der Hilfsbibliothekar an der Universitätsbibliothek in Bonn Dr. Willers als solcher an die Königliche und Universitäts⸗ bibliothek in Breslau versetzt worden.
Finanzministerium “ “
Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskass Celle, Regierungsbezirk Lüneburg, ist zu besezen.
Bekanntmachung.
Unter Bezugnahme auf § 4 der allgemeinen Vorschriften für die Markscheider im preußischen Staate vom 21. Dezember 1871 bringen wir zur öffentlichen Kenntnis, daß dem Mark⸗ scheideraspiranten Ludwig Braun in Reden die Kon⸗ zession zum Betriebe des Gewerbes der Markscheider von uns erteilt worden ist.
Braun wird seinen Wohnsitz in Reden, Kreis Ottweiler, nehmen. Bonn, den 22. April 1914. Königliches Oberbergamt. Krümmer.
Bekanntmachung.
UM—nter Bezugnahme auf § 4 der allgemeinen Vorschriften für die Markscheider im preußischen Staate vom 21. Dezember 1871 bringen wir zur öffentlichen Kenntnis, daß dem Land⸗ messer und Markscheideraspiranten Jacob Lonsdorfer in Mülhausen (Elsaß) die Konzession zum Betriebe des Gewerbes der Markscheider von uns erteilt worden ist.
Lonsdorfer wird seinen Wohnsitz in Mülhausen (Elsaß), Kreis Mülhausen (Elsaß), nehmen.
Bonn, den 22. April 1914. “ Königliches Oberbergamt.
“ h 8 Krümmer.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 24. April 1914. Seine Majestät der Kaiser und König hörten
heute im Achilleion auf Corfu die Vorträge der drei Kabinetts⸗ chefs und des Vertreters des Auswärtigen Amts.
“
8 1““ Rechnungswesen
Der Ausschuß des Bundesrats für hielt heute eine Sitzung.
3 Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Panther“ am 22. April in Funchal (Madeira) eingetrofken. 9
Baden. 8
In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer er⸗ klärte der Kultusminister Dr. Böhm, wie „W. T. B.“ meldet, er halte es nicht für richtig, die Zahl der Doktortitel durch den
Titel Dr. med. dent. zu vermehren. Wenn der Titel ander⸗ wärts eingeführt würde, würde Baden sich nicht dagegen wehren. Bezüglich der Besetzung der Professuren für Philo⸗ sophie erklärte der Minister, daß Priester dazu nicht zugelassen werden könnten.
Oesterreich⸗Ungarn.
Ueber das Befinden des Kaisers z wurde gestern abend, wie „W. T. B.“ meldet, folgendes Bulletin ausgegeben:
Der Katarrh der feinsten Luftröhrenäste ist bis auf Spuren ge⸗ schwunden, aber der Katarrh der größeren Luftröhrenäste besteht un⸗ verändert fort, und hiermit auch der störende Hustenreiz. Appetit und Kräftezustand sind vollkommen zufriedenstellend. Seine Majestät hat fünfviertel Stunden bei offenem Fenster im Sonnenschein zugebracht.
Wie heute offiziell mitgeteilt wird, war die Nachtruhe durch anhaltenden Husten gestört. Im sonstigen Befinden ist keine Aenderung eingetreten. Appetit, Kräftezustand und Allge⸗ meinbefinden sind ganz befriedigend.
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause teilte gestern Bonar Law mit, daß die Opposition eine Resolution einbringen wird, in der eine un⸗ parteiische Untersuchung über die kürzlich im Zusammenhang mit den Vorgängen in Ulster erfolgten Truppenbewegungen gefordert wird. Der Ministerpräsident Asquith schlug unter dem Beifall der Ministeriellen für die Debatte darüber den 28. und 29. April vor. Das Budget wird am 30. April eingebracht werden.
Frankreich.
Der Ministerpräsident Doumergue gab gestern abend zu Ehren des Königs und der Königin von England ein Mahl, an dem der Präsident Poincaré, das Gefolge des Königs und der Königin, die Mitglieder der britischen Botschaft, die Präsidenten des Senats und der Kammer, das diplomatische Korps, die Mitglieder des Kabinetts und eine Anzahl hoher Würdenträger und angesehener Persönlichkeiten teilnahmen. Heute vormittag reisten der König und die Königin, vom Präsidenten und Frau Poincaré zum Bahnhof geleitet, ab.
— Im Laufe der Besprechungen, die gestern zwischen dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Sir Edward Grey und dem Ministerpräsidenten Doumergue fortgesetzt wurden, sind die verschiedenen Fragen, die die beiden Länder interessieren, erörtert worden. Wie die „Agence Havas“ meldet, hat sich die Uebereinstimmung der Anschauungen in allen Punkten bestätigt. Indem sie die Ergebnisse der von den beiden Regierungen zusammen mit der Kaiserlich russischen Regierung verfolgten Politik feststellten, sind Grey und Doumergue übereingekommen, daß es für die drei Länder eine Notwendigkeit sei, ihr Zusammenarbeiten unter dem Gesichts⸗ punkte des Gleichgewichts und der Aufrechterhaltung des Friedens fortzusetzen.
Ueber das Befinden des Königs ist gestern folgender Bericht ausgegeben worden:
Der König hat die Ueberführung nach Schloß Drottningholm gestern ohne Beschwerden überstanden. Er hatte eine ruhige tacht und fühlte sich heute kräftiger. Regelmäßige Krankheitsberichte werden von jetzt ab nicht mehr ausgegeben.
— Nachdem die Auszählung der abgegebenen Stimmen beendet ist, wird sich die neue Zweite Kammer, wie „W. T. B.“ meldet, folgendermaßen zusammensetzen: 86 Rechte, 71 Liberale und 73 Sozialdemokraten gegen Rechte, 102 Liberale und 64 Sozialdemokraten im alten Reichstage. Die Rechte hat demnach 22 Sitze, die Sozialdemokraten 9 Sitze gewonnen, während die Liberalen 31 Sitze verloren haben. Insgesamt erhielten die Rechte 286 040, die Liberalen 244 718 und die Sozialdemokraten 229 339 Stimmen gegen 188 639 bezw. 239 497 und 170 590 Stimmen im Jahre 1911.
Der griechische Gesandte Panas hatte gestern nachmittag Unterredungen mit dem Großwesir Said Halim Pascha und dem Minister des Innern Talaat Bey, in denen er in freundschaftlicher Weise weiter die Lage der Griechen in Thrazien besprach. Wie „W. T. B.“ meldet, versprachen der Großwesir und der Minister, der griechischen Auswanderer⸗ bewegung Einhalt zu tun. Talaat erklärte, er werde sich morgen nach Adrianopel begeben, um die Ausführung seiner Befehle zu überwachen.
Albanien.
Der Unterrichtsminister Turtulli hat seine D emission eingereicht, die nach einer Meldung des „W. T. B.“ vom Fürsten angenommen worden ist.
— Wie die „Albanische Korrespondenz“ meldet, sind in dem Kampfe zwischen vierhundert griechischen Soldaten und einer albanesischen Gendarmerieabteilung bei Vebeck nördlich von Leskowitsch die griechischen Soldaten in die Flucht geschlagen worden. 8
Amerikͤa. 8
Die an den Präsidenten Wilson gerichtete Erklärung des Generals Carranza über den Standpunkt der In⸗ surgenten hinsichtlich der Besetzung von Veracruz besagt laut Meldung des „W. T. B.“:
Während die Stellungnahme des Kongresses zu der Botschaft Wilsons erwartet wurde, seien gewisse feindselige Akte in Veracruz vorgekommen, die die Insurgentenregierung nicht von einer Regierung erwartet habe, die wiederholt ihrem Wunsche, mit dem merxikanischen Volke Frieden zu balten, Ausdruck gegeben hätte. Carranza erklärt weiter, mit der Uebersendung dieser Note erfülle er eine patriotische Pflicht, indem er kein ehrliches Mittel unversucht lasse, bevor beide Völker ihre friedlichen Be⸗ ziehungen abbrächen. Das mexlkanische Volk erkenne den Usurpator Huerta nicht an. Dieser sei nicht befugt, Genugtuung zu fordern oder zu verbürgen. Seine ungesetzlichen Handlungen würden von den konstitutionalistischen Gerichten unbeugsam verfolgt werden. „Der Einfall in unser Gebiet“, fährt Carranza fort, „und das Verbleiben Ihrer Truppen in Veracruz sind eine Verletzung unserer Unabhängigkeits⸗ und Souveränitätsrechte. Sie wird uns in einen ungleichen Krieg verwickeln, den wir bis heute zu vermeiden wünschten.“ Am Schlusse fordert ey den Präsidenten Wilson auf,
die Feindseligkeiten einzustellen, den amerikanischen Truppen die
Räumung von Veracruz zu befehlen und seine Forderungen für die Vorgänge in Tampico der konstitutionalistischen Regierung gegenüber zu formulieren, die sie im Geiste der Gerechtigkeit und Versöhnung prüfen werde.
Diese Note des Generals Carranza hat eine Mitteilung des Staatssekretärs Bryan hervorgerufen, in der es heißt, der Präsident Wilson habe nicht gewünscht, daß eine Resolution angenommen werde, die als eine Ermächtigung zum Beginn eines Krieges gedeutet werden könnte. Ferner betont Bryan darin von neuem Wilsons Freundschaft für die Mexikaner und sagt, der Präsident sei sorgfältig darauf bedacht gewesen, zwischen den Anhängern Huertas und den übrigen Merxikanern zu unter⸗ scheiden, und hoffe, daß die Konstitutionalisten seine Handlungen nicht mißdeuten würden.
Nach einer Konferenz im Weißen Hause in Washington erklärte der Sekretär des Ministeriums des Innern, der Präsident Wilson werde später eine Erklärung über die definitive Politik gegen Mexiko erlassen.
Das amerikanische Repräsentantenhaus hat, obiger Quelle zufolge, das Jahresbudget für das Heerim Betrage von etwa 100 Millionen Dollar angenommen, und zwar in der Fassung des Senats, der das Budget um 6 Millionen Dollar erhöht hat.
Der merikanische Geschäftsträger in Washington, Algara, hat seine Pässe erhalten.
Nach Meldungen des „W. T. B.“ hat das amerikanische Kriegsamt erfahren, daß sich die Rebellen bei Tampico be⸗ reits mit den Anhängern Huertas gegen die Amerikaner vereinigt haben. Im Laufe des gestrigen Tages sind 1200 amerikanische Flüchtlinge an Bord der amerikanischen Schiffe gebracht worden. In der Stadt Merxriko haben die Nach⸗ richt von der Landung der Amerikaner in Veracruz und das Gerücht von der Landung in Tampico lebhafte Bewegung und einen tiefen Eindruck hervorgerufen. Vorgestern nachmittag wurden alle Geschäfte geschlossen, weil ernste Ereignisse be⸗ fürchtet wurden. Manifestanten durchziehen mit Hochrufen auf Huerta die Straßen der Stadt und rufen: Tod den Ameri⸗ kanern! Bisher ist die Bevölkerung ruhig. Die amerikanische Gesandtschaft wird von bewaffneter Macht bewacht. Die amerikanischen Konsuln haben ihre Landvsleute aufgefordert, abzureisen; auch mehrere Deutsche haben die Stadt verlassen. Indessen besteht kein Grund zu Befürchtungen für die euro⸗ päischen Kolonien. Einer Meldung des Konsuls Carothers zufolge macht sich in der Umgebung von Chihuahua, wo sich viele Amerikaner wegen ihrer bedeutenden Geschäfts⸗ interessen zum Bleiben entschlossen haben, eine wachsende Gärung und amerikanerfeindliche Stimmung bemerkbar.
Die Amerikaner haben drei Meilen von Veracruz land⸗ einwärts befindliche Schanzwerke eingenommen.
— Da die venezolanische Verfassung nicht zwei aufein⸗ anderfolgende Perioden derselben Präsidentschaft gestattet, ist der General Bustillos, wie „W. T. B.“ meldet, zum vor⸗ läufigen Präsidenten von Venezuela gewählt worden. Der bisherige Präsident Gomez ist zum Oberkommandeur der
Armee ernannt worden. 9G Asien.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ Agentur“ hat ein Teil der Offiziere der chinesischen Garnison unzufrieden mit den neuen Reformbestimmungen,
die Sobhahm wer iehterei aufgereizt. Das Amtsgebäude des Gouverneurs wurde beschossen und vier Soldaten der Wache getötet. Das 1. Regiment weigerte sich den Meuterern zu gehorchen, worauf seine Offiziere flohen. Der Gouverneur und die Beamten brachten sich in Sicherheit. Zum Schutze des russischen Konsulats, in dem die russischen Untertanen Zuflucht suchten, wurde eine halbe Sotnie Amurkosaken herbeigerufen. Die Meuterer sammelten sich in den Kasernen und ersuchten telegraphisch den Präsidenten Muanschikai, die Reformbestim⸗ mungen, deren Erlaß die Meuterei hervorgerufen habe, wieder aufzuheben. Andernfalls würden sie die Stadt zerstören.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (63.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Finanzminister Dr. Lentze bei⸗ wohnte, wurde zunächst die zweite Beratung des Staatshaus⸗ halts für 1914 bei dem Etat des Finanzministeriums fortgesetzt. “
Bei den Einnahmen berichtet v
Referent Abg. Wallenborn (Zentr.) über Einzelheiten der Kommissionsberatung.
Die Einnahmen werden ohne Debatte genehmigt.
Bei den Ausgaben berichtet ebenfalls 8
Abg. Wallenborn über die Verhandlungen der Budget⸗ kommission.
Abg. Dr. Schröder⸗Cassel (nl.): Infolge des geltenden Reise⸗ kostengesetzes haben sich allerlei Unzuträglichkeiten herausgestellt. Es ist seinerzeit geschaffen worden, damit die Dienstreisen nach Mög⸗ lichkeit eingeschrwänkt und Ersparnisse gemacht werden. Ob gerade letzteres eingetreten, das ist mehr als zweifelhaft. Der Minister hat in der Kommission erklärt, daß sich die Wirkung des Gesetzes nicht genau übersehen lasse, da ja auch die Umzugskosten auf Grund dieses Gesetzes berechnet würden. Die Staatsregierung wird nicht umhin können, an eine Revision des Reisekostengesetzes heranzutreten. Es ist ja auch seinerzeit ein Erlaß des Ministers ergangen, nach dem Dienstreisen möglichst eingeschränkt werden sollen. Dieser soll einen guten Erfolg gehabt haben. Aus den Kommissionsverhandlungen habe ich dies aber nicht entnehmen können. Einer genauen Prüfung bedarf auch die Art und Weise der Verteilung der Remunerattonen; am besten wäre es, wenn man mit dem ganzen System vollständig brechen wollte. Es ist fraglich, ob durch die Einstellung mehrerer Hilfskräfte mit Re⸗ munerationsbezug wirklich erhebliche Ersparnisse gemacht werden. Auf keinen Fall dürften aber Remunerationen an Beamte für Arbeiten ge⸗ geben werden, die mit dem Amt des Betreffenden in Verbindung stehen. Die Verteilung der Nebenbezüge hat ebenfalls zu allerlei Unzuträglichkeiten geführt. Dabei ist oft fast ganz der Standpunkt verlassen worden, daß es sich dabei um gehobene Stellungen handeln sollte. Ebenso not⸗ wendig ist auch, daß bei Gewährung der Zulage von 600 ℳ an ein Drittel der vorhandenen Regierungsräte feste Grundsätze geschaffen werden. Auf jeden Fall muß das ganze Zulagensystem bei einer künftigen Reform der Besoldungsordnung einer genauen Prüfung unterzogen werden. Vielfach geklagt wird auch über die Art und Weise, in welcher die Behörden Abschlagszahlungen für Lieferungen gewähren. Großunternehmern wird meist eine Reihe von Abschlagszahlungen ge⸗ währt, während der kleine Handwerker, bei dem es sich meist um kleine Summen handelt, recht lange auf Bezahlung warten muß. Ungerechtfertigt ist es auch, daß bei der Erwägung, ob eine Stadt in eine höhere Servisklasse gebracht werden soll, lediglich die Verhältnisse der mittleren Beamten ausschlaggebend sind. Die Wohnungsgeld⸗ zuschüsse für die Unterbeamten sind meist völlig unzureichend. Das Gleiche gilt für eine große Anzahl der oberen Beamten. Wir ver⸗ langen hier eine gleichmäßige Behandlung aller Beamten.
Abg. Delius (fortschr. Volksp.): Mit Recht beklagen sich die Handwerker darüber, daß sie bei Lieferungen für den Staat monate⸗ lang auf Bezahlung warten müssen. Das Borgwesen wird immer als das größte Uebel für den gewerblichen Mittelstand bezeichnet. Hier sollte dann wenigstens die Staatsverwaltung mit gutem Beispiel voran⸗ gehen. Hätte man seinerzeit bei Schaffung des Reisekostengesetzes die Vorschlaäge der großen Minderheit angenommen, dann wären sicher wesentliche Ersparnisse erzielt worden. Es ist zu wünschen, daß wir im nächsten Jahre, nachdem drei Jahre seit Inkrafttreten des Gesetzes verflossen sind, eine Zusammenstellung über die Wirkung des Gesetzes erhalten. Es scheint, als ob die Dienst⸗ reisen gegen früher sogar sich noch vermehrt haben. Gegen die Remunerationen sind von unserer Seite immer die schwersten Bedenken geltend gemacht worden. Gerade die mittleren und unteren Beamtenorganisationen verlangen restlos die Abschaffung des Remunerationswesens. Bei der nächsten Besoldungsordnung müssen Mittel und Wege gefunden werden, dieses System zu seitigen, aber seine Wohltaten doch den Beamten zu erhalten. Servisklasseneinteilung ist nicht nur für die Beamten, sondern auch für die gewerbstätige Bevölkerung der betreffenden Städte von großer Wichtigkeit geworden. Diese Einteilung hat aber der Bundesrat innerhalb weniger Stunden vorgenommen. Hier mäössen in erster Linie die örtlichen Verhältnisse selbst berücksichtigt werden. Die Beamten haben ein lebhaftes Interesse daran zu erfahren, welche Orte für die Einreihung in eine höhere Klasse in Aussicht genommen worden sind. Leider haben sie darüber noch nichts hören können, und es scheint, daß es nur wenig Orte sein werden. Den unteren Be⸗ amten muß durch eine andere Servisklasseneinteilung geholfen werden.
Abg. Bartscher (Zentr.): Ein Antrag meiner Freunde auf Ab⸗ schaffung der Remunerationen ist früher leider nicht durchgedrungen, ob⸗ wohl er in wenig veränderter Form von der fortschrittlichen Volkspartei aufgenommen wurde. Dieser unsinnige Fonds muß endlich beseitigt werden. Wenn man den höberen Beamten zumuten würde, daß ein solcher Fonds zu Wohltaten für sie geschaffen werden sollte, so würden sie sich mit Recht dagegen aufbäumen. Ich meine, was den höheren Beamten recht ist, sollte auch den mittleren und unteren Beamten recht sein. Dieser Remunerationsfonds ist nur dazu an⸗ getan, Mißgunst und Neid unter den einzelnen Beamten zu säen. Das Ehrgefühl der Beamten verfeinert sich viel mehr, und das sollte auch die Regierung berücksichtigen. Aus dem Etat ergibt sich nicht ganz genau, wieviel für diesen Fonds ausgeworfen wird. Ich glaube aber, daß es ganz beträchtliche Beträge sind. Diese Mittel sollten jetzt lieber fuüͤr soziale Einrichtungen der Beamten verwendet werden. Wenn ein Beamter in Not gerät, so muß er jetzt um Unter⸗ stützung bitten. Wenn die Beamten ihre eigenen Kassen usw. hätten, so würden sie sich an ihre Kassen halten konnen, und sie hätten ein Recht darauf. Das ist besser, als wenn sie erst ein Unterstützungs⸗ gesuch einreichen müssen. Das Wohnungsgeldzuschußgesetz ist unter
igenartigen Umständen entstanden, es ist sehr stark schematisiert worden.
Preußen hat aber leider die Prüfung der Beschwerden allein dem Reiche überlassen. Die Handwerker haben unter der Kreditnot des vorigen Sommers außerordentlich zu leiden gehabt. Wir haben wiederholt die Klage der Handwerker gehört, daß sie bei den Sparkassen kein Geld bekommen können, weil diese ihr Geld aufsammeln müssen, um es nach dem Gesetze in Inhaberpapieren anzu⸗ legen. Ich bitte daher die Regierung, allgemeine Anweisungen an die Staatskasse ergehen zu lassen, daß wenigstens die Rechnungen der Handwerker möglichst schnell beglichen werden, damit diese Bargeld in die Hand bekommen.
Abg. Dr. Lamparski (Pole): Namens der polnischen Fraktion muß ich Einspruch erheben gegen die Dispositionsfonds der Ober⸗ präsidenten zur Förderung des Deutschtums in den Provinzen Posen,
und Westpreußen, im Regierungsbezirk Oppeln und in den nördlichen Kreisen der Provinz Schleswig⸗Holstein, sowie egen alle anderen Ausgaben, wie die Zulagen für die Beamten, die nur dazu da sind, meine Stammesbruder aus ihrer Heimat zu verdrängen. Ehe aus diesen Fonds Unterstüͤtzungen gewährt werden, wird, wie ich genau weiß, erst ein Gulachten des Vor⸗ sitzenden des Ostmarkenvereins eingeholt. Natürlich ist Bedingung, daß der Betreffende — es handelt sich bei diesen Uaterstützungen . auch um Zahnärzte und Tierärzte — alle Vereins⸗ veranstaltungen und Versammlungen des Ostmarkenvereins besucht. Kein Wunder, wenn sich auf diese Weise in unseren östlichen Provinzen eine politische Dunstatmosphare herausgebildet hat, in der alles nur durch das Priema des Chauvinismus gesehen werden kann. Das sind Erscheinungen, die nicht im Sinne des gegen⸗ feitigen Friedens liegen, sondern außerordentlich zu bedauern sind. Die Beamten zittern förmlich vor dem Vorsitzenden des Ostmarken⸗ vereins. Wehe dem Beamten, der sich einer gerechten Behandlung der polnischen Bevölkerung befleißtgt. Sofort kann er einer diszipli⸗ nnischen Bestrafung gewartig sein. Die Ostmarkenzulagen werden in der Hauptsache mit wirtschaftlichen Gründen motiviert. Diese Argumentation ist aber keineswegs stichbaltig; denn die Wohnungs⸗ und Nahrungsverhältnisse sind in den Ostmarken besser als anderswo. Die Einstellung des Disposiionsfonds hat nur den Zweck, die polnische Bevölkerung von ihrer heimarlichen Scholle zu verdrängen. Gegen eine derartige Politik protestieren wir auf das entschiedenste. Wir werden getrennte Abstimmung beantragen, um gegen diesen Dis⸗
positionsfonds stimmen zu können.
(Schluß des Blattes.) 8
Statistik und Volkswirtschaft. Ein⸗ und Ausfuhr einiger wichtiger Waren im Spezialhandel in der Zeit vom 11. bis 20. April der beiden letzten Jahre. 1 dz = 100 kg.
FEinfuhr 1914 161 419 43 866
16 451
79 148 31 204
Warengattung
1913
Baumwolle “ Flachs, gebrochen, ge⸗ schwungen usw.. . Hanf, roh, gebrochen, ge⸗ schwungen usw. . Jute und Jutewerg Merinowolle im Schweiß Kreuzzuchtwolle im Eisenerze. Steinkohlen. 1 Braunkohlen... 8 gereinigt (Leucht⸗ b1) “
98 437
18 068 201 013
Chilesalpeter. E11X“X“ Rohluppen, Rohschienen, Rohblöcke usw... Träger, eiserne.. Anderes Formeisen als Träger; nicht ge⸗ formtes Stabeisen, Bandeisen usw.. Eisenbahn⸗, Straßen⸗ bahnschienen. Eisenbahnschwellen b 1X“ Feingold, legiertes Gold, Barren aus Bruch⸗ Deutsche Goldmünzen. Fremde Goldmünzen. ¹) auch Eisenbahnlaschen und ⸗unterlagsplatten aus Eisen. Berlin, den 24. April 1914. Kaiserliches Statistisch Delbrück.
171 863
151 126 110 545
193 806 188 709
301 144 163 686
Die Zunahme der mittleren Lebensdauer im Deutschen Reiche.
Wie für die früheren Jahrzehnte, so hat auch für das Jahrzehnt 1901 bis 1910 das Kaiserliche Statistische Amt eine Sterbetafel für das Deutsche Reich berechnet, deren Ergebnisse vor kurzem im 246. Bande der „Statistik des Deutschen Reichs“ im Anschluß an den Bericht über die Bewegung der Bevölkerung im Jahre 1910 veröffentlicht worden sind. Von diesen Ergebnissen kommt der Be⸗ rechnung der mittleren Lebensdauer die größte Bedeutung zu, da man hieraus die Wirkung des Rückganges der Sterblichkeit auf die Ver⸗ längerung des menschlichen Lebens genau festzustellen vermag. Die mittlere Lebensdauer ist nicht gleichbedeutend mit dem Durchschnitts⸗ alter der Gestorbenen, das bekanntlich überhaupt nicht vergleichbar ist, sondern gibt vielmehr die Zahl der Jahre an die in einem bestimmten Alter noch zu erwarten sind. Da sich diese Zahlen auf eine Be⸗ völkerung mit natürlichem, allein durch die Absterbeordnung bestimmtem Altersaufbau — also unbeeinflußt von der verschiedenen Geburten⸗ bäufigkeit und den Wanderungen — beziehen, lassen sie sich sowohl zeitlich als auch räumlich miteinander vergleichen.
Betrachtet man zunächst die durchschnittliche Lebens⸗ erwartung bei der Geburt, so ergibt sich die Tatsache, daß die Zunahme der mittleren Lebenserwartung in dem letzten Jahrzehnt gegenüber dem Jahrzehnt 1891 bis 1900 nahezu ebenso groß war wie in den letzten drei Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts zu⸗ ammengenommen; denn es betrug die durchschnittliche Lebenserwartung dei der Geburt im Deutschen Reiche
tafeln für die g 2
nahme (eschlecte Beobachtungszeit Geschlechte Geschlechte
hre 1871,72 — 1880/81 38,45 1881 — 1890 372 40 25 1891 — 1900 8 ] 489 1901 — 1910 4. 26 4 386
48,33 Zunahme insgesamt 9,24 9,88.
V In der von Jahrzehnt zu Jahrzehnt ansteigenden Lebenserwar⸗ ag bei der Geburt kommt naturgemäß nicht nur der Einfluß des ickggangs der Saͤuglingssterblichkeit, sondern auch derjenige des Rück⸗ igs der Gesamtsterblichkeit zum Ausdruck. Daher erklärt es sich, 3 die Lebenserwartung bei der Geburt schon zu einer Zeit zuge⸗ amen hat, in der die Säuglingssterblichkeit — soweit wenigstens gaben aus den einzelnen deutschen Staaten porliegen — nur wenig
bgenommen hat. Erst mit dem größeren Rückgang der Säuglings⸗ blichkeit in dem letzten Jahrzehnte nahm die Lebenserwartung bei Geburt stärker zu.
Da jedoch die Gesamtsterblichkeit und insbesondere die Säug⸗ gssterblichkeit in dem zweiten Teile des letzten Beobachtungszeit⸗ zums, d. h. in dem Jahrfunft 1906 bis 1910, viel stärker abge⸗
Ja
4,08
xeeeeeeee
nommen haben als in dem ersten, dürfte jener Teil den Ausschlag für die stärkere Zunahme der Lebenserwartung in dem letzten Jahrzehnte gegeben baben, was sich freilich nur für Preußen nachweisen läßt, da bisher allein von dem Könialich preußischen Statistischen Landesamt auch für die einzelnen Jahrfünfte Sterbetafeln berechnet worden sind. Es betrug nämlich die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Ge⸗ burt in Preußen nach den Sterbe⸗ beim beim tafeln für die männl. Zunahme weibl. Beobachtungszeit Geschlechte Geschlechte
1891 — 1900 ¹) 1901 — 1905*) . 1906 — 1910) 46 42 50,03 1
Wie ein Vergleich dieser Ziffern mit den obigen für das ganze
Zunahme
Reich lehit, ist die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt Das neugeborene Mädchen hat jetzt in Preußen bereits 50 Jahre zu erwarten gegen 35,74
in Preußen etwas höher als im Reiche. während des ersten Beobachtungszeitraums 1867 bis 1876.
Schon im Alter von 1 Monat nimmt nach der neuen deutschen
Sterbetafel die Lebenserwartung um etwa 3 Jahre zu und steigt dann
weiter bis zu ihrem Höhepunkt im Alter von 2 Jahren. In
diesem Alter betrug die durchschnittliche Lebenserwartung in der beim männl. beim weibl. Beobachtungszeit Geschlechte Geschlechte im Deutschen Reiche 1871/72 — 1880/S1. 48,72 Jahre 50,30 Jahre E04*“ 58,47 „ „ in Preußen 1982 —1826 14488 Jahre ebböbböö“ 1906 — 190 . EAö“
47,17 Jahre -5 9ö8 .
Von diesem Zeitpunkt ab verringert sich allmählich die durch⸗ schnittliche Lebenserwartung, wie aus nachstehender Tabelle ersichtlich ist. Es betrug die durchschnittliche Anzahl der noch zu er⸗
wartenden Jahre im Deutschen Reiche
im Alter von 1109o 1 PHAö58H Jahren
in der Beobachtungszeit
beim männlichen Geschlechte 38,45 31,41] 24 46 17 98] 12 11 39,52 32 11 25,03 18,41 12 43 41,23 33 46 25,89 19,00 12 82 42,56 34,55 26,64 19,43 13,14 beim weiblichen Geschlechte 48,18]/ 40,19 33,07 26,32 19 29 12 71 49,69 41 62 34 21 27,16 19,89 13,14 51,71 43,37. 35,62 28,14 20,58 13,60 53,35 44,84 36,94 29,16 21,35 14,17
1871/72 — 1880/81 1881— 1890 1891 — 1900 1901 — 1910
46 51 47,75 49,66 51,16
5 oU—
+290 0n
2=2öSöi’B”
1871/72 — 1880/81 1881 — 1890 1891 — 1900 1901 — 1910
009022,—27 ASESA
Wie man sieht, vermindert sich mit zunehmendem Alter
die Zunahme der durchschnittlichen Lebenserwartung
Im Alter von 30 Jahren betrug ihre Zunahme in den 8 3,87 Jahre
4 Jahrzehnten nur noch 3,11 Jahre beim männlichen und beim weiblichen Geschlecht, und sie verringerte sich im Alter von 70 Jahren auf 0,65 bezw. 0,85 Jahr.
¹) Ballod, Sterblichkeit und Lebensdauer in Preußen, in der Zeit⸗ schrift des Königlich preußischen Statistischen Landesamts, Jahrgang 1908 Seite 3*. — ²) Preußische Statistik, Band 213 Seite 252. — ³²) Statistische Korrespondenz, Jahrgang 39, Nr. 64 vom 6. Dezember
1913.
8 Zur Arbeiterbewegung. —
Der Vorsitzende der Ortsgruppe des Arbeitgeberverbandes der
b.“ Anstreicher und Lackierer in Koblenz macht, der „Köln. Ztg.“
gelegt haben. 2 1 Zten parteiischen hätten die Meister die beschlossene
Ausstand geblieben.
In Solingen wurde, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ berichtet, eine Lohnbewegung der organisierten Bäckergehilfen nach langen
Verhandlungen durch Abschluß eines neuen Lohn⸗ und Arbeitstarifs beendet. Der Mindestlohn wird auf 27 ℳ
bart wurde, läuft zwei Jahre.
für die Woche erhöht, im nächsten Jahre auf 28 ℳ. Die Arbeitszeit beträgt in den größeren Betrieben 60 Stunden in der Woche, in den
kleineren Betrieben 66 Stunden. Kost⸗ und Wohnzwang soll für alle Gehilfen im Alter von über 20 Jahren abgeschafft werden.
Aus Saarbrücken meldet die „Köln. Ztg.“, daß durch den Verband der Arbeitgeber für das Schneidergewerbe im Saarrevier und die christlich⸗organisterten sowie die zur freien Gewertschaft ge⸗ hörigen Schneidern jetzt in gemeinschaftlichen Verhandlungen ein seit sieben Wochen bestehender Ausstand der Schneider in Saarbrücken beigelegt worden ist. Die Schneidergehilfen haben auf allen Werk⸗ stätten die Arbeit wieder aufgenommen.
In Barcelona, wo die Fuhrleute im Ausstand sind, kam es, wie „W. T. B.“ meldet, heute zwischen Ausständigen und Arbeits⸗ willigen zu einem Zusammenstoß. Ein Ausständiger und ein Polizei⸗ beamter wurden durch Schüsse schwer verletzt. Die Mitglieder des Streikausschusses sind verhaftet worden.
Wohlfahrtspflege
Das von der Sparkasse der Stadt Berlin⸗Schöneberg ein⸗ geführte Verfahren der Abholung von wöchentlichen Spar⸗ einlagen aus den Wohnungen der Sparer efreut sich an⸗ dauernd, wie der jetzt vorliegende Vierteljahrsabschluß zeigt, regen Zuspruchs und steter Steigerung. Die Abholung erfolgt völlig kosten⸗ los und wöchentlich einmal. Einlagen können nach Belieben in Be⸗ trägen zu 50 ₰, 1ℳ6,2 ℳ, 3 ℳ, 4 ℳ, 5 ℳ, 10 und 20 ℳ geleistet werden. An⸗ träge auf Abholung nehmen jederzeit die Einsammler sowie die Spar⸗ kasse nebst ihren Zweigstellen und die Annahmestellenverwalter ent⸗ gegen. Ende Dezember v. J. beteiligten sich insgesamt 4372 Sparer, wahrend gegenwärtig 4870 Teilnehmer vorhanden sind, sodaß in der Zwischenzeit ein Zuwachs von 498 Sparern zu verzeichnen ist. Das Soll der Wocheneinlagen erhöhte sich in der gleichen Zeit von 404 152 ℳ auf 445 466 ℳ, also um 41 314 ℳ.
Die Deutsche Gesellschaft für Kaufmanns⸗Erholungs⸗ heime hat das unweit Baden⸗Baden auf dem Kamme des Schwarz⸗ waldes 820 m hoch gelegene Hotel Bärenstein erworben. Das Haus wird, mit den modernsten und hygienischen Einrichtungen versehen, noch im Laufe des Monats Juni dem Betrieb übergeben werden.
Kunst und Wissenschaft.
Die physikalisch⸗mathematische Klasse der König⸗ lichen Akademte der Wissenschaften hielt am 16. April eine Sitzung unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Planck. — Herr Helmert las über die isostatische Reduktion des Lotes. Bei Berechnung der durch die unregelmäßige Massenverteilung der Erdkruste erzeugten Lotstörungen unter Voraussetzung der Isostasie nach Pratt und Hayford hat man bisher die Krümmung der Erd⸗ oberfläche nur ungenügend berücksichtigt. Es wird gezeigt,
ß ohne wesentliche Vermehrung der Rechenarbeit — — Heir Schwarzschil ber⸗
zufolge, bekannt, daß die Gehilfen die Arbeit plötzlich nieder⸗ Laut des in Berlin gefaßten Schiedsspruchs der Un⸗ Zulage gewährt; trotzdem seien aber die Gehilfen noch nicht zufrieden und seien im
ndet. Der Tarif, der zwischen der Zwangsinnung der Bäcker⸗ meister für den Solinger Bezirk und der Gehilfenorganisation verein⸗
111“ 88*
reichte eine Arbeit: Ueber die Häufigkeit und Leucht kraft der Sterne von verschiedenem Spektraltypus Die Anzahl der Sterne von bestimmter Leuchtkraft in der Volumen einheit wird für die einzelnen Spektraltypen getrennt berechnet durch Vergleichung der Verteilung der Radialgeschwindigkeiten mit der Ver⸗ teilung der Komponenten der Eigenbewegung senkrecht zur Richtung nach dem Sonnenapex. — Herr Helmert legte eine Untersuchung vor von Dr. W Schwey dar (Potsdam): Beobachtung der Aenderung der Intensität der Schwerkraft durch den Mond. Durch Beobachtungen mit dem Gravrmeter von August von Schmidt in der 25 m tief gelegenen Brunnenkammer der Observatorien zu Potsdam ist es zum ersten Male gelungen den sehr 22 * Betrag der Aenderung der Schwerkraft durch die Flurkraft des Mondes zu messen. Die Kenntnis dieser Größe ist für die Be⸗ urteilung der elastischen Gezeiten und der Elastizität der Erde von Bedeutung.
In der an demselben Tage unter dem Vorsitz ihres Sekretars Herrn Diels abgehaltenen Sitzung der philo sopbisch⸗ historischen Klasse las Herr Diels: Zur Geschichte der Alliteration. I. Die Untersuchung beabsichtigt festzustellen, ob und inwieweit die antike Alliteration auf die irische und germanische Poesie Einfluß gewonnen haben könne. Zunächst wird versucht nach⸗ zuweisen, daß die Griechen Alliteration als beabsichtigte Klangfigur weder in der Poesie noch in der Prosa verwandt haben. — Herr von Wilamowitz⸗Moellendorff legte das Werk von M. Rostovcev über antike dekorative Malereien in Süd⸗ rußland vor (St. Petersburg 1914.) 8
8
Die Galerie Eduard Schulte veranstaltet vom 25. April ab eine große Sonderausstellung von über 100 Werken der Münchner Känstlervereinigung „Luitpold⸗Gruppe“. — Außerdem werden Bilder von Aug. Böcher⸗Steglitz, Herm. Eißfeldt⸗Muünchen, Carl Felber⸗ Dachau, Oskar Larsen⸗Wien, Bruno May⸗Stuttgart, Valerie May⸗ Stuttgart und Alfred Zoff⸗Graz ausgestellt. 8
In Weimar fand gestern in Gegenwart Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs und einer glänzenden Gesellschaft von Ge⸗ lehrten, Schriftstellern und Bühnenkünstlern aus allen Teilen Deutsch⸗ lands, Englands, Frankreichs, Nordamerikas und Oesterreich⸗Ungarns die Festsitzung der Shakespeare⸗Gesellschaft statt. Der Präsident, Geheimrat Professor Dr. Brandl⸗Berlin erstattete einen ausführlichen Jahresbericht, der den Charakter eines Festvortrags trug, indem der Redner in ihm die ganze Geschichte der Shakespeare⸗Gesellschaft niederlegte und die Zwecke eingehend erläuterte, die bei ihrer Gründung maßgebend waren und auch fuͤr die Gegenwart gültig sein sollen. Als Vertreter der Stadt Weimar sprach dann der Oberbürgermeister Dr. Donndorf, als Vertreter der Goethe⸗Gesellschaft der Russische Wirk⸗ liche Staatsrat Raehlmann, als Vertreter des Deutschen Bühnen⸗ vereins der Generalintendant Gans Edler Herr zu Putlitz⸗ Stuttgart. Dann überbrachten die ausländischen Vertreter der Universitäten London, Chicago, Philadelphia, Budapest und der Ver⸗ treter der französischen Universität Reims Glückwünsche. Es wurde die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an je einen Vertreter des betreffenden Landes beschlossen. Unter anderen wurde für Oester⸗ reich⸗Ungarn der Nestor der deutschen Bühnenkünstler, Hofschauspieler Baumeister und für Amerika der amerikanische Shakespeare⸗Forscher Franz Schelling⸗Philadelphia durch die Ehrenmitgliedschaft aus⸗ gezeichnet. Als Ort für die nächste Tagung wurde wiederum Weimar festgesetzt. Darauf wurde der gesamte Vorstand mit Ausnahme Dr. Bürklins⸗Karlsruhe, der freiwillig ausscheidet, wiedergewählt, und durch die Zuwahl des Generalintendanten von Schierach⸗Weimar und des Geheimrats von Oechelhäuser⸗Karlsruhe verstärkt. — Der Prä⸗ sident teilte auch mit, daß Ihre Majestäten der Kaiser von Oesterreich und der König von England der Gesellschaft als Mitglieder bei⸗ getreten seien. — Abends wurde zu Ehren der Shakespeare⸗Gesellschaft im Hoftheater Shakespeares „König Richard III.“ gegeben. Heute vormittag findet am Shakespeare⸗Denkmal eine Gedenkfeier statt.
Literatur.
r Königlich preußischen Kunst sammlungen. Band 34, Heft 3 und 4. Beiheft zum 34. Band. Das dritte Heft des abgeschlossenen Jahrgangs, vornehmlich Forschungen über deutsche Kunst gewidmet, enthält an erster Stelle eine Untersuchung von H. A. Schmid über die Malereien Hans Holbeins des Jüngeren am Hertensteinhaus in Zürich. Der Verfasser gibt auf Grund der spärlichen Reste, die sich erhalten haben, einiger Entwürfe in Bafel sowie späterer Stadtansichten und Kopien eine sorgfältige Re⸗ konstruktion des wichtigen und umfangreichen Freskenzyklus. Danach ist die Autorschaft Holbeins für die Arbeiten an der Fassade völlig gesichert, für die im Innern des Hauses sehr wahrscheinlich. Die Fresken des Aeußeren, die nach einer beliebten Sitte der Zeit Szenen der römischen Geschichte, wie Scävola und Lucretia, als Musterbeispiele heroischer Tugenden darstellten, wurden in der Haupt⸗ sache 1518 ausgeführt. Der Einfluß einer Reise in die Lombardei, die der Maler damals ausgeführt haben muß, wird an diesen und weiteren Luzerner Arbeiten treffend nachaewiesen. Das Hertensteinhaus selbst mußte im Jahre 1825, ab⸗ gesehen von den Fundamenten, dem Neubau der heute noch stehenden Kreditanstalt weichen. — Hans von der Gabelentz bespricht, ausgehend von einem Altarbild im Weimarer Museum, die ikonographisch interessante Darstellung der Einhorn⸗ jagd auf spätmittelalterlichen Tafelbildern, Stickereien und graphischen Blättern. Die merkwürdigen Einzelzüge dieser mit Sinnbildern reich ausgestatteten Legende fließen aus verschiedenen Quellen zusammen: aus bildlichen Ausdrücken der Bibel, besonders des Hohenliedes, aus phantastischen Schilderungen fremder Länder, die, von antiken Schrift⸗ stellern übernommen, sich bis zur Renaissancezeit erhielten, aus Stellen der Kirchenväter, der geistlichen und weltlichen Dichtkunst und der volkstümlichen Predigt. Auch unter den Neuerwerbungen des Kaiser Friedrich⸗Museums findet sich ein aus der Altmark stammendes reizvolles Holzrelief mit der Einhornlegende, das ins letzte Drittel des 15. Jahrhunderts gehört. — Zwei unbeschriebene Zeichnungen von Dürer, die in den Besitz des Berliner Kupfer⸗ stichkabinetts gelangt sind, veröffentlicht Elfried Bock. Das eine Blatt, eine gekrönte Madonna mit dem Kinde und der heiligen Anna, das 1911 auf einer Berliner Lanna⸗Auktion gekauft wurde, erweist sich, obwohl weder bezeichnet noch datiert, doch als ein sicheres und hervorragendes Werk des Meisters, den dieses Motiv vornehmlich in den Jahren 1518 und 1519 beschäftigt hat. Das zweite, das aus Münchener Privatbesitz als Geschenk in die Sammlung kam, ist etwa vier Jahre spater anzusetzen Es handelt sich um den flüchtig, in großer Eile aufs Papier gebrachte Entwurf zu einem Bild der hl. Sippe, achtlos ausgeführt, was di Einzelheiten betrifft, aber von höchster Treffsicherheit in der Fest legung der Komposition. Das Blatt ist denn auch Dürer selbst s wertvoll erschienen, daß er es mit seinem Monogramm versehen hat. — Den Beschluß des Hefts bildet eine Studie von Detlev Freiherrn von Hadeln über Zeichnunge der früberen Zeit Tizians. Gemeint sind nicht eigent liche Jugendarbeiten, sondern Blätter aus der Zeit zwischen dem 30. und 50. Lebensjahre des Künstlers, der bekanntlich faß 100 Jahre alt geworden ist. Sie geben eine sichere Grundlag für die Beurteilung späterer Blätter. An eigenhändigen Zeichnungen aus der Folgezeit hat sich weit weniger erhalten, als man frühe glaubte; andererseits wird auch die unberechtigte Skepsis, die an de Existenz solcher Originalzeichnungen überhaupt zweifeln wollte, durch die Sicherung jener ersten Stücke wirksam bekämpft. — Im vierten Heft untersucht zunächst Friedrich Winkler die Tätigkeit Simon Marmions als Miniaturmaler. Er schreibt dem Künstler, von dem das Katser Friecdrich⸗Museum die bekannten zwei Tafeln