1914 / 32 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

hoet frei von Hafengeld und franko an Lond im Hafen Rottekaai zu erfolgen. Der schweselsaure Ammoniak darf auch franko Station Rilland⸗Bath erfolgen. Angehote sind vor dem 11. Februar 1914,

Vormittags 11 Uhr, an den genannten Direktor zu richten.

Kreta.

Die Stadtverwaltung in Candia schreibt in der Amtszeitung vom 28. Dezember 1913/10. Januar 1914 die Herstellung der schon früher projektierten Hafenarbeiten aus, die mit 3 588 242 Fr. ver⸗ anschlagt sind. Laut Artikel 3 der Bekanntmachung sind die Offerten bis zum 15./28. April d. J. einzureichen. Ein Exemplar der Aus⸗ schreibung befindet sich beim „Reichsanzeiger“. 1

Theater und Musik.

Morgen, Sonnabend, findet im Königlichen Opernhause eine Aufführung von Richard Strauß' „Rosenkavalier“ unter der Leitung des Komponisten statt. In den Hauptvartien sind die Damen Denera, Hafgren⸗Waag, Alfermann, von Scheele⸗Müller und Rothauser sowie die Herren Bohnen, Wiedemann, Henke, Krasa, Habich, Sommer und Philipp beschäftigt.

Morgen geht im Königlichen Schauspielhause Schillers

Drama „Don Carlos“ in Szene. Die Titelrolle spielt Herr Geisen⸗ dörfer, den König Philipp Herr Sommerstorff, den Posa Herr Mühl⸗ hofer. Die Prinzessin Eboli wird zum ersten Male Fräulein Schön⸗ feld spielen; die Königin svielt Fräulein Ressel. Die Marie Seebach⸗Schule des Königlichen Schau⸗ spielhauses beginnt am 1. April einen neuen Kursus, zu dem im März die Aufnahmeprüfung stattfindet. Die Marie Seebach⸗Schule bezweckt, besonders begabte Herren und Damen unentgeltlich zum Schauspielerberufe heranzubilden. Anmeldungen sind bis zum 20. d. Mts. an das Direktorium der Marie Seebach⸗Schule des König⸗ lichen Schauspielhauses in Berlin W. 8 zu richten.

Der Königliche Hof⸗ und Domchor veranstaltet im Dom am Dienstag, den 10. Februar, Abends 8 Uhr, ein Konzert, in dem nur Werke lebender Komponisten aufgeführt werden, u. a. von Rüfer, Koeßler, Bumcke, Schwers, von Baußnern, Kaun, Arnold

Mendelsohn, Ebel, Merkel und Senftleben. Mitwirkende sind die

Konzertsängerin Frau Dahlke⸗Kappes, der Königaliche Konzertmeister

L. Premyslaw und der Königliche Musikdirektor Irrgang. Eintritts⸗ karten sind bei Bote u. Bock, A. Wertheim und in der Domküsterei

(Portal XI) zu haben.

In der Paul Gerhardt⸗Kirche in Berlin⸗Schöneberg, Han Freg, findet am Dienstag, den 10. Februar, 8 ½ Uhr Abends, zum Besten des Jugendheims und des Soloatenheims

in Schöneberg eine Aufführung von Seb. Bachs Kantate:

„Ich hatte viel Bekümmernis“ unter der Leitung von Professor Egidi statt. Die Soli sind durch Helene Wich⸗

nann⸗Vogt (Sopran), Kurt Langner (Tenor), Dr. Hans Joachim Möser (Baß), Königlichen Kammermusiker Höhne (Trompete), A. W. Leupold (Orgel) vertreten. Der Chor der Paul Gerhardt⸗

Kirche und . des Blüthnerorchesters vervollständigen den Klangkörper. Eintrittskarten zu 0,50 (Schlff), 1 ( Empore), 1,50 (Altarraum) sind im Vorverkauf in den Pfarrhäusern und

Küstereien der Paul⸗Gerhardt⸗, Apostel⸗Paulus⸗, Königin Luise⸗

Gedächtnis⸗ und Heilsbronnen⸗Gemeinde, in der Expedition des

„Schöneberger⸗Tageblattes“ (Hauptstraße 150) sowie bei den Herren

G (Hauptstraße 140) und Ißberner (Hauptstraße 130),

in der Zweiten Beilage.

188

Mannigfaltiges. Berlin, 6. Februar 1913.

Ihre Majestät die Kaiserin und Königin beehrte

T. B.“ zufolge gestern nachmittag die zum Besten der unter dem rotektorat Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Frau Kron⸗ rinzessin stehenden„Cecilienhilfe“ in dem Hause der Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk A.⸗G., Bellevpuestraße 5 a, ver⸗ anstalteten BZlumenausstellung „Der Strauß“ mit ihrem Besuche. Unter den mehr als 50, ausschließlich von Damen der Gesellschaft in teilweise sehr eigenartiger Weise und stets mit großem Geschick und

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8. *

Geschmack ausgeschmückten Räumen erregten die von Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Frau Kronprinzessin und die von Ihren König⸗ lichen Hoheiten den Prinzessinnen Eitel Friedrich, August Wilhelm und Friedrich Leopold selbst geschmückten Zimmer das ganz besondere Interesse der hohen Frau. Die Ausstellung hatte bisher einen sehr regen Besuch aufzuweisen. Die gesamte Einnahme aus den Eintrittsgeldern kommt der unter dem Protektorat Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Frau Kronprinzessin stehenden „Cecilienhilfe“ zu gute, und um dieses wohltätigen Zweckes wegen ist der Veranstaltung ein voller Erfolg zu wünschen.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten, die der Vorsteher Michelet mit einem ehrenden Nachruf für den verstorbenen Geheimen Sanitätsrat Dr. Körte einleitete, erfolgte die Wahl zweier unbesoldeter Stadträte an Stelle der mit dem Ende des vergangenen Jahres ausgeschiedenen Stadträte Gehricke und Marg⸗ graff. Gewählt wurden der Stadtv. Reimann und der Kom⸗ merzienrat Arthur Francke. Zur Kenntnisnahme übersandte der Magistrat der Versammlung eine Vorlage, betreffend die Eingabe, die er in Sachen der Abänderung der Klassenzählung der Berliner Gemeindeschulen in dem neuen Grundlehplan gemacht hat, und die Antwort, die darauf seitens des Ministers der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten erfolgt ist. In der Aussprache über die Vorlage ging der Stadtschulrat Dr. Fischer näher auf die Mittel und Wege ein, die Gefahren, die nach der Meinung der Versammlung durch die Maßregel der Reglerung dem Berliner Volksschulwesen drohen, abzuwenden. Die übrigen Gegen⸗ stände der Tagesordnung wurden rasch und ohne weitere Erörterung erledigt. Auf die öffentliche folgte eine geheime Sitzung.

Auf der Treptower Sternwarte finden folgende wissen⸗ schaftliche kinematographische Vorträge statt: Morgen, Abends 7 Uhr: „Europälsche und exotische Jagden“; Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: „Das bayrische Hochland“ und „Wintermärchen“, 5 Uhr: „Mit Schnellzug und Ozeandampfer von Berlin über Bremen nach New York“, Abends 7 Uhr: „Europälsche und exotische Jagden“; Montag, Abends 8 ½ Uhr: „Mit Schnellzug und Ozeandampfer von Berlin über Bremen nach New York“. Am Dienstag, den 10. Februar, Abends 8 ½ Uhr, spricht der Direktor Dr. F. S. Archenhold über: „Die Beschaffenheit der Sonne“ unter Vorführung zahlreicher Licht⸗ bilder. Mit dem großen Fernrohr werden der Mond und der „Saturn“ beobachtet.

8 8

Königsberg i. Pr., 5. Februar. (W. T. B.) Die milde, mit Niederschlägen verbundene Witterung der letzten Tage hat in dem Flußgebiete des Memel und seiner Zuflüsse von neuem Hoch⸗ wasser hervorgerufen, das nach den vorliegenden Nachrichten namentlich in den Kreisen Memel und Heydekrug ürhn Umfang angenommen und viel Schaden verursacht hat. Mehrfach wird über Eisverstopfungen in den Fluß⸗ läufen berichtet, die den Abfluß des Wassers verhindern, so daß dieses Wiesen und Felder in weitem Umkreise überflutet hat und in die Häuser der Anlieger eingedrungen ist. Eisbrecher sind tätig, um die Stopfungen zu beseitigen. Die Wintersaaten in den betroffenen Gebieten dürften zum Teil vernichtet worden sein. Auch aus anderen Gebieten der Niederung werden Ueberschwemmungen gemeldet. Man rechnet jedoch mit einem baldigen Fallen des Wassers.

Liegnitz, 6. Februar. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Der Personenzug 924 überfuhr heute früh zwischen Neuhof und Liegnitz das Fuhrwerk des Stellenbesitzers Börner⸗Kummernick mit drei Insassen. Dabei wurde eine Person getötet, zwei schwer verletzt. Der Personenzug nahm die Verletzten auf und biachte sie nach Liegnitz. Dort ist inzwischen im Krankenhaus der Führer des Gefährtes gestorben. Das Unglück ist darauf zurückzuführen, daß die Schranke nicht geschlossen war und dichter Nebel herrschte.

Schleswig, 6. Februar. (W. T. B.) Aus Anlaß der Gedenkfeier zur Erinnerung an die vor 50 Jahren erfolgte Befreiung der Stadt von dänischer Herrschaft prangt Schleswig in prächtigem Blumen⸗ und Flaggenschmuck. Es sind gestern etwa 20 Abordnungen preußischer und österreichischer Regi⸗ menter eingetroffen und festlich empfangen worden. Der Zuzug der

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonn⸗ abend: Opernhaus. 26. Abonnementsvor⸗ 2 * stellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind auf⸗ E’ gehoben. Der Rosenkavalier. Komödie für Musik in drei Akten von Hugo von Hofmannsthal. Musik von Richard Strauß. Musikalische Leitung: Herr Generalmusikdirektor Dr. Strauß. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Anfang 7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 38. Abonnementsvor⸗ stellung. Don Carlos, Infant von Spanien. Ein dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen von Friedrich von Schiller.

Montag: König Lear.

Schippel. Sonntag: Der Snob.

Dr. Bruck. Anfang 7 Uhr. Sonntag: Opernhaus. mentsvorstellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Ein Maskenball. Oper in drei Akten. Musik von Giuseppe Verdi. Anfang

7 ½ Uhr.

Schauspielhaus. 39. Abonnements vor⸗ stellung. Dienst⸗ und Freiplätze sind auf⸗ ehoben. Der Schlagbaum. Volks⸗ ustspiel in drei Aufzügen von Heinrich Lee. Anfang 7 ½ Uhr.

Berliner Theater. Sonnab., Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai. Posse mit Gesang und Tanz in vier Bildern von Bernauer und Schanzer. 6

Sonntag, Nachmittags 3Uhr: Bummel⸗ Brücke. studenten. Abends: Wie einst im Wer Mai. mit Gesang

Montag und folgende Tage: einst im Mai.

27. Abonne⸗

musik.

Abends 8 Uhr:

fessor Bernhardi. malion.

Musik von Leon Jessel. Sonntag, Nachmittaags

Theater in der Königgrützer Preise) und Abends 8 Uhr: Wer zuletzt blut.

Straße. Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: 18,h.1 König Richard III. Ein Trauerspiel zuletzt lachtü.. in 5 Aufzügen von William Shakespeare. Sonntag: König Richard III. Moöontag: Hinter Mauern.

zietät). in vier

dem Zoologischen Garten.) Sonnabend, Nachmittags 3 ½ Uhr: Mondfahrt. Abends 7 ½ Zum ersten Male: Komödie in 3 Akten von Hermann Bahr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das

Deutsches Theater. (Direktion: Max Gutzkow. Abends 8 Uhr: Weh dem,

Reinhardt.) Sonnabend, Abends 7 ½ Uhr: Shakespeare⸗Zyklus: Der Kaufmann

Sonntag: Romen und Julia.

Kammerspiele. Sonnabend, Abends 8 Uhr:

Montag: Mein Freund Teddy.

Komädienhaus. Sonnabend, Abends t v Fea 8 Uhr: Kammermusik. Lustspiel in drei ens. 8seit don Herm Regisseur Akten von Heinrich Ilgenstein. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Film⸗ (Gewöhnliche Preise.) zauber. Abends: Kammermusik.

Montag und folgende Tage:

mittags 3 ½ Uhr: Der Erbförster. Simson. drei Akten von Frank Wedekind.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Pro⸗ dbends P botene Stadt.

Theater an der Weidendammer Zoologischer Garten. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Sonnabend, Abends 8 Uhr: Poleublut.

zuletzt 18 und Tanz Wie Lippschitz und A. Bernstein⸗Sawersky. liebe Augustin. Abends 8 Uhr:

Montag und folgende Tage:

8 D¶Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Ge⸗ t . Pr eäxnh schaft ist Geschäf 1 Ses 24. Montag und folgende Tage: Prinzesz

montag. Das Phantom. Montag: Was ihr wollt.

Charlottenburg. Sonnabend, Nach⸗ Sonnabend, Abends 8 Uhr: Die spanische Prinzip. Abends: Das Phautom. mittags 3 ½ Uhr: Zopf und Schwert. Fliege. Schwank in drei Akten von Montag: Der Bogen des Odysseus. Lustspiel in fünf Aufzügen von Karl Franz und Ernst Bach.

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der lügt! Lustspiel in fünf Aufzügen Fliege.

von Franz Grillparzer. Sonntag. Nachmittags 3 Uhr: An⸗

Leonoren. Montag: Herodes und Mariamne.

Deutsches Opernhans. lottenburg,

Bür er

Abends 8 Uhr: Undine. Romantisch⸗ Lortzing. Sonntag, lustigen Weiber von Windsor. Abends: Parsifal. Montag: Parfifal. 8

Montis Operettentheater.

der

rüher: Schönfeld.)

Granichstaedten. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Fledermaus. Abends:

Montag und folgende Tage: verbotene Stadt.

Tragödie in Die

Die

Theater des Westens. (Station: Kantstraße 12.)

: Posse Operette in drei Akten von Oskar Nedbal. Hochzeit.

von Arthur „Sonntag, Nachmittags 37 Uhr: Der Hochzeit

Sonntag, Nachmittags 3 ½¼ Uhr: Hof⸗ Abends:

. Montag und folgende dreas Hofer. Abends: Die beiden spanische Fliege.

1 . Hoheit der Franz! Nachmittags 3 Uhr: Die Mete, un ee- Tage: Hoheit 1914.

Frauz!

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Sonnabend, Abends 8 Uhr: Seä 889 äöö Moffe mit Ge⸗ p 8 nabend, r: Die verbotene Stadt. Operette sang und Tanz in drei Akten von Jean Lessingtheater. Sonnabend, Nach in drei Akten von Karl Lindau und Bruno Kren und Curt Kraatz. 8 von Alfred Schönfeld. Zum Montag und folgende Die ver⸗ Tangoprinzessin.

Trinnonthenter. (Georgenstr., nahe esas wegagen Bahnhof Friedrichstr.) Sonnabend, Abends 8 v Anasasas F 18

onntag, Nachmittags r: Die 18 Liebe wacht. Verlobt:

Montag und folgende Tage: Auatoles

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Festteilnehmer von nah und fern war ang 99— Die Militzr. abordnungen waren gestern mittag Gäste des Offizierkorps des Husarenregiments Kaiser Franz Joseph von Oesterreich (Schleswig⸗ es) Nr. 16. Der heutige zweite Tag der Gederg. eier wurde durch ein Wecken, ausscfücet vom Infanterie⸗ regiment von Manstein Schleswig e Nr. 8, . geleitet. Um 10 Uhr ormittags egann im Dom ein Festgottesdienst unter Mitwirkung des Schleswiger Dom⸗

ors. Die Festpredigt hielt der Propst Stoltenhberg. Zu der kirch⸗ lichen Feier wurden alle hier anwesenden österreichischen und deutschen Kriegsveteranen des Feldzugs von 1864 in geschmückten Wagen von ihren Wohnungen abgeholt. Dichte Menschenmassen hielten die zum Dom führenden Straßen besetzt. Der Zustrom auswärtiger Fest⸗ teilnehmer hat heute früh erneut eingesetzt.

Frankfurt a. M., 6. (W. T. B.) Heute srüh fuhren im Hauptbahnhof die beiden Abteilungen des Luxus⸗ zuges Ventimiglia Frankfurt Berlin beim Rangieren aufeinander. Drei Reisende wurden leicht verletzt und mehrere Wagen schwer beschädigt. Die Reisenden benutzten zut Weiterreise den Zug um 8 Uhr 23 Min.

Wien, 6. Februar. (W. T. B.) Anläßlich des Gedenk⸗ tages der Schlacht bei Oewersee fand heute vormittag in der Votipkirche ein feierlicher Gottesdienst statt in Anwesen⸗ heit des Landesverteidigungsministers Freiherrn von Georgi, des Stadtkommandanten, des deutschen Militärattachés Grafen von Kagenedh und des Grafen Stockau, der die Schlacht mitgemacht hat, ferner der Offiziere jener Regimenter und Bataillone, welche die 2. Und die schwarzgelbe Brigade bildeten, schließlich vieler alter Kämpfer des schleswig⸗holsteinischen Feldzuges.

Versailles, 5. Februar. (W. T. B.) Der Flieger Reals, der heute nachmittag auf einem Doppeldecker über dem Flugplatz Villacoublay Flugversuche machte, ist aus 200 m Höhe ab⸗ gestürzt. Die Leiche des Fliegers war schrecklich verstümmelt.

Bukarest, 5. Februar. (W. T. B.) In Filipesci bei Moreni, wo große Mengen von Petroleum gewonnen werden, er⸗ folgte heute plötzlich ein Ausbruch stark salzhaltigen, E Wassers. Das Wasser sprudelte unter gewaltigem, n einem Umkreise von 10 km vernehmbaren Getöse zu bedeutender Höhe empor. Rings um die Mündung dieses Geisers hat sich eine etwa 500 m breite Salzkruste abgelagert.

Bombay, 6. Februar. (W. T. B.) In einer in einem hiesigen Basar befindlichen Zuckerbäckerei brach ein Brand aus. Von den in den oberen Stockwerken des Gebäudes anwesenden Menschen, etwa hundert an der Zahl, gelang es nur wenigen, über die brennende Treppe zu entkommen. Die meisten retteten sich durch Sprung aus dem fünften Stockwerk auf das gegenüberliegende Haus. Acht Per⸗ sonen verbrannten.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Karlsruhe, 6. Februar. (W. T. 8) Die Besserung im h Ihrer Kaiserlichen Hoheit der Prin⸗ zessin? ilhelm von Baden schreitet langsam fort. Die Prinzessin hat die Nacht gut verbracht.

Ham burg, 6. Februar. (W. T. B.) Der Keaiserliche Gesandte in Mexiko hat den am 5. Februar in Puerto Mexiko eingetroffenen Dampfer der Hamburg⸗Amerika⸗Linie „Ypiranga“ für die Aufnahme oder Wegschaffung der in Tampico an⸗ sässigen Deutschen requiriert, da die Stadt von Rebellen bedroht und eine Blatternepidemie ausgebrochen ist.

Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Alindworth · Scharwenka·Saal. spanische Sonnabend, Abends 8 Uhr: Klavier⸗ Die abend von Lucie Caffaret.

Die Tage: Choralion-Sual. Sonnab., Abends

Residenztheater. Sonnabend, Abends Sn Klavierabend von Genevieve

(Char⸗ 8 Uhr: Hoheit der Franz! Musfi⸗ Bismarck⸗Straße 34— 37. kalische Groteske in drei Akten von Artur

Direktion: Georg Hartmann.) Sonnabend, d nd Wili Wolff. Musik

ehelly.

Birkus Schumann. Sonnab., Abends 7 ½ Uhr: Große Galavorstellung.

komische Oper in vier Akten von Albert 11““ Vorzügliches Programm. Zum

S1ng: „Tipp“, der Derby⸗Favorit

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr und Abends 7 ½ Uhr: 2 große Galavor⸗ stellungen. In beiden Vorstellungen: das große Spezialitätenprogramm.

Birkus Busch. Sonnabend, Abende 7 ½ Uhr: Große Galavorstellung. Auftreten sämtlicher Spezialitäten.

m Schluß: Die G Prunk⸗ Tage: Die pantomime: Pompeji.

Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr und

Abends 7 ½ Uhr: 2 große Vorstellungen.

—õõü Familiennachrichten.

rl. Clementine Noltenius mit Hrn. Sigfried von Seydlitz⸗Kurzbach (Bremen Farm Schönfeld, Post Oma⸗ ruru, Deutsch Südwestafrika).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Haupt⸗

Gesangstexte

Abends: Anatoles

Polenblut.

Uhr (halbe „Montag und folgende Tage: Polen⸗

Theater am Nollendorfplatz. Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Die Schiffbrüchigen. Abends 8 Uhr:

Wer

Schillertheater. o. (Wallner⸗ Prinseß Sesh Hperettbe drei Akten von e ˖-— theater.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Mufik von Beserich her Rohzt 1 Deutsches Künstlertheater (So⸗ Die Stützen der Gesellschaft. Schau⸗

Mu spiel Aufzügen von Henrik (Nürnbergerstr. 70/71, gegenüber Ibsen. Deutsch von Wilbelm Lange. schöne Helena Abends: Prinzeß

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die Gretl. Gretl.

Lustspielhaus. (Frtedrichstraße 236.)

Konzerte.

Singakademie. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Konzert von Oliver Denton (Klavier) mit dem Philharmonischen 28

Dirigent: Cami

Bechstein ⸗Saal. Sonnabend, Abends 8 Uhr: 2. Abend von Gwendolyn und Arthur Williams. Klavier⸗ und Violoncellosonaten.

Fiae Sonnabend, Abends 8 Uhr; Letztes Konzert von Ja

Heifetz (Violine). Am vrcvin. Jadae demar Liachowsky

mann Ursin von Behr (Cöln). Gestorben: Hr. Sanitätsrat Dr. Carl Wollheim (Charlottenburg). Hr. Rudolf von Normann⸗Schurow (Schurow). Gertrud Gräfin von der Groeben, geb. von Blanckenburg (Berlin).

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Verlag der Expedition (Heidrich)

in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32

Neun Beilagen

(einschließlich Börsenbeilage und Waren⸗ zeichenbeilage Nr. 13 A u. 13 8).

nehmen, daß im letzteren Falle ein Irrtum des

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1914

Berlin, Freitag,

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Getreidebörsen und Fruchtmärkten.

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Hauptsächlich gezahlte Preise für 1 t (1000 kg) in Mark

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Königsberg i. Pr. Danzig. 8 Berlin. 8 Stettin. 8 E. 8 8 reslau. 8 Magdeburg.. Dortmund. Mannheim. Berlin, den 6. Februar 1914.

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Deutscher Reichstag. 206. Sitzung vom 5. Februar 1914, Nachmittags 1 Uhr (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats für das Reichsamt des Innern und die gestern begonnene Diskussion über die zum Vereinsrecht eingebrachten Resolutionen der Polen, des Zentrums und der Sozialdemokraten fort.

Abg. Dr. Junck(nl.) in seiner Rede, deren Anfang in der geftrigen

Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ist, fortfahrend: Früher wurde eine Blütenlese von Mißgriffen der unteren Verwaltungsbehörden vor⸗ Leführt. Ich weiß nicht, ob der Abg. Müller⸗Meiningen eine humo⸗ ristische Leporelloliste solcher Fälle anführen wird. Ich habe den Ein⸗ druck, daß die Vorwürfe gegen die unteren Verwaltungsbehörden an⸗ sangen zu verstummen. Selbstverständlich dürfen es die Polizeiorgane nicht als ihre Aufgabe betrachten, die wirtschaftliche und politische Be⸗ wegung durch Paragraphen des Vereinsgesetzes zu regulieren. Das ist selbstverständlich falsch. Man kann große Bewegungen, zu denen ich auch die Sozialdemokratie rechne, nicht mit dem Vereinsrecht be⸗ kämpfen. Diese Auffassung schwindet aber mehr und mehr. Ich gebe aber zu, daß immer noch Fälle vorkommen, auch bei den höheren Be⸗ hörden, bei denen die richtige Auffassung zu vermissen ist. Dies gilt besonders von dem Fall Amundsen. Ein hoher Beamter wie der Regierungspräsident mußte sich sagen, daß ein solches Verbot nicht aufrecht erhalten werden konnte gegenüber einem großen Gelehrten wie Amundsen, ein Verbot, das zweifellos die Empfindlichkeit anderer Kulturnationen wachrufen mußte. Der Regierungspräsident hätte doch dasselbe Taktgefühl haben müssen wie der Minister des Innern. Die jetzigen Angriffe richten sich mehr gegen die Entscheidungen der Gerichte. Nun denke ich gar nicht daran, mich mit allen den gestern Shget tneh Entscheidungen einverstanden zu erklären; ich bedauere die Entscheidung des Oberlandesgerichts Marienwerder, nicht minder

diejenige, daß das Vereinsgesetz nur über die Bildung, nicht über die

Betätigung der Vereine Bestimmung trifft. Fast möchte ich an⸗ bg. Legien vorliegt, daß hier, wie es leider oft geschieht, ein einzelner Satz aus dem Zu⸗ sammenhange gerissen ist; ist er ausgesprochen worden, so bedauere ich ihn außerordentlich. Es wäre ganz falsch und sicherlich der Absicht des Gesetzgebers durchaus entgegen, wenn es hinsichtlich der Betätigung der Vereine bei den früheren Befugnissen der Polizei bliebe. Man t8 dann aber nicht gleich von Rechtsbruch und Rechtsbeugung prechen. Unsere Gerichte urteilen nach bestem Wissen und Gewissen; gehen wir mit solchen Vorwürfen so leicht um, so sägen wir den Ast ab, auf dem wir mit unserer Auffassung vom Rechtsstaate sitzen. Wenn hinsichtlich des Rechts der Poligei Beauftragte in gewisse Ver⸗ sammlungen zu entsenden, in der Judikatur eine Differenz eingetreten ist, indem das preußische Oberverwaltungsgericht dieses Recht nur gekten läßt für Versammlungen, die anmeldepflichtig sind, während preußische Oberlandesgerichte, wie das Breslauer, es für alle Ver⸗ sammlungen statuieren, so halte ich die erstere Auffassung für zu⸗ treffend, aber es scheint uns nicht nötig, deswegen die Klinke der Ge⸗ etzgebun 5 ergreifen. Es gibt andere Mittel der Abhilfe dagegen, nd ein ches liegt in dem Antrag Schiffer, der für die Beseitigung olcher Differenzen eine höchste Instanz schaffen will. Den bezüglichen Antrag Spahn lehnen wir daher ab. Ebenso lehnen wir ab den An⸗ bee der an die Polizeistunde anknüpft. Die Ausführungen des Kollegen Marx sind auch insofern wenig beweiskräftig, als er aus beneisgen Fehlern der Anwendung des Gesetzes gleich eine Aenderung des Gesetzes überhaupt folgert. Man muß doch dabei auch die Vor⸗ teile des Gesetzes in Betracht ziehen. Wir denken nicht daran, den Aenderungen des Gesetzes zuzustimmen, soweit sie auf Aufhebung der Beteiligung von Jugendlichen an Versammlungen hinzielen. Die jetzigen Bestimmungen sind auf Grund eines Kompromisses seinerzeit eschaffen worden, und wir müssen aus Loyalität daran festhalten. Haß Jugendliche bis zu 18 Jahren von politischen Bestrebungen fern⸗ seeeltee werden s vom liberalen Standpunkte aus durchaus zu illigen. Die Beschäftigung mit Politik ist doch nicht etwas so Schönes, als daß wir sie auch möglichst schnell den Kindern zugängig machen sollten. Es gibt so viel Schönes, womit sich unsere Kinder beschäftigen können. Auch unsere akademische Freiheit ist ein kost⸗ bares Gun aber es sind nicht die besten und flottesten Burs Pata. diese Freiheit möglichst früh genießen. Ebenso gilt es von der Politik. Auch hier ist es besser, wenn man sich zur Zeit der Unreife damit möglichst wenig beschäftigt. Ich gebe ohne weiteres zu, daß gerade die Verhältnisse in den unteren Klassen her Bevölkerung es erforderlich machen, sich frühzeitiger mit volkswirtschaftlichen und anderen Fragen u beschäftigen. Das kann, aber am besten Vater und Mutter be⸗ Die aufgestellte Theorie von dem Gift und Gegengift steht auf sehr schwachen Füßen. Es ist doch besser, dem Kinde nicht erst das Gift zuzuführen und es dann durch Gegengift zu heilen. Auch den Anträgen auf Abänderung der Bestimmungen bei Ankündigung von Versammlungen können wir nicht zustimmen. Die jetzt gültigen Be⸗ stimmungen atmen einen außerordentlich liberalen Geist. Auf den Fall Jagow ist ja der Vertreter des Reichsamts des Innern aus⸗ führlich eingegangen. Man könnte fragen, ob hier das Reich kom⸗ petent ist. Lehr haben es hier zu tun mit einem Manne, einem hervor⸗ ragenden, bekannten, geradezu typischen Verwaltungsbeamten, der zwei Seelen in seiner Bia besitzt. Einmal ist er Doctor utriusque juris, dann führt er auch den Titel Polizeipräsident. Wenn ein solcher typischer Verwaltungsbeamter eine Entscheidung trifft und die höchste Instanz sie billigt, weil sie auf Grund der Bestimmungen des Vereins⸗ ergangen ist, dann glaube ich doch, daß wir hier zuständig sind. Die Ziele und Zwecke des in Frage kommenden Schutzmannsvereins F uns ja der „Erzberger hier vorgetragen. Bei der Beratung des Vereinsgesetzes wurde seitens des Regierungsvertreters

rklärt, daß

die Beamten die Wohltaten des Versammlungsrechtes weitergenießen dürften, aber man müßte die Beamten von Vereinen fernhalten können, die dem Wesen des Beamtentums widersprächen. In den Satzungen des Vereins steht nun aber gerade, daß man sich beschränken will auf die Pflege treuer königlicher Gesinnung. Danach kann leicht der Verdacht entstehen, daß man wirklich den Gedanken der Koalition hier treffen möchte. Das wäre bedauerlich. Bei der ganzen po⸗ litischen wirtschaftlichen Entwicklung Peift der Gedanke der Koalition immer weiter um sich. Sogar die Richter haben sich koaliert und Justizminister sind sogar Ehrenmitglieder dieser Vereinigung. Wir haben es hier mit einer Entwicklung zu tun, die sich nicht aufhalten läßt. Es gibt Menschen, die behaupten, es sei nötig, ein Ventil zu schaffen, durch das eine Fe. Mißstimmung entweichen kann. Der Hinweis auf das Londoner Verbot trifft nicht zu, denn die dort ge⸗ plante und verbotene Vereinigung von Schutzleuten war eine wirkliche Gewerkschaft, die auch wirtschaftliche Ziele verfolgte, Ziele, die das Statut der Berliner Schutzmannsvereinigung ausdrücklich ausschloß. Hätte diese Vereinigung sich auf solche wirtschaftlichen Ziele aus⸗ gedehnt, so wäre es immer noch zum Einschreiten Zeit gewesen, und es wäre dadurch nicht solche Mißstimmung erzeugt worden wie durch das Verbot. Ich erkläre zum Schluß, die Freude am Reichsvereins⸗ hesetz lassen wir uns nicht rauben; wir betrachten es als eine große es hat seine Vorteile auch nach anderen Richtungen hin. Nachdem das öffentliche Vereinsrecht öö geregelt ist, ist doch die b der Rechtsfähigkeit an die Berufsvereine nur noch etwas Formelles; das Einspruchsrecht der Verwaltungsbehörden hat jetzt eigentlich gar keinen Sinn mehr, und es wäre ein Leichtes, mit einem Feverstrich diese Kechefa zu schaffen. Wir buö von der Vorurteilslosigkeit aller Behörden gegenüber dem Vereins⸗ gesetz, daß dieses sich mehr und mehr einleben wird; wir sprechen es aus, daß eine schikanöse vne higfisdige Auslegung des Gesetzes die Autorität des Staates nicht schützt, sondern schädigt. Hätten wir das Gesetz damals, als es eingebracht wurde, abgelehnt, so wäre das ein schwerer politischer Fehler gewesen. Halten Sie für möglich, daß uns zur jetzigen Zeit von der Reichsregierung ein Gesetz wie das da⸗ mals vom Fürsten Bülow eingebrachte vorgelegt würde? Also es wäre ein schwerer Fehler gewesen, wenn wir damals nicht zugegriffen hätten. Bei allem Schelten auf das Gesetz sollten Sie doch nicht den Vergleich mit dem früheren Zustand außer acht lassen. Ich erwarte den Beweis, daß das bestehende Gesetz Nachteile hätte gegenüber dem früheren. Aber diesen Beweis können Sie außer mit allgemeinen Redewendungen nicht führen. Natürlich behalten auch wir uns vor, zu einer Abänderung des die Hand zu bieten, wenn nach unserer Meinung die Notwendigkeit dazu vorliegt. Bis jetzt sehen wir dazu keinen Anlaß. 1 88 Abg. Dr. Müller⸗Meiningen (fortschr. Volksp.): Es gibt keine bessere Rechtfertigung der Haltung der beiden liberalen Parteien im Jahre 1908, als die Bemerkung des gestrigen konservativen Redners: „Heben Sie doch das ganze Gesetz auf, das wäre uns ganz recht“, und die mit frommem Augenaufschlag nach der Prinz Albrecht⸗ straße gemachte Bemerkung des freikonservativen Redners: „Die bitterste Frucht der Blockperiode ist das Reichsvereinsgesetz.’ Wir schließen uns dem Vorredner in dem Sinne an, daß auch wir uns freuen, daß wir das Vereinsgesetz gemacht haben. Wir würden auch heute gerade so handeln wie 1908; und auch Sie (zu den Sozialdemo⸗ kraten) haben ja gezeigt, daß Sie mit uns davon den Vorteil haben, denn früher konnten Sie auf diesem Gebiete hier überhaupt keine Anträge stellen, früher war hier dafür keine Zuständigkeit gegeben, um die Mißbräuche zu bekämpfen; das werden Sie doch nicht leugnen können. Der Streit zwischen dem Reichskanzler und dem preußischen Ministerpräsidenten besteht allerdings heute noch; der Reichskanzler ließ uns gestern sagen, daß er gegenüber dem preußischen Minister⸗ präsidenten in der Ausführung des de⸗ nur ein sehr Recht habe. Man sorn uns doch aber hier unsere Zuständigkeit nicht so verwischen. Tatsache ist, daß die nachgeordneten Organe in ein⸗ zelnen Teilen Preußens geradezu pfeifen auf die Ausführung des Gesetzes nach der Absicht des Gesetzgebers. Hier müssen wir nach unserer Ueberzeugung auf die Dauer nicht bloß kritisieren, sonders auch zur Besserung schreiten, wenn es sich zeigt, daß in der falschen Auslegung des Gesetzes System liegt. Darin unterscheiden wir uns von dem Vorredner. Wir sind bereit, Aenderungen des Gesetzes in freiheitlichem Sinne mit zu beschließen, insoweit solche durch miß⸗ bräuchliche Auslegung des Gesetzes durch Gerichte oder Verwaltung sich notwendig machen. Hierher rechne ich den Mißbrauch mit der Polizeistunde, hierher rechne ich, den Mißbrauch hinsichtlich der Publikation und die Schikane bei der Anmeldung, besonders auch den Mißbrauch des Disziplinarrechts und die mißbräuchliche Hinein⸗ ziehüng von landesrechtlichen polizeilichen Bestimmungen. Dafür, daß solche in großer Anzahl vorliegen, ist der Beweis in den letzten Jahren immer wieder erbracht worden. Von diesem Gesichts⸗ aus haben wir auch gegen eine Konzentrierung der Zuständig⸗ eit nichts einzuwenden, gleichviel, ob auf dem Wege des national⸗ liberalen oder des polnischen Antrages. Es ist absolut notwendig, daß eine einheitliche Judikatur auf dem Gebiete des Vereinsrechts herbei⸗ eeführt wird. Dagegen erscheint uns eine Aenderung des sogenannten ugendlichenparagraphen 8 notwendig. Die jugendlichen Leute mit 13, 14 Jahren dürfen nicht in die zmlitischen und konfessionellen Kämpfe hineingezogen werden. Notwendig ist für sie eine gute Fort⸗ bildungsschule und eine turnerische, sportliche Erziehung. Es besteht ein großer Konkurrenzkampf zwischen Zentrum und Sozialdemokratie um die Jugendlichen. Es ist interessant, wie sich die Bundesgenossen aus dem Jahre 1908, Zentrum und Sozialdemokraten, gestern ihre Sünden vorgehalten haben. Ich habe bas Gefühl, sie sind allzumal Sünder. Der Abg. Marrx gestand ganz offen: Wir müssen der Jugend ein Gegengift geben durch eine richtige Weltanschauung. Wer hat nun die richtige Weltanschauung? Das Zentrum hätte gerade in der jetzigen Zeit allen Anlaß

nit derartigen Argumenten sehr vor⸗!

ichtig zu operieren. Wir danken vor einer solchen Impfung mit Leltanschauungen. Warum bestreiten Sie, daß die jugendlichen Arbeitervereine oder die katholischen Jünglingsvereine einen politischen Charakter haben? Nun wird man vielleicht sagen, warum sprechen Sie nicht von der Jungdeutschlandbewegung? Ich stehe nicht an, offen zu sagen: Wenn in diese Bewegung auch eine politische Richtung hineingetragen würde, so würde ich das ebenso verurteilen, wie einen sonstigen Mißbrauch. Die deutsche Turnerschaft ist nie ein politischer Verband gewesen und ist es auch heute nicht; ich kann das auf Grund eigener Wahrnehmung bestätigen Wir wollen die Jugendlichen weder zur Abwehr, noch zum Angriff be⸗ nutzen lassen. Wir sind gegen jede frühzeitige Hereinziehung der deut⸗ schen Jugend in den politischen Kampf. Wir wollen ihr die goldene Jugendzeit nicht verkümmern. Ein Skandal wäre es natürlich, wen wirklich, wie behauptet wurde, Jugendliche zu Spitzeln benutzt würden. Ebenso sind wir gegen jede schikanöse Auslegung des Jugendlichen⸗ paragraphen. In bezug auf den Mißbrauch des Disziplinarrechts ver treten wir den 111“ daß Reichsrecht partikulares Disziplinarrecht brechen muß. Es ist eine bedauerliche Erscheinung daß wir auf diesem Gebiete immer ein und dieselbe Person im Vorder grund sehen, den starken oder stärksten Mann in Deutschland. Dieser hat aber doch eine furchtbare Angst vor der Jugend. Er fürchtet über⸗ haupt beinahe alles. Jetzt haben es ihm die Schutzleute angetan Der gestrige Vergleich des Regierungsvertreters in bezug auf di Londoner Polizei war vollkommen schief. Bei der Londoner Polize handelte es sich um den Anschluß an die Gewerkschaftsbewegung, um das Streikrecht; bei den Berliner Schutzleuten handelt es sich aber um das Streikrecht überhaupt nicht, sondern darum, ob das Reichsvereins gesetz auch für diese Beamten gilt. Der Präsident von Jagow hat den naiven Glauben, mit der Gewalt alles machen zu können. Der Regie⸗ rungsvertreter berief sich darauf, daß das Vereins⸗ und Versammlungs⸗ 1 recht in der Praxis dem Beamten zustaͤnde, und er hat mehrere Beamten⸗⸗ organisationen genannt. Aber was für Kämpfe hat es gekostet, bis sie dise großen Organisationen geschaffen haben. Wir hoffen daß auch die Schutzleute noch zu ihrem Rechte kommen werden, trotz des Präsidenten von Jagow. Dieser Herr merkt gar nicht, daf er mit ü Tätigkei bloß der Sozialdemokratie hilft. Er organisiert geradezu die Unzu⸗ friedenheit der Beamten. Was hat denn der Schutzmann getan, der nach Zabrze strafversetzt worden ist. Er hat eine gesellige Zusammenkunf der hiesigen Schutzleute zusammengerufen und eine Rede mit einem Hoch auf den König von geschlossen. Dann wurde eine Rede über die Helden des Jahres 1813 gehalten, dann hat der Schutzmann die sechs erwähnten Richtpunkte verlesen mit dem ausdrücklichen Vor⸗ behalt, daß sie der Genehmigung des Polizeipräsidenten bedürften. Die Versammlung wurde dann mit einem abermaligen dreimaligen Hoch auf den Deutschen Kaiser geschlossen. Mehr kann man doch nicht tun. Nun hat gestern der Regierungsvertreter unter Bezugnahme auf meinen eigenen Kommentar gesagt, es sei gleichgültig, was im Statut stehe, es komme auf den Geist an, in dem eine derartige Verhandlung geführt werde. Diesen Geist habe ich Ihnen eben Pseigt. Gewiß kommt es auf die Tätigkeit dieses Vereins an. Der Regierungsver⸗ treter hat aber keinen Gegenbeweis geliefert, daß die Schutzleute gegen diese sechs Punkte tatsächlich gehandelt haben. Es fehlt an 1. Stellen jedes Vertrauen zu unserer Beamtenschaft. Wir haben es hier mit einem offenbaren Bruch mit den klaren Bestimmungen des § 1. und den Erklärungen des damaligen Staatssekretärs zu tun. Die Reverse der Schutzleute bedeuten nichts anderes als ein direktes Prä⸗ ventivverbot. Aber auch in Bayern bestehen solche. Der Abg. Marx möchte auf seine politischen Freunde in Bayern einwirken, da⸗ mit der dortige Verkehrsminister nicht ähnliche Reverse weiter unter⸗ schreiben läßt. Das Schmerzenskind des ganzen ist der Sprachenparagraph. Gerade auf ihn hat die preußische Regierung großen Wert gelegt. Kein Mensch von den jetzigen Frgagstellere auf Abschaffung dieses Paragraphen denkt doch wohl im Ernste daran, daß im jebigen .“ die preußische Regierung von ihrem Stand⸗ punkte abgeht. Die Annahme des vorliegenden Antrages könnte des⸗ halb nur eine Demonstration sein. Von einem Kompromiß zwischen der Rechten und Linken konnte seinerzeit keine Rede sein. Wir haben den Paragraphen akzeptiert, weil ohne ihn das ganze Gesetz nicht zu⸗ stande gekommen wäre. Mein Freund Payer wies damals auch darauf hin, daß wir Süddeutschen eigentlich gar kein Interesse an diesem Paragraphen haben. Die Bedeutung des Paragraphen hat aber auch die preußische Regierung kolossal überschätzt. Sie glaubte durch ihn die polnische Sokolbewegung eindämmen zu können. Weil man sieht, daß dies nicht möglich ist, deshalb greift man jetzt zu diesen merk⸗ würdigen Rechtsauslegungen, die dem klaren Gedanken des Gesetzes widersprechen. Was wir ist eine authentische Interpretation des Gesetzes. Daran mitzuarbeiten, sind wir bereit. Den Ausfüh⸗ rungen des Bundesratsvertreters über den Fall Amundsen muß ich entgegentreten. Wenn auch Flensburg eine deutsche Stadt ist, so gibt es dort und in der Umgegend doch Tausende Dänisch Sprechender. Die Konzertagentur Sachs wollte mit Herrn Amundsen keine politische Agitation treiben, es war vielmehr eine rein geschäftliche Manipula⸗ tion. Der Antrag auf Genehmigung des Vortrages duf Grund des Sprachenparagraphen entsprang nur der Angst des preußischen Staats⸗ bürgers, weil er weiß, daß ihn überall Verordnungen begleiten. Es ist charakteristisch, 9 der dortige Regierungspräsident wie der Stier auf das rote Tuch osging, sobald er nur das Wort „norwegische Sprache“ hörte, die ja der danischen ähnlich ist. So kam das blamable Verbot, über das die ganze gesittete Welt hohnlachte. Die „Nord⸗ deutsche Allgemeine Zeitung“ bringt ja dieses Gefühl in dem Ent⸗ schuldigungsartikel gewissermaßen selbst zum Ausdruck. Man wollte eben nur den Schein vermeiden. Vielleicht hat man auch infolge der Weisungen einer noch höheren Person als des Ministers dann die ganze Geschichte redressiert. Alle Vorredner haben merkwürdigerweise den springenden Punkt der ganzen Angelegenheit außer acht gelassen, auch der Regierungsvertreter. Die „N ö Allgemeine Zeitung“

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