1914 / 94 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 22 Apr 1914 18:00:01 GMT) scan diff

des Staatseisenbahnnetzes durch zweite, dritte und vierte Gleise wird auch in den nächsten Jahren die Hauptgruppe unserer Anforderungen in unserem Eisenbahnanleihegesetz bilden und bilden müssen, nicht bloß für den Westen der Monarchie, sondern auch für die Mitte und den Osten der preußischen Staatseisenbahnverwaltung.

Für den viergleisigen Ausbau der Strecke von Hamm nach Wunstorf werden nicht weniger als 37,5 Millionen Mark erbeten. Diejenigen Herren Abgeordneten, die Gelegenheit haben, die Strecke von Cöln nach Berlin oder von Berlin nach Cöln des öfteren zu befahren, werden sich durch den Augenschein davon haben überzeugen koͤnnen, mit welcher Energie der Ausbau dieser bedeutsamen Strecke gefördert wird. (Sehr richtig! und Bravo!)

Eine nicht minder bedeutsame Forderung befindet sich unter diesen Positionen, nämlich die Forderung für den drei⸗ und vier⸗ gleisigen Ausbau der Strecke von Buir nach Stolberg bei Aachen. Hier werden rund 25,7 Millionen Mark erbeten. Auch diese Forde⸗ rung ist nur eine Teilforderung. Die zweigleisige Hauptbahn von Cöln über Düren, Aachen nach Herbesthal ist die wichtigste Ver⸗ kehrsstraße von Nord⸗ und Mitteldeutschland nach Belgien und Nord⸗ frankreich. Diese Strecke ist heute schwer belastet, sodaß sich des öfteren Betriebsschwierigkeiten ergeben haben, die um so größer sind, als auf dieser Strecke eine große Zahl von internationalen Zügen, insbesondere von solchen, die vom überseeischen Verkehr abhängig sind, verkehren. Wir erwarten und wissen es, daß, wenn der drei⸗ und viergleisige Ausbau der ganzen Strecke erfolgt sein wird, wir von diesen Störungen auf deutscher Seite vollständig bewahrt sein werden.

Ebenso erheblich ist die Forderung für den drei⸗ und viergleisigen Ausbau der Strecke von Luckenwalde nach Jüterbog. Auch diese Anforderung ist nur eine Teilanforderung. Wir rechnen bestimmt damit, daß wir in kürzester Zeit genötigt sein werden, die ganze Strecke von Berlin bis Erfurt drei⸗ und viergleisig auszubauen (Bravo!), um den gewaltigen Verkehr nach und von Frankfurt und nach und von München angemessen bedienen zu könen.

Für sonstige Bauausführungen werden nur 10 Millionen er⸗ beten. Unter diesen 10 Millionen befinden sich zwei Millionen für den Grunderwerb für eine Linie von Scheune vor Stettin nach dem Rangierbahnhof Stettin. Diese Linie ist erforderlich, um den Hauptpersonenbahnhof Stettin zu entlasten. Ich bemerke gleich zur Vereinfachung der Diskussion, daß diese Anforderung in keiner Weise der sehr bedeutsamen und wichtigen Frage des Um⸗ oder Neubaus des Hautptbahnhofs Stettin präjudiziert, die zurzeit die öffentliche Meinung insbesondere in Stettin selbst und in Pommern lebhaft

beschäftigt. (Sehr gut! bei den Konservativen.)

An Mehrkosten für im Bau befindliche Bahnen müssen wir auch in diesem Jahre nicht unerhebliche Mittel nachfordern, teils für die eigentlichen Meliorationsbahnen, teils für andere Bauten. Es mag auffällig erscheinen, daß sich unter diesen Positionen für die Haupt⸗ bahnlinie Oberhausen⸗West Hohenbudberg eine Forderung von 8,3 Millionen Mark befindet. Diese hohe Summe soll ganz überwiegend Verwendung finden, um eine große Wohnungssiedlung in unmittel⸗ barer Nähe des großen Rangierbahnhofs Hohenbudberg, der völlig abgelegen ist, zu schaffen.

Der Kleinbahnunterstützungsfonds soll weiter um 6 ¼½ Millionen Mark erhöht werden. Ihm werden dann in Summa 134 Millionen zugeführt sein. Wir dürfen davon ausgehen, daß die in diesem Jahre erfolgende Verstärkung den Bedürfnissen Rechnung tragen wird.

Die Forderungen für Betriebsmittel sind, wie auch in den Vor⸗

jahren, sehr erheblich. Wir fordern durch das Anleihegesetz 173,2 Nillionen. Ich erinnere daran, daß das Ordinarium des Etats bereits 95 Millionen für Ersatz brachte, von welcher Summe freilich auch ein Teil auf Vermehrungen verrechnet werden kann. 3 ½ Millio⸗ nen hat Hessen aufzubringen. 6 794 000 entfallen auf die neuen Bahnen. In Summa werden im Jahre 1914, sobald die Bewilli⸗ gungen auf Grund des Anleihegesetzes erfolgt sein werden, nicht weniger als rund 278 % Millionen bewilligt sein und verausgabt werden. Wir erwarten und wissen es, daß, wenn diese Bewilligungen erfolgt sein werden, unser Betriebsmittelpark, der Wagenpark wie der Lokomotivpark, sich auf einem hohen Stand der Leistungsfähig⸗ keit befinden wird.

Als Speziale bringt das Eisenbahnanleihegesetz noch zwei Positio⸗ nen. Erstens den Erwerb der Cronberger Eisenbahn durch den Staat. Diese Bahn ist eine kleine Privatbahn, die sich inmitten der umfänglichen Staatsbahnanlagen bei Frankfurt a. M. befindet. Auf Grund älterer Verträge ist diese Privatbahn in der Lage, mit ihren Zügen, falls sie genügend besetzt sind, über die Staatsbahnlinie in den Hauptbahnhof Frankfurt einzufahren. Sie schließt überdies auf der Staatsbahnstation Rödelheim an die preußische Staatseisenbahn un⸗ mittelbar an. Diese Eisenbahnstation mußte erweitert, den modernen Anforderungen und dem Verkehr entsprechend ausgestaltet werden. Die Anforderungen, die wir aus diesem Anlaß an die Privatbahn, die den Bahnhof mit benutzt, stellen mußten, waren geradezu vernichtend. Aus dem Mitbetrieb ergaben sich sehr empfindliche Unbequemlich⸗ keiten. Es erschien aus diesen Gründen angezeigt, die Privatbahn zu erwerben. Das ist zu einem Preise geschehen, der nach Auffassung der Staatsregierung die Interessen des Fiskus in jeder Weise sichert. Ferner ist in das Anleihegesetz eine Einnahme von 23 Millionen für den Verkauf der Wilhelmshaven—Oldenburger Bahn eingestellt. An dieser Bahn hat der preußische Staat nur das Eigentumsrecht. Er hat mit der Verwaltung und dem Betriebe nichts zu tun; er hat keinen Einfluß auf die Gestaltung des Fahrplans und die Höhe der Tarife; er bezieht von Oldenburg für die Ueberlassung des Betriebes

und der Verwaltung eine Entschädigung, eine Pacht, die mit den kilo⸗ metrischen Einnahmen steigt. Dieser Vertrag, der aus den 60er

Jahren stammt, hat sich für den oldenburgischen Staat im Laufe der Jahre als sehr ungünstig und belastend erwiesen. Die Linie erfordert, obwohl sie sehr im Verkehr zugenommen hat und einen sehr erheb⸗ lichen Betrieb führt, auf Grund dieses für Oldenburg lästigen Ver⸗ trages dauernd beträchtliche Betriebszuschüsse vonseiten Oldenburgs. Als die preußische Staatseisenbahnverwaltung mit der Großherzog⸗ lichen Regierung in Verhandlung über den Bau einer den preußischen Interessen entsprechenden Linie von Aurich nach Sande trat, machte Oldenburg den Wunsch geltend, bei dieser Gelegenheit die Eigen⸗ tumsverhältnisse auf der Oldenburg—Wilhelmshavener Bahn zu regeln, ein Wunsch, der nach Lage der Sache nur berechtigt erscheinen konnte. Der Kaufpreis, der stipuliert ist, erscheint nach klarer Ab⸗ schätzung aller Verhältnisse angemessen and stellt die preußischen Interessen sicher. 1

Ich empfehle, das Gesetz, wie alljährlich, im Kreise der Kom⸗ mission einer wohlwollenden Prüfung zu unterziehen, und ich boffe, daß das hobe Haus demnächst in der Lage sein wird, dem Gesetz seine Zustimmung zu geben. (Bravo!)

Abg. von Quast S⸗ Ich glaube nicht, daß die Anforde⸗ rungen für den Bau von Bahnen geringer werden; im Gegenteil, die Wünsche nach Eisenbahnen werden immer größer. In den Forde⸗ rungen für den Bau von Bahnen war in den letzten Jahren leider ein Stillstand eingetreten. Der Redner bespricht dann im einzelnen die zu bauenden Bahnlinien und bemerkt insbesondere, daß die Grund⸗ erwerbskosten vielfach zu hoch seien. Es sei erfreulich, daß bisher so erhebliche Summen für den Bau von Bahnen hätten ausgegeben wer⸗ den können. 8 Abg. Wallenborn (Gentr.): Auch in diesem Jahre ist das Eisenbahnanleihegesetz ziemlich reich ausgestattet. Wenn auch manche Wünsche nicht erfüllt worden sind, so ist doch der Bau von Meliora⸗ tionsbahnen gegenüber den teuren Hauptbahnen nicht vernachlässigt worden. Ich bitte den Minister, auf diesem Wege fortzufahren. Es ist erfreulich, daß der Osten und der Westen gleichmäßig berücksichtigt wor⸗ den sind. (Redner bringt eine Reihe von Spezialwünschen vor.) Der Ausbau des Bahnhofes Holzheim, besonders des Güterbahnhofes, würde den Bahnhof eblich entlasten. Bezüglich der Nebenbahner wird durchweg die estellung des Grunderwerbs durch die Beteiligten

gefordert. Diese Forderung muß ermäßigt werden und einheitliche Grundsätze müssen dafür aufgestellt werden. Es ist erfreulich, daß endlich die Linien Derschlag Eckenhagen, Wipperfürth— Bergisch Gladbach und Adenau—Rengen in der Vorlage stehen. Aber der von diesen Kreisen geforderte Zuschuß zum Grunderwerb muß als unerschwinglich bezeichnet werden. Es ist zu prüfen, ob nicht an manchen Stellen statt dritter und vierter Gleise besser neue Bahnen gebaut werden. Auf diese Weise könnten manche Gegenden erschlossen werden. Bei der Linie von Bingen bis zur Unterahr handelt es sich um die Ein⸗ lösung eines alten Versprechens der rheinischen Eisenbahngesellschaft. Auf der Eifelbahn Cöln— Trier müssen wieder Eilzüge eingelegt wer⸗ den, ebenso wie eine Regelung und Verbesserung des Verkehrs auf der Ahrtalbahn erwünscht ist.

Abg. Macco (nl.): Ein Rückblick auf die bisherigen Eisen⸗ bahnanleihegesetze und ein Vergleich mit der heutigen Vorlage ergibt hinsichtlich des Neubaues von Haupt⸗ und Nebenbahnen, daß die Ge⸗ samtkilometerlänge der in den einzelnen Gesetzen vorgeschlagenen, be⸗ ziehungsweise beschlossenen Bahnbauten zurückgegangen ist, während leichzeitig die Ausgaben für diese Längen sich gesteigert haben. Zum Teil liegt das daran, daß der Bau von Hauptbahnen gegen früher wesentlich höhere Kosten verursacht. Ueber die Einzelvorschläge des Entwurfs für neue Haupt⸗ und Nebeneisenbahnen werden wir uns in der Kommission näher zu unterhalten haben. Es sollen ferner für 15 Bahnstrecken zweite Gleise, für 16 dritte und weitere Gleise gebaut werden, eine immerhin sehr bedeutende Vermehrung, welche für den ernsten Willen der Eisenbahnverwaltung spricht, die Leistungs⸗ fähigkeit unseres Eisenbahnnetzes möglichst auszugestalten. Auch für diese Neuanlagen sollte uns übrigens die Verwaltung genaueres Kartenmaterial zugänglich machen. Unter den „besonderen Bau⸗ ausführungen“ finden wir den Ausbau der Nebenbahn Schneidemühl Neustettin zur Hauptbahn. Die Entwicklung wird uns vielfach zu solchem Ausbau zwingen, wobei allerdings manche Schwierigkeiten zu überwinden sein werden. Es werden ferner unter dieser Rubrik fast 25 Millionen zur Deckung von Mehrkosten für bereits genehmigte Bahnausführungen gefordert. Dieser Umstand legt die Erwägung nahe, ob es nicht zweckmäßig erschiene, die ersten Projekte nicht ängstlich an das Anereteseibigfir zu halten, sondern sie so weit⸗ sichtig aufzustellen, daß sie dem wirklichen Bedürfnisse entsprechen. Die Scheu vor höheren Forderungen muß zurückgedrängt werden. In den letzten Jahren sind in unserer Eisenbahnverwaltung Leistungen zutage getreten, die alle Fachleute in Erstaunen setzen müssen. Ich habe Gelegenheit gehabt und mir die Zeit genommen, diese Ent⸗ wicklung auf einer Reise zu beobachten. Man kann mit Stolz sagen, daß die baulichen Leistungen unserer preußischen Staatsbahnen erster Klasse sind und daß sie die Bewunderung nicht nur unserer Landsleute, sondern auch anderer Nationen mit Recht hervorrufen. Ich erinnere an den Umbau der Bahnhöfe in Cöln und an anderen Orten, die davon Zeugnis ablegen, daß die Bau⸗ leitung mit ihren Leistungen ein volles Maß der Anerkennung auch von dieser Stelle aus verdient. Es ist mir als Fachmann ein be⸗ sonderes Vergnügen, dies vor dem Lande auszusprechen. Die Forde⸗ rungen im Anleihegesetz sind sehr bedeutend. Sie werden aber auch noch weitere bedeutende Ausgaben im Gefolge haben, die unzweifelhaft noch bewilligt werden müssen. Wenn man diese zu den Ausgaben in diesem Gesetze zurechnet, so mögen ungefähr zweidrittel Milliarden dabei herauskommen. Man kann ja verschiedener Meinung sein, ob es zweckmäßig ist, auch die späteren Ausgaben gleich mit in das Anleihegesetz aufzunehmen. Man kann ja einwenden, daß wir im Augenblick noch nicht in der Lage sind, die Höhe der betreffenden Positionen zu beziffern. Jedenfalls werden wir damit rechnen müssen, daß wir in den nächsten Jahren zu größeren Beträgen kommen. Aengstliche Gemüter könnten ja die Befürchtung haben, daß die steigenden Eisenbahnausgaben eine Höhe erreichen könnten, die für das Finanzwesen und für unsere wirtschaftlichen Verhältnisse bedenklich ist. Sehr häufig wird durch die Redensart von den werbenden und nichtwerbenden Anlagen diese Sorge noch vermehrt. Ob die Ausgaben für die Nebenbahnen zu den werbenden gehören oder nicht, braucht uns um so weniger aufzuregen, als eine Trennung der Posten für Nebenbahnen und Haupthahnen nicht vorhanden ist. Man muß auch berücksichtigen, daß die Nebenbahnen zwar geringere Einnahmen bringen als die Hauptbahnen, daß sie aber auch geringere Anlagekosten verursachen und wesentlich geringere Betriebskosten. Die Nebenbahnen kommen schließlich der Allgemeinheit zugute. Auch die Bahnhofsanlagen sind im allgemeinen als werbende Anlagen an⸗ zusehen, weil dadurch die Leistungsfähigkeit der Bahnen erhöht, der Betrieb gesteigert und damit verbilligt und rentabel gemacht wird. Trotzdem die Staatsbahnen nicht, wie die Privatindustrie, eine Kon⸗ kurrenz haben, sind sie doch ihren Aufgaben im weitesten Umfange gerecht geworden. Trotzdem möchte ich den Minister darauf hinweisen, daß eine noch stärkere Berücksichtigung der wirtschaftlichen Notwendig⸗ keiten am Platze ist, als es früher der Fall war. Zu begrüßen ist es, daß ein größerer Betrag für ausgeschiedene Bahnhöfe in den Entwurf eingestellt ist Die Vorgänge in Amerika zeigen, daß es rationeller ist, nicht mehr moderne Bahnhöfe auszuscheiden. Redner bittet dann noch den Minister, den Westerwald mit Bahnlinien mehr auszu⸗ statten, und schließt mit dem Ausdruck der Zuversicht, daß unser Bahn⸗ netz dank der Wirksamkeit des Ministers dem wirtschaftlichen Leben entsprechend noch weiter ausgestaltet werde.

Abg. Dr. von Woyna (freikons.): Zu Anfang seiner Aus⸗ führungen hat der Minister hervorgehoben, daß auch diese Vorlage von dem Grundsatze beherrscht sei, die Eisenbahnverwaltung wünsche den Anforderungen des Verkehrs in allen Fällen zu folgen. Ich kann nicht behaupten, daß bei den Eisenbahnanleihegesetzen in der Regel dieser Grundsatz Geltung findet, vielmehr gilt objektiv der Grund⸗ satz, daß dem, der viel hat, noch viel gegeben wird. Auch die gegenwärtige Vorlage begünstigt eine Reihe von Landesteilen mit neuen Anlagen, die an sich schon durch die bisherige Verkehrs⸗ entwicklung vor anderen bevorzugt sind. Diese Landesteile sind natürlich sehr glücklich darüber. Auch wir in der Provinz Hannover sind sehr glücklich darüber, daß endlich die Linie von Hannover nach Celle ausgebaut werden soll, nicht nur als Nebenbahn, sondern als Vollbahn. Man sieht, wie die Entwicklung selbst dazu gedrängt hat, solche Landesteile, in denen schon hohe wirtschaftliche Zustände herrschen, ohne weiteres mit Vollbahnen zu versehen. Es gibt aber doch noch eine Reihe von Landesteilen, in denen ohne diese von Natur besonders günstigen Verhältnisse die Eisenbahnverwaltung programmatisch ein⸗ setzen müßte. Solche Gegenden sind in unserem Vaterlande noch in sehr großer Zahl vorhanden. Wir haben in der Eifel noch Gegenden, in denen bis zu 20 Kilometer zurückgelegt werden müssen, ehe man eine Eisenbahn erreichen kann. Solche Gegenden muß die Eisenbahn⸗

derwaltung aufsuchen. Einige Parteien dieses Hauses haben ja nicht weniger s 300 Millionen Rark für Zwecke der inneren gefordert In sachverständigen Kreisen ist man sich darüber einig, daß man innere Kolonisation nur treiben kann, wenn das Eisenbahnnetz in der nötigen Weise ausgebaut wird. In den ärmeren Gegenden ist die Bevölkerung nicht imstande, aus sich heraus die Mittel für die innere Kolonisation und Beiträge für die Eisenbahnen aufzubringen. Man darf die vernachlässigten Landesteile nicht nur auf Kleinbahnen verweisen. Gewiß müssen auch starke Nebenbahnen gebaut werden, und zwar ohne Rücksicht auf die Rentabilität. Durch den Ausbau weiterer Gleise auf der Strecke Hamm i⸗ W. Wunstorf wird eine Gegend mit 37 Millionen Mark bedacht, die ohnedies schon wirtschaftlich sehr begünstigt worden ist. Ich bin ein warmer Freund guter Beziehungen zwischen der oldenburgischen und der preußischen Fisenbahnverwaltung. Die Verkehrsentwicklung in Oldenburg bene eng zusammen mit der in der Provinz Hannover; Ostfriesland 85 ab⸗ solut abhängig von der oldenburgischen Eisenbahnpolitik. Es ist gelungen, von Jahr zu Jahr diese Verhältnisse immer reundlicher zu gestalten. Der Vertrag, betreffend den Uebergang der Wilhelmshaven⸗ Oldenburger Eisenbahn in das Eigentum des oldenburgischen Staates, bietet auch die sichere Aussicht, daß für die Folgezeit den preußischen Eisenbahnwünschen von oldenburgischer Seite genügend entgegen⸗ ekommen werden wird. Hierher gehört auch die Erwägung über den

au einer Bahn von Aurich nach Sande, zu der die oldenburgische Regierung im Vertrag ihre prinzipielle Zustimmung gibt. Ich habe die Gewißheit, daß die Verhältnisse zwischen Oldenburg und Preußen auf dem Gebiete des Eisenbahnwesens solche sind, wie sie im Interesse des Verkehrs in Deutschland überhaupt vorbildlich sind. Die ganze Entwicklung zeigt ja, daß wir auf dem Gebiete des Eisenbahn⸗ wesens nicht stehen geblieben sind, daß wir uns im Gegenteil zu einer Vervollkommnung erhoben haben, wie sie kein Land der Welt aufweist. Wir stehen in den Augen des Auslandes vielleicht auf keinem Gebiete so hoch da wie auf diesem. Ich moöchte wünschen, daß die Eisenbahn⸗ verwaltung noch mehr der Konjunktur in unserem Wirtschaftsleben Rechnung trägt. Wir haben einen Baumarkt, der sehr darniederliegt, wie das seit Jahren in Deutschland nicht erlebt worden ist. Würde jetzt eine Reihe von Hochbauten inauguriert werden, so würde die Regierung wesentlich zur Besserung der Konjunktur beitragen. Ich bitte daher, daß die Eisenbahnverwaltung in der Frage der Hochbauten eine Beschleunigung eintreten läßt.

Abg. Münsterberg (fortschr. Volksp.): Ich stimme dem Vor⸗ redner darin bei, daß der preußische Staat durch seine Aufträge von größter Bedeutung für das Wirtschaftsleben sein kann. Die Entwick⸗ lung unserer Nebenbahnen ist außerordentlich erfreulich. Ich habe den Wunsch, daß die Vorlage die an vielen Stellen des preußischen Staates sehr fühlbar vorhandenen Lücken ausfüllen möge, wodurch leichzeitig die Leistungsfähigkeit des ganzen Bahnnetzes erhöht wird. In Thorn ist der Verkehr in den letzten Jahren außerordentlich ge⸗

bachsen. Trotzdem hat Thorn noch sehr mangelhafte Eisenbahnver⸗ ältnisse.

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Es ist ja hier seit Jahr und Tag zugesagt worden, daß serung eintreten solle, aber noch ist nichts geschehen.

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Ich möchte den Wunsch aussprechen, daß mit der Umgestaltung der bisherigen erhältnisfe in absehbarer Zeit Ernst gemacht werde. Gern gesehen tte ich, wenn eine Linie von Wolffhagen oder Freienhagen nach Ferner sind uns in

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Sachsenhausen in der Vorlage enthalten wäre.

den letzten Tagen dringende Petitionen um Ausbau der Rügenschen

Allerdings scheinen Differenzen

Kleinbahn zur Vollbahn zugegangen. i Differe Der Kreistag

darüber bei den Einwohnern Rügens zu herrschen.

wollte erst keinen Pfennig mehr für die Kleinbahn hergeben, weil sie

gänzlich veraltet und leistungsunfähig sei, hat sich dann aber doch

anders besonnen und wieder 84 000 für die Verbesserung der Klein⸗

bahn bewilligt. Die Bäder an der Ostküste Rügens haben an Verkehr

verloren, weil die großen Stettiner Dampfer sie nur noch vorüber⸗

gehend berühren und nach Bornholm weiterfahren. Außerdem ist durch den Fährbetrieb Saßnitz— Trelleborg der Verkehr von Rügen zum großen Teil nach Schweden hinübergezogen. Die Bäder, wie z. B.

öhren und Sellin, haben in der Hoffnung auf wachsenden Verkehr große Ausgaben gemacht, müssen aber jetzt ansehen, wie der Verkehr

urückgeht, sie suchen nun nach Mitteln, um der Abwanderung des 8 Verkehrs Einhalt zu tun; sie wünschen, daß die Kleinbahn in eine

Vollbahn umgewandelt wird, um ebenso wie Saßnitz direkten D⸗Zug⸗ verkehr von Berlin zu haben. Die in der Vorlage enthaltene neue

Hauptbahnlinie von Altona nach Neumünster umgeht den Hauptbahn⸗

Hof in Altona, und darüber ist man dort nicht sehr erfreut. Diese neue e soll den Verkehr nach Dänemark verbessern, indem sie ihn über die el Fehmamn leitet. Dieser Gedanke klingt im ersten Augenblick plausibel, er schafft eine direkte Linie von Hamburg über Fehmarn ch Kopenhagen. Aber bei näherem Zusehen kommt man zu der Ueber⸗ ung, daß die Vorteile dieser Linie nicht unbestritten sind. Wir 8 Vertreter Preußens haben nicht nur darauf gesehen, neue Eisen⸗ ahnlinien zu schaffen, sondern auch das historisch Gewordene schonend zu behandeln. Die seit langem bestehende Linie von Hamburg nach Kopenhagen über Kiel Korsor hat den Verkehr nach Dänemark ganz gewaltig gefördert, und es erheben sich lebhafte Proteste in Schleswig⸗ Holstein gegen den neuen Plan, weil Kiel dadurch geschädigt wird, und

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diese Befürchtung ist begründet, denn die alteingeführte Linie wird

einfach aus dem Verkehr ausgeschaltet werden. Ich bitte deshalb die Regierung, lieber den Verkehr über Kiel Korsör zu beschleunigen. Ueber die Entwicklung des Kleinbahnwesens sind uns erst gestern zwei dicke Denkschriften zugegangen, der erste Eindruck daraus ist, daß wir mit der Schaffung der Kleinbahnen einen ganz bedeutenden Fortschritt gemacht haben, der der ganzen Volkswirtschaft Preußens dienlich ist und auf den wir stolz sein können. . Abg. Dr. Wolff⸗Gorki (konsz): De „⅛ Millionen Mark für den Bau neuer Kleinba er Gesamtsumme, die die Vorlage fordert. . von Wovna kann ich nur unterschreiben.

r Gesamtbetrag von hnen ist relativ gering

Die Ausführungen des NM⸗. 2 2 Wenn manche Ge⸗

in d inden leistungsschwach sind, so rührt das daher, daß sie zu hohe 9 ho f 8 e e: . 3,. und andere Abgaben zahlen müssen und infolgedessen nicht das

nein rreis⸗ Geld besitzen, um größere Zuschüsse für den Bau von Kleinbahnen isten zu können. In diesem Falle muß der Staat eintreten, selbst

1 enn die Zuschüsse über das sonst übliche Maß hinausgehen. In vielen Kreisen erscheint es notwendig, die vorhandenen Kleinbahnen in staat⸗ iche Nebenbahnen umzuwandeln. Das hat allerdings gewisse Schwierig⸗ keiten, weil viele Kreise und Gemeinden den finanziellen Anforderungen

nicht gewachsen sind. Bei genügendem Entgegenkommen durch den Staat werden sich diese Schwierigkeiten aber überwinden lassen. Die Nebenbahnen sind für die Kreise von ganz anderer Bedeutung, als die Kleinbahnen. Wenn der Betrag zum Bau neuer Kleinbahnen auch nur 6 ¼ Millionen Mark beträgt, so ist das kein allzu großer Fehler, wenn auf die Verkehrsverhältnisse genügend Rücksicht genommen wird. Wenn daneben genügend Nebenbahnen vorhanden sind, so kann man den Ver⸗

kehrsverhältnissen vollkommen gerecht werden. 8

Abg. Graf Moltke (freikons.): Wenn im Kleinbahnwesen Fehler gemacht worden sind, so trifft dafür die Schuld nicht die Regierung allein. Ich möchte mich aber heute besonders beschäftigen mit einem Wirtschaftsgebiet, das mir besonders nahe steht, mit den Elbherzogtümern und mit der Frage der Herstellung einer besseren Eisenbahnverbindung nach Norden, speziell nach Skandinavien. Die Regierung hat in Ausführung dieses Wunsches nur einen anscheinend kleinen Bruchteil des Projektes vorgelegt, nämlich das Projekt Altona Neumünster. In der Begründung wird ja schon darauf hingewiesen, daß die drei Schnellzugslinien von Altona nach Tondern, Vamdrup und Kiel zwischen Altona und Elmshorn eine gemeinsame zweigleisige Strecke benutzen müssen und daß bei der starken Belastung der Strecke Altona Elmsborn eine zweckmäßige Fahrplangestaltung schwierig ist. Da der Verkehr ständig wächst, so muß in der Tat eine Entlastung der Strecke herbeigeführt werden. Die Verhältnisse können absolut nicht so weiter gehen. Besonders an Feiertagen ist der Verkehr schwer zu bewältigen, und es entsteht Zeitversäumnis. Aus der Begründung ist also zu ersehen, daß hier notwendig Wandel geschaffen werden muß. Ob aber diese Linie allein genügt, und ob nicht andere Linien nach dem Norden ausgeführt werden müssen, ist eine andere Frage. Es ist klar, welche Bedeutung nicht nur für unser ganzes Verkehrsleben, sondern auch für unsere ganze Entwicklung, auch für das politische Leben, ein

verbesserter Verkehr nach dem Norden hat. Eine Verbesserung unserer Beiehungen zu Skandinavien, namentlich zu Dänemark, ist in der de nicht nur eine Verkehrs⸗, sondern auch eine politische Forderung. h man nun die Fehmarnlinie ausbauen oder einen anderen Sehlen soll, daruber läßt sich sehr schwer ein Urteil abgeben, wei wir bestimmte Zahlen mit Sicherheit nicht angeben konnen. Eine sfere Verbindung nach dem Norden liegt auch im Interesse von Süd⸗ veutschland, vor allem aber von Hamburg und Lübeck. Es wäre zu er⸗ wägen, ob diese nicht eine Garantie für eine solche Nordverbindung m ubernehmen hätten. Auch die Handelskammern befürworten eine bessere Ausgestaltung des gesamten nordischen Verkehrs. Ein weiterer Porteil liegt bei dem Ausbau der Fehmarnlinie in der Entlastung des Hauptbahnhofs in Altona. Ein Teil der Süge wird dann auf die neue Linie übergeführt werden können. Es gibt aber auch große Be⸗ denken gegen dieses Projekt, Elmshorn und das ganze westliche Holstein boben Bedenken. Den großen Vorteilen, die auf der einen Seite stehen, liegen also große Schädigungen auf der anderen Seite, gegen⸗ über, denn das westliche Holstein wird durch dieses Projekt vollständig umgangen. Es ist nicht zu bezweifeln, daß unsere Verkehrsbeziehungen nach dem Norden großer Verbesserungen bedürfen, aber diese Verbesse⸗ nungen dürfen nicht erkauft werden mit ich will nicht gerade sagen: Verschlechterungen aber doch Bekümmernissen und Sorgen auf der Seite.

Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:

Meine Herren! Die eingehenden Ausführungen des Herrn Abg. Grafen Moltke über die Erbauung einer neuen Hauptbahn Altona Neumünster geben mir zu einer kurzen Erwiderung Anlaß. Ich scheide die von dem Herrn Vorredner erörterte Frage des Fehmarnprojektes und der Konkurrenz dieses Projektes gegen das Projekt Altona Neumünster mit seinen Weiterwirkungen nach Dänemark völlig aus.

Ich möchte jedoch kurz die Frage streifen, ob es zweckmäßiger ist, eine drei⸗ und viergleisige Bahn zu bauen oder zwei zweigleisige Hauptbahnen. Schon bei der Erörterung des Etats habe ich mich über diese Frage verbreitet, und sie ist durchaus aktuell im ganzen Gebiete der preußischen Staatseisenbahnverwaltung wie auch der Reichseisenbahnverwaltung, die mir bekanntlich untersteht. Es kann gar kein Zweifel darüber bestehen, wenn die Bedürfnisse des zu⸗ nehmenden Verkehrs uns zwingen, eine zweigleisige Bahn auszu⸗ bauen, daß der Ausbau einer drei⸗ und viergleisigen Bahn das höchste Maß von Leistungsfähigkeit gewährt, daß die Leistungsfähigkeit einer drei⸗ und viergleisigen Bahn diejenige zweier zweigleisigen Hauptbahnen ganz erheblich übertrifft. Man würde sich also grundsätzlich auf den Standpunkt stellen, den auch Herr Graf Moltke vertrat, daß es nütz⸗ lich ist, und zwar mit Rücksicht auf das Zukunftsinteresse, drei⸗ und viergleisige Bahnen zu bauen.

Und doch gibt es gewisse Verhältnisse und Umstände, die uns

reranlassen, statt eines dritten und vierten Gleises eine neue zwei⸗

gleisige Hauptbahn zu bauen. Solche Verhältnisse liegen in ver⸗ schiedenen Gebieten der preußischen Staatseisenbahnverwaltung vor. Sie sind z. B. ganz aktuell auf der Ruhrsiegbahn, wo die örtlichen Ver⸗ bältnise uns zwingen, statt der von uns gewünschten dritten und errten Gleise streckenweise eine zweigleisige Hauptbahn zu bauen. Es onnen aber andere Momente sein, Verkehrsmomente, die so stark im Vordergrund stehen, daß wir die Betriebsgründe zurückdrängen und eine neue zweigleisige Hauptbahn bauen müssen. Solche Verhältnisse liegen in dem Falle Altona Neumünster vor.

Ich gebe zu, daß die Frage der Erbauung einer neuen zweigleisigen Hauptbahn Altona Neumünster, die, wie mir die Herren Abgeordneten aus Schleswig⸗Holstein bestätigen werden, durchaus nicht neu ist, son⸗ dern schon seit einer ganzen Reihe von Jahren angeregt und erwogen wird, einen erneuten Anstoß durch den Wunsch und die Notwendigkeit bekommen hat, unsere Verkehrsbeziehungen mit Dänemark, und zwar, wie ich ausspreche, wesentlich und durchgreifend zu verbessern.

Aber dieses allein könnte die Aufwendung eines so hohen Betrages, wie er für den Bau der Bahn Altona— Neumünster erforderlich sein wird es sind 18,8 Millionen mit Grunderwerb —, nicht rechtfertigen. Wenn wir trotzdem diese Vorlage gebracht haben, so ist es geschehen, weil wir einmal unter allen Umständen damit rechnen mußten, Altona Elmshorn viergleisig auszubauen, falls wir nicht eine Entlastungslinie schufen, und für diesen Zweck etwa 9 bis 10 Millionen aufzuwenden, und weil wir den dringenden Wunsch hatten, der Provinz Schleswig⸗ Holstein nördlich der Linie Altona Neumünster—Kiel eine abgekürzte Verbindung nach dem Zentrum des Verkehrs, Altona Hamburg, zu schaffen. Dieser letztere Gesichtspunkt stand scharf im Vordergrund, und er lag um so näher, als wir genötigt gewesen sind, die Umgehung bei Rendsburg zu bauen, um über den Kaiser⸗Wilhelmkanal hinweg⸗ zukommen, und dadurch der ganzen Provinz eine Last aufzulegen, die sich in einer Erhöhung der Personen⸗⸗und Gütertarife ausdrücke. Wir haben diese Last, wie erinnerlich sein wird, dadurch zu mildern gesucht, daß wir die Tarife abgestaffelt haben.

Also diese beiden Momente, meine Herren, müssen voll gewür⸗ digt werden: einmal die Notwendigkeit, unter allen Umständen vier⸗ gleisig bis Elmshorn zu bauen, falls wir nicht eine Entlastung schaffen, und zweitens der dringende Wunsch, die Provinz Schleswig⸗ Holstein, die durch die Gestaltung des nördlichen Eisenbahnnetzes nicht voll befriedigt ist, zu begünstigen. Ich meine, wenn man diese beiden Gesichtspunkte gelten läßt, dann kommt man vielleicht über die Bedenken des Herrn Grafen Moltke hinweg, und man kann über diese Bedenken um so leichter hinwegkommen, als wir die ausge⸗ prochene Absicht haben, die Interessen der Städte, die an der alten Linie Altona— Elmshorn— Neumünster liegen, nach Möglichkeit zu schützen und zu wahren. Insonderheit wird die Stadt Elmshorn dadurch, daß wir durch die Entlastung der Linie Altona —Elmshorn in die Lage versetzt sind und sein werden, einen viel regeren Vorort⸗ betrieb zwischen Hamburg —-Altona und Elmshorn einzuführen, zweifellos ganz wesentlich gefördert werden. Dann werden wir von 58 alten Linie in erster Linie nur die Züge hinwegnehmen, die von Altona nach Neumünster durchfahren, an denen also die Zwischen⸗ werden solche Züge wegnehmen, wo der eine Zug dem andern in kurzer Zeitfolge folgt. Die neue Linie wird ferner außerordentlich nutz⸗ bringend dadurch, daß wir den ganzen durchgehenden Güterverkehr nach Norden über die neue Linie führen können. Die Linie hat aber um deshalb einen weiteren sehr erheblichen Wert, weil sie den Stütz⸗ punkt für die Erbauung einer neuen Eisenbahn in das östliche Hol⸗ stein hinein über Seegeberg nach Eutin hin bildet, ein Wunsch, der auch Jahrzehnte alt ist, der bisher aber nicht hat erfüllt werden können, beil die Kosten zu hoch waren, um das Projekt zu rechtfertigen. Jetzt, wo wir in der Lage sind, etwa auf der Mitte der Linie Altona Neumünster von der Hauptbahn abzuzweigen, wird das Nebenbahn⸗ projekt sich ganz von selber naturgmäß in kürzester Zeit entwickeln.

Meine Herren, das sind alles recht bedeutsame Momente, die ganz unabhängig von der Frage der Förderung des Verkehrs zwischen Deutschland und Dänemark voll gewertet werden müssen.

Ich möchte daran anschließend noch auf einige Fragen eingehen, die die Herren Vorredner behandelt haben.

Der Herr Abg. Wolff⸗Gorki bemängelte die Geringfügigkeit des Betrages, den wir im Jahre 1914 dem Kleinbahnunterstützungs⸗ fonds zuführen wollen. Es sind 6,5 Millionen. Nach unseren Fest⸗ stellungen und Berechnungen werden sie voll genügen, zumal noch kleine Reserven aus dem Vorjahre vorhanden sind, um das Unter⸗ stützungsbedürfnis zu befriedigen.

Der Herr Abg. Wolff⸗Gorki war mit der Entwicklung des Kleinbahnwesens in Preußen nicht zufrieden und gab der Meinung Ausdruck, daß die vorhandenen Kleinbahnen geradezu Hemmnisse und Hemmungen für die Entwicklung des staatlichen Nebenbahnnetzes bilden. Meine Herren, ich bitte Sie, sich daran erinnern zu wollen, daß, als vor 22 Jahren das Kleinbahngesetz geschaffen wurde, nicht bloß bei der Regierung, sondern auch in diesem Hause die Meinung bestand, der staatliche Nebenbahnbau würde in der Tat durch die er⸗ leichterte Möglichkeit, Kleinbahnen, also Bahnen, die ganz über⸗ wiegend dem rein örtlichen Bedürfnis dienen sollen, zu bauen, erheblich eingeschränkt werden können. In etwas hat sich diese Erwartung erfüllt, aber durchaus nicht ganz. Im Gegenteil; die ehemaligen Sekundärbahngesetze aus den 90 er Jahren und den ersten zehn Jahren dieses Jahrhunderts ergeben, daß der staat⸗ liche Nebenbahnbau tatsächlich kaum aufgehalten worden ist. Das schließt nicht aus, daß der Kleinbahnbau im ganzen Lande mächtig fortge⸗ schritten ist. Nun bin ich doch der Meinung, daß, wenn der Staat in den 22 Jahren für den Bau von Kleinbahnen 134 Millionen zur Verfügung gestellt hat, er all denen gegenüber, die am Kleinbahnbau Interesse haben, in hohem Maße seine Pflicht erfüllt hat. Es ist ja richtig, daß eine Reihe dieser Kleinbahnen in ihren Beträgen zu wünschen übrig läßt und einer Anzahl von Kommunalverbänden schwere Lasten und Sorgen bereitet. Aber, meine Herren, ich bitte doch festzustellen das hat Herr Abg. Dr. Wolff⸗Gorki auch ohne veiteres bestätigt —, daß die Staatsregierung jederzeit bereit ge⸗ wesen ist, helfend einzugreifen, wenn notleidende Kleinbahnen vor⸗ handen waren, insbesondere dann, wenn sie in Händen von Kommunal⸗ verbänden, von Kreisen liegen. Herr Abg. Dr. Wolff⸗Gorki hat sich ja gerade auf den Wirsitzer Fall berufen, der mich in den letzten Jahren beschäftigt dat. Da hat der Staat un die Provinz ganz erheblich eingegriffen, und die Verhältnisse des Kreises, in dessen Be⸗ sitz die Kleinbahnen sind, doch wesentlich erleichtert. Wenn ein Klein⸗ bahnunternehmen notleidend wird, die Konsequenz ziehen zu wollen, es nunmehr in ist, meine

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d re 8 i Besitz des ates überzuführen, das Herren, eine Frage von ganz eminent wesentlicher und grundsätz⸗ licher Bedeutung. Ich darf es aussprechen, daß die Staatsregierung

r Uebernahme von Kleinbahnen in Staatsbesitz auch dann, wenn sie notleidend sind, durchaus abgeneigt ist. Ich will es nicht unter allen Umständen ablehnen, daß ein solches Unternehmen erworben wird; aber ich bitte, sich zu vergegenwärtigen, daß, wenn wir an einer Stelle damit anfangen, wir in allen Provinzen des preußischen Staates gezwungen sein werden, notleidende Kleinbahnen mit un⸗ gewoöhnlichen Konsequenzen für den Staat und sein finanzielles Interesse zu übernehmen. Ich meine, dann ist es doch richtiger, wenn der Staat großherzig und weitsichtig eingreift und notleidende Unternehmungen unterstützt, wie es soeben im Wirsitzer Kreise ge⸗ schehen ist, und wie es auch, wie ich Herrn Abg. Münsterberg be⸗ merken darf, im Kreise Rügen geschehen ist. Herr Abg. Münsterberg befindet sich in einem Irrtum, wenn er annimmt, daß die Frage der Rügener Kleinbahnen, die mich in den letzten Jahren mehrfach be⸗ schäftigt hat, noch ungeregelt ist. Diese Frage ist geregelt worden. Staat und Provinz und schließlich auch der Kreis, der zunächst wider⸗ strebte, haben ein Einverständnis erzielt, und ich darf feststellen, daß der Staat auch hier wieder in hervorragendem Maße beteiligt wurde.

Herr Abg. Dr. von Woyna hat gemeint, daß die Vorlage zwa viel bringe, daß sie aber nach dem Grundsatz, daß dem, der vi hat, viel gegeben wird, doch nur eine Begünstigung bestimmter Lo teile bedeute. Er hat freilich gleich hinzugefügt, was mich erfreute, daß die Provinz Hannover bei dieser Gelegenheit nicht schlech fahren ist. Aber er hat etwas anderes im Auge. Er meinte, da Staatseisenbahnverwaltung im weiteren Maße verpflichtet sei, im Interesse der inneren Kolonisation zu wirken, und er hat ja einen An⸗ trag angekündigt, der darauf hinauslaufen soll, der Staatseisenbahn⸗ verwaltung einen Dispositionsfonds zum Bau solcher Meliorations⸗ bahnen, die dem Zwecke der inneren Kolonisation dienen, zur Ver⸗ fügung zu stellen. Ich kann davon absehen, mich zu dieser Frage zu äußern, da der Antrag noch nicht vorliegt; aber ich möchte doch feststellen, daß jedes Eisenbahnanleihegesetz die Mittel für eine große Zahl von Bahnen anfordert, die eben diesem Zwecke dienen. Wenn Sie das vorliegende Anleihegesetz durchsehen, werden Sie zugeben müssen, daß unter den 10 Nebenbahnprojekten mindestens 6 aufgeführt sind, die diesen Zweck erfüllen: in erster Linie Czersk-—Lienfelde, Tem⸗ pelburg Bärwalde, Hohensalza—Louisenfelde. Auch Wormditt Schlobitten rechne ich dazu, ferner Wipperfürth— Bergisch Gladbach und Adenau—Rengen im Westen. So finden Sie in jedem Eisen⸗ bahnanleihegesetz Projekte, die solchen Zwecken dienen. Soweit ich Herrn Abg. von Wovna verstanden zu haben glaube, will er aber noch weiter gehen und insbesondere ausgeschlossen sehen, daß geprüft wird, ob es wirtschaftlich ist, eine staatliche Nebenbahn zu bauen; er will vielmehr den Dispositionsfonds nur in der Weise verwendet sehen, daß lediglich die ungünstige wirtschaftliche Lage eines Ver⸗ kehrsgebietes für den Bahnbau entscheidend sei. Meine Herren, die Bahnen, die wir in Gebirgsgegenden, in der Eifel, im Hunsrück, im Westerwald, auch im Harz und in anderen bedürftigen Verkehrs⸗ gebieten bauen, werden alle unter diesem Gesichtspunkt gebaut.

Im übrigen kann ich nur meiner Genugtuung Ausdruck verleihen, daß die Vorlage, wie sie dem hohen Hause unterbreitet ist, im allge⸗ meinen Zustimmung gefunden hat, und noch mehr darüber, daß die Bautätigkeit der Staatseisenbahnverwaltung dank der angestrengten Arbeit, die unsere Behörden und Beamten draußen im Lande ge⸗ leistet haben, allgemeine Anerkennung findet. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Fürbringer nl.): Die 23 Millionen Mark, die durch den Verkauf der oldenburgischen Bahnen an den oldenburgischen Staat einkommen sollen, sind ja eine ganz schöne Summo, sie spielen aber gegenüber den 482 Millionen, die durch Anleihemittel aufgebracht werden sollen, keine große Rolle. Es ist die Frage, ob bei den 8 Interessen, die dabei in Frage ko es doch nicht angeht, den Ver⸗

Der Verkauf der Cisenbahn ist dams

kauf noch hinauszuschieben. enbak 3 begründet worden, daß die Staatsregierung den Anschluß an die ost friesische Küstenbahn bei Sande in Aussicht genommen hat. De Vertrag, der am 1. Februar 1867 abgeschlossen wurde, nachdem Preußen diese Bahn baute und Oldenburg pachtweise den Betrieb ubernahm hat sich für Preußen ungemein gunstig gestaltet. Fur Oldenburg ha er sehr betrachtliche Zubußen im Gefolge gehabt. Wenn man bedenkt daß das Baukapital von etwas über 9 ½ Millionen Mark sich mi 16,64 % für Preußen verzinst, so würde ein Kaufkapital von 28 Millio nen und nicht von 23 in Frage kommen. Die Kaufsumme kann demnach als eine nicht sehr angemessene bezeichnet werden. Die Beziehungen zwischen Oldenburg und Preußen sind so bielseitig, daß dieser Vertrag die ernsteste und genaueste Abwägung aller dieser Interessen erfordert Obwohl dieser Vertrag ja vieles vorgesehen hat, was preußische In teressen berührt, ist doch der Gedankenkompler damit nicht voll ständig erschopft. Der Ursprung dieses Vertrages war die Aus weisung eines oldenburgischen Gebietsteiles für einen preußischen Fafen, der sich dann in noch nie dagewesener Weise zum Reichskriegs⸗ afen entwickelt hat. Das Gebiet der Stadt ist nun so eng, daß ihre Weiterentwicklung unbedingt Schaden nimmt, wenn nicht rechtzeitig Vorsorge getroffen wird. Die preußische Regierung hat sich bemüht, oldenburgisches Gebiet einzugemeinden. Dies ist aber seit 18 Jahrer an dem Widerstande der oldenburgischen Regierung gescheitert. Di und ahnliche Fragen stehen also hier jetzt indirekt zur Diskussion. Ver passen wir diese Gelegenheit, dann kommt eine solche nie wieder, u preußische Interessen wahrzunehmen. Ich erinnere nur an ie Schwierigkeiten der Wasserversorgung. Ebenso notwendig ist die Regelung der Bahnbofsfrage. Wilhelmshaven hat das Recht, da Bahnhofsgelände zu besteuern, und zieht daraus eine Einnahme von 6000 Mark. Diese Summe muß die Stadt verlieren, wenn Oldenburg den Bahnhof nach Rüstringen verlegt. Der Bahnverkehr mit Wil⸗ helmshaven kann übrigens ganz unterbunden werden, wenn die ge⸗ plante Ringlinie um Wilhelmshapen gebaut wird. Die Weiter⸗ entwicklung der Stadt und des Reichskriegshafens macht es notwendig, daß der preußische Staat eine eigene Bahnlinie durch das Oldenburger Gebiet baut. Dieser Vertrag bietet die einzig mogliche Gelegenheit, sich jetzt schon die Zustimmung der oldenburgischen Regierung für eine solche für die Zukunft zu sichern. All das sind Gründe, die es er⸗ forderlich machen, den Vertrag in der Budgetkommission sehr genau zu prüfen.

Abg. Waldstein ffortschr. Volksp.): Meine Bedenken gegen das Bahnprojekt Altona Neumünster sind durchaus allgemeiner Natur. Ich möchte den Minister fragen, warum er den Bau einer neuen Strecke in Angriff nehmen will und nicht die vorhandene Bahn⸗ strecke durch den Bau dritter und vierter Gleise entlastet. Was für Gründe sind eingetreten, die im vorliegenden Fall

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182 alle eine Ausnahme von der allgemeinen Regel rechtfertigen? Die projektierte Bahnlinie ent⸗ stammt der Agitation der Befürworter des Fehmarn⸗Bahnprojektes; ohne diese Agitation wäre diese Linie sicherlich nicht gekommen. Dadurch, daß man diese Linie baut, begibt man sich unter die Kritike

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den Vertretern des Fehmarn⸗Bahnprojektes eine ganz g Personenfracht und Güterfracht anschlagt, der sich an diese neue S 6 5

Interesse des preußischen Staaätes und im volkswirtschaftlichen der an die jetzt bestehende Neumünster und Altona werden in einer Weise verletzt, daß man fast verzögert, mit diesem neuen Projekt zusammen; ich bitte die Ver⸗

ktona. Diese würde gegen die neue Verbindung absolut nichts einzu⸗

stehenden Verbindung Hamburg Kiel —Korsör. Man e Waffe in die Hand. Ich richte an den Minister die weitere wie hoch er den Ausfall an der Pe rac 1 e Strecke knüpft. Das wird wohl e erkleckliche Summe sein. Das Fehmarn⸗Projekt muß im finanziellen preußischen Bevölkerung bekämpft werden, soweit es sich b uralte historische Verbindung knüpft. Die Interessen Elmshorns, Pinnebergs und der ganzen Gegend zwischen von einer Expropriation sprechen kann. Vielleicht hängt auch die Tatsache, daß sich der Bahnhofsbau in Elmshorn über Erwarten lange waktung, dahin zu wirken, daß dieser Bau endlich vorankomme. Zu iesen Bedenken allgemeiner Natur treten die Bedenken der Stadt ande en. Nun soll aber der Hauptbahnhof Altona bei der neuen

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recke ausgestaltet werden. Es ist zwar gesagt, sie solle den Bahnhof tona⸗Holstenstraße berühren. Der Stadt Altona ist damit nach Eigenart ihrer Verhältnisse kaum gedient; die Ausschaltung des uptbahnhofs ist vielmehr annähernd gleichbedeutend mit einer zölligen Ausschaltung der Stadt überhaupt. Die Lage Altonas in Beziehung auf Hamburg begründet einen besonderen Anspruch Altonas auf Unterstützung durch den preußischen Staat; darauf hat man sowohl bei der Anlegung des Babnhofes wie bei der Köhlbrandvorlage auch Rücksicht genommen. Wenn bestimmt darauf gerechnet werden könnte, daß nur die schon jetzt durchgehenden Züge auf die neue Strecke gelegt werden sollen, so würde dieser Teil der Bedenken der Stadt erledigt sein. Die neue Bahn soll dem Lokalverkehr nicht dienen, um dem Bestehenden keine Konkurrenz zu bereiten; der Abg. von Quast hat aber schon gemeint, daß man ohne Lokalverkehr nicht werde auskommen können. Hoffentlich laßt sich der Minister zu einer Erklärung herbei,

C * 5 büGüprs M 9⸗ Apg 7 2 daß er dadurch nicht in seiner gegenteiligen Absicht erschüttert worden 8 j

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ist. Die Erschließung von Ostbolstein durch die Bahn bei und Eutin ist ein sehr erwünschtes Ziel; es fehlen, die Abzweigestation südlicher zu legen, a

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möchte die Gelegenheit benutzen, um der Regis

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der Schleswig⸗Holsteiner nach dem Bau der L 8 * rinnorun 21 nunor SgEfer. *

förde in Erinnerung zu bringen. Ho fentlich 2

mission, die Vorlage so zu gestalten, daß wir ihr mit Freude zu⸗ stimmen können.

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fragen, die Herr Abg. Waldstein an mich mission Auskunft zu erteilen. Nur eini feststellen.

Der Herr Abgeordnete vermißt in der Vorlage einen Nachweis

s der Linien⸗

verkürzung erwachsen werden. Eine solche Frage und ein s r Wunsch sind mir gegenüber noch niemals verlautbart worden. alljährlich die Mittel für eine größere Zahl neuer Bahnen, die zum größten Teil Abkürzungslinien darstellen, welche zu Frachtausfällen führen. Ganz zweifellos wird auch diese Linie zu solchen führen, die einem großen Teile der Provinz zugute kommen. Die Frachtermäßi⸗ gungen werden nicht so groß sein, wie man nach den beförderten Güter⸗ mengen annehmen möchte, weil die Schwergüter und Massengüter, Kohle und Eisen, zu Ausnahmetarifen befördert werden, deren Höhe abgegriffen ist nach der englischen Konkurrenz. Diese Ausnahmetarife werden in ihrer bisherigen Höhe bestehen bleiben. Immerhin werden Frachtermäßigungen sowohl im Personen⸗ wie im Gütertarif eintreten, an denen der größte Teil der Provinz partizipieren wird. Diese Kon⸗ sequenz wird nicht beanstandet werden können.

Dann meinte der Abg. Waldstein, durch das Vorgehen der Staats⸗ eisenbahnverwaltung, die plant, von dem zweiten Altonaer Bahnhof Holstenstraße eine direkte Linie nach Neumünster zu führen, werde, wie er sagte, die Stadt Altona geopfert, die Stadt Altona vollkommen aus⸗ geschaltet, der Hauptbahnhof mattgesetzt. Ich bitte, sich zu vergegen⸗ wärtigen, meine Herren, daß die beiden Altonaer Bahnhöfe etwa 6 bis 7 Minuten voneinander entfernt sind. Mit der elektrischen Bahn wird man die Entfernung in vielleicht 4 bis 5 Minuten zurücklegen. Der Bahnhof Holstenstraße ist ein neuerer Bahnhof, er ist Mitte der 90 er Jahre in Betrieb genommen, durchaus modern eingerichtet und für denjenigen Verkehr, den wir ihm zumuten, durchaus geeignet. Nun habe ich vorher schon festgestellt, daß der ganz überwiegende Teil aller Züge

nach wie vor über den H uptbahnhof geleitet werden wird. Der Haupts⸗