1914 / 84 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 08 Apr 1914 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium der geistlichen und Unterrichtse⸗ angelegenheiten. Der Regierungs⸗ und Schulrat Dr. Rudenick ist der Regierung in Königsberg überwiesen worden. 1X“ Finanzministerium. Der Regierungshauptkassenbuchhalter Walter Müller in Gumbinnen ist zum Rentmeister bei der Königlichen Kreiskasse in Altenkirchen und der Regierungssekretär Reinhold König in Stade zum Rentmeister bei der Königlichen Kreiskasse in Rothenburg O. L. ernannt worden. Versetzt sind die Rentmeister bei Königlichen Kreiskassen: Tuxhorn von Rothenburg O. L. nach Langenschwalbach und Thomet von Ortelsburg nach Neuwied. 1“

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Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 10

der Preußischen Gesetzsammlung enthält unter Nr. 11 342 das Ausgrabungsgesetz vom 26. März 1914,

und unter

Nr. 11 343 das Uebereinkommen vom November / Dezember 913 zwischen Anhalt, Baden, Bayern, Braunschweig, Bremen, Elsaß⸗Lothringen, Hamburg, Hessen, Lippe, Lübeck, Mecklenburg⸗ Schwerin, Mecklenburg⸗Strelitz, Preußen, Sachsen und Württem⸗ erg, betreffend die Anerkennung der Eichscheine und die gegen⸗ eitige Mitteilung der Ergebnisse der Eichungen und Eich⸗ prüfungen von Binnenschiffen. 8 8

Berlin W. 9, den 7. April 1914. Königliches Gesetzsammlungsamt.

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Abgereist: Seeine Erzellenz der Staatsminister Innern von Dallwitz auf Urlaub.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. April 1914.

Der Königlich siamesische Gesandte Prinz Traidos Prabandh hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesen⸗ heit führt der Legationssekretär Phra Bhinich Virajkich

die Geschäfte der Gesandtschaft.

Der Präsident der Königlich Preußischen Generallotterie⸗

1. W

lün 6. April in Iikell eingetroffen.

he Geheime Oberfinanzrat Dr. Lewald ist mit

zur heutigen Nummer des ist eine Bekanntmachung, Wies⸗

In der Zweiten Beilage „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ei 1 betreffend eine Anleihe der Stadtgemeinde

baden, veröffentlicht.

Mecklenburg⸗Schwerin. Seine Königliche Hoheit der Großherzog . . 13 29* 3 G Friedrich Franz vollendet morgen sein 32. Lebensjahr.

Mecklenburg⸗Strelitz.

Die Landeszeitung für beide Mecklenburg verbreitet über das Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs Adolf Friedrich, der sich vor kurzem einer Darm⸗ operation unterziehen mußte, folgenden Bericht:

Die Besserung im Befinden Seiner Königlichen Hoheit des Großberzogs balt an. Seine Königliche Hobeit kann am Tage das

reits für kurze Zeit verlassen. (gez.) Bier.

Elsaß⸗Lothringen.

In der gestrigen Nachmittagssitzung der Zweiten Kammer des Landtages interpellierte der Abg. Emmel (Soz.) die Regierung wegen des Erlasses, betreffend den Gebrauch der hochdeutschen Sprache an den höheren Schulen.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte der Interpellant aus, daß durch den Erlaß dem an sich berechtigten Ziele ein schlechter Dierst erwiesen werde. Der Dialekt und die französische Unter⸗ haltuang würden indirekt verboten und das sei eine falsche und schäd⸗ liche Maßnahme, die nur die Denunziation fördere. Der Staats⸗ sekretär Graf von Roedern erwiderte, daß sich der Erlaß lediglich auf das Verhalten der Lehrer und Schüler innerhalb des Schulgebäudes und des Schulhofes beziehe und in der Aufgabe der höheren Schulen begründet sei, in erster Linie deutsche Bildung zu pflegen. Es werde nicht in den Privatverkehr der Lehrer eingegriffen. Daß mit dem Erlasse die Denunziation großgezogen würde, müsse er aufs entschiedenste bestreiten. Der Erlaß richte sich an einen hochgebildeten Stand, dem Denun⸗ Uationen wie ihm selbst zuwider seien. Er sei überzeugt, daß der Erl ß richtig verstanden werden würde. Nach wie vor stehe die Re⸗ gierung auf dem Standpunkte, daß es sich um eine innere Angelegen⸗ heit der Schulverwaltung handle. In der Besprechung führte der Abg. Hauß (Ztr.) aus, der Erlaß bedeute eine Herabwürdigung der jüngeren Lehrerschaft in den Augen der Schüler und Schülerinnen. Er sei ein nicht zu rechtfertigender Mißgriff. Die Veröffentlichung sei ein Akt der Notwehr gewesen. Der Erlaß sei eine Verbeugung vor der Mittelvartei. Nicht der Dialekt habe getroffen werden sollen, sondern man habe der französischen Unterhaltung auf dem Schulbhofe zuleibe gehen wollen. Die Abag. Zimmer (Lothr.) und Wolf (Lib.) mißbilligten gleichfalls den Schulerlaß.

Der Abg. Fuchs (Soz.) begründete einen Antrag seiner Partei, dahin gehend, daß die Kammer die Auffassung der Re⸗ gierung nicht teilen könne. Der Erlaß werde mit den zu be⸗ fürchtenden schweren denunziatorischen Folgen seinen Zweck nicht erreichen. Dieser Antrag wurde mit Stimmengleichheit ab⸗ gelehnt und folgende Resolution des Zentrums einstimmig angenommen: „Die Kammer kann den Erklärungen der Re⸗ gierung nicht beipflichten. Sie bedauert den Erlaß, der den Interessen der höheren Schulen nicht förderlich ist.“ 8

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Großbritannien und Irland.

Wie das „Reutersche Bureau“ aus diplomatischer Quelle erfährt, haben die Mächte des Dreiverbandes in Berlin, Wien und Rom den Entwurf ihrer Antwort auf die griechische Note, betreffend Albanien und die Aegäischen Inseln, mitgeteilt.

Die britische Regierung entsendet derselben Quelle zu⸗ folge Spezialkommissare nach Sibirien und China, um die dortigen Handelsverhältnisse zu studieren und über die handelspolitischen Möglichkeiten Bericht zu erstatten.

In einer Konferenz der Arbeiterpartei wurde gestern, wie „W. T. B.“ meldet, eine Resolution angenommen, in der die englische Regierung ersucht wird, die Aufhebung der Be⸗ stimmung in der südafrikanischen Indemnitätsbill über die Deportationen anzuraten. Die Versammlung ernannte gleichzeitig eine Abordnung, die die Resolution dem Premierminister Asquith überbringen soll. Ferner wurden der Führer der Arbeiterpartei im Unterhause Ramsay Maecdonald und der Arbeiterführer Seddon beauftragt, sich nach Südafrika zu begeben und dem Premierminister Botha eine Denkschrift zu überreichen, in der die Einwendungen der britischen Arbeiter⸗

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partei gegen die Deportationen niedergelegt sind.

u Rußland.

Der folger und den Prinzessinnen⸗Töchtern gestern abend von Zarskoje Sselo nach Livadia abgereist.

Der Prinz und die Prinzessin Ferdinand von Rumänien sind heute mittag von St. Petersburg nach dem Auslande abgereist. Auf dem Bahnhofe hatten sich alle Groß⸗ fürsten und Großfürstinnen, der Minister des Aeußern, der Kriegsminister, der Stellvertreter des Hofministers und andere hohe Würdenträger eingesunden. Der Prinz Carol von Rumäͤnien reist heute abend nach Berlin zurü

Portugal. Der Kongreß hat die Verlängerung der gegenwärtigen Parlamentssession bis zum 16. Mai heschlatenanu

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Schweden.

Die den König behandelnden Aerzte, darunter Geheimrat Dr. Fleiner aus Heidelberg, haben gestern über das Be⸗ finden König Gustavs, wie „W. T. B.“ meldet, folgenden Bericht veröffentlicht:

Die Untersuchungen, die in den letzten Wochen stattgefunden haben und jetzt abgeschlossen sind, ergeben, daß der König unserer Ansicht nach an einer Magenwunde leidet. Die Krankheit hat sich in den letzten Monaten verschlechtert, sodaß wir eine Operation für das⸗ jenige Mittel ansehen, das uns sicher hoffen läßt, die Gesundheit des Königs wieder herzustellen. Der König hat unserem Vorschlage zuge⸗ stimmt und den Wunsch ausgedrückt, daß die Operation sobald wie irgend möglich vorgenommen werden möge.

Bei den Wahlen zur Zweiten Kammer wurden

in Malmö zwei Sozialdemokraten und ein Liberaler gewählt, womit die Parteistellung unverändert bleibt.

11“ * Seren.

Die Postbeamten haben für das serbische Osterfest passive Resistenz angekündigt, weil bei der Budgetberatung in der Skupschtina ihre Forderungen auf Gehaltsregelung nicht beachtet worden sind.

Amerika 1

Der amerikanische Senat hat gestern mit 35 gegen 27 Stimmen den ersten Antrag über die Frage der Panama⸗ kanalgebühren angenommen, der von Poinderter gestellt worden war. Wie „W. T. B.“ meldet, wird der Präsident Wilson in diesem Antrag um Auskunft ersucht, auf welche „äußerst heiklen und höchst folgenschweren Dinge“ sich seine Botschaft an den Kongreß bezöge, in der er für die Aufhebung der Ausnahmeklausel eintritt. Der Antrag wurde der Kom⸗ mission für auswärtige Angelegenheiten überwiesen. Das ist ein Zeichen, daß die Regierung vollkommen Herr der Lage ist. Der Senat hat ferner einen Antrag von Brandegee ange⸗ nommen, in dem das Staatsdepartement aufgefordert wird, alle Informationen, Korrespondenzen und Urkunden vorzulegen, die sich auf die Verhandlungen, die zu dem Hay⸗Paunce⸗ fote⸗Vertrag führten, und auf die Auslegung dieses Vertrags beziehen.

Die Senatskommission für Interozeanische Ka⸗ näle hat bezüglich des Gesetzentwurfs, durch den die Gebühren⸗ freiheit amerikanischer Küstenschiffe im Panamakanal aufgehoben wird, fünfzehn öffentliche Verhandlungen anberaumt, um Inter⸗ essenten und Sachverständige zu hören. Diese Verhandlungen werden morgen beginnen.

Die Verträge mit den Vereinigten Staaten über Panama sind gestern von der columbischen Regierung unter⸗ zeichnet worden und werden demnächst veröffentlicht werden.

Asien. Wie „W. T. B.“ aus Simla meldet, ist beschlossen worden, die indischen Besatzungstruppen in China zu vermindern; die 24. Gebirgsbatterie und das 24. und 25. Pendschab⸗Regiment werden binnen kurzem heimbefördert werden.

Parlamentarische Nachrichten

Der Entwurf eines Fischereigesetzes 8 ist nebst Begründung dem Hause der Abgeordneten zu⸗ gegangen. Das aus 127 Paragraphen bestehende Gesetz soll an die Stelle des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874, des Gesetzes vom 30. März 1880, der einschlägigen Vorschriften des Allgemeinen Landrechts und einer Anzahl für einzelne Provinzen ergangener Fischereiordnungen treten.

Zweck des Fischereigesetzes vom 30. Mai 1874 war neben einer Zusammenfassung der provinziell und lokal zersplitterten älteren Vor⸗ schriften eine Neuregelung des gesamten Fische eirechts unter dem Gesichtspunkte der Fischereipolizei. Infolge der Ungleichartigkeit der früberen Gesetzgebung war namentlich der Schutz der laichenden Fische und der jungen Brut völlig vernachlässigt worden. Inten⸗ sive Fischereiwirtschaft wurd; nur vereinzelt betrieben. Der Erlaß polizeilicher Schonvorschriften erschien daher unter den damaligen Verhältnissen als das wirksamste Mittel zur Hebung der Fischerei. In dieser Beziehung hat sich im Laufe der Jahre ein erbeblicher Umschwung vollzogen. Gegenwärtig ist anerkannt, daß die Bimnenfischerei weniger durch die Einhaltung bestimmter Vorschriften

über Mindestmuße der Fische,

Kaiser und die Kaiserin sind mit dem Thron⸗

Maschenweite der Netze oder Schon reviere als durch eine nach Art der Teichwirtschaft betriebene ordnungs⸗ mäßige Bewirtschaftung der Fischgewässer gefördert wird. Zu einer derartigen Gewässerwirtschaft bietet das geltende Gesetz keine Hand⸗ habe. Insbesondere gewährt es keinen ausreichenden Schutz gegen die tatsächliche Ausübung der Fischerei durch eine große Zahl von Berechtigten, welche das wesentlichste Hindernis für jede ordnungs⸗ mäßige Fischereiwirtschaft bildet. Aber auch im allgemeinen genügt es wegen seiner Unvollständtgkeit und Unsicherheit in bezug auf das materielle Fischer trecht dem heutigen Bedifnis nicht mebr. Ferner sind durch das Wassergesetz vom 7. April 1913 die Fischereiverhältnisse in verschiedener Hinsicht berührt wo den, sodaß auch aus diesem Grunde das Fischereirecht abänderungsbedürftig ist. Bei der großen Zahl neu aufzunehmender Bestimmungen konnte nur der Erlaß eines vollständig neuen Gesetzes in Frage kommen. Ueber seinen Inhalt ist mit Vertretern der Fischereiwissenschaft und ⸗praxis seit Jahren eingehend beraten und in allen wesentlichen Punkten Einverständnis erzielt worden. Demgemäß ist der vorliegende Entwurf aufgestellt. Der Entwurf behandelt in 11 Abschnitten:

1) die allgemeinen Vorschriften (§§ 1 bis 3); in ihnen hat namentlich der Begriff der geschlossenen Gewässer im Interesse der Fischereiwirtschaft eine Erweiterung erfahren;

2) die Fischereiberechtigung (§§ 4 bis 25); dieser Abschnitt enthält eine umfassende Neure elung des materiellen Fischereirechts, ferner an neuen Bestimmungen u. a. die Klarstellung der Fischerei⸗ rechte durch Eintragung ins Wasserbuch, das Uferbetretungsrecht und Vorschriften über die Uebertragbarkeit der Fischereirechte; 1

3) die Beschränkungen der Ausübung der Fischerei (§§ 26 bis 29), durch welche ein unwirtschaftlicher Betrieb der Füscherei, insbesondere durch mehrere Fischereiberechtigte, wirksamer als bisher verhindert werden soll;

4) die Fischereigenossenschaften (§§ 30 bis 76); die hierüber bestehenden Vorschriften sind im fischereiwirtschaftlichen Interesse ergänzt und in bezug auf das Verfahren den Vorschriften des Wassergesetzes nachgebildet worden;

5) die Fischereibezirke (§§ 77 bis 84); diese sollen ent⸗ sprechend den in einzelnen Provinzen bereits bestehenden Spezial⸗ gesetzen nach Art der Jagdbezirke eingerichtet werden, wo der genossen⸗ schaftliche Fischereibetrieb nicht möglich ist oder nicht ausreicht, eine sachgemäße Ausnutzung der Fischgewässer zu gewährleisten;

6) die Fischereischeine und Fischereierlaubnisscheine (§§ 85 bis 91); die Einführung des von den Fischereikreisen dringend gewünschten Fischereischeins soll nach dem Vorbilde der bayerischen Fischerkarte dazu dienen, eine bessere Ueberwachung der Fischerei zu ermöglichen;

8 die Bezeichnung der Fischerzeuge 92);

8) den Schutz der Fischerei (§§ hauptsächlich Vorschriften polizetlicher Art, Recht anlehnen, zusammengefaßt;

9) die Fischereibehörden (§§ 111 bis 115); danach sind die örtlichen Fischereibehörden wie bisher regelmäßig die Oberfischmeister; in den höheren Instanzen sollen an der Beschlußfassung des Kreis⸗ (Stadt⸗) bezw. Bezirksausschusses und des infolge des Wassergesetzes (§§ 370 flg.) gebildeten Landeswasseramts, das im Beschlußverfahren an die Stelle des Landwirtschaftsministers tritt, tunlichst Fischerei⸗ sachverständige beteiligt werden; der Erlaß von Polizewerordnungen an Stelle der bisherigen provinziellen Ausführungsverordnungen dient zur Vereinfachung und leichteren der Bestimmungen;

10) die Strafvorschriften (§§ 116 bis 121); 1 11) die Uebergangs⸗ und Schlußvorschriften (§§ 122

zum Fischfange dienenden

93 bis 110); hier sind die sich an das geltende

Statistik und Volkswirtschaft.

Die Fideikommisse in Preußen im Lichte der Statistik bis zum Ende des Jahres 1912.

Die Anteilnahme an der wissenschaftlichen Frage nach der volks⸗

wirtschaftlichen Bedeutung der Fideikommisse ist ständig im Wachsen, nachdem die Betrachtung des Fideikommisses aus rein politischen Leitsätzen sich als unzulänglich erwiesen und man einzusehen gelernt

hat, daß diese Frage ebensowenig wie irgendeine andere volkswirtschaft⸗

liche Angelegenheit von einem politischen Parteistandpunkte aus gelöst

die Anteilnahme ist,

so schroff über die Bedeutung der

werden kann. So groß aber stehen sich die Anschauungen kommisse gegenüber. seine 1

kommenden Verhältnisse dienen können. Es ist daher sehr dankens⸗ wert, daß solche Unterlagen jetzt in einer umfangreichen Arbeit des Regierungsrats Dr. jur. H. Hoepker geboten werden, die als I. Ab⸗ teilung des Jahrgangs 1914 der „Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen Landesamts“ veröffentlicht worden ist (98 Seiten und 3 Kartogramme). Im amtlichen Auftrage ist hier der Stand und

die Bewegung der Fideikommisse dargestellt und ihre volkswirtschaftliche

Bedeutung an der Hand der Statistik kritisch untersucht, wobei nur die Fragen berührt sind, die die besonderen Vorteile und Nachteile des fideikommissarisch gebundenen Besitzes gegenüber dem freien Besitz

betreffen, dagegen alle die Fragen ausgeschaltet sind, die sich auf die

Bedeutung des Großgrundbesitzes als solchen beziehen.

Nach dieser Veröffentlichung betrug am Schlusse des Jahres 1912

die Fideikommißfläche im preußischen Staate 2 449 225,6 ha und hatte damit 7 % der Gesamtfläche des Staates erreicht. Die Zunahme hat sett 1907, dem letzten Jahre, in dem eine genauere

Uebersicht über die Fideikommißfläche gegeben wurde, 132 842 ha und seit 1895 dem ersten Jahe der Fideikommißstatistik 8 6 fünf gesamten

Hektar betragen. Es hat also der Zuwachs in den letzten Jahren den Durchschnitt des Wachstums in den m 17 Jahren recht erheblich überschritten; die durchschnittliche jähr⸗ liche Vermehrung der Fideikommißfläche betrug von 1895 bis 1912 19 211 ha, von 1907 bis 1912 aber 26 568 Hektar

Nimmt man an, daß in der Zukunft die Vermehrung durchschnittlich eine gleich hobe Hektarzahl umfassen wird, so würden nach der ersten Zahl die Fideikommisse in 18 Jahren 8 %, in 36 Jahren 9 % und in 54 Jahren 10 %, nach der zweiten Zahl aber schon ig 13 Jahren 8 %, in 26 Jahren 9 % und in 39 Jahren 10 % des Staatsgebiets

ausmachen. Im Jahre 1907 nahm man an, daß bei gleichbleiben er prozentualer Vermehrung, die 0,78 % jäbrlich betrug, während sie jetzt auf 0,85 % gestiegen ist, die Fideikommisse erst zwischen den Jahren 1915 und 1916 die bereits 1912 erreichten 7 % der Staatsfläche aus⸗ machen würden.

Seit der Jahrhundertwende sind nicht weniger als 203 Fidei kommisse mit einer Gesamtgröße von 317 805 ha neu worden, also in den letzten 13 Jahren jährlich 15 Fideikommisse mi

24 447 ha. Es ist jedoch kaum anzunehmen, daß die Vermehrung

der Fideikommisse auch fernerhin gleich stark bleiben wird, weil man nicht

damit rechnen kann, daß die die Fideikommißbildung fördernden Momente, wie die besonders günstige wirtschaftlich⸗Lage, die starke Neubildung großer

Kapitalien sowie die besonderen Verhältnisse in der Landwirtschaft, auch in der Zukunft in gleicher Stärke vorhanden sein werden. Immerhi

darf man nicht vergessen, daß nicht zu rechnen ist; denn hat die Fläche der neugegründeten Fideikommisse in keinem Jahrzehn unter 140 000 ha betragen. einer Zunabme von 15 000 ha jährlich, so 23 Jahre genügen, um ein fideikommissarisch zu binden.

Aus der Nachweisung der geographischen Verteilung der

Fideikommisse geht hervor, daß nicht allein an und für sich die Fidei⸗

kommißfläche in

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Fidei⸗ Dieses Auseinanderstreben der Ansichten findet

Begruündung in dem Mangel an sicheren Unterlagen, die zur Beurteilung und Klärung der für die Fideikommisse in Betracht

geschaffen

mit einer Abnahme der Fideikommisse selbst in wirtschaftlich nicht guten Zeiten

Rechnet man hiernach auch nur mit würden doch schon beiteres Prozent des Staatsgebietes

den östlichen Provinzen einschließlich Schleswig⸗ Holsteins stärker vertreten ist als im Westen, sondern auch die Zu⸗

nahme östlich von der Elbe bedeutend größer war als westlich der⸗ selben. Während im Westen die Vermehrung von 1895 bis 1912 nicht über 0,½ % der Fläche eines Regierungsbezirks (Düsseldorf) hinausgeht, beträgt die Vergrößerung der fideikommissarisch gebundenen Ländereien in 10 von den östlichen Regierungsbezirken mehr als 1 %. im Regierungsbezirk Köntgsberg sogar 3,2 % und im Regierungsbezirk Breslau 3,8 %. Ein Rückgang ist nur in dem Regierungsbezirk Münsies zu verzeichnen, und auch dort beziffert er sich nur auf 0,1 % er Fläche.

Es gibt jetzt fünf Regierungsbezirke, in denen mehr als 10 % der Fläche den Fideikommissen gehören, nämlich: 1111115 11181.“ Breslau . 18,0 %, Sigmaringen 16,5 % 111616161616121I““ Die Fideikommißbildung ist also bei weitem am erheblichsten in der Provinz Schlesien. Im Westen zeichnet sich Westfalen mit 78 % fideikommissarisch gebundener Fläche aus. Unter 2 % Fideikommiß⸗ fläche findet man nur in sechs Bezirken, nämlich:

v h-ö1ö Alle⸗ stein L11““ 1,1 %9, 1616161663“ eböö-öö- 8 Stade . . 8 .* 0,9 %, Trier. . * 2* * „. 2 . 1,2 %. Eine größere Verschiedenheit als bei den Regierungsbezirken findet sich naturgemäß bei den Kreisen. Die Zahl der Kreise, die mehr als 20 %, also mehr als ein Fünftel ihrer Fläche, an Fideikommissen be⸗ sgen ist von 1903 auf 1912 von 32 auf 37 gestiegen. Während es m Jahre 1903 noch 75 Kreise gab, die überhaupt keine Fideikommisse hatten, sind es jetzt nur noch 58.

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche der Fideikommisse betrug im Jahre 1895 1 146 760 ha und 1912 1 308 532 ha. Sie ist also in den 17 Jahren um 161 772 ha = 141 % gewachsen. Während sie 1895 4,0 % der landwirtschaftlich genutzten Staatsfläche ausmachte, betrug sie 1912 5 25 %. Die Zunahme ist in den einzelnen Landesteilen sehr verschieden, westlich von der Elbe seit 1895 sehr gering in Hessen⸗Nassau, Westfalen, Sachsen und in den Hohenzollernschen Landen ist sogar ein Rückgang von 0,1 0,8 % zu verzeichnen —, östlich der Elbe dagegen beträgt sie nirgends unter 0,5 %. In den einzelnen Re⸗ gierungsbezirken tritt die Verschiedenheit des Anteils der Fideikommisse an der gesamten Landwirtschaftsfläche ebenso wie die verschledene Ge⸗ staltung der Zunahme seit 1895 noch stärker hervor. So hat der Regierungsbezirk Stralsund eine gebundene landwirtschaftliche Fläche von 20 3 %, Oppeln 12, 1 % und Breslau 12 8 %, während in den Regierungsbezirken Trier, Stade, Aachen, Lüneburg und Allenstein der Anteil unter 1 % sinkt. Die tärkste Zunahme hatte in den letzten 17 Jahren der Regierungsbezirk Breslau mit 28 %, dann Stralsund mit 1,s8 % und Posen mit 1,/7 %. Im Westen ist es der Regierungsbezirk Aurich, der den stärksten Fortschritt der fideikommissarischen Bindung der Landwirt⸗ schaftsfläche hat, er ist hier von 25 % auf 3,1 % gestiegen; ihm folgen Hildesheim und Koblenz mit je 0,4 %. Im Regierungsbezirk Münster findet man den bedeutendsten Rückgang: von 64 % im Jahre 1895 auf 5,8 % Ende 1912, also um 09 %.

Aus der Tabelle über den Wert der landwirtschaftlich genutzten Fläche ergibt sich, daß mit Ausnahme der Regierungs⸗ bezirke Danzig, Frankfurt, Breslau, Oppeln und Magdeburg der auf das Hektar berechnete Grundsteuerreinertrag bei den Fideikommissen mindestens um 1 bis 2 ℳ, meist um 4 bis 5 ℳ, häufig auch um 10 und selbst 21 (Aurich) höher ist als der des gesamten landwirtschaftlich genutzten Gebiets des betreffenden Re⸗ gierungsbezirks. Hieraus ergibt sich der unabweisbare Schluß, daß die Fideikommisse durchschnittlich bessere Bodenklassen haben, als der freie private Besitz.

Die Waldfläche ist von 1895 bis 1912 um 164 813 ha auf 1 140 693 3 ha gewachsen. Die Zunahme des Fid ikommißwaldes be⸗ trägt also 16 9 % gegen 14,1 % Steigerung der unbewaldeten Fidei⸗ kommißfläche. Während der Anteil des Waldes an dem Areal eines Regierungsbezirks bis höchstens 42 % (Arnsberg) steigt, beträgt er bei den Fideikommissen in nicht weniger als sieben Regierungsbezirken, die mit Ausnahme von Liegnitz sämtlich im Westen liegen, mehr als 66,6 % = der Fideikommisse. Unter 10 % Wald findet man nur bei den Fideikommissen im Regierungsbezirk Aurich, während unter 10 % Wald vom Gesamtareal nur die Regierungsbezirke Aurich, Stade, Schleswig haben. Der Anteil des Fideikommißwaldes an dem gesamten Waldbestande des Regierungsbezirks beträgt in Oppeln 45,2 %, in Breslau 38 %, in Hohenzollern 37,2 % und in noch weiteren vier Regierungsbezirken über 20 %. Nur in 16 Regierungs⸗ bezirken, also in weniger als der Hälfte, sinkt der Anteil des Fidei⸗ kommißwaldes unter 10 %. Diesem hohen Anteil des Fideikommiß⸗ waldes an der Forstfläche der einzelnen Regierungsbezirke entspricht es, daß im Staatsgebiet 13,8 %, also meist des gesamten Waldes, den Fideikommissen zu eigen ist, während die Gesamtfläche der Fidei⸗

kommisse noch nicht 1 der Staatsfläche beträgt.

Die Nachweisung über die Zahl und Größe der Fidei⸗ kommisse ergibt im ganzen 1277 Fldeikommisse mit einer Gesamt⸗ fläche von annähernd 2 ½ Millionen Hektar. Nur 36 fideikommissarische Besitzungen sind größer als 10 000 ha, und nur 55 werden in der Größenklasse von 5000 bis 10 000 ha gezählt. Diese 91 Fidei⸗ kommisse haben aber einen Flächeninhalt von 1 081 702 ha, denen die übrigen 1186 Fideikommisse mit 1 367 524 ha gegenüberstehen. Die größte Fläche findet man ebenso wie die größte Zahl in Schlesien, nämlich 213 Fideikommisse. Abgesehen von den Hohenzollernschen Landen, hat Westpreußen mit 35 Fideikommissen die wenigsten. Die großen und größten Fidelkommisse sind über den ganzen Staat ver⸗ streut, jedoch übertrifft Schlesien mit 17 Fideikommissen von über 10 000 ha und 14 von 5000 10 000 ha weit die anderen Pro⸗ vinzen. Die kleinen Besitzungen von unter 100 ha sind im Westen recht häufig, während sie im Osten nur ganz vereinzelt vorkommen.

Aus der Nachweisung über die Zeit der Gründung der Fidei⸗ kommisse ist es interessant zu konstatieren, daß die Fläche der vor dem Jahre 1850 gegründeten Fideikommisse nur wenig größer ist als die erst nach diesem Jahre entstandenen fideikommissarischen Be⸗ sitzungen. Die durchschnittliche Größe der neugegründeten Fidei⸗ kommisse ist in den letzten zwölf Jahren ausgenommen die in Pommern und Schlesien recht erheblich zurückgegangen

Den Neugründungen stehen nicht unerhebliche Abgänge durch Verkleinerung und Auflösung gegenüber; so sind in der Zeit von 1896 bis 1912 in der Provinz Posen 39 Fldeikommisse verkleinert und 3 aufgegeben worden, sodaß die Fideikommißfläche um 34 000 ha ge⸗ schmälert wurde.

Die Verteilung der Fideikommisse auf die verschie⸗ denen Gruppen von Besitzern zeigt, daß die größte Fläche sich in den Händen der Grafen befindet, die meisten Besitzer dagegen unter den sonstigen Adligen zu finden sind. .

Im zweiten Teil der Arbeit, der kritisch⸗statistischen Untersuchung über die volkswirtschaftliche Bedeutung der Fideikommisse, wird zunächst die Beschränkung des freien Prxivateigentums durch die Fideikommisse zu veranschaulichen gesucht. Im Jahre 1881/82 entfielen im gesamten Staatsgebiet auf den land⸗ und fovrstwirtschaftlichen Privatbesitz 74 er %. Die fehlenden 25,30 % wurden zu 3,27 % durch die Wege und andere ertraglose Liegenschaften, zu 1,08 % durch Hof⸗ räume und Hausgärten, zu 5,32 % durch die Fideikommisse, zu 8,28 % durch die staatlichen Domänen und Forsten, zu 4,90 % durch den Besitz städtischer sowie ländlicher Kommunen und zu 2,18 % durch das Eigentum der Pfarren usw. eingenommen. Etwas über ein Fünftel der dem landwirtschaftlichen Privatbesitz entzogenen Fläche entfiel also damals auf die Fideikommisse. Im Jahre 1913 betrug der Anteil des land⸗ und forstwirtschaftlichen Privatbesitzes nur noch 70 %; er ist also in etwa 31 Jahren um 4,10 % zurückgegangen. Fast die Hälfte des Rückganges des gesamten ländlichen Privatbesitzes, nämlich 2,18 %, fällt den Fideikommissen zur Last.

Es sind also nicht viel mehr als zwei Drittel der Staatsfläche noch im einzelnen Eigentum von Land⸗ und Forstwirten. Bei dieser Beschränkung bilden zwar nicht die Fidetkommisse, sondern die staatlichen Domänen und Forsten mit 9,90 % der Staatsfläche den wichtigsten Besgndteil; diesen folgen aber die Fideikommisse schon mit 7,45 %; erst in weiterem Abstande folgt der stäbtische und ländliche Kommunalbesitz mit 4 6 %. Wenn auch die Frdeikommisse in der Be⸗ schränkung des Privatbesitzes erst an zweiter Stelle stehen, so ist hierbei doch sehr zu beachten, daß die Fideikommisse in den letzten 31 Jahren weitere 2,18 %. die staatlichen Domänen und Forsten dagegen nur 1,36 % der Staat⸗fläche an sich gezogen haben. Es ist daher wichtig, die Fideikommisse nicht für sich allein in ihrer das fremde Eigentum beschränkenden Eigenschaft zu betrachten; denn inwieweit Fideikommißgründungen als bedenklich erscheinen, hängt wesentlich davon ab, welche Bedeutung dem sonstigen gebundenen Besitz in der betreffenden Gegend zufällt.

Von der rein landwirtschaftlich genutzten Fläche sind jetzt 3 445 685 Hektar dem Privateigentum entzogen, das ist ein Siebentel der ge⸗ samten Fläche. Hieran sind die Fideikommisse mit 1 392 681 Hektar = 40 42 % beteiligt. Welcher Wert der Feststellung der landwirt⸗ schaftlich gebundenen Fläche zukommt, kann man aus einer Gegen⸗ überstellung der beiden fide kommißreichsten Regierungsbezirke ersehen. Während im Stralsunder Bezirk die gesamte gebundene landwirt⸗ schaftliche Fläche 47.78 % beträgt, beziffert sich diese im Regierungs⸗ bezirk Oppeln auf nur 20,42 %. Deshalb muß die Neugründung von Fideikommissen in den beiden Regierungsbezirken, obwohl in ihnen ungefähr die gleiche prozentuale Fläche fideikommissarisch festgelegt ist, eine ganz verschiedene Beurteilung finden.

Die allgemeine volkswirtschaftliche Bedeutung des fideikommissarisch gebundenen Waldbesitzes duͤrfte wohl von allen Seiten anerkannt werden. Es haben jedoch nicht alle Fideikommisse die gleiche Wichtig⸗ keit für die Erhaltung des Waldbestandes. Die Bedeutung des Waldes der Fideikommisse geht vielmehr mit den Größenklassen des Fideikommißbesitzes stark zuruͤck. Es haben die Fideikommisse von über 10 000 ha 66,7 % Wald, diejenigen von 5000 10 000 ha 48,3 % Wald und die von weniger als 5000 ha 35,8 % Wald.

Das Ergebnis der Untersuchung ist, daß die fidetkommissarisch gebundenen „Latifundien“ zum größten Teil aus Wald bestehen und hierdurch ihre besondere volkswirtschaftliche Bedeutung erhalten, die den anderen Fideikommissen nicht in gleicher Weise zukommt.

Sehr interessant ist ein Vergleich des gebundenen mit dem freien Großgrundbesitz, den der Verfasser für die sechs östlichen Provinzen durchgeführt hat. Die gebundene Gutsbezirks⸗ fläche ist nicht so umfangreich, wie von vielen Seiten ver⸗ mutet wird; nur in 65 Kreisen beträgt sie über ein Viertel des Gutsbezirksareals. In 17 Kreisen steigt der Anteil der Fideikommißgutsbezirke an der Gutsbezirksfläche von über 50 bis über 90 % (Kreis Adelnau, Regierungsbezirk Posen, 94,1 %). Hieraus sieht man, daß die Einengung der freien Gutsbezirke in vielen

egierungsbezirken immerhin nicht unbeträchtlich ist. Diese Ein⸗ engung ist aber nicht nur deshalb bedeutsam, weil dem freien Groß⸗ grundbesitz ein eigener wirtschaftlicher und sozialer Wert innewohnt, sondern auch deshalb, weil die Weiterentwicklung der notwendigen inneren Kolonisation auf das Vorhandensein einer größeren Anzahl freier geeigneter Gutsbezirke angewiesen ist.

Die fideikommissarische Bindung von früheren Bauern⸗ und Büdnerstellen hat von 1896 bis 1912 im ganzen 5436 ha oder durch chnittlich im Jahr 330 ha betragen; sie verteilt sich auf 435 Fälle. Die größte Zahl der Zugänge an Fideikommißfläche sind solche von unter zwei Hektaren, bei denen es sich wohl ausschließlich um Grenzregulierungen handelt. Berücksichtigt man noch, daß in der gleichen Zeit 1152 Verkleinerungen von Fideikommissen mit durch⸗ schnittlich 40 ha Fläche vorgenommen worden sind, so erhellt daraus, daß der Aufkauf von bäuerlichen Stellen oder Teilen durch Fidei⸗ kommisse im Durchschnitt des preußischen Staates sehr gering ist.

Weitere Untersuchungen über den Einfluß der Fidei⸗ kommisse auf die Bevölkerungsbewegung und auf die Dichrigkeit der Bevölkerung beziehen sich auf den Zeitraum von 1875 bis 1905 und nur auf solche Kceise, deren ländliche Be⸗ völkerung noch über 50 % beträgt. Danach haben die Landgemeinden

und Gutsbezirke in 17 Kreisen in 11 Kreisen in 17 Kreisen mit mehr als mit wenig Fidei⸗ mit 20 Hundert⸗ kommiß⸗ und viel überwiegend teilen Fidei⸗ allodialer Guts⸗ bäuerlichem kommißfläche bezirksfläche Besitz ortsanwesende Bevölke⸗ rung: omn 111875 am 1. XI1. 1905 818 807 Geburtenüberschuß: 1875 1905 382 830 Abwanderung: 11.evö 376 228

Eine kleine Zuwanderung von Reichsausländern fällt nicht wesentlich ins Gewicht. Eine Betrachtung der einzelnen Kreise in den drei Gruppen jedoch zeigt, daß in jeder von ihnen Kreise vorkommen, in denen die Abwanderung den Geburtenüberschuß bei weitem übertrifft, und andere, in denen die Abwanderung den Ueberschuß bei weitem nicht er⸗ reicht. Interessant ist, daß fast alle Kreise mit geringer Abwanderungs⸗ quote in Gegenden sich befinden, in denen die polnische und masurische Bevölkerung stark vertreten ist und häufig die deutsche bei weitem überwiegt. Die Beyölkerungsbewegung in Fideikommißgutsbezirken im Vergleich mit der in freien Gutsbezirken zeigt uns, daß in den sechs östlichen Provinzen nur in 3 von 10 Kreisen mit nehr als 20 % fidei⸗ kommissarisch gebundener Fläche die Bevölkerungszunahme auf den Fideikommißgütern günstiger gewesen ist als in den freien Guts⸗ bezirken. Nur in Schlesien ist die Bevölkerungszunahme die gleiche. Aus dieser Nachweisung ergibt sich jedenfalls nicht, daß die Fidei⸗ kommisse eine besonders güͤnstige Wirkung auf die Bevölkerungs⸗ bewegung ausüben; andererseits ergibt sich hieraus, daß die Fidet⸗ kommisse nur ganz wenig hinter den freien Gütern zurückstehen.

Aus der Nachweisung über die Dichtigkeit der Be⸗ völkerung in den Fideikommißgutsbezirken geht hervor, daß die Dichtigkeit der Bevölkerung in den landwirtschaftlichen Guts⸗ bezirken ganz allgemein ungefähr die gleiche ist; die Unterschiede, die auftreten, sind weniger durch die Form des Eigentums als durch persönliche und wirtschaftliche Umstände bedingt.

In dem Kapitel über die wirtschaftliche Bedeutung der Fideikommisse wird zuerst der landwirtschaftliche Boden der Fideikommisse behandelt. Die Tatsache, daß der Grundsteuerrein⸗ ertrag von dem Hektar der landwirtschaftlichen Fideikommißfläche nicht unwesentlich niedriger ist als der Durchschnitt im gesamten Staats⸗ gebiet, will wenig sagen, denn der größte Teil der Fideikommisse liegt in Landesteilen, in denen der Grundsteuerreinertrag niedriger ist als in den anderen Landesteilen. Vergleicht man aber die Grundsteuer⸗ reinerträge der Fideikommisse und die des freien Besitzes in den ein⸗ zelnen Regierungsbezirken miteinander, so findet man, wie schon oben angegeben, daß die Fideikommisse recht nennenswerte höhere Rein⸗ erträge aufweisen.

Die Vorzüge und Nachteile der fideikommissarischen Bindung für den landwirtschaftlichen Betrieb kann man nicht, wie es zumeist geschieht, durch allgemeine Behauptungen be⸗ gründen, sondern nur durch exakte statistische Vergleiche der Ernte⸗ erträge des freien Grundbesitzes und derjenigen der Fideikommisse. Leider läßt sich aber die Vergleichung nicht durchführen und es wahrscheinlich auch in der Zukunft erheblichen Schwierigkeiten egegnen.

Aus der Nachweisung über die Viehhaltung auf den Fidei⸗ kommissen und in den freien Gutsbezirken der fünf östlichen Provinzen (Schlesien ist nicht mithineinbezogen) ersieht man, daß bei den Pferden die freien Gutsbezirke die Fideikommisse überragen mit Ausnahme von Pommern. Der Unterschied ist jedoch

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nirgends besonders bedeutend, er schwankt zwischen 02 und 1,2 % auf je 100 ha Ackerfläche. Rinder wurden im Durch⸗ schnitt der ganzen Provinzen auf je 100 ha freier landwirtschaftlicher Gutsbezirksfläche 2,, mehr gehalten als auf den Fideikommissen. Schweine haben die freien Gutsbezirke in allen Provinzen 2 mehr als die Fideikommisse. Schafe besitzen dagegen die Fidei⸗ kommisse im Durchschnitt rund 212 auf 100 ha mehr als die freien Gutsbezirke.

Aus der Statistik über die Waldwirtschaft erkennt man, daß der Anteil der alten Bestände an dem gesamten Hochwald bei den Fideikommißfo sten viel größer ist als bei den Privatforsten und selbst den Gemeindeforsten.

Der Nachweisung über die Selbstbewirtschaftung ist zu entnehmen, daß in den östlichen Provinzen mindestens die Hälfte der Fideikommißbesitzer ihre Güter selbst bewirtschaftet, während im Westen die Selbstbewirtschaftung viel seltener ist Die Arbeit des Regierungsrats Hoepker gibt auch noch Aufschluß über den Absentismus, die Kinderzahl in Fideikommißfamilten, die Berufe der Fideikommißinhaber und ihrer Brüder und über die ehrenamtlichen Stellungen der Fideikommißinhaber; hinsichtlich der Ergebnisse dieser Feststellungen müssen wir jedoch auf die amtliche Veröffentlichung selbst verweisen.

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8 Zur Arbeiterbewegung. L In Swinemünde haben, wie die „Köln. Zig. erfährt, die Mitglieder des christlich nationalen Hafenar eitervereins die Arbeit niedergelegt, weil ihr Vorstand ohne Genehmigung einen Tarifvertrag abgeschlossen hatte, der angeblich eine Verschlechterung

gegen den früheren enthält. Die im Transport⸗ und Verkehrsgewerbe in Elber⸗ feld und Barmen tätigen Personen beschlossen, der „Köln. Ztg.“ zufolge, in einer zahlreich besuchten öffentlichen Versammlung ein⸗ stimmig, einen neuen Lohntarif mit erhöhten Lohnforderungen einzu⸗ reichen. In der Hauptsache sieht dieser Tarif eine Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde vor. AuchFerien werden gefordert, und zwar nach einjähriger Tätigkeit im Betriebe drei freie Tage, nach zwei⸗ jähriger Beschäftigung sechs freie Tage. Der Tarifvertrag soll auf zwei Jahre abgeschlossen werden. Der gegenwärtige Lohntarif läuft am 1. Mai dieses Jahres ab. Wie in der Versammlung hervorge⸗ hoben wurde, hat die Zentralleitung des Transportarbeiterverbandes ihre Zustimmung zu der Lohnbewegung gegeben. 8

In Grenchen im Kanton Solothurn, wo sich seit Wochen die Uhrenarbeiter im Ausstand befinden, mußte, wie der „Köln. Ztg.“ aus Zuͤrich gemeldet wird, die kantonale Regierung zur Aufrecht⸗ haltung der Ordnung zwei Kompagnien Militär aufbieten. In den letzten Tagen häuften sich die Zusammenstöße zwischen aus⸗ ständigen Arbeitern und Arbeitswilligen.

Der Ausstand, der am 6. April in den F Riga ausbrach, ist, wie „W. T. B.“ meldet, beendet.

Kunst und Wissenschaft.

Im Avprilheft der „Amtlichen Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen“ wird die Beschreibung emiger Neuerwerbungen deutscher Plastik fortgesetzt und an erster Stelle eine in Linden⸗ holz geschnitzze Madonnengruppe aufgeführt, die vor kurzem in den Besitz des Kaiser Friedrich⸗Museums gelangt ist. Sie ist zu Anfang des 16 Jahrhunderts entstanden und das Werk eines Frei⸗ burger Meisters. Für eine Kapelle des dortigen Münsters hatte Balduin Grien ein Altarwerk geschaffen, und vor das Gemälde seines Mittelstückes als landschaftlichen Hintergrund hatte unser Bildhauer eine Martia mit dem Kinde auf der Flucht nach Aegppten gesetzt. Sie ist der Dürerschen „Madonna mit der Meerkatze“ fast Zug um Zug nachgebildet, nur daß aus dem Rasenhügel, auf dem bei Dürer die Madonna sitzt, eine aus Brettern zusammengezimmerte Sitz⸗ truhbe geworden ist und daß die Meerkatze in ein bescheidenes Häschen gewandelt wurde. Jener Freiburger Madonna ist die des Kaiser Friedrich Museumz so sehr verwandt, daß sie mit Sicherheit als ein Werk desselben Bildhauers aus derselben Zeit angesprochen werden darf. Interesse erweckt auch eine andere Arbeit vom Oberrhein, ein Madonnenrelief aus Nußbaumholz. Es zeigt die Halbfigur der Maria mit dem Christuskind und hat ursprünglich vor einer chor⸗ artigen Nische gestanden, einer Umrahmung, aus der es später heraus⸗ geschnitten wurde. Von dem sonst gut erhaltenen Stück befindet sich eine genaue Stuckkopie im Schongauer Museum in Colmar i. E. Man würde geneigt sein, diese Kovie für einen modernen Abguß zu halten, wenn die Tradition jenes Museums und der alte Rahmen des Reliefabgusses dem nicht widersprächen. Da Vorhandensein der Kopie in Colmar erklärt sich wohl daraus, daß zu Anfang des 16. Jahrhunderts am Oberrhein nach. weislich Stuckreliefs zur Ausfuhr hergestellt wurden. Jenes Stück mag gleichfalls zur Ausfuhr bestimmt gewesen, aber aus irgend einer Ursache in seiner Heimat zurückgeblieben sein. Nach Colmar gelangte es in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts als ein Vermächtnis aus Straßburg. Das Berliner Ortginal ist um 1480 anzusetzen und ist bemerkenswert durch die gewählte, fast graziöse Haltung der schönen Hände, zu denen man bei dem sitzenden Jakobus der Keysers⸗ berger Kirche ein ungefähres Gegenstück findet. Im selben Heft der „Amtlichen Berichte“ werden auch einige italienische Plastiken als Neuerwerbungen des Kaiser Friedrich⸗Museums be⸗ schrieben. In den Fürstlichen Kunstkammern, jenen Vorläufern unserer öffentlichen Museen, wurden meist nur Kostbarkeiten und Rariläten aus edlem Material gesammelt; Kunstwerke aus unedlen Stoffen, also auch Terrakotten und Stuckwerke waren ausgeschlossen. Heute bewerten wir anders und schätzen solche Ton⸗ und Stuckmodelle als Urkunden zur Entwicklungsgeschichte der Kunst, aus denen sich die Absichten der Künstler oft deutlicher erkennen lassen als aus den ausgeführten größeren Werken; und die vielfarbigen Arbeiten in Stuck, die man seit der italienischen Renaissance zahlreich herstellen ließ, sind mitunter Arbeiten großer Meister, die in Marmor oder Bronze nicht ausgeführt wurden, oder doch nicht erhalten blieben. Dazu kommt, daß in einigen Kunststätten, wie in Siena und in der Lombardei, ein so großer Teil des bildnerischen Schmuckes in Holz, Terrakotta und ähnlichem Material geschaffen wurde, daß ohne ihre Berücksichtigung ein treues Bild der Kunst jener Zeit und Schule gar nicht zu gewinnen ist. Nach solchen Gesichtspunkten ist die reiche Sammlung mehrfarbiger Bildwerke des Kaiser Friedrich⸗Museums zusammengebracht. Unter den Neuerwerbungen dieser Abteilung ist eine bemalte, 22,5 cm hohe Knabenbüste bemerkenswert. Sie stammt aus dem Kreise des Antonio Rossellino, der manche Porträtbüste junger Florentiner gemeißelt hat. Derartige Knaben- bildnisse wurden oft mit einem Nimbus versehen und fanden dann als Christus⸗- oder Johannesfiguren in Familienkapellen Aufstellung. Meist wurden ältere Knaben dargestellt, die nicht mehr die kindlich⸗ weichen Formen aufweisen, wie sie unserem Knabenköpfchen eigen sind. Typisch ist die Andeutung der Haare fast nur durch die Farbe und das aufgemalte rote Korallenkettchen als Amulett gegen den bösen Blick, eine Sonderheit dagegen die Nacktheit des Kindes, da bei der Mehrzahl solcher Kinderbüsten ein Teil der Schultern und die Brust durch ein Stück Draperie bedeckt zu sein pflegt. Die ganze Arbeit ist durch schlichte Anmut und treuen Wirklichkeitssinn durchaus für das spätere Quattrocento charakteristisch. Das Cinquecento dagegen kennzeichnet eine andere Neuerwerbung: die Tonstatuette einer liegenden Frau, eine Aktstudie, die bei großzügiger Modellierung eingehendste Kenntnis des menschlichen Körpers verrät. Die Darstellung ist trotz eines starken Pathos, das sie über das Alltägliche erhebt, durchaus naturalistisch. Der Einfluß Leonardo da Vincis und Michelangelos macht sich bemerkbar; während man früber die Charakterisierung der Oberfläche betonte, legte man im Cinquecento hohen Wert auf die Darstellung der ruhenden und be- weaten Muskelgruppen, auf die genaue Wiedergabe der Gelenke, und wählte deshalb kontrastreiche Stellungen. Unsere Frauenstatue weist alle diese Eigentümlichkeiten auf. ie hat so unmittelbare Be⸗ ziehungen zu Michelangelos Aurora, daß man ihren Autor unter