1914 / 103 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 02 May 1914 18:00:01 GMT) scan diff

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Höhe der Staatsmittel doch etwas unterschätzt. Man würde nicht allein zu den Kosten der Besolbung für acht oder zehn Professoren beitragen müssen, sondern man müßte auch einen angemessenen wissen⸗ chaftlichen Apparat beschaffen, dessen eine theolegische Fatultät bedarf.

Zurzeit reichen die an den dortigen L hranstalten vorhandenen Ein⸗

richtungen für die theologische W ssenschaft nicht aus. Wir stimmen

89 Ueberweisung der beiden Anträge an die Kommission zu, denn sie edürfen einer genauen Eröreerung.

Abg. Dr. Bredt⸗Marburg (freikons.): Es ist nicht aus⸗ geschlossen, daß der ganze Charakter der Stadt Frankfurt immerhin einen gewissen Einfl auf den Charakter der Universität ausübt. Selbstverständlich stehe ich auf dem Standpunkt, daß zu einer richtig n Universität eme theologische Fakultät gehört, aber wir müssen doch hier die Frage aufwerfen, ob es sich bei der Frankfurter Universität wirklich um eine Universität handelt. In der staatswissenschaft⸗ lichen Fakultäat werden z. B. Dinge gelehrt, denen man eigentlich einen wissenschaftlichen Charakter nicht mehr zusprechen kann. Es sollen hier Vorlesungen über Warenkalkulatton, kauf⸗

nännisches Rechnen usw. abgebalten werden. Das kann man als Wissenschaft aber unter keinen Uamständen bezeichnen. Den Handels⸗ wissenschaften soll die „Frankfurter Zeitung“ zu Grunde gelegt werden. Die Wissenschaft kann sich nur damit befassen, die objekt’ve Wahrheit

u erforschen und darzustellen. Es ist eine falsche Auffassung, wenn

einen gewissen Einfluß auf den Geist der Universität zu gewinnen denkt, daß man einen Zuschuß zu den Kosten der theologischen Fakultät gewährt. Man kann dann böchstens einen Einfluß auf die theologische Fakultät ausüben. Man könnte ja sagen, lassen wir ruhig einmal die Frankfurter Uni⸗ sich so weiter entwickeln, wie sie angefangen hat, dann ommen die anderen Universitäten am besten dabei weg, und die Frankfurter werden ja auch so dabei fahren, wie sie fahren wollen. Nun aber entsteht auch die Frage: Können wir es denn über⸗ haupt verantworten, in Frantfurt eine theologische Fakultät einzurichten, und liegt denn da überhaupt ein Bedürfnis afür vor? Ich glaube, daß in Frankfurt gar nicht das richtige Milieu für eine evangelisch⸗theologische Fakultät vorhanden ist und für eine kätholisch⸗theologische Fakultät liegt sicherlich kein Bedürfnis vor, nachdem wir eben erst in Munster eine neue Fakultät errichtet haben. Schließlich muß aber auch das betont werden: Marburg ist von jeher be⸗ sonders bedeutend gewesen durch seine tveologische Fakultät. Da sollte man jetzt nicht eine Konkurrenzfakultat in Frankfurt errichten. Marburg wird ohnedies schon ung fähr die Hälfte seiner Studterenden an Frankfurt abgeben müssen. Lassen wir die Frankfurter Universität sich ruhig so weiter eutwickeln, wie es dem Geiste ihrer Stifter dann werden schließlich alle Teile auf ihre Rechnung ommen. Abg. Dr. Lohmann (nl.): Staatsmittel sollten von vorn⸗

herein für die Frankfurter Universität gar nicht aufgewendet werden, deehaib sind wir über den Antrag der Konservativen sehr erstaunt. Eine theologische Fakultät ist von den Stiftern der Universität in Frankfurt gar nicht in Auesicht genommen worden. Wir wünschen, daß dieser Antrag in der Budgetkommissson beraten wird.

Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. DPr. von Trott zu Solz:

Meine Herren! Wie in der Kommission, so möchte ich hier zum Ausdruck bringen, daß auch nach Auffassung der Unterrichtsverwaltung und nach meiner Auffassung zu einer vollen Universität in unserem Sinne eine theologische Fakultät gehört. Ich möchte hinzufügen, daß

ie Staatsregierung dem Plan, eine Universität in Frankfurt zu be⸗ gründen, nicht näher getreten wäre, wenn grundsätzlich die Begründung einer theologischen Fakultät an dieser Universität ausgeschlossen worden wäre. Das ist aber, wie ich auch bereits in der Kommission hervorgehoben habe, nicht geschehen. Es heißt in den Verträgen, die über die Ge⸗ währung von Mitteln zur Begründung einer Universität abgeschlossen worden sind, daß zunächst folgende Fakultäten begründet werden sollen. Unter diesen Fakultäten ist allerdings eine theologische nicht genannt, es geht aber aus der erwähnten Fassung hervor, daß der späteren Einrichtung einer theologischen Fakultät nach diesen Be⸗ stimmungen nichts in den Weg gelegt worden ist. Wenn ich mich entschlossen habe, den Plan der Begründung einer Universität in Frank⸗ furt a. M. ohne gleichzeitige Errichtung einer theologischen Fakultät näher zu treten und ihn zu fördern, so war für mich einmal der Um⸗ tand maßgebend, daß dadurch an der grundsätzlichen Stellungnahme für die theologische Fakultät nichts geändert würde, weil eben die Möglichkeit einer späteren Errichtung einer solchen Fakultät frei⸗ gehalten war, und dann der Umstand, daß in der Tat, wie Herr Ab⸗ geordneter Bredt hervorgehoben hat, zurzeit ein Bedürfnis zur Er⸗ richtung einer weiteren theologischen Fakultät als vorhanden nicht bezeichnet werden konnte, zumal damals schon der Plan im Schoße der Regierung erwogen wurde, in Münster eine weitere evangelisch⸗theo⸗ logische Fakultät zu errichten. Daß dieses letztere aber, wie ich hoffe mit Ihrer Zustimmung, jetzt geschieht, das ist doch der deutlichste Be⸗ weis dafür, welchen Wert die Staatsregierung auf die Errichtung von theologischen Fakultäten überhaupt im Anschluß an die bestehenden Universitäten legt.

Nun ist es keine Neuerung, meine Herren, daß bei der Neu⸗ gründung einer Universität nicht alle üblichen Fakultäten gleichzeitig errichtet werden. (Sehr richtig!) Wenn Sie in der Geschichte der Universitäten zurückblicken, so werden Sie vielfach finden, daß zunächst

ne, zwei oder drei Fakultäten errichtet worden sind, und daß dann allmählich die Universität vervollständigt worden ist. Das nächste Beispiel dafür ist ja Münster. Insofern ist es also keine Neuerung, wenn jetzt in Frankfurt eine Universität zunächst ohne eine theologische Fakultät begründet werden soll.

Nun verschließe ich mich aber keineswegs den Gründen, welche die Herren Konservativen bestimmt haben, in ihrem Antrage doch den Wunsch zum Ausdruck zu bringen, daß eine theologische Fakultät in Frankfurt schon jetzt errichtet werden möchte. Ob es freilich möglich sein wird, ohne Aufwendung von Staatsmitteln das zu erreichen, ist mir in hohem Grade zweifelhaft, nicht sowohl wegen etwa in Frank⸗ furt bestehender abgeneigter Gesinnung einer theologischen Fakultät gegenüber überhaupt, als deshalb, weil das Stiftungswerk jetzt ab⸗ geschlossen ist. Es sind für alle übrigen Zwecke reichlich Mittel vor⸗ handen; sie sind aber für diese Zwecke festgelegt. Ich glaube also, es wird kaum zu erreichen sein, daß man jetzt noch einmal an die in Frage kommenden Persönlichkeiten in Frankfurt herantritt und ihnen zumutet, nun noch weitere Stiftungen zu machen, um eine theologische Fakultät begründen zu können. Ich kann mir, zurzeit wenigstens, von einem derartigen Vorgehen einen Erfolg aus der Entwicklung, die die Dinge genommen haben, nicht versprechen. Ob das später möglich ist, würde eine andere Frage sein, wenn die Universität erst einmal ins Leben getreten ist, und dann vielleicht in Frankfurt selbst der Mangel der noch fehlenden theologischen Fakultät hervortritt. Es könnte dann eher möglich sein, daß sich noch wieder Stifter finden, die die Mittel für die theologische Fakultät aufbringen. Zurzeit aber würde das Ziel, das die Herren im Auge haben, wohl nur durch Aufbringung

von Staatsmitteln erreicht werden könneaasxs

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Ich selbst konnte auf einen solchen Gedanken na 1 em bisherigen Gange der Verhandlungen kaum kommen; denn das war bisher die Vorbedingung für alle Ihre Entschließungen, meine Herren, auf die⸗ sem Gebiete, daß für diese Universität unter keinen Umständen Aus⸗ gaben aus Staatsmitteln gemacht werden sollten.

Wenn Sie sich nun aber aus den Gründen, die Herr Winckler vorgetragen hat, entschließen, Staatsmittel für diesen Zweck zur Ver⸗ fügung zu stellen, so könnte ich als Unterrichtsminister dagegen an sich gewiß nichts einwenden. Ob es aber zu rechtfertigen sein wird, für diesen Zweck Mittel zur Verfügung zu stellen, obgleich dafür ein dringendes Bedürfnis nicht vorliegt, ist eine andere Frage. Das würde noch zu prüfen sein und den Gegenstand der Verhandlungen in der Kommission bilden.

Daß es an und für sich nach den verabredeten Bestimmungen über die Gründung der Universität Frankfurt theoretisch möglich ist, an ihr eine Fakultät von Staats wegen mit Staatsmitteln einzurichten, scheint mir unzweifelhaft zu sein. Ich glaube, daß nicht eine der Be⸗ stimmungen, wie wir sie in Aussicht haben, rechtlich dem entgegen⸗ stände. Es könnte sehr wohl eine theologische Fakultät auf Staats⸗ kosten angefügt werden, ebenso wie sich irgend ein einzelner Lehrstuhl in einer der vorhandenen Fakultäten auf Staatskosten anfügen ließe. Dieser Punkt ist bei den Vorverhandlungen auch berührt worden, daß, wenn demnächst etwa der Staat das Bedürfnis empfinden sollte, einen bestimmten Lehrstuhl noch an der Universität Frankfurt zu begründen, der aus irgendwelchen Gründen in Frankfurt selbst nicht errichtet wurde, er rechtlich hierzu in der Lage sein würde. Es muß das natür⸗ lich auch bezüglich einer ganzen Fakultät gelten. Also insofern würde rechtlich nichts entgegenstehen. Der wesentliche Punkt würde die finan⸗ zielle Frage sein, und die Frage, ob ein Bedürfnis anzuerkennen ist. Hierüber wird die Behandlung in der Kommission, der Sie diese An⸗ gelegenheit überweisen wollen, noch weitere Klarheit zu schaffen haben.

Abg. Oeser (fortschr. Volksp): Wenn wir die Verhandlungen in der Kommission und in diesem Hause über die Gründung der Frankfurter Universität nachlesen, so müssen wir sagen, daß von Konsequenz gar keine Rede sein kann. Es hieß immer einmal so und dann einmal so. In Frankfurt sind die vielen Millionen, die zur Gründung der Universi ät notwendig waren, in verhältnismäßig sehr karzer Zeit zusammengekommen. Da hätte man erwarten sollen, daß diese Opferwilligkeit hier im Hause einige Anerkennung finden würde. Das ist aber ganz und gar nicht der Fall. Wir begegnen einem negativen Wohlwollen bis in die Reihen der Par⸗ teien hinem, von denen man annehmen sollte, daß sie sich über die Errichtung dieser neuen Wissensstätte freuen könnten. Die Frankfurter Universität entspricht durchaus den Anforde⸗ rungen, die verfassungsmäßig an sie gestellt werden können. Das Maß an Staatseinfluß in Frankfurt a. M. ist durchaus gewahrt, vielleicht in weitergehendem Maße, als man an⸗ nehmen konnte. Die Universität in Frankfurt a. M. ist ein Rechtssubjekt für sich selbst, derhalb hat nicht die Stadt Frankfurt über die Gelder zu beschließen. Es ist richtig, daß die Errichtung einer theologischen Fakultät grundsätz⸗ lich nicht ausgeschlossen ist. Die Stifter sind Privatkreise und Korporationen, die ganz bestimmte wissenschaftliche Zwecke ver⸗ folgen. Sie können sich also nicht Gelder entziehen, die für andere Zwecke vorhanden sind. Auch die übrigen Spender gehören bestimmten Berufskreisen an, aus denen sich bestimmte Interessen ergeben. Wenn das Bedürfnis nach einer theologischen Fakultät so dringend ist, wie es hier hingestellt wurde, so werden sich auch Interessenten⸗ kreise finden, die die Gelder für eine theologische Fakullät in Frank⸗ furt a. M. aufbringen. In der Denkschrift über die Schaffung der Universisät heißt es über die theologi che Fakultät, daß eine Not⸗ wendigkeit zur Schaffung dieser Fakultat nicht besteht. Eine grund⸗ sätzliche Ablehnung ist also nicht ausgesprochen; verneint ist nur das allgemeine Bedürfnis, verneint wird auch ein besonderes lokales Bedürfnis. Auch die Bezirkssynode, die der Abg. Winckler zitierte, hat sich auf den Standpunkt gestellt, daß sie ein lokales Bedürfnis nicht anerkennen kann. Diese beiden Gründe sind bis heute noch nicht widerlegt worden. Ich verkenne die allgemeine Bedeutung einer theologischen Fakullät nicht; wenn das Bedürfnis danach aber vorbanden ist, dann wird es ja bervortreten. Dann wird auch Abhilfe geschaffen werden. Man kann das Bedürfnis ebenso abwarten, wie man es in Münster abgewartet hat, wo die theologische Fakultät auch erst später eingerichtet wurde. Wir werden abwarten, was die Budgetkommission aus den beiden vorliegenden Anträgen herausarbeitet; dann werden wir endgültig Stellung nehmen. Bisher hat man Frankfurt in der Universitätsfrage nicht entgegen⸗ kommend behandelt, und nun ist man mit einem Male ganz generös. Die Sache erinnert in ihrer Entwicklung etwas an die Geschenke der Danaer; man möchte eben einen noch größeren Einfluß auf den Unter⸗ richtsbetrieb und den Geist der Frankfurter Universität erlangen. Das ist aber nicht möglich. In Frankfurt ist ein guter Boden für alle religiösen und wissenschaftlichen Zwecke. Wir bringen dies Opfer, um der Wissenschaft willen, wollen aber der freien und unbeeinflußten Forschung dienen. Der Antrag der Konservativen schafft einen Prä⸗ zedenzfall, dessen wir uns bei Gelegenheit gern erinnern werden. Es werden sehr erhebliche Summen für eine evangelische Fakultät allein notwendig sein; man veranschlagt die kapitalisierten Kosten auf 800 000 Mark, wozu aber noch die sachlichen Kosten kommen, die sehr erheblich sein werden. Man kann aber nicht für eine einzige Wissenschaft Staats⸗ mittel aufwenden und die anderen abweisen. Wenn es notwendig ist, kann man zu den Stiftern das Vertrauen haben, daß sie die Mittel für die theologische Fakultät aufbringen. Durch die Staatshilfe schafft man Fakultäten mit zweierlei Recht. Dadurch würden aber Reibungen entstehen, die vermieden werden müssen. Der konserpative Antrag wälzt das Risiko von der Universität auf den Staat ab; wir können ihn nicht gutheißen. Der nationalliberale Antrag ist unverständlich; denn wie will man ohne Mittel eine Fakultät gründen? Er muß zu denselben Konsequenzen führen wie der konservative. Ueber die Argumentation des Abg. Bredt war ich sehr erstaunt, er bekämpft die Universität mit dem Vorlesungsverzeichnis der Frankfurter Akademie für soziale und Handelswissenschaft. (Abg. Dr. Bredt: Sie wird doch der Universität angegliedert!) Gewiß, aber doch nur als Handels⸗ akademie. Daraus kann man doch kein Argument gegen die Frankfurter Universität ableiten. Wir wünschen, daß man die Frankfurter Uni⸗ versität nur erst einmal entstehen läßt und ihr die Möglichkeit einer Fortentwicklung gibt. Möge sie eine Stätte freier Forschung und un⸗ Ferinshaheer Lehre moderner Wissenschaft werden.

Die Besprechung wird geschlossen.

Persönlich bemerkt

Abg. Dr. Bred.t (freikons.: Den Ausführungen des Abg. Oeser über das Unterrichtsprogramm der Frankfurter Universität er⸗ widere ich, da6 ich vorhin das wiedergegeben habe, was ausdrücklich in dem Vorlesungsverzeichnis der Frankfurter Universität steht.

Beide Anträge werden der Budgetkommission über⸗ wiesen. 1

Die Abgg. Dr. Hager⸗Gladbach (Zentr.) und Gen.

beantragen: „die Regierung zu ersuchen, 1) für einen besseren Ausbauder Auslandsstudien im Interesse des auswärtigen Dienstes, des Kolonialdienstes, des Handels und der Industrie Sorge zu tragen; 2) in Erwägungen darüber einzutreten, ob für diesen Ausbau eine Umgestaltung des Seminars für orientalische Sprachen zu einer

Die Abgg. Graf von der Groeben (kons.) und Gen.

beantragen:

„die Regierung zu ersuchen, an der Universität Berlin die er⸗ forderlichen Einrichtungen zu schaffen, welche eine allseitige Pflege der das Ausland betreffenden Wissenschaftsgebiete in Lehre und Forschung sowie für die in Betracht kommenden praktischen Berufe ermöglichen“.

Abg. Dr. Hager (Zentr.): Die Frage einer deutschen Auslands⸗ hochschule ist nicht neu. Es handelt sich hier nicht um eine politische Frage, sondern um eine Hochschulfrage. Die Verhältnisse in Deutsch⸗ land haben sich seit dem Deutsch⸗Französischen Kriege wesentlich ver⸗ schoben. Unsere Wirtschaft ist Weltwirtschaft, unser Handel ist Welt⸗ handel geworden. Wollen wir den anderen Ländern gegenüber kon⸗ kurrenzfähig bleiben, so müssen wir in die wirtschaftlichen Verhältnisse der fremden Länder eindringen. Wir müssen nicht nur ihre Sprache kennen lernen, sondern wir müssen auch über die juristischen und nationalökonomischen Verhältnisse dieser Länder unterrichtet sein. Dies kann aber am zweckmäßigsten nur durch den Ausbau der Aus⸗ landsstudien geschehen. Ein besserer Ausbau der Auslandsstudien ist im S unseres auswärtigen Dienstes, des Kolonialdienstes und des Handels und der Industrie dringend notwendig. Die Beamten unseres auswärtigen Dienstes sind sehr häufig mit den Verhältnissen des Landes, in welchem sie tätig sind, nicht in dem Maße vertraut, wie es wünschenswert wäre. Und bheer. Mangel soll durch die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen abgeholfen werden. Unser deutscher Kauf⸗ mann kann in fremden Ländern bei der gesteigerten Konkurrenz nur festen Boden fassen und den gewonnenen Boden dauernd behaupten, wenn er die Länder genau kennt, nach welchen er exportiert. Für den Ausbau der Auslandsstudien muß mehr als bisher geschehen, und ich hoffe, daß sich auch die Regierung dieser Auffassung nicht verschließen wird. Auch der Schülerkreis wird bei dieser Auslandshochschule ganz anders sein, als der bei den Universitäten, weil vorzugsweise ältere Leute in Frage kommen. Eine Erweiterung der philosophischen Fakul⸗ tät in Berlin ist nicht empfehlenswert. Wenn die Handelshochschulen diesem Zwecke dienen sollten, müßten sie vollkommen umgestaltet wer⸗ den. Das Orientalische Seminar ist schon jetzt eine besondere Hoch⸗ schule, an der nicht nur europäische, sondern auch afrikanische Sprachen gelehrt und auch Vorlesungen über die wirtschaftliche Bedeutung der Sprachgebiete gehalten werden. Ich halte den Ausbau des Orientali⸗ schen Seminars für die Zwecke, die der Antrag verfolgt, durchaus 88 geeignet. Dieses zu schaffende Institut ist jedoch nicht nur für die Interessenten bestimmt, sondern auch Nationalökonomen und Juristen müßten sich mehr mit Auslandsstudien beschäftigen, dann werden wir in dem wirtschaftlichen Kampfe unseres Volkes mit dem Auslande Sieger bleiben.

Abg. Graf von der Groeben k(kons.): Am Eingange unserer Universität stehen die Standbilder der beiden Humboldts, die als Genius des Ortes zu bezeichnen sind. Das Charakterbild dieser beiden Männer ist seither der Leitstern der Universität gewesen. Seit ihrer Zeit hat sich eine größte Spezialisierung aller Wissensgebiete als not⸗ wendig erwiesen, auf der anderen Seite ist aber der Drang der Spezia⸗ lisierung nach einer Universaktfat der Wissenschaft hervorgetreten. Die deutsche Kultur ist mit den Kulturen in aller Welt in Verbindung ge⸗ treten, hat sie befruchtet und von ihnen Befruchtung empfangen. Es ist aber auffallend, daß erst leise, dann immer lauter der Ruf erklang, daß auf manchen Gebieten unsere Wissenschaft doch noch nicht alle Aufgaben erfüllt, welche sie zu erfüllen hat, für die ver⸗ schiedensten Berufe so vorzubilden, wie es notwendig ist. Wenn jetzt Zweifel bestehen, so kann es nur über den Weg sein, den wir zu gehen haben. Da möchte ich glauben, daß der Weg, den der Antrag ver⸗ folgt, wohl zum Ziele führen könnte. Den Männern, die, hinaus⸗ gehen ins Ausland, müssen ganz bestimmte Kenntnisse mitgegeben werden können. Es wird z. B. neben den mehr praktischen Kennt⸗ nissen eine gute Kenntnis der kelicissen Ueberzeugung, des Gottes⸗ glaubens des 1“ Volkes am Platze sein. Kurzum in sämtlichen wissenschaftlichen Gebieten, in sämtlichen Fakultäten liegen Problen und Aufgaben, welche in spezieller Weise zu lösen sind. Und das wird am besten an die einzelnen Fakultäten angegliedert werden. Es wäre noch die Frage zu erwägen, ob nicht etwa an Stelle der Univer⸗ sität die Her elösgch chule heh Aufgaben übernehmen sollte, und es könnte vielleicht an diese eine Auslandshochschule angegliedert werden. Das deutsche Volk ist ja erst seit kurzem hinausgetreten in die weite Weltwirtschaft. So ist auch hier dies nur der erste Schritt auf einem Wege, auf dem in absehbarer Zeit noch viele andere folgen müssen. Ich beantrage, unsere beiden Anträge an die Unterrichtskommission zu überweisen. Es ist bei uns noch unendlich wenig geschehen, und das, was wir hier beantragen, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, und große Aufgaben liegen noch in weitem Felde. Es ist Aufgabe Preußens, hier einzuschreiten. Preußen hat hier vorzugehen als Träger der größten Kultusverwaltung und als der Staat, der seine nationale Pflicht stets in erster Linie erfüllt hat. Preußens Aufgabe ist es, hier den ersten Schritt zu tun.

Abg. Eickhoff (fortschr. Volksp.): Es ist gewiß zutreffend, daß das Wort „Welthandelshochschule“ ein Schlagwort geworden ist. Aber ein richtiger Kern liegt ihm zugrunde. Nach den Zeiten der Bismarckschen Aera, die nun schon ein Vierteljahrhundert zurück⸗ liegt, sind wir in die Aera der Weltpolitik, die in der Hauptsache Weltwirtschaftspolitik ist, eingetreten. Weltverkehr und Weltwirt⸗ schaft haben seit langem unsere nationalen Interessen in früher unge⸗ ahnter Weise erweitert. Die Entwicklung der Wirtschaft zur Welt⸗ wirtschaft, des Handels zum Welthandel rechtzeitig erkannt zu haben, ist ein besonderes Verdienst unseres Kaisers. Wir sind den Auf⸗ gaben, die sich aus dieser Entwicklung ergeben, heute noch nicht in dem Maße gewachsen, wie es notwendig ist, wenn wir den Wettbewerbimit anderen Völkern erfolgreich bestehen wollen. Unsere Diplomaten haben vielfach eine ungenügende Kenntnis der Sprache und der wirt⸗ schaftlichen, politischen und sozialen Verhältnisse des Landes, in dem sie im Auftrage Deutschlands wirken sollen. Die Ansichten über den einzuschlagenden Weg gehen ja weit auseinander: die einen halten die Ausgestaltung der Handelshochschulen, besonders der Berliner Han⸗ delshochschule, für zweckmäßig. Andere sprechen von dem Orienta⸗ lischen Seminar; auch das Hamburger Kolonialinstitut und das Kieler Institut sind herangezogen worden. Eigentlich ist aber die Handelshochschule schon die Auslandshochschule, die wir brauchen; sie vermittelt jetzt am besten die Auslandskenntnisse. Professor Apt von den Aeltesten der Kaufmannschaft in Berlin hat darüber geschrieben und äußert sich: „die Handelshochschule ist die geborene Auslandshoch⸗ schule“. Zum besseren Ausbau der Auslandsstudien bedarf es nur einer zweckentsprechenden Ausgestaltung der bestehenden Einrichtungen unserer Universitäten, unserer Handelshochschulen, besonders der Ber⸗ liner Handelshochschule, und auch des Orientalischen Seminars.

Abg. Viereck (freikons.): Der Ausbau der Auslandsstudien ist nötig im Interesse unserer Diplomaten, Kaufleute und Missionare. Wir werden hier nicht nur fordern müssen, daß Unterricht in fremden Sprachen gegeben wird, sondern daß Vorlesungen über die wirtschaft⸗ lichen, rechklichen nud kulturellen Verhältnisse abgehalten werden. Ins⸗ besondere müssen Vorträge über Rechtsschutz, Patentrecht, Handels⸗ und Wechselrecht gehalten werden. Es muß auch darauf gesehen wer⸗ den, daß den Studierenden für diese Studien auch eine gute Biblio⸗ thek zur Verfügung steht. Bisher haben wir für diese Zwecke noch keine ausreichende Bibliothek. Ich halte es für wünschenswert, daß die zu errichtende Auslandshochschule der Berliner Universität ange⸗ gliedert wird. b

Abg. Dr. Arning inl.): An dem Ziele, das der Antrag ver⸗ folgt, kann die Handelshochschule wohl mitwirken, allein den ver⸗ folgten Zweck aber nicht erfüllen. Dazu ist nur ein Ausbau des Orien⸗ talischen Seminars imsbande, es muß das Rückgrat dieser ganzen Frage bilden. An den Universitäten wird gewissermaßen ein rein technischer Sprachunterricht gegeben; das genügt aber nicht für die Zwecke, die eine Auslandshochschule verfolgen muß. Nur vollständig durchgebildete Leute, die im Auslande langjährige Studien gemacht haben und wissenschaftlich hoch genug gebildet sind, können einen solchen Unterricht erteilen. Es ist nicht möglich, für den vorliegenden

deutschen Auslandshochschule geeignet erscheint.⸗.

8 8

Zweck eine neue Anstalt zu gründen, es ist aber guch nicht möglich,

pen den Hochschu

8 8 ule sche Lehrer anzustellen. Wir müssen schon des halb auf das Orientalische Seminar zurückgreifen, weil es eine Not⸗ wendigkeit ist, daß 8* Anstalt in Berlin verbleibt. Dem Antrag auf Verweisung der Anträge an die Unterrichtskommission stimmen wir zu. Notwendig ist, daß an dieser Hochschule eine Besselsteltung sn eeehs erfolgt, wie sie ihrer Stellung und Bedeutung ent⸗ pricht. 1 Abg. Münsterberg (fortschr. Volksp.): Die Einrichtun eines solchen Instituts ist sicherlich eine Notwendigkeit. Man dor aber nicht vergessen, wie wichtig für den Kaufmann die Praxis ist. Der junge Kaufmann muß hinausgehen und in der Praxis seine Kenntnisse des Lebens sammeln. Die Ausbildung der Kaufleute wird Wege der Auslandshochschule nicht sehr wesentlich gefördert werden.

Hierauf werden beide Anträge an die Unterrichtskom⸗

mission verwiesen.

Um 634 Uhr vertagt hierauf das Haus die weitere Be⸗ ratung des Kultusetats auf Sonnabend, 11 Uhr.

1“ Statistik und Volkswirtschaft.

Ueber die Bautätigkeit und den Wohnungsmarkt in deutschen Städten im Jahre 1913 wird in einer Sonderbeilage zum Aprilheft des „Reichsarbeitsblatts“ berichtet. Die Statistik erstreckt sich auf die Städte mit über 50 000 Einwohnern. Wie im Vorjahr litt der Baumarkt unter dem hohen Zinssatz. Von 35 Städten, für die sich die Angaben über die Bautättagkeit in den letzten beiden Jahren vergleichen lassen, hatten nur 14 eine stärkere, 21 aber eine geringere Bautätigkest aufzu⸗ weisen. Den stärksten Wohnungszugang zeigen Buer mit 61,35 v. T. des Bestandes, Düsseldorf mit 41,19 v. T., Königsberg mit 32,47 v. T., Herne mit 30,79 v. T., den geringsten Wiesbaden mit 3,31 v. T., Borbeck mit 4 91 v. T., Darmstadt mit 5,10 v. T., Görlitz mit 5,15 v. T., Berlin mit 5,90 v. T. Der Zugang an Kleinwohnungen war bei 42 Städten geringer als der Zugang an Weohnungen überhaupt, nur bei 10 Städten war er größer.

Der geringen Bautätigkeit entsprechend hat die Zahl, der leerstehenden Wohnungen abgenommen. Nur in 10 Städten ist der Bestand an leerstehenden Wohnungen gestiegen, in 3 ist er gleichgeblteben, bei 43 aber zeigt sich ein zum Teil recht er⸗ heblicher Rückgang. Im Verhältnis zum Bestand haiten die meisten leerstehenden Wohnungen Hamburg mit 5,6 v. H, Berlin⸗ Wilmersdorf mit 5,5 v. H., Berlin⸗Steglitz mit 5,4 v. H, Altona mit 4,7 v. H., Neukölln mit 4,5 v. H. und Berlin mit 44 v. H. aufzuweisen. Die wenigsten leerstehenden Wohnungen hatten Dort⸗ mund mit 0,3 v. H, Ulm mit 04 v H., Bielefeld, Linden, Lübeck, Recklinghausen und Stettin mit je 0,5 v. H. 8

Zur Arbeiterbewegung. 11“ Koblenz hat, wie die „Köln. Ztg.“ mitteilt, die Orts⸗ gruppe des Arbeitgeberverbandes für das Maler⸗, Anstreicher⸗ und Lackierergewerbe erklärt, sie habe einsttmmig beschlossen,

unter keinen Umständen die Forderungen der Gehilfen, die in den

Ausstand getreten sind, zu bewilligen.

Zwecks Erlangung eines Lohntarifes waren, wie die „Rh.⸗Westf. Ztg.“ berichtet, die organisierten Schuhmachergehilfen in Duisburg an die Schuhmacherzwangsinnung herangetreten. Die Innung hat jedoch die geforderte Aufbesserung des Stücklohnes ab⸗ gelehnt, und, als die Vertreter der Gehilfenschaft erklärten, sich hiermit nicht einverstanden erklären zu können, brach der Obermeister die Ver⸗ handlungen ab. In einer großen Gehilfenversammlung wurde daraufhin beschlossen, in den Ausstand zu treten.

Der Ausstand und die Aussperrung in der Waffenfabrikation Solingens (vgl. Nr. 68 d. Bl) nehmen der „Köln. Zig.“ zufolge größeren Umfang an. Bisher hatten die fünf zu einem Verband zusammengeschlossenen Poßen Waffenfabrikanten ausgesperrt. Am Donnerstag hat auf Beschluß des Arbeitgeberverbandes auch die Waffenfabrik Pack u Ohliger ihre Arbeiter ausgesperrt, und die anderen kleineren Waftenfabrikanten werden voraussichtlich folgen. Der Industriearbeiterverband beabsichtigt infolgedessen, über alle dem Arbeitgeherverbande angehörigen Waffenfabrikanten den Ausstand zu verhängen. Ein Beschluß sollte heute in einer Versammlung der ausständigen Arbeiter gefaßt werden.

Die ausständigen Bergarbeiter in der Umgebung von Walsenburg (Colorado) haben sich, wie dem „W. TX. B.“ aus Washington telegraphiert wird, bereit erklärt, die Waffen auszu⸗ liefern. (vgl. Nr. 102 d. Bl.)

Land⸗ und Forstwirtschaft.

„Ueber die Ausbildung von Lehrerinnen der land⸗ wirtschaftlichen Haushaltungskunde in Preußen hat der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten unter dem 30. März d. J. an Stelle der vorläufigen Vorschriften aus dem Jahre 1909 neue Beszimmungen erlassen. Diesen ist ein neuer Lehr⸗ plan für die zur Ausbildung solcher Lehrkräfte zugelassenen Wirtschaft⸗ lichen Frauenschulen auf dem Lande usw. sowie eine neue Ordnung der an diesen Anstelten abzuhaltenden Prüfungen beigefügt. Die neuen Be⸗ stimmungen machen die Erfahrungen nutzbar, die mit der Heranbildung von Haush oltungslehrerinnen für die besonderen ländlichen Aufgaben seit dem Jahre 1909 gemacht worden sind. Sie verfolgen den Zweck, die Aus⸗ bildung der Lehrkräfte an den bisher zugelassenen und den neuerdings hinzutretenden Ausbildungsseminaren und ihren. Vorbereitungsstätten gleichmäßig zu gestalten und die Ausbildung einer größeren Anzahl gehörig geschulter Lehrkräfte zu ermöglichen, damit Angebot und Nach⸗ frage für die Einrichtungen zur hauswirtschaftlichen Unterweisung schulentlassener Mädchen auf dem Lande allmählich in ein gesundes Verhältnis gebracht werden. Schließlich sollen die neue Bestimmungen die Vorbildung der Lehrerinnen der landwirtschaftlichen Haushaltungs⸗ kunde mit der Neuordnung des höheren Mädchenschulwesens in Preußen in Einklang setzen.

Zur Ausbildung von Lehrerinnen der landwirtschaftlichen Haus⸗ haltungskunde sind neben den bisher schon dazu berechtigten Frauen⸗ schulen in Obernkirchen und Maidhurg noch die Wirtschaftlichen Frauenschulen zu Bad Weilbach, „Mallinckrodthof“ auf Haus Borchen und „Luisenhof“ zu Bärwalde (sämtlich mit einem Seminar aus⸗ gestattet), sowie zu Reifenstein, Sche pingen und Methgethen (Kron⸗ prinzessin Cecilten⸗Schule), endlich die landwirtschaftliche Haushaltungs⸗ h 8 i. Harz (letztere vier zur

en Vorbereitung) unter dem Vorbehalt 1 f 8 JZ 9 halt jederzeitigen Widerrufs

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. (Nach den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, 8 Nr. 17 vom 29. April 1914.)

Rußland. Im Kreise Lbischtschensk (Uralgebiet) sind im 11: Aule des Grenzgebiets Kasylshar, Gemeinde Indersk, G. 15. bis 26. März 16 Personen an der Pest erkrankt und 15 gestorben Der Paannte 8 laut einer am 31. 8 veröffentlichten machung für pestverseucht, d 1 ü . bedroht erklärt Harse Aegypten. In der Zeit vom 4. bis 10. April 1 Todesfall in

Port Said.

Niederländisch Indien. Vom 25. März bis 7. April wurden folgende Erkrankungen (und Todesfälle) gemeldet: aus dem Malang. 300 (270), aus Paree 60 (56), aus Kediri

Bezirke

46 (45), aus Soerabaja 39 (30), aus Madiven 31 (22), Magetan 13 (12)„,„ aus Pasoeroean 10 (12], ferner aus Toelvengagoeng 7 Todesfälle, aus Berbek 2 und aus Lamongon 1. Für die Zeit vom 11. bis 24. März sind nachträglich aus dem Bezirke Malang noch 22 Erkrankungen und 20 Todesfälle Fen. 8

ongkong. Vom 15. bis 21. März 66 Erkrankungen (davon 34 in der Stadt Victoria) und 43 Todesfälle.

China. Zufolge Mitteilung vom 31. März ist, wie alljährlich zu dieser Zeit, im Hinterlande von Swatau, namentlich in den Bezirken Chaoyang, Huaping und Sanhopa, die Pest aufgetreten. Swatau selbst war bisher verschont geblieben.

Philippinen. In Manila vom 1. bis 21. Februar 8 Er⸗ krankungen und 7 Todesfälle.

Mauritius. Vom 30. Januar bis 5. März 23 Erkrankungen und 10 Todesfälle.

Cuba. In Havana sind am 25. März 3 neue Pesterkrankungen, davon 1 mit tödlichem Verlaufe, festgestellt worden.

Chile. In Jquique im Februar 11 Erkrankungen und 6 Todesfälle.

Peru. Im Jahre 1913 sind insgesamt 869 Neuerkrankungen (und 459 Todesfälle) an der Pest festgestellt worden, davon in den Bezirken Lambaveque 290 (158), LAbertad 271 (147), Lima 154 (69), Arequipa 42 (21), Callao 34 (18), Cajamarca 29 (9), Ancachs 25 (21) und Piura 24 (16). Von der Gesamtzahl entfielen 394 (220)

das 1. und 300 (159) auf das 4. Vierteljahr

8 Cholera. 8 Britisch Ostindien. In Moulmein vom 10. August 1913 bis 14. März 1914 26 Todesfälle, davon 19 in der Zeit vom 8. bis 21. Februar. 8 Straits Settlements. In Singapore vom 25. Januar bis 21. Februar 6 tödlich verlaufene Eholekafölle 8 Zufolge Mitteilung vom 6. März nimmt die Cholera im Staate Kedah an Umfang zu. Es sollen seit Ende Dezember v. J. etwa 2000 Erkrankungen mit 1200 Todesfällen aufgetreten sein. Die Seuche hat auch auf die Provinz Wellesley übergegriffen, wo angeblich bereits 147 Erkrankungen mit 100 Todesfällen gemeldet worden sind. Niederländisch Indien. In Samarang sind vom 12 bis 18. Dezember v J. 19 Erkrankungen (und 12 Todesfälle) gemeldet worden, in Batavia vom 17. bis 22. Dezember 2 (2). Hongkong. Vom 15. bis 21. März 5 Erkrankungen und

3 Todesfälle. In Manila vom 1. bis 21. Februar 11 Er⸗ 8 8*

2

aus

Philippinen. krankungen und 6 Todesfälle.

8 Gelbfieber. 8

Brasilien. In Bahia vom 22. bis 28. Februar 1 Erkrank und 3 Todesfälle. Pocken.

Deutsches Reich. In der Woche vom 19. bis 25. April wurden 3 Erkrankungen (davon 1 bei einem Ausländer) festgestelt, und zwar je 1 in Hohenkirch (Kreis Briesen, Reg.⸗Bez. Marien⸗ werder), in Frankenthal (Kreis Neumarkt, Reg.⸗Bez. Breslau) und in Schramberg (Oberamt Oberndorf, Schwarzwaldkreis).

Oesterreich. Vom 5. bis 11. April in Niederösterreich 1, in Oberösterreich 7 und in Böhmen 6 Erkrankungen.

8 Rußland. In der Stadt Charkow wurden von Mitte Januar bis Mitte März 22, in der zweiten Hälfte des März 20 Pockenfälle gemeldet. Auch an verschiedenen Orten des ouvernements Charkow sind Erkrankungen vorgekommen, so im Wolost Balakleja (Kreis Smieff) 71 mit 6 Todesfällen. „Hongkong. Vom 15. bis 21. März 9 Erkrankungen (davon 2 in der Stadt (Viktoria) und 8 Todesfälle.

Japan. Laut Mitteilung vom 23. März wurde in Nagasaki in den letzten 4 Wochen 8 neue Erkrankungen den Pocken, ins⸗ gesamt seit dem Ausbruch 20, gemeldet. 8

Fleckfieber. Oesterreich. Vom 5. bis 11. April in Galizien 93 Er⸗ krankungen, in der Bukowina 2.

Genickstarre.. G“ Preußen. In der Woche vom 12. bis 18. April sind 7 Er⸗ krankungen (und 5 Todesfälle) in solgenden Regierungsbezirken [und Kreisen] angezeigt worden: Landespolizeibezirk Berlin 1 (1) (Berlin], Reg.⸗Bez. Cassel 1 [Fulda]z, Düsseldorf 3 (1) scl, Trier 1 (1) [Saarlouis), Wiesbaden 1 (2) (Frank⸗ urt g. Vom 29. März bis 4. April in Steiermark

UN..).

Oesterreich. und Galizien je 1 Erkranfung.

Schweiz. Vom 29. März bis 11. April in der Stadt Basel 1 Erkrankung.

Britisch Ostafrika. Vom 7. bis 28. Februar in Nairobi 5 Erkrankungen (darunter 3 mit tödlichem Verlauf), in Mombassa und Kisumu je l. Im Kawirondogebiet ist die Genickstarre laut Mitteilung vom 19. März bisher auf 2 bis 3 Fälle im Monat be⸗ schränkt geblieben.

Spinale Kinderlähmung.

Preußen. In der Woche vom 12. bis 18. April sind 2 Er⸗ krankungen, und zwar je 1 im Kreise Northeim (Reg⸗Bez. Hildes⸗ heim) und in Niederbarnim (Reag⸗Bez. Potsdam), gemeldet worden.

Oesterreich. Vom 29. März bis 4. April in Steiermark und Kärnten je 1, im Küstenlande 2 Erkrankungen.

Schweiz. Vom 29. März bis 11. April in Igis (Kanton Graubü den) 1 Erkrankung. v

Verschiedene Krankheiten in der Woche vom 12. bis 18. April 1914.

Pocken: Konstantinopel (5. bis 11. April), Moskau je 1, St. Petersburg 4, Warschau 3 Todesfälle; Odessa 1, St. Petersburg 5, Warschau (Krankenhäuser) 6 Erkrankungen; Varizellen: Nürn⸗ berg 23, Budapest 56, New York 279 Erkrankungen; Fleckfieber: Moskau 1 Todesfall; Odessa 4, Warschau (Krankenhäuser) 2 Erkran⸗ kungen; Rückfallfieber: Moskau 1 Todesfall; Odessa 1 Erkrankung; Milzbrand: Reg.⸗Bezirke Bromberg, Frankfurt, Merseburg, Stade, Mecklenburg⸗Schwerin je 1 Erkrankung; Influenza: Berlin, Brüssel, Kopenhagen je 1, London 18,I Moskau 9, New York 24, Paris 6, St. Petersburg 10 Todesfälle; Kopenhagen 37, Odessa 80 Erkrankungen; Genickstarre: New York 3 Todesfälle; Budapest 1, New York 10, Wien 2 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen ist an Masern und Röteln 8E1“ deutschen Berichtsorte 1895/1904: 1,10 %) gestorben in

armen, Mannheim, Oberhausen, Recklinghausen Land Er⸗ krankungen wurden gemeldet in Budapest 319, Kopenhagen 157, London (Krankenhäuser) 21, New York 762. Odessa 86, Paris 233, St. Petersburg 71, Stockholm 22; an Diphtherie und Krupp 1895/1904: 1,62 %) gestorben in Dessau, Mülheim g. Rh. Er⸗ krankungen wurden angezeigt im Landespolizeibezirk Berlin 132 (Stadt Berlin 73), in den Regierungsbezirken Arns⸗ berg 118, Düsseldorf 122, in Stuttgart 21, Hamburg 57, Budapest 47, London (Krankenhäuser) 104, New York 362, Paris 62, St. Petersburg 43., Stockholm 34, ien 74; an Keuchhusten gestorben in Buer, Zahrze E krankungen kamen zur Meldung in Nürnberg 23, Budapest 59, New York 63, Odessa 67. Ferner wurden Erkrankungen gemeldet an: Scharlach im Landes⸗ polizeibezirk Berlin 192 (Stadt Berlin 111), in den Reg⸗Bezirken Arnsberg 148, Düsseldorf 131, in Stuttgart 39, Hamburg 44, Buda⸗ pest 64, Kristiania 30, Edinburg 32, London (Krankenhäuser) 289, New York 417, Odessa 41, Paris 124, St. Petersburg 40, Stock⸗ holm 27, Warschau (Krankenhäuser) 46, Wien 102; Typhus in New York 21, Paris 32, Warschau (Krankenhäuser) 25.

Türkei. Der internationale Gesundheitsrat in Aegypten hat beschlossen, die Anwendung des Cholerareglemenis auf Herkünfte von Konstantinopel wieder aufzuheben. Dagegen wird das Cholerareglement auf Herkünfte von den Dardanellen wieder angewandt. (Vergl. „Reichsanzeiger“ vom 9. v. M. 1 Verkehrswesen.

In Verbindung mit den in Pomonahügel und in Bogenfels in Deutsch Südwestafrika bereits ö Telegrsaheshilfs

stellen sind an diesen beiden Orten am 7. März Postanstalten ein⸗ gerichtet worden, und zwar in Pomonahügel eine Postagentur und in Bogenfels eine Posthilfstelle Die Posthilfstelle in Bogenfels befaßt

sich nur mit der Annahme und Ausgabe von gewöhnlichen und ein⸗ geschriebenen Briefsendungen, während die Tätigkeit der Postagentur in Pomonahügel sich außerdem noch auf den Postanweisungs⸗, Nach⸗ nahme⸗, Paket⸗ und Zeitungsdienst erstreckt.

„Die Posthilfstelle in Prinzenbucht (Deutsch Südwest afrika) ist nebst der mit ihr vereinigten Telegraphenanstalt am 5. März geschlossen worden.

Handel und Gewerbe.

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammen⸗ gestellten „Nachrichten für Handel, Industrie und Landwirtschaft“.) 8 Chile. 8

Zolltarifentwurf. Laut Mitteilung im Board of Trade Journal ist der Zolltarifentwurf, der von einem aus Mitgliedern der Deputiertenkammer zusammengesetzten Ausschuß aufgestellt war, mit einigen Aenderungen von der Kammer angenommen worden. Die Kammer hat einem Vorschlag zugestimmt, daß die neuen spezifischen Zolljätze einem Zuschlag von 10 v. H. unterworfen werden. Der Entwurf soll dem Senat in der außerordentlichen Tagung vorgeleg werden d wahrscheinlich in diesem Monat stattfinden wir

Iu

Konkurse im Auslande. Rumänien.

Schluß der er

F Forderungen Verifizterung bis am

Handelsgericht Name des Falliten

19 Mai

1914

7 /20 Mai 1914

5 [13. Mai

1914

3./16 Mai 6.; 1914 3./16. Mai 1914 2./15. Mai 1914

Ilfov Bernhard Hirsch,

(Bukarest) Str. Lipscani Nr. 88 M. Agazade,

Calea Vsctoriei 85 Ilie Jurist, Calea Victorciei

Wagengestellung für Kohle, Koks und Briketts am 1. Mai 1914.

Ruhrrevier Oberschlesisches Revie

Anzahl der Wagen

Die Schlesische Provinzial⸗Lebensversicherungs⸗ anstalt veröffentlicht jetzt den Verwaltungsbericht für das Kalender⸗ jahr 1913, das zweite Rechnungsjahr der Anstalt, in dem sie auch die Volksversicherung auf gemeinnütziger, nationaler Grundlage auf⸗ genommen hat. In der Abteilung für Lebensversicherung mit ärzt⸗ licher Untersuchung (von 2000 Versicherungssumme an aufwärts, sogen. große Lebensversicherung) erhöhte sich der Versicherungebestan d auf 2239 Versicherungen auf Todesfall über 12 695 132 versichertes Kapital (im Vorjahre 1035 Versiche ungen über 6 676 544 ℳ), 71 Versicherungen auf den Erlebensfall über 115 938 versichertes Kapital (t. Vorj. 44 Versicherungen über 57 188 ℳ) und 9 Rentenversicherungen über 4953 jährliche Rente (i. Vorj. 2 Versicherungen über 848 ℳ). Der Bestand der am 1. April 1913 aufgenommenen Volksversicherung (Lebensversicherung ohne ärztliche Untersuchung von 2000 an abwärts, sogen. kleine Lebensversicherung) belief sich Ende 1913 auf 4793 Versicherungen über 1 911 388 versichertes Kavital. Der in der großen Lebensversicherung erzielte Betriebsüberschuß beträgt 27 044 ℳ, der Betriebsüberschuß in der Volksversicherug 967 ℳ. Bei Beurteilung dieser Ergebnisse ist außer der während des ganzen Jahres 1913 sehr gedrückten wirtschaftlichen Lage zu berücksichtigen, daß die Anstalt erheblich niedrigere Tarifprämien erhebt als die Privat⸗ versicherung. Von der Tilgungsversicherung, die den Pfandbrief⸗ schuldnern der Schlesischen Landschaft unter Verwendung ihrer Tilgungsfondsbeiträge und des Tilgungsfonds gestattet ist, wurde ein reger Gebrauch gemacht, und vielfach gab diese Vergünstigung die Anregung zu weiteren Lebensversicherungsabschlüssen, die als vorzügliches Mittel anzusehen sind, im Todesfalle die weitere Verschuldung des ländlichen Besitzes zu verhüten. Dem Beispiele der Schlesischen Landschaft sind auch im Jahre 1913 einige Kreissparkassen und die P ovinzial⸗ hilfskasse für Schlesien gefolgt. Durch Beschluß des 51. Schlesischen Provinziallandtags wurde für die Hypothekenschuldner der Pro⸗ vinzialhilfskasse eine neue, dem Tilgungsmodus der Landschaft ähnliche Tilgungsmöglichkeit und die Verwendung der Tilgungs⸗ raten zur Lebensversicherung eingeführt. Dieser Beschluß hat bereits die landesherrliche Genehmigung gefunden. Die Organi⸗ sation der Volksversicherug war die Hauptaufgabe des Jahres 1913. Vielseitigen Wünschen aus allen Teilen der Provinz entsprechend hat sich die Anstalt schon von Beginn ihrer Tätigkeit an mit der Absicht getragen, diesen so überaus wichtigen Zweig der Lebensversicherung einzuführen, für dessen Betrieb auf offentlich rechtlicher Grundlage die Provinz Schlesien den allerbesten Boden bietet. Dies kann schon jetzt als erwiesen angenommen werden in Anbetracht der Tatsache, daß im ersten Jahre seit der Aufnahme der Volksversicherung in der Zeit vom 1. April 1913 bis zum 31. März 1914 bereits 13 060 Volksversicherungsanträge über eine Versicherungssumme von 5 100 809 Kapital bei der Anstalt einge⸗ reicht worden sind, allein aus der Provinz Schlesien. Bei der Aus⸗ breitung der öffentlichen Volkversicherung wurde die Anstalt von allen Seiten auf das wirksamste unterstützt, insbesondere auch von den drei in Schlesien bestehenden landwirtschaftlichen Genossenschafts⸗ verbänden, dem Provinzialverband schlesischer landwirtschaftlicher Genossenschaften, dem Verband ländlicher Genossenschaften Raiff⸗ eisenscher Organisation und dem Verband ländlicher Genossen⸗ schaften, von den öffentlichen Sparkassen der Provinz. Arbeitervereine aller Richtungen und beider Konfessionen, Beamten⸗ organisationen, die freiwilligen Feuerwehren, Mittelstandsgruppen, Konsumvereine haben sich mit Erfolg für die öffentliche Nolks⸗ versicherung betätigt. Vielfach war der Beitritt ganzer Vereine zu beobachten, die von der Anstalt eine Sterbegeldversicherung forderten und erhielten. Auch schloß sich eine Sterbekasse in Nicolat O. S im Wege der Fusion der Anstalt an, und diesem Beispiele sind seitdem die Sterbekassen zu Pleß, Lüben und ganz neuerdings zu Neumarkt gefolgt. Die Bemühungen der Anstalt, die ländliche Arbeiterbevölkerung für die Volkeversicherung zu gewinnen, haben zu einem erfreulichen An⸗ fangserfolge geführt. Immerhin ist die ländliche Arbeiterbevölkerung bis jetzt in einem verhältnismäßig geringen Grade an der In⸗ anspruchnahme der öffentlichen Volksversicherung beteiligt; in der Hauptsache ist es die industrielle Arbeiterschaft, vor allem

die des obherschlesischen und Waldenburger Industriebezirks,