen Smaalenene und Akershus mit 20 bezw. 18 % Unterschuß.
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Der Ertrag an Weizen war im Durchschnitt für das ganze Land wie in einem Miiteljahr (1 % über mittel). Die Gesammtproduktion des Jahres ist auf 114 561 hl (gegen 112 921 hl in einem Mittel⸗ jahr) herechnet. Unterschuß ist in Smaalenene, Akershus, Staranger und Nordre Bergenhus zu verzeichnen, der zwischen 3 und 10 % schwankt. Norder Bergenhus steht am schlechtesten. In den übrigen Aemtern, wo Weizen gebaut wird, ist Ueberschuß vorhanden.
Gerste hat im Durchschnitt für das ganze Land einen Ertrag von 1 128 514 hl (gegen 1 061 596 hl in ernem Mitteljahr) geltefert Der Uberschuß beträgt mithin 66 918 hl oder ca. 6 %. Unterschu war in 6 Aemtern zu verzeichnen; am geringsten war die Ausbeute i Nordre Bergenhus und Nordland, wo ein Unterschuß von 7 bezw. 8 % vorhanden war. In den meisten Aemtern ist ein Ueberschuß zu ver⸗ zeichnen; am besten steht Kristians Amt mit 12 %.
Die Haferproduktion ist auf 4135 046 hl (geg 3 887 104 hl in einem Mitteljahr) berechnet; das letztere ist also mit 247 942 hl oder etwa 6 % überschritten. In Nordland hatte man einen Unterschuß von 11 %, in den meisten Aemtern aber war Ueber schuß vorhanden.
Mengkorn hat von allen Getreidearten die beste Ausbeut geliefert, nämlich im Durchschnitt für das ganze Land 9 % Ueberschuß Die Produktion des Jahres beträgt 236 263 hl, während dieselbe i einem Mitteljahre 216 961 hl ausmacht. Der Ueberschuß beträgt mithin 19 302 hl.
Die Erbsenernte stand durchschnittlich für das ganze Land 4 % über dem Ertrag eines Mitteljahres oder 3823 hl, indem im
wurden.
Kartoffeln. Die Kartoffelernte fiel wie in einem gute Mitteljahre aus, indem der Durchschnitt für das ganze Land auf 1 Ueberschuß oder 80 944 hl berechnet worden ist. Die Jahresproduktion betrug 9 718 110 hl, während dieselbe in einem Mitteljahre 9 637 166 hl ausmacht. Unterschuß war in 6 Aemtern vorbanden, in den übrigen 12 Aemtern aber ein Ueberschuß von 3 — 13 %. — Die Qualität der Kartoffeln war durchweg sehr gut. In einzelne Gegenden Ostnorwegens waren sie jedoch von Trockenfäulnis angegriffen
Rüben (Turnips). Die Ausbeute an Rüben ist auf 6 283 695 h!; (gegen 6 173 197 hl in einem Mitteljahr) berechnet worden. De Ueberschuß, welcher also 110 498 hl ausmacht, entspricht etwa 2 %. Unterschuß war in 7 Aemtern vorhanden, Ueberschuß in 9. Am größten war der Ertrag an Rüben in Kristians Amt, das einen Ueber schuß von 8 % hatte.
Die Obsternte ergab in ganz Ostnorwegen einen reiche Ertrag; außerdem ist ein Ueberschuß in Nedenes und Romsdal vor handen. Den größten Ertrag erzielte man in Hedemarken, das 16 % Ueberschuß hatte. In 7 Aemtern war Unterschuß von 17—1 % zu verzeichnen.
Gemüse hat Unterschuß in 9 und Ueberschuß in’ 9 Aemtern gegeben. Am schlechtesten war die Ausbeute in Nordland und Tromsö mit 14 bezw. 13 % Unterschuß. In den übrigen 4 Aemtern, wo die Ausbeute unter mittel war, schwankt der Unterschuß zwischen 1 und 8 %. Der Ueberschuß betrug 9 — 2 %.
Der Weiden⸗ und Sennenbetrieb hatte ein Ergebnis, welches in den meisten Aemtern unter mittel stand. Nur in fünf Aemtern Ostnorwegens und in Nordre Trondhjem ist etwas Ueber⸗ schuß bis höchstens 8 % vorhanden. In den übrigen Aemtern ist ein größerer oder kleinerer Unterschuß zu verzeichnen. Am schlechtesten steht Stavanger mit 12 % Unterschuß.
Die Ernte an wilden Beeren ergab eine reiche Ausbeute in Finmarken und mehreren Bezirken Ostnorwegens, zum Teil auch in Westnorwegen, im großen ganzen war der Ertrag aber kaum nennens werter als gewöhnlich.
Folgende Tabelle gibt eine Uebersicht über den Ertrag der Ge treide⸗, Kartoffel⸗ und Heuernte des Jahres 1913 sowie über den Le 3 8h Mitteljahres (durchschnittliche Ernte in den Jahren
Berechnete ssdaurchschnitt. liche Ernte in den Jahren
1906 — 1910
(Mitteljahr) hl hl
112 921 114 561 1 640 R 374 428 343 014 92 31 414 Gerste 1 061 596 1 128 514 66 918 Hasert. 3 887 104 4 135 046 247 942 Mengkorn 216 961 236 263 19 302 Erbsen 89 408 93 231 3 823 Kartoffeln 9 637 166 9 718 110 10. 80 944
t t t 2 878 397 3 071 782 + 193 385
Schädlinge und Pflanzenkrankheiten sind im Jahre 1913 nicht irn besonders umfangreichem Maße aufgetreten. Die Kartoffelkrankhei machte sich im Süden des Landes, und zwar in Hedemarken bemerkbar. Außerdem wurden die Kartoffeln stellenweis von Bakteriose und Kornwurm angegriffen. Rüben und Koh erlitten im Westlande Schaden durch Schnecken und Larven von Kohlweißlingen. Der Hafer litt in den westlichen Bezirken unter Staubbrand. Die Wiesen wurden in Nordre Bergenhus durch Larven von Schmetterlingen und Maikäfern geschädigt. Die Obst bäume litten unter verschiedenen Jasekten, namentlich Blattwanzen — An den Beerensträuchern machten sich Krankheiten im ganzen Süden des Landes, insbesondere der Stachelbeerpilz, bemerkbar. (Bericht des Kaiserlichen Generalkonsuls in Christiania vom 9. Ja⸗ nuar 1914.)
Ernte 1913 Unter (—) und
Prozent vom
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Verkehrswesen.
Laut Telegramm aus Cöln ist die heute nachmittag um 5 Uhr 9 Minuten auf dem Schlesischen Bahnhof in Berlin fällige Post aus Frankreich ausgeblieben. Grund: Zugverspätung.
Theater und Musik.
Theater am Nollendorfplatz.
Prinzeß Gretl“ nennt sich eine neue Operette, die es gestern im Theater am Nollendorfplatz schließlich zu einem Erfolge brachte. Des Werkes besserer Teil ist Heinrich Reinhardts von wohlklingenden und nicht ungeschickt instrumentierten Tanz⸗ weisen durchsetzte Musik, die zwar kein einh itliches Ganze bildet, aber manche recht glücklich ersonnene „Nummern“ auf⸗ zuweisen hat. Die Textverfasser Dr. A. M. Willner und R. Bodanzky haben es dem Komponisten nicht leicht gemacht, denn die Handlung, die er mit Musik versehen sollte, streift in bezug auf Unwahrscheinlichkeit und Urnsinn zuweilen die Grenzen des auch in der Operette Erlaubten. Dabei war die Idee, von der sie ausgingen, so übel nicht; sie wollten offenbar ein weibliches Gegenstück zu dem Prinzen Karl Heinz in Mevyer⸗ Försters „Alt Heidelberg“ schaffen, eine junge Prinzessin und Landes⸗ fürstin schildern, die, der Hofetikette entronnen, einmal den Uebermut studentischen Lebens in dem Universitätestädtchen ihres Fürstentums kennen lernen will und dabei ebenfalls Gefahr läuft, ihr Herz zu verlieren, aber noch rechtzeitig davor bewahrt wird. Eine von dem Direktor Ludwig Stärk gut in Szene gesetzte Aufführung und flotte Einzeldarstellung halfen uͤber manches allzu Unsinnige hinweg, besonders aber trat Pallenberg als jüdischer Student Felix Hirschfeld aus Kattowitz, der durch seine komische Ueberredungskunst alles ins Gleiche bringt, hervor. Mary Behrens⸗ Linke als Prinzessin, Grete Freund als junger studierender Prinz, Joseph Victora als schneidiger Burschenschafter, Emma Seebold als
Oberhofmeisterin und andere machten sich gesanglich und darstellerisch 8
ganzen 93231 hl (gegen 89 408 hl in einem Mitteljahre) geerntet