kommission nach § 12 a. g. O. nicht mehr in Anspruch genommen. Ihre Mitwirkung beschränkt sich im wesentlichen darauf, die Renten auf den von den Siedlungsgesellschaften selbständig begründeten Renten⸗ gütern nach § 1 flg. a. a. O. abzulösen.
“ Dritter Abschnitt. Schlußbestimmungen. Zu §§ 29 und 31. 8 b
Unter dem Verfahren im § 29 versteht der Entwurf das Ge⸗ nehmigungsverfahren (§§ 5 flg.) sowie die behördliche Mitwirkung bei der Ausübung des Rücktrittsrechts (§ 10) und beim Vorkaufsrechte (§§ 15 flg.). 3
Unter „der zuständige Minister“ sind der oder die Minister zu verstehen, die nach den allgemeinen Grundsätzen für die Behörden⸗ organisation für die einzelnen Anordnungen zuständig sind.
X“X“ Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes
zur Abänderung des Gesetzes vom 15. Juni 1904, Landeskreditanstalt,
die Hannoversche nebst Begründung zugegangen.
Statistik und Volkswirtschaft.
Internationaler Geburtenrückgang. Das bayerische Statistische Landesamt veröffentlicht im ersten Heft des neuen Jahrgangs seiner Zeitschrift (Verlag von J. Lindauer, München) u. a. „internationale Uebersichten zum Geburtenrückgang“, die sich auf die Zeit von 1841/50 bis 1910 erstrecken und alle Staaten, soweit sie in dieser Hinsicht statistisch kontrolliert sind, umfassen. Es ergibt sich aus diesen Uebersichten, daß in der ganzen Kulturwelt die neuzeitige Erscheinung des Geburtenrückgangs, namentlich seit der Jahrhundertwende in mehr oder wenicer starkem Maße zu beobachten ist. Nur in einer kleineren Zahl von Ländern wird eine Erchöhung der Geburtenziffer nachgewiesen; doch ist dies zum Teil wohl lediglich der Verbesserung des statistischen Dienstes zuzuschreiben; soweit eine wirkliche Steigerung der Geburtenziffer in Frage kommt, ist sie nur geringfügig. Was den derzeitigen Stand der Geburtenhäufigkeit anlangt, so läßt sich hinsichtlich der europäischen Staaten im allgemeinen eine Verminderung der Fruchtbarkeit von Osten nach Westen feststellen. Die höchsten Geburtenziffern (d. h. Lebendgeborene auf 1000 Ein⸗ wohner im Jahre 1910) haben Rußland (43,) und die Balkan⸗ staaten (Bulgarien 42,%, Rumänien 39,2, Serbien 38,5), dann folgen Oesterreich und Ungarn (ersteres 32, %, letzteres 35,7 %0), Italien (33,3), Spanien (33,1) und Portugal (32,3), Deutschland (29 8), Niederlande (28,6), Skandinavien (Dänemark 27,5, Norwegen 261, Schweden 24,7), Greßbritannien (25,0), Schweiz (25,0), Belgien (23.8), und an letzter Stelle steht Frankreich mit 19,6 %00. Zur Würdigung der bevölkerungsmehrenden Bedeutung dieser so verschiedenen Geburtenziffern darf man sie aber nicht isoliert be⸗ trachten, sondern muß ihnen die entsprechenden Sterblichkeits⸗ ziffern gegenüberstellen. Es zeigt sich dann, daß die höchste Sterblichkeit Rußland hat (28,9 Sterbefälle auf 1000 Ein⸗ wohner im Jahre 1910); ihm folgen wieder die Balkanstaaten (Numänien 28,8, Bulgarien 23,5, Serbien 22,1 % ), ferner Ungarn (23,6), Oesterreich (23,1), Spanien (23,)) und Portugal (19.0).
Daran schließen sich als Stanten mit mittlerer Sterblichkelt Frank⸗ reich (17,7), Deutschland (16,2), Belgien (15,2), Schweiz (15,); der letzten Sterblichkeitsstufe gehören an Großbritannten (14,0), Schweden (14,0), Niederlande (13,0), Norwegen (13,5) und Däne⸗ mark (12,9).
Zieht man nun zwischen Geburten⸗ und Sterbeziffer die Bllanz, so steht Bulgarien mit einem Geburtenüberschuß über die Sterbe⸗ fälle in Höhe von 18,5 % an erster, Frankreich mit knapp dem zehnten Teil dieses Maximums — 1,s % — an letzter Stelle. Im übrigen ergibt sich hinsichtlich des Geburtenüberschusses folgende Reihen⸗ folge: Serbien (16,4), Niederlande (15,0), Rußland (15,0), Dänemark (14,6), Rumänien (14,, Deutschland (13,o), Italien (13,4), Portugal (12,7), Norwegen (12 6), Ungarn (12,1), Oesterreich (11,3), Großbritannien (11,0), Schweden (10,2), Schweiz (9,5), Spanien (9.8), Belgien (8,6) und schließlich, wie erwähnt, Frankreich (1,8 %o).
Die namhaften Unterschiede, die zwischen den einzelnen Staaten bezüglich ihrer Geburtenziffer zu verzeichnen waren, haben sich also durch die erhebliche Sterblichkeit gerade der geburtenreicheren Länder beim Endergebnis der natürlichen Bevölkerungsvermehrung wesentlich abgeglichen. Insbesondere erscheint der Vorsprung, den die slavischen Nationen hinsichtlich der Geburtenhäufigkeit haben, beim Geburten⸗ überschuß wesentlich verringert. Rußland, Serbien, Rumänien haben keinen erheblich größeren Geburtenüberschuß, als beispielsweise Deutsch⸗ land, Dänemark, die Niederlande bei einer wesentlich niedrigeren Ge⸗ burtenquote und einer erheblich günstigeren Sterbeziffer erzielen.
28
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Ernteergebnisse in Finnland 1913.
Das Ernteergebnis des Jahres 1913 ist in Finnland im all⸗ gemeinen als befriedigend zu bezeichnen. Was zunächst Roggen und Gerste anlangt, so ist die Ernte sowohl der Menge wie der Be⸗ schaffenheit nach unbedeutend hinter derjenigen des Vorjahres zurück⸗ geblieben, während die Haferernte diejenige des Jahres 1912 sowohl quantitativ als auch qualitativ übertrifft. Die Kartoffelernte ist der Menge rach derjenigen des Vorjahrcs nur wenig unterlegen, der Be⸗ schaffenheit nach steht sie ihr gleich. Der Heuertrag kann weder der Menge noch der Beschaffenheit nach mit dem vorjährigen Ertrage gleichgestellt werden.
Nach den statlstischen Uebersichten der Landwirtschaftsverwaltung ist der Ertrag für die verschiedenen Getreidearten und für Kartoffeln im ganzen Lande wie folgt berechnet worden (in Hektoliter):
8 1913 8 4 265 500 2 244 200
8
Roggen.. Gerste.. Haser 9 602 000 3
Kartoffeln 8 254 600 8277 100
Die Roggenernte ist um 88,600 hl bezw. 2 %, der Gersten⸗ ertrag ist um 137 800 hl bezw. 5,8 % und der Kartoffelertrag ist um 22 600 hl bezw. 0,3 % geringer als im Jahre 1912. Der Hafer⸗ ertrag ist dagegen um 118 600 hl bezw. 1,3 % größer als im Vor⸗ jahr gewesen.
Die Heuernte wird auf 19 547 420 dz gegen 21 492 200 dz im Jahre 1912 geschätzt; sie ist mithin 1913 um 1 944 780 dz bezw. etwa 9 % geringer ausgefallen als im Vorjahre. Seiner Beschaffen⸗ heit nach bleibt das Heu im ganzen Lande ungefähr 13 % unter dem⸗ jenigen des Vorjahres.
Der Wert der Ernte beträgt in bezug auf Menge und Beschaffen⸗
heit gemäß einer Zifferskala, in welcher 8 reichlich, 7 gut, 6 über
mittelmäßig, 5 mittelmäßig, 4 unter mittelmäßig, 3 knapp oder gering, 2 fast Mißernte und 1 Mißernte bedeutet, für ganz Finnland: Roggen 6 0 (1912: 6,1), Gerste 5,6 (1912: 5,7), Hafer 6,2 (1912: 5,9) und Kartoffeln 5,4 (1912: 5,4).
Für die ein zelnen Gouvernements des Landes sind die
Ziffern folgende: b Gerste Hafer Kartoffeln
EPadsr.
1073 19722 1573 1972 1915 1972 6,1 6,5 6,3 5,9 5,.
6,7 860 6,4 5,9 5. 3 1 5,7 6,0
5, 6,3
6, 5,6
Jahresernte ist folgendermaßen
Roggen. 57,30 Millionen F. M. Gerste. 22,00 . 67,80 Stroh. 35,75 Kartoffeln... 32,50 1I“” .107150 8 zusammen. 322,85 Millionen F. M.
Rechnet man den Wert von Weizen, Mischkorn, Erbsen, Bohnen, Rüben, Hanf, Flachs und zugehöriges Stroh (im ganzen 9,84 Mill.) mit ein, so dürfte der Gesamtwert der letzten Ernte auf ungefähr 333 Millionen F. M. zu schätzen sein gegen 340 Millionen F. M. im Jahre 1912 (Bericht des Kaiserlichen Generalkonsuls in Helsing⸗ fors vom 24. Februar 1914)
Roggen 1913 1912 60
Nylands Län. . . Abo u. Björneborg
111“*“ Tavastehus Län Wiborgs Län.. St. Michels Län. Kuopio Län.. Wasa Läf.. Ule”borgs Län. .
Der Geldwert der worden:
—
2
OCrSbo bo
E 9.
n
— — —
cocecoSbdo en & SUbo Dobooe
ô9/.S S88, S SS: ꝙꝙ G
dom CooSSdod
Nr. 16 des „Zentralblatts der Bauverwaltung', her⸗ ausgegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 25. Februar 1914, hat folgenden Inhalt: Die neuen Hauptbahnhöfe der Penn⸗ sylvania⸗ und der Newyork⸗Zentralbahn in New York. — Senkung des Grundwasserspiegels bei Gründung von Bauwerken. (Schluß.) — Tagungen der Vereine der Baustoffgewerbe in Berlin. — Entwurf zum neuen Königlichen Opernhaus in Berlin. — Vermischtes: Wett⸗ bewerbe um den Preis der von Rohrschen Stiftung, um Entwürfe für ein Denkmal zu Ehren der Königlich Deutschen Legion in Hannover und zu einem Statlonsgebäude auf Station Süder⸗Norderstapel. — Endverbindung für Doppelblattfedern von Eisenbahnwagen.
Nr. 17 des „Zentralblatts der Bau verwaltung', heraus⸗ gegeben im Ministertum der öffentlichen Arbeiten, vom 28. Februar 1914 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nicht⸗ amtliches: Zwei deutsche Herrensitze. (Schluß.) — Fluchtlinienplan, Bebauungsplan und Bauordnung. — Der Unfall an der Schleppzug⸗ schleuse in Hemelingen⸗Bremen, dessen Ursachen und die Wiederher⸗ stellung der Schleuse. Vermischtes: Wettbewerb für ein An⸗ kündigungsblatt (Plakat) der Aachener Krönungsausstellung 1915. — Jahresversammlung des Verbandes deutscher Diplomingenieure in Charlottenburg. — Beweglicher Wehraufsatz, der als Schütztafel aus⸗ gebildet ist. — Geheimer Baurat Wilhelm Walter †.
Großhandelspreise von Getreide an deutschen und frem Börsenplätzen für die Woche vom 23. bis 28. Februar 1914 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mark. (Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)
Woche Da⸗ 23./28. gegen Februar Vor⸗ 1914 woche 155,50 154,17 195,42] 191,83 151,58 150,92 „
Berlin.
Roggen, guter, gesunder, mindestens 712 Weiten, 755 Hafer,
163,75 226,73 174,33 176,63 132,00
Roggen, Pfälzer, mittel... Weizen, Pfälzer, amerikanischer, rumänischer, Hafer, badischer, russischer, mittel. Gerste badische, Pfälzer, mittel
8 Futter⸗, mittel... Mais, La Plata, „
Roggen, Feihe Boden Weizen, 25. “
Hafer, ungarischer, I. Gerste, slowakische .. Mais, ungarischer, neu
Budapest.
Roggen, Mittelware Weizen, 5 er, Gerste, Futter⸗ Mais,
169,13 139,88 157,23 138,53
15442 207,34 136,55 120,39 118,35
154,94 209,42 136,41 120,77
Odessa. Roggen, 71 bis 72 kg das hl. .. Weizen, Ulka, 75 bis 76 kg das hl
Riga. Roggen, 71 bis 72 kg das hlh..
Weizen, 78 bis 79 kg das hll.. Paris. lieferbare Ware des laufenden Monats
8
107,25 140,38
120,70 149,13
150,00 216,00
150,13
Roggen 214,80
Weizen Antwerpen. Donau⸗, mittel.. roter Winter⸗ Nr. 2. Manitoba Nr. 2 . Kansas Nr. 2
156,58 170,14 164,89 163,03
158,36 170,86 166,99 166,02 Amsterdam.
Roggen Weizen Mais
118,56 131,46 164,43 167,96 129,57 110,09
w 65 St. Petersburger.. 8I6“ amerikanischer Winter⸗ amerikanischer, bunt. La Plata
ondon.
(Mark Lane). englisches Getreide,
Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)
8 147,52 144,17 145,51 136,61 149,73
Weizen meiß Weizen
F erste 6 Liverpool.
[Donau, mittel. roter Winter⸗Nr. Australier Manitoba Nr. 2
engl.
160,54 168,05 175,56
Weizen 166,17
Kurrachee.. 169,46
Hafer, englisch weiser ..
Gerste, Futter.]/ River plate Ode b
E1““ amerikanischer, bunt. N Platt
137,69 125,58 125,95 152,09 112,43
137,69 127 52 125,95 1 124,86 Mais 152,09
112,66
Chicago.
Mai. Fuli. Mai.
YVork.
roter Winter⸗ Nr. 2..
8 Mai L 8 18“ Lieferungsware Fuli.
146,20 137,86 111,01
145,88 137,93
Weizen, Lieferungsware - 109,32
Mais, .
160,30 158,14 150,41
162,29 159,17 150,60
Buenos Aires. Durchschnittsware .. . . . ..
Bemerkungen. 1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner
Produktenbörse = 504 Pfund engl. gerechnet; s die aus den Um⸗ sätzen an 196 Marktorten des Königreichs ermittelten Durchschnitts⸗ für einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial
uarter Weizen = 480, Hafer = 312, Gerste = 400 Pfund engl. angesetzt; 1 Bushel Weizen = 60, 1 Bushel Mais = 56 Pfund englisch, 1 Pfund englisch = 453,6 g; 1 Last Roggen = 2100, Weizen = 2400, Mais = 2000 kg.
Bei der Umrechnung der Preise in Reichswährung sind die aus den einzelnen Tagesangaben im „Reichsanzeiger“ ermittelten wöchent⸗ lichen Durchschnittswechselkurse an der Berliner Börse zugrunde gelegt, und zwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und Neu York die Kurse auf Neu York, für Odessa und Riga die Kurse auf St. Peters⸗ burg, für Paris, Antwerpen und Amsterdam die Kurse auf diese Plätze. Preise in Buenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie.
Berlin, den 4. März 1914.
152,34
Weizen 92,65
Mais
Kaiserliches Statistisches Amt. J. V.:
(1000 kg) in Mark
Marktorte
Hauptsächlich gezahlte Preise für 1 t
p V
mittel
Königsberg Danzig. Berlin . Stettin. Ben. . Breslau. Gleiwitz. Magdeburg Hannover IET. Leipzig.
Berlin, den
186,50 192 — 194 179 178 — 181 179 — 181 183 189 —- 191 188 — 190 193 — 196 8 186 — 188 Hamburg. 194 — 197
150 153 154,50 1 148 139 —- 141 143 — 145 150 151 — 153 155 — 156 153 — 156 155 — 157 153 — 155
167 — 170 163 — 165 164 — 167 157 — 161 158 — 160
Kaiserliches Statistisches Amt.
170 — 172
Wunder ist, daß sich so viele Leute für diese Stellung finden. [eibt Postagenten, die zwei und drei Räume für den Dienst zur Ver⸗
lvereine bestehen.
eichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Berlin, Mittwoch, den 4. März
Deutscher Reichstag. 226. Sitzung vom 3. März 1914, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Nach Erledigung der beiden zunächst auf der Tagesordnung stehenden Anfragen, worüber in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, setzt das Haus die zweite Beratung des
(Etats für die Reichspost⸗ und Telegraphenverwal⸗
„
tung mit dem Kapitel „Gehalt des Staatssetretärs“ fort. Abg. Kiel fortschr. Volksp.): Auf die Gestaltung des Etats haben die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vorjahres eingewirkt. Der Etat ist mit einer gewissen Vorsicht aufgestellt worden. Man häͤtte aber doch den Etat etwas günstiger aufstellen können und sich nicht durch die in Aussicht genommene Besoldungsvorlage beeinflussen lassen sollen. Die Massenhaftigkeit der Petition läßt erkennen, daß recht viele Wünsche auf seiten der Beamten bestehen, und daß wir noch lange nicht weit genug gegangen sind in der Berücksichtigung dieser Wünsche. Die Petitionen richten sich nicht bloß auf eine Ge⸗ haltserhöhung, sondern auch auf die Einrichtung von Beamtenaus⸗ schüssen. Diese könnten verhindern, daß so viele Petitionen an den Reichstag gelangen, die sich zum Teil widersprechen. Wir balten den Wunsch der Beamten nach Ausschüssen für durchaus berechtigt. Jedenfalls darf den Beamten das Petitionsrecht nicht geschmälert werden. Das würde auch der Verwaltung nicht schaden, auch nicht, wenn die betreffenden Petitionen der vorgesetzten Behörde vorher nicht vorgelegt worden sind. Es ist nur zu wünschen, daß die Petitionen möglichst durch die großen Beamtenorganisationen eingereicht werden, nicht so einzeln, wie es jetzt geschieht. Die großen Organisationen koönnten gute Beziehungen zur Verwaltung pflegen, um so zu einer Verständigung zu gelangen, ohne daß andere Beamten⸗ kategorien benachteiligt werden. Der Staatssekretär hat in der Budgetkommission gesagt, die Abgeordneten möchten doch nicht in die großen Beamtenversammlungen gehen. Wir sind entgegengesetzter Ansicht. Wir haben das Recht und die Pflicht, solche Fachversamm⸗ lungen zu besuchen und uns durch Fachleute belehren zu lassen. Wie man dort zu Fragen Stellung nimmt und auftritt, ist eine Sache für sich. Was die Beamten insbesondere betrifft, so ver⸗ stehe ich nicht, warum die Telegraphenmechaniker nicht den Assisten⸗ ten gleichgestellt sind. Eine ganz besondere Fürsorge verdienen die Postagenten. In den wohlwollenden Aeußerungen des Staats⸗ sekretars über die Beamten befindet sich in bezug auf die Agenten doch eine Lücke. Man sollte überall Postagenturen einrichten, wo es irgend möglich ist. Die Agenten sind aber so ungünstig gestellt, daß es ein
fügung stellen. Ich kenne Agenten, denen zwei erwachsene Töchter belfen. Es müßte den Agenten ein auskömmliches Grundgehalt ge⸗ währt werden. Sehr gefreut hat mich gestern die Mitteilung des Staatssekretärs über die demnächstige Einführung der Postkreditbriefe. Ich möchte empfehlen, diese Postkreditbriefe auch im Verkehr mit den Ländern einzuführen, mit denen die Post Verträge abgeschlossen hat, z. B. in Oesterreich. Es ist gestern auch die Rede gewesen von dem Weltpennyporto. Das würde ein Welteinheitsporto bedeuten. Ein momentaner Ausfall ist bei dieser Einnahme allerdings nicht zu ver⸗ meiden. Aber der Ausfall würde bald eingeholt werden. Wir müssen
einem wirklichen Weltpostverein kommen, nachdem schon Post⸗ Ich bin überzeugt, bei gutem Willen würde unsere Postverwaltung auf dem nächsten Weltpostkongreß, bei dem auch China als Mitglied vertreten sein wird, das Einheitsporto durchsetzen können. Gegen eine Jubiläumsmarke hat sich die Verwaltung seiner⸗ zeit erklärt. Ich hatte mich im vorigen Jahre dafür erklärt, weil ich wünsche, daß wir endlich eine schönere Marke bekommen. Die Germania auf der Marke ist wirklich nicht schön. Wir haben so iele Vorbilder im Auslande hinsichtlich der Markenausführung. Das Paketporto muß reformiert werden; ein ermäßigtes Porto für das
Einkilopaket ist dringend notwendig, umso notwendiger, als man schon
jetzt Sendungen, die in Wirklichkeit Pakete sind, als Warenproben, als Muster ohne Wert zu einem sehr niedrigen Satze befördert. Die Barfrankierung ohne Marken sollte die Verwaltung, wenn der Welt⸗ postvertrag Schwierigkeiten macht, doch wenigstens für den Bereich der Reichspostverwaltung einführen. Bezüglich der Form der Fenster den Fensterbriefen sollte die Verwaltung den Wünschen des Publi⸗
8 1 1
tums und der Fabrikanten mehr als bisher entgegenkommen; man
soll das Fenster auch parallel zur Schmalseite des Kuverts zulassen. Die Brieftelegramme haben sich sehr gut eingeführt; daß sie schon von 2 Uhr ab angenommen werden slen, ist ein ganz außerordentlicher Fortschritt. Die Telephonverbindung zwischen Holland und England ist hergestellt; ich möchte dringend bitten, daß Deutschland hinter Holland nicht zurückbleibt; die Verbindung nach England würde sehr viel Geld kosten, aber dem Verkehr auch einen großartigen Auf⸗ schwung geben. Einzelne Telephonverbindungen, wie die nach Frank⸗ furt und Cöln, sind so überlastet, daß man fast durchweg nicht mehr zu einem Gespräch gelangen kann, ohne für die ganze Dauer des
Gespräches die dreifache Taxe zu bezahlen, ganz abgesehen davon, daß
man doch vielleicht noch eine Stunde warten muß. Das ist über⸗ lriebener Fiskalismus. Die Klagen des platten Landes über unsere Telephonverbindungen werden immer stärker; es scheint tatsächlich eine Vernachlässigung vorzuliegen, und nicht bloß deswegen, weil das flache Land die alten und veralteten Apparate erhält, die man in den Städten nicht mehr brauchen kann. Vielfach ist der Telephonverkehr von einem Dorf zum andern sehr erschwert dadurch, daß die Dienst⸗ stunden in dem einen anders liegen wie in dem andern. Man soll dem flachen Lande nicht vorhalten, daß es zu wenig einbringt, man soll ihm vielmehr erst recht die Vorteile des modernen Verkehrs zugäanglich machen. Die Fünfkilometerzone sollte auf 10 Kilometer zusgedehnt werden, das würde vielen Landbewohnern sehr zustatten kommen. Das Strafporto für ungenügend frankierte Briefe sollte fortfallen. Die Ueberweisung von Zeitungen nach dem Auslande sollte nach österreichischem Muster eingeführt werden. Die Privatposten hat man seinerzeit mit der Zweipfennigpostkarte erschlagen, aber es kat sich schwer gerächt, daß man diese Karte alsbald wieder aufhob; die Bestrebungen, die alten Privatposten in anderer Form wieder ins eben zu bringen, lassen sich mit hierauf zurückführen, und die Post⸗ berwaltung wird davor erst Ruhe haben, wenn sie sich entschließt, jene schönen blauen billigen Karten wieder in den Verkehr einzu⸗ führen. Die Briefkasten großen und größten Formats sollten ver⸗ imehrt werden. Die Soldatenbriefe gehen frei, aber nur, wenn de Vermerk darauf steht: „Eigene Angelegenheit des Empfängers.“ Hann dieser zum großen Teil unnütze Vermerk nicht in Wegfall kommen? Dem S
¹
er Lande würde dadurch eine Wohltat erwiesen werden. Die Soldatenpakete müssen noch immer ein zu hohes Porto tragen; das sollte ermäßigt oder die Gewichtsgrenze erhöht werden; der Soldat braucht die Wurst, die ihm zugeschickt wird, um starke Knochen zu behalten. Man soll nicht ihm bei seiner geringen Löhnung oder einen Angehörigen noch eine empfindliche Portoausgabe aufbürden. Der Postscheckverkehr würde am zweckmäßigsten durch ein einziges grooßes Scheckamt für ganz Deutschland bewältigt werden; da das aber wegen der zu großen räumlichen und zeitlichen Entfernungen nicht jeht, hat man eine Mehrheit von Scheckämtern einrichten müssen. Ihre Zahl ist nunmehr aber zu gering. Ostpreußen muß ein eigenes Postscheckamt in Königsberg haben und sollte nicht mehr guf Danzig angewiesen sein. Den Wünschen Bremens nach einem
“ “
Postscheckamt sollte entsprochen werden. Seitens verschiedener Kor⸗ porationen, in erster Linie kaufmännischer, sind dem Staatssekretär allerlei Wünsche vorgetragen worden. Leider werden diese nicht immer beachtet, obgleich sie doch gerade im Interesse des Verkehrs liegen. Das gilt auch dem Einheitsweltporto gegenüber. Wir hoffen hier, daß wir, wie wir den Weltpostverein bekommen haben, auch zu dem Einheitsporto gelangen werden.
Abg. Mertin⸗Oels (Rp.): Vor zwei Jahren habe ich an vieser Stelle schon Wünsche der Postagenten vorgetragen. Bisher ist diesen noch nicht entsprochen worden, trotzdem diese Beamtenklasse ihre Wünsche auf das bescheidenste Maß herabgesetzt hat. Seitens der Sozialdemokraten ist behauptet worden, daß die Postbeamten schlecht bezahlt würden und die Ueberschüsse nur daraus herzuleiten sind. Die Postverwaltung bringt erfreulicherweise große Ueberschüsse. Es scheint mir aber, als ob man diesmal die Einnahmen etwas nach unten frisiert hat. Es geht nicht an, es so hinzustellen, als ob die Ueber⸗ schüsse der Postverwaltung überhaupt ein Skandal sind. Wir meinen allerdings auch, daß die Post in erster Linie Aufgaben des Verkehrs erfüllen soll. Aber dieser Gedanke kann deshalb doch mit dem der Rentabilität verbunden werden. Man braucht da bloß sich die preußische Eisenbahnverwaltung anzusehen. Ich meine, daß wir diese Ueberschüsse brauchen, und wir haben uns ihrer nicht zu schämen. Protest erheben muß ich gegen die Aeußerung, daß die Verwaltung ihre Ueberschüsse nur der Ausbeutung der Beamten verdankt. Für berechtigte Wünsche der Beamten haben wir alle hier Verständnis. Es geht deshalb nicht an, es so hinzustellen, als ob sie ausgebeutet würden. Wäre es der Fall, dann würde die Post ja gar keine neuen Beamten bekommen. Der neue Etat verlangt über 10 000 neue Stellen. Das spricht doch dafür, daß von einem Schinden des Personals keine Rede sein kann. Mit der Personalpolitik der Verwaltung sind wir vollständig einverstanden. Wir meinen, daß jeder Beamte an die Stelle gestellt wird, für die er sich eignet. Deshalb erhebe ich auch wieder unsere alte Forderung, eine Reihe von Dienstfunktionen der mittleren Beamten gehobenen Unterbeamten zuzuteilen. Ein Bei⸗ spiel hierfür, wie das erfolgen kann, ist das große Postamt Ham⸗ burg I. Mit der Beschäftigung weiblicher Hilfskrafte bei den Post⸗ ämtern 3. Klasse sind wir im allgemeinen nicht einverstanden. Die Meinungen über die Beschäftigung der Frauen sind ja bei allen politischen Parteien verschieden. Es wird gesagt, man müsse den Ueberschuß der weiblichen Personen irgendwo unterbringen. Man ver⸗ gißt aber hierbei, daß es sich in diesem Falle nur um 18 bis 19 Jahre alte Mädchen handelt. In diesem Alter ist noch gar kein Ueberschuß vorhanden, der tritt erst im späteren Alter auf. Man spricht von der
Erschwerung des Heiratens bei den Männern, weil sie erst so spät zu Amt und Brotstellen kommen. Aber es scheint auch die Neigung zum Heiraten beim weiblichen Geschlecht abgenommen zu haben, weil man die damit meist verbundene Hausarbeit scheut. Eine Frau, die hauszuhalten versteht, ist aber für einen Mann wertvoller als eine, die vielleicht eine kleine Rente bezieht. Da es sich hier um junge Mädchen handelt, so sollte man auf andere Weise für sie sorgen. Der Staatssekretär meinte, es handelt sich um einen Versuch und man solle erst den Erfolg abwarten. Aber es wird schwer halten, diese Einrichtung wieder zu beseitigen. Dann scheint es mir aber auch besser, wenn man diese Versuche in den größeren Städten angestellt hätte, wo man eine größere Auswahl an Material hat. Dort lassen sich auch die Fragen der Aufsicht und Unterkunft der jungen Postge⸗ hilfinnen besser regeln. Es haben sich gerade in kleinen Städten Uebelstände herausstellt, weil diese jungen Mädchen im Alter von 16 oder 18 Jahren Vorgesetzte von verheirateten Unterbeamten sind. Ich bin durchaus kein Weiberfeind und erkenne gern an, was weibliche Arbeitskräfte leisten, wo sie am Platze sind, so in erster Linie im Telephondienst. Infolge der Statistik eines amerikanischen Fachmanmwe über die Schnelligkeit der Verbindung im Telephon⸗ wesen hal eman auch in Paris und bei uns solche angestellt. Wir haben allen Grund, mit den Ergebnissen zufrieden zu sein. Ein An⸗ trag der Fortschrittlichen Volkspartei fordert Beamtenausschüsse, aber bei der Art unseres Beamtenpersonals besteht hierfür gar kein Be⸗ dürfnis. Das Petitionsrecht der Beamten wollen wir natürlich nicht einschränken. Trotzdem wünsche auch ich, daß die Beamten sich zuerst an ihre Vorgesetzten und erst im alleräußersten Notfall sich an uns wenden. Die Einrichtungen der Postsparkassen in Ostafrika erfüllt uns mit Freude. Ganz besonders stolz können wir auf die glänzenden Ergebnisse der drahtlosen Telegraphie sein. Erschwerungen im Ver⸗ kehr durch Chiffrebriefe halten auch wir für nötig. Die Klagen über die Briefbestellung und den Telephonverkehr auf dem platten Lande muß auch ich erheben. Ein Brief, den ein Gutsbesitzer in Posen an einen Nachbar schreibt, braucht regelmaßig von Freitag bis Mon⸗ tagabend, ehe er ankommt. Durch Abschaffung des Ankunftsstempels ist eine gewisse Rechtsunsicherheit eingetreten, da besonders kleine Leute wegen der Kosten keine Einschreibebriefe wegsenden. Den Wunsch nach den zweipfündigen Paketen kann auch ich unterstützen. Berechtigt ist das Verlangen der Berliner Vorstadt in Potsdam nach einem eigenen Postamt. Die großen Zeitungsunternehmungen in Berlin haben einen eigenen Speditionsdienst, den sich kleinere Zei⸗ tungen nicht leisten können. Durch die ständige wachsende Vertrustung wird das bisherige Privatspeditionsgeschäft zugrunde gehen müssen. Die Bestellung der Zeitung durch die Post ist vielfach sehr mangel⸗ haft. Hier wäre es gut, wenn die bei einigen Postämtern schon be⸗ stehenden Zeitungsbestellgänge auch auf andere Postämter ausgedehnt werden. Noch ein Wort über Zabern. Als ich gestern den Abg. Ebert hörte, dachte ich, das ist eine verkehrte Welt. Sonst sind es gerade die Herren von der äußersten Linken, die die stärksten Angriffe gegen die Postverwaltung richten, sie suchen gerade darin ihren Ruhm, Mißstände aufzudecken. Wenn dann der Chef der Reichspostverwal⸗ tung vor die Beamten tritt und sie verteidigt, dann hört man immer von jener Seite, das ist ein Vertuschungssystem, man will die Wahr⸗ heit unterdrücken. Und nun wird auf einmal von der sozialdemo⸗ kratischen Seite aus der Vorwurf gegen den Staatssekretär gerichtet, er hätte seine Beamten im Stich gelassen, sie nicht genügend geschützt. Das muß uns doch verdächtig vorkommen. Wenn behauptet wird, der Oberst von Reuter hätte sozusagen denunziatorisch gewirkt, und er hätte schwere unbegründete Vorwürfe gegen die Postverwaltung ge⸗ richtet, so ist das doch nicht richtig. Oberst von Reuter hat doch als Angeklagter zu seiner Verteidigung darauf hingewiesen, unter welch außerordentlich schwierigen Verhältnissen er gehandelt habe, wie dort die Verhältnisse vergiftet gewesen seien, daß ihm von Postbeamten Sendungen, die nicht ausgehändigt werden dürfen, ausgehändigt wor⸗ den sind. Von Vorwürfen, die er erhoben haben soll, ist gar keine Rede. Der Staatssekretär hatte darauf die Pflicht, zu untersuchen, ob in der Tat Pflichtverletzungen vorgekommen sind, er hat die Unter⸗ suchung eingeleitet, und diese hat ergeben, daß solche vorgekommen sind. Es mag ein Versehen sein, daß dem Obersten von Reuter anerkennende Postkarten nicht ausgehändigt wurden, es ist aber kein Versehen, daß ihm beleidigende Postkarten ausgehändigt wurden. Der Staatssekretär hatte die Pflicht, das, was sich als wahr erwiesen hat, uns hier mitzuteilen. Man kann ihm auf keinen Fall einen Mangel an Interesse für seine Beamten oder Mut, oder ein Abhängigkeits⸗ gefühl von irgendeiner anderen Verwaltung imputieren. Ich bin der Ansicht, daß jeder Beamte, nicht bloß Richter, in der Lage ist, Ge rechtigkeit und Objektivität zu beweisen, und auch verpflichtet ist, sie zu beweisen. Ich bin fest überzeugt, daß dieser Fall zu den Aus⸗ nahmen gehört, und daß unsere Beamten 28 durch politische oder sonstige Einflüsse nicht bestimmen lassen. Sie werden sich den Ruf bewahren, die beste Beamtenschaft der Welt zu sein,
1914.
Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke: Auf zwei Fragen, die von den letzten beiden möchte ich gleich antworten.
Mieeine Herren! Herren Rednern berührt worden sind,
Der Herr Abg. Mertin hat die Beschäftigung der Frauen hier zur Erörterung gebracht. Ich habe mich darüber gewundert, daß ein Mitglied seiner Partei so hart darüber urteilt, daß wir bei den kleineren Postämtern junge Mädchen einstellen. Meine Herren, gerade Ihre Partei ist es ja, die uns den schweren Vorwurf gemacht hat, daß wir zu teuer wirtschaften, daß wir zuviel Beamte einstellten. Um diesem Vorwurf zu begegnen, haben wir uns überlegt: wie können wir eine Abhilfe schaffen? Wenn wir nun bei allen kleineren Postämtern Gehilfen anstellen — Arbeit für mehrere Personen ist vorhanden —, dann bleibt doch gar nichts anderes übrig, als daß diese Gehilfen, die später ihr Examen machen, auch etatsmäßig angestellt werden; und dann kommen wir immer wieder dahin, daß wir Tausende von Post⸗ assistentenstellen brauchen würden. Nun vergessen aber die Herren auch eins. Auch früher sind auf den kleineren Postämtern vielfach schon weibliche Angehörige der Postverwalter be⸗ schäftigt gewesen, es sind auch Schreibgehilfen verwendet worden, also Personen, die später nicht weiter von der Postoerwaltung zu versorgen waren.
Nun sagen die Herren: Ja, die jungen Mädchen sind aus dem⸗ selben Orte, und es ist doch sehr häßlich, daß diese Mädchen nun einem Unterbeamten sagen sollen: hier dieser Brief ist zu spät ange⸗ ommen, oder dieser Brief ist liegen geblieben. Meine Herren, so etwas kann ja vorkommen. Glauben denn aber die Herren, daß es dem Unterbeamten angenehmer wäre, wenn ein junger, männlicher Beamter, etwa der Sohn eines anderen Unterbeamten, ihm einen Vorhalt macht? Meine Herren, sehen wir uns doch die Sache einmal an, wie sie ist. Wenn eine solche Einrichtung,
wie wir sie getroffen haben, und bei der wir uns in voller Ueber⸗ einstimmung mit diesem hohen Hause zu befinden glaubten, nun einige Jahre besteht, so müssen Sie doch bedenken — wir haben das auch offen zugestanden —, daß sich diese Einrichtung doch vorläufig im Zustande des Versuches befindet, und daß es nicht richtig ist, heute schon ein endgültiges Urteil zu fällen. In der Kommission ist ja schon von dem Herrn Unterstaatssekretär dargelegt worden, daß wir gar nicht an allen Einzelheiten dieser Einrichtung festhalten wollen, daß wir gar nicht sagen, wir seien nun mit dieser Einrichtung in ihrem ganzen Umfange zufrieden. Wir haben lediglich einen ehrlichen Versuch gemacht. Wir haben jetzt von den Oberpostdirektionen Berichte eingefordert, und ich habe Mitglieder des Reichs⸗ postamts entsandt, die sich die Sache an Ort und Stelle ansehen sollen. Diese haben schon mit einzelnen Postverwaltern gesprochen und wir sind überzeugt, daß wir auf einem ganz richtigen Wege sind. Es ist ja ganz zweifellos — wie ich das schon gesagt habe —, daß man nicht sofort mit allen derartigen Einrichtungen zufrieden ist. Dazu gehört Zeit; man muß die Sache erst näher kennen lernen. Aber ich bitte Sie doch, nun nicht von vornherein zu sagen: die ganze Sache taugt nichts. Wir müssen ruhig vorgehen und die Entwicklung abwarten. Jedenfalls glaube ich, es ist nützlich, daß wir nicht so viele Anwärter für Beamtenstellen schaffen, wie das in früheren Jahren geschehen ist; das ist aber auf andere Weise nicht möglich Ich bin jedenfalls sehr gern bereit, Vorschläge entgegenzunehmen wenn die Herren einen anderen Weg wissen, der gangbar ist; wi prüfen alles.
Dann haben die letzten Herren Redner sich auch mit dem Tele phon beschäftigt und verschiedene Wünsche zum Ausdruck gebracht Die Schnelligkeit in der telephonischen Verbindung mag ja in Amerika etwas größer sein als bei uns, das ist mir sehr erklärlich denn in Amerika sind die Telephonbeamtinnen gar nicht wie bei uns fest angestellte Personen, sondern sie sind ganz abhängig von den Ge sellschaften, und sobald sie Genügendes nicht mehr leisten, werden sie nach der amerikanischen Art einfach weggeschickt. Also das Streben drüben in Amerika ist jedenfalls, alles mögliche bis zur äußersten Grenze zu leisten. Auf alle Fälle können wir aber nun nicht sagen — und das hat ja auch der Herr Abg. Mertin anerkannt —, daß bei uns schlecht gearbeitet würde. Wenn der Herr Abg. Dr. Oertel ein⸗ mal einen Unglückstag getroffen hat, so müssen wir doch bedenken: es war Sonntags. An Sonntagen ist eine geringere Zahl von Personal vorhanden, und es kann wohl vorkommen, daß nun unter diesem kleineren Personal einmal vielleicht eine Beamtin gewesen ist, die an Kopfschmerzen oder Migräne litt, und daß infolgedessen etwas versehen worden ist. Fehler kommen ja auf allen Seiten vor.
Wenn von anderer Seite der Wunsch ausgesprochen worden ist, wir möchten mit Telephoneinrichtungen in größerem Umfang vorgehen, so ist jedenfalls das Bestreben der Verwaltung dazu vorhanden. Wenn sich die Herren den Etat ansehen, werden sie finden, daß wir immer größere Summen zur Herstellung von Verbindungen nach auswärts anwenden. In diesem Etat sind z. B. 14 Millionen zu Leitungsvermehrungen zwischen den einzelnen Orten enthalten, also mehr wie im vorigen Jahre. Dazu treten noch die 5 Millionen, die wir für das unterirdische Telephonkabel nach dem Westen verbrauchen. Also in diesem Etat sind allein nahezu 20 Millionen zu diesem Zweck verwendet. Daß nicht allen Wünschen so schnell Rechnung getragen werden kann, daß nun jeder in dem Moment, wo er sprechen will, einen Draht zur Verfügung hat, das ist selbstverständlich. Dem könnten wir mit unseren Finanzen überhaupt nicht nachkommen.
Wenn dann darüber geklagt wird, daß auf dem flachen Lande die Versorgung mit Telephon teurer ist als in der Stadt, so habe ich das gestern ja offen zugestanden. Ich habe Ihnen auch gesagt, daß die gewünschte Verbesserung zu haben war. Gerade die Partei des Herrn Abg. Kiel hat ja den Telephontarif abgelehnt. (Sehr richtig! rechts.) Wir wollten ja gerade durch diesen Tarif für den Ver⸗ kehr auf nahe Entfernung eine geringbemessene Taxe von 10 ₰ einführen. Daß dabei dieser und jener Vielsprecher schlechter fort gekommen wäre, das ist doch auch wieder unser aller Wunsch; denn
darüber ist doch gar kein Zweifel, daß, weil in der Stadt die Ge⸗