1914 / 64 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Mar 1914 18:00:01 GMT) scan diff

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rächtigt werden. Das zeigt sich ja im oberschlesischen Bergrevier am üffälligsten bei den Gemeindewahlen. Ich werde deshalb gegen den Antrag stimmen.

Abg. Gronowski (Zentr.): Mit besonderer Freude nehme ich davon Kenntnis, daß sowohl der Abg. Althoff wie der Abg. Hué nicht die kranken Bergleute hindern wollen, ihre religiösen Bedürfnisse zu befriedigen. Ich habe nicht die Krankenhäuser in Gelsenkirchen oder Recklinghausen angegriffen. Es ist nur darauf hingewiesen worden, daß die höheren Kurkosten nicht immer eine bessere Verpflegung gewährleisten, da ja in den konfessionellen Krankenhäusern ein Teil des Pflegepersonals, z. B. die Schwestern, ihre Hilfe umsonst leisten.

Der Antrag der Abgg. Faltin und Genossen wird ab⸗ gelehnt. . Zu den Ausgaben für die Bergämter liegt der An⸗

rag des Abg. Brust (Zentr.) vor, den Amtssitz der König⸗ lichen Bergrewierbeamten möglichst in den Mittelpunkt der ein⸗ zelnen Bergreviere zu legen.

Abg. Brust (Zentr.): Der Minister hat eine gleichlautende Eingabe der Stadt Buer abgelehnt. Es läßt sich nicht leugnen, daß es viele Vorteile hat, wenn auch Buer der Amtssitz eines Bergrevier⸗ beamten ist. Der Landweg von Buer zur Zeche Bismarck beträgt nur 7 Kilometer, die Bahnverbindung dagegen 22 Kilometer. Aehnlich liegt es bei anderen Gruben, wo nicht immer die Eisenbahnverbindung es am schnellsten ermöglicht, hinzukommen. Ein entsprechender An⸗ trag meinerseits in der Budgetkommission ist leider abgelehnt worden. Es ist auf jeden Fall am zweckmäßigsten, den Bergrevierbeamten an einen Ort mitten im Bezirk zu legen, von wo aus er am schnellsten zu den Zechen gelangen kann. Es ist ja richtig, daß bei der Auswahl des Amtssitzes auch auf die Schulverhältnisse und den gesellschaftlichen Verkehr für die Beamten Rücksicht zu nehmen ist. Daran fehlt es aber in Buer keineswegs. Ich bitte daher, den Wunsch der Stadt Buer zu berücksichtigen.

Oberberghauptmann von Velsen: Der Antrag rennt offene Türen ein. Die Verwaltung verfährt ja schon so, wie es verlangt wird, indem sie den Amtssitz möglichst in den Mittelpunkt der Reviere

legt. Ein einzelner Ausnahmefall kann hier nicht ausschlaggebend

sein. Manchmal kann ein außerhalb des Reviers gelegener Punkt wegen seiner Verbindungen zweckmäßiger sein, als einer im Revier. Hervorheben möchte ich noch, daß die Reisegebühren auf Landwegen auch erheblich teurer sind als auf der Eisenbahn. Die Bergwerks⸗ direktion Recklinghausen hat mit dieser Frage übrigens nichts zu tun, sondern das Oberbergamt. Da die Belegschaft der einzelnen Reviere mit der Zeit wechselt, so müssen wir, um nicht einem Beamten dauernd eine zu große Arbeitslast aufzubürden, einen Ausgleich schaf⸗ fen können. Das ist nur möglich, wenn mehrere Beamte aus ver⸗ schiedenen Bezirken an einem Orte ihren Amtssitz haben. Aus diesem Grunde ist es auch nicht möglich, die Reviereinteilung zu ändern. Es kann vorkommen, daß in kurzer Zeit eine Grube nicht mehr vorhanden ist oder stillgelegt wird.

Abg. Imbusch (Zentr.) Der Fastnachtsdienstag ist neuer⸗ dings den Belegschaften als Feiertag genommen worden. Von jeher haben ihn die Belegschaften gefeiert, auch wurde für ihn kein Kran⸗ kengeld gezahlt. Man wünscht, daß die Behörde in diesem Falle eingreift und den alten Zustand wieder herstellt. Ferner wünscht man auf einigen Gruben die Wiedereinführung des gemeinsamen Gebets vor An⸗ tritt der Arbeit, wie es in den ersten Zeiten des Bergbaues Sitte war. Bei der Besprechung der Interpellation wegen des Unglücks auf Zeche Achenbach ist behauptet worden, daß das Sicherheitsmänner⸗ gesetz keinen Erfolg gehabt habe, wenigstens sei seit seinem Inkraft⸗ treten keine Besserung eingetreten. Man ist aber den wirk⸗ lichen Ursachen dieser Erscheinung nicht nachgegangen. Die Berg⸗ werksarbeit wird von Jahr zu Jahr gefährlicher. Die Gruben werden tiefer, die Zahl der ungelernten Arbeiter nimmt zu. Ich darf in diesem Zusammenhange erwähnen, daß ich für einen Hin⸗ weis darauf, daß zu diesen ungelernten Arbeitern zahlreiche aus dem Osten gekommene gehören, in der polnischen Presse angegriffen und als Hakatist bezeichnet worden bin. Ich habe nichts anderes gesagt, als was auch der Abg. Korfanty ausführte, und habe keinem polnischen Arbeiter zu nahe kommen wollen. Zu den Ursachen, die die Unfall⸗ gefahr steigern, gehört auch die zunehmende Verwendung maschineller (Einrichtungen. Das Gesetz hat sich auch noch nicht eingelebt, der Wider⸗ stand der Arbeitgeber dagegen hat noch nicht nachgelassen, die Behörden leisten bei der Durchführung nicht die erforderliche Unterstützung. Ferner ist zu beachten, daß in den ersten Jahren nach dem Beginn der Tätigkeit der Einfahrer ein starkes Steigen der Unfallziffer zu verzeich⸗ nen war. Natürlich nicht wegen, sondern trotz der Einfahrer; später hat diese Steigerung nachgelassen. Seitdem das Gesetz in Kraft ist, hat sich auch die Zahl der Belegschaft um 100 000 Köpfe vermehrt. Den Sicherheitsmännern wird wegen ihrer geringen Kenntnisse, wegen ihrer mangelhaften Vorbildung die Fähigkeit, die Gruben zu kontrollieren, abgesprochen. Nun steht aber im Gesetz die Vorschrift, daß der Sicher⸗ heitsbeamte den Bergrevierbeamten zu begleiten und ihm Auskunft zu geben hat; das ist gesetzliche Pflicht des Sicherheitsmannes. Was haben anderseits die Werke selbst getan, um die Sicherheitsmänner zu instruieren? Man hätte Versuchsstrecken errichten, man hätte Kurse abhalten können; aber das ist nicht geschehen. Den Organisatio⸗ nen wiederum wird es sehr schwer gemacht, auf diesem Gebiete etwas zu erreichen. Als die Generalversammlung des Vereins christlicher Berg⸗ arbeiter beschloß, einen Kursus über die Schlagwettergefahren usw. halten zu lassen und sich deshalb an die Technische Hochschule nach Aachen wandte, antwortete der Direktor, keiner der Professoren und Do⸗ zenten habe sich zur Uebernahme eines solchen Experimentalkurses be⸗ reitfinden lassen. Man weiß wirklich nicht, was man zu einer solchen ablehnenden Haltung einer Staatsanstalt sagen soll. In der Arheiter⸗ schaft lebt der Wunsch, hier etwas zu tun, aber sie findet keine Unter⸗ stützung. Als wir in der Kommission das Gesetz verschärfen wollten, um seine Wirksamkeit zu erhöhen, trat uns der Oberberghauptmann ent⸗ gegen mit dem Ausspruch, wir können den Sicherheitsmann nicht zum Grubenspion machen; Verfehlungen kann der begleitende Beamte eben⸗ sogut sehen wie der Sicherheitsmann. Im Jahre 1911 hat der Zechen⸗ verband über diese Einrichtung ein Geheimmaterial zusammengestellt, in diesem wird den Organisationen vorgeworfen, sie seien lediglich darauf aus, die ganze Einrichtung parteipolitischen Zwecken dienstbar zu machen und die Sicherheitsmänner im parteipolitischen Sinne zu schulen. Ich verweise dagegen auf eine Schrift „Sicherheitsmann und Unfallverhütung“, die von unserer Organisation herausgegeben ist, und die ich auf den Tisch des Hauses niedergelegt habe. Die Schrift weist den Sicherheitsmann auf die Wichtigkeit der Unfallverhütung hin und erklärt ihm, was er zu tun hat; die einzelnen Unfälle werden auf Grund der amtlichen preußischen Unfallstatistik der Bergverwaltung erörtert, dem Sicherheitsmann gesagt, welchen Schutz er genießt, und zum Schluß wird er aufgefordert, seine Schuldigkeit treu, entschieden und energisch zu tun, auch wenn ihm Schwierigkeiten entstehen. So ist die Organisation für die Aufklärung der Arbeiter bemüht. Daß sie ver⸗ sucht, möglichst viele Sicherheitsmänner in ihren Reihen zu zählen, ist doch natürlich. Vollkommenes auf dem Gebiete zu schaffen, ist sehr schwer. Das französische Gesetz, das seit 1901 besteht, ist seitdem schon fünfmal geändert worden; auch bei uns sollte eine Revision bal⸗ digst in Angriff genommen werden. Die Bekgarbeiter üben vielfach keine wirksame Kontrolle, weil sie fürchten, im Lohn gekürzt zu werden. Dem muß vorgebeugt werden durch Festsetzung eines erschrecken Sie nicht! Minimallohnes. Die Durchführung ist ja nicht so einfach, wir werden später in Anträgen auf die Frage zurückkommen. Daß in den letzten Jahren nicht so viele Maßregelungen vorgekommen sind, lag an der steigenden Konjunktur. Die Zahl der Unfälle, die durch Selbst⸗ verschulden der Arbeiter entstehen, sinkt von Jahr zu Jahr, aber die Ar⸗ beiterverhältnisse sind von der Unfallverhütung nicht zu trennen; die Lohnverhältnisse und die Lohnhöhe und die Zahl der Unfälle stehen mit⸗ einander im Zusammenhang. Statistisch festgestellt ist, daß am Ende der Woche die Unfälle häufiger sind als am Anfang. Die Behauptung, als ob besonders nach der Sonntagsruhe, und nachdem der Arbeiter am Montag blau gemacht hat, die Unfälle zahlreich seien, wird durch die Statistik widerlegt. Die Zahl der Unfälle nimmt eben mit der fort⸗

scchreitenden Ermüdung der Arbeiter zu. Bei der in den Berichten der

Berufsgenossenschaften Jahr für Jahr aufgestellten Behauptung, daß die Unfallziffer am Dienstag besonders hoch sei, wird geflissentlich immer verschwiegen, daß der Freitag und Samstag ebenso hohe oder noch höhere Unfallziffern haben. Darin liegt Tendenz. Ein Bergrat, der bei der Kaiser⸗Geburtstagsfeier im vorigen Jahre einen Vortrag über die Unfälle im Bergbau hielt, hat auch nachgewiesen, daß die Unfälle gerade an den beiden letzten Tagen der Woche hoch seien. Es ist Zeit, daß im Bergbau die Arbeitszeit gesetzlich geregelt und nament⸗ lich verkürzt wird.

Abg. Korfanty (Pole): Die Entwickelung des Bergbaues, die technischen Einrichtungen, die Heranziehung ungelernter Arbeiter aus der Landwirtschaft, sowie die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter, namentlich in Oberschlesien, haben die Jaht der Unfälle vermehrt. Arbeiter unter 18 Jahren sollte man überhaupt nicht in der Grube beschäftigen. Auch das Lohnsystem trägt zur Vermehrung der Unfälle bei. Die Tantiemen der Beamten für die Förderung und die Akkord⸗ arbeit tragen ferner dazu bei. Die Perginspekkion in Zaborze hat dem Arbeiterausschuß falsche Mitteilungen über den Erlös gemacht. (Vize⸗ präsident Dr. Porsch bittet den Redner, nicht von dem Thema ab⸗ zuschweifen.) Die Löhne sind eine der Hauptquellen für die große Unfallziffer; der Arbeiter will den geringen Akkordlohn durch Mehr⸗ arbeit erhöhen, und infolgedessen kommen mehr Unglücksfälle vor. Aber der Lohn (Vizepräsident Dr. Porsch macht den Redner wieder auf das Thema aufmerksam), Herr Präsident, der Abg. Imbusch hat aus⸗ drücklich über die Unfallziffer gesprochen, und Jahr für Jahr habe ich bei dieser Gelegenheit die Unfallhäufigkeit vom Gesichtspunkt der Lohnhöhe besprochen. (Vizepräsident Dr. Po 18 ruft den Redner förmlich zur Sache.) Die künstliche Verkürzung der Löhne müssen die Arbeiter dadurch ausgleichen, daß sie mehr Arbeit leisten, die Mehrarbeit hat zur Folge, daß sie die nötige Sorgfalt außer acht lassen, und dadurch vermehren sich die Unfälle. Die Prämien der Beamten haben zur Folge, daß diese die Arbeiter zu ihrer Tätigkeit anspornen und er⸗ müden. Auf den fiskalischen Gruben in Oberschlesien ist der Lohn (VPizepräsident Dr. Porsch ruft den Redner zum zweiten Male zur Sache und macht ihn auf die geschäftsordnungsmäßigen Folgen eines dritten Rufes zur Sache aufmerksam). Ich bin der Ansicht, daß die Löhne (Lebhafte Zwischenrufe des Abg. von Pappen⸗ heim. Vizepräsident Dr. Porsch: Ich will noch nicht eingreifen, aber ich bitte Sie nun, wirklich zur Sache zu kommen. Abg. von Pappenheim⸗ Unerträglich!) Wenn Ihr Parteifreund Hahn bei allen Gelegenheiten über alles Mögliche spricht, was mit dem Thema nicht zusammenhangt, dann sind Sie nicht am Platze, hier aber rufen Sie: unerträglich. Vorgänge auf den Zechen Achenbach und Hanse⸗ mann zeugen davon, daß die Werksverwaltungen die nötigen Vorsichts⸗ maßregeln außer acht lassen, die bergpolizeilichen Vorschriften wenig be⸗ achten, wenn es sich darum handelt, daß Kohlen gefördert werden. Was die Sicherheitsmänner anbetrifft, so hat man behauptet, diese In⸗ stitution werde zu politischen Zwecken mißbraucht. Ich gebe ohne weiteres zu, daß die Hoffnungen, die wir auf diese Sicherheitsmänner gesetzt hatten, sich nicht erfüllt haben. Es ist aber nicht wahr, daß ein allgemeines Bestreben unter den Bergarbeitern vorhanden sei, dieses Institut zu einem politischen umzugestalten. Ich habe dies in meiner engeren Heimat nicht feststellen können. Die Sicherheitsmänner sind durchaus bestrebt, ihre Pflicht zu erfüllen, aber es wird ihnen durch die aufsichtführenden Beamten die Ausübung ihrer Pflicht systematisch verekelt. In Oberschlesien wurden die Sicherheitsmänner vielfach Schikanen ausgesetzt, so daß sie schließlich auf ihr Amt verzichteten; es fanden sich aber keine Nachfolger. Ein Sicherheitsmann Thiel, der 20 Jahre auf einer Zeche esehtttit war, hat sich in einer Eingabe an den Handelsminister darüber beschwert, daß er aus seiner Arbeit entlassen wurde, obwohl der Arbeitgeber 20 Jahre lang mit ihm zu⸗ frieden gewesen ist. Als er mit einem Steiger die Grube befuhr und feststellte, daß eine Temperatur von über 27 Grad herrschte, forderte ihn der Steiger auf, weiterzugehen. In einem anderen Falle war es ebenso. Es wurde dem Arbeiter dann fortgesetzt zugesetzt. Die Er⸗ fahrungen dieses Sicherheitsmannes zeigen, daß man den Sicherheits⸗ männern systematisch ihre Aufgabe erschwert. Auch ich halte eine Reform dieser Einrichtung für erwünscht, dadurch, daß dem Sicher⸗ heitsmann eine gewisse Unabhängigkeit gegenüber den Beamten und dem Arbeitgeber gegeben wird. So wie heute die Verhältnisse liegen, kann er unmöglich für die Sicherheit der Grube sorgen. Der Einwand, daß den Sicherheitsmännern die praktische Erfahrung und das Auge für die Gefahren fehle, ist hinfällig. Die Unfälle werden sich ver⸗ mindern, wenn der Zwang zur Befahrung von Ueberschichten und Ueberstunden beseitigt wird.

Abg. Hué (Soz.): Es ist eine traurige Tatsache, daß noch immer Tausende von weiblichen Arbeitern in den Bergwerksbetrieben be⸗ schäftigt sind. In den oberschlesischen Bergwerken allein werden nicht weniger als 9032 weibliche Arbeiter beschäftigt. Die Tatsache, daß die Zahl der beschaͤftigten weiblichen Arbeiter fast ganz auf Ober⸗ schlesien fällt, ist ein Beweis dafür, daß man in der Bergindustrie die weiblichen Arbeiter überhaupt ganz entbehren kann. Auch spricht dafür die Tatsache, daß die fiskalischen Betriebe in Oberschlesien keine weiblichen Arbeiter beschäftigen. Es sollte doch endlich einmal an der Zeit sein, die Bergwerksarbeit, die für den weiblichen Körper durch⸗ aus unzuträglich ist, für Frauen von Gesetzes wegen zu untersagen. Die Einwendungen, die gegen das Verbot der Frauenarbeit in den Berg⸗ werken erhoben werden, sind vollkommen unbegründet. Es ist ja schon ein Fortschritt, daß die unterirdische Frauenarbeit verboten ist, aber wir haben doch bei der sehr großen Zahl von weiblichen Arbeitern, die in der Bergindustrie beschäftigt sind, allen Grund, zu befürchten, daß wir auch wieder die unterirdische Frauenarbeit bekommen werden. Auch die Kinderarbeit nimmt in unseren Bergwerksbetrieben n er⸗ schreckendem Maße zu. Die Bundesratsverordnung vom 4. März 1913 kommt den Wünschen der Bergwerksbesitzer nach stärkerer Ausnutzung der jugendlichen Arbeiter in bedenklicher Weise entgegen. Auf der einen Seite spricht man so viel von Jugendpflege, und hier in der Bergindustrie werden die Jugendlichen in erschreckender Weise aus⸗ genutzt. Die Oeffentlichkeit muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß eine sehr starke Vermehrung der Kinderarbeit unter Tage statt⸗ gefunden hat. In den oberschlesischen Kohlengruben waren im Jahre 1905 858 Kinder im Alter von 14 bis 16 Jahren unter Tage be⸗ schäftigt. Im Jahre 1912 ist die Zahl der in der Grube beschäftigten Kinder sogar auf 3071 gestiegen, das dürfte in den weitesten Kreisen der Sozialpolitiker Bedenken erregen. Der Abg. Hasenclever hat seinerzeit das beliebte Thema der politischen Ausnutzung der Sicher⸗ heitsmänner hier wieder traktiert. Gerade diejenigen Kreise, die dem Abg. Hasenclever nahe stehen, nutzen das Sicherheitsmännersystem partei⸗ politisch aus. Die evangelische Arbeiterzeitung hat an die Mitglieder der evangelischen Arbeitervereine die Aufforderung gerichtet, sich an der Wahl der Sicherheitsmänner sehr lebhaft zu beteiligen. Die gelben Werkvereine werden immer als besonders neutrale Arbeitervereine hin⸗ gestellt und infolgedessen auch als erheblich geeignet zur Durchführung des Sicherheitsmännersystems. Es sind aber 140 katholische Mit⸗ glieder des Kruppschen gelben Werkvereins, die ihrer politischen Ueberzeugung gemäß bei der Stadtratswahl einem Zentrums⸗ kandidaten die Stimme gegeben haben, hinterher wegen dieser Abstimmung aus dem Werkverein ausgeschlossen worden. Im Bergbau Deutschlands werden pro Tausend der versicherten Ar⸗ beiter 140 Unglücksfälle gemeldet, und die Zahl der tödlichen Unfälle hat dementsprechend zugenommen. Nun wird gesagt, es werde jede Kleinig⸗ keit angemeldet. Das ist aber nicht richtig. Denn die Statistik ergibt, daß sehr viel weniger Unglücksfälle von seiten der Arbeiter angemeldet werden als Betriebsunfälle. In Belgien haben wir dagegen ein er⸗ hebliches Heruntergehen der Todesziffer, während in Preußen die To⸗ desziffer sehr gestiegen ist; auch in England haben wir ein bedeutendes Sinken der Todesziffer. Glücklicherweise stehen wir in Preußen noch nicht an der schlimmsten Stelle, denn die Todesziffer in Amerika ist mehr als doppelt so hoch; dort haben die moneymakers und die businessmen noch mehr Gewalt als in Preußen. Nun sagt die Re⸗ gierung, die Sicherheitsmänner hätten zur Verhütung von Unfällen auch nichts genützt; sie hätten nichts gebessert und nichts geschadet. Wir haben ja keine Ursache, uns des Sicherheitsmännergesetzes besonders an⸗ zunehmen, denn wir haben seinerzeit dagegen gestimmt. Alles was jetzt

an Klagen über diese Einrichtung laut wird, haben wir damals voraus⸗

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gesagt. Man hat die Befugnisse der Sicherheitsmänner so einge⸗ richtet, daß sie nur als weiße Salbe wirken. Nach der Einführung der Einfahrer, die der Minister Brefeld uns gebracht hat, ist die Zahl der Unfälle auch noch erheblich gestiegen. Das Urübel liegt im Ge⸗ dinge⸗ und im Prämiensystem. Man gibt Ersparnisprömien auf Grund der geringsten Selbstkosten. Es wird deshalb darauf losgewirtschaftet, ganz gleichgültig, was nach einigen Tagen im Bau geschieht. Abg. von Hassell (kons.); Die Lage des Bergbaues im Oberharz ist schon schwierig genug. sodaß die Bevölkerung darunter zu leiden hat. Die Verlegung des Oberbergamtes von Clausthal würde eine weitere Schädigung hervorrufen. Wir könnten ihr nur unter den Umständen zustimmen, daß auf andere Weise ein vollwertiger Ersatz für den Verlust geschaffen wird. Dem Antrag Brust und Genossen können wir nicht zustimmen. Die Entscheidung in solchen Fällen wird man der Staatsregierung überlassen müssen. In landwirtschaftlichen Kreisen beschwert man sich darüber, daß bei der Anlage von Bergwerken durch Entziehung des Wassers den Grundbesitzern und Gemeinden Schaden zugefügt wird. Die Oberbergämter sind nun aber auf Grund der Be⸗ stimmungen des Berggesetzes in der Lage, hier gegebenenfalls einschreiten zu können. Der Braunkohlenbergbau, der meist im Tagebau betrieben wird, dehnt sich immer weiter aus. Es wird nun darüber geklagt, daß durch diese Art des Bergbaues ganz erhebliche Oedflächen entstehen, die nachher nicht mehr besiedelt werden können. Ein großer landwirtschaft⸗ licher Verein wünscht deshalb, daß Vorkehrungen getroffen werden, damit die Braunkohlenbergwerke den guten Boden, die Muttererde, nicht verkommen lassen. Es muß dafür gesorgt werden, daß diese Erde später wieder benutzt werden kann. In unserer Zeit, wo wir uns be⸗ mühen, alle möglichen Oedländereien kulturfähig zu machen, sollte man doch dieser künstlichen Schaffung von Oedländereien entgegentreten. Das Mansfeldische Bergrevier hat Wünsche nach Eisenbahnverbindungen. Bei der immer weiteren Ausdehnung des dortigen Bergbaues, indem immer neue Gruben in Angriff genommen werden, die von den alten Zentren entfernt sind, erwächst den Arbeitern durch die weiten Wege viel Zeitverlust. Hoffentlich übt der Minister auf den Eisenbahn⸗ minister seinen Einfluß dahin aus, daß die beiden gewünschten Bahn⸗ linien im Interesse der Bergarbeiter gebaut werden. Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow:

Meine Herren! Der Herr Vorredner hat mich gefragt, wie ich zu den lautgewordenen Wünschen wegen Verlegung des Oberbergamts von Clausthal stehe. Ich bemerke zunächst, daß diese Wünsche von der Kaliindustrie ausgehen, daß der Verein der Kaliinteressenten eine Ein⸗ gabe an mich dahin gerichtet hat, mit Rücksicht auf ihre Interessen für eine Verlegung des Oberbergamts nach Hannover tätig zu sein, da Clausthal ziemlich schwer zu erreichen sei. Kaum war davon etwas verlautet, da meldete sich auch schon Hildesheim und meinte, wenn das Oberbergamt von Clausthal wegkäme, müsse es nicht nach Han⸗ nover, das schon genug Behörden habe, sondern nach Hildesheim. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß das Oberbergamt in Clausthal zu bleiben hat. (Bravo! rechts.) Clausthal und Zellerfeld sind geschicht⸗ lich der Mittelpunkt des Oberharzer Bergbaues. Durch die Fort⸗ verlegung würden diese beiden Städte einen Schaden erleiden, für den ich zurzeit wenigstens keinen Ausgleich zu finden wüßte. (Sehr richtig! rechts.) Schließlich handelt es sich für die Kaliinteressenten nur um eine Unbequemlichkeit, etwas mehr Reisezeit nach Clausthal, als wenn sie in Hannover das Oberbergamt vor der Tür haben, für die Städte Clausthal und Zellerfeld aber um eine Existenzfrage. (Bravol rechts.)

Geheimer Bergrat Bennhold: Der Abg. Korfanty hat die Klagen, die in der Presse laut 1“ aufgegriffen, daß auf der staat⸗ lichen Königsgrube jugendliche Arbeiter zwischen 14 und 16 Jahren zwölf Stunden lang ohne Pause beschäftigt worden seien. Nach der von uns angestellten Nachprüfung hat sich diese Behauptung als un⸗ richtig herausgestellt. Auf der Königsgrube werden die jugendlichen Arbeiter, ebenso wie die übrige Belegschaft nur 9 Stunden lang unter Tage beschäftigt. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Be⸗ schäftigung jugendlicher. Arbeiter werden von uns streng innegehalten. Auch der andere Fall, daß ein Sicherheitsmann von der Zeche von der Heydt im Oberbergamtsbezirk Dortmund nicht geschützt worden sei, stellt sich nach den vor zwei Jahren angestellten Ermittelungen als ganz anders dar. Dieser Sicherheitsmann hatte die übrigen Sicher⸗ heitsmänner und Arbeiterausschußmitglieder so schikaniert, daß diese an die Bergverwaltung herantraten mit der Bitte, diesen Sicherheits⸗ mann zu entlassen. Diese Sache hat auch das Königliche Gewerbegericht beschäftigt, und der Sicherheitsmann Thiel ist mit seiner Klage auf Wiederherstellung des Arbeitsverhältnisses abgewiesen worden. Es ist weiterhin darüber geklagt worden, daß die Beschäftigung von jugendlichen Axbeitern auf Steinkohlenbergwerken ausgedehnt sei, und zwar durch die Bekanntmachung vom 4. März 1913. Eine Erweite⸗ rung ist nur erfolgt auf die Zeit von 5 ¶¼ bis 6 Uhr, und zwar mit Rücksicht auf die Abänderung der Gewerbeordnung. Daraus hat sich aber die Unmöglichkeit ergeben, die jugendlichen Arbeiter mit sonstigen für sie zweckmäßigen Arbeiten zu beschäftigen. Die Be⸗ hauptung, daß die Anzahl der unter Tage beschäftigten jugendlichen Arbeiter in Oberschlesien zugenommen habe, ist an sich richtig. In anderen Bezirken geht sie aber zurück, z. B. im Mansfeldischen, wo vor einigen Jahren noch tausend Jugendliche beschäftigt wurden, augenblicklich nur noch etwa 500. Die vermehrte Beschäftigung der jugendlichen Arbeiter in Schlesien ist nur zu begrüßen. Diese Maß⸗ regel dient dazu, um einen tüchtigen Bergarbeiternachwuchs zu be⸗ schaffen. Dieser Gedanke ist z. B. in England recht lebendig ver⸗ körpert. Dort werden sehr viel jugendliche Arbeiter unter Tage be⸗ schaftigt. Es sind namhafte Techniker, die die geringe Unfallzahl der englischen Werke auf diese Beschäftigung zurückführen.

Abg. Hasenclever inl.): Vor einigen Tagen sind hier Klagen über das Oberbergamt in Düren, über die Verhältnisse der Gewerk⸗ schaftsführung zur Sprache gebracht worden. Ich kenne die Verhält⸗ nisse genau und weiß, daß die Klagen unberechtigt sind. Für die Unfallziffer haben die verschiedensten Redner die Jagd nach der Kohle und die dadurch verminderte Sicherheit verantwortlich gemacht. Der Abg. Althoff hat aber schon nachgewiesen, daß diese Behauptung un⸗ zutreffend ist. Ich protestiere dagegen, daß Einzelerscheinungen ver⸗ allgemeinert werden. Auch bei den Strafschichten handelt es sich nur um ganz vereinzelte Ausnahmefälle. Als einen weiteren Grund der Unfälle hat man immer wieder das Prämiensystem angeführt. Auch hier handelt es sich nur um unbewiesene Vermutungen. Als in der Unterkommission für die Vorberatung des Gesetzentwurfs über die Abänderung des Berggesetzes auch diese Frage erörtert wurde, hat der Handelsminister erklärt, daß ein Zusammenhang zwischen Prämiensystem und Unfällen nicht konstruiert werden könne. 1911 wurde das noch einmal amtlich bestätigt. Die Zechenverwaltungen haben auf Grund langjähriger Erfahrungen die Prämien eingeführt, um die Steiger für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit noch mehr zu interessieren. Die Ausführungen, die hier gemacht worden sind, werden die Bergwerksbesitzer nicht veranlassen, einen dn 10 richtigen Grundsatz der Sozialdemokratie zuliebe aufzugeben. Die Steiger sind zweifellos genügend entlohnt. So beziehen in Westfalen die Hilfssteiger 2200 bis 4100 ℳ, die Reviersteiger 3100 bis 5500 ℳ. Derartige Bezüge beziehen Beamte, die aus dem Arbeiterstande her⸗ vorgegangen sind, die aber freilich durch ihre Arbeitsleistung und durch die Ausbildung, die sie auf der Bergschule bekommen haben, diese Löhne vollkommen verdienen. Ich bestreite, daß dies Löhne sind, die eine unzureichende Lebenshaltung dieser Beamten nach sich ziehen können. Man hat wieder die Ausländerfrage erörtert. Wir hatten 1902 247 000 Mitglieder der Knappschaftsvereine, 1912 409 000.

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(Fortsetzung aus der Ersten Beilage.)

Von diesen Mitgliedern stammten 1902 77 000 aus den östlichen Provinzen, 1912 139 000. Ausländer waren 1902 14 000, 1912 34 000 vorhanden. Die Hauptsteigerung des Zuzuges ausländischer Arbeiter bezog sich auf Oesterreich⸗Ungarn. Ein gewisser Teil dieser Arbeiter war mit dem Bergbau schon bekannt. Die holländischen Arbeiter sind lediglich Tagesarbeiter, die italienischen Hartstein⸗ arbeiter. Außerdem wird eine verschwindende Zahl von Russen und Belgiern beschäftigt. Als ein fernerer Grund der Unfälle wird die Höhe der Strafen angeführt. Die Zahlen, die der Abg. Hué vor⸗

gebracht hat, stimmen nicht. Aufklärungen über die Schlagwetter auf der Zeche Achenbach sind nicht bloß vom Fiskus, sondern auch vom Bergbauverein veranlaßt. Die Unfallziffern stehen amtlich fest. Es ist nur zu bedauern, daß noch eine derartige große Anzahl von Un⸗ fällen passiert. Ich möchte nur hervorheben, was der Abg. Huẽé nicht gesagt hat und auch andere Redner nicht, daß der Bergbau in Bezug auf die Zahl der Unfälle nicht etwa an erster E Ich sage das natürlich nicht, um die Unfälle zu beschönigen. Der Bergbau steht erst in der Mitte der Unfälle; an erster Stelle steht das Transportgewerbe, dann kommen Eisen und Stahl und die Schiff⸗ fahrt. Erschreckend ist, daß von sämtlichen Unfällen ungefähr 30 % auf Selbstverschulden im Bergbau zurückzuführen sind. Andauernd kommen Verfehlungen der Arbeiter gegen die bestehenden Vorschriften vor. So wird z. B. oft leichtsinnig auf im Fahren begriffene Körbe gesprungen. Fin richtiges Bild gibt nur die Statistik über die ent⸗ chädigungspflichtigen Unfälle, wenn man auch die Unfallmeldungen nicht beifeite schieben darf. Die rheinisch⸗westfälischen Gruben im Sberbergamtsbezirk Dortmund werden 130 mal im Jahre revidiert; uf je 28 Arbeiter entfällt eine Revision. Wie ganz ders in England. Dort fällt eine Aufsicht auf 23 000 Arbeiter. Wir haben ein ausgezeichnetes Steigermaterial mit einer ganz besonders guten Schulung. Die Werkbesitzer sind bestrebt, nach Möglichkeit die Zahl der Unfälle zu vermindern. Hinsichtlich der Sicherhertsmänner ist hier von einem Geheimmaterial gesprochen worden. Es ist kein Geheimmaterial, sondern aus den Be⸗ richten der Revierbeamten und aus Zeitungsnachrichten vom Bergbau⸗ erein gesammelt, einer größeren Zahl von Abgeordneten zugestellt und uch in Essen jedem in den Geschäftsräumen zur Einsicht freigegeben. Es haben sich auch Interessenten aus dem Auslande, aus Oesterreich ssw. gemeldet. Es wird wohl auch ein Holländer darunter gewesen sein, ber nicht ist der Staat Holland deswegen an uns herangetreten, wie er Abg. Imbusch andeutete. Daß sich auch der evangelische Arbeiter⸗ berein und die gelben werktreuen nationalen Vereine an den Wahlen beteiligt haben, kann ihnen doch von den Freunden des alten sozial⸗ emokratischen Bergarbeiterverbandes nicht zum Vorwurf gemacht verden; Sie (zu den Sozialdemokraten) würden doch sehr töricht sein, en anderen zu verübeln, was Sie für sich selbst beanspruchen. Wenn ene anderen Vereine verhindern wollen, daß noch mehr Sozialdemo⸗ kraten als Sicherheitsmänner gewählt werden, so tun sie ganz recht zaran. Aus dem Betriebe der Gelsenkirchener Bergwerks⸗Aktiengesell⸗ chaft habe ich die Zahlen zusammengestellt, welche sich auf die jetzt vierjährige Tätigkeit der Sicherheitsmänner beziehen. Die Gesellschaft hat 18 Schachtanlagen, auf denen 125 Sicherheitsmänner gewählt sind. In den vier Jahren haben 28 Sicherheitsmänner gekündigt; die Ge⸗ ellschaft hat nur einen einzigen gekündigt, weil er seine Befugnisse iberschritten hatte. Beschwerden über die Behandlung der Sicher⸗ heitsmänner sind nur vier erhoben worden. In den ersten zwei Jahren haben 4000 Eintragungen stattgefunden, davon solche mit Bemerkungen in 113 Fällen. Unter den waren nur zwei, die dringende Ge⸗ fahr betrafen, und die eingehende Untersuchung hat die Unrichtigkeit dieser Auffassung ergeben. In den letzten zwei Jahren sind auch 4000 Eintragungen erfolgt, darunter sind 13 Berichte mit Bemerkungen, unter letzteren nur einer wegen dringender Gefahr. Alles andere be⸗

traf Kleinigkeiten. Diese Zahlen sind ganz einwandsfrei und sie er⸗ eben, daß die Sozialdemokraten trotz der knallroten Farbe ihrer Sicher⸗ ihren Zweck doch nicht erreichen, daß vielmehr die Sicher⸗ heitsmänner selbst zu der Ueberzeugung kommen müssen, daß die Be⸗ fahrungen durch die staatlichen Beamten vollauf genügen, um die für den Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeiter vorhandenen Ein⸗ richtungen nachzuprüfen. Da Gelsenkirchen 10 % der ganzen Berg⸗ arbeiterschaft beschäftigt, lassen die Zahlen einen Schluß auf die allge⸗ meinen Verhältnisse sehr wohl zu. Die frühere Behauptung des Abg. Hue, daß auf Zeche Dorstfeld ein Sicherheitsmann schlecht behandelt worden ist, hat sich nach dem Bericht der Zeche als vollkommen un⸗ richtig herausgestellt. Der Abg. Imbusch fragte heute, warum die Zechenverwaltung nicht selbst etwas getan hätte, um die Sicherheits⸗ männer zu instruteren. Früher wurde doch aber immer betont, daß den Bergassessoren usw., denen die technische Sachkenntnis fehle, die sach⸗ kundigen Bergarbeiter mit ihrer Erfahrung zur Seite stehen sollten, und heute dreht der Abg. Hue die Sache gerade ins Gegenteil um. Das Bestreben der Sozialdemokraten geht dahin, mittels einer Abänderung des Sicherheitsmännergesetzes die Einführung einer Art staatlicher Ar⸗ beiterkontrolleure zu erlangen, um die Gruben mit dieser knallroten Salbe zu durchsetzen, um ihre Organisation anerkannt zu sehen und zu Tariflöhnen zu kommen, letzten Endes den Arbeitgeber von seiner ersten Stelle abzusetzen. Das wird ihnen aber nicht gelingen.

Abg. Imbusch (Zentr.): Wenn man den Sicherheitsmännern vorwirft, daß sie zu wenig Kenntnis besitzen, warum sorgt man denn nicht dafür, daß sie besser aufgeklärt werden? Die Zahl der Unfälle, die durch die Gefährlichkeit des Betriebes verursacht sind, ist mit wenigen Schwankungen fast alljährlich in die Höhe gegangen. Die Unglücksfälle, die auf Selbstverschulden der Arbeiter zurückzuführen sind, weisen eine sinkende Tendenz auf, das kann gar nicht geleugnet werden. Es ist nicht richtig, wenn man immer sagt, 30 % der Un⸗ glücksfälle der Arbeiter sind auf das eigene Verschulden der Arbeiter zurückzuführen. Was ist eigentlich Selbstverschulden? Wie weit geht das eigene Verschulden? Diese Fragen sind allgemein sehr schwer zu beantworten und sie müssen in jedem Einzelfall nachgeprüft werden. Es ist überhaupt schwierig, festzustellen, wo die Grenze des Selbstverschuldens und der Gefährlichkeit des Betriebes liegt.

Abg. Hué (Soz.): Der Abg. Hasenclever hat uns nicht erklärt, woher die Steigerung der Unfälle kommt. Darauf kommt es hier aber gerade an. Der Abg. Hasenclever scheint selbst gefühlt 9 haben, daß seine Argumente wenig beweiskräftig sind. Von seiner Rede hat man den Eindruck gehabt, daß er sich sehr unsicher gefühlt hat. Mit solchen parteipolitischen Erörterungen, wie sie der Abg. Hasenclever hier in die Debatte gezogen hat, beweist man nur, daß man seiner Sache nicht sicher ist.

Abg. Hasenclever (nl.): Ich habe immer betont, daß Unfälle in unseren Bergwerksbetrieben vorkommen. Das steht fest. Seit 20 Jahren werden immer wieder von der Sozialdemokratie dieselben Gründe vorgetragen. Es wird nichts Neues gebracht. Ich habe hier nur versucht, diese Gründe zu widerlegen.

Die Debatte wird geschlossen.

Der Antrag Brust wird abgelehnt.

Der Rest der ordentlichen Ausgaben wird bewilligt. Bei den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben, und zwar für Bernsteinwerke, Erneuerung und Erweiterung des Betriebsgebäudes der Bernsteinwerke in Königsberg, erste Rate 80 000 ℳ, bemerkt

Abg. Weinhausen (fortschr. Volksp.): Der Oberberghaupt⸗ mann von Velsen hat meinen Freund Münsterberg darauf aufmerksam gemacht, daß sich nicht alle Bernsteinstücke zum Drechseln eignen, und daß die kleinen Stücke nur zum Pressen benutzt werden können. Warum wird aber die Ausfuhr derselben nicht im Interesse unserer ein⸗

heimischen Industrie beschränkt? Ein großer Teil unserer Bernstein⸗ gewinnung geht nach Frankreich und Belgien und nur etwa die Hälfte kommt an die deutsche Bernsteinindustrie.

Präsident Dr. Grwaf von Schwerin: Hierüber kann bei diesem Titel nicht gesprochen werden, es handelt sich hier nur um die Er⸗ neuerung des Betriebsgebändes in Königsberg. Diese Rede hätten Sie bei den Einnahmen halten sollen.

Abg. Weinhausen ffortschr. Volksp.): Ich hatte allerdings die Absicht, hier die Antwort zu kritisieren, die der Oberberghaupt⸗ dem Abg sterberg gegeben he Ich 5 orbehalte mann dem Abg. Münsterberg gegeben hat. Ich muß mir vorbehalten,

dies bei der dritten Lesung zu tun.

Die außerordentlichen und einmaligen Ausgaben werden im übrigen ohne Debatte bewilligt.

Damit ist der Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenver⸗ waltung erledigt.

Nach 41 ¼ Uhr vertagt sich das Haus auf Montag 11 Uhr (Etat der Eisenbahnverwaltung).

Verdingungen.

Spanien.

Stadtverwaltung in Madrid: Wettbewerb für die Ausführun der Neupflasterung der Straßen und der Sanierung des Untergrundes von Madrid. Voranschlag 27 976 803,73 Peseten. Vorläufige Sicherheitsleistung 500 000 Peseten, endgültige Sicherheitsleistung 5 % des Anschlags. Angebote können bei der Registratur des Madrider Bürgermeisteramts bis zum 3. Mai 1914 täglich von 9 Uhr Morgens bis 2 Uhr Nachmittags eingereicht werden. Näheres in spanischer Sprache beim „Reichsanzeiger“ und in der Redaktion der „Nachrichten für Handel, Industrie und Landwirtschaft“ im Reichs⸗ amt des Innern. Bulgarien.

8. April 1914. Kreisfinanzverwaltung in Sofia: Lieferung von Plüschstoff für die bulgarischen Staatsbahnen nach dem Verzeichnis Nr. 660. Anschlag 5640 Fr. Sicherheit 282 Fr.

8. April 1914. Ebenda: Lieferung von Blei in Blöcken und Bleiblechen nach dem Verzeichnis Nr. 674. Anschlag 8135 Fr. Sicherheit 407 Fr.

9. April 1914. Ebenda: Lieferung von verschiedenen Farben noch dem Verzeichnis 664 Anschlag 30 630 Fr. Sicherheit 1932 Fr.

9. April 1914. Ebenda: Lieferung von Antimon und Zink in Blöcken noch dem Verzeichnis Nr. 671. Anschlag 2720 Fr. Sicher⸗ heit 136 Fr.

10, April 1914. Ehenda: Lieferung von Gußeisen in Blöcken 1 P Verzeichnis Nr. 673. Anschlag 14 000 Fr. Sicherheit 700 Fr. 10. April 1914. Ebenda: Lieferung von Kupferkabel nach dem Verzeichnis Nr. 548. Anschlag 3770 Fr. Sicherheit 189 Fr.

11. April 1914. Ebenda: Lieferung von Eisenblech nach dem Verzeichnis Nr. 667. Anschlag 4735,15 Fr. Sicherheit 237 Fr.

11. April 1914. Ebenda: Lieferung von verschiedenen kleinen

Metallartikeln für die Eisenbahnverwaltung nach dem Verzeichnik.

Nr. 665. Anschlag 22 405 Fr. Sicherheit 1120 Fr.

13. April 1914. Ebenda: Lieferung von eisernem Kesselblech 1ns Verzeichnis Nr. 666. Anschlag 7718,75 Fr. Sicherheit zFr.

13. April 1914. Ebenda: Lieferung von Lackfarben nach dem Verzeichnis Nr. 662. Anschlag 15 357,50 Fr. Sicherheit 768 Fr. Die Lastenhefte und Verzeichnisse zu den obigen Lieferungen liegen an Wochentagen in der Materialabteilung der bulgarischen Eisen⸗ bahnen in Sofia zur Einsicht auf.

(Nach den

Tierseuchen im Auslande.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrmaßregeln.

neuesten im Kalserlichen Gesundheitsamt eingegangenen amtlichen Nachweisungen.)

1) Ein Punkt in einer Spalte der Uebersicht bedeutet, daß in der betreffenden Nachweisung eine Angabe für diese Spalte nicht enthalten ist; ein Strich bedeutet, daß Fälle der betreffenden Art

nach den vorliegenden Angaben nicht vorgekommen sind. 2) Die Bezeichnung „Gehöfte“ schließt ein: Ausbrüche (Großbritannien),

(Norwegen), Bestände (Dänemark).

Die in der Uebersicht nicht aufgeführten wichtigeren en, 8 8 b ie usw., sind in der Fußnote nachgewiesen.

seuche, Hämoglobinur

Ställe, Weiden, Herden (Schweiz und Frankreich), Besitzer (Luxemburg und Niederlande), Ställe Seuchen, wie Rinderpest, Rauschbrand, Wild⸗ und Rinderseuche, Tollwut, Lungenseuche, Schafpocken, Geflügelcholera, Hühnerpest, Büffel⸗

—————-——

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Maul⸗ b und Klauenseuche Schafrãude

) Rotlauf der Schweine*)

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Außerdem: Rauschbrand: Oesterreich 4 Bez., 8 Gem., 8 Geh. überhaupt verseucht;

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40 4 JAIAqböb66Pb8S8 1 V G Ungarn 24 Bez., 47 Gem., 47 Geh. überhaupt verseucht; Kroatien⸗Slavonien 3 Bez., 4 Gem., 4 Geh.

Wöchentliche, bezw. viermal im Monat erscheinende Nachweisungen.

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überhaupt verseucht; Italien 2 Bez., 3 Gem., 3 Geh. überhaupt verseucht; Schweiz 2 Bez., 2 Gem. neu verseucht; Frankreich 10 Bez., 12 Gem., 12 Geh. neu verseucht; Belgien

4 Bez., 9 Gem. neu verseucht.

8 und Rinderseuche: Oesterreich 1 Geh. überhaupt verseucht. 1 indersan⸗ 17 Bez., 39 Gem., 44 Geh. überhaupt verseucht;

haupt verseucht; Rumänien 2 Bez., 4

Frankreich 23 Bez. neu verseucht; Belgien 1 Gem. neu ve chafpocken: Ungarn 12 Bez., 18 Gem., 35 Geh. überhaupt verseucht; ti seucht; Rumänien 20 Bez., 44 Gem., 142 Geh: überhaupt verseucht; Bulgarien 6 Bez., 7 Geflügelcholera: Oesterreich 10 Bez., 15 Gem., 75 Geh Beschälseuche: Kroatien⸗Slavonien 1 Bez., 8 Gem.,

Ungarn 52 Bez., 266 Gem., 280 Geh. überhaupt verseucht; Kroatien⸗Slavonien 2 Bez., 2 Gem., 4 Geh. über⸗

Gem., 4 Geh. überhaupt verseucht; Bulgarien 3 Bez., 3 Gem. neu verseucht; Italien 9 Bez., 12 Gem., 15 Geh. überhaupt verseucht;

rseucht; Luxemburg 2 Bez., 3 Gem., 5 Geh. überhaupt und neu verseucht.

Kroatien⸗Slavonien 1 Bez., 3 Gem., 13 Geh. überhaupt verseucht; Serbien 9 Bez., 19 Gem. überhaupt ver⸗ Gem. neu verseucht; Frankreich 3 Bez., 8 Gem., 9 Geh. überhaupt verseuc9ht.

überhaupt verseucht; Ungarn 7 Bez., 11 Gem., 25 Geh. überhaupt verseucht.

86 Geh. überhaupt verseucht; Rumänien 1 Geh. überhaupt verseucht.

) Großbritannien und Irland: Schweinefieber; Italien: Schweineseuchen (allgemein). ²) Schweiz: Stäbchenrotlauf und Schweineseuche.