1914 / 31 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Schulte in Hamm, Dr. Johannes Seyffert in Sanger⸗ hausen, Dr. Ludwig Sievers in Uelzen, Otto Siewers in Artlenburg, Dr. Hermann Spamer in Höchst a. M., Dr. Max Sperling in Königsberg i. Pr., Dr. Max Spitz in Breslau, Dr. Issak Steinhardt in Königsberg O. S., Dr. Richard Stern in Frankfurt a. M., Dr. Wilhelm Stroh in Frank⸗ furt a. M., Dr. Friedrich Tuch in Hannover, Dr. Bernhard

Frankfurt a. M., Dr. Robert Weiermiller Schöneberg, Dr. Christian Werner in Bad Ems, Dr. Eugen Wollenberg in Königsberg i. Pr., Dr. Karl Zausch in

Charakter als Sanitätsrat zu verleihen.

g8n Rentmeistern bei Königlichen Kreiskassen sind ernannt: in

Lüneburg, in Pr. Stargard der Regierungssekretär Wilhelm Witt aus Danzig, in Bublitz der Steuersekretär Oskar Simon

1

Dr. Frit Büging in Clenze, Dr. Rudolf Caro in Lands⸗ berg a. W.,

Süchteln, Döhring Altena i. W., Dr.

2. Teil (6); Dr. Praktikum (3). Grundlagen

Metalle (4); Chemie (2);

probseren, 2. Teil Gasanalyse mit Uehungen (3); Chemie

3 Petrographie (3); Mineralogisch⸗petrographisches Prak⸗ tikum (3).

bereitungskunde (6); Bergbaukunde IV (4). Oberbergamtsmark⸗ scheider Gehrke: Markscheidekunst mit Uebungen, 2. Teil (8); Abriß der Markscheidekunde (2).

männisches Praktikum (täglich); Abriß der Metallhütenkunde (4). Dozent Dr. Hommel: 2. Teil (5). Prof. Osann: Eisenhüttenkunde I, 2. Teil (2);

hüttenmännisches Praktikum (täglich); anlagen, 2. Teil (8);

8

Dr. Ferdinand Christiani in Senden, Dr. Paul in Alt Landsberg, Dr. Egidius Dammer in Dr. Friedrich Deisting in Kierspe, Dr. Walter in Königsberg i. Pr., Dr. Wilhelm Dunkel in Jens Fichtel in Hannover, Dr. Julius Fischer in Berlin⸗Pankow, Paul Fischer in v O. S.,

r. Kurt Foß in Berlin⸗Steglitz, Dr. Alfred Friedländer in Berlin⸗Schzneberg. Dr. Friedrich Friedrichsen in Neuen⸗ ahr, Dr. Max Gerheim in Wiesbaden, Dr. Josef Gläßgen in Bad Münster a. St., Dr. Max Glaß in Berlin, Dr. Karl Goedicke in Berlin, Dr. Klemens Goette in Berlin, Dr. Karl Greiff in Tecklenburg, Dr. Karl Haß in Hohn, Dr. Walter Havenstein in Halle a. S., Dr. Ernst Hecht in Nowawes, Dr. Heinrich Heise in Belgard, Dr. Albert Henrichsen in Schwanheim, Dr. Paul Heyn in Breslau, Dr. Wolf Hirsch in Frankfurt a. M., Dr. August Hüls⸗ mann in Solingen, Dr. Adolf Jacoby in Berlin, Dr. Fabian Kaliski in Breslau, Dr. Heinrich Kayser in Frankfurt a. M., Dr. Julius Kindler in Rietschen, Dr. Alexander Johann Kluge in Sarstedt, Hermann Köhler in Halver, Dr. Emil Kohlmetz in Sprockhövel, Dr. Friedrich Kuhlmey in Bergen a. D., Dr. Max Leichtentritt in Berlin, Dr. Hermann Leporin in Kuhnern, Dr. Viktor Löwenthal in Frankfurt a. M., Dr. Heinrich Maiweg in Langendreer, Dr. Adolf Menke in Wermelskirchen, Dr. Robert Müllerheim in Berlin, Dr. Franz Mulert in Schlawe, Dr. Louis Neumann in Breslau, Dr. Christian Nützel in 11““ Dr. Heinrich Panitz in Jannowitz, Dr. alter Pietrusky in Breslau, Dr. Max Piorkowski in Stettin, Max Plathe in Neutrebbin, Dr. Fritz Reich in Wies⸗ baden, Dr. Henry Rocco in 8 . S., Dr. Paul Rosenberg in Berlin⸗Friedenau, Dr. Max Runge in Berlin, Dr. Karl Samuel in Stettin, Dr. Richard Schattenberg in Stolberg a. H., Dr. Jakob Schmitz in Burgwaldniel, Dr. Rudolf Schömann in Neustettin, Dr. Karl

Crusius

Veltmann in Recklinghausen, Dr. Leopold Walter in in Berlin⸗

Halle a. S. und Dr. Heinrich Zimmermann in Hannover den

Finanzministerium.

insen a. d. L. der Regierungssekretär Schröder aus

aus Beuthen O. S.

Verzeichni Uebungen der Koömglich Clausthali. Shanb 16, Fr. Julk ISIse⸗

og ao. April 1911.

eben die wöchentliche Stundenzahl an.)

Prof. Dr. Mohrmann: Höhere Mathematik und Mechanik, Darstellende Geometrie, 2. Teil (4). Prof. Physik, 2. Teil (5); Physikalisches Privatdozent Dr. Wallot: Physikalische der Wärmetechnik (2); Ausgleichungsrechnung (2). Dr. W. Biltz: Allgemeine Chemie, 2. Teil; Ausgewählte Kapitel der (angewandten) physikalischen Qualitative und quantitative chemische Analyse Wund Maßanalyse), tägliches Praktikum; Lötrohr⸗ (3). Privatdozent Dr. Mecklenburg: Kolloquium über anorganische Bruhns: Lagerstättenlehre,

Biger

Valentiner: Prof. (Gewichts⸗

(2). Professor Dr. Privatdozent Dr. Baumgärtel: Gesteinsmikro⸗ skopie (4). Professor Dr. Bode: Geologie, 2. Teil (5); Geologisch⸗ paläontologisches Praktikum (2); Paläontologie, 2. Teil (2). Prof. Süchting: Elektrotechnik, 2. Teil (6); Maschinenelemente (4); Maschinenzeichnen, Uebungen (2). Geh. Bergrat Fischer: Berg⸗ baukunde III (3); Verwaltungskunde (2). Prof. Jüngst: Auf⸗

Prof. Hoffmann: Metallhütten⸗ kunde (4); Entwerfen von Metallhüttenanlagen (3); Metallhütten⸗ Metallurgische Probierkunde, Praktikum, Metallurgische Technologie, 2. Teil (2); Eisenprobterkunst und eisen⸗ Entwerfen von Eisenhütten⸗ Uebungen in eisenhüttenmännischen Berech⸗ nungen (2) (Eisenhüttenmänntisches Seminar); Elektrometallurgie für Eisenhüttenleute (1). Baurat Ziegler: Baukonstrukttonslehre (2). Geh. Bergrat Kast: Einführung in das bürgerliche Recht (4). Oberbergrat Dr. Karpinski: Deutsches und Preußisches Staats⸗ und Verwaltungsrecht (4). Medi⸗ zinalrat Dr. Riehn: Erste Hilfeleistung bet Unglücksfällen (2).

Zur Ergänzung werden folgende Kurse und Uebungen abgehalten werden: Assistent Landmesser und konz. Markscheider Thomé: Mark⸗ scheiderisches Zeichnen (2).

Bergwirtschaftslehre wird nicht als besonderes Kolleg gelesen, sondern in ihren einzelnen Teilen an denjenigen Stellen gebracht, wo sie hingehört (Bergbaukunde, Lagerstättenlehre, Bergrecht, Volks⸗ wirtschaft usw.).

Es wird darauf hingewiesen, daß außer den Studierenden des Berg⸗ und Hüttenfaches auch Studierende der Mathematik und Naturwissenschaften für sie geeignete Vorlesungen und Uebungen an der Bergakademie belegen können. 8* 8

Clausthal, im Februar 1914.

Der Direktor der Königlichen Bergakademie: Fischer.

Nichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 5. Februar 1914.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten

heute im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von

Lyncker, des Kriegsministers, Generalleutnants von Falkenhayn, des Chefs des Generalstabes der Armee, Generalobersten von Moltke und des Chefs des Ingenieur⸗ und Pianierkorps, Generalleutnants von Claer und machten, wie „W. T. B.“ meldet, dem Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg einen

längeren Besuch.

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenarsitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Justizwesen, für das Landheer und die Festungen und für das Seewesen, die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse für Rechnungs⸗ wesen und für Handel und Verkehr, der Ausschuß für Rechnungs⸗ wesen sowie der Ausschuß für Justizwesen Sitzungen.

Anlage C zur Eisenbahnverkehrsordnung.

28 Grund der Schlußbestimmung in Anlage C zur Eisen⸗ bahnverkehrsordnung hat das Reichseisenbahnamt unterm veeh M. einige Aenderungen der Nummern Ia, II und VI verfügt:

Ia. In den Eingangsbestimmungen A 1. Gruppe a ist die Vor⸗ schrift über die Zusammensetzung des Astralits III geändert und der Sprengstoff „Halokarbonit“ nachgetragen.

II. Für die Gemenge der Ziffer 8a sind die Beförderungs⸗ bedingungen dahin ergänzt worden, daß solche Gemenge, wenn eine Selbsterhitzung durch gehörige Ablagerung ausgeschlossen und dies im Frachtbriefe bescheinigt ist, ohne Beschränkung befördert werden.

VI. Für Lehr⸗ oder Untersuchungszwecke bestimmte menschliche Könperteile, tierische Körper oder Körperteile und Stoffe, die von Menschen oder Tieren herrühren, sind besonderen Sicherheits⸗ vorschriften unterworfen worden.

Das Nähere geht aus der Bekanntmachung in Nr. 3 des

82

Reichsgesetzblatts vom 31. v. Mts. hervor. 8

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. Flußkbt. „Vaterland“ am 2. Februar in Tschingkiang eingetroffen.

Württemberg. 8

Die Kammer hat gestern nach einer Meldung des „W. T. B.“ einen Antrag angenommen, in dem die Re⸗ gierung ersucht wird, im Bundesrat für möglichst baldige Auf⸗ hebung der Fahrkartensteuer einzutreten unter der Voraus⸗ setzung, daß der dadurch entstehende Ausfall ohne Erhöhung der Matrikularbeiträge gedeckt wird. Der Ministerpräsident Dr. von Weizsäcker erklärte, daß er mit diesem Antrage einverstanden sei, da dieser der Regierung eine Stütze bieten werde, wenn dort wieder einmal die Frage der Aufhebung der Fahrkartensteuer zur Sprache käme. Vielleicht werde die fft werden. Einer Erhöhung der

teuer noch einmal Füeschch 1 , Matrikularbeiträge würde sich die Regierung mit aller Ent⸗

iedenheit widersetzen. 5 1 Baden.

Der gestern mittag ausgegebene ärztliche Bericht über das Befinden Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prin⸗ ö] von Baden besagt laut Meldung des

77

Im Befinden Ihrer Kaiserlichen Hoheit bestand heute morgen noch die Besserung wie am Page zuvor; dfch stellten sich im Laufe . 1 9 e

5

Fccüch

ämaa wiozte. o

1 die von neuem ernste Besorgue erweckeiß. 1

chemungen ein,

Rußland.

Der griechische Ministerpräsident Venizelos ist gestern abend von St. Petersburg nach Bukarest abgereist.

Ein Tagesbefehl an das Heer erwähnt, wie „W. T. B.“ meldet, jüngst vorgekommene Ausschreitungen von Offizieren, die einen Mangel an moralischer Einwirkung und Sorgfalt seitens der Kommandierenden und der älteren Kame⸗ raden erkennen ließen. Der Kaiser habe dieser Erscheinung die ernsteste Aufmerksamkeit zugewandt und dem Kriegsminister befohlen, strengste Maßnahmen zu ergreifen, um solchen Aus⸗ schreitungen vorzubeugen. Der Kriegsminister seinerseits lenkt die Aufmerksamkeit der Befehlshaber darauf, daß Mangel in der militärischen Erziehung der Offiziere auf mangelhafte innere Ordnung in dem betreffenden Truppenteil hinweise, dessen Kommandeur seiner Aufgabe nicht gewachsen erscheine.

Der Reichsrat setzte gestern die Beratung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Regelung des Verkaufs von geistigen Getränken, fort. Obiger Quelle zufolge wurde mit 77 gegen 43 Stimmen ein Artikel angenommen, der Müttern und großjährigen weiblichen Familienoberhäuptern Stimmrecht in den Versammlungen von Landgemeinden verleiht, in denen über das Verbot des Verkaufes geistiger Getränke be⸗ stimmt wird.

Italien.

Der Bericht über die Ausgaben anläßlich der Be⸗ setzung Libyens, der Aegäischen Inseln und anläßlich der internationalen Ereignisse, der der Kammer vorgelegt worden ist, führt nach einer Meldung des „W. T. B.“ an, daß sich die Ausgaben auf 1 149 757 564 Lire beliefen. Es entfallen 903 891 638 Lire auf die Cyrenaika und Tripolis, 21 857 809 auf die Besetzung der Aegäischen Inseln, 3 351 123 Lire auf Albanien. Etwa fünfzig Millionen sind an die Verwaltung der türkischen Staatsschuld gemäß dem Vertrage von Lausanne gezahlt worden. 8 161

ö“

Der Präsident der Republik de Arriaga hat einer Mel⸗ dung des „W. T. B.“ zufolge Bernardino Machado mit der Neubildung des Kabinetts beauftragt. Machado hat den Auftrag angenommen.

Gestern abend hat auf Veranlassung von Machado Santos in Lissabon eine Straßenkundgebung stattgefunden. Eine große Menschenmenge, meist aus Arbeitern bestehend, begab sich, obiger Quelle zufolge, unter Vorantragung von Fackeln zum Palast des Präsidenten der Republik, um eine allgemeine Amnestie für die politischen Gefangenen und die Wiedereröffnung der Versammlungsorte der Arbeiterorgani⸗ sationen zu fordern. Der Präsident de Arriaga erklärte einer Abordnung der Demonstranten, daß er ihre Wünsche, die, wie er annehme, die Wünsche des ganzen portugiesischen Volkes seien, der Regierung mitteilen werde. Die Demonstranten vor dem Palast brachen daraufhin in Beifallskundgebungen aus und zerstreuten sich in voller Ordnung, wobei sie abwechselnd

die Internationale und nationale Lieder sangen.

Da die Armenier ein endgültiges Einvernehmen in der Frage der Reformen in Ostanatolien erwarten, konnte, wie „W. T. B.“ meldet, die gestrige Versammlung des Patriarchats⸗ rates keinen Entschluß über die offizielle Teilnahme der Armenier

an den Parlamentswahlen fassen. Das Patriarchat beschloß, 8

an die Pforte eine Note zu richten, worin es über den anti⸗

armenischen Boykott, der in Trapezunt seinen Anfang genommen

haben soll, Klage führt. Rumänien.

Der Kronprinz von Griechenland ist gestern mittag in Bukarest eingetroffen und am Bahnhof vom Thronfolger, den Ministern und dem griechischen Gesandten empfangen worden.

Amerika.

Das amerikanische Repräsentantenhaus hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Einwanderungsbill ange⸗ nommen. Die Bill enthält eine Klausel, die für die Ein⸗ wanderer den Nachweis der Schulbildung vorschreibt, aber alle Amendements über den Ausschluß von Asiaten beseitigt.

Der amerikanische Geschäftsträger in Mexiko O’'Shaug⸗ nessy hat alle Fremden von der Freigabe der Waffen⸗ ausfuhr nach Mexiko durch seine Regierung benachrichtigt; viele Fremden bereiten deshalb ihre Abreise vor. Huerta hat geäußert, er werde O'Shaugnessy seine Pässe aus diesem Anlasse nicht zustellen lassen; die Freigabe des Waffenhandels würde seine Haltung gegenüber den Vereinigten Staaten und den Nordamerikanern in Meriko nicht beeinflussen.

Die Nationalversammlung der Republik Halti ist obiger Quelle zufolge von dem Ständigen Senatskomitee einberufen worden, damit sie zur Wahl eines neuen Prä⸗ sidenten schreite. Es ist jedoch zweifelhaft, ob die Rebellen einen unter den gegenwärtigen Verhältnissen gewählten Prä⸗ sidenten anerkennen werden. 1

Der Präsident von Peru Dr. Billinghurst ist nach Meldungen des „W. T. B.“ von den Aufständischen ge⸗ fangen genommen worden, die unter dem Kommando des Obersten Benavides den Palast des Präsidenten angegriffen hatten. Der Ministerpräsident und Kriegsminister Varela ist in dem heftigen Kampfe, der auf die Eroberung des Palastes folgte, getötet worden. Dr. Auguste Durand, der frühere Führer der Revolutionäre, ist Herr des Palastes. In der Stadt herrscht große Erregung. Die Banken und Läden sind ge⸗ schlossen. Der Präsident Dr. Billinghurst ist nach Callao ge⸗ schafft worden, um von dort außer Landes gebracht zu werden.

Afrika. 86

Das südafrikanische Parlament war gestern stark besetzt und in großer Erregung, als der Minister Sm uts sich erhob, um die Maßnahmen der Regierung anläßlich des Streiks zu verteidigen. Nachdem er drei und eine halbe Stunde gesprochen hatte, hatte er laut Meldung des „W. T. B.“ sichtlich noch nicht die Hälfte seiner Darlegung über den Standpunkt der Regierung erledigt, und es war offenbar, daß weder er noch das Haus weiterhin den An⸗ strengungen einer scharfen Debatte gewachsen waren. Sie wurde daher vertagt. Smuts suchte zu zeigen, daß die Be⸗ wegung in Südafrika von Anfang an bis zum Ende kein gewöhnlicher Streik gewesen sei, sondern eine Verschmwörung von höchst vorgeschrittenem Charakter.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneteun befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Der Reichstag setzte in seiner heutigen (206.) Sitzung, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück bei⸗ wohnte, die Spezialberatung des Etats für das Reichs⸗ amt des Innern und die gestern begonnene Diskussion über die zum Vereinsrecht eingebrachten Resolutionen der Polen, des Zentrums und der Sozialdemokraten fort.

Abg. Dr. Junck (nl.): Die Debatte über das Vereinsgesetz ist eine staändige Einrichtung des Reichstags seit 1908. Bei einem Gesetz, dessen Bedeutung in der Anwendung und Ausführung liegt, ist ja eine parlamentarische Aussprache nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht. Ich habe aber doch den Eindruck, daß die Debatte in diesem Jahre in einem milderen Ton geführt worden ist als in früheren Jahren, bis auf die leidenschaftlichen Ausführungen des Abg. von Laszewski. Wenn nur ein Teil seiner Anführungen richtig gewesen ist, so wäre das zu beklagen; denn gerade in nationalen Fragen ist Ruhe und Würde bei der Ausführung eines Gesetzes unbedingt erforderlich. Zu einer Aufhebung des Sprackenpa agraphen gibt aber die Situation absolut keinen Anlaß. Eine solche Aufhebung würde ein Zarückweichen in der Ostmarkenpolitik bedeuten, und dazu liegt keine Veranlassung vor. Es wäre auch falsch, ein Gesetz, das unter so großen Kämpfen zustande gekommen ist, schon nach wenigen Jahren zu ändern. Wenn die Polen unter sich sind, so werden sie nicht leugnen, daß das Reichsvereinsgesetz weit besser ist als ein etwa von Preußen eingeführtes Vereinsgesetz Der mildere Ton zeigte sich auch in der Rede des Abg. Marx, der freundliche und väterliche Ermahnungen an die Regierung und die ausführenden Behörden gerichtet hat. Es bestand da ein wesentlicher Unterschied zu den früheren Ausführungen des Abg. Gröber. Auch die von dem Abg. Legien angeführten Fälle reichten doch nicht ganz aus zu einer Anklage gegen die bestehende Staats⸗ und Gesellschaftsordnung. Ueber den von ihm angeführten sächsischen Fall braucht man sich nicht aufzuregen. Was die sozial⸗ demokratischen Turnvereine anbetrifft, so gebe ich gern zu, daß, rein turnerisch gesprochen, es keinen sozialdemokratischen Aufschwung gibt, aber darüber, daß die Turnvereine der Sozialdemokraten sozialdemokratische Tendenzen verfolgen, kann doch nicht der geringste Zweifel obwalten. Es handelt sich da im übrigen um Feststellungen des einzelnen Falles. Was die Gewertschaften anlangt, so verkenne ich keineswegs, daß die freien Gewerkschaften auch Tendenzen verfolgen, die mit der Sozial⸗ demokratie an sich nichts zu tun haben, daß sie rein humanitäre Zwecke verfolgen, aber ich verstehe nicht, daß man immer und immer wieder leugnet, daß die freien Gewerkschaften sozialdemokratisch sind, und wenn Bebel einmal gesagt hat, sie seien eine proletarische Massenbewegung, so ist das eben die Sozialdemokratie. Bömelburg hat auf dem Ge⸗ werkschaftskongreß in Cöln gesagt: Sozialdemokratie und Gewerk⸗ schaften sind eins. Jedenfalls ist das Ziel der freien Gewerkschaften ein sozialdemokratisches. „Ich begreife nicht den Mangel an Offen⸗ heit, mit dem man das immer wieder bestreitet. Auch sonst bewegte sich die Debatte in einem anderen Gleis als früher.

(Schluß des Blattes.) 8

der Ka

Nveset

aerügt worden, daß eine Sitzung in Berlin bei Seiten mißbilligt worden.

sundikalistische

ünterscheiden.

Ps sollte allgemein Gebrauch werden,

ler Fall vorgekommen,

kersichert,

In der heutigen (19.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ rdneten, welcher der Justizminister Dr. Beseler bei⸗ lnte wurden zunächst zum Mitglied der Staatsschulden⸗ * mission der Abg. Lucas (nl.) und zu Mitgliedern der vuntistschen Zentralkommission die Abgg. Hoesch (kons.), 8 Friedberg (nl.) und Dr. Ehlers (fortschr. Volksp.)

wiedergewählt. 1 9 Dann setzte das Haus die zweite Beratung des Etats der qustizverwaltung, und zwar die bei dem ersten Titel der nernden Ausgaben, „Gehalt des Ministers“ übliche

düge meine Besprechung, fort.

Abg. Kanzow (fortschr. Volksp.): Wir danken dem Minister füt seine gestrigen Erklärungen. Ich möchte ihn aber um Auskunft dräͤber butten, ob die Erwägungen über die notwendige Abänderung 1 hescierdan abgeschlossen sind. Der jetzige Oberbürgermeister

8 Staatssekretär die Kanzleiordnung für in einen odernen Staat nicht hineingehörend erklärt. Ganz besonders lülecht ist die Lage der Kanzleibeamten, namentlich der Kanzleidkätare und der Kanzlisten. Hier muß auch für die Militär⸗ nwärter etwas getan werden, deren ienstfreudigkeit weiter echalten werden muß, nachdem sie als Soldaten schon so fange Zeit dem Staate treu gedient haben. Die Nacht⸗ arbeit, über die so viel geklagt wird, muß beseitigt werden, ebenso die zeitraubende Kontrolle durch das Silben⸗ und Zeilensystem. Wenn der Betrieb auch dadurch etwas teurer werden sollte, so wird dies doch reichlich aufgewogen durch die Beschleunigung des Geschäftsganges. Auch für das Maschinen⸗ und Heiz⸗ personal muß besser gesorgt werden. Hier wird der ortsübliche Tagerlohn und die ortsübliche Arbeitszeit verlangt. Ein Antrag meiner Parteifreunde verlangt, daß den in den Staatsbetrieben beschäftigten Arbeitern nur unter bestimmten Bedingungen gekündigt werden kann. (Der Redner will auf die Gehaltsverhältnisse ver⸗ schiddener anderer Gerichtsbeamten eingehen, wird aber durch den Präsidenten und durch das Haus wiederholt unterbrochen und darauf aufmerksam gemacht, daß diese Erörterungen der päteren Beratung über das in Aussicht stehende Besoldungs⸗

vorbehalten sind.) Die Zeugnisse der Referendare erden zu schematisch ausgestellt. Die Anstellungsverhält⸗ isse der Assessoren müssen einheitlich geregelt werden. Im Jahre 1905 stellte man in Saarbrücken fünf Assessoren als Land⸗ ichter an. Es muß auffällig erscheinen, daß im Jahre 1909 dort

von Berlin hat a

Meine weitere Auffrischung notwendig war, indem wieder fünf Assessoren

Landrichter wurden. Auch die Heranziehung der Assessoren zu den kollegialen Beratungen muß nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgen. Die Arbeit beim Reichsgericht hat sich ständig vermehrt. Es ist de⸗halb kaum zu verstehen, daß die Anzahl der zugelassenen An⸗ wälte damit nicht Schritt gehalten, sondern sich eher vermindert hat. „Dortmunder Generalanzeiger“ ist ein Artikel erschienen, der die schwersten Beleidigungen gegen den gesamten Anwaltsstand enthielt. Der Erste Staatsanwalt hat die Erhebung der Klage abgelehnt, weil die Hauptverhandlung zu Erörterungen führen könnte, die eine weitere Schädigung des Ansehens des Anwaltsstandes zur Folge haben könnte. Mit anderen Worten: es könnte noch mehr schmutzige Wäsche gewaschen werden, dasden Anwälten abꝛräglich sein könnte. Die empörende Ablehnung ist vom Oberstaatganwalt und vom Justizminister bestätigt worden. Es handelt sich hier nicht um eine Parteisache, und ich hoffe, daß das gesmmte Haus es mißbilligt, daß, weil in einem Stande vielleicht Plemente sind, die Anstoß erregt haben, der ganze Stand nicht in Schutz genommen wird. Die Richter werden fortwährend einer ontrolle unterworfen, die nicht am Platze ist. So ist es z. B. einer Straf⸗ ummer vor Weihnachten ausfiel. Man darf hier nicht schematisch corgehen. Es kommt auf die Verhandlungsfähigkeit der Richter ind nicht auf die Zeit an, wann die Verhandlung statt⸗ ndet. Das Prädikatsexamen ist von großen Zufälligkeiten ab⸗ jinig, es darf also nicht zu viel Wert darauf gelegt werden. Im Falle Knittel ist das Verfahren des Vorsitzenden von allen heiten Der Angeklagte muß in jedem Falle nständig und in vornehmer Weise behandelt werden. ir freuen ns über die Erklärung des Justizministers und stimmen ihm zgarin bei, da eine allgemeine Verfügung nicht notwendig ist. Ee handelt sich um einen Ausnahmefall. Wir haben das Ver⸗ rauen, daß solche Fälle sich nicht wiederholen werden. Wesent⸗ sch ist für mich, daß der Vorsitzende die Gründe des perichts anders verkündet hat, als sie beschlossen waren. Wir haben es hier mit einer gewissen tendenzlösen Art der Ver⸗ ndigung zu tun. Der Vorsitzende wollte wohl zum Ausdruck bringen, saß er mit dem nicht zufrieden war. Der Angeklagte war och ein Ehrenmann, der seinem Rechtsempfinden gefolgt war. Gewiß serdienen Verleumder die schärfste Bestrafung, aber man muß doch swischen einer Verleumdung und einer formellen Beleidigung Knittel hat Ausdrücke gebraucht, die nicht zu er mußte bestraft werden; aber es war doch nicht daß der Staatsanwalt deswegen Gefängnisstrafe beantragte. daß, wie im Kruppprozeß, die Perkündigung der Strafe der Begründung vorausgeschickt wird. Durch einen größeren Wechsel in der Besetzung der Straf⸗ ammern würde eine schematische Beurteilung der Schuldfrage ind eine schematische Bemessung der Strafe vermieden werden. In Berlin besteht diese Praxis, aber leider nicht in anderen hoßen Städten, wie in Breslau. In Berlin⸗Tempelhof ist . daß der Richter zwei Zeugen nicht ge⸗ laubt hat, weil sie erklärten, konfessionslos zu sein. Der bustizminister erklärte in der Kommission, das Gericht könne den keugen glauben, denen es glauben wolle. meine, wenn es uch bedauerlich ist, daß jemand nicht an Gott glaubt, so darf in diesen Leuten doch nicht das Gewissen absprechen. Ein ähn⸗ scher Fall ist in Potsdam vorgekommen, wo der Zeuge erklärte,

an Gott zu glauben. Es ist besser, daß ein Zeuge daß er nach bestem Wissen und Gewissen aussage, z daß er gezwungen wird, den Namen Gottes zu mißbrauchen. krfreulich ist, daß die Justizverwaltung Wert darauf legt, daß die Ferichte in ihren Schristsätzen Fremdwörter vermeiden. Es sollte ber mehr Wert auf ein kiares, gutes Deutsch gelegt werden. Leider ommen sogar in den Erkenntnissen des Kammergerichts Sätze vor, e kein Mensch verstehen kann. (Der Redner verltest einen solchen Satz.) der Minister hat eine Zentralstelle zur Bekämpfung von Schmutz Wort und Bild eingerichtet. Wir begrüßen dies. Auch wir be⸗ impfen den Schmutz in Wort und Bild. Wir müssen uns aber 889 wehren, daß die Vervielfältigung der Abbildung von unstwerken, die das Nackte darstellen, verfolgt wird. Selbst nns Thoma hat sich früher dagegen erklärt. Gewiß muß aan einen Unterschied machen, ob ein Kunstwerk in ge⸗ jlosenem Raum steht oder eine Abbildung desselben auf ostkarten verbreitet wird. In Berlin wird aber sogar e Nachbildung von Bildwerken verfolgt, die auf öffentlichen Ftraßen und Plätzen stehen. Friedrich Wilhelm IV. sagte, als man ch über die Plastiken auf der Berliner Schloßbrücke aufregte: die erliner werden sich daran gewöhnen müssen. Wenn man jedes Kunst⸗ rk, das einen nackten Menschen darstellt, für unzüchtig erklärte, dann irfte man überhaupt kein solches Kunstwerk mehr öffentlich aufstellen. n solches Vorgehen würde uns dem Spott des Auslands aussetzen. uch wir bekämpfen das Lüsterne und Schlüpfrige; aber in den allen, die wir meinen, handelt es sich um die Verbreitung von Ab⸗ dungen wahrer Kunstwerke, um eine keusche Darstellung des Nackten. Sist schon von anderer Seite darauf hingewiesen worden, daß die gend zur gesunden Gewöhnung an das Nackte erzogen werden

Verhindert man die Verbreitung solcher Vervielfältigungen, vschädigt man die Künstler und die Postkartenindustrie selbst e Staatsanwälte müssen von den Anklagen, die sie erheben,

einzelnen Buchhändlern Mitteilung machen, damit diese fIa echt wahren können. Der sächsische Kultusminister hat ürt, er könne nur sein tiefstes Bedauern über die Recht⸗

sligen waren, zichtig,

1

sprechung der Berliner Gerichte aussprechen. Der sächsische Justizminister ist dem Kultusminister beigetreten. Selbst Erzellenz von Bode hat solche Postkarten herstellen lassen; da ist der Staats⸗ anwalt gekommen und hat gesagt, das könne er nicht zulassen. Was soll man dazu sagen? Man soll Kunstwerke, sowohl im Original wie in der Abbildung, ungeschoren lassen.

Hierauf nimmt der Justizminister Dr. Beseler das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaute wiedergegeben werden wird.

(Schluß des Blattes.)

Der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Einziehung staatlicher Schiffahrtsabgaben durch Gemeinden und Private,

ist nebst Begründung dem Hause der Abgeordneten zu⸗ gegangen. Der Gesetzentwurf lautet, wie folgt: 8 8

8

Zur Mitwirkung bei der Erhebung von staatlichen Befabrungs⸗ abgaben nach Maßgabe der von dem zuständigen Minister zu treffenden Anordnungen sind die Gemeinden, deren Gebiet von Wasserläufen berührt wird, für deren Benutzung solche Abgaben erhoben werden, auf Erfordern gegen ein die Erhebungskosten deckendes Entgelt ver⸗ pflichtet. Die Gemeinden sind berechtigt, die Eigentümer von privaten, d. h. nicht im Staats⸗ oder Gemeindeeigentum stehenden Häfen zur Abgabenerhebung unter entsprechender Kostenerstattung heranzuziehen.

Die Vorschriften des ersten Absatzes sind auf Gutsbezirke e sprechend anzuwenden. 8

Ueber die den Gemeinden oder Gutsbezirken und den privaten

Hafeneigentümern zustehende Entschädigung beschließt, sofern keine Ver⸗ ständigung zustande kommt, der Bezirksausschuß, gegen dessen Ent⸗ scheidung die Beschwerde an den Minister der öffentlichen Arbeiten, den Finanzminister und den Minister des Innern zulässig ist.

1 Zur Entrichtung der Abgaben ist der Schiffer verpflichtet. Neben ihm haftet als Gesamtschuldner der Schiffseigner.

§ 4 Dieses Gesetz tritt umü..

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung. u“

In Solingen sind neuerdings vielfach langfristige Arbeits⸗ verträge zwischen Arbeitgebern und Hausgewerbetreibenden zustande gekommen. Hiergegen nehmen jetzt der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ zufolge die Arbeiterorganisationen Stellung, die in den langfristigen Verträgen eine Versicherung der Arbeitgeber gegen Ausstandsgefahr erblicken. Eine vom Deutschen Metall⸗ arbeiterverband einberufene Rasiermesserarbeiterversamm⸗ lung faßte eine Entschließung, in der den Arbeitern untersagt wird, in Zukunft auf längere Dauer abzuschließen, sofern diese ohne Billigung der Ortsverwaltung zustande kommen.

In Lemberg ist, wie „W. T. B.“ meldet, nachdem die Streitig⸗ keiten im Druckereigewerbe beigelegt sind, der Betrieb in den Buch⸗ druckereien wieder aufgenommen worden. (Vgl. Nr. 28 d. Bl.)

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)

Handel und Gewerbe.

In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank führte der Vorsitzende, Präsident des Reichs⸗ bankdirektoriums Havenstein unter Bezugnahme auf die vorliegende Wochenübersicht der Reichsbank folgendes aus:

„Der Ausweis vom 31. Januar zeigt zwar eine ab⸗ solute Inanspruchnahme der Reichsbank, die nicht nur über die des Vorjahres, sondern auch über die aller vorauf⸗ gegangenen Jahre recht beträchtlich hinausgeht. Nicht nur der ungedeckte Notenumlauf ist in der letzten Januar⸗ woche stärker gestiegen, sondern auch die Inanspruchnahme auf Wechsel⸗ und Lombardkonto, abzüglich der Privatgut⸗ haben, ist sehr viel größer als in irgend einem der Vor⸗ jahre. Die Privatguthaben, die sich im ganzen Laufe des Januar stark über die des Vorjahres erhoben, hatten und diese am 23. Januar um fast 150 Millionen Mark überstiegen, sind wieder unter den Stand des Vorjahres gesunken. Indes liegt der bestimmende Grund hierfür offensichtlich in den am 31. Januar erfolgten Einzahlungen auf die Preußischen Anleihen, und der Zwischenausweis vom 3. Februar zeigt bereits wieder eine Besserung, wenn auch ein sicherer Vergleich mit dem Vorjahre hier nicht möglich ist, weil damals der 1. Februar auf einen Sonnabend, in diesem Jahre auf einen Sonntag fiel. Sieht man von dem außerordentlichen Einfluß der Anleiheeinzahlungen ab, so ist der Ausweis befriedigend. Auch die Verhältnisse des heimischen und der inter⸗ nationalen Geldmärkte haben sich günstig entwickelt. Die Geldflüssigkeit in Deutschland hat weiter zugenommen. Der Privatdiskont hat sich mit einigen Schwankungen auf 3 Prozent gehalten. Auf den internationalen Märkten hat sich die Entspannung fortgesetzt. Der Privatsatz in London ist erheblich unter den deutschen gesunken, in Paris steht er nur wenig höher als bei uns. Auch die Devisenkurse sind überwiegend günstig, im übrigen nicht bedenklich. Das Reichsbankdirektorium hält bei dieser Lage der Dinge eine Ermäßigung des Banksatzes um ½ Prozent für an⸗ gezeigt.“

Der Zentralausschuß stimmte diesen Ausführungen bei. Schließlich wurde noch eine Stadtanleihe zur Beleihung im Lombardverkehr zugelassen.

(Weitere Nachrichten über „Handel u. Gewerbe“ s. i. d. Zweiten Beilage.) 9

Kunst und Wissenschaft. 8

A. F. Die archäologische Gesellschaft hielt am vergangenen Dienstag in der Singakademie ihre Fehrnarsthung zu der die Kaiser⸗ lichen und Königlichen Majestäten erschienen waren. Den ersten Vortrag hielt der Professor Dr. W Dörpfeld über seine auf der Insel Korfu, bekanntlich unter eifriger Teilnahme Seiner Majestät des Kaisers, ausgeführten Ausgrabungen, die zu einem Teil noch zu beenden sind. Ueber die Vorgeschichte dieser Ausgrabungen ist zu bemerken, daß vor wenigen Jahren erst bei landwirtschaftlichen Arbeiten ein Landmann auf dieser größten der ionischen Inseln auf einen alten Baurest stieß, den Teil eines Reliefs. Die griechische Regie⸗ rung gab die Erlaubnis zu Ausgrabungen, die man nun veranstaltete und mit deren Leitung der Kaiser den Archäologen, Professor Dr. Dörpfeld betraute. Wie einleitend erwähnt, sind diese Arbeiten nahezu vollendet, sodaß es dem Professor Dr. Dörpfeld möglich war, an eine zusammenhängende Darstellung des Geleisteten zu gehen und diese Mitteilungen durch zahlreiche Lichtbilder zu ergänzen.

Der Vortragende begann mit einem Dank gegen Ihre Majestäten für Ihr Erscheinen sowie für das oft bewährte Interesse des Monarchen an archäologischer Wissenschaft und Forschung, das wesentlich zu den erfreulichen Erfolgen beigetragen habe, die deutsche Arbeit auf diesem Gebiete in den verschiedensten Teilen der

Welt, am Nil sowohl wie am Euphrat, errungen hat. Darauf folgte ein ausführlicher Bericht über die bisher geförderten Ergebnisse der Ausgrabungen bei Garitza, einer Vorstadt von Korfu. Die Grabungen haben zunächst noch die anfänglichen Hoffnungen nicht erfüllt; denn es stellte sich leider beraus, daß der Tempel, von dem die zuerst gefundenen Teile eines Relieffrieses stammen, in späteren Jahr⸗ hunderten zerstört worden ist. Es waren Steine gebraucht worden, und wie das in barbarischen Zeiten so oft geschehen ist, hatte man dem Bedarf einfach aus den Quadern des alten Tempels abgeholfen. Das be⸗ treffende Material steckt zum Teil wohl in den mittelalterlichen Be⸗ festigungen, die man um Korfu anlegte. An Ort und Stelle gefunden hat man in Garitza nur noch wenige Teilstücke der Fundamente. Dennoch ist es gelungen, mit Hilfe reichlicher vorgefundener Teile des Ober⸗ baues mindestens die Umrisse und die Ausdehnung des ganzen Tempel⸗ baues zu rekonstruieren. Es scheint sich danach um einen sehr um⸗ fangreichen Bau gehandelt zu haben. Da jedoch zuvörderst nur der oberste Teil bloßgelegt ist, so steht zu hoffen, daß die im Frühjahr neu zu eröffnenden weiteren Grabungen noch manches für die Alter⸗ tumswissenschaft zutage fördern werden. Eine gepflasterte Straße verband den Tempel mit einem Brandopferaltar, über dem später eines der Häuser eines christlichen Klosters stand. Man hat dies baufällig gewordene Haus entfernt und den Altar freigelegt; doch konnte bisher nicht festgestellt werden, welcher griechischen Gottheit sowohl der Tempel wie der Altar eigentlich geweiht waren. Jedenfalls dürfte der Tempel einer der ältesten sein, die wir bisher aus Griechenland kennen. Von dem Tempel von Garitza wurden die Ausgrabungsarbeiten dann zum Tempel von Kardaki verlegt. Er liegt auf dem Gelände der Kaiserlichen Villa und war als Tempelruine schon bekannt. Nur war er später bei un⸗ genügendem Interesse an seiner Erhaltung wieder verschüttet worden. Professor Dörpfeld hat bei seinen Untersuchungen die Frage natürlich nahe gelegen, die ja keineswegs bisher schon erschöpfend beantwortet worden ist: Ist die Insel Korfu als die Insel der Phäaken anzu⸗ sehen? Diese Frage bejaht der Vortragende, und er ist so erfüllt von der Richtigkeit seiner Feststellungen, daß er seinen Beweis der Wahrscheinlich⸗ keit mit Begeisterung führt. Die Stadt der Phäaken müsse im Nord⸗ westen der Insel Korfu gelegen haben. Dort sind vorhistorische Bauwerke und Scherben in Menge gefunden worden. Die Angaben des Homer hält Dörpfeld durchaus auf Korfu für zutreffend. Ja selbst das versteinerte Phäakenschiff sei in Gestalt einer Meeresklippe vorhanden, einer Klippe, welche die Form eines Schiffes in solcher Deutlichkeit vortäuscht, daß Dörpfeld sie einst selber für ein Segelschiff ange⸗ sehen hatte. So sprach denn der Redner zum Schluß seines mit Beifall aufgenommenen Vortrags die Hoffnung aus, es werde gelingen, für die „homerische Frage“ noch höchst bedeutsame Aufschlüsse durch die Kaiserlichen Ausgrabungen auf Korfu zu gewinnen.

Im Anschluß an obige Mitteilungen erhielt die Versammlung durch den Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Löschke in einem zweiten Vortrage noch wertvolle Erläuterungen. Der Redner hatte sich vorgesetzt, über den Gorgogiebel vom Tempel zu Garitza, den er aufs eingehendste in allen Teilen untersucht hatte, noch ausführliche emytho⸗ logische und kunstgeschichtliche Deutungen zu geben. Nach Ansicht des Vortragenden liegt ein Erzeugnis der ältesten peloponnesischen Kunst vor, von der wir noch recht wenig wissen. Die einzelnen mytho⸗ logischen Deutungen trug der Redner in einer Weise vor, die all⸗ als besonders reizvoll begrüßt wurde. Auch Professor Dr.

öschke schloß mit einem Dank an Seine Majestät, der danach beide Gelehrte in Seiner Loge noch in eine Unterhaltung zog

Wohlfahrtspflege.

Heute nacht entschlief infolge eines Schlaganfalls Frau Elise Wenteel in fast vollendetem 81. Lebensjahre. Tochter des bekannten Berliner Großindustriellen Carl Justus Heckmann und Witwe des feinsinnigen Architekten, Baurat Hermann Wentzel hat die Verstorbene in ungewöhnlichem Maße humanitäre, wissen⸗ schaftliche und künstlerische Interessen gefördert. Es sei vor allem an ihre große Stiftung für die Akademie der Wissenschaften, an die reichen Zuwendungen für die Kaiser⸗ Wilhelm⸗Gesellschaft, für das Pestalozzi⸗Fröbel⸗Haus, den Jung⸗ Deutschland⸗Bund, den Berliner Krippenverein, die deutsche Schule in Athen erinnert. Die Verstorbene war Ehrenmitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Ihre Verdienste waren auch von Seiner Majestät durch die Verleihung des Wilhelmsordens und des Luisenordens anerkannt worden.

Der Samariterverein vom Roten Kreuz Berlin wird demnächst wieder für Damen einen Kursus in Krankenpflege abhalten lassen. Der Kursus beginnt am 10. Februar und findet an 10 Tagen, Dienstags und Freitags, Abends von 8 bis 9 Uhr, in dem „Kaiserin Friedrich⸗Hause für das ärztliche Fortbildungswesen“, Berlin NW. 6, Luisenplatz 2/4 (am Neuen Tor), statt. Da in dem Kursus vorzugsweise Wert auf die Ausbildung in der ersten Hilfe⸗ leistung bei Unglücksfällen und bei Erkrankungen gelegt wird, so bietet er u. a. besonderes Interesse für Mütter, Lehrerinnen, Erzieherinnen, weibliche Angestellte kaufmännischer Betriebe usw. Den Teilnehmerinnen werden auf Wunsch über den Besuch Bescheinigungen ausgestellt. An diesen Kursus wird sich ein Kursus für Gesundheitspflege anschließen. Die Damen, die sich für die freiwillige Kriegskrankenpf lege zu Helferinnen oder Hilfsschwestern vom Roten Kreuz ausbilden lassen wollen, erhalten denjenigen weiteren Unterricht, der den vom Zentral⸗ komitee des Preußischen Landesvereins vom Roten Kreuz darüber aus⸗ gegebenen Bestimmungen vom 2. Juli 1908 entspricht. Insbesonder werden für sie nach Abschluß der theoretischen Ausbildung unentgeltli Uebungskurse in den Verbandstätten des Kuratoriums der Berline Unfallstationen vom Roten Kreuz abgehalten. Auch wird ihnen im Garnisonlazarett in Berlin oder Tempelhof, im Augusta⸗Hospital i Berlin (Scharnhorststraße), in Krankenhäusern und an sonstigen ge eigneten Stellen Gelegenheit zu weiterer praktischer Ausbildung ge geben werden. Anmeldungen zu dem am 10. Februar d. J. be ginnenden Kursus für Krankenpflege, für den der Kostenbeitrag au 4 festgesetzt ist, sind an den Vorstand des Samaritervereins vom Roten Kreuz, Berlin W. 10, Königin Augusta⸗Straße 26, zu richten und gelten als berücksichtigt, wenn keine ablehnende Antwort erfolgt.

Aus dem Geschäftsbericht der Gesellschaft zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit für das Jahr 1913 ist hervorzuheben, daß ihre Mitgliederzahl zurzeit 139 beträgt. Die Handels⸗ und Industrie⸗ kreise stehen ihr noch fern, aber auch die mittleren und kleineren 6 Städte nehmen an ihren Arbeiten wenig direkten Anteil. Von deutschen Großstädten haben 29 die Mitgliedschaft erworben. An besonderen Schriften hat die Gesellschaft herausgegeben: 1) „Vergebung der öffentlichen Arbeiten in Deutschland“, 2) „Der gegenwärtige Stand der Arbeitslosenfürsorge und Versicherung in Deutschland“. Des weiteren hat sie eine Eingabe an den Reichstag anläßlich der Kommissionsberatung über die gesetzliche Regelung des Submissions⸗ wesens gerichtet mit dem Anheimstellen, bei Vergebung öffent⸗ licher Arbeiten weitestgehende Rücksicht auf die Arbeitsmarktlage zu nehmen. Schließlich hat sie es nicht unterlassen, alle Staats⸗ und größeren Gemeindeverwaltungen auf die zunehmende Verschlechterung des Arbeitsmarktes im vergangenen Jahre hin⸗ zuweisen und die Inangriffnahme öffentlicher Arbeiten anzuregen. Anläßlich der ausgebreiteten Tätigkeit des Verbandes hat der Vorstand beschlossen, bei der Budgetkommission um Einsetzung einer Beihilfe von 3000 in den Etat vorstellig zu werden. In Aussicht ge⸗ nommen wird die Abhaltung einer Versammlung zur Beratung über „verschiedene Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“, die mit der diesjährigen Tagung des Verbandes deutscher Arbeitsnachweise verbunden werden soll. Eine Eingabe an den Reichstag über die öbee der Ausgestaltung des Arbeitsnachweises wird vor⸗ e 9

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