1914 / 33 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 07 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Königliche Technische Hochschule in Vorlesungen und Uebungen im Sommerhalbjahr 1914.

Beginn der Einschreibungen: 14. April, der Vorlesungen: 20. April.

Abt. f. Architektur: Prof.: v. Brandis: Freihandzeichnen u. Aquarellieren I u. I1; Aktzeichnen. Hausmann: Baukunst d. Renaiss.; Eisenbahnhochbau. Henrici: Bürgerl. Baukunst J—— III; Städtebau; Entwerf. aus d. Stegreif. Schmid: Allgem. Kunstgesch.; Ausgew. Kap. d. Kunstgesch.; Uebersicht ü. d. Stillehre. Schupmann: Formenlehre d. Baukunst —IV. Doz.: v. Loehr: Ornamentik I—III; Innendekoration. Streicher: Plastik. Priv.⸗Doz.: Buchkremer: Künstl. Perspektive; Kunstgewerbe. Wildt: Raumbildung und Raumausstatlung.

Abt. f. Bauingenieurwesen: Prof.: Domke: Statik d. Hoch⸗ baukonstr. II u. III; Eisenbetonbau I. Gast: Prakt. Geo⸗ metrie I u. II; Geodät. Praktikum I. u. II; Geodät. Aus⸗ arbeitungen; Geograph. Ortsbestimmung; Höh. Geodäsie. Hert⸗ wig: Statik d. Baukonstr.; Eisenbau 1 u. I1; Ausgew. Kap. aus Statik u. Eisenbau. Hirsch: Verkehrswasserbau I; Uebungen i. Verkehrswasserbau II; Schiffahrtsbetrieb. Holz: Straßenbau; Entwäss. d. Städte. Quirll: Flußbau I. u. Kulturtechnik I; Uebg. z. Flußbau II, Seeuferbau u. Kulturtechnik II. Schimpff: Eisenbahnbau 1; Eisenbahnbetrieb; Straßen⸗ u. Kleinbahnen. Sieben: Baukonstrukt. I u. 11; Veranschlagen u. Bauführung. Doz. v. Willmann: Erd⸗ u. Tunnelbau. Priv.⸗Doz.: Mautner: Eisenbetonkonstr. d. Hochbaues, Brücken⸗ u. Tiefbaues. Pirlet: Statik d. statisch unbestimmt. Syst.

Abt. f. Maschineningenieurwesen: Prof.: Bonin: Dampf⸗ masch.; Dampfkessel; Arbeitsmasch. Grotrian: Allgem. Elektro⸗ techn.; Theoret. Elektrotechn.; Elekrotechn. Prakt. Jäger: Abriß d. Masch.⸗Baues; Wasserturbinen u. e Köchy: Grundzüge d. Lokomotivbaues; Lokomotivbau; Eisenbahnbetriebs⸗ u. Sicherungsanl.; Eisenbahnwagenbau. Langer: Wärmetechnik; Maschinenlabor. I u. II; Sprinklerlabor.; Verbrennungsmasch. u. Kaftfahrzeuge; Dampfturbinen und Turbokompressoren. Nieten: Baukonstr. f. Masch.⸗ . u. f. Berg⸗ u. Hüttenleute; Lasthebemasch. Ausgew. Kap. d. prakt. Elek⸗ trotechn., Einleitung in Elektrotechn.; Konstruktionslehre d. Elektrotechn.; Elektrotechn. Konstruktionsübg. Rötscher: Einleitg, i. d. Maschinenbau; Mech. Technologie; Labor. f. mech. Technol.; Maschinenelemente einschl. Kinematik. Wallichs: Fabrikorganisation. Doz. Finzi: Elektr. Zentralanl. u. Leitg.; Elektromotor. Antriebe i. Berg⸗ u. Hüttenwerken. Priv⸗Doz.: Barth: Ausgew. Kap. d. Werkzeugmaschinenbaues. Folkerts: Organis. v. Fabrikbetrieben. Grunewald: Berg⸗ u. Hütten⸗ werksmasch Mader: Maschinentechn. Messungen. Zerkowitz: Techn. Thermodynamik.

Abt. f. Bergbau⸗ u. Hüttenkunde, f. Chemie u. Elektro⸗ chemie: Prof: Borchers: Kleines metallurg. Praktikum, umfass. Lötrohr⸗ u. hüttenmänn. Probierkunst u. elektr. Schmelzverfahren; Großes metallurg. u. elektrometallurg. Prakt.; Uebersicht ü. d. ges. Hüttenwes. Bredt: Org. Exper. Chemie I; Allg. Uber⸗ ccht ü. d. org. Chemie; Org. Prakt. Classen: Allgem. u. anorg. Exper. Chemie; Anorg. Pratt.; Qualit. u. quant. Analyse; Spez analyt. Methoden; Quant. Analyse durch Elektrolyse; Maß⸗, Gas⸗ u. Spektralanalyse; Darstell. anorgan. Präparate; Aus⸗ führ. selbständ. wiss. Arb. auf d. Geb. der analyt. u. anorg. Chemie; Clektrochem. Prakt; Darstell. v. Chemikalten mittels Elektrolyse; Galvanoplastik usw.; Auef. selbst. wissensch. Arb. auf d. Geb. d. Elektrochemie. Dannenberg: Erdgeschichte; Geolog. Uebg.; Elem. d. Mineralogie u. Geologie. Haußmann: Markscheiden u. Feldmessen I1I1; Uebg. i. Marksch. u. Feldm. Herbst: Bergbaukunde 11; Salinenkunde; Entw. v. Aufberejtungs⸗, Brikettierungs⸗ u. Kokereianl. Klockmann: Petrofcräphie; Petrogr. Uebg.; Mikroskop. Gesteinsuntersuch; Anleitung z. selpständ. Ar auf d. Geb. d. Krystalloar. Mineralogie u. Peteygr. eeee Spez mechan.⸗metallurg. Techkslogle. Rau: Chem. Technol. II u. IV; Entw. v. chem. Apparaten u. Fabrikanl.; Chem ⸗techn. Prakt. Ruer: Phys. Chemie II; Ausgew. Kap. d. phys. Chemie; Uebg. in physik. Chemie f. Hüttenl., Chem. u. Fortgeschrittene; Allgem. hüttenmänn. Prakt. Schwem ann: Tiefbohrkunde; Entwerfen bergmänn. u. Tiefbohranl.; Bergrecht (inkl. Kolonialbergrecht) u. Berg⸗ verwaltung; Bergwirtschaftslehre; Bergwirtschaftl. Uebungen; Bergmänn. Seminar (zus. m. Prof. Herbst). Wüst: Geschichte der Metalle; Großeisenhütt. u. gießereitechn. Prakt.; Ausgew. Kap. aus d. Eisenhütten⸗ u. Gießereikunde. Hon.⸗Prof. Stegemann: Der Aachener Steinkohlenbergbau. Doz.: Goerens Elektro⸗ metallurg. d. Eisens u. Herstellung u. Eigenschaften d. Spezialstähle. von Kapff: Chem. Technol. d. Gespinstfasern (Färberei, Bleicherei usw.). N. N.: Einführung i. d. Eisenhüttenkunde. Quase⸗ bart: Konstrukt. Hüttenkunde; Glashüttenkd.; Feuerungek. Semper: Steinkohlenpflanzen; Geologie f. Hüttenleute u. Chem.; Geolog. Kolloquium. Wandhoff: Markscheid. Zeichen⸗ u. Rechenübg. Wieler: Spez. Botanik; Rohstofflehre des Pflanzenreichs III; Mikroskop. bot. Uebg. I; Anltg. z. selbst. bot. Arb. auf d. Geb. d. reinen u. techn. Botanik. Priv.⸗Doz.: Bornemann: Allgem. Hüttenk. Fischer: Maßanalyse; Spez. Elektrochemie. Guillemain: Ausgew. Kap. d. Lagerstättenlehre; Die Bodenschätze d. disch. Schutzgebiete. Lambris: Technol. d. Stickstoffverbindg. Levpy: Ueber Raumchemie organ. Verbdg.

Abt. f. allgem. Wissenschaften: Prof.: Blumenthal: Höhere Mathematik 111; Elem. der Differential⸗ u. Integralrechn. Hamel: Höh. Mathem. I; Ausgew. Kap. der Mathematik (Funktionentheorie). Kähler: Nationalökonomie; Grund⸗ züge d. Finanzwiss.,; Einf. i. d. Statistik; Verkehrswes.; Nationalökon. Uebßg. v. Kärmän: Mechanik I. u. II; Flugtechn. Aerodynamik. Kötter: Darstell. Geometrie; Elem. d. darst. Geoom. Passow: Wirtschaftl. Organis. u. Geschäftsbetrieb industr. u. kommerz. Unternehm; Besprechungen üb. Organis. u. Geschäftsbetr. groß. Kartelle; Selbstkostenberechn. industr. Betriebe; Privatwirtsch. Uebg. Stark: Exvperimental⸗ physik; Ueb. im physik. Labor. Doz.: Eckert: Länderk. v. Amerika m. bes. Berücksicht. d. wirtsch. Verhältnisse; Ausgew. Kap. d. phys. Geogr. u. d. mathem. Geogr.; Geogr. Praktikum; Geographische Uebg. u. Exkursionen. Gemünd: Bau⸗ und Wohnungshygiene; Hyg. d. Wasser⸗ versorgungs⸗ u. Entwässerungsanl.; Das Wohnungswesen u. seine hygien. Gestaltung. Henne: Feuerversicherungstechnik; Feuer⸗ versich. Besprechg u. Uebg. Kayser: Grundz d. Staats⸗ u. Ver⸗ waltungsrechts; Baurecht; Versicherungsrecht. Lehmann: Wirt⸗ schaftl. Tagesfragen. Schatz: Bilanzierung. Scholz: Feuer⸗ löschwesen. Seitz: Theoöret. Physik; Experiment. Physik, enc. K. Storp: Gewerbehygiene u. Unfallverhütung, verbd m. Fabrikbesicht. Priv.⸗Doz.: Polis: Klimatologie Meteorolog. Technik m. Ubg. i. meteorolog. Observatorium. Steubing: Photographie; Theorie der Wärmestrahlg. Lektoren: Brussow: Russisch 11; Rußland, Land u. Leute; Russ. Sprechübg. Lombardo: Italienisch II. Scharff: Französisch II; Frank⸗ reich, Land u. Leute; Französ. Sprechübg. Vogel: Spanisch II. Ward: Englisch II; Engl. Korrespondenz; England, Land u. Leute; Engl. Sprechübg.; Neuere engl. Literaturgesch. Mar⸗ wedel: Unterrichtskursus u. 1. Hilfe bei Unglücksfällen. Quad⸗ flieg: Ueb. d. Gefahren i. Bergbau u. Hüttenbetrieb u. deren Verhütg.

Preis d. Programms einschl. Porto: 70 f. d. Inland, 80 f. d. Ausl. Voreinsendung des Betrages in deutschen Reichspostmarken od. mittels Postanweisung an das Sekretariat der Kgl. Techn. Hochschule. Keine Nachnahme. 8

Aachen, im Februar 1914. 8

startz als bei der, andillen⸗

Nichtamtliches Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 7. Februar 1914.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller und des Ministers des Königlichen Hauses Grafen zu Eulenburg ent⸗

gegen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Justizwesen sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuerwesen hielten heute Sitzungen. 1

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 5. Februar S. M. S. „Straßburg“ in St. Helena und S. M. S. „Emden“ in Tsingtau eingetroffen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Gestern abend ist in Lemberg zwischen den Vertretern der polnischen Parteien und dem Präsidium des ukrainischen Land⸗ tagsklubs laut Meldung des „W. T. B.“ eine Verständigung in allen strittigen Punkten der Wahlreformfrage erzielt worden. Die Präsidien der polnischen Parteien nahmen den Vorschlag der Ukrainer an, wonach ein ruthenischer Stadtwahl⸗ bezirk Lemberg⸗Kulikow gebildet werden soll. 8

Großbritannien und Irland.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, übermittelten die Botschafter des Dreibundes gestern abend dem Auswärtigen Amt einzeln und mündlich die Antworten ihrer Regierungen auf die letzte Note Sir Edwards Greys über Albanien

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und die ägäischen Inseln.

Auf Grund des des Budgets hat sich der Finanzminister Caillaux laut Meldung des „W. T. B.“ entschlossen, die Summe der auszugebenden Schatz⸗ anweisungen von 800 Millionen auf 600 Millionen herabzusetzen.

In der Deputiertenkammer wurden gestern die Verhandlungen über die Uenza⸗Angelegenheit fortgesetzt.

Der frühere Minister der öffentlichen Arbeiten Thierry legte obiger Quelle zufolge dar, wie er dazu gekommen sei, die Frage durch den am 16. Oktober vorigen Jahres mit einer neuen Gesellschaft unterzeichneten Vertrag zu lösen. Auf die Vorwürfe, betreffend das bei dieser Gesellschaft vertretene auständische Kapital, ent⸗ gegnete Thierry, daß fremdes Kapital im Verhältnis von 33 % be⸗ teiligt sei. Das Haus Müller, von dem so viel die Rede gewesen, sei eine holländische Firma, an der zu 28 % französische Interessen be⸗ teiligt seien. Die Beteiligunn —eländischen Kapitals sei viel weniger

aamThierry zählte sodann die Vorkeile auf, die enzgerienlen⸗ Ir Ponvention haben werle, und sagte, wenn die Absländertel⸗. so entnähme Frankreich bei innen Kohle, namentlich in Deutschland. Der Redner machte sodann längere Ausführungen über den Austausch von Erz und Kohle zwischen Frankreich, England, Deutschland Wund Belgien. Er bat die Kammer dringend, die Debatten nicht weiter auszudehnen, sondern der Konvention zuzustimmen, die die Interessen Frankreichs wahre, und deren Inkraft⸗ treten Algerien mit Spannung erwarte. Im weiteren Ver⸗ lauf der Debatte wandte sich Péchadre besonders gegen die Beteiligung des Hauses Müller. Er erblickte in dieser Beteiligung eine Beschlagnahme der französischen Minenschätze seitens Deutsch⸗ lands. Der Minister der öffentlichen Arbeiten Fernand David verteidigte eingehend den mit der Konzessionsgesellschaft abgeschlossenen neuen Vertrag und führte aus, daß die Franzosen durch ihn einen Anteil von 68 % und die Ausländer einen Anteil von nur 32 % an dem Unternehmen erlangen ganz im Gegensatz zu dem ersten Vertrag, bei dem dieses Verhältnis fast ein umgekehrtes ge⸗ wesen wäre. 1b

Nach weiterer Debatte wurde die von der Regierung ge⸗ nehmigte einfache Tagesordnung mit 348 gegen 184 Stimmen angenommen.

Auf die Anfrage des bonapartistischen Deputierten Engerand, ob das Prinzenausweisungsgesetz auch den kürzlich geborenen Sohn des Prinzen Victor Napoléon treffe, erteilte der Minister des Innern Renoult die vom Amtsblatt veröffentlichte Antwort, es stehe außer allem Zweifel, daß das Betreten der Republik auch dem im Januar geborenen Sohn des Prinzen Victor Napoléon Bonaparte untersagt sei. 8

Rußland. Der serbische Ministerpräsident Paschitsch abend von St. Petersburg abgereist.

Im Reichsrat wurde gestern die Beratung des Ge⸗ setzentwurfes über die Regelung des Branntwein⸗ verkaufs fortgesetzt. Wie „W. T. B.“ meldet, wurden die Artikel, die den Verkauf vor 9 Uhr Morgens und nach 11 Uhr Abends in der Stadt und nach 6 Uhr Abends überall sonst verbieten, angenommen. Einstimmig angenommen wurde ferner der Antrag des Fürsten GvVöö der von dem Grafen Witte und Maxim Kowalewsky unterstützt worden war und dahin ging, den Verkauf von Spirituosen in einer Reihe von öffentlichen Lokalen, Regierungsbureaus und in den Er⸗ frischungsräumen der Theater, Konzertsäle, Kinematographen, Ausstellungen und öffentlichen Gärten zu untersagen.

Nach beendeter Beratung der Interpellation über gesetz⸗ widrige Maßnahmen der Regierung während der letzten Wahlen zur Reichsduma hat die Duma in der gestrigen Sitzung, wie das oben genannte Telegraphenbureau meldet, mit 160 Stimmen der Opposition und der Oktobristen gegen 125 Stimmen des rechten Flügels der Oktobristen, der Natio⸗ nalisten und der Rechten folgende von den Progressisten bean⸗ tragte Uebergangsformel angenommen:

Indem die Reichsduma in der Verfechtung offenbar gesetzwidriger Maßnahmen durch die Regierung eine Bestätigung dafür sieht, daß die Regierung selbst ein System gesetzwidriger Maßnahmen organi⸗ siert hat, erachtet die Reichsduma die von dem Minister des Innern und dem Justizminister in dieser Beziehung abgegebenen Erklärungen für ungenügend.

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ist gestern

Spanien. Der Verband der Seeleute der Provinz Biscaya hat einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge dem Gouverneur

mitgeteilt, daß die Mitglieder des Verbandes am 14. d. M.

fränzösischen Gebieten entuähmen,

in den Ausstand treten werden und die Kapitäne, Lotsen und Matrosen der in Bilbao eingeschriebenen Handelsschiffe in den Häfen, die sie an dem genannten Tage anlaufen werden, ihre Posten verlassen werden. Durch diesen Streik werden 18 Schiff⸗ fahrtsgesellschaften und 89 Schiffe betroffen. 8

Schweden.

Ungefähr 30 000 Bauern vom höchsten Norden bis zur rovinz Schonen sind gestern in Stockholm eingetroffen, um dem König und dem Ministerpräsidenten ihre Geneigtheit zur Uebernahme der Lasten einer Rüstungsvermehrung zum Ausdruck zu bringen und die sofortige Einleitung der ent⸗ sprechenden Maßnahmen zu erbitten. In einer Riesenprozession, der die Banner der 24 Provinzen Schwedens voraus⸗ getragen wurden, begaben sich die Bauern, nachdem sie den in verschiedenen Kirchen veranstalteten Gottes⸗ diensten beigewohnt hatten, nach dem Königlichen Schloß, in dessen geräumigem Hof sie vom König empfangen wurden. Hier hielt der Führer des Zuges eine Ansprache an den König, in der er der Bedeutung dieser Kundgebung der Vaterlandsliebe und der Loyalität gegen den König Worte verlieh. Nachdem der König den Bauern seinen Dank dafür ausgesprochen hatte, daß sie sich bei ihm eingefunden hätten, und nachdem er einen historischen Rückblick auf die Beziehungen zwischen den schwedischen Königen und ihren Untertanen ge⸗ worfen hatte, fuhr er laut Meldung des „W. T. B.“ folgender⸗ maßen fort:

Es ist die Sorge um die Sicherheit des Vaterlandes, die Euch vermocht hat, in diesen Wintertagen Euer ruhiges Heim zu verlassen. Es ist das Verlangen nach einer festen Grundlage für die Zukunft des Reiches, die in diesem Augenhlick Eure ehren⸗ gekrönten Provinzfahnen vereinigt unter dem schwedischen Königs⸗ banner, das über uns Allen weht. Ihr habt mir Euren bestimmten Wunsch ausgedrückt, daß die vornehmste Lebensfrage des Landes und des Volkes sobald als möglich ihre Lösung finde, und Ihr habt Euch bereit erklärt, die Bürden zu übernehmen und die Opfer zu bringen, die damit verbunden sind. Nichts kann einem König teurer sein, als aus dem Munde seines Volkes seinen Willen zu vernehmen, ihm bei der Ausübung seiner oft schweren königlichen Pflicht eine treue Unterstützung gewähren zu wollen. Kein König, der vor mir die schwedische Königskrone trug, hat in so hohem Maße wie ich den Vorzug gehabt, an diesem Platze mit den breiteren Volksschichten von Angesicht zu Angesicht zu stehen und ihre Stimme zu hören. Das Bewußtsein Eures Vertrauens zu Eurem König macht mein königliches Amt wahrlich doppelt verantwortungs⸗ voll, aber gleichzeitig leichter ausführbar, und ich verspreche Euch, daß ich Euch nicht im Stiche lassen werde. Ihr könnt dessen 8 sein, daß ich niemals von meiner Ueberzeugung abweichen werde ezüglich dessen, waz ich mit Bezug auf die Wehrmacht für die Selb⸗ ständigkeit des Landes als das Richtige und Notwendige ansehe Es fehlt wahrlich nicht an Männern in unserem Lande, die der Meinung sind, daß die Frage über die Uebungszeit der Infanterie nicht jetzt gelöst, werden dürfe. Ich teile keineswegs diese Auffassung und bin im Gegenteil der Meinung, die Ihr soeben mir gegenüber ausgesprochen habt, daß die Verteidigungsfrage als Ganzes behandelt und jetzt entschieden werden müsse ohne Verzögerung und im Zusammenhange. Von den Forderungen für die Schlag⸗ fertigkeit und Kriegsbereitschaft der Feldarmee, die unerschütterlich von den Sachverständigen innerhalb meiner Armee aufgestellt werden, gehe ich nicht ab Ihr wißt alle, daß dies eine erweiterte Dienstzeit für die Wehrpflichtigen bedeutet, auch in bezug auf die Notwendigkeit der Winterausbildung. Um ihre großen Aufgaben lösen zu können, muß serner meine Marine nicht äöllein stark erhalten, sondern auch in bedeutendem Maße verstärkt werden. Laßt uns in Ge⸗ meinschaft für die Wehrmacht des Reichs arbeiten, dann wird es auch gelingen, die für das Reich so wichtigen und ent⸗ scheidenden Fragen zu einem glücklichen Resultat zu führen. In Uebereinstimmung mit meiner Pflicht als Euer König will ich ver⸗ suchen, Euch den Weg zu zeigen, um unser gemeinsames Ziel zu erreichen. Möchtet Ihr auch zukünftig mir folgen und mich stützent! Innerhalb der Generationen, die vergangen sind und die kommen werden, müssen wir Gott für unsere Handlungen Rechenschaft ablegen. Der Höchste, der bisher seine Hand über Schweden gehalten hat, bewahre unser Land und unser Volk jetzt und in kommenden Zeiten. Gott segne Euch alle! Es lebe unser geliebtes Vaterland, es lebe Schweden!

In Erwiderung auf diese Worte des Königs wurde die Nationalhymne gesungen und stürmische Hurrarufe ausgebracht. Die Rede des Königs wurde vom Kronprinzen und dem Herzog von Westgotland auch außerhalb des Schlosses den Bauern vorgelesen, die im innern Hof keinen Platz gefunden hatten. Alle Bauern zogen darauf in das Schloß ein, wo sie in den Prunkgemächern vor den Majestäten, die von den Prinzen und den Prinzessinnen des Königlichen Hauses umgeben waren, vorüberzogen. Eine Deputation der Bauern begab sich sodann zu dem Ministerpräsidenten Staaff, um ihm von dem Besuch bei dem König und den dabei ausgesprochenen Wünschen Kenntnis zu geben. Auf die an ihn gerichtete Ansprache er⸗ widerte der Ministerpräsident u. a. obiger Quelle zufolge: Ich brauche nicht erst zu sagen, daß die Regterung, die mit aller Kraft eine Vorlage zu umfassenden Verbesserungen im Verteidigungs⸗ wesen des Landes vorbereitet, die Stütze anerkennt und entgegennimmt, die in der laut ausgesprochenen Bereitwilligkeit der großen Volks⸗ massen liegt, erhöhte Bürden für die Verteidigung zu tragen. Was die besonderen Wünsche betrifft, die Ihr Wortführer vorgebracht hat, so habe ich zu bemerken: Wir hoffen, daß, wenn die Regierungs⸗ vorlage vollständig ausgearbeitet ist, sich zeigen wird, daß unsere Verteidigungskraft durch die Annahme dieser Vorlage so stark sein wird, daß wir mit Aussicht auf Erfolg uns verteidigen können und zu etwas anderem als zur Verteidigung ist unsere Kriegsmacht ja nicht geeignet gegen jedermann, der unseren Frieden stören will.

Für den Abend waren zahlreiche Feste in Aussicht ge⸗ nommen, und die Bevölkerung der Hauptstadt bereitete den ländlichen Gästen den herzlichsten Empfang. Im Königlichen Schlosse fand ein Festmahl statt, zu dem 2300 von den Empfangskomitees ausgewählte Teilnehmer des großen Zuges geladen waren.

Die sozialdemokratische Partei und eine Anzahl radikaler Vereinigungen haben Gegenversammlungen in Stockholm und anderen Städten angekündigt, um gegen eine Vermehrung der Rüstungsausgaben, die sie als ebenso unnütz bezeichnen wie die Verlängerung des Heeresdienstes, Einspruch zu erheben.

Griechenland. Ueber die Zusammenstöße

d'Athénes“ gemeldet, daß das 15. Infanterieregiment albane⸗ sische Banden in die Flucht geschlagen hat, die in den

Distrikt Colonia eingedrungen waren, dort in verschiedenen

Ortschaften die albanesische Flagge gehißt und erklärt hatten

sie im Namen des albanesischen Staates zu besetzen, und auch Kontrollkommission

Proklamationen der Internationalen

und der Organisatoren der Gendarmerie verteilt hatten

Zwölf Soldaten und drei Freiwillige wurden in diesen h Albanesen verloren 64 Tote und zahlreiche Verwundete. Ferner

verwundet, fünf Soldaten und zwei ge fielen.

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zwischen griechischen Truppen und albanesischen Banden wird der „Agence

erschienen 600 Albanesen unter dem Major Mustapha vor der Station Veliterna bei Koritza und verlangten, daß Koritza! und seine Umgebung ihnen übergeben werde. Der Kommandant der Station erklärte, er habe keine Anweisung hierzu. Die Einwohnerschaft dieser Gegend ist um ihr Schicksal besorgt.

Rumänien.

Der griechische Ministerpräsident Venizelos ist heute früh in Bukarest eingetroffen.

Amerika.

1 8 Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Port⸗au⸗Prince ist die Lage noch immer unentschieden. Die Kammern sind zum Zwecke der Wahl des Präsidenten einberufen. Es sind zahlreiche Kandidaten vorhanden. Der Senator Theodore hat sich mit dem General Monplaisir verbündet und sich zum Chef der Exekutiogewalt in Cap Haitien ausrufen lassen.

Der peruanische Minister des Aeußern hat an die fremden Vertreter ein Rundschreiben gerichtet, in dem diese ersucht werden, mit der vorläufigen Regierung in Verbindung zu treten. Die Ordnung ist wieder hergestellt.

Die chilenische Abgeordnetenkammer hat obiger Quelle zufolge einen Gesetzentwurf angenommen, durch den der Arbeitsvertrag geregelt und die den Arbeitern bei Un⸗ fällen zustehenden Entschädigungen festgesetzt werden.

Pearlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneteun befinden sich in der Zweiten und Dritten Beilage.

Der Reichstag setzte in seiner heutigen Hog Sitzung, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Del brück bei⸗ wohnte, die Spezialberatung des Etats für das Reichsamt des Innern im Ordinarium der Ausgaben beim Kapitel „Ausführung des Kaligesetzes“ fort. Verbunden werden hiermit in der Diskussion die bezüglichen Einnahmetitel aus dem Absatz von Kalisalzen; die Einnahme an Abgaben ist mit 6 291 000 eingestellt. An Kosten, die dem Reich aus der Ausführung des Gesetzes über den Absatz von Kalisalzen erwachsen, stehen im Ordinarium 500 000 ℳ; für praktische Versuche sowie 1“ Arbeiten und Veranstaltungen zur Hebung des Kaliabsatzes sind ausgeworfen: a. im Inlande 1 800 000 ℳ, davon an landwirtschaftliche Korporationen, Genossenschaften und Verbände und zur Förderung der Kolonisation von Oedland 1 000 000 ℳ; b. in den deutschen Schutzgebieten zur Förderung von tropischen und subtropischen Kulturen 300 000 ℳ; c. im Auslande 3241 600 ℳ. Die Budgetkommission hat den Ansatz für praktische Versuche im Inlande von 1,8 Millionen auf 2 Millionen erhöht. Der Anteil der Korporationen usw. soll dementsprechend auf 1 200 000 gebracht und diese Summe auch zur Förderung des feldmäßigen Gemüsebaus verwendet werden. Ferner hat die Kommission den Propagandafonds für das Ausland um 900 000 auf 4 141 600 erhöht. Endlich soll der im Etat ausgeworfene Betrag zu den Kosten der Untersuchung von Empfängerproben und Vergütungen an Kontrollbeamte von 100 000 nach dem Kommissions⸗ antrag auf 150 000 erhöht werden. Als neuen Titel hat die Kommission dann noch 500 000 zur Ueberweisung an das Kalisyndikat für Ausstellungs⸗ und Propagandazwecke in San Francisco in den Etatsentwurf eingestellt, die Ueber⸗ weisung an den Reservefonds, die im Ordinarium mit 250 000 figuriert, gestrichen, dem Dispositiv die Bemerkung hinzugefügt, daß der Reservefonds vom Reiche zu verzinsen ist, und die Zinsen aus dem Reservefonds unter den Einnahmen mit 1 400 000 eingestellt. 8

Ein Antrag der Abgg. von Graefe (deutschkons.), Erz⸗ berger (Zentr.) und Bärwinkel (nl.) geht dahin, den neuen Ausgabetitel von 500 000 für San Francisco zu streichen hgee den Auslandspropagandafonds auf 4 641 600 zu erhöhen.

Referent Abg. von Graefe⸗Güstrow führte aus, daß man sich mit Rücksicht auf die in Aussicht gestellte Novelle zum Kaligesetz in der Kommission bei der generellen Aussprache eine gewisse Beschrän⸗ kung auferlegt habe. Die Notwendigkeit einer solchen Novelle sei allgemein festgestellt worden, um den der Kaliindustrie infolge der unbegrenzten Vermehrung der Kaliwerke drohenden Gefahren zu begegnen. Das Kalisyndikat habe um die Einstellung von 4 Millionen Markin den Etat für die Auslandspropaganda und um Rückvergütung ihrer Mehraus⸗ gaben gebeten. Die Kommission habe infolgedessen diesem Wunsche entsprochen und die im Etat für Auslandspropaganda vorgesehene Summe dementsprechend erhöht. Zu einer direkten Rückvergütung habe man sich allerdings nicht entschließen können, weil sich das Kali⸗ syndikat nicht in den Grenzen des Etats gehalten habe. Aber aus gewissen Billigkeitsgründen habe man jedoch geglaubt, der Bitte bis zu einem gewissen Grade entsprechen zu sollen. Man habe die Summe abgerundet und mit in die Auslandspropaganda eingestellt, sodaß also von einer Rückvergütung direkt keine Rede mehr sein könne.

Abg. Sachse (Soz.): Die Verzögerung in dem Erscheinen der angekündigten Novelle zum Kaligesetz ist vielleicht auf die Hal⸗ tung der Kaliwerke zurückzuführen. Bei der Einführung des Kali⸗ gesetzes gab es 65 Werke, von denen schon damals mindestens 40 überflüssig waren. Jetzt giht es 165, und wir wissen weiter, daß bald noch weitere 40 förderfähig werden. Der Regierungsvertreter hat in der Kommission selbst erklärt, daß ein Fünstel der vorhandenen Werke ausreichte, um den gesamten Kalibedarf zu decken. Aehnliches wurde auch in der General⸗ versammlung des Kalisyndikats erklärt. Es findet also direkt eine Kräfteverschwendung statt. Jetzt sind in einzelnen deutschen Kleinstaaten weitere Kalifunde gemacht worden. Diese möchten natürlich auch ihr Kali abräumen, da es nicht nur Verdienst, sondern auch Steuern einbringt. Aber auch im Ausland oll jetzt Kali gefunden worden sein. rüher sagte man, Deutsch⸗ land hätte hier ein gewisses natürliches Monopol. Wie es heißt, stellt das Kalisyndikat jetzt in Spanien Mutungen an. Es kann also womöglich noch ausländische Konkurrenz in Frage kommen, wodurch die Ueberproduktion noch größer wird. Das Kalisyndikat spricht selbst schon von einer frei⸗ willigen Sperre und Stillegung verschiedener Werke. Es st nur die Frage, wie dies vollzogen wird. Es scheint jedoch, als ob das Syndikat sich gegen jedes Gesetz wendet, das eine Entschädigungspflicht gegenüber den Gemeinden, Arbeitern und Be⸗ amten vorsieht. Wir sind für die Beibehaltung der sogenannten Kali⸗ abgaben. Wir werden, wenn eine Kaligesetznovelle kommt, den An⸗ trag stellen, daß arbeitslos gewordene Arbeiter und Beamte nicht nur ür den entgangenen Lohn entschädigt werden, sondern auch die Um⸗ zugskosten ersetzt bekommen. Arbeiter sind schon massenhaft entlassen worden, Die Kalisyndikatsherren sind ja selbst daran schuld, daß

iese Kalimisere entstanden ist, die meisten haben die .” mit⸗ gemacht; auch der Fiskus in den Einzelstaaten hat sich daran beteiligt.

(Schluß des Blattes.)

Doppel⸗ und Untertarifen.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (21.) Sitzung, welcher der Justizminister Dr. Beseler bei⸗ wohnte, die zweite Beratung des Etats der Justiz, verwaltung im Kapitel der Oberlandesgerichte bei den Besoldungen der Kanzlisten fort.

Abg. Drinnenberg (Zentr.): Die Anstellungsverhältnisse der Kanzlisten bei den Oberlandesgerichten lassen viel zu wünschen übrig. Die Kanzleibeamten müssen in dieser Beziehung ihren Kollegen bei der Verwaltung gleichgestellt werden. Die Kanzlisten bei den Ober⸗ landesgerichten stehen auch in einem tieferen Range als die Kanzlei⸗ beamten bei den Provinzialbehörden. Dadurch wird ihre Standes⸗ ehre verletzt, und die Berufsfreudigkeit leidet darunter. Ich bitte den Minister, dafür zu sorgen, daß die Tätigkeit dieser Beamten nicht so gering eingeschätzt wird. Eine Besserstellung des gesamten Kanzlei⸗ personals ist dringend notwendig, damit endlich Ruhe und Zufrieden⸗ heit bei diesen Beamten eintritt. Ich bitte die Regierung, in eine erneute Prüfung des Kanzleiwesens einzutreten und die hier hervor⸗ tretenden Mißstände nun endlich zu beseitigen.

Abg. Mathis (nl.): Namens meiner politischen Freunde stimme ich dem Vorredner bei. Auch wir wünschen, daß eine organische Aenderung des ganzen Kanzleiwesens so bald als möglich erfolge.

Bei den Ausgaben für die Hilfsarbeiter befürwortet

Abg. Dr. Cremer (nl) die Schaffung neuer Oberlandes⸗ gerichtsratsstellen. Es ergäben sich Mißstände daraus, daß vielfach Assessoren in Zivilkammern der Landgerichte beschäftigt werden müßten, weil die Landrichter als Hilfsrichter bei den Oberlandesgerichten ver⸗ wendet würden.

Der Rest des Kapitels der Oberlandesgerichte wird ohne Debatte bewilligt.

Es folgt das Kapitel der Landgerichte und Amts⸗ gerichte.

Zu diesem beantragt der Abg. Wildermann (Zentr.), die Regierung zu ersuchen, möglichst bald aufeine Abänderung der Landgerichtsbezirke Essen und Bochum durch Hinzufügung neuer Landgerichte tunlichst in den Städten Gelsenkirchen und Recklinghausen Bedacht zu nehmen.

Der Abg. Hasenclever (nl.) beantragt, die Re⸗ gierung zu ersuchen, möglichst bald auf die Errichtung eines Amtsgerichts für die Gemeinden Wanne und Eickel Bedacht zu nehmen.

Abg. Wildermann (Zentr.): Die Erfüllung meines Antrags liegt im Interesse der Bevölkerung des Westens. Vor allen Dingen möchte ich dafür eintreten, daß die Stadt Recklinghausen ein Land⸗ gericht bekommt. Die Bevölkerung muß weite Strecken mit der elektrischen Bahn fahren, sie muß von einer elektrischen Bahn zur andern wandern, und wenn dann der Mann, der sich zum Gericht begeben will, Glück hat, kommt er auch noch zu spät, nachdem er über zwei Stunden unterwegs gewesen ist. Die Stadt Recklinghausen ist am günstigsten für ein neues Landgericht gelegen. 1

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Der neue Lohntarif für die Seidenbandindustrie des bergischen Landes (vpgl. Nr. 29 d. Bl.), der von den Band⸗ wirkergesellen angenommen worden ist, verzeichnet nach dem Vorschlag der Fabrikanten für sämtliche rohgewebten Bänder etnen Lohnaufschlag von 2 % und für fadengefärbte Herren⸗ hutbänder einen solchen von 3 %. Bewilligen die Fabri⸗ kanten dem Bandwirkermeisterverbande Konjunkturzuschläge, so sollen diese auch für die Gesellen Geltung erhalten. Ebenso sollen den Gesellen Zuschüsse gewährt werden, wenn für den Bandwirker⸗ meisterverband eine dauernde Erhöhung der Löhne eintritt. Der Ver⸗ trag gilt für drei Jahre. b

In Nürnberg schweben, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, seit dem 2. Februar die Verhandlungen über Betlegung der in etwa 60 deutschen Städten ausgebrochenen Streitigkeiten im Schneider⸗ gewer be vor einem Schiedsgericht, das aus dem Magistratssyndikus Dr. Hiller⸗Frankfurt a. M., Gewerbegerichtsdirektor Dr. Prenner⸗ München und Magistratsrat von Schulz⸗Berlin, gebildet wird. Anwesend sind über 200 Vertreter der Alrbeit⸗ geber und Arbeitnehmer aus ganz Deutschland. In den ersten drei Tagen wurde von früh bis Abends über die Zuweisung der einzelnen Firmen in die verschiedenen Tarifklassen ver⸗ handelt, und es waren 16 Schiedssprüche zu fällen. Die nächsten Sitzungen gelten der Erledigung der in 19 Städten bestehenden Meinungsverschiedenheiten über Beseitigung oder Einschränkung von Im Anschluß daran wird die Hauptfrage der Lohnansprüche in sämtlichen Städten in Angriff genommen werden. Die Verhandlungen gestalten sich bei der Verschiedenheit der Verhält⸗ nisse nicht nur von Stadt zu Stadt, sondern auch innerhalb ein⸗ zelner Städte außerordentlich schwierig.

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Kunst und Wissenschaft. 8

In Dresden fand gestern in Gegenwart Seiner Majestät des Königs, der Mitglieder des Königlichen Hauses, der Minister sowie der Spitzen der staatlichen und städtischen Behörden und zahl⸗ reicher Vertreter der Künstlerschaft die Feier des 150 jährigen Bestehens der Königlichen Akademie der bildenden Künste statt. Die Akademien in Wien, Berlin, München, Stutt⸗ gart, Düsseldorf und Königsberg hatten Abordnungen entsandt. Die Festrede hielt der Geheime Hofrat, Professor Treu. Der Kurator der Akademie, Seine Königliche Hoheit der Prinz Johann Georg überreichte sodann Seiner Majestät dem König aus Anlaß des Jubt⸗ läums eine von Professor Wrba entworfene, einzige, in Gold geprägte Plakette. Hierauf wurden durch den Staatsminister Grafen Vitzthum von Eckstädt die vom König aus Anlaß des Jubiläums verliehenen

Auszeichnungen b kanntgegeben.

Der Arbeitsplän der neu gegründeten Religions⸗ geschichtlichen Kommission der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften ist soeben erschienen. Die Quellen der Religionsgeschichte sind darin unter 12 Gruppen verteilt: Religionen des indogermanischen Sprachgebiets in Europa; ägyptische und alt⸗ semitische Religionen (mit Einschluß der mandäischen); Judentum, Iflam, Religion der ural⸗altaischen und der arktischen Völker, iranische, armenische, kleinasiatische, kaukasische Religionen, indi sche Religion, afrikanische, primitive Religion Südasiens und Ozeaniens. An der Herstellung des Plans haben sich außer den 19 Mitgliedern der Kommission mehr als 50 Gelehrte von Ruf beteiligt, sodaß das Programm als Spiegelbild des heutigen Standes der religions⸗ geschichtlichen Quellenforschung gelten kann. Außer den bereits gedruckten (5) oder im Druck befindlichen (2) Werken sind schon 30. andere Themata zur Bearbeitung vergeben worden.

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Die Aufdeck es ältesten Heili „Mundus“ auf dem römischen Palatin, wo das Saatkorn Roms verwahrt war, das aus den unterirdischen Felsgrotten zweimal im Jahr entnommen und dann feierlich gesät wurde, ist jetzt von Giacomo Boni auf der Höhe des Palatins gefunden worden. Das ist die be⸗

deutsamste Entdeckung, die seit der des berühmten „schwarzen Steins“, des lapis niger, überhaupt in Rom gemacht worden ist. Tief in der Mute des palatinischen Hügels befindet sich dies geheimnisvollste Heiligtum der Stadt. Wie Professor Ernst Steinmann im „Ci⸗ cerone“ schreibt, wird der Palatinbesucher den Mundus, den schon die Republik vergaß und nach dem schon Augustus geforscht zu haben scheint, an der Nordostecke des Implubium des Flavierpalastes suchen müssen. Hier entdeckte man 12 m tief unter den kaiserlichen Bauten eine von Tuffsteinen umkränzte Oeffnung, die von großen Tuffstein⸗ quadern eingefaßt ist. Boni fand das uralte Heiligtum, dessen Gestalt sich etwa mit dem Inneren eines ungeheueren Fasses vergleichen läßt, leer und in wohlerhaltenem Zustande. Der Gelehrte arbeitet zurzeit daran, das rätselhafte Heiligtum in seinem ganzen Umfange aufzudecken. Denn dieser Schacht zeigt in der Tiefe eine Oeffnung, die mit dem Lapis manalis bedeckt war und erst dieser zweite Schacht führt in eine Art von Kornspeicher, in deren Mitte sich ein neuer Schacht öffnet, der vertikal zu dem untersten Geschoß des Bauwerks hinabführt, das sich unter dem Palatin hinzieht. Diese sogenannten Favisse, unter⸗ irdische Gemächer, die auch unter dem kapitolinischen Hügel sich aus⸗ breiteten und dort dazu dienten, unbrauchbar gewordene Statuen und Götterbilder aufzunehmen diese „Favisse geben dem Mundus erst seine eigentliche Bedeutung. Hier öffnet sich im tiefsten Schoß der Erde, zunaächst mit der Oberfläche des Palatins durch den Mundusschacht direkt ver⸗ bunden, ein runder, gewölbter Raum, aus dem zwei im Spitzbogen überwölbte Galerien in den Felsen hineinführen. Die eine endet nach wenigen Schritten im Felsen, die andere gliedert sich in zwei Arme, von denen der eine schneckenartig nach Osten geht, während der andere, geradelaufende, sich mehr nach Süden wendet. Beide Arme aber finden sich zusammen in einer zweiten, fünf Meter hohen, kuppelartig gewölbten Felsgrotte, die wiederum in der Mitte einen Schacht hat. Dreimal im Jahre wurde der Mundus geöffnet. Im August bei den Erntefesten die in Rom durch Wettrennen gefeiert wurden und im Oktober und November, um dann den Tiefen der Erde das Saatkorn zu entnehmen, das in diesen Monaten gesät werden mußte. Pluto und Proserpina, den Göttern der Unterwelt, war der „Mundus' geweiht, den man auch „Tor des Orkus“ oder „Schlund des Pluto“ genannt hat. Angesichts der schauervollen Tiefen, in die diese Schächte tatsächlich hinabführen, ist der Ausdruck allerdings ver⸗ ständlich. Denn es ist schwer, sich eine Vorstellung von der Aus⸗ dehnung und der wahthaft erhabenen Struktur dieser unterirdischen Räume zu machen, die ein tausendjähriges Schweigen erfüllt.

Französische Ausgrabungen in Susa. Mecquenem, der Nachfolger Morgans in der Leitang der französischen Ausgrabungen in Susa, hat in einer der letzten Sitzungen der Académie des Inscriptions über die Ergebnisse der Ausgrabungen im vergangenen Jahre berichtet. Der Palast des Darius, der seit 1908 erforscht wird, ist weiter freigelegt worden. Eine Gesamtdarstellung der bisher ge⸗ wonnenen Ergebnisse wird demnächst von dem Architekten Pillet ge⸗ geben werden. Die Ausgrabungen auf der alten Burg von Susa haben zu wichtigen Funden geführt; es handelt sich um eine größere Anzahl weiterer sogenannter protoelamischer Tafeln, um eine Reihe wertvoller archaischer Zylinder und um zahlreiche Kleinfunde. In der eigentlichen Stadt wurde ein elamisches Heiligtum aus der Zeit um 1200 v. Chr. entdeckt, von höchstem archäologischen Interesse wegen der ganz neuartigen Ziegelreliefs, auf denen u. a. Menschen⸗ köpfe mit Tierohren dargestellt sind. In dem Stadtteile der Künstler wurden zahlreiche emaillierte Vasen und arabische Fayeneen gesammelt. Mecquenem wird eine epigraphisch⸗archäologische Arbeit über die protoelamischen Tafeln erscheinen lassen.

Nr. 11 des „Zentralblatts der Bauverwaltung', her⸗ ausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 7. Fe⸗ bruar hat folgenden Inhalt: Amtliches: Runderlaß vom 24. Ja⸗ nuar 1914, betr. die Aufstellung der Lohnrechnungen für Tagelohn⸗ und Stücklohnarbeiten. Dienstnachrichten. Nichtamtliches: Das neue Empfangsgebäude auf dem Hauptbahnhof in Darmstadt. Ein neues Verfahren zur Berechnung von Druckstäben auf Knicken. Vermischtes: Gedächtnisfeier für Otto March und Heino Schmieden im Architektenverein in Berlin. Gas⸗Steckkontakt. Finnländische Verbindungsbahn und die neue Newabrücke. Bücherschau.

Im Königlichen Opernhause geht morgen, So⸗ Verdis Oper „Ein Maskenball“ in teilweise neuer Besetzung der Hauptrollen in Szene. Frau Miekley⸗Kemp singt erstmalig die Amelia, Frau Bosetti zum ersten Male in Berlin den Pagen Oskar. In der Rolle des René beginnt Herr J. Schwarz von dem K. K. Hofoperntheater in Wien sein auf drei Abende berechnetes Gastspiel. Herr Schwegler singt zum ersten Male den Tom, Herr Philipp hat die Rolle des Richters übernommen. Im Besitz ihrer früheren Rollen sind verblieben: Herr Kirchhoff (Graf Richard), ferner Fräulein Vilmar (Ulrika) und die Herren Bachmann (Samuel), Habich (Silvano). Die musikalische Leitung hat der Kapellmeister von Strauß. Am Montag wird „Violetta“ mit Frau Bosetti, Herrn Jadlowker und Herrn Hoffmann in den Hauptrollen gegeben. Dirigent ist der Kapellmeister Dr. Besl. Im Königlichen Schauspielhause wird morgen das heitere Volksstück „Der Schlagbaum“ von Heinrich Lee in der bekannten Be⸗ setzung gegeben. Montag geht das vaterländische Schauspiel „1812“ von Otto von der Pfordten in Szene.

Als siebentes Stück des Shakespeare⸗Zyklus wird im Deutschen Theater am Mittwoch nächster Woche „König Heinrich der Vierte“, erster Teil, neueinstudiert, aufgeführt. In den Hauptrollen sind die Herren Albert Bassermann, Alfred Breiderhoff, Joseph Danegger, Fritz Delius, Wilhelm Diegelmann, Ernst Dumcke, Karl ECbert, Joseph Klein, Friedrich Kühne, Ernst Matray, Alexander Moissi, Wilhelm Murnau und die Damen Else Bassermann, Else Heims und Sophie Pagay beschäftigt. Max Reinhardt hat das Werk in Szene gesetzt.

Die nächste Aufführung von „Parsifal“ im Deutschen Opernhause, zu der noch Karten zu haben sind, sindet am Sonn⸗ tag, den 22. Februar, statt, während die „Parsifal“⸗Vorstellungen der kommenden Woche: am Sonntag, den 8. Februar, ferner am Montag, Dienstag, Freitag und Sonnabend, ausverkauft sind. Dieser letztere Um⸗ stand hbat im Publikum die irrige Meinung erweckt, als ob es überhaupt keine Karten zum „Parsifal“ im Deutschen Opernhause mehr erhalten könne und auf die Händler angewiesen wäre, denen es leider gelungen ist, sich einer Anzahl Karten zu bemächtigen. Demgegenüber macht die Direktion darauf aufmerksam, daß das Bühnenweihfestspiel in den ständigen Spielplan des Deutschen Opernhauses aufgenommen ist und auch fernerhin so oft gegeben werden wird, als es die Schwierigkeit des Werkes, das an die Kraft sämtlicher Mitwirkenden die höchsten Anforderungen stellt, gestattet.

Der VIII. Deutsche Kunstabend zugunsten des Vereins für das Deutschtum im Ausland findet morgen, Abends 8 Uhr, im Bürgersaal des Berliner Rathauses statt. Mitwirkende sind die Damen Rosa Sachse⸗Friedel (Alt), Anna von Pilgrim und Lottt Eichstaedt (Sopran), die Herren Bruckhoff (Tenor), Mödlinger (Baß) und Pusch (Bariton). Die musikalische Leitung hat der Kapellmeister Robert Heumann. Eintrittskarten zu 1,50 ℳ, 1 und 0,50 sind bei Bote u. Bock und Wertheim sowie Abends an der Kasse zu haben.

Sonntag,