sein, mit diesem uneingelösten Königswort ist in der Wahlbewegung
das uneingelöste Königswort betrifft, so wollen wir doch einmal ehrlich
ein Riesenschwindel getrieben worden. Ich möchte ein anderes Königs⸗ wort nennen und die Linke daran erinnern, wie sie mit diesem Königswort umgegangen ist. In der Thronrede von 1899 wird gesagt, daß es un⸗ abweisbare Pflicht der Staatsregierung sei, die persönliche Freiheit zu schützen, insbesondere auf dem Gebiete des Arbeitswilligenschutzes. Wit sind Sie denn mit diesem Königswort Ihrerseits umgegangen⸗ Ihrke Partei hat einen darauf bezüglichen Gesetzentwurf im Reichstag abgelehnt. Will man denn bestreiten, daß meine Freunde an der Wahlreform von 1910 ernstlich mitgearbeitet haben? Wir haben uns nicht verständigen können, aber wir haben doch den ernsten Willen gehabt, etwas Gutes zu schaffen, und man war bereit, auf beiden Seiten weitgehende Konzessionen zu machen. Lassen Sie uns doch mit diesem Köntaswort zufrieden. Wir vertreten die Interessen der Monarchie nach bestem Wissen und Gewissen. Wir würden auch kein Bedenken haben, die Interessen des Königs und der Monarchie ge⸗ gebenenfalls auch gegen den Wunsch des Königs zu vertreten. Ich komme nun zu den Reden, die bei der Generaldebatte des Etats von den Abgeordneten Roachling, Heydebrand und Schiffer gehalten worden ind. Wenn man sie zusammenfaßt, so ergeben sie ein höchst interessantes Pne der politischen Lage in Preußen. Die Rede des Abgeoroneten Röchling hat uns alle an die besten Zeiten der Nationolliberulen er⸗ innert, sie hat daran erinnert, wie zahlreich und eng die bestehenden Berührungspunkte zwischen den Konservativen und Nationalliberalen sind und wie unsinnig es eigentlich ist, wenn wir uns mit solcher Heftigkeit bekämpfen. An den Ausführungen des Abgeordneten von Heydebrand war das Interessanteste seine Erklärung über unsere zu⸗ künftige Wirtschaftspolilik und die Stellungnahme seiner Partei dazu. (Redner verliest den betreffenden Passus.) Das ist eine so staatsmännische und maßvolle Politik, daß wir dazu nur unsere aufrichtigste Genugtuung aussprechen können. Wir dürfen ohne Ueberbebung sagen, daß wir unsere wirtschaftspolitische Anschauung seit 1872, seit den Tagen des Heurrn von Stumm und meines verewigten Vaters, immer mit Nachdruck poeft gegen schwere Widerstände, aber auch mit Erfolg vertreten haben;
die hesfabenngen des Abg. von Heydebrand zeigen, daß zwischen diesen Anschauungen bei uns und bei den Konservativen nach keiner Richtung ein Gegensatz vorhanden ist. Ich bedaure, daß diese außerordentlich maßvolle entgegenkommende Erklärung bei dem Abgeordneten Schiffer kein freundlicheres Echo gefunden hat. Der Abg. Schiffer hat etwas viel linksliberales Wasser in den altliberalen Wein gegossen. Er hat gefragt, was denn eigentlich freikonservativ sei. Wer in einem solchen Glashause sitzt, sollte doch nicht derart mit Steinen werfen. Der Abg. Schiffer gehört doch einer Partei an, die unzweifelhaft in den letzten Jahren schwere Krisen durchgemacht hat. Sie haben sich hier fagen lassen müssen daß der Abg. Bassermann am 4. Dezember dem Reichskanzler ein Mißtrauensvotum erteilte und dann am 8. Januar in Stuttgart gesagt hat, der Reichskanzler sei eigentlich ein national⸗ liberaler Parteimann; so etwas ist doch noch nicht dagewesen. Unsere Haltung in den großen Fragen der letzten Zeit ist eine ganz einwand⸗ freie, ganz konsequeat gewesen, wir haben in allen Fällen eine Politik der geraden Linie verfolgt. Wir haben die Reichsfinanzreform von 1909 mitgemacht, wir sind damals mit Entschiedenheit auf die Seite der Deutschkonservativen getreten und haben die große Freude gehabt, daß die Nationalliberalen Graf Oriola, von Heyl und Lehmann sich uns anschlossen. Wir haben bei der Reichsfinanzreform von 1913, bei der Besitzsteuer, uns von den Deutschkonservativen ge⸗ trennt und haben die Freude gebabt, daß auch die Deutsch⸗ konservativen Nehbel und von Veit sich uns anschlossen. In diesem Sukkurs von beiden Seiten sehe ich bestätigt, 3 daß wir in allen Fällen eine gradlinige Politik verfolgt haben. Wir haben große Verluste bei den letzten Reichstagswmahlen gehabt. Ich habe selbst dem Abg. von Heydebrand gegenüber erklärt, daß wir als Partei wohl nicht wiederkehren würden. Trotzdem haben wir so gehandelt. Wir haben das Vaterland über die Partei gestellt. Der Abg. Schiffer hat Freiherrn von Zedlitz ironisch mangelnde politische Zuverlässigkeit vorgeworfen. Das hat auf uns einen erheiternden
Eindruck gemacht; denn gerade auf dem Gebiete der politischen Un⸗ Eindluffi kein dürfte doch gerade der Abg. Schiffer Autorität sein. Er ist mit einer der besten Redner des Hauses. Ich sage offen, wenn ich ihn reden höre, so beschleicht mich immer ein Gefühl, des Neides, daß ich diese rethorische Fähigkeit nicht habe. Mein Vater tröstete mich aber einmal, indem er sagte, daß wirklich große Redner meist
lechte Politiker sind. Auch Fürst Bismarck hat es ja einmal aus⸗ daß er es sehr übelnehmen würde, wenn man ihn für einen guten Redner halten würde. Die polttische Fähigkeit des Abg. Schiffer schätze ich darum nicht so hoch ein. Zieht man die Bilanz dieses Streites, so hat die nationalliberale Partei nichts gewonnen. Die konservativen Parteien haben schwere Verluste gehabt, sie haben dagegen an Einigkeit und Geschlossenheit gewonnen. Die National⸗ liberalen sind infolge ihrer Haltung von schweren inneren Krisen heim⸗ gesucht worden, die schlimmer als alle Mandatsverluste sind. Gegenüber den Ausführungen des Abg. Schiffer möchte ich noch ganz besonders hervorheben, daß die dringende Notwendigkeit vorliegt, daß sich alle national Gesinnten über unsere Wirtschaftspolitik verständigen. Der Abg. von Heydebrand hat den Reichskanzler gewissermaßen als unseren hingestellt und es des halb verständlich gefunden, daß wir ihn unterstützen. Wir stehen aber dem Ministerpräsidenten durchaus unabhängig gegenüber. Der Abg. von Zedlitz hat ja auch in seiner Rede Aeußerungen getan, durch die sich der Ministerpräsident sehr verletzt gefühlt hat. Das beweist doch nur, daß auch wir der Politik des Reichskanzlers durchaus unabhängig gegenüberstehen. Der preußische Ministerpräsident hat sich als Reichskanzler durch die Durch⸗ bringung der Wehrvorlage ein großes und dauerndes Verdienst er⸗ worben. Auch für die Beilegung der Welfenfrage danken wir ihm. Ich bedaure aber, daß in den Ausführungen des Ministerpräsidenten ein so starkes Maß von Empfindlichkeit enthalten ist. Wenn Angriffe von unserer Seite kommen, so kommen sie nicht, um zu kränken, sondern wir wollen nur, daß Fehler der Vergangenheit in der Zukunft vermieden werden. Parlamente sind keine Mädchenpensionate. Wo gehobelt wird, fallen Späne! Gerade die Regierung hat ein Inter⸗ esse daran, daß wir selbständig konservative Politik treiben. Das ist bet der Unterstützung, die wir ihr ja in den meisten Fällen angedeihen lassen, von um so höherem moralischen Wert. Ueber unserem ganzen Volke liegt ohne Zweifel ein tiefer Unmut, der sich nicht durch die Beseitigung der Polizeiverordnungen aus der Welt schaffen läßt. Die Verstimmung rührt her aus der Belastung des Besitzes mit Steuern und auch aus den nahezu unerträglichen sozialen Lasten. Es handelt sich da nicht um die finanziellen Opfer, sondern um das Maß von Arbeit, das die einzelnen aufbringen müssen. Wir meinen, daß mit dieser Versicherungsgesetzgebung endgültig Schluß gemacht werden könne. Es würde allgemein mit Freude begrüßt werden, wenn zehn Jahre lang kein Gesetz gemacht wird, alles würde dann aufatmen. Wir verkennen dabei nicht, daß auch in unserem sozialen Leben noch manches zu tun und bessernde Hand an manche Schäden zu legen ist, da ist die ö’— der Tuberkulose, der Syphilis, Schutz der Kinder gegen Ausbeutung, Beschränkung der Nachtarbeit u. a. Das Korrelat dieser Soztalpolitik ist aber ein rücksichtsloses und energisches Vorgehen gegenüber der Sozialdemokratie, sei es durch Ausnahme⸗ gesetze, sei es auf dem Wege des gemeinen Rechts. Auf dem letzten Parteitage hat sich zwar die Soztaldemokratie eines möglichst an⸗ ständigen Tones befleißigt. Ihr wahres Gesicht hat sie aber am 3. Dezember v. J. gezeigt. Da hat sie einen großen Mangel an Herzensbildung erkennen lassen, der auch sonst bei ihr zu finden ist. Und man braucht nur an das Verhalten der Partei bei den Aus⸗ führungen des Kriegsministers zu denken. Man stellt es so hin, als ob von konservativer Seite die Grundlagen des Reichs angegriffen würden, als ob wir eine Verfassungsänderung wollten. Das Gegenteil ist richtig. So wie die Dinge liegen, treten gerade wir für die Aufrechterhaltung der Reichsverfassung ein, und diejenigen, die die Verfassung stürzen wollen, sind in einem ganz anderen Lager. Man braucht nur den Resolutionsunfug im Reichstag zu betrachten, der jeder Beschreibung spottet. Der Abg. Dr. Müller⸗Meiningen hat neulich gesagt, es wäre eine unerhörte Provokation des Reichstags,
mit Wahrnehmung von Staatsgeschäften erhoben.
waren nun aber im Gegenteil eine außerordentliche Provokation des Königs von Preußen. Die Kommandogewalt des Königs und Kaisers ist in erster Linie eine Kommandogewalt des Königs von Preußen. Man vergißt, daß der König von Preußen die Militärkonvention ab⸗ geschlossen hat. Aber die Herren sind wohl mit den staatsrechtlichen Dingen nicht so vertraut. Die Verordnungen des Kaisers hierbei werden meist nur vom Kriegsminister gegengezeichnet. Das ist die Rechtslage, die durchaus der historischen Entwicklung entspricht. Wir wünschen es nicht, was der Reichstag will, daß der König von Preußen abdankt zugunsten einer Demokratie, mag sie geleitet werden von dem Abg. von Pacers oder von dem Abg. Erzberger. Wir lassen den süddeutschen Staaten ihre Eigenart. Wir wollen aber auch unsere Eigenart behalten. Wir führen den Kampf für das Reich, für ein mächtiges Deutsches Reich. Ich bin überzeugt, daß, wenn die Regierung diesen Kampf führen will, sie die Unterstützung der besten Elemente bis in die Reihen des Zentrums und der liberalen Parteien haben wird. Wenn das geschieht, wird das Land befreit werden von den Gesahren, von denen es jetzt 8 1 “ Abg. Lin entr.): Der Abg. von Kardorff hat mit Unre
beklagt, daß t. e S2 hee Fahiakent abgeht; er hat das Wort mit großer Meisterschaft beherrscht, aber sich doch sehr stark mit Gegenständen beschäftigt, die meiner Auffassung nach in den Reichstag gehören. Ich kehre zurück zum preußischen Minlsterium des Innern und zu unserer Aufgabe, die Spezialaufgaben dieses Ressorts einer Erörterung zu unterziehen. Leider sind ja jetzt die wichtigsten Materien ausgeschieden; man darf nicht reden über die Kommunalabgaben, über die allgemeine Landesverwaltung. Was 8 E1“ 82 trifft, 1 die Klage wegen Ueberlastung der Geme
trifft, so wird vielfach die Klag g nc sehe Ansicht darf eine gewisse Belastung dieser Art schon im Interesse der 111 gar nicht fehlen. Uebernimmt der Staat etwa die Armen⸗ oder die Schullast, so würde man damit in die ganze historische Entwicklung der Gemeinden hineinschneiden; wird umgekehrt verlangt, daß der Staat den Gemeinden Geldgeschenke macht, so
müssen die Gemeinden diese selbstverständlich mit einer verschärften
Staatsaufsicht bezahlen. Nur in einem Punkte sollte man mit der Se Gemeinden vorsichtiger sein, nämlich in der Belastung mit statistischen Ermittlungen; es gibt Landgemeinden, die unter dem Uebermaß dieser Zumutung geradezu erfticken. Durchaus revisions⸗ bedürftig sind die Landgemeindeordnungen. Der Minister hat vor kurzem eine Deputation von Landgemeinden empfangen, die ihre Wuͤnsche wegen Revision der Landgemeindeordnung vortrug; auch die rheinischen Landgemeinden haben einen gleichen Wunsch dem Minister ausgesprochen. Die rheinische Landgemeindeordnung hat zu unerträglichen Zuständen geführt. Der Kernpunkt aller Beschwerden ist, daß bei der Wahl der rheinischen Land⸗ bürgermeister die Selbstverwaltung gänzlich ausgeschlossen ist. Der rheinische Landbürgermeister ist aber die Basis, auf der sich die ganze Landgemeindeordnung aufbaut, und ausgerechnet bei dessen Wahl soll die Selbstverwaltung beiseite bleiben. Sachliche Gründe dafür gibt es nicht, die Gründe liegen anderswo; man will verhindern, daß noch mehr Angehörige des Zentrums in diese Posten kommen. Haben denn aber die Herren, die unserer Partei angehören und ins Rathaus eingezogen sind, einen Rathausturm ins Wanken gebracht? Nein, das haben sie nicht, sondern sie haben ihn auf der Basis des Gemein⸗ wohls und der echten, wahren Toleranz gefestigt. Ich bitte also den Minister, zu erwägen, ob es nicht angebracht ist, unseren Klagen auf diesem Gebiete recht bald nachzugeben; der Rheinländer will dasselbe Recht haben, was die anderen Provinzen schon besitzen. Mit unseren bisherigen Klagen über die mangelnde Parität bei der Besetzung der Aemter haben wir keinen Erfolg gehabt; wir werden jetzt, um darin weiter zu kommen, dem Minister schwarz auf weiß den Beweis für die Berechtigung unserer Beschwerden bei diesem traurigen Kapitel erbringen; wir werden so oft und so lange damit kommen, bis Remedur eintritt. Die Erörterung der Frage des Berliner Schutz⸗ mannsvereins hat sich der Abg. von Kardorff doch gar zu leicht ge⸗ macht. Er hält das Verbot des Polizeipräsidenten für berechtigt, weil das Gesetz ihm zur Seite stehe und weil die Schutzmänner eine militärische Organisation haben. Wir aber halten die Koalitions⸗ freiheit der Beamten hoch; sie kann nicht durch ein einfaches Verbot beseitigt werden. Ich habe die Statuten des Vereins ganz genau durchstudiert; ich finde nichts darin, was mit den Pflichten und Rechten der Beamten in Widerspruch stände, ich finde darin auch nichts von Staatsgefahr und von politischer Be⸗ denklichkeit; und die Schutzmänner sind doch auch Staatsbürger Ein ziemlich trübes Bild bot der Prozeß wegen der Cölner Polizei⸗ mannschaft. Es hat sich ja erfreulicherweise gezeigt, doß der größte Teil der Beamten ehrlich und unbestechlich ist; es hat sich aber her⸗ ausgestellt, daß tatsächlich Durchstechereien vorgekommen sind. Damit will ich nicht sagen, daß die Gelder alle in die Taschen der Beamten geflossen sind. Mein Kollege Marx hat ausgesprochen, daß die Sitten⸗ polizei in Cöln die Zügel am Boden schleifen läßt. Er hat gebeten, hier schärfer einzuschresten. Es ist jedoch nichts geschehen. Die Woh⸗ nungen, die man höheren Beamten anweist, sind oft nur für ganz kleine Beamten ausreichend. Es existiert ein Erlaß, nach dem solche Beamten, die nicht repräsentieren können, eine besondere Repräsen⸗ tationszulage erhalten können. Leider wird biernach nicht immer verfahren. Der Geburtenrückgang ist eine sehr betrübende Erscheinung Namentlich in Berlin und in den Vororten ist er besonders zu beobachten. Wenn wir nicht eingreifen, so leidet das Wohl des Staates und das Wohl des Volkes. Ich freue mich, daß im deutschen Reichs⸗ tag in dieser Frage auch alle Parteien (Ruf rechts: bürgerliche) — jawohl, bürgerliche Parteien einig sind, daß Maßnahmen ergriffen werden müssen. Ich bedaure, daß sogar deutsche Reichspatente erteilt sind, um gegen die Volksvermehrung zu wirken. Das ist unerhölt. Glauben Sie denn, daß sie mit diesen Mitteln der Krankheit steuern? Ist das eine Krankheit des Körpers oder der Seele? Es handelt sich nicht nur um eine sittliche Frage, sondern um eine sittlich⸗religiöse. Mit allen diesen äußeren Müteln läßt sich die volksverzehrende Krank⸗ heit nicht heilen. Man kann sie nur bekämpfen. Wer hat zuerst seine warnende Stimme erhoben? Das waren nicht die Gelehrten auf dem Katheder, sondern es war die christliche Kirche. Die katholische Kirche hat hinter jedes katholische Ehepaar den Beichtvater gestellt. Ihre Sittenreinheit ist ihr Stalz. Nur durch die Ausbreitung des religiösen Gedankens kann diesem Uebel gesteuert werden.
Minister des Innern Dr. von Dallwitz:
Meine Herren! Ich glaube, die Frage des Geburtenrückgangs wird wohl zweckmäßiger beim Etat der Medizinalabteilung in der Spezialberatung eingehend zu behandeln sein. Ich möchte mich daher darauf beschränken, auf die anderen Anregungen des Herrn Vor⸗ redners einzugehen. Er hat eine ganze Reihe wichtiger, das sittliche Gebiet berührender Fragen uns vorgetragen, und auch in manchen Beziehungen Wege angedeutet, auf denen eine Besserung erfolgen könnte.
Der Herr Vorredner hat u. a. den steigenden Luxus in Beamtenkreisen erwähnt und seine Bekämpfung durch den Erlaß einer allgemeinen Rundverfügung in Anregung gebracht. Ich fürchte, daß auf diesem Wege das Ziel nicht erreicht werden könnte. Ich teile durchaus den Standpunkt des Herrn Vorredners, daß der überhand nehmende Luxus ein Krebsschaden für das Be⸗ amtentum ist, und daß manches der traurigen Vorkommnisse, auf die ich nachher zu sprechen kommen werde, dem allgemeinen Luxus zuzuschreiben ist, glaube aber, daß die Schlichtheit und Einfachheit des Beamtentums nur durch die Erziehung des heranwachsenden Be⸗ amten und dadurch aufrecht erhalten werden kann, daß das Beamten⸗ tum sich nach wie vor von denjenigen Kreisen fernhält, deren Mittel die seinigen übersteigen und deren Verkehr es mitzumachen nicht in
8 glaube es zur Ehre des Beamkenkums aussprechen zit sollent, Haß 18 allen Orten, die nicht wie (die Großstädte besondere Verhältnisse mit sich bringen, die Lebensweise der Beamtenschaft nach wie vor eine schlichtere und einfachere ist als die mancher anderen kbürger⸗ lichen Kreise.
Der Herr Abg. Linz hat die Behauptung aufgestellt, daß in Cöln die Zahl der sittenpolizeilichen Kontraven⸗ tionen außerordentlich zugenommen habe, daß aber trotz aller Be⸗ schwerden, die dieserhalb vorgebracht seien, nichts geschehen sei, und mithin nach dieser Richtung eine Besserung auch nicht eingetreten sei und eintreten könne. Ich glaube dem widersprechen zu sollen. Es sind sehr scharfe Verfügungen gerade nach Cöln gegangen, um die Aufmerksamkeit der Beamtenschaft auf die dortigen Verhältnisse zu lenken, und der Erfolg hat sich auch in einer außerordentlichen An⸗ häufung der wegen Sittenpolizeikontraventionen verhängten Strafen bereits gezeigt.
Der Herr Abg Linz ist auch auf die Vorfälle in Cöln bei dem Prozeß Sollmann zu sprechen gekommen, und ich muß leider bestätigen, daß sich in diesem Prozeß gezeigt hat, daß eine Anzahl unwürdiger Elemente längere Jahre hindurch bei der dortigen Po⸗ lizeiverwaltung tätig gewesen sind, ohne daß es gelungen wäre, diese Elemente rechtzeitig ausfindig zu machen und geeignetenfalls auch abzustoßen. Es hat aber allerdings nicht erst dieses Prozesses bedurft, um die Aufmerksamkeit der Behörden auf die dortigen Zustände zu lenken. Das ergibt sich aus dem Prozeß Sollmann selbst und aus den Vorgängen. Schon im Jahre 1911 hatte die Aufsichtsbehörde gegen den Kriminalkommissar Hannemann, der ja eine erhebliche Rolle in dem Prozeß Sollmann gespielt hat, ein Vorverfahren, eine gerichtliche Untersuchung bei der Staatsanwaltschaft beantragt, weil der Verdacht gegen ihn vorlag, daß er mit Altwarenhändlern, gegen die eine Untersuchung schwebte, in unerlaubten Verbindungen ge⸗ standen habe. Diese Untersuchung ist seitens der Staatsanwaltschaft gegen Hannemann und gegen eine Reihe sonstiger Beamten geführt, nach einem Jahre aber wieder eingestellt worden, weil ein genügendes Beweismaterial, um gegen sie einzuschreiten, nicht hatte ermittelt werden können. Im Jahre 1913 ist wiederum gegen den Hanne⸗ mann auf Veranlassung der Behörde ein weiteres Untersuchungs⸗ verfahren wegen Unterschlagung amtlicher Gelder eingeleitet worden. Dieses Verfahren hat zur Freisprechung des Hannemann vor dem Schwurgericht geführt. Unmittelbar darauf ist erneut ein Ver⸗ fahren seitens der Aufsichtsbehörde gegen diesen selben Kriminal⸗ kommissar eingeleitet worden wegen unerlaubter Annahme eines Geldgeschenks von 300 ℳ. Auch in diesem Falle ist Freisprechung erfolgt.
Sie sehen also, meine Herren, daß es tatsächlich nicht an der nötigen Aufmerksamkeit der Aufsichtsbehörden gefehlt hat, die ihrerseits wohl den Eindruck gehabt haben, daß unerlaubte Dinge vorgingen, denen aber die Möglichkeit nicht gegeben war, dagegen einzuschreiten, weil alle Bemühungen, die Beweise dafür zu beschaffen, nicht ge⸗ lungen waren.
Der unmittelbar daran anschließende Prozeß Sollmann ist nun in folgender Weise zustande gekommen. In dem letzten Prozeß gegen den Kriminalkommissar Hannemann hatte dieser die Behauptung auf⸗ gestellt, daß er zahlreiche Fälle anführen könne, wo Beamte von den höchsten bis zu den niederen Graden von Privaten rechtswidrig Ge⸗ schenke angenommen hätten, und in einem neueren Falle sogar mit Wissen der Staatsanwaltschaft, ohne daß diese eingeschritten wäre. Daraufhin hatte die von dem Redakteur Sollmann vertretene „Rhei⸗ nische Zeitung“ diese Behauptung des Hannemann übernommen und ihrerseits hinzugefügt, daß die Beamten des Polizeipräsidiums Cöln, besonders die höheren, bestechlich seien, und daß die Bestechungen die Billigung des Polizeipräsidenten gefunden hätten.
Meine Herren, die hier gegen die Staatsanwaltschaft und gegen den Polizeipräsidenten persönlich erhobenen Anschuldigungen haben sich als völlig grundlos erwiesen. Im übrigen hat aber der Prozeß gegen den Redakteur Sollmann zwar die Integrität aller höheren Beamten, der Polizeiräte und Polizeiassessoren wie aller Bureaubeamten er⸗ geben, jedoch zugleich das bedauerliche Ergebnis gezeitigt, daß ein Kriminalkommissar und vier Polizeiinspektoren, fünf Polizeikommissare und etwa zwanzig untere Exekutivbeamte ohne Erlaubnis teils Geld⸗, teils Naturalgeschenke angenommen haben für amtliche Handlungen, die an sich nicht pflichtwidrig waren, daß sie sich mithin gegen § 331 des Strafgesetzbuches vergangen haben. Es sind also immerhin 3 % bei einer gesamten Beamtenschaft von 960, die der Bestechung oder vielmehr des Vergehens gegen § 131 des Strafgesetzbuches überführt worden sind. Wenigstens hat das Gericht dies vorläufig in den Urteilsgründen gegen Sollmann für festgestellt erachtet. Ein hoch⸗ bedauerliches Ergebnis. Das hat natürlich alsbald zu verschiedenen Maßnahmen Veranlassung gegeben, welche dazu dienen sollen, wieder geordnete Verhältnisse in Cöln und bei der dortigen Polizeiverwaltung herzustellen. Es ist deshalb zunächst die Amtssuspension und die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegen die vier am meisten be⸗ lasteten Polizeinspektoren verfügt worden. Ebenso sind gegen die be⸗ lasteten Polizeikommissare disziplinare Maßnahmen eingeleitet wor⸗ den; gegen die unteren Exekutivbeamten, die belastet sind, noch nicht, weil ein strafgerichtliches Verfahren gegen sie wegen Verstoßes gegen den § 131 des Strafgesetzbuches von der Staatsanwaltschaft ein⸗ geleitet worden ist. Gegen die anderen höheren Beamten natürlich ebenfalls.
Es ist nun behauptet worden, und diese Behauptung hat auch der Herr Abgeordnete Linz sich angeeignet, daß zum größeren Teil die unteren Beamten veranlaßt worden wären, Geldgeschenke anzu⸗ nehmen, weil der Ersatz der von ihnen verauslagten Gelder in mangelnder, unzureichender Weise erfolgt sei, und er hat geglaubt, dies auf die nicht ausreichende Dotierung des Fonds für die Be⸗ streitung der Kosten der Kriminalpolizei zurückführen zu können.
Zunächst möchte ich anführen, daß es tatsächlich nicht richtig ist, wenn geglaubt wird, daß in allen diesen Fällen die Kriminalkommissare vund die Beamten bare Auslagen haben. Es gibt eine Reihe von polizeilichen Einrichtungen, mit deren Hilfe zahlreiche die Kriminal⸗ polizei beschäftigende Fälle sich erledigen lassen, ohne daß bare Aus⸗
lagen werden regelmäßig erforderlich sein, wenn es zur Ermittlung eines Verbrechens der Annahme von Agenten oder einer mit be⸗ sonderen Kosten verknüpften Vigilanz bedarf. In diesen Fällen ist ausdrücklich der Ersatz solcher Auslagen in vollem Umfange zugelassen.
wie der Bundesrat diese Resolutionen behandelt. Diese Resolutionen
der Lage ist. Im übrigen habe ich aber doch die Empfindung, und
(Fortsetzung in der Vierten Beilage.)
lagen seitens der betreffenden Beamten in Frage kommen. Bare Aus⸗
“
sanzeiger und Königlich Preuf
(Fortsetzung aus der Dritten Beilage.)
In dem Ministerialerlaß vom 20. Oktober 1902 ist hierüber folgendes
bestimmt:
Agentenlöhne und sonstige im Interesse des kriminalen Dienstes
gebotene Aufwendungen für dritte Personen, welche der Regel nach der Genehmigung der vorgesetzten Kriminalkommissare bedürfen,
sind immer zu erstatten. Aufwendungen der Kriminalbeamten für ihre eigene Person sind, wenn sie geringfügig sind, aus dem Dienst⸗ aufwand der Beamten zu bestreiten, wenn sie erheblich sind, eben⸗ falls von der Behörde zu ersetzen. Gewährung von Pauschver⸗
gütungen ist nicht statthaft.
Diese Bestimmungen scheinen allerdings in Cöln nicht richtig oder zu engherzig gehandhabt worden zu sein; denn es ist dort, wie sich bei der Vernehmung in dem Prozeß Sollmann ergeben hat, in der Regel ein Erfahrungssatz von 9 ℳ pro Monat zugrunde gelegt worden und die Erstattung höherer Auslagen vielfach beanstandet worden. Dadurch hat sich bei einzelnen Kriminalbeamten die An⸗ sicht gebildet, daß die Erstattung höherer Auslagen nicht zulässig sei, was aber tatsächlich nicht dem Inhalt der allgemeinen Bestimmungen
und auch nicht dem Willen der Zentralinstanz entspricht.
Wenn nun gesagt worden ist, daß der Fonds für Auf⸗ wendungen der Kriminalpolizei und der Fonds für politische Zwecke ungleichmäßig dotiert worden seien, derart, daß der letztere reichliche Mittel biete, der für kriminale Zwecke aber unzulänglich bemessen sei, so ist gerade das Gegenteil der Fall. Denn der Fonds für kriminale Zwecke ist überhaupt unbegrenzt; er findet seine Grenze nur in dem vorhandenen Bedarf, während der Fonds für politische Zwecke von vornherein begrenzt ist, sodaß zu seiner Ueberschreitung es jedesmal der Nachbewilligung der Zentralinstanz bedarf.
Zur Beseitigung der in Cöln aufgedeckten Mißstände ist in Aus⸗ sicht genommen, daß zunächst die Stellen der vom Amte suspendierten Polizeiinspektoren durch in der Anwärterliste für Polizeiinspektorstellen notierte Kommissare, die bereits nach Cöln gesandt worden sind, ver⸗ sehen werden sollen; daß ferner eine erneute Einschärfung des Ver⸗ bots der Annahme von Geld⸗ und sonstigen Geschenken an die be⸗ teiligten Beamten erfolgt, weiter, daß die Prüfung der Liquidationen der Kriminalbeamten in Zukunft nicht mehr lediglich durch einen
Rechnungsbeamten, sondern durch einen mit der Praxis vertrauten Kriminalbeamten zu erfolgen hat, und endlich, daß periodische Revi⸗ sionen sämtlicher Polizeiverwaltungen stattfinden sollen, ähnlich wie das bei den Regierungen bereits eingeführt und mit Erfolg durch⸗ geführt worden ist. Es soll dort nicht nur der innere, sondern auch der äußere Dienst revidiert werden, und wir hoffen, daß sich auf diesem Wege Unregelmäßigkeiten in derartigem Umfange, wie sie in Cöln
leider vorgekommen sind, werden verhüten lassen.
Im übrigen sind bereits amtliche Ermittlungen darüber in die Wege geleitet, welche Bewandtnis es mit den Vorschriften für die Sittenpolizeibeamten habe, von denen der Herr Abg.
Linz vorhin auch gesprochen hat. Diese Vorschriften werden einer näheren Prüfung unterzogen und abgeändert oder aufgehoben werden, oweit dies erforderlich erscheint. Ich darf der Hoffnung Ausdruck eben, daß es gelingen möge, auf dem von mir angedeuteten Wege in CFöln wieder zu geordneten Verhältnissen zu kommen.
Der Herr Abg. Linz hat ferner das Vorgehen des Polizeipräsi⸗ enten von Berlin, soweit dadurch eine Vereinigung der ge⸗ amten Schutzleute Berlins untersagt ist, als nicht zu⸗ ässig bezeichnet. Die rechtliche Zulässigkeit der Verfügung des Polizei⸗ räsidenten kann aus den von Herrn Abg. von Kardorff dargelegten Gründen nicht in Zweifel gezogen werden. Das Vereins⸗ und Ver⸗ ammlungsgesetz regelt lediglich die polizeilichen Beschränkungen des Bereinswesens, nicht aber diejenigen Beschränkungen, welche außerhalb
dieses Rahmens insbesondere aus Disziplinargründen zulässig sein sollen.
Der Herr Kommissar der Reichsregierung hat im Reichstage wei sehr zutreffende Beispiele angeführt. Er hat darauf hinge⸗
wiesen, daß polizeilich zwar natürlich eine Versammlung sämtlicher Oberprimaner Berlins nicht inhibiert werden könne, wohl aber von dem Direktor, und ebenso daß polizeilich ein Verein des gesamten Diözesanklerus nicht untersagt werden könne, wohl aber durch den Bischof; ebenso kann die vorgesetzte Behörde, der Chef einer Be⸗ hörde den ihm unterstellten Beamten diejenigen Beschränkungen in bezug auf das Vereins⸗ und Versammlungswesen auferlegen, die durch den Dienst und die Rücksicht auf die dienstlichen Bestimmungen ihm geboten erscheinen. Das ist auch in der Kommission des Reichstags zur Vorberatung des Reichsvereinsgesetzes ausgeführt worden — ich kann Ihnen die Ausführungen vorlesen; aber ich glaube, es genügt
bier wohl, wenn ich das feststelle —, und es ist schließlich auch im
Plenum des Reichstags zweifelsfrei anerkannt worden, daß ein solches
Verbot zulässig ist.
Nun fragt es sich, ob es notwendig und zweckmäßig war. Diese Frage war zu prüfen, und da muß man doch die Vorgänge, die sich abgespielt haben, in Rücksicht ziehen, und auch die Zwecke, die aller Voraussicht nach mit dieser Vereinigung verfolgt werden sollten.
Am 28. November vorigen Jahres hat sich herausgestellt, daß 1800 Schutzleute an einem Abend in verschiedenen Lokalen zusammen⸗ getreten waren, um einen neuen Verein zu begründen. Zweck, Satzungen usw. waren unbekannt; kein einziger von den beteiligten Schutzleuten hatte eine Anzeige darüber erstattet, obwohl in der Dienstanweisung ausdrücklich ein Verbot des Beitritts und natürlich auch der Begründung von Vereinen ohne Genehmigung der Vor⸗ gesetzten vorgesehen ist. Also es hat bei der Begründung dieses Vereins eine besondere Heimlichkeit gewaltet, und zwar entgegen den ausdrücklichen Vorschriften der Dienstanweisung für Schutzleute. Meine Herren, am 2. Dezember hat daraufhin der Polizeipräsident in einem Tagesbefehl verboten, Einladungen ergehen zu lassen und
Bekämpfung nicht wünsche, und ich hoffe, daß auch die andere Seite,
Vierte Beilage
Berlin, Dienstag, den 10. Februar
—. — —
achtet worden. (Hört, hört!) Es sind weitere Einladungen, Auf⸗ forderungen zu Beitrittserklärungen in Umlauf gesetzt worden. Der Versuch, sich zusammenzuschließen, ist also entgegen dem Verbot fortgesetzt worden. Daraufhin hat am 24. Dezember 1913 der Polizeipräsident folgenden Tagesbefehl erlassen:
In einer militärisch organisierten Schutzmannschaft können in Anbetracht der besonderen dienstlichen und disziplinaren Ver⸗ hältnisse irgendwelche, die gesamte Schutzmanzschaft umfassende Vereinigungen von Schutzleuten nicht geduldet Werden. Dagegen ist gegen die bei den Hauptmannschaften und Abteilungen be⸗ stehenden Vereinigungen der Schutzleute nichts einzuwenden.
Er hat also die bestehenden Vereine in keiner Weise angetastet, die rein geselligen und Wohlfahrtszwecken dienen, in einem Rahmen, der sich dazu eignet, er hat aber mit Rücksicht auf die durchaus disziplin⸗ widrigen und in keiner Weise zu billigenden Vorgänge bei Begrün⸗ dung des Vereins die Vereinigung der gesamten Schutzmannschaft zu einem Verein untersagt, und zwar auch mit Rücksicht darauf, daß es bei einer militärisch organisierten Truppe absolut unmöglich ist, die Disziplin aufrechtzuerhalten, wenn sie sich insgesamt — in einer Anzahl von 6000 Personen — zusammenschließt, doch augenscheinlich zu dem Zwecke, um durch die Masse einen Druck auf die Entschließun⸗
der Zweck gewesen ist, ergibt sich aus der Heimlichkeit, aus den Vor⸗ gängen bei der Begründung, aus der weiteren Agitation und daraus, daß an sich ja Vereine für gesellige und ähnliche Zwecke bereits zur Genüge bestehen und nicht in Frage gestellt waren. Daß die Pflege der Geselligkeit in einem Verein, der alle 6000 Schutzleute der Hauptstadt umschließt, überhaupt nicht möglich ist, liegt ja auf der Hand. (Sehr richtig!) Wollen die Beamten sich zum Zwecke der Gewährung von Unterstützungen in Sterbefällen und ähnlichen Fällen an Witwen und Waisen usw. vereinigen, dann bleibt es ihnen unbenommen, Sterbekassen zu gründen. Aber eine Vereinigung der hier geplanten Art ist an sich durchaus unzulässig, namentlich wenn sie in einer Weise inszeniert wird, wie dies hier geschehen ist. Es kann hiernach, zumal auch in der Presse, die den Kreisen, die die Begründung dieses Vereins betrieben haben, nahe⸗ steht, ausdrücklich mitgeteilt worden war, daß der Verein, abgesehen von den anderen Zwecken, die in der Satzung stehen, auch die Inter⸗ essen der Schutzleute nach außen hin und der vorgesetzten Behörde gegenüber wahrzunehmen berufen sein sollte, gar nicht fraglich sein, daß er Dinge bezweckte, die m. E. sich mit der militärischen Disziplin in keiner Weise vereinigen lassen. Ich habe mir schon erlaubt, in der Budgetkommission darauf hinzuweisen, wie in anderen Ländern über solche Dinge geurteilt wird. Ich habe erwähnt, daß auffälliger⸗ weise gerade zu der gleichen Zeit — ob das irgendwie auf inter⸗ nationale Vereinbarungen beruht, will ich dahingestellt sein lassen —, (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten), jedenfalls ganz zu der gleichen Zeit in London und in Leeds ähnliche Vereinigungen begründet werden sollten, die zufälligerweise auch durch Verfügungen, welche ziemlich denselben Wortlaut hatten, von den „chief commissioners“ verboten worden sind. In England hat sich kein Mensch darüber aufgeregt, man hat es als selbstverständlich und natürlich angesehen, daß eine derartige Vereinigung sämtlicher Schutzleute, deren Auf⸗ gabe die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit sowie die Be⸗ kämpfung des Verbrechertums ist, nicht statthaft sei, weil die mög⸗ lichen Konsequenzen, die sich daraus ergeben können, ein solches Vor⸗ gehen im öffentlichen und staatlichen Interesse als unzulässig er⸗ scheinen ließen. Herr Abg. Linz ist dann noch auf die öffent liche Lebens⸗ versicherung zu sprechen gekommen und hat gewünscht, daß die öffentliche Volksversicherung — und zwar handelt es sich um den Zweig der Lebensversicherung, der weiten Bevölkerungskreisen zugute kommen soll —, daß die öffentliche Lebensversicherung und die deutsche Volksversicherung — das ist der Verband der privaten Gesellschaften, welche Volksversicherung betreiben wollen — paritätisch behandelt werden möge. Das kann ich ohne weiteres sagen. Diese paritätische Behandlung, welche staatlicherseits die einseitige Empfehlung des einen Unternehmens gegenüber dem anderen vermeiden muß, halte auch ich für richtig. Die beiden Arten der Versicherung haben durchaus ver⸗ schiedene Gebiete, in denen jede berechtigt ist und Erfolge erzielen kann. Sie können meines Dafürhaltens sehr gut nebeneinander bestehen und werden gemeinsam einer dritten Kategorie von Versicherungen, auf die ich nicht weiter eingehen will, das Leben schwer machen können. Wohl aber muß ich zu meinem großen Bedauern feststellen, daß gerade diese beiden Volksversicherungsunternehmungen, die doch nationale Ziele für sich in Anspruch nehmen, sich zunächst in einer Weise be⸗ kämpft haben, die über den Rahmen einer berechtigten Konkurrenz hinausgegangen ist. (Sehr richtig! rechts.) Ich will nicht feststellen, wer hierbei der Angreifer und wer der Angegriffene ist. Ich habe die öffentlichen Anstalten darauf hingewiesen, daß ich diese Art der
die Deutsche Volksversicherung und die hinter ihr stehende Privat⸗ versicherung dem folgen wird, daß sie ebenfalls der Agitation, soweit sie über das Maß einer lauteren Konkurrenz hinausgeht, Einhalt tun wird. (Sehr richtig! rechts.) Denn es ist hohe Zeit, daß beide Gesellschaften sich darauf besinnen, daß nicht der Kampf gegeneinander ihre Aufgabe ist, sondern der Kampf gegen Dritte und daß sie dem⸗ entsprechend ihr Verhalten zueinander nach dem Motto einrichten: getrennt marschieren, vereint schlagen! (Bravol rechts.)
Der Herr Abg. Linz hat dann sich beschwert über die Be⸗ lastung der Gemeinden durch zahlreiche Zustellungen in polizeilichen Dingen und durch statistische Er⸗ mittlungen, die ihnen aufgebürdet werden. Ich stehe da ganz auf seinem Standpunkt und habe eine Verfügung dahin erlassen, daß in polizeilichen Angelegenheiten die Gemeindebehörden mit Zustellungen so wenig wie möglich behelligt werden möchten und daß alle Zu⸗ stellungen, die durch die Post besorgt werden können, auch durch diese
sich an Versammlungen zu beteiligen. Dieses Verbot ist nicht be⸗
gen der vorgesetzten Behörde auszuüben. (Sehr richtig) Daß das
fürchte ich, daß diese zum großen Teil auf Anregung dieses hohen Hauses erfolgen (Sehr richtig!) und daß nach dieser Richtung hin es wohl nur zum Ziele führen würde, wenn der Landtag sich einige Be⸗ schränkung in seinen Wünschen auf Mitteilung statistischer Daten auf⸗ erlegen wollte.
Zu den Ausführungen des Herrn Abg. von Kardorff habe ich eigentlich nicht viel zu bemerken (Hört, hört! und Zurufe bei den Sozialdemokraten), da diejenigen Punkte, welche meinen Etat an⸗ gehen, von mir bereits bei der ersten Lesung des Etats behandelt worden sind. Es handelt sich um die Einb erufung des Land⸗ tages. Ich habe die Gründe dargelegt, welche es außerordentlich schwierig machen, den Etat früher festzustellen; ich glaube, daß der Herr Finanzminister in der Lage sein wird, die Gründe, welche ich damals angegeben habe, noch zu vertiefen. Es ist in der Tat nicht möglich, die großen industriellen, die großen Betriebsverwaltungen ihre Jahresrechnungen früher abschließen zu lassen als bisher, und ehe diese Abschlüsse nicht vorliegen, wird es sehr schwierig sein, die Etats der einzelnen Betriebsverwaltungen aufzustellen und sie für das nächste Jahr zu fruktifizieren.
Im übrigen aber ist die Regierung gern bereit, in allen den Fällen, in denen es sich ermöglichen läßt, größere Gesetze bis zum No⸗ vember fertigzustellen, dies zu tun und sie schon im November dem Landtage zu unterbreiten. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß das nicht immer, vielleicht sogar nur ausnahmsweise der Fall sein wird, weil die Zeit zwischen Mai und November — falls der Landtag über⸗ haupt schon im Mai geschlossen werden kann — so kurz ist, daß größere Gesetzesvorlagen bei den meisten Ressorts nicht werden fertig gestellt werden können.
Was die Stärkung des Deutschtums in den Städten der Provinz Posen anbetrifft, so freue ich mich, daß Herr Abg. von Kardorff in so beredter Weise auch dafür einge⸗ treten ist. Ich kann hinzufügen, daß nach dieser Richtung ja wohl schon manches geschehen ist. Ich möchte darauf hinweisen, daß mit Vorbedacht die Besiedlungstätigkeit der Ansiedlungskommission viel⸗ fach um die Städte herumgeführt worden ist; ich glaube, das ist die beste Schutzwehr dieser Städte. Natürlich wird es nicht möglich sein, auf diesem Wege das Deutschtum in allen Städten der Provinz zu fördern. Ich möchte ferner darauf hinweisen, daß von der An⸗ siedlungskommission in Aussicht genommen ist, in Zukunft in kleineren Landstädten sogenannte Kleinbürgerstellen zu errichten und dort Deutsche anzusiedeln, daß auf diesem Wege also kleineren Städten mehr länd⸗ lichen Charakters wohl in Einzelfällen wird geholfen werden können. Dann möchte ich aber darauf aufmerksam machen, daß die Deutsche Pfandbriefanstalt immerhin, wenn auch nur auf dem Gebiete der ersten Hypotheken, sehr segensreich gewirkt hat, und daß die Deutsche Hausbesitzerkreditanstalt jetzt schon zweite Hypotheken ausleiht, und daß Grund zu der Hoffnung vorliegt, daß nach dieser Richtung eine Ausdehnung wird erfolgen können. (Bravo!)
Wenn ferner Herr Abg. von Kardorff gesagt hat, die Schwierig keiten lägen wahrscheinlich beim Herrn Finanzminister, so glaube ich dem im Namen des Herrn Finanzministers widersprechen zu müssen Denn die Schwierigkeiten liegen weniger bei ihm, als in der Schwierig keit der Verhältnisse überhaupt, dann auch daran, daß man natürlich mit staatlichen Mitteln haushälterisch umgehen muß und sie nur so weit anlegen kann, als volle Sicherheit und eine Sicherheit des Erfolges verbürgt ist. Ich kann aber versichern, daß das Finanz⸗ ministerium genau so wie alle anderen Ressorts bestrebt ist, zur Stärkung und Förderung des Deutschtums in der Provinz Posen nach Kräften beizutragen. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. Pachnicke (fortschr. Volksp.): Hier ist der Rat ausgesprochen worden, man solle bei Nevensächlichkeiten nicht in epische Breite verfallen. Das ist ganz schön, aber wir vermissen eine Gleichmäßigkeit der Behandlung, wenn andererseits beim Obst⸗ und Gemüsebau alle Fragen der Wirtschaftspolitik erörtert werden. Wir müssen den schärssten Protest dagegen erheben, daß der Abg. von Kardorff sich zum Zensor des deutschen Reichstages und einzelner Abgeordneten aufführt. Wenn wir hier gehört haben, ein guter Redner sei in der Regel kein guter Polttiker, dann muß ich vor der Um⸗ kehrung des Satzes warnen, damit man nicht zu dem Schlusse kommt, daß jemand, der hier eine schlechte Rede hält, selbst wenn diese den Beifall des Ministers gefunden hat, ein guter Politiker wäre. Der Abg. von Kardorff möchte die Nationalllberalen zu sich
herüberziehen; in demselben Augenblick aber verletzt er den offiziellen Vertreter dieser Partei,
das ist das Liebeswerben mit der Tatze eines jungen Bären, aber nicht die Methode eines besonnenen Politikers. Auf die Sozialpolitik, über die sich der Abg. von Kardorff so entsetzt hat, wird mit besonderem Stolz auch gerade von der Regierung hin⸗ gewiesen. Das wirtschaftliche Leben ist in unaufhaltsamer Ent⸗ wicklung und wirft dadurch immer neue Fragen auf, die gesetz⸗ geberisch zu bewältigen sind. Der Abg. von Keardorff möchte am liebsten zehn Jahre lang überhaupt kein Gesetz mehr haben. Es kommt auf die Gesetze an. Das Volk verlangt gute Gesetze und verwirft schlechte. Das Reichsvereinsgesetz hat für alle Deutschen Geltung, auch für die Beamten. Ein⸗ schränkungen hierbei sind nur insoweit zulässig, als es zum Wesen des Beamtentums gehört oder soweit es im en. des Dienstes und der Pflichtbeziehungen zwischen Beamten und Behörde nötig ist. Das hat der damalige Staatssekretär des Innern, der jetzige Reichs⸗ kanzler von Bethmann Hollweg, selbst bei der Beratung des Reichs⸗ vereinsgesetzes ausgeführt. Diese Voraussetzungen treffen für das Verbot der Schutzmannsvereinigung nicht zu. Die Zwecke der Ver⸗ einigung sind, wie das Statut zeigt, durchaus einwandfrei. Nach diesem Statut ist die Erörterung dienstlicher Angelegenheiten sogar
ausdrücklich ausgeschlossen. Die bloße Vermutung darf nicht zu einem Verbote führen. Disziplinwidrigkeit vorkäme; dann konnte man immer noch die Kon⸗ sequenzen ziehen. Das ist nicht nur unsere Meinung, das ist die Meinung der Mehrheit des Hauses. In ähnlicher Weise hat sich die Mehrheit auch bei der Debatte über die Berliner Feuerwehrleute ausgesprochen. gegründet worden, unterm die Genehmigung nachgesucht worden. der Bescheid ausblieb, sind die einzelnen eingetreten. plötzlich einer der Schutzleute, der sich besonders für die Gründung interessiert hatte, nach Zabrze versetzt worden. Beförderung. und deutsche Verhältnisse vergleichen?
Da mußte man abwarten, ob wirklich einmal eine
DTie Schutzmannsvereinigung ist am 28. November
29. ist sofort die Anmeldung erfolgt und Als dann einige Tage lang Und dann ist
Das war gewiß keine Wie kann man englische
England wird herangezogen. g Man muß erst das Statut
bewirkt werden sollen. as die statischen Nachweise anbelangt, so
der Londoner Schutzmannschaft kennen, um ein Urteil zu haben.