1914 / 99 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 28 Apr 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Vereinigte Ville im zu Hauptschalt⸗ stelle östlich von St. Tönis im Kreise Kempen, und zwar durch den Kreis Cöln (Land), Regierungsbezirk Cöln, und die Kreise Neuß (Land), Grevenbroich, Crefeld (Land), Kempen, Regierungsbezirk Düsseldorf, geführt werden soll, das erforder⸗ liche Grundeigentum nötigenfalls im Wege der Enteignung zu erwerben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. Bei den von dem Rheinisch⸗West⸗ fälischen Elektrizitätswerk unter dem 2. Februar und 4. März 1914 abgegebenen Verpflichtungserklärungen, aus seinen Werken und den Werken seiner Tochtergesellschaften (Elektrizitätswerk Berggeist A.⸗G. in Brühl, Bez. Cöln: Bergisches Elektrizitätswerk m. b. H. in Solingen; Bergische Licht⸗ und Kraftwerke A. G. in Lennep; Elektrizitäts⸗ und Wasserwerk Frechen G. m. b. H. in Frechen) über das in der eingereichten Karte bezeichnete Versorgungs⸗ gebiet hinaus ohne Zustimmung des Regierungspräsidenten in Düsseldorf keinen elektrischen Strom in das von den Elektrizi⸗ tätswerken der Ruhrtalsperrengesellschaft mit beschränkter Haf⸗ tung in Aachen, des Kreises Bergheim, der Niederrheinischen Licht⸗ und Kraftwerke in Rheydt und der Stadt München⸗ Gladbach versorgte Gebiet abzugeben, behält es sein Bewenden. Die eingereichte Uebersichtskarte folgt hierbei zurück. Venedig, den 26. März 1914. Wilhelm R.

Sydow. Freiherr von Schorlemer.

von Dallwitz.

An die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Innern.

von Breitenbach.

Auf Ihren Bericht vom 6. April 1914 will Ich der A. E. G.⸗Schnellbahn⸗Aktiengesellschaft in Berlin, die die Genehmigung erhalten hat, in Berlin eine elektrische Hoch⸗ und Untergrundbahn von der Ecke der Christiania⸗ und Schwedenstraße bis zur Ecke des Kottbuser Dammes und der Weserstraße anzulegen und zu betreiben, das Recht zur Ent⸗ ziehung und zur dauernden Beschränkung dessenig en Grundeigentums verleihen, das für diese Anlage erforder⸗ lich wird. Der eingereichte Uebersichtsplan folgt anbei zurück.

Achilleion, Korfu, den 13. April 1914. Wilhelm R. von Breitenbach. An den Minister der öffentlichen Arbeiisen.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts⸗ angelegenheiten. Dem Superintendenten Lange in Ratzeburg ist die Superintendentur des Kreises Herzogtum Lauenburg übertragen worden.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen

8 und Forsten.

Dem zum Kreistierarzt ernannten Tierarzt Otto Kaß⸗ baum ist die Kreistierarztstelle in Filehne und

dem um Kreistierarze ernannten Tierarzt Friedrich

Ebharde e Kreistierarztstelle in Hadersleben verliehen worden. 88 1

.

I

Die Oberförsterstelle Dippmannsdorf im Regie⸗ rungsbezirk Potsdam ist zum 1. August 1914 zu besetzen. Be⸗ werbungen müssen bis zum 15. Mai eingehen.

Evangelischer Oberkirchenrat.

Zum Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde Lukas Gonzalez (Argentinien) und der Nebengemeinden ist der Pfarr⸗ pikar Dr. Schiller in Kosel O. Schles.,

zum dritten Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Buenos Aires (Argentinien) der Pastor Ohlert in Buenos Aires berufen worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 28. April 1914.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Kaiser“ mit dem Chef der detachierten Division und S. M. S. „Straßburg“ am 25. April in Bahia Blanca (Argentinien), S. M. S. „Iltis“ am 26. April in Dalny und S. M. Flußkbt. „Vaterland“ an demselben Tage in Hankau ein⸗ getroffen.

Die Zweite Kammer beschäftigte sich in ihrer gestrigen Nachmittagssitzung mit einem vom Direktorium des Hauses eingebrachten Antrage, betreffend die Aenderung der Land⸗ tagsordnung. Der Minister des Innern Graf Vitzthum von Eckstädt erklärte laut Bericht des „W. T. B.“, daß die Regierung kein dringendes Bedürfnis einer Aenderung der Landtagsordnung anerkennen könne. Der Minister äußerte besonders Bedenken gegen die Einführung der sogenannten kurzen Anfragen und gegen die Gleichstellung der innerhalb und außerhalb Dresdens wohnenden Abgeordneten bezüglich der Diäten. Der Antrag des Direktoriums wurde schließlich einem aus sieben Mitgliedern bestehenden Ausschusse zur Weiterberatung überwiesen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Nach dem gestrigen Abendbulletin über das Befinden des Kaisers machte die Lösung des Katarrhs den Tag über keine Fortschritte. Der Hustenreiz ist mäßig. Auswurf

enügend, Allgemeinbefinden und Appetit vollkommen zufrieden⸗ tellend.

Der Kaiser empfing gestern, wie „W. T. B.“ meldet, den Erzherzog Franz Salvator und den Minister des Aeußern Grafen Berchtold.

Großbritannien und Irland.

Der Premierminister Asquith hatte gestern eine Audienz beim König im Buckinghampalast wegen der Ulsterfrage. Der Chefsekretär für Irland Birrell hatte eine Besprechung mit dem Vizekönig in Dublin.

Im Oberhaus fragte gestern Lord Lansdowne, ob von Dublin und Curragh, wie in der Presse berichtet worden sei, unverzüglich Truppen nach Belfast entsandt werden sollten, zweitens, ob andere Truppenbewegungen beabsichtigt seien, und drittens, ob die Regierung einen Angriff oder ernste Unruhen in Ulster befürchte. Der Lordgeheimsiegelbewahrer Marqueß of Crewe erwiderte laut Bericht des „W. T. B.“:

Erstens sei der Regierung keine Truppenbewegung von Dublin oder Curragh gemeldet worden, und es seien vom Kriegsamt auch keine Weisungen zu solchen Truppenbewegungen gegeben worden; zweitens könne er über beabsichtigte Truppenbewegungen nichts sagen, denn diese hingen ganz von den Umständen ab und richteten sich danach, ob möglicherweise in irgend einem besonderen Teile des Landes Truppen benötigt würden. Crewe fügte hinzu, seine Antworten seien von der Tatsache abhängig, daß der Ober⸗ befehlshaber in Irland innerhalb seines Kommandogebiets Truppen⸗ bewegungen vornehmen könne, ohne solche Maßnahmen erst der Re⸗ gierung vorlegen zu müssen. Was die dritte Frage anbetreffe, erklärte Crewe, so könne er sie mit größerer Berechtigung an Lansdowne richten. Die Vorgänge in Ulster am Sonnabend hätten eine direkte Hinderung der Beamten des Königs bei Ausübung ihrer Pflicht enthalten, ebenso wie eine Unterbindung des öffentlichen Wohles. Die Geschehnisse hätten zwar keine tatsächlichen Zusammenstoß und keinen Verlust an Menschenleben durch Gewalttätiskeiten mit sich gebracht, doch hätten diejenigen, die die Vorgänge herbeiführten, dies nicht voraussehen können. Solche bedauernswerten Folgen, wie die genannten, hätten sich ergeben können und es hätte zu ernsten Unruhen kommen können. Hinsichtlich der Frage, ob die Regierung ernste Unruhen befürchte, erwiderte er, daß die Regierung nach den ihr zugegangenen Mit⸗ teilungen und auf Grund der Erfahrungen, die sie gemacht habe, handeln müsse. Weitere Mitteilungen könne er nicht machen.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses fragte Keir Hardie, ob das Kabinett im Hinblick auf die günstigen Ergebnisse des Besuches des Königs in Paris die Ratsamkeit erwogen habe oder jetzt noch erwäge, dem König anzuempfehlen, einen gleichen Besuch in Berlin zu machen zu dem Zweck, das wachsende Gefühl der Freundschaft zwischen dem britischen und dem deutschen Volke zu verstärken. Der Parlaments⸗ untersekretär Acland erwiderte obiger Quelle zufolge:¹!

Er möchte Hardie daran erinnern, daß Seine Majestät der König etztes Jahr in Berlin einen Besuch abgestattet habe, und er höre,

es dem König nicht möglich sein werde, in diesem Jahre noch ere Staatsbesuche im Ausland zu machen.

Im weiteren Verlauf der Sitzung erklärte der Minister⸗ präsident Asquith in Erwiderung auf eine Anfrage, welche Schritte die Regierung nach den jüngsten Vorfällen in Ulster zu unternehmen beabsichtige:

Im Hinblick auf diese schwere Ausschreitung, die keinen Präzedenz⸗ fall besitzt, möge das Haus versichert sein, daß die Regierung unver⸗ züglich geeignete Schritte unternehmen werde, um dem Gesetz Achtung zu verschaffen, die Offiziere und Diener des Königs und Seiner Majestät Untertanen in der Ausübung ihrer Pflichten und in dem Genuß ihrer gesetzmäßigen Rechte zu schützen.

Das Haus nahm darauf die Pluralwahlrechtsbill in zweiter Lesung mit 324 gegen 247 Stimmen an.

pis- * Rußzland. Eir (abörlicher Erlaß ordnet die Schließun

finniscz unmdtags für den 2. Mai an. F“ ES“ 6b Im Senat stellte gestern bei der Erörterung der Thron⸗

rede der Senator Cavestany den Antrag, daß der König

eine Reise nach Argentinien unternehmen möge. Der

Minister des Auswärtigen de Lema erwiderte im Namen der

Regierung, daß diese sich über die Bedeutung einer solchen Reise

durchaus klar sei, und daß er die Art und Weise der Aus⸗

führung dieses Plans prüfen werde; denn in Argentinien lebten über eine Million Spanier, die diese Reise wünschten.

Schweden. Das gestern abend über das Befinden des Königs ausgegebene Bulletin lautet, wie „W. T. B.“ meldet: Die Besserung im Befinden des Königs schreitet normal fort. Der König bringt den größten Teil des Tages im Bette zu, kann sich aber täglich kurze Zeit im Freien aufhalten.

8 Luxemburg.

Der König und die Königin der Belgier sind gestern nachmittag zum Besuche der Großherzogin in Luxemburg einge⸗ troffen. Abends fand Empfang des belgischen Königspaares und des diplomatischen Korps statt. Darauf war Galatafel im Groß⸗ herzoglichen Palais, bei der, wie „W. T. B.“ meldet, die Großherzogin in einem Trinkspruch das Königspaar herzlich willkommen hieß, für den Besuch dankte, auf das freundschaft⸗ liche Verhältnis beider Länder und die engen verwandtschaft⸗ lichen Beziehungen der Herrscherhäuser hinwies und den König bat, ihr zu helfen, das freundschaftliche Verhältnis beider noch enger zu gestalten. Der König dankte mit einem längeren, warm gehaltenen Toast. Nach dem Mahl besichtigten die Hohen Herrschaften die festliche Beleuchtung der Stadt und nahmen dann vom Balkon des Palastes aus einen Fackelzug

entgegen. Türkei.

Der Jahrestag der Thronbesteigung des Sultans wurde gestern von der ganzen Bevölkerung festlich begangen.

Die Regierung veröffentlicht ein längeres Com⸗ muniqusé über die Ergebnisse der Untersuchung des Ministers des Innern bezüglich der Ursachen der Auswanderung der Griechen aus Thrazien. Danach hätten, wie „W. T. B.“ meldet, nach Griechenland geflüchtete Militär⸗ pflichtige in Briefen ihre Familien aufgefordert, nach Griechenland zu kommen. Andere seien aus Furcht ge⸗ flüchtet, daß sie wegen gewinnsüchtiger oder ehrverletzender Delikte bestraft würden, wieder andere aus Furcht vor der Rache ihrer muselmanischen Nachbarn, ein Teil endlich in der Absicht, sich die Güter, die von den aus Mazedonien aus⸗ gewanderten Muselmanen verlassen worden waren, anzueignen sowie aus anderen Gründen. Die Auswanderung begann zu⸗ nächst vereinzelt in der Stadt Adrianopel und den umliegenden Dörfern. Es wurde festgestellt, daß während der ganzen Auswanderungsbewegung mit Ausnahme einiger Ver⸗ wundungen kein Akt des Zwanges zu verzeichnen war. Obwohl nahezu 20 000 Menschen aus dem Wilajet Adrianopel ausgewandert sind, kamen doch nirgends Plünde⸗ rungen vor. Weder die Behörden noch die eingewanderten Muselmanen haben den geringsten Anteil an der Auswanderung.

Der Minister des Innern hat Befehl gegeben, daß die Aus wanderung derjenigen Dorfbewohner, die ihre Dörfer noch nich verlassen haben, nicht erlaubt werde. Die Behörden werden es verhindern, daß die Griechen zur Auswanderung verleitet werden. Zuwiderhandelnde werden bestraft werden. Der Wal von Adrianopel hat an die äe ein Rundschreiben ge richtet, in dem er dringende Maßnahmen vorschreibt, um die Auswanderungsbewegung zum Stillstand zu bringen, und das Tragen von Waffen untersagt.

Zwischen der Türkei und Rußland ist in der An gelegenheit der vierprozentigen Zollerhöhung sowie betreffs de Entsendung eines russischen Delegierten in den Verwaltungsra der Dette Publique Ottomane infolge der vom türkischen Finanzminister mit dem russischen Botschafter geführten Ver handlungen ein Einvernehmen erzielt worden. Die Pfort und der russische Botschafter werden obiger Quelle zufolg Noten wechseln, worin erklärt wird, daß die Pforte den Ein tritt eines russischen Delegierten in den Verwaltungsrat de Dette Publique Ottomane genehmigt, während Rußland de Zuziehung eines zweiten türkischen Delegierten zustimmt, de die Verwendung der Ueberschüsse der für den Dienst der Dett, Publique Ottomane bewilligten Einnahmen zu überwacher haben wird. Zur Verwirklichung dieses Uebereinkommens is das Einverständnis der anderen Mächte erforderlich, von denen einige bereits ihre Zustimmung erteilt haben. Der russische Delegierte tritt als Vertreter Rußlands in den Verwaltungsrat ein, während die anderen Delegierten die Syndikate der be treffenden Bondholders, also Private, vertreten. 8

Albanien.

Die griechischen Truppen haben nach einer Meldung der „Agence d'Athenes“ Nord⸗Epirus vollständig geräumt. Der Kommandant der griechischen Truppen bei Tepeline hat den Kommandanten der albanesischen Gendarmerie von dem Abzug der Truppen verständigt, worauf die Gendarmerie die von den Griechen geräumten Stellungen bezog.

Das italienische Geschwader Durazzo wieder in See gegangen.

ist gestern von

8 8* Amerika. 11“ 1

Der deutsche Botschafter in Washington Graf Bernstorff sprach gestern im Staatsdepartement vor und teilte dem Staats⸗ sekretär Bryan, wie „W. T. B.“ meldet, mit, daß Deutschland durch seine Gesandtschaft in Mexiko seinen Einfluß dahin aus⸗ üben würde, Huerta zu bewegen, die Vermittlung anzunehmen. Einer vom heutigen Tage datierten Meldung des genannten Telegraphenbureaus zufolge teilte der mexikanische Minister des Aeußern Rojas dem spanischen Botschafter in Washington Riano mit, daß Huerta bereit sei, das Anerbieten Bra⸗ siliens, Argentiniens und Chiles anzunehmen.

Der Agent des Insurgentengenerals Carranza, Ves⸗ quiera, erklärte bezüglich der Vermittlungspläne, jeder auf den Frieden abzielende Vorschlag sei für die Aufständischen annehmbar. Carranza habe befohlen, die Anstrengungen zur Eroberung von Tampico zu verdoppeln.

Nach einer Konferenz mit dem Präsidenten Wilson kündigte der Staatssekretär Bryan an, daß die Verhandlungen abgeschlossen seien, um allen Amerikanern das Verlassen Mexikos zu gestatten. 700 Amerikaner mit ihren Frauen, die noch in der Stadt Mexiko weilen, haben darauf mit ihren Vor⸗ bereitungen zur Abreise begonnen. Gestern ist in Veracruz ein Zug mit vielen Flüchtlingen eingetroffen, darunter nur fünf Amerikaner. Einige sind in Cordoba, andere im Hauptquartier des Generals Maas in Solidad gefangen gewesen. Wie die „New York Times“ aus Galveston melden, haben die dort aus Tampico eingetroffenen Flüchtlinge an den Deutschen Kaiser eine längere Depesche gesandt, in der sie für das schnelle Eingreifen des Kapitäns Köhler vom Kreuzer „Dresden“ danken, der sie vor dem Pöbel in Tampico gerettet habe.

Der japanische Botschafter in Washington hat, dem „W. T. B.“ zufolge, vom Staatssekretär Bryan für die Japaner in Mexiko, die das Land zu verlassen wünschen, die Erlaubnis erwirkt, sich nach den Vereinigten Staaten zu begeben. Um dies zu ermöglichen, wird das Einwanderungs⸗ gesetz zeitweilig suspendiert werden müssen. Die Japaner wohnen hauptsächlich an der pacifischen Küste von Mexiko.

Mit Ausnahme der panamerikanischen Eisenbahn, die von Guatemala die Westküste entlang führt, erhält Huerta den Betrieb sämtlicher mexikanischen Eisenbahnen mit eigenen Leuten aufrecht und hat alle Fremden fortgejagt. Die letzte, von ihm übernommene Eisenbahn ist die Tehuantepec Nacional, die quer durch den Tehuantepec⸗Isthmus führt und gemeinsames Eigentum der Regierung und des Lord Cowdray ist. Die Veracruz⸗ und Isthmus⸗Eisenbahn zwischen Tierra Blanca und Veracruz ist nicht in Betrieb, da die Brücke bei Boca del Rio, acht Meilen von Veracruz, mit Dynamit in die Luft gesprengt worden ist.

Die amerikanische Flagge ist gestern über dem Hauptquartier des Konteradmirals Fletcher in Veracruz gehißt worden. Bisher war sie nur über dem Zollamt gehißt.

Die Aufständischen rücken auf Piedras Negras vor um diese Stadt zu besetzen. Sie befinden sich etwa zwei Meilen von der Stadt. Tausende von den Einwohnern sind auf die amerikanische Seite hinüber geflüchtet.

Der amerikanische Generalkonsul Hanna in Monterey berichtet, wie „W. T. B.“ meldet, von einer ihm durch die Föderalisten widerfahrenen Demütigung:

Ein Hauptmann der Bundestruppen kam am 21. April, vom Pöbel begleitet, vor das Konsulat, erbrach die Tür und forderte die Einziehung der Flagge der Vereinigten Staaten; andernfalls würde er ihn erschießen. Inzwischen holten andere Bundessoldaten die Flagge bereits nieder und traten darauf herum. In das General⸗ konsulat wurde eine Wache gelegt und alle Insassen gefangen ge nommen. Am 22. April kam Polizei und durchsuchte das Gebäude Der Generalkonsul wurde unter dem Geleite der Menge über die Straße geschleppt, ins Zuchthaus und sodann in das Gerichtsgebäude gebracht, unter scharfer Bewachung gehalten und am Abend vo das Kriegsgericht gestellt mit der Beschuldigung, daß er es mit den Rebellen halte. Erst am 24. wurde er wieder freigelassen, als die Rebellen Monterey eingenommen hatten, die ihn sehr entgegenkommend behandelten.

Die argentinische Regierung hat ihre Ge⸗ nehmigung zu einer Protestkundgebung gegen die Intervention der Vereinigten Staaten in Mexiko versagt. Der Minister des Aeußern erklärte, obiger Quelle zufolge, daß die Vermittlung der südamerikanischen Republiken keine Bedingungen stelle und die Absetzung Huertas nicht zur Grundlage habe. Bolivien und Nikaragua erklärten sich Argentinien gegenüber bereit, sich der Vermittlung anzuschließen.

die Gesetze, mit denen sie nicht

Asien

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Zizikar hat der älteste General der dortigen Garnison Hsiuilanchou durch Anschläge bekannt gegeben, daß der Militärgouverneur Chutsinlan seines Amtes enthoben sei und * dessen Amt übernommen habe. Hsiuilanchou benachrichtigte offiziell das russische und das japanische Konsulat über die zum Schutze der Ausländer getroffenen Maßregeln. Der Telegraph befindet sich in den Händen der Meuterer; die Verbindung mit Peking ist nur durch den russischen Telegraphen möglich. Die Lage auf der Station Zizikar ist nach wie vor beunruhigend. Man befürchtet einen Zusammenstoß zwischen der meuternden Brigade mit Hsiuilanchou an der Spitze und den Polizeitruppen unter dem Oberbefehl des Generals NYin⸗ schun, der auf die Seite des abgesetzten Gouverneurs neigt.

Wie amtlich bekannt gegeben wird, hat die japanische Regierung beschlossen, sich an der Panamaausstellung zu beteiligen.

Parlamentarische Nachrichte

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses her Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (66.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher der Minister der geistlichen und Unter⸗ richtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz beiwohnte, wurde die zweite Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten und war dessen allgemeine Besprechung im Anschluß an den ersten Titel der dauernden Ausgaben, „Gehalt des Ministers“, in Verbindung mit der Erörterung der zu diesem Titel ge⸗ stellen Anträge des Zentrums, betreffend gesetzliche Gleich⸗ stelung der katholischen Orden, welche die Krankenpflege und sonstige Nächstenliebe üben (ein Antrag der Konservativen will das Wort „sonstige“ durch „gleichartige“ ersetzen) mit den anderen der Krankenpflege sich widmenden Vereinigungen und die Gewährung der Rechtsfähigkeit an die nicht mit Kor⸗ porationsrechten versehenen katholischen Ordensniederlassungen, fortgesetzt.

Abg. Kloppenborg⸗Skrumsager (Däne) beschwert sich über Unterdrückung der dänischen Sprache beim Religionsunterricht in Schleswig⸗Holstein seitens der Behörden. Bei der großen im Hause herrschenden Unruhe gehen die einzelnen Ausführungen des Redners für die Berichterstattertribüne verloren.

Abg. Dr. Porsch (Zentr.): Ich bin genötigt, auf das zu erwidern, was gegen meinen Freund Dittrich gesagt worden ist. Der Abg. von Campe hat gemeint, daß wir durch unsere Anträge in der Friedensgesetzgebung der 80er Jahre rütteln. Ich muß doch feststellen, daß jede Partei das Recht hat, in bezug auf zufrieden ist, Anträge zu stellen; und von diesem Rechte Gebrauch zu machen, ist auch die Zentrumspartei so unbescheiden. Das kann ihr nicht ver⸗ dacht werden. Ebenso wie die Herren Aronsohn und Genossen die Frage der Schulaufsicht behandeln können, werden wir das uch tun dürfen, und ich muß es mir ganz entschieden ver⸗ diten, daß man uns Vorschriften in dieser Beziehung machen vil. Wir sind es nicht, die den konfessionellen Frieden gefährden. Her von Campe hat ausgesprochen, die Kirche habe keinerlei Reckt an der Schule. Das muß ich ganz entschieden zuruͤck⸗ weisen. Die Kirche hat in bezug auf die Erziehung das älteste und legitimste Recht. Dieses Recht gründet sich auf die Worte des Stifters des Christentums, der gesagt hat: Gebet hin und lehret alle Dienern der Kirche die Aufgabe zugewiesen, die Völker in erziehen. Darum hat die Kirche in der ganzen Jahrhunderte langen Entwicklurg ihr Interesse an der Schule gezeigt. Der Antrag auf Verleihung der Rechtsfähigkeit an katholische Ordensniederlassungen stt absolut frei von irgendwelchen kulturkämpferischen Zielen und von irgendwelcher Möglichkeit, den konfessionellen Frieden zu gefährden. In der Oeffentlichkeit ist man vielfach der Ansicht gewesen, daß Herr don Campe vor einigen Jahren die Notwendigkeit einer Gesetzgebung in dieser Beziehung anerkannt habe. Er hat sich gestern dagegen derwahrt. Ich bitte ihn also um Entschuldigung, daß wir ihm eine endere Meinung untergeschoben haben. Dabei bleibt aber bestehen, daß alles das, was er gesagt hat, durchaus dazu geeignet ist, unseren Antrag zu begründen. Die klösterliche Niederlassung muß, um ihren Zweck zu erfüllen, eine ganze Menge von Kaufverträgen ab⸗ schließen, Dafür ist die Rechtsfähigkeit nötig; und in allen denjenigen Fällen, in denen der Staat eine Niederlassung genehmigt, sich also amit einverstanden erklärt hat, daß die Klöster dort bestehen, hat man geglaubt, mit Hilfe der Bildung von Gesellschaften m. b. H. usw. die Rechtsfähigkeit erlangen zu können. Das Kammergericht jat nun entschieden, daß die Rechtsfähigkeit nur mit einem beonderen gesetzgeberischen Akt verliehen werden könne, und diese Sudungen für nichtig erklärt. Deshalb ist es eine Notwendigkeit, a für die Niederlassungen eine Rechtsfähigkeit geschaffen wird. Ich abe die feste Ueberzeugung, daß jedermann, ob er nun die Klöster und Ordensniederlassungen für wünschenswert hält oder nicht, solange nan überhaupt solche Niederlassungen zuläßt, auch die Notwendigkeit mnerkennen muß, daß sie die Rechtsfähi keit bekommen. Dabei ist äegar nicht notwendig, daß jede solche Niederlassung die Rechts⸗ ahigteit erlangt. Für eine ganze Reihe von ihnen ist die chtsfähigkeit aber eine Lebensnotwendigkeit. 132 ernwenn der Antrag einer Kommission überwiesen wird, eine e cnete Lösung gefunden werden kann, und ich hoffe, daß auch

Regierung in der Kommission gern mitarbeiten wird. Nun

8

erg Herr⸗ von Campe behauptet, unser Antrag auf Aufhebung Beschränkungen für Qiden, die sich der Krankenpflege widmen, bedeute den Eingriff in die Friedensgesetzgebung der 80 er Jahre. Aber üülus ist ausdrücklich festgestellt worden, daß es der weiteren Ent⸗ dbenng überlassen bleiben müsse, sie im einzelnen noch auszugestalten. gger die Krankenpflegeorden sind in der Gesetzgebung des Jahres 88 irgendwelche Abmachungen gar nicht getroffen worden. 8 man den Krankenpflegeorden helfen will, dann muß man für . Untrag stimmen. Ich freue mich darüber, daß der Minister at. wenigstens teilweise entgegenkommende Erklärung abgegeben e war aber darüber erstaunt, daß er sich sofort ein den Krankenpflegeorden gegenüber ein glattes inte eusgesprochen hat. Die Worte des Ministers werden im ber Aane große Erregung hervorrufen, weil diese Personen sich * Ge in hingebendster Weise widmen. Den Orden werden * AufankSchwierigkeiten bereitet. Manche Polizeiorgane scheinen schika ne e darin zu erblicken, solchen Krankenpflegeorden gegenüber eiflch 18 Weise einzugreifen. Die Erregung ist deshalb sehr be⸗ e Abg. von Campe dient dem konfessionellen Frieden, lsamkeit er unseren Antrag ablehnt, sondern wenn er diese Un⸗ bekämpft. Bezüglich der Niederlassungen muß ffung en aufmerksam machen, datz zwischen Niederlassung und Nieder⸗ er zwer 1 Lroßer Unterschied ist. Unter ihnen sind viele mit einer sese muß auen Schwestern; das sind doch aber keine Niederlassungen. ehlwolen nan bei der Zahl ausscheiden. Wir wollen nicht von dem selg Recht nnes einzelnen Ministers abhängen. Wir wollen genau nfesfione haben, das die Krankenpflegeniederlassungen aller anderen

n haben. Wir wollen die gleiche Freiheit und das gleiche

er erdrückende Teil der Ordenspersonen entfällt auf die

Völker. Damit hat er den

Krankenpflegeorden. Selbstverständlich hat sich ihre Zahl seit der Zeit des Kulturkampfes sehr vermehrt; es muß aber eine richtige Statistik aufgestellt werden, in der auch nachgewiesen ist, in welcher Weise sich die Vermehrung der Anstalten der anderen Konfessionen vollzogen hat. Dann wird man sich davon überzeugen, daß noch viel zu wenig geschehen ist. Was die Krankenpflegeorden in der Mark Brandenburg anbetrifft, so mag sich Herr von Campe die katholischen Gegenden einmal ansehen, wo auch die Zahl von evangelischen Wohltätigkeits⸗ und Krankenpflegeanstalten außerordentlich gestiegen ist. Ueberall ist eine große konfessionelle Mischung eingetreten. Im übrigen möchte ich die Herren auffordern, sich die katho⸗ lischen Krankenpflegeorden einmal anzusehen. Ich glaube, dann werden die Herren zwei Gedanken haben: sie werden einmal den Personen danken für ihre verdienstvolle Tätigkeit, und zweitens werden sie wünschen, daß diese segensreiche Tätigkeit überall ausgeübt werden möchte. Die Krankenpflegeorden bilden absolut keine Gefahr für den Staat, da sie sich eng an eine staatlich anerkannte Religionsgemein⸗ schaft anlehnen. Es ist kein einziger Fall dafür vorgebracht worden, daß die Krankenpflegegenossenschaften oder einzelne Personen derselben den konfessionellen Frieden gestört hätten. Diese Genossenschaften haben überall im Volke vollste Anerkennung gefunden. Solange man gegen diese Genossenschaften keine anderen Gründe vorbringen kann, ist man auch nicht berechtigt, von Störung des konfessionellen Friedens zu reden. Der Abg. von Campe hat sich dagegen verwahrt, daß Fragen der Parität aufgerollt werden. Die katholische Kirche ist als solche im preußischen Staate anerkannt, und jeder katholische Preuße hat das Recht darauf, seinen Teil an der Kirche zu beanspruchen. Darum erwarten wir, daß unseren Krankenpflegegenossenschaften gegen⸗ über, solange man nichts gegen sie vorbringen kann, die gleiche Be⸗ bandlung wie den Anstalten anderer Konfessionen gegenüber eintritt. Herr von Campe berief sich für seine Auffassung auf die bavyerische Gesetzgebung. Mir ist diese nicht bekannt, aber jedenfalls gibt es in der Praxis keinen Anlaß zu Beschwerden; denn sonst würden meine bayerischen Gesinnungsgenossen sich dagegen gewandt haben. Warum stellt uns Herr von Campe nicht auch das Vorgehen der bayerischen Regierung in der Jesuitenfrage als Muster hin?

(Schluß des Blattes

Dem Reichstage sind eine Ergänzung zum Ent⸗ wurfe des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1914 und eine zweite Ergänzung des Entwurfs des Haushaltsetats für die Schutzgebiete auf das Rech⸗ nungsjahr 1914 nebst Anlage, ferner der am 20. Januar d. J. in London abgeschlossene Internationale Vertrag zum Schutze des menschlichen Lebens auf See und das dazu gehörige Reglement sowie der Vertrag über den Bau der Bahnstrecke Bidjoka Njong der Mittellandbahn in Kamerun zugegangen. ““

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Streitigkeiten zwischen den Berliner Kraftdroschken⸗ besitzern und ihren Fahrern (vgl. Nr. 93 d. Bl.) werden, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, wahrscheinlich durch einen Frieden beendigt werden. Bei dem Magistratsrat von Schulz, dem Vorsitzenden des Berliner Gewerbegerichts, haben gestern morgen vorläufige Be⸗ sprechungen zwischen den beiden Parteien stattgefunden, die dazu ge⸗ führt haben, daß man nunmehr in Einigungsverhandlungen eintreten wird. Die Verhandlungen sollten heute nachmittag unter dem Vorsitz des Magistratsrats von Schulz vor dem Einigungsamt stattfinden.

In der Gummiwarenfabrik Treugolnik in St. Peters⸗ burg wurde, wie „W. T. B.“ meldet, gestern die Arbeit wieder auf⸗ genommen. Am 1. Mai werden alle Abteilungen wieder im Be⸗ trieb sein.

Die Tabakarbeiter von Saloniki, Prawischte und Kawalla, die seit einigen Wochen feierten, haben, „W. T. B.“ zu⸗ folge, die Arbeit wieder aufgenommen. (Vgl. Nr. 88 d. Bl.)

Zum Ausstand der Grubenarbeiter in Colorado (vgl. Nr. 98 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Washington tele⸗ Farhie daß der Präsident Wilson sich persönlich an John .Rockefeller gewandt habe, er möge eine Verständigung in dem Grubenstreik herbeiführen und den Gewalttätigkeiten ein Ende machen, die viele Menschenleben gekostet und Eroßen Eigentumsschaden verursacht hätten. John D. Rockefeller hat das Ersuchen des Präsidenten dahin beantwortet, daß er seinen Sohn John D. Rockefeller, der seine Interessen vertritt, bitten werde, mit dem Vorsitzenden der Repräsentantenhauskommission für Bergwerke, Foster, zusammenzuwirken. Foster begab sich daraufhin auf Wunsch Wilsons nach New York, wo er eine Besprechung mit Rockefeller junior hatte. Letzterer hat es aber abgelehnt, die Streitig⸗ mit den Bergleuten in Colorado einem Schiedsgericht zu unter⸗ reiten.

Wohlfahrtspfleg

Im Sitzungssaale des Herrenhauses fand gestern nachmittag die Jahresversammlung des Volksheilstättenvereins vom Roten Kreuz aus Anlaß des 50jährigen Bestehens der Genfer Kon⸗ vention und des Roten Kreuzes statt. Der Saal war, wie „W. T. B.“ berichtet, dicht gefüllt von Mitgliedern und Freunden des Roten Kreuzes, die gekommen waren, sich die gegen⸗ wärtig wichtigsten Fragen im Kampfe gegen die Tuberkulose vor Augen führen zu lassen. Nach einleitenden Worten des Vorsitzenden des Zentralvorstandes, Generalarztes z. D. Dr. Werner, über „das Rote Kreuz und die Tuberkulose⸗ bekämpfung“ und des Generals der Kavallerie von Pfuel, der namens des Zentralkomitees und der preußischen Landesvereine vom Roten Kreuz den Volksheilstätten weiteren Fortschritt wünschte, nahm der erste Referent, Ministerialdirektor im Ministerium des Innern, Wirkliche Geheime Obermedizinalrat Professor Dr. Kirchner das Wort zu einem Vortrag über die „Erziehung der Frau zu einer antituberkulösen Tätigkeit“. Der Redner hob hervor, daß zwar die Tuberkulose in den letzten dreißig Jahren dank der erfolgreichen Bekämpfung außerordentlich zurückgegangen sei (auf Hunderttausend seien 1912 150, dagegen 1876 330 Tuberkulosekranke gekommen), daß aber im Vergleich zu der Abnahme der übrigen übertragbaren Krank⸗ heiten die Abnahme doch noch gering sei, und hauptsächlich den Lebensaltern, die der sozialen Gesetzgebung unterlägen, zugute komme. Von Osten nach Westen nehme die Krankheit zu, an der Spitze aber marschiere Berlin. Da müsse die Frau neben den Heil⸗ stätten und Fürsorgeanstalten helfend eintreten sowohl im Haushalt wie in der Krankenpflege. Als zweiter sprach der Geheime Medizinalrat Professor Dr. Bier über die Sonnen⸗ behandlung der chirurgischen Tuberkulose. Er streifte eingangs die verschiedenen Behandlungsmethoden, die operative, von der man jetzt etwas zurückgekommen sei, dann die innere, bei der Leberthran und Jod noch immer gute Wirkung täten, kam dann zu dem Tuberkulin von Robert Koach, das, mit Vorsicht angewendet, ein sehr wertvolles Mittel sei und recht gute Erfolge gebracht habe. Hinzukämen Seehospize, Höhenkurorte und Waldheilstätten; alle diese

Mittel aber würden in den Schatten gestellt durch die Sonne behandlung der Tuberkulose, bei der die einzelnen Körperteile methodisch bestrahlt würden. In Höhenluft und bei brünetten Menschen habe diese Behandlung die besten Erfolge gezeitigt. Auch in unseren Heil⸗ stätten habe man mit geschickter Auswahl der Sonnenstrahlen Erfolg gehabt; ja sogar in der Steinwüste Berlin unter den schlechtesten Verhältnissen sei ein großer Prozentsatz geheilt worden, so⸗ daß die Hoffnung bestehe, daß unsere Heilstätten, die unter günstigeren Bedingungen arbeiteten, vielen Hilfe hringen werden. An Stelle des verhinderten Stadtmedizinalrats, Geheimrats Dr. Weber berichtete sodann der Stadtrat Dr. Gottstein⸗Charlottenburg über „Die Gemeinden und die Tuberkulose“ und führte aus, daß die Gemeinden außer durch die Altersschwachen und die Kinder⸗ krankheiten gerade durch die Tuberkulose wirtschaftlich außer⸗ ordentlich belastet würden. Es sei Pflicht der Gemeinden, die Kranken in Heilstätten unterzubringen. Die Wohnungsfrage und ihre Lösung spiele bei der Bekämpfung der Tuberkulose eine wichtige Rolle. Alle Faktoren müßten da zusammenarbeiten, vor allem auch die Gesundheitspflege in der Schule und die Jugend⸗ fürsorge. Eine wichtige Aufgabe der Gemeinden sei die Schaffung von Sonderkrankenhäusern, aber noch dringender sei es, die Organisation dahin zu ergänzen, daß für die Wieder⸗ erwerbsfähigen ein Arbeitsnachweis geschaffen werde. Der Generalsekretär der Internationalen Tuberkulose⸗Vereinigung Professor Dr. Pannwitz erinnerte an die Anregung, die auf der vorjährigen Jahresversammlung gemacht worden sei, einen Welt⸗ tuberkulosetag zu schaffen. Vorgeschlagen sei, den Tag des längsten Lichts zu wählen, den 21. Juni; er forderte die Frauen des Deutschen Roten Kreuzes auf, den richtigen Tag finden zu helfen. Die Vor⸗ träge fanden starkes Interesse und großen Beifall. Zum Schluß dankte der Vorsitzende, Generalarzt z. D. Werner den Anwesenden für ihr Erscheinen.

Kunst und Wissenschaft.

Eine Werkstatt des vorgeschichtlichen Menschen. In St. Albans, einer der ältesten Siedlungen Englands, die jetzt auch bereits zu einem Vorort von London geworden ist, wurde bei Aus⸗ schachtungen zu Bauzwecken eine merkwürdige Entdeckung gemacht Unter der Oberflächenschicht und einer dünnen Lage von ganz feinem Sand, stieß man auf eine Ablagerung, deren Inhalt zweifellos auf eine Tätigkeit des vorgeschichtlichen Menschen verwies. Es fanden sich darin Feuersteinstücke von verschiedenen Arten und Formen, Tonscherben, Kieselsteine, die wahrscheinlich als Hämmer gedient haben, und endlich Tierknochen, von denen manche durch⸗ geschnitten und zu irgend welchem Zweck eingekerbt und bearbeitet waren. Unter dieser Schicht dehnte sich wieder feiner Sand bis zu unbekannter Tiefe aus. Eine genauere Unter⸗ suchung hat das Ergebnis gehabt, an dieser Stelle eine Art von vor⸗ geschichtlicher Werkstatt zu vermuten, in der Geräte aus Feuersteinen und anderen Stoffen vielleicht gewerbsmäßig verfertigt wurden. Die meisten Feuersteine hatten die Form langer und flacher Scherben, die eine willkürliche Bearbeitung insbesondere auch durch eine lichtblaue Färbung verrieten. Einer der Steine war augenscheinlich zum Ge⸗ brauch als Schabemesser hergerichtet. Die Beurteilung solcher stein⸗ zeitlichen Geräte ist sonst ziemlich schwer, und namentlich ist ihr Alter selten mit Sicherheit zu bestimmen. Ein Vertreter der prä⸗ historischen Wissenschaft hat es in diesem Fall auf die Zeit eingeschätzt, die als Magdalenische Periode in der Entwicklung des vorgeschichtlichen Menschen bezeichnet wird. Sie gehört der älteren Steinzeit an. Die Knochen, die zusammen mit jenen Feuersteingeräten zutage gefördert worden sind, stammen von einer kleinen Schafart, daneben finden sich Ochsenzähne, und ein Wadenbein ist auf die Herkunft von einem Hirsch gedeutet worden. Beachtenswert ist der Umstand, daß unfern von dem genannten Platz vor kurzem noch ein anderer Fund von Feuersteingeräten gemacht worden ist, deren Alter zwar auch auf ältere Steinzeit, aber auf die Epoche des Aurignacien geschätzt worden ist. Wenn beide Urteile richtig wären, so würde man also in der Nachbarschaft von London die Reste von zwei Perioden der älteren Steinzeit nachgewiesen haben.

Eine versteinerte Riesenlibelle. Der Begriff der V

steinerung müßte eigentlich ausgemerzt werden, denn die Reste aus⸗ gestorbener Tiere und Pflanzen, die sich in Ablagerungen älterer Schichten der Erdkruste finden, sind selten eigentlich versteinert, sondern nur mit dem Gestein verbunden. Die Reste selbst bestehen entweder in Abdrücken oder in Gesteinsausfüllungen der Hohlräume (sogenannten Steinkernen) oder endlich in den ursprünglichen Stoffen selbst, ob es sich nun um Knochen, Kalkschalen oder andres handeln mag. Die Erhaltung richtet sich hauptsächlich nach der Gesteinsart, und feine Sand⸗, Kalksteine und Schiefer sind am besten dazu ge⸗ eignet. In ihnen finden sich nicht nur die Ueberbleibsel von Lebewesen mit festen Hartgebilden wie die Muschelschalen, Schneckengehäuse, Zähne und Knochen höherer Tiere, sondern mitunter auch die zartesten Körperformen. Sind doch sogar in alten Gesteinen die Ab⸗ drücke von Quallen nachgewiesen worden, die aus wenig mehr als aus einem Klumpen Schleim bestehen und rasch zerfließen, wenn sie vom Meer auf den Strand geworfen werden. Besonders und mit Recht berühmt wegen ihrer wundersamen Schätze an zarten Tierresten sind die einzigartigen lithographischen Schiefer von Solenhofen. Dort haben sich namentlich auch Insekten so vollendet erhalten, daß jede Linie des Netzgeäders der Flügel erkennbar ist. Damit aber stehen diese dem Jura angehörigen Gesteinlager nicht ohne Beispiel da, sondern noch ältere Gesteine, vorzugsweise alte Sandsteine und Schiefer der Steinkohlenformation, haben in verschie⸗ denen Ländern, sowohl in Deutschland wie in Belgien, Frankreich, England, Vereinigten Staaten usw., eine verhältnismäßig reiche und schön erhaltene Insektenfauna geliefert. Einen neuen prachtvollen Zeugen dieser vor Jahrmillionen ausgestorbenen Insekten⸗ welt hat Dr. Bolton durch einen Fund in den englischen Kohlen⸗ lagern ans Tageslicht gezogen. Es handelt sich um den Rest einer Libelle, die eine Riesin unter ihresgleichen gewesen sein muß. Er⸗ halten ist von dieser nur ein Drittel des linken Vorderflügels, aber dies Stück mißt allein 6 ½ ecm in der Länge und 4 cm in der Breite, sodaß die Länge des ganzen Flügels auf fast 20 cm ge⸗ schätzt werden muß. Die ganze Spannweite der Libelle beim Flug hat also mehr als 40 cm betragen, und man würde sich wohl einigermaßen wundern, heute ein derartiges Rieseninsekt auftauchen zu sehen, mit dem selbst die größten tropischen Schmetterlinge nicht in Vergleich treten könnten.

v“ .“

Nr. 33 des,Zentralblatts der Bauverwaltung', heraus⸗ gegeben im Ministerium der öffentlichen Arbeiten, vom 25. April 1914 hat folgenden Inhalt: Amtliches: Dienstnachrichten. Nicht⸗ amtliches: Die Neubauten für den Friedhof in Frankfurt a. M. Fortschritte des Eisenbahnbaues in den afrikanischen Schutzgebieten im Kalenderjahr 1913 und Betriebsergebnisse der Schutzgebietsbahne im Rechnungsjahr 1912. Vermischtes: Berechnungsart der Neubau kosten von Gebäuden für die Ermittlung der Höhe der Unterhaltungs kosten. Ingenieurbesuch des internationalen Gesundheitsrats in Konstantinopel. Wettbewerbe für Entwürfe zu einem Gemeinde haus für die evangelische Kirchengemeinde Marrloh in Hamborn und zu einer Stadthalle in Erfurt. Wahl des zweiten Bürgermeisters von Heidelberg. Bildpostkarten vom Bismarck⸗Nationaldenkmal. Geplante Eisenbahn Orenburg —Ufa—Kungur. Bücherschau.

8

2