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Regierung in Cassel zur weiteren dienstlichen Verwendun überwiesen, der Regierungsassessor Hammacher aus Düssel⸗ dorf dem Landrat des Kreises Hadersleben, der Regierungs⸗ assessor von Rappard aus Vohwinkel dem Landrat des Kreises zerrschaft Schmalkalden, der Regierungsassessor Boehmer aus renzlau dem Landrat des Kreises Rheinbach, der neu ernannte egierungsassessor Freiherr von Schorlemer aus Breslau dem Landrat des Kreises Coesfeld, der neu ernannte Re⸗ ierungsassessor Eich aus Breslau dem Landrate des Kreises önigsberg i. N.⸗M., der neu ernannte Regierungsassessor von Krosigk ans Potsdam dem Landrate des Kreises Arnsberg und der neu ernannte Regierungsassessor von der Lühe aus Patedam dem Landrate des Landkreises Recklinghausen zur dilfeleistung in den landrätlichen Geschäften zuteilt worden.
Die Regierungsreferendare Dr. Junkermann aus Cöln, von Saldern aus “ Georg Rimpan aus Schleswig, Fritz Henkel aus Posen und Dr. Freiherr von Dobeneck aus Cöln haben die zweite Staatsprüfung für den höheren Verwaltungsdienst bestanden.
8* 1““ E1“
1— 2
Seine Königliche Hoheit der Kronprinz Rupprecht von Bayern ist gestern morgen in Dresden eingetroffen und auf dem Bahnhof von Seiner Majestät dem König Friedrich August, dem bayerischen Gesandten Grafen Montgelas, dem bayerischen Generalkonsul, Kommerzienrat Reichel und den Herren des Ehrendienstes empfangen worden. Nach der Begrüßung und der Vorstellung der Gefolge geleitete Seine Majestät der König seinen hohen Gast in das Residenz⸗ schloß. Mittags . Königliche Tafel in der Villa Wachwitz statt, an der außer den Mitgliedern der Königlichen Familie der Kronprinz Rupprecht mit Gefolge und Ehrendienst, der Hehersche ö und andere teilnahmen.
Oesterreich⸗Ungarn. 8 Nach dem gestrigen Bericht über das Befinden des 8 isers vwan 1 beser da Das gemeinbefinden ist ganz befriedigend, der katarrhalische Zu⸗ stand ist der gleiche. 8 b 88 1 8.—
Großbritannien und Irland. 1
Der Herzog von Argyll, der Gemahl der Prinzessin Luise von Großbritannien, ist einer Meldung des „W. T. B.“ 1 rgester abend gestorben. “ Frankreic. Nach dem endgültigen Ergebnis des ersten Wahl⸗ gangs der Kammerwahlen sind, wie „W. T.“ meldet, 32 Konservative, 27 Mitglieder der Action libérale, 54 fort⸗ chrittliche Republikaner, 52 Republikaner der Linken, 27 radikale Republikaner, 11 sozialistische Radikale, 89 geeinigte sozialistische Republikaner, 17 sozialistische Republikaner, 40 geeinigte Sozialisten, mithin 349 Abgeordnete gewählt worden. In dem zweiten Wahlkreise von Martinique ist das Resultat der Wahlen nicht veröffentlicht worden, die Akten werden der Kammer übersandt werden. 252 Stichwahlen müssen stattfinden. Die Konservativen gewinnen 5 Sitze, davon einen neugeschaffenen. Die Action libérale gewinnt 4 Sitze, davon einen neugeschaffenen und verliert 3 Sitze. Die Progressisten gewinnen 7 Sitze, da⸗ von einen neugeschaffenen, und verlieren 8, davon einen durch Abschaffung. Die Republikaner der Linken gewinnen 12 Sitze und verlieren 10, die radikalen Republikaner gewinnen 2 und verlieren 7 Sitze, die sozialistischen Radikalen gewinnen 4 und verlieren 3 Sitze, davon einen durch Abschaffung, die geeinigten sozialistischen Radikalen gewinnen 12 und verlieren 15 Sitze, nen ebenfalls durch Abschaffung. Die sozialistischen Republi⸗ kaner verlieren 3 Sitze, die geeinigten Sozialisten gewinnen Sitze und verlieren einen.
8 Rußland. Ein gestern veröffentlichter Ukas des Kaisers ordnet nach iner Meldung des „W. T. B.“ die Probemobilisierung weier Bezirke und die Einberufung der Reservisten in zwei nderen Bezirken des Gouvernements Jekaterinoslaw an. — Der Gehilfe des Ministers des Auswärtigen hat der Budgetkommission der Duma mitgeteilt, daß der Minister während der Beratung seines Etats mit Ermächtigung des Kaisers eine Erklärung über die auswärtige Politik Rußlands abgeben werde. — Die ordentliche Sezession des finnischen Landtages st vorgestern geschlossen worden.
Vorgestern nachmittag erfolgte auf der Pforte zwischen dem eutschen Botschafter Freiherrn von Wangenheim und dem Großwesir Said Halim Pascha ein Notenaustausch, durch en einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge die Geltung des m 25. Juni ablaufenden deutsch⸗türkischen Handels⸗ und Schiffahrtsvertrags vom 26. August 1890 sowie die Geltung der Zusatzkonvention vom 7. April 1907 vorbehaltlich der beiderseitigen parlamentarischen Genehmigung auf ein Jahr verlängert wird.
— Das von der Pforte den Botschaftern überreichte Memorandum bezüglich der Verfolgung der Musel⸗ manen in Mazedonien rekapituliert die von der Pforte egen die Verwaltung in Mazedonien erhobenen Beschwerden nd stellt obiger Quelle zufolge fest, daß die Lage der Musel⸗ manen immer unerträglicher werde. Die Zahl der aus⸗ gewanderten Muselmanen betrage 163 000. Das Memorandum weist auf die Angriffe hin, die gegen Personen, deren Eigentum und Religion begangen werden, und erklärt, daß alle bei der griechischen Regierung bisher unternommenen Schritte wegen Anwendung des Artikels 2 des Friedensvertrags erfolglos ge⸗ blieben seien. Das Memorandum schließt mit den Worten, daß in ganz Griechisch⸗Mazedonien nicht eine Spur von Gesetz gegen⸗ über den Muselmanen bestehe.
— Die Pforte hat der französischen Regierung Tabellen übermittelt, in denen angegeben wird, welcher Betrag der öffentlichen Schuld und der anderen Schulden der Türkez einschließlich der schwebenden Schuld auf jeden einzelnen der Balkanstaaten zu entfallen hätte. Nach diesen Tabellen, die an die fremdländischen⸗ für die finanziellen Balkanfragen zu verteilen sind, hätte Griechenland 14 315 406 türkische Pfund, Bulgarien 4 075 590
elegierten der internationalen be
†Serbien 4 451 473
44 Albanien 1 090 685 151 040 türkische Pfund zu übernehmen. Die Kommission soll am 15. Juni ihre Arbeiten wiederaufnehmen. Die ottomani⸗ schen Delegierten haben auch eine Liste der Forderungen otto⸗ manischer Privatpersonen für den ihnen während des Krieges seitens do Balkanstaaten verursachten Schaden vorbereitet.
und Mantenesag
.“ Albanien.
Meldungen des „W. T. B.“ aus Epirus besagen, daß dort völlige Anarchie herrsche. Zographos sei nicht Herr der Lage. Die Aufständischen richteten arge Verwüstungen an, die mohammedanische Bevölkerung sei den Uebergriffen der Banden schutzlos preisgegeben.
Vorgestern am späten Abend sind der albanischen Regie⸗ rung obiger Quelle zufolge Nachrichten aus Koritza zu⸗ gegangen, wonach die Albaner im Laufe des Tages einen er⸗ folgreichen Angriff gegen die Aufständischen unternommen, viele in der Gegend des Feindes besindliche Dörfer zurück⸗ erobert haben und bis Bomati in der Nähe von Kolonia vorgedrungen sind. Die Regierung hegt die volleZuversicht, daß auch Kolonia in allerkürzester Zeit zurückerobert werden wird. In ganz Albanien macht sich eine patriotische Bewegung bemerkbar. In allen Teilen des Landes rüstet man zur Befreiung des vom Feinde bedrohten Gebiets. In Tirana allein meldeten sich 2000 Freiwillige, die nach Koritza abmarschiert sind. Die Frei⸗ willigen aus Elbasan, Berat und Dibra sowie aus dem Ljuma⸗ und Matigebiete züählen nach Tausenden, sodaß man das Ein⸗ treffen von etwa 10 000 Freiwilligen in Koritza erwartet. Die Regierung hofft mit Hilfe der heranrückenden Scharen von Freiwilligen die Aufstandsbewegung binnen kurzem niederwerfen und die Epirusfrage einer für Albanien günstigen Lösung zu⸗ führen zu können. Die für gestern angekündigte Protestver⸗ sammlung in Durazzo gegen die Bandengreuel in Epirus ist von der Regierung verboten worden.
Amerika.
MNach einer Unterredung zwischen dem Steaatssekretär Bryan und den Vertretern der drei vermittelnden südameri⸗ kanischen Staaten hat das Staatsdepartement in Washington eine Erklärung veröffentlicht, wonach die Vermittler die Auf⸗ forderung zur Ernennung von Vertretern, die mit ihnen verhandeln sollen, der Regierung der Vereinigten Staaten überbracht und an Huerta und Carranza abgesandt haben.
Wie „W. T. B.“ meldet, hat die mexikanische Re⸗ gierung die Einstellung der Feindseligkeiten während der Ver⸗ mittlung befohlen. Das dreifache Abkommen für den Waffenstillstand ist von den Vertretern der Vereinigten Staaten, der Bundestruppen und der Rebellen unterzeichnet worden. Aus El Paso wird gemeldet, daß der General Carranza es formell abgelehnt habe, während der Vermittlungsverhandlungen die Feindseligkeiten gegen Huerta einzustellen. Eine Note dieses Inhalts sei am Sonnabend nach Washington gesandt worden.
Vorgestern sind amerikanische Vorposten bei Water⸗ plant, neun Meilen von Veracruz, von Mexikanern an⸗ gegriffen worden, die die Absicht hatten, die Wasserzufuhr abzuschneiden. Wie der General Funston meldet, Uns nur wenige Schüsse gegen die die Wasserwerke bewachenden amerikanischen Truppen, die keine Verluste hatten, abgegeben worden. Die von Veracruz abgesandten Verstärkungen sind dorthin zurückgekehrt. —
Sowohl Huerta wie Carranza haben nunmehr die amtliche Zusicherung gegeben, daß die Oelquellen bei Tampico während der Kämpfe geschont werden sollen.
Nach telegraphischer Meldung von dem deutschen Kreuzer „Nürnberg“ vom 28. April aus Guaymas ist dort die Lage unverändert. In Mazatlan haben die Deutschen, denen Gelegenheit zur Abreise geboten war, sich entschlossen, unter dem Schutz des japanischen Kreuzers „Idzumo“ am Orte zu bleiben. Entsprechend einer Vereinbarung der deutschen, eng⸗ lischen und japanischen Seebefehlshaber wird der Schutz der Staatsangehörigen der drei Nationen gemeinsam ausgeübt. Die Deutschen haben den Schutzdienst in Guagymas über⸗ nommen, die Engländer in San Blas und die Japaner in Mazatlan.
— Von dem amerkkanischen Kanonenboot „Petrel“ ist in Washington ein drahtloses Telegramm eingelaufen, wonach die Revolutionäre Puerto Plata auf San Domingo heftig angreifen. Der Kampf sei seit einer Woche im Gange. Der Gouverneur Felin und der General Pegnero, der Befehlshaber des Forts, führen Streitkräfte gegen den Präsidenten Bordas. Die Lage des letzteren sei schlecht. Die Truppen des Generals Arias hätten ihm den Rückzug nach San Diego abgeschnitten; er trachte seewärts zu entkommen. Der Konsut der Vereinigten Staaten berichtet, daß die Fremden wohlauf sind.
— Der Kongreß von Costa Rica hat, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, Alfredo Gonzales zum Präsidenter der Republik 1
— Der brasilianische Kongreß ist mit einer Bot⸗ schaft des Präsidenten wieder eröffnet worden. Wie „W. T. B“ meldet, hebt die Botschaft die Politik der Spar⸗ samkeit und Gerechtigkeit sowie die Aufhebung des Be⸗ lagerungszustands hervor und stellt ferner die allgemeine Herz⸗ lichkeit der auswärtigen Beziehungen Brasiliens fest, die das Anerbieten der Vermittlung in dem Streit zwischen den Ver⸗ einigten Staaten und Mexiko möglich gemacht habe, deren Er⸗ folg zwar schwierig, aber doch möglich sei. Die Botschaft würdigt weiter die Bedeutung der Besuche des Prinzen Heinrich von Preußen und des ehemaligen Präsidenten Roosevelt und dankt den Vereinigten Staaten für die Aufnahme, die der Minister des Auswärtigen Lauro Müller im ver⸗ gangenen Jahre gefunden habe. Ferner wird die Not⸗ wendigkeit betont, das Heer zu reorganisieren, Reserven zu schaffen und das Flugwesen zu erweitern. Die Eisenbahn⸗ linien seien im letzten Jahre um 2303 km verlängert worden, sodaß sie jetzt ein Gesamtschienenetz von 24 590 km umfassen; die Schiffahrtszölle brachten 42 359 Kontos, die Einnahme aus Hafengebühren verspreche einen Ertrag von 27 828 Goldkontos und 14 544 in Papier. Der Betrag der ausgezahlten internationalen Postmandate erreichte 10500000 Fr. Die Telegraphenlinien seien um 2768 km vermehrt worden. Die Lage des Staatsschatzes sei schwierig, aber nicht unheilbar. Die Einnahmen aus dem Jahre 1913 betrügen 135 750 Gold⸗ kontos und 407 671 in Papier. Die ausländische Schuld habe im Dezember 103 772 780 Pfd. Sterl. betragen, die inneren Schulden 726 746 Kontos, der Außenhandel ausschließlich der Metalle hätte 1913 einen Wert von 132 015 061 Pfd. Sterl. gehabt, das bedeute eine Verminderung um 6 058 719 gegen 1912.
ie Ausfuhr an Kaffee d Kautschuk sei um 11 499 Pfd.
8
Sterling zurückgegangen. Eine Revision des Zolltarifs sei gegenwärtig in Vorbereitung.
Asien.
Die Zusammensetzung Kabinetts ist vorgestern bekannt gegeben worden.
„W. T. B.“ meldet, ist Schuschihchang Staatssekretär,
Sunpaochi übernimmt das Aeußere, Tuanchihjui das Kriegs⸗ und Liukuanhsiung das Marineministerium
E111“
Nach einer Blättermeldung aus Tanger ie Kolonne des Generals Courreau das auf dem El⸗Hodoani⸗Berge gelegene Lager des Roghi von Nordmarokko angegriffen und vernichtet. Die Truppen des Roghi leisteten hartnäckigen Widerstand, wurden aber schließlich doch zur Flucht gezwungen.
— Im portugiesischen Kongogebiet sind, wie „W. T. B.“ meldet, infolge von Steuererhöhungen Unruhen ausgebrochen. Truppen schlugen und verfolgen die Rebellen; die Ruhe ist zum Teil bereits wieder hergestellt.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.
- — Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (71.) Sitzung, welcher der Minister der geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz beiwohnte, die zweite Beratung des Etats des Mini⸗ steriums der geistlichen und Unterrichtsangelegen⸗ heiten, und zwar zunächst die Besprechung des Kapitels „Höhere Lehranstalten“ fort, zu dem der Antrag der Abgg. Dr. Heß und Genossen (Zentr.), betreffend Nicht⸗ bevorzugung von Schülern, die von Vorschulen kommen, vorliegt.
Abg. Pietzker (fortschr. Volksp.) bespricht unter fortdauernde Unruhe des Hauses, sodaß der Präsident wiederholt um Ruh bttten und das Haus auffordern muß, die Privatgespräche nicht zu laut zu führen, den Extemporalienerlaß, Mittel für die Ein schränkung der Frequenz an den höheren Schulen und die Rang verhältnisse der Oberlehrer und führt aus: Ich bringe diese Ding nicht im persönlichen Interesse zur Sprache, sondern um die allgemeine Aufmerksamkeit auf die erwähnten Wünsche und An schauungen zu lenken. Mit der Schulreform von 1900 kann ich mich im allgemeinen einverstanden erklären; ich muß aber wünschen, daß den Bedürfnissen der modernen Zeit und dem 1 1e Fortschritt auf allen Kulturgebieten entsprechend in immer westerem Umfange Reform⸗ anstalten errichtet werden. Wenn Herr von Kessel für die humanistischen
des neuen u8 ie
Gymnasien nach wie vor die führende Stellung beansprucht, so kann
ich dem nur sehr bedingt zustimmen. Die Aufgabe des Lehrers
es vor allem sein, bei den Schülern Interesse für 8 richt zu erwecken, und er muß von allen Hemmungen befreit werden, die seiner Betätigung in dieser Richtung entgegenstehen. Der Lehrer muß vor allen Dingen Optimist sein, deu Glauben an das Gute im Menschen besitzen. S 18 a8 satec e Feilphn 398 au der Berater der üler sein. ne Unfehlbar ü
n Falpruch in nehmen kann und 1 feise ehs bs aupten und Feine üler gewinnen. Der Lehrer soll abe auch in den Skand gesetzt werden, an den Normen it,Uübe 2a⸗ nach denen der Unterricht erteilt wird, und ich begrüße die Anregung, die in dieser Hinsicht der Kollege Eickhoff gegeben hat. Dazu gehört auch, daß bei der Besetzung der Direktorenstellen gewisse Be⸗ schränkungen, die bisher geübt wurden, fallen und die Luswahl aus einem geößeren Kreise erfolgt. Bei der heutigen Uebung kommen auf den Schüler durchschnittlich 5 Stunden Unterricht und 3 Stunden
orbild. Der Lehrer mu
häusliche Arbeit täglich. Bei dieser Inanspruchnahme kommt die per⸗ 6
sönliche Veranlagung des Schülers nicht zu ihrem Re t; Freiheit muß für die Entwicklung der Eigenart des Schülers veschchtz. 85S Von diesem Gesichtspunkt aus möchte ich also eine Herabsetzung des Maßes der Schulforderungen wünschen. Nun hat man die Forderung der Erhöhung des Lehrziels der Abiturienten verlangt. Soll das geschehen, dann muß erst recht auf der anderen Seite für Erleichterungen ge⸗ sorgt werden Dem deutschen Aufsatz hat man bisher im Unterricht eine große Rolle zugewiesen, eine so große, daß die ganze Prüfung als schlecht bestanden gilt, wenn der deutsche Aufsatz nicht genügt. Es wird da aber von den Schülern zu viel verlangt, e würde auch zu reformieren sein. Für die Bürgerkunde, das Staatsrecht sollte
sich die Schule und sollten sich die Lehrer auf Anregungen be⸗ 9
schränken; das Gleiche gilt für Reformbedürftig kist ferner auch das Prüfungswesen. Schüler auf Grund seiner Klassenleistung und lichen Arbeiten befriedigt, sollte er von vornherein von der mündlichen Prüfung befreit sein. Diese Prüfung selbst mu aber auch umgestaltet werden. Man soll dem Schüler muß Gelegenheit geben, sich ausführlich im Zusammenhang zu äußern, damit er zeigt, daß er in den Geist der Sache eingedrungen ist; die Prüfung muß eine Probe des Verständnisses sein, das der Schüler für den Gegenstand erlangt hat. Die Schule muß Männer mit hellen Blicken und mit hellem Geist erziehen, die dereinst Führer der Nation zu werden bestimmt sind. Dann werden auch diese Männer Dank wissen und befähigt sein, die Geschicke der Nation zu leiten.
Wenn ein seiner schrift⸗
die philosophische Propädeutik.
Damit gibt er dem
wird er sich doch be⸗
3 Hierauf nimmt der Minister der geistlichen und Unter⸗ 8 richtsangelegenheiten D. Dr. von Trott zu Solz das Wort,
dessen Rede morgen im Wortlaute wiedergegeben werden wird (Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Die im Düsseldorfer Wagenbaugewerbe beschäftigten Gehilfen haben der „Rh.⸗Westf. 8th. zufolge nachdem 8 pis⸗ herige Tarifvertrag mit den Arbeitgebern am 1. Mai abgelaufen war, infolge Streitigkeiten über Lohn und Arbeitszeit die Arbeit niedergelegt.
Die organisierten Maurer und Zimmerer von Lübbecke und Umgegend beschlossen, wie dasselbe Blatt meldet, da ihre Forderung, den Stundenlohn von 0,40 auf 0,45 ℳ zu erhöhen, von den Unter⸗ nehmern abgelehnt ist, unverzüglich in den Ausstand zu treten.
In Velbert sind, wie die Köln. Ztg.“ mitteilt, die An⸗ streichergehilfen in den Ausstand getreten. Sie fordern die An⸗ erkennung des im vergangenen Jahre abgeschlossenen Reichstarifs durch die dortigen Meister.
In New York kam es, wie „W. T. B.“ erfährt, am Freitag⸗ abend bei einer sozialist;schen Versammlung auf dem Unionplatze zu Ausschreitungen. Mitglieder der Gewerkschaft der In⸗ dustriearbeiter drangen auf den Platz vor und verursachten Ruhe⸗ störungen. Zahlreiche Polizetbeamte gingen mit ihren Knüppeln gegen sie vor. Es entstand unter der versammelten Menge, die aus 10 000 Mäͤnnern, Frauen und Kindern bestand, eine Panik, wobei ungefähr zwölf Personen verletzt wurden.
ondern fein und wundervoll abgestuft.
Gemälden dieser Meister erschöpft hat.
Aus Wafhington wird dem „W. T. B.“ gemeldet: Der criegssekretär Garrison hat nach einer Besprechung mit dem Prä⸗ denten Wilson Befehl gegeben, die Zahl der Bundestruppen im Streikrevier von Colorado zu vervierfachen. Der rriegssekretär erließ ferner einen Aufruf, in dem Niederlegung der Zaffen gefordert wird. (Vergl. Nr. 103 d. Bl.).
(Weitere „Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)
1 18b
Die Zeiten, in denen der Berliner Sezession von einem großen eil des Publikums kritiklos die Führerrolle in der modernen Kunst⸗ hewegung zuerkannt wurde, den vorüber. In dem ersten Jahrzehnt hres Bestehens nahmen alle jene, die als zeitgemäß empfindende Menschen gelten wollten, so lebhaften Anteil an den Sezessionsaus⸗ ellungen, als hinge von deren gutem Gelingen das Heil der eutschen Kunst ab. Und während man am Kurfürstendamm all⸗ ährlich neue Talente entdeckte und mit Bestimmtheit Genies verhieß, alte vor der Toren Berlins, unbekannt und nur von wenigen ge⸗ chätzt, Karl Hagemeister in Werder seine Bilder. Man wird sich nach der plötzlichen, lärmvollen Entdeckung dieses guten Malers vor er jetzt allgemein beliebten Ueberschätzung seiner Kunst hüten, man vird aber gern zugestehen, daß seine besten Bilder, die an die be⸗ eutenden deutschen Maler des 19. Jahrhunderts anknüpfen und ihre rt fortsetzen, wertvoller sind als die meisten Werke der beliebten Modemaler von der Berliner Sezession. Der „Fall Hagemeister“ eweist wieder einmal die Wahrheit der Richard Wagnerschen Er⸗ enntnis, daß für die deutsche Kunst nur der „Winkel“ produktiv ist, icht die „großen Marktplätze, Ring⸗ und Promenadenplätze“. Die teruhigende Gewißheit, daß die Kultur unseres Landes schließlich doch icht am Kurfürstendamm „gemacht“ wird, tröstet leicht darüber hin⸗ veg, daß die diesjährige Sezessionsauestellung sehr schlecht geraten ist. Freie Sezession“ nennt sich jetzt die Gruppe, die sich im vorigen Fahre infolge künstlerischen Zwistes von der alten Sezession ab⸗ onderte. Es gehören ihr alle jene Künstler an, deren Werke von eher den Berliner Sezessionsausstellungen das charakteristische Ge⸗ räge verliehen, und da sie auch das alte Ausstellungsgebäude inne⸗ aben, so unterscheidet sich diese erste Ausstellung der „Freien Sezession“ nicht wesentlich von den bisher hier veranstalteten Kunstausstellungen. Der Gepflogenheit, neben den letzten Schöpfungen der Mitglieder berühmte ältere Werke der modernen dunst vorzuführen, ist man gleichfalls treu geblieben. In diesem Fahre zeigt man Auguste Renoirs 1873 entstandene sogenannte Amazone“. Dieser „Spazierritt“ — wie die zutreffendere Bezeichnung m Kataloge lautet — stellt vor einer Landschaft eine Reiterin und hr zur Seite einen reitenden Knaben dar. Die Figuren sind an⸗ nähernd lebensgroß. Neben Renoirs „Lise“ und Manets „Balkon⸗ zene“ und „Olympia“ gehört dieses Riesenbild zu den bekanntesten Werken, die der Impressionismus in Frankreich hervorge⸗ sebracht hat. Im guten Sinne populär ist es freilich nicht — vie überhaupt die Maler des Impressionismus nicht die Kraft be⸗ aßen, auch nur ein einziges volkstümliches Werk schaffen zu können! In der Hamburger Kunsthalle, der es gehört, wirkte das Bild unge⸗ semein grau und flach. Hier in der Sezession hängt es zwischen derb semalten Leinwänden und dadurch gewinnt sein Aussehen an (lüöhender Zartheit und farbigem xuft. Für sich betrachtet, vglleibt es aber ein mäßiges Bild, das uns heutige voll⸗ ommen kalt läßt. Es hat weder die in eine vor⸗ ehme Sphäre entrückte wirkungsvolle Haltung alter Reiter⸗ ildnisse, noch die prickelnde Farbengebung, die geistreiche lebendige
Mlalweise, die der moderne Impressionismus angeblich besitzen soll. Die stoffliche Wiedergabe der Frauenbluse und ein paar geschmackvolle
arbenflecke sind als Malerei ganz gut. Aber diese Vorzüge kommen egen den unangenehmen Eindruck der hölzernen Pferde, der hinge⸗ vischten, kulissenhaft wirkenden Landschaft und des stumpfen Bodens icht auf. Wenn schon dieses Hauptwerk des Impressionismus ver⸗ agt, so ist es kein Wunder, daß die Durchschnittsbilder der Berliner ammlung Julius Stern, der man ein Zimmer eingeräumt at, erst recht völlig gleichgültig berühren. Diese Sammlung reicht ei weitem nicht an die wahrhaft bedeutende moderne Berliner brivatgalerie Arnhold heran; was sie enthält, ist landläufige bessere eutsche Kunsthändlerware: moderne Franzosen und Berliner Sezessionisten. Der Gesamteindruck dieser Bilder ist liebens⸗ ürdig und gefällig, nett und gepflegt. Das sind zwar alles ungenehme Eigenschaften, aber es fehlt den hier vertretenen künstlern an Kraft und Leidenschaft, und so packen sie ns an keiner Stelle. Das virtuos zusammengestrichene „Porträt der Tadame D.“ von Manet, ein Blumenstilleben von Cézanne, as von heiterer, pariser Luft durchwehte Boulevardbild Pissaros nd einer jener Frauenakte Renoirs, in denen der Künstler nach nder plastischer Form strebt, sind im Rahmen dieser Sammlung die besten Werke. Erfreulich überrascht Eugoͤne Parridres Gemälde „Freundinnen“, mit dem diesem ver⸗ lppten süßlichen Salonmaler ein verinnerlichtes Werk elungen ist, das auch als Komposition eindrucksvoll wirkt. Claude Monets knapp und geistreich behandeltes holländisches Hafenbild us dem Jahre 1870 erreicht nur die dekorative Wirkung geschmack⸗ oller kunstgewerblicher Erzeugnisse; die Strandlandschaft dieses ünstlers ist eines seiner recht häufigen unerträglich faden Bilder. nter den Werken der Berliner Maler ragen in der Sammlung Stern zwei ältere Arbeiten Max Lie bermanns hervor: das kvon Menzelschem Geist erfüllte Bild der Kösener Kaiser Friedrich⸗Gedächtnisfeier in einem Walde, dessen Blätter ngemein leicht und zart wiedergegeben sind, und das 1881 entstandene Altmännerhaus“. Unter den neueren Arbeiten Liebermanns ist eine er flott und stellenweise flüchtig heruntergemalten Reiterszenen am Strande (Sammlung Stern) wertvoller als das bisher noch nicht ge⸗ eigte Bildnis Ludwig Fuldas und als die nichtssagenden Hundebilder. In altgewohnter männlicher Kraft und Frische itt in diesem Jahre Wilhelm Trübner wieder auf den plan. Das Bildnis seines Sohnes in silberner Rüstung or gelbem Vorhang ist freilich ein wenig hart und derb und farbig
hne stärkere Wirkung. Wie gut sind aber seine Bilder aus der Um⸗
gegend von Stift Neuburg! Der Pinselstrich in der „Parkmauer
- Stift Neuburg“ ist straff und von überlegener Sicherheit, der
larbige Ausdruck voller Kraft und Klarheit und dabei nicht grob, Von Adolf Oberländer eht man auch in diesem Jahre zwei seiner mehr gezeichneten, als emalten treuherzigen Bilder, einen „Viehmarkt“ und ein Bauerngehöft mit Hühnern“, die wie alle Gemälde Oberländers an eine genialen Zeichnungen aus den 80 er und 90 er Jahren nicht eranreichen. Der Umstand, daß man von Leibl und von Hans on Marses zwei recht belanglose Porträts ausstellt, deutet darauf bin, daß der Kunsthandel seinen Vorrat an den stark begehrten Hans Thoma hat einen Raum allein inne und trägt mit seinen Bildern einen Klang aus iner ganz anderen Welt in diese Ausstellung. Man sieht von ihm 0 Arbeiten aus der Zeit von 1862 bis 1895, von denen zwei Bild⸗ kisse, eine mit Herbststimmung und mit dem Geruch welkender Blätter erfüllte Parklandschaft, der „Kinderreigen“ und die „Wasser⸗ älle von Tivoli’ als besonders schöne Bilder nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Es gibt fast überall verschwommen gemalte oder schlecht gezeichnete Stellen — aber was will das den deutsch empfundenen, herb und voll schlichter Einfalt gestalteten künstlerischen Gebilden egenüber besagen! Wir haben uns heute an brillant gemalten Bildern des Impressionismus, von denen nie ein gemütvoller Funke mn, b uns übersprang, wahrhaftig satt gesehen. Die Deutschen ollten in einem Zeitraum von dreißig Jahren das Wort Gemüt nicht ussprechen, dann würde nach und nach Gemüt sich wieder erzeugen.“ Diese drei Jahrzehnte, von denen Goethe spricht, liegen hinter
5*
Wenn heute Schriftsteller wie Max Brod sentimentalen
uns. 8 noch zögernd, noch in
Bildern das Wort reden — freillich leicht ironischer Form —, und wenn es auf den Leinwänden ultramodern sein wollender Maler, auf den verrannten Er⸗ zeugnissen der Futuristen von literarischen Dingen wimmelt, so kann man selbst darin Anzeichen erblicken, wohin die Entwicklung führt: zu Bildern mit Jahalt, zu der Ausdruckskunst eines Haider und Thoma. Die Sezession, die mit dieser Thoma⸗Ausstellung eine leutselige Huldigung beabsichtigte, ahnt wahrscheinlich gar nicht, daß sie damit eine verwegen moderne Tat vollbracht hat, und weiß wahr⸗ scheinlich nicht, daß dieser Expressionismus stärkere Zukunftsmöglich⸗ keiten in sich birgt als alle Bilder der Liebermann⸗ und Corinth⸗
Schule. 8 8 Dr. P.
A. F. In der letzten Sitzung der Berliner Gesellschaft für Anthropologie sprach als erster Vortragender des Abends der Dr. Felix Speiser über seine Forschungsreisen in den Neuen Hebriden“. Er begleitete seine Mitteilungen durch gute Lichtbilder, die Land und Leute dieser Südseeinseln trefflich ver⸗ anschaulichten, die Bevölkerung aber in einem ungewöhnlich tiefen Kulturzustande zeigten. Sie gehört der melanesischen Rasse an, die überhaupt wohl in kurzem dem Untergang geweiht ist, weil die Gesamtheit ihrer Kultur — Geheim⸗ bünde, — so hoffnungslos selbst den eifrigsten Menschenfreunden erscheint, daß sie dem modernen Verkehr wohl in naher Zeit unterliegen wird. Von einem ursprünglichen, materiellen Kulturgut dieser Menschen, wie es doch sonst 899 überall, wenn auch in bescheidensten Formen, vorhanden ist, hatte der Vortragende deshalb nicht das Geringste zu berichten. Die in der letzten Zeit über die Inseln niedergegangenen furchtbaren Naturereignisse werden den Untergang einer Bevölkerung von ganz hoffnungs⸗ loser Entwicklung voraussichtlich beschleunigen. — Als zweiter Redner sprach unter Begleitung von Lichtbildern Dr. Josef Bayer⸗Wien über „Die Chronologie der diluvialen Kulturen und Ablagerungen in den Alpen und in Nord⸗ deutschland. Im Eingang seiner Darlegungen erörterte der Vortragende die zurzeit unter den Geologen ziemlich zwiespältige Ein⸗ teilung des Eiszeitalters: die von A. Penck und F. Wiegers in Berlin und die abweichende der französischen Schule unter Füctung von M. Boule und H. Obermaier. Beide Anschauungen sind nach Ansicht des Redners in manchen Punkten nicht mehr aufrechtzuerhalten. Seine eigenen Untersuchungen, bestrebt, die Eiszeitprobleme in besseren Einklang zu bringen mit den Ergebnissen geologischer, paläontologischer und archäologischer Forschungen, lehren, daß die älteste, sicher beglaubigte Kultur in die Mindel⸗Riß⸗Zwischen⸗ eiszeit zu versetzen ist (Penck unterscheidet bekanntlich vier Eiszeiten: Würm, Riß, Mindel und Günz, von denen Würm die jüngste, Günz die älteste darstellt). Das wäre mithin die vorletzte Zwischeneiszeit, eine Periode, die, nach dem Vorkommen von Elephas antiquus und dem Merckschen Rhinozeros zu schließen, wärmer gewesen sein mu als unser heutiges Klima. In die vorletzte Eiszeit fällt die Kultur des “ Moustérien, in die letzte Zwischeneis⸗ zeit Riß⸗Würm dagegen des Aurignacien, die Periode, welche die erste Entfaltung diluvialer Kunst aufweist. Der letzten Würm⸗Eiszeit ent⸗ spricht das Solutréen, dem Nachglazialzeitalter ist hinwieder das Magdalénien, das Renntierzeitalter par excellence zuzurechnen. Zwischen ihm und dem Bühlstadium glaubt der Vortragende keinen
erheblichen Zeitunterschied annehmen zu dürfen. Zur Rechtfertigung
seiner Verlegung des Aurignacien in die letztere Zwischeneiszeit, deren
ganze Dauer es ausfüllte, führt Dr. Bayer die Beobachtung ins Feld, daß das vollentwickelte Aurignacien zwischen zwei Abteilungen des „jüngeren“ Löß liegt, deren erste sich bei Beginn der letzten Zwischeneiszeit gebildet hat, während die andere später zur Zeit des Heranrückens der letzten, der Würmvereisung, entstanden ist. Aehnlich beweist der in die Zeit des heranrückenden Rißeises zu ver⸗ setzende „ältere“ Löß zugunsten des Acheuléen, als in diese Zeit fallend, was vor allem die Fauna dieser Formation gut erkennen läßt. Wenn Penck und Wiegers das jüngere Moustérien auch der letzten Zwischeneiszeit, statt wie oben der vorletzten Eiszeit, zuweisen, so liegt, wie der Redner an den Profilen von St. Acheul und Achenheim nachzuweisen sich bemüht, eine Verwechselung des Acheuléen der vorletzten Zwischen⸗ eiszeit mit Moustérien vor. Die Lößfundstelle von Willendorf an der Donau in Niederösterreich zeigt außerdem einwandfrei, daß für ein letztzwischeneiszeitliches „warmes“ Moustérien kein Platz ist, daß nämlich die vorletzte zwischeneiszeitliche Antiquusfauna nach der vor⸗ letzten, der Rißeiszeit, überhaupt nicht wiederlehrt. Die letztzwischen⸗ eiszeitliche Fauna besteht aus einer ganz verschiedenen Tiergesellschaft — Mammut, Pferd, Hirsch, vollhaariges Rhinozeros — alle ausgesprochen arktischen Elemente fehlen. Für die Richtigkeit dieser Anschauung spricht auch die Ueberein⸗ stimmung der alpinen und der norddeutschen Diluvialablagerungen. Es laufen somit parallel die älteste Eiszeit Norddeutschlands mit der zweitältesten, der Mindel⸗Eiszeit der Alpen, alsdann die erste nord⸗ deutsche Zwischeneiszeit (Berliner Paludinenbank) mit der zweiten alpinen (Mindel⸗Riß), ferner die zweite norddeutsche Eiszeit mit der dritten alpinen, der Riß⸗Eiszeit, und die zweite norddeutsche Zwischeneiszeit mit der dritten alpinen (Riß⸗Würm), end⸗ lich die dritte norddeutsche Eiszeit mit der vierten alpinen, der Würm⸗Eiszeit. Der Bühlvorstoß in den Alpen entspräche dem⸗ nach der baltischen Endmoräne Ischnitz und den füd⸗ und mittel⸗ schwedischen Endmoränen. Der Berliner Geologe und Konchylien⸗ kenner Dr. H. Menzel bestätigte, wie der Redner hervorhob, bei seiner jüngsten Anwesenheit in Oesterreich diese Beobachtungen rückhaltlos. Beide Forscher werden im laufenden Jahre noch an den wichtigsten österreichischen Kulturstätten des Eiszeitalters gemein⸗ same Grabungen ausführen, hauptsächlich in Willendorf, um diese Sachlage nach jeder Richtung hin befriedigend aufzuklären.
Diesem beifällig aufgenommenen Vortrage Dr. Bayers folgte eine längere, zustimmende Kundgebung des von ihm angerufenen Landesgeologen Dr. H. Menzel. Dieser brachte noch einige nähere Ausführungen über die paläontologischen Grundlagen der Chronologie des Diluvialmenschen. Obwohl die typolo⸗ gische Gliederung der Kulturen von den früheren Forschern be⸗ friedigend festgestellt ist, bleibt doch ihre geologische Stellung noch immer strittig, und auch deren durch Wiegers⸗Berltn nachdrücklich vertretene Erklärung hat noch keineswegs alle Zweifel zu heben vermocht. Es muß die Helaaath g zu Hilfe kommen und sie vermag wirksame Hilfe zu leisten. Die Tier⸗ welt konnte sich zumeist nicht in dem Maße wie der Mensch den wechselnden, klimatischen Verhältnissen anpassen, und, obwohl sich unter den Wirbeltieren Formen von Anpassungsfähigkeit an Kälte⸗ extreme finden, gibt es nur wenige oder keine solche Leitformen für gemäßigtes Klima. Auf Grund der Reste von Wirbeltieren allein war deshalb bisher eine einwandfreie Gliederung der Diluvialschichten nicht möglich. Besser hierfür geeignet zeigten sich die Muscheltiere (Konchylien), die sich in fast allen, außer den rein glaztalen, diluvialen Schichten vorfinden. Viel empfindlicher gegen Klimaeinflüsse als die Wirbeltiere, bilden gerade sie für den steten Wechsel von ‚„Feucht“ und „Trocken“, von „Warm“ und „Kalt’ ein ausgezeichnetes Erkennungsmittel. Dr. Menzel konnte schon mittels der Konchylienfauna eine Gliederung der Spät⸗ und Nach⸗Eiszeit in Norddeutschland durchführen. Ebenso war es ihm mit Hilfe dieser Konchylienfaunga möglich, die Gliederung des nord⸗ und mitteldeutschen Diluviums genau zu verfolgen und zwei in Betracht kommende, sich zwischen Eiszeiten einschiebende Zwischeneiszeiten zu unterscheiden. Aus dieser Sonderfauna ergibt sich die ältere dieser Zwischeneiszeiten als die längere und wärmere, die jüngere als eine mit gemäßigtem Klima, aber von kürzerer Dauer und vielleicht auch von mehr kontinentalem Charakter. In Norddeutschland liegen diese zwischeneiszeitlichen Bildungen meist zwischen eiszeitlichen Ablagerungen, nur in den Rand⸗ gebieten und in vielen Teilen Mitteldeutschlands sind diese Ablagerungen aus der Eiszeit ersetzt durch Kies⸗ und Sandabsätze mit eiszeitlicher Fauna. Also auch hier vermögen wir aus der eingeschlossenen
Konchylienfauna mit Sicherheit eiszeitliche und zwischeneiszeitliche Schichten voneinander zu scheiden, ja selbst die “ 8 wissen wir durch besondere Leitformen voneinander zu trennen. Auch die Lößformation ist mittels der A näher zu gliedern, ein Ergebnis, das, wie Dr. Menzel bestätigte, durch Dr. Bayer und ihn im Donautale bei Krems und Willen⸗ dorf jüngst erzielt worden ist. Dort zeigt der jüngere Löß unter einer ganz jungen Schwemmlöß⸗ und Verlehmungszone eine Ausbildung als reiner äolischer Löß mit glazialer Fauna, darunter liegt Schwemmlöß geschichtet, Sand und Gerölle eingelagert ent⸗ haltend. In ihm kommt zu oberst noch eine kühle Fauna vor, weiter unten eine gemäßigte mit vielen Schnecken (helix), vor allem Wein⸗ bergschnecken, darunter folgt die von Bayer bestimmte Göttweiger Verlehmungszone und hierunter nochmals äolischer Löß mit glazialer Fauna. Die Aurignaclen⸗Schichten des Donautales liegen nun oberhalb der Göttweiger Verlehmungszone in dem Schwemm⸗ löß mit Schnecken und reichen bis an die Basis des jüngeren Löß hinauf. In ihrem unteren Horizont, also durchaus zwischeneiszeitlich, gehören sie in die letzte Zwischen⸗ eiszeit, Riß⸗Würm, und werden an anderen Orten von der echten Lößkultur, dem Solutréen, überlagert. In die Spätglazialzeit fällt das Magdalénien. Demnach bleibt für Wiegers’ „warmes Moustérien- kein Platz in der letzten, der Riß⸗Würm⸗Zwischeneiszeit, vielmehr ist das jüngere Moustérien in das Maximum der Riß⸗Eiszeit zu stellen, das ältere vor dies in die erste Hälfte dieser vorletzten Eiszeit, welche noch Reste von gemäßigter Fauna zeigt und wo glaziale Formen noch zurücktreten. In die zweite Hälfte der Mindel⸗Riß⸗Zwischeneiszeit fällt das Acheuléen, in die erste das Chelléen. Somit gelangte Dr. Menzel zu einer Chronologie des Diluvialmenschen, die mit der von Dr. Josef Bayer aufgestellten fast in allen Punkten genaue Ueber⸗ einstimmung ergab.
Literatur.
— Walter von Molo: Die Freiheit. Schillerroman 3. Band. Preis geheftet 4 ℳ, gebunden 5 ℳ. Verlag von Schuster u. Loeffler, Berlin W. Ergreifend nahe bringt uns Walter von Molo im 3. Band seines Werkes den schwerkranken, um seine Ideale ringenden Schiller. Weimar mit Goethe und seinem Kreise steht vor uns in packender, lebendiger, bis ins kleinste charakterisierter Weise auf. Wir erleben Schillers Ehe, lernen seine treue kleine Lotte lieben und fühlen mit diesen beiden Menschen die bitterste Not körperlichen und seelischen Darbens mit. Neben tiefem Ernst gibt uns dies Buch aber auch eine Fülle der humorvollsten Szenen, die Zeichnung derber und drolliger Ge⸗ stalten, wie 89 B. des Vaters Kaspar Schiller. Den alternden Goethe erblicken wir bei Beginn des Romans in ferner Einsamkeit von Schillers Lebenshorizont und mit Spannung erleben wir dann die Annäherung dieser beiden Aeges geete und doch zu har⸗ monischer Ergänzung bestimmten Geister am Schluß des Buches, dessen Stil gewachsen ist mit Schillers entwickelter Wesensart.
— Lundowsky: Menschen II. Bd. Frauen. Geheftet 5 ℳ, gebunden 7 ℳ. Penienverlag in Leipzig. Die heroische Frau, die, über das Geschlechtliche hinauswachsend, ein Vollmensch wurde, ist es, der Lundowsky in dem 2. Bande seines mit Begeisterung für alles Hohe und Große geschriebenen Werkes ein Denkmal setzt. Mit liebevollem Verstehen zeichnet er die verschiedensten Frauengestalten, von der urwüchsigen Liselotte, Herzogin von Orleans, bis zu Gertrud Prellwitz, der modernen, nach Wahrheit strebenden Dichterin. Lebensvolle Porträts der betreffenden Frauen führen uns in jedes neue Lebensbild ein, und in buntem Wechsel ziehen Gestalten von Seg Eigenart an uns vorüber, die ihre frauliche Veranlagung zu höchster Entwicklung brachten. Voll Interesse wird man auch dem Abschnitt über die Frauenbewegung folgen, in dem Lundowsky den Frauen vollste Gerechtigkeit zuteil werden läßt, ihnen zugleich aber auch die Beschränkung zeigt, in der sie Meisterinnen werden können und sollen zum Segen für die Menschheit, der Mann und Weib, gleichwertig, doch nicht gleichartig, dienen sollen.
— Oscar Mysing: Der fremde Vetter. Skizzen aus England. Preis 3 ℳ. Verlagsbuchhandlung Alfred Schall, Berlin. Verein der Bücherfreunde. Sehr unterhaltsam und dabei bildend sind diese Skizzen, die Mysing zuerst in der „Kölnischen Zeitung“ als feuilletonistischer Berichterstatter veröffentlichte. Sein fließender Stil sowie seine Begabung, vom Einzelnen aus das Ganze zu beleuchten, die Fähigkeit, nicht nur scharf und ernst zu beobachten, sondern auch heiter und witzig plaudern zu können, geben dem Buch entschieden Anziehungskraft. Ohne jemals ermüdet zu werden, erhalten wir ein Bild des modernen Englands bis zu intimen, charakterischen Einzelheiten, und wir folgen dem Ver⸗ föüler ebenso gern, wenn er Einzelfiguren aus dem Alltagsleben schildert, als wenn er Fragen der großen Politik in den Kurs seiner Erörterungen zieht.
Technik.
Aus der Geschichte der Färberei. Daß die Färberei zu den ältesten Gewerben gehört, ist begreiflich, denn zunächst bedurfte es zu ihrer Entstehung wohl kaum einer eigenen Erfindung. Es war ein einfacher und fast selbstverständlicher Vorgang, wenn der Mensch irgend einen farbigen Stoff von genügender Lockerheit fand, daß er ihn auf irgend einen Gegenstand seines Gebrauchs zu übertragen suchte, um diesem ein hübscheres Ansehen zu geben. Die Benutzung insbesondere der natür⸗ lichen Ockererden mußte dem Menschen schon sehr früh einfallen und sie reicht weit in die vorgeschichtliche Zeit zurück. Wurden doch solche Farben, die keiner weiteren Zurichtung bedurften, vom vor⸗ geschichtlichen Menschen sogar schon zum Malen benutzt, wie die Wandbilder in manchen Höhlen, namentlich Südfrankreichs, be⸗ weisen. Eine derartige Verwertung natürlicher Farbstoffe kann freilich noch nicht Färberei oder gar F genannt werden. Immerhin bestand eine solche als Gewerbe im alten Aegypten wahr⸗ scheinlich schon 3000 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Von diesen Anfängen aber bis zur Färberel der Neuzeit und gar der Gegen⸗ wart ist ein weiter Weg, denn eine Unzahl von Kom⸗ binationen zwischen Färbemitteln und Stoffen, auf die sie übertragen werden sollten, blieb dem Menschen zu untersuchen. Für die Geschichte der Färberei im Altertum ist man haupt⸗ sächlich auf die erhaltenen Schriftsteller angewiesen. So ist es interessant, im alten Plutarch, der im ersten Jahrhundert n. Chr. lebte, schon die Erwähnung eines Ausdrucks zu finden, der ungefähr der deutschen Bezeichnung „in der Wolle gefärbt“ entspricht. Noch heute wendet der Sprachgebrauch diese Redensart in eigentlichem und übertragenem Sinne an, um eine echte und dauerhafte Färbung zu kennzeichnen. Im Englischen sagt man dafür „im Korn gefärbt“, und das verweist auf den Ursprung des Verfahrens. Mit dem Korn ist nämlich das Scharlachkorn oder die Scharlachbeere gemeint, die seit alter Zeit zum Färben gedient hat. Vom älteren Plinius er⸗ fahren wir weiterhin, daß in derselben Zeit des römischen Kaiserreichs schon die Anwendung von Beizmitteln mit Alaun und Eisen bekannt war. In anderen Ländern aber ist die Entwicklung eine andere und frühere gewesen. So soll die Färbekunst in Persien ins graue Altertum zurückgehen. Uebrigens hat sich in Persien bis auf den heutigen Tag die Sage erhalten, daß Jesus Christus ein Färber ge⸗ wesen sei und eine regelrechte Lehre in diesem Gewerbe durchgemacht habe. Diese Ueberlieferung hat sich derart befestigt, daß in Persien die Färber noch heute Christus zum Schutzheiligen haben, obgleich
e Mohammedaner sind, und nach einem jetzt freilich verschwundenen
rauch wurde eine Färberei in Persien „eine Werkstatt Christi“ ge⸗ nannt. Die ersten eigentlichen Färbereien, also Häuser, die aus⸗ schließlich zum Faͤrbereibetrieb ausgenutzt wurden, hat es in Europa erst seit dem 8. Jahrhundert gegeben, und war zuerst in Italien. Die älteste Gilde von Schwarzfärbern wurde n Deutschland im Laufe des 10 Jahrhunderts errichtet. Im Mittel⸗ alter war die Stadt Jerusalem die richtige Umgebung und der Sitz einer berühmten und einträglichen Färberei, die hauptsächlich von Juden betrieben wurde. Daß die Technik auf unsicherem Fuße stand und häufigen Schwankungen unterlag, kann nicht wunder⸗ nehmen, da sie eigentlich ohne jede Kenntnis der Chemie in der Luft