1914 / 44 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 20 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Königliche Akademie der Künste in Berlin.

Sommerkursus der Lehranstalten für Musik. Akademische Meisterschulen für musikalische Kom⸗ position zu Berlin in Charlottenburg, Fasanenstraße 1. Vorsteher die Professoren Dr. Humperdinck, Gernsheim und Schumann. Die Meisterschulen haben den Zweck, den in sie aufgenommenen

Ausbildung in g 1* enügend vor⸗

Woche des hre Kompositionen und

Schülern Gelegenheit zur weiteren unter unmittelbarer Leitung eines Meisters zu geben bereitete Aspiranten, welche einem der vorgenannten Meister schließen wünschen, haben sich bei demselben in der ersten Monats April persönlich zu melden und i Zeugnisse (insbesondere auch den Nachweis einer untadelhaften sitt⸗

lichen Führung) vorzulegen.

Ueber die praktische Befähigung der Bewerber zur Aufnahme in die Meisterschule entscheidet der betreffende Meister. ist bis auf weitere Bestimmung unentgeltlich. 1

Näheres auch im Bureau der Akademie der Künste, Berlin W. 8,

Pariser Platz 4.

B. Akademische Hochschule für Musik zu Berlin in Charlottenburg, Fasan enstraße 1.

Direktorium: Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Kre Professor Barth, Professor Dr. Humperdinck, Professor Felix

Die Aufnahmebedingungen sind aus dem Prospekt ersichtlich.

Die Anmeldung ist schriftlich unter Beifügung der unter Nr. VIII des Prospektes angegebenen studierende Hauptfach ersichtlich sein 4. April 1914 an das Direktoriu Hochschule für Musik zu richten. Auch hervorgehen, daß dem Aspirante

kannt ist.

Die Aufnahmeprüfungen für das Sommersemester 1914 finden statt:

1) für Komposition, Direktion

Cembalo, Violoncell, Harfe, instrumente den 15. April, Morgens 9 Uhr;

2) für Gesang (einschl. Opernschule) den 15. April, Nach⸗

pril, Morgens 9 Uhr; erricht) den

5) für Chor den 23. April, Nachmittags 4 Uhr. Die Aspiranten haben sich o gungen zu den Prüfungen einzufi

mittags 4 Uhr;

3) für Vtoline und Orgel den 16. A 4) für Chorschule (Einzelgesangunt

Mittags 12 Uhr;

Berlin, den 16. Februar 1914.

Der Senat der Königlichen Akademie der Künste, Sektion für Musik. Gernsheim.

Wettbewerb um das Stipendium der von Rohrschen Stiftung für das Jahr 1914. Der Wettbewerb um das Stiyendium der von Rohr

tung für talentvolle deutsche Künstler: Maler aller und Architekten, wird hierdurch für das Jahr 1914

eröffnet. groößeren Bauten (Photographische

seiner Studien ersichtlich ist,

3) eine schriftliche Hessichening an Eides Konkurrenz bestimmten Arbeiten von

funden und ausgeführt sind,

4) eine amtliche Bescheinigung darüber, da ist und am 31. Oktober 1914 das 32. Lebensjahr ni

5) ein Verzeichnis der für die Konkurrenz be auf besonderem Bogen. Die Gesamtzahl dieser Arbeiten darf zehn

nicht überschreiten.

Bei der Bewerbung ist die beabsichtigte diums genau anzugeben. Die Einsendung hat getrennt von den Arbeiten zu erfolgen.

Der Termin für die Einsendung der Bewerbungsgesuche an die Königliche Akademie der Künste, B latz 4, ist auf den 31. Oktober 19 estgesetzt. Die Bewerbungsarbeiten sind punkte an die Große Berliner Kunst ausstellungsgebäude Berlin NW. 40 kosten

Verspätet oder unvollständig eingehende Bewerbungen werden

nicht berücksichtigt.

Die Kosten der Ein⸗ und Rücksendung hat der Bewerber zu tragen; unfrankiert eingehende Sendungen w

Der Preis besteht in einem Stip einjährigen Studienreise, deren Ziel Stipendiaten gestellt ist; er ist zahlbar mit je 1800 ℳ, die erste beim Antritt wenn der Stipendiat vor Ablauf von sechs Mon neten Senate über den Fortgang seiner Studien

erstattet hat.

Das Stipendium steht nach Zuerkennun Verfügung. Die Studienreise muß innerha erkennung angetreten sein und darf ohne

brochen werden.

Während des Stipendienjahres kann dem Sti längeren Aufenthalte in Rom ein der Akad Interesse ihrer daselbst studierenden Atelier kostenlos überlassen w st und ältere Ansprüche nicht zu berücksichti

Das Stipendium kann wegen Unwürdi 895 Nichterfüllung der ihm obliegenden Pfl

nats entzogen werden. Berlin, den 11. Februar 1914.

Der Senat der Königlichen Akadem

Sektion für die bildenden Ludwig Manzel.

Finanzministerium.

Der Vorstand bei dem Stempel⸗ und Erb in Münster i. W., Regierungsrat Herborn ist an die Ober⸗ zolldirektion in Berlin versetzt worden. 1

Ministerium des Innern.

Der Regierungsrat Dr. Gro nszeit zum Direktor des der gegliederten Oberversicherungsamts des Regierungspräsidenten im Vorsitz dieser Behörde ernannt

worden.

(Kapellmeister), Kontrabaß

ie der Künste,

Der Unterricht

Nachweise, aus denen das zu muß, spätestens bis zum m der Königlichen akademischen muß aus der Meldung n der Prüfungstag be⸗

und Blas⸗

23. April,

hne weitere Benachrichti⸗

schen Stif⸗ ächer, Bildhauer ür Architekten

Der Bewerber hat sich schriftlich zu melden und einzusenden: 1) Studien sowie von ihm selbständig gefertigte Entwürfe von Aufnahmen nach bereits aus⸗ geführten Werken sind ebenfalls zulässig)

2) einen ausführlichen Lebenslauf, aus dem insbesondere der Gang

statt, daß die für die ihm ohne fremde Beihilfe er⸗

er ein Deutscher t überschritten hat, stimmten Arbeiten

Ausnutzung des Stipen⸗ des Bewerbungsgesuches

erlin W. 8, Pariser 14, Mittags 12 Uhr, bis zu dem gleichen Zeit⸗ ausstellung im Landes⸗ frei abzuliefern.

erden nicht angenommen. endium von 3600 zu einer in das eigene Ermessen des in zwei halbjährlichen Raten ienreise, die zweite, aten dem unterzei ausführlich Beri

des Preises sofort zur Jahresfrist nach Zu⸗ zwingende Ursache nicht unter⸗

pendiaten bei etwaigem emie der Künste im Stipendiaten zur Verfügun „wenn ein solches fr

gkeit des Stipendiaten oder ichten auf Beschluß des

schaftssteueramt

ßmann in Potsdam ist auf Regierung in Potsdam an⸗ s und ständigen Vertreter

’1 En schaften durch den

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 20. Februar 1914.

In der am 19. d. M. unter dem Vorsitz des Staats ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde dem

5

Entwurf eines gesezes betreffend die Uebernahme von Bürg⸗

eichsfiskus zwecks Förderung des Baues von Kleinwohnungen für Reichs⸗ und Militärbedienstete, die Zustimmung erteilt. Zur Annahme gelangten ferner die Vorlage, betreffend Aenderung der Bestimmungen über die Seeschiffahrtsstatistit, die Vorlage, betreffend Aenderung der Ausführungsbestimmungen zum Reichsschuldbuchgesetze, der Salzsteuerverwaltungskostenetat für Sachsen⸗Weimar und der Zollsalzsteuerverwaltungskostenetat für Elsaß⸗ Lothringen. Den zuständigen Ausschüssen überwiesen wurde der Entwurf eines Gesetzes zur Einschränkung der Verfügungen über Miet⸗ und Pachtzinsforderungen und die Vorlage, betreffend Aenderung der Ausführungsbestim⸗ mungen zum Weingesetz (Herstellung von Malzwein). Die Wahl der Mitglieder der Reichsschuldenkommission für das Rechnungsjahr 1914 wurde vollzogen. Demnächst wurde über die Besetzung einer Reichsgerichtsratsstelle und über eine Reihe von Eingaben Beschluß gefaßt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Scharn⸗ horst“ mit dem Chef der Kreuzerdivision und S. M. S. „Gneisenau“ am 18. Februar in Manilla eingetroffen.

*

In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichseisenbahn⸗ amt aufgestellte Uebersicht der Einnahmen der deutschen Haupt⸗ und vollspurigen Nebenbahnen im Januar 1914 veröffentlicht, die zum ersten Male auch die Einnahmen der bayerischen Staats⸗ und Privatbahnen mit umfaßt. Ein Auszug ist bereits in Nr. 43 vom 19. d. M. veröffentlicht.

In der Fünften Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Genehmi gungsurkunde, be⸗ treffend eine Anleihe des Provinzialverbandes von Brandenburg, veröffentlicht.

Neuwied, 20. Februar. Der Prinz zu Wied ist von Paris heute morgen hier eingetroffen. Die albanesische Ab⸗ ordnung trifft morgen mittag hier ein.

8

8 Bayern.

Das Verkehrsministerium hat gestern beiden Kammern des Landtags einen Bericht über den Stand und die Aus⸗ nutzung der der Staatseisenbahnverwaltung vorbehaltenen staatlichen Wasserkräfte vorgelegt. Zugleich ist dem Landtag ein Nachtrag zum Rechnungsentwurf für 1914/15 zugegangen, nach dem, wie „W. T. B.“ meldet, die aus dem Jahre 1910/11 aus der Anleihe zur Einführung des elektrischen Betriebes auf den Staatseisenbahnen noch zur Verfügung stehende Summe von vier Millionen Mark eingezogen und auf den Etat des Ministeriums des Innern übertragen wird, sodaß diesem für den Ausbau des Walchenseekraftwerkes nunmehr für 1914/15 der Betrag von sechs Millionen Mark 5 Ver⸗ fügung steht. Der Gesamtbedarf für das Walchenseekraftwerk beträgt 17 Millionen Mark.

Sachsen. Die Finanzdeputation der Zweiten K gestern, wie „W. T. B.“ meldet, mit 11 gegen 4 Stimmen beschlossen, den für die Tierärztliche Hochschule zu er⸗ richtenden Neubau nicht in Dresden, sondern in Leipzig ent⸗ sprechend der Regierungsvorlage ausführen zu lassen. Damit dürfte bei Zustimmung des Plenums die Verlegung der Tier⸗ ärztlichen Hochschule von Dresten nach Leipzig gesichert sein

Baden. 8 Gestern vormittag fand anläßlich des Todes Ihrer Kaiser⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Wilhelm von Baden in

der Kapelle ihres Palais in Karlsruhe ein Trauergottes⸗ dienst statt, dem Seine Majestät der Kaiser und König, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzoginnen Luise und Hilda von Baden, Seine Großherzogliche Hoheit der Prinz Maximilian von Baden und Gemahlin, Seine Kaiser⸗ liche Hoheit der Großfürst Georg Michailowitsch von Rußland, Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog von Oldenburg, der Herzog zu Braunschweig und Lüneburg und der Prinz Eugen von Schweden, Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin von Anhalt sowie die übrigen in Karlsruhe ein⸗ getroffenen Fürstlichkeiten, ferner die am badischen Hofe beglaubigten Gesandten, die Vertreier fremder Fürstlich⸗ keiten, der Staatsminister Freiherr von Dusch für die Groß⸗ herzoglich hadische Regierung sowie der kommandierende Ge⸗ neral des 14. Armeekorps Freiherr von Hoiningen gen. Huene u. A. beiwohnten. Die Trauerfeier wurde eingeleitet durch russische Gesänge, die ihrerseits wieder von Gebeten der in feierlichem Ornat amtierenden russischen Geistlichen terbrochen waren. .““ Elsaß⸗Lothringen. 8

In der Zweiten Kammer des Landtags wurde gestern der Etat der Landwirtschaft beraten.

Nach dem Bericht des, W. T. B. betonte der Unterstaatssekretär Frei⸗ herr von Stein die Notwendigkeit einer strengen Durchführung des Seuchenschutzgesetzes. Nach den letzten Berichten seien in Fran eich 65 Departements, in der Schweiz 13 Kantons verseucht, daher könne er gegenwärtig eine Erleichterung der Grenzsperre nicht in Aussicht stellen. Der gegenwärtige Seuchenstand in den Reichslanden gebe zu keinen Besorgnissen Anlaß. Auf Grund der Ergebnisse der letzten Viehzählung dürfe behauptet werden, die Landwirtschaft sei dem Ziele, den Bedarf der Bevölkerung an Fleisch durch eigene Viehzucht zu decken, näher gekommen. Der Schweinestand im Lande allein dl um 14,6 % zugenommen.

In der Nachmittagssitzung beschäftigte sich die Kammer mit der Saar⸗ und Moselkanalisation.

Die Lothringer wünschten in einer Resolution die Kanalisierung der Mosel von Metz bis Diedenhofen, das Zentrum die Saar⸗ und Moselkanal;sation von Conz bis Saargemünd, bezw. von Metz bis Koblenz. Alle Redner bekämpften den ablehnenden Standpunkt des preußischen Ministers der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach. Der Staatssekretär Graf von Roedern erwiderte, indem er die Bedeutung der Moselkanalisation für Elsaß⸗Lothringen anerkannte, er vertrete dieselbe Forderung wie die frühere Regierung, deren Arbeiten fortgesetzt würden. Von der Tarifermäßigung auf Koks und Erz entfielen auf Lothringen und Luxemburg etwa 20 %. In⸗ folge der Kanalisation würde die Ermäßigung 60 % für Koks und 80 % für Erz betragen.

8

Oesterreich⸗Ungarn. . Das ungarische Abgeordnetenhaus hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, den Mißtrauensantrag der vereinigten Opposition gegen die Leitung der Debatten durch das gegen⸗ wärtige Präsidium mit großer Mehrheit abgelehnt. In fortgesetzter Sitzung wurde der Gesetzentwurf über die Neu⸗ einteilung der Wahlbezirke angenommen.

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Großbritaunien und Irland

Im Oberhause beantragte gestern Lord Lansdowne als Nachspiel zu der Erklärung, die Lord Murray of Elibank am 17. d. M. mit Bezug auf die Nennung⸗ seines Namens in Verbindung mit der Marconiaktienangelegenheit ab⸗ gegeben hatte, die Einsetzung einer Kommission, die die in der Presse gegen Lord Murray erhobenen Beschuldigungen und damit zusammenhängende Fragen untersuchen soll. Wie „W. T. B.“ meldet, bezweifelte in Vertretung der Regierung der Lordgeheimsiegelbewahrer Marqueß of Crewe die Zweck⸗ mäßigkeit der Einsetzung einer solchen Kommission und erklärte, die Regierung sei zwar nicht gegen den Antrag, doch könne sie die Sache nicht zu ihrer eigenen machen. Der Antrag wurde sodann angenommen.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses fragte

der Liberale Whitehouse den Staatssekretär des Aus⸗ wärtigen Amts, ob die Bedingungen inzwischen erfüllt seien, unter denen Hoffnung gemacht worden sei, daß die britische Regierung Mittel zur Linderung der in den Balkanländern durch den Krieg herbeigeführten Not bewilligen würde. Der G Sir Edward Grey antwortete obiger Quelle ufolge: 1 Nach den Berichten der britischen Vertreter und Konsularbeamten herrscht in den durch den Krieg betroffenen Ländern noch immer große Not. Die beteiligten Regierungen haben keine Hilfe erbeten, doch hat die britische Regterung im Dezember 1913 Albanlen fünftausend Pfund Sterling für dringende Bedürfnisse vorgeschossen, weil Albanien keine feste Regierung hatte und England eine der sechs Mächte ist, die für die Errich⸗ tung dieses Königreichs verantwortlich sind. Ich will nicht sagen, daß fünf⸗ tausend Pfund ausreichend sind. Wir haben diesen Betrag gegeben und dabei mitgeteilt, daß wir bereit seien, mehr zu geben, falls die anderen Mächte auch etwas tun würden. Es scheint jedoch, daß der Schritt, den wir getan haben, die anderen Maͤchte nicht veranlaßt hat, auch ihrerseits etwas zu bewilligen.

Hierauf wurde die Adreßdebatte geschlossen und sodann die Adresse mit 285 gegen 186 Stimmen angenommen.

Frankreich. 16

Der Prinz zu Wied stattete gestern vormittag, wie „W. T. B.“ meldet, dem deutschen Botschafter Freiherrn von Schoen einen längeren Besuch ab und sprach beim Minister des Aeußern Doumergue vor. Darnach wurde er vom Präsidenten der Republik in Audienz empfangen, der ihm zu Ehren ein Frühstück gab. Am Nachmittag machte der Prinz dem österreichisch⸗ungarischen, dem russischen und englischen Botschafter Besuche und gab bei dem italienischen Geschäftsträger sowie bei den übrigen Botschaftern seine Karte ab. Am Abend reiste der Prinz nach Neuwied ab.

In der gestrigen Sitzung des Senats stand die Ein⸗

kommensteuer zur allgemeinen Beratung.

Der Finanzminister Caillauxr erklärte obiger Quelle zufolge, wenn man sich auf eine Echöhung der bestehenden Steuern beschränke, könne man die kleinen Steuerträger nicht entlasten. Man könne das Kapital ganz gut zu stärkeren Leistungen heranziehen, denn das Kapitalvermögen sei in Frankreich keineswegs mit Steuern überlastet. Der Minister verteidigte auch die Besteuerung des Einkommens aus landwirtschaftlich genutzten Grundstücken. Den De⸗ klarationszwang erklärte er für nötig. damit der Gewinn aus Handelsgeschäften sich der Besteuerung nicht entziehen könne. Die Regierung gehe von der Annahme der beiden ersten Abschnitte des Kommissionsentwurfs aus, obgleich auch da noch wesentliche Ver⸗ besserungen nötig seien. Er halte die Annahme des Antrags, der die Grundzüge der Reform enthalte, für nötig und werde die Fortsetzung der Steuerreform nach Annahme der beiden ersten Abschnitte fordern. Der Berichterstatter erklärte sich zur Fortsetzung der Reform bereit, und Caillaux erwiderte: „Dann sofort! Ich habe die nötigen Unter⸗ lagen hier.“

Unter allgemeiner Bewegung wurde die Sitzung unter⸗ brochen; die Senatoren besprachen lebhaft die Tatsache, daß der Finanzminister sich ausdrücklich den Gesichtspunkten der Kommission und Ribots angeschlossen habe.

Nach der Wiederaufnahme der Sitzung knüpfte der Flnanzminister an seine letzten Aeußerungen an und verlangte die Einführung einer Couponsteuer auf gewisse Werte und einer Ergänzungssteuer mit Deklarationszwang solange, bis man andere Mittel gefunden hätte, um das wahre Einkommen festzustellen. Der Minister schloß: Die Regierung habe volles Vertrauen zu der Weisheit und politischen Einsicht des Senats, damit ein Gedanke der Gerechtigkeit verwirklicht werden könne, von dem die Zukunft der Republik und Frankreichs abhänge. Ribot erklärte sich im allgemeinen mit den Ausführungen des Ministers einverstanden, aber gegen jede Ueberstürzung; man müsse zunächst die Grundsteuer und die Steuer auf bewegliche Weite refor⸗ mieren. Er werde die Regierung ebenso unterstützen, wie andere Republikaner.

Die Generaldiskussion wurde darauf geschlossen und die Dringlichkeit für die Spezialdebatte anerkannt.

Der Kammerausschuß für die Steuergesetz gebung hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ bei der Be⸗ ratung der geplanten Kapitalsteuer beschlossen, auch eine be⸗ sondere Kapitalzuwachssteuer einzuführen, die alle 10 000 Francs übersteigende Kapitalszunahmen treffen soll. Die Steuer, die ein für alle Male zurzeit der Feststellung des Zuwachses gezahlt würde, soll ein Prozent für die Zunahme bis zu 100 000 Francs betragen und bis zu fünf Prozent für die Zunahme von mehr als einer Million Francs steigen.

3 Rußland.

Der Kaiser hat gestern den österreichisch⸗ungarischen Bot⸗ schafter Grafen Szapary zur Ueberreichung seines Be⸗ glaubigungsschreibens in Audienz empfangen.

Der. Verweser des Finanzministeriums Bark hielt gestern bei dem Empfange des Personals des Ministeriums eine Rede, in der er auf die solide Finanzlage hinwies, die auf dem festen Geldsystem und dem gräßten freien Barbestande beruhe, und dann laut Meldung des „W. T. B.“ erklärte:

„Die allernächste Aufgabe des Finanzministeriums sei die Er⸗ nüchterung des Volks mit allen Mitteln sowie die Hebung seiner produktiven Arbeitskräfte vermittels eines richtig organisierten und zugänglichen Kredits. Rußlands Ziel sei die Hebung eines auf die Arbeit gegründeten Wohlstandes des Volks. Daneben dürfe das Ministerium jedoch nicht vergessen, daß es für das Gleichgewicht des Staatebudgets verantwortlich sei. Bei der Wahrung des Gleichgewichts des Budgets dürfe man aber nicht vor Ausgaben zurückschrecken, mögen sie noch so groß erscheinen, denn sie würden sich hundertfach bezahlt machen. Rußland durchlebe gegenwärtig eine

8

mgestaltung und starke Entwicklun Ungesesta en Auufsch rung der Handelsbilanz Bark, „welche riesigen, Hebung durch unsere A

Die gestern gemeldete Veror such fremder Schif betrifft, obiger Quelle

Die Finanzkom mis dafür ausgesprochern, den schaffen, die Paßge bühren je

Der vorgestern Schwedischen Partei eingeb die in St. Peters bur trägt auch Unterschrif Die Sozialdemokraten haben i wurf einer Petition um Wiederherstel Zustände in Finnland eingebracht und einen Petitionsentwurf, führung des Russischen als unterbleibe.

Parteien.

Gestern abend

Der Minister

geht hervor, Frankreichs und Spaniens übe werden. Das Statut gleichs. Spanien schaft und Versöhn lichkeit herzlichen Beziehungen glaubte Frankreich, ändern zu müssen. zuerst England mit. dienlich zu sein schienen. die Fassung des Wortlautes letzten Novemberta des Aeußern mit.

wie sie den ausge den beiden Ländern änderungen des Textes. gelegenheit.

1I“ Ministerpräsident Bernardino gesetzentwurf ein,

Personen bezieht, die befinden oder des Landes verwies Führer, die verbannt werden sollen. die Dynamit verwendet oder ein A der Ammestie begnadigt, Offiziere ausgeschlossen werderr. des Gesetzentwurfs am und in der unmi kussion erklärten sich die demokratis entwurf, während die Redner de Amnestie wünschten. die Kabinettsfrage nicht stellen.

Belgien.

gegebener Krankheitsbericht T. B.“, der Gesundheits⸗

ß die Ausgabe weiterer

sind von

Ein gestern abend aus nach einer Meldung des zustand des KönigS Berichte unnötig sei.

In der Skupsch des Abgeordneten D der Albanesen im

Generalstabschef

Im Laufe

Skupschtina

beauftragte Kommi zufolge festg wie man bis Lei beträgt.

Der höchste fehlungen beschlossen, die Si Richtern Zeit und zu dem Nichters Stellung zu nehmen.

hauses eine Besprechung stimmung des Pana makana kanische Küstenschiffe vorr den Ka Der Staatssekretär Bryan kündigte, wie meldet, an, daß die amerikanische Gesandtschaft schaft um gemandelt werden soll. Die e werden sofort verlangt werden. 8 „W. T. B.“ verbreiteten Depesche aus e Truppen des aufständischen Senators Theodore bei Grande Rivière und Limbé zwei schwere Nieder⸗ Insurgentengeneral Paul ist gefallen. Die nach Cap Haitien zurückgezogen. Der cht aufgeben und läßt

Aires in eine Bot hierfür nötigen Kredit Nach einer von Cap Haitien haben di

lagen erlitten. Insurgenten haben sich . heodore will den Ort ni ungen errichten.

Senator T festig

einiges Frankreich Dieses mach Nachdenm die beide geeinigt hatten, gen des vergangenen Jahres Da die spanische Regierun dem ursprünglichen Text angebrachten echob sie in einer an die Botschafte richteten Note, die in den freundschaft zeichneten Beziehungen ents verbinden,

Der Mini

September v. J., auf der Nach dem Bericht des „W. T. B.“ erklärte der Paschitsch in Beantwortung der Interpellation, damals alle Vorsorge getroffen hätte, um dem Die Maßnahmen, die die Heeresleitung verfüg jedoch als ungenügend erwiesen. Misitsch strafweise Debatte Angriffe oppositioneller Ultimatum Oesterreich⸗Un halten und sei bestrebt ge Eine Abänderung der Lor frage hätte nur mit Zusti Außerdem hätten Serbiern Grenzrevision undurchführb Nach mehrstündiger unter Verwerfung beantragten Mißtrauensvotums mit 7 Uebergang zur Tagesordnung.

stambulowistischen tzungen bis Mittwoch zu vertagen, um den das umfangreiche Aktenstück zu prüfen cheinen des angeklagten Generals Sawow

Amerika.

Der Präsident Wilson hatte gestern e hervoreagender Mitglieder des Senats und des Repräsentanten⸗ die Aufhebung der Be⸗ lIgesetzes, durch die ameri⸗ malgebühren befreit werden. W. T. B.“ n Buenos

zu geben,

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fe in russisch zufolge,

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aus geschlossen. nund Unteroffiziere aber aus dem

Die Kammer nahm die Dringlichkeit ttelbar folgenden Dis⸗ chen Redner für den Gesetz⸗ r Rechten eine umfassendere sterpräsident erklärte, er werde

sei so gut

Bulgarien. Die mit Liquidierung

seiner Landwirtschaft strie und eine st sind uns dabei

noch un berührten Reichtümer rbeit und unsere Kapitalien h

sduma hat sich landsreisen abzu⸗

andtage von der wurf, betreffend lichen Finnländer, ürgerlicher m Landtage den Ent⸗ hesetzmäßiger finnische Partei daß die Ein⸗ Amtssprache in Finnland

111u““

Spanien. hat ein Min dessen Beendigung eine Kund geb . einer Meldung des „W. T. B.“ heiß 1 des Aeußern hat sei Meinungsaustausch zwischen den Kabinetten über das Satut von Tan daß sich Ende des Frühjahrs di r das Statut vo ist das Ergebnis eines war

anderer

ist errat stattgef g erschien, in der es

nen Kollegen von dem von Paris und Madrid Aus diesem e Vertreter Englands, n Tanger verständigen wechselseitigen Aus⸗ der Freund⸗ engen und Nachträglich

gemacht.

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der beiden Länder erfüllt. dem ausgearbeiteten teilte den abgeänderten dungen, die ihm zweck⸗ n Regierungen sich über teilten sie ihn in den dem spanischen Minister g bemerkte, daß die an Aenderungen wichtig waren, r Frankreichs und

er brachte gestern der einen Amnestie⸗ meldet, auf alle ergehen in Haft en sind, mit Ausnahme der Auch diejenigen Personen, ttentat ausgeführt haben, Deserteure

tina stand gestern eine Interpellation Taskowitsch, betreffend den Einfall Tagesordnung. Ministerpräsident

daß die Regierung Einfall vorzubeugen. t habe, hätten sich Die Regierung habe deshalb den den Ruhestand versetzt. Ministerpräsident durch das garns geschaffene Lage für sehr ernst ge⸗ sen, einen ernstlichen Konflikt vorzubeugen. doner Beschlüsse über die albanische Grenz⸗ mmung aller Mächte erlangt werden können. befreundete Großmächte betont, daß eine

lebhafter Debatte eines von der 4 gegen 47 Stimmen den

der Kriegsrequisitionen ssionn hat einer Meldung des „W. T. B.“ daß die sich daraus ergebende Schuld nicht, er glaubte, 250, sondern höchstens 150 Millionen

Gerichtshof in Sachen der Ver⸗ Minister

mit einer Anzahl

sowie einen etige Besse⸗ bewußt“, erklärte in Rußland ihrer arren.“

dnung über den Be⸗ en Häfen und Gewä ausschließlich Kriegsschiffe. sion der Reich Paßzwang für Aus Doch beizubehalten. im finnischen L rachte Adreßent ger Geföängnissen befind ten von

Englands ge⸗ Ausdrücken gehalten war, prechen, die Spanien mit . gen auf Grund der Ab⸗ Dies ist der augenblickliche Stand der An⸗

Portugal.

Depurtiertenkamm Machado der sich, wie „W.

sich wegen politischer V

beschloß die Opposition

Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ Agentur“ ist in Mukden das Zweigbureau einer Organisation entdeckt worden, die eine dritte Revolution vorbereitet. Urheber dieser Bewegung scheinen die gleichen Leute zu sein, die die letzte Revolution angestiftet haben.

Wie die Zeitung „Englishman“ aus Kalkutta meldet, hat ein Angriff auf das Blockhaus bei Attoc Bridge stattgefunden. Bewaffnete Polizei leistete den Eindringlingen Widerstand, die sich nach einem mehrstündigen Scharmützel zurückzogen. Am nächsten Tage wurde der Angriff wiederholt. Artillerie hat Befehl erhalten, sich in Bereitschaft zu halten.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichstags und des Preußischen Herrenhauses sowie der Schluß⸗ bericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abge⸗ ordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen (219.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichs⸗ marineamts, Großadmiral von Tirpitz beiwohnte, standen zunächst Anfragen. Der Abg. Dr. Blunck (fr. Volksp.) fragte: Die Arbettgeber derjenigen Versicherungspflichtigen, die Mitglieder einer zugelassenen Ersatzkasse sind, haben nach § 517 R⸗V.⸗O. ihren

eitragsanteil weiter an die Krankenkasse einzuzahlen. Der Bundesrat ist aber nach Maßgabe des § 518 ermächtigt anzu⸗ oronen, daß die Krankenkassen diese bei ihnen eingehenden Be⸗ träge zu an die betreffenden Ersatzkassen abzuführen haben und verschtedene Ersatzkassen haben bereits den erforderlichen An⸗ trag gestellt. Ist der Herr Reichskanzler in der Lage, darüber Auskunft zu erteilen, ob und welche Anordnungen gemäß § 518 der R.⸗ V.⸗O. der Bundesrat bereits beschlossen hat oder zu erlassen beabsichtigt?

Direktor im Reichsamt des Innern Dr. Caspar: Anträge von Ersatzkassen auf Erlaß einer Anordnung nach § 518 d. R.⸗V.⸗G. sins in größerer Zahl bei dem Bundesrat eingegangen. Die Anträge sind den obersten Verwaltungsbehörden, in deren Bezirk der Sitz der Ersatzkasse belegen ist, zur Aeußerung mitgeteilt worden. Bei den Anordnungen handelt es sich nicht nur um das Interesse der zu⸗ gelassenen Ersatzkassen und ihrer Mitglieder, sondern auch um das der gesetzlichen Krankenkassen im allgemeinen, denen durch das Aus⸗ scheiden zahlreicher Mitglieder, durch An⸗ und Abmeldungen und sonstige Verwaltungsgeschäfte, besonders aber durch das Abführen von des Arbeitgeberbeitrages eine große geschäftliche Belastung erwachsen wird. Die Aeußerungen der obersten Verwaltungsbehörden sind bis⸗ her nur zum Teil eingegangen. Der Bundesrat hat deshalb und, um zunächst einen Ueberblick zu gewinnen, bis jetzt noch keine An⸗ ordnung nach § 518 der R.⸗V.⸗O. getroffen.

Der Abg. Bassermann Ünl.) fragte: 3 Unter Bezugnahme auf Mitteilungen französischer Blätter über den angeblich schlechten Gesundheitszustand im deutschen Heere fragen wir an, ob der Herr Reichskanzler bereit ist, üͤber

den Krankenstand des Heeres Mittetlung zu machen? Oberstabsarzt, Professor Dr. Hoffmann: Der Gesundheitszustand des preußischen Heeres einschließlich Sachsens und Württembergs ist in den letzten Monaten erheblich besser als in den beiden letzten Jahren 1912 und 1913. Der Krankenzugang war am 31. Januar dieses Jahres erheblich geringer als im Jahre 1913. Ebenso ist auch die Zahl der Todesfälle im Jahre 1914 einschließlich der Unglücks⸗ fälle zurückgegangen. Tyvphusepidemien, Ruhrerkrankungen sind weder im Januar noch im Februar dieses Jahres vorgekommen. An einzelnen Stellen haben sich Erkrankungen an Diphtherie und Scharlach gezeigt, die sich aber nun in mäßigen Grenzen gehalten haben. Im Eisenbahn⸗ regiment in Hanau sind einzelne leichte Erkrankungen mit Temperatur⸗ erhöhung vorgekommen, doch konnten die meisten Mannschaften bereits wieder als genesen entlassen werden. In Potsdam sind einige Scharlach⸗ erkrankungen vorgekommen. In der bayerischen Armee liegen die Verhältnisse ähnlich wie in der preußischen, nur in München und Ulm sind 15— 18 Scharlacherkrankungen vorgekommen. Betrachtet man die Gesundheitsverhältnisse der gesamten Armee, so müssen sie

als durchaus gut bezeichnet werden.

Hierauf wurde die zweite Beratung des Marinetats in der allgemeinen Besprechung beim „Gehalt des Staatssekretärs“ fortgesetzt.

(SüSchluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten setzte in der

heutigen (32.) Sitzung die zweite Beratung des Etats des

Ministeriums des Innern, und zwar zunächst die Be⸗ sprechung des Kapitels „Polizeiverwaltung in den Pro⸗ vinzen“ und der hierzu gestellten Anträge eines Antrags der Abgg. Graf von der Gröben und Genossen (kons.) auf Vorlegung eines Gesetzes, betreffend die Regelung der Stadtrezesse der neuvorpommerschen Städte, und eines Antrags der Abgg. Braun und Genossen (Soz.) auf Einleitung einer Untersuchung darüber, ob und in welchem Umfange auch bei anderen Polizeiverwaltungen ähnliche Mißbräuche bestehen wie in Cöln, und Mitteilung der da⸗ gegen etwa getroffenen Maßnahmen fort.

Abg. Leinert (Soz.): Der Ministerialdirektor Freund hat gestern die Behauptung bezüglich der 1900 Bestechungsgelder des Zechenverbandes für eine Verleumdung erklärt. Diese Aeußerung kann sich nicht gegen den Abg. Hué richten, sondern nur gegen den Vorsitzenden des Steigerverbandes, der in öffentlicher Versammlung erklärt hat, daß er sich der Trag⸗ weite seiner Behauptung vollkommen bewußt sei. Warum wird gegen diesen Steiger nicht gerichtlich vorgegangen, damit er seine Behauptung beweisen kann? Wir verlangen, daß eine Aufklärung geschafeen wird. Diese kann nicht damit geschaffen werden, daß Staatsbürger als Verleumder bezeichnet werden. Die Polizei ist doch sonst nicht so zurückhaltend. Sonst wird in jeder Woche jemand wegen Beleidigung der Polizei bestraft. Jedenfalls hat die Polizei die öffentliche Verhandlung zu scheuen. Die Polizei sollte sich dann auch hüten, der Ehre eines Staats⸗ bürgers zu nahe zu treten. In einer Klage wegen Be⸗ leidigung durch die Polizei wurde der Konflikt erhoben; dabei handelte es sich um eine sehr schwere Beleidigung, denn der Betreffende wurde als Verbrecher bezeichnet. Was würde die Polizei tun, wenn man einem Schutzmann vorgeworfen hätte, er sei ein Polizeibüttel? Allerdings ist in diesem Falle vom Sber⸗ verwaltungsgericht der Konflikt als unbegründet zurückgewiesen worden. Sehr schlimm wird mit den russisch ⸗jüdischen Kauf⸗ leuten in Königsberg umgegangen, die befürchten müssen, über die Grenze abgeschoben zu werden, wenn sie sich verheiraten,

also gezwungen werden, im Zölibat zu leben. Das ist eine Barbarei.

Man leistet auch durch ein solches Verfahren der Unsittlichkeit Vorschub, die man in diesen Tagen doch so sehr bekämpfen wollte. Rein juristisch mag die Polizei ja im Rechte sein, aber vom meng schen und moralischen Standpunkt gewiß nicht. Der Kuppeleiparagraph wird in manchen Fällen merkwürdig gelinde von der Polizei gehandhabt. Es ist unerhört, wie unter den Augen der Polizei Käufer für Freudenhäuser gesucht werden; es heißt in einer Auskunft an einen Aspitranten: Die Poltzei ist bei⸗

uns sehr liberal in diesen Dingen, sie kommt den Bordellwirten, die sich Zimmervermieter nennen, sehr entgegen, während an⸗ ständigen Wirten, die vielleicht einmal ihre Lokale an politische Parteien vergeben haben, die größten Schwierigkeiten ge⸗ macht werden. Die Poltzei verdient auf keinen Fall das Vertrauen, das die bürgerlichen Parteien zu ihr haben. Ein Prozeß vor der Strafkammer in Beuthen hat die schlimmsten

Zustände bei der Polizeiverwaltung in Myslowitz aufgedeckt. Ein dortiger Agent der Hamburg⸗Amerika⸗Linie, der wegen Mädchenhandels aus Rußland und Oesterreich ausgewiesen war, hat unter den Augen der dortigen Polizei auf die schlimmste Weise Auswanderer angeworben. Er hat dabet russische und auch deutsche Grenzbeamten bestochen. Er konnte seine Tätigkeit nur ausüben, weil er gleichzeitig für die Polizei als politischer Spion tätig war. Die russischen Behörden

verlangten seine Ausweisung, damit sie ihn in Rußland bestrafen

konnten. Dies wurde jedoch verweigert mit dem Bemerken, es be⸗

stehe der Verdacht, daß man diese Forderung nur stelle im Interesse der russischen Schiffahrtslinien. Der Regierungspräsident ist fort⸗

dauernd falsch unterrichtet worden. Er hat im März 1909 selbst

angeordnet, daß der betreffende Agent nicht ausgewiesen werden

solle, weil seine Ausweisung eine schwere Schädigung der deutschen Schiffahrt bedeuten würde. Aber man solle auf den

Mann acht geben. Trotzdem erklärte der dortige Polizeirat, er habe

erst 1913 erfahren, daß der betreffende Agent in Rußland

und Oesterreich Verbrechen begangen habe. Bei seiner Vernehmung

erklärte er auch, er sei nur durch die Auswandererhallen ge⸗

gangen, wenn es sich um ppolitische Feststellungen handelte.

Demselben Polizeirat hat noch ein anderer Agent der Gesfell⸗

schaft, der in Myslowitz sehr einflußreich ist, große Ge⸗

schenke gemacht und auch Geld für Erholungsreisen zugewendet.

Es ist festgestellt worden, daß die Einnahmen der Hamburg⸗

Amerika⸗Linie um Millionen gestiegen sind, als der Mädchen⸗

händler Lobelski in den Dienst des Vertreters der Hamburg⸗

Amerika⸗Linie Weichmann trat. Dieser Weichmann hatte ein

Bureau mit 150 Angestellten errichtet und betrieb so sein

schmutziges Handwerk. Die Polizei hatte Anzeige von dem be⸗

rüchtigten Treiben erhalten, ist aber gegen Weichmann nicht vor⸗

gegangen. Die Leute bekamen in den Restaurants von Mislo⸗

witz freie Getränke, wenn sie nur „M. W.“ sagten, das

heißt Max Weichmann. Die Polizei und das Ministerium des Innern mußten wissen, daß jahrelang Bestechungsgelder gezahlt worden sind. Durch die Zeugenbekundungen ist erwiesen worden, daß sich kein Geschäftsmann in Myszlowitz gegen Lobelski und Weichmann vorzugehen traute, da er sonst den wirtschaftlichen Boykott zu gewärtigen hatte. Die Polizei in Myslowitz ist mit wenigen Ausnahmen durch Weichmann korrum⸗ pitert worden. Es ist gesagt worden, daß man im Interesse der deutschen Schiffahrt und der Hamburg. Amerika⸗Linie handeln müsse, und zugunsten der Hamburg⸗Amerika⸗Linie ist das Interesse des Mädchenhändlers dem Staats⸗ und Polizei⸗ interesse vorangegangen. Da muß man sich fragen: wo stecken eigentlich die größten Verbrecher? Sind die Mädchenhändler oder die

amtlichen Organe die größten Verbrecher? (Präsident Dr. Graf

von Schwerin: Dieser Vergleich ist durchaus ungehörig, Sie

dürfen die amtlichen Organe nicht als Verbrecher hinstellen!) Das

elende Dreiklassenwahlrecht ist die Quelle aller dieser verbrecherischen

Handlungen. Durch Ihre ganze Tätigkeit und Ihre Abstimmung

machen Sie sich mitschuldig an diesen verbrecherischen Handlungen.

(Lebhafte Pfutrufe rechts; große Unruhe. Der Präsident Dr. Graf

von Schwerin ruft den Redner zur Ordnung.)

Abg. Frank (Zentr.): Wir bedauern unendlich die Mißstände, die der Cölner Prozeß an den Tag gebracht hat, und hoffen, daß die Verwaltang mit einem eisernen Besen die schuldigen Beamten aus⸗ kehren wird, damit ähnliche Vorkommnisse sich nicht wiederholen. Ich habe schon früher den Minister darauf hingewiesen, daß die Sittenpolizei in Cöln nicht stark genug sei. Es ist aber bisher nichts geschehen. Der Polizeifonds ist zwar um 25 000 erhöht worden, das genügt aber auf keinen Fall. In der Stadtverordnetenversammlung haben meine Freunde sich bitter beklagt über die mangelhaften sitt⸗ lichen Zustände in Cöln und darüber, daß die Polizei nicht ausreiche. Hoffentlich wird nun Wandel eintreten. Augenblicklich ist man ja, um einen Berliner Ausdruck zu gebrauchen, mit einem Rein⸗ machen in Cöln beschäftigt; es wird auf diesem Gebiete Wandel eintreten müssen. Die Verhältnisse, die in Myslowitz vorgekommen sind, sind unerhört. Die Handhabung der Polizei ist ein ernster Beruf, es dürfen nur erprobte Leute in die Polizei; Leute, die Frühstücks nassauern, gehören nicht dahin. Auch in Cöln haben wir die Erfahrung gemacht, daß die Schutzleute darauf ausgingen, bei den Wirten gratis zu essen und zu trinken. Das Ansehen der Polizei hat dadurch ungemein ge⸗ litten. Der Minister sollte die Cölner Polizet einer gründlichen Revision unterziehen, die Verhältnisse an Ort und Stelle unter⸗ suchen lassen. Sie werden dann sehen, daß ich nicht übertreibe. handelt sich hier um einen Notschrei der Cölner, verhallen darf. Die öffentlichen Mädchen in Et wesen in völlig ungenterter Weise. Ich bitte den Minister od seinen Vertreter, daß die Stadt Cöln bald in den Besitz einer Polizei gelange, die ihrer Größe und ihrer Bedeutung entspricht.

Ministerialdirektor Dr. Freund: Die Regierung wird dafür Sorge tragen, daß die Handhabung der Polizei auf derjenigen Höhe gehalten wird, welche Cöln verlangen kann. Ein sach⸗ verständiger Polizeimajor ist mit der Erstattung eines Gutachtens darüber beauftragt, ob Cöln mit dem vorhandenen Polizeipersonal aus⸗ kommt, wenn die Regierung die Dienstverhältnisse neu regelt. Dem Abg. Leinert möchte ich in bezug auf den Myslowitzer Fall erwidern, daß die Regierung die Akten eingefordert hat. Der Regierungs⸗ präsident in Oppeln hat angeordnet, daß sämtliche Beteiligten amt⸗ lich vernommen werden sollen, um festzustellen, ob irgendeine Be⸗ günstigung des Mädchenhandels in Frage kommt. Wir werden in jeder Richtung sofort eingreifen, wenn die vorgebrachten Klagen be⸗

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Attendorn wird der „Rh.⸗Westf. Ztg.“ gemeldet, daß auf dem Walzwerk in Listern ohl zahlreiche Arbeiter in den Aus⸗ stand getreten sind. Infolgedessen hat die Werksleitung am 18. d. M. den ganzen Betrteb eingestellt und angekündigt, daß diejenigen Arbeiter, die am nächsten Montag die Arbeit nicht wieder aufnehmen, als ent⸗ lassen anzusehen sind. Ueber die Gründe der Arbeitsntederlegung Arbetter der Werksleitung bisher noch keine Mitteilung gemacht.

Die Offiziere und Heizer der Dampfschiffahrtsgesell⸗ schaft „Messageries maritimes“ sind, wie dem „W. T. B.“ aus Marseille telegraphiert wird, in den Ausstand getreten. Sie fordern vor allem eine Erhöhung ihrer Gehälter. Trotz des Aus⸗ stands konnten die Postdampfer „Natal“ und „Saghalien“ nach Madagaskar und Konstantinopel abgehen. Die Leitung der „Messageries maritimes“ erklärte, daß sie, falls der Ausstand nicht bald beendet sein sollte, entschlossen sei, alle ihre Postdampfer außer Dienst zu stellen. Der Postdienst würde in diesem Falle von ausländischen Schiffen besorgt werden.

Im Hafen von Genua liegen infolge des am Mittwoch aus⸗ gebrochenen Ausstandes der Kohlenablader, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, 30 Dampfer, di⸗ nicht löschen können.

(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i.